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Demokratietheorie? - Eine
Erläuterung anhand dem
Fallbeispiel Christiania
Inhaltsverzeichnis
1.0.0 Einleitung
3.0.0 Fazit
„Selbst wenn jeder Bürger zur Beratung und Beschließung einer wichtigen
Entscheidung nur 10 Minuten sprechen dürfte, müssten in einem nur 1000
Vollbürger umfassenden Staatswesen alle 167 Stunden zuhören. Unterstellt man
einen Acht-Stunden-Tag, käme man auf mehr als 20 Beratungstage.“1
Auch Rousseau selber sieht die Umsetzung bei der Versammlung des Volkes
kritisch:
„Man kann sich nicht vorstellen, dass das Volk unaufhörlich versammelt bleibt, um
die öffentlichen Angelegenheiten zu besorgen (...)“2
Und schließt selber eine Demokratie, wie er sie definiert hat, aus:
„Nimmt man den Begriff in der ganzen Schärfe seiner Bedeutung, dann hat es
niemals eine echte Demokratie gegeben, und es wird sie niemals geben.“3
Auf den folgenden Seiten werde ich, anhand des Fallbeispiels Christiania,
verdeutlichen wie realisierbar oder unrealisierbar einige Ansätze von Rousseaus
Theorie sind.
„(…) einen kleinen Staat, in dem das Volk einfach zu versammeln ist und jeder
Bürger alle anderen leicht kennen kann, (…) dann weitgehend Gleichheit der
gesellschaftlichen Stellung und der Vermögen, (…) schließlich wenig oder gar
keinen Luxus“5
Da es selbst bei 800 Bürgern schwierig scheint das Volk zu versammeln und sich zu
beraten, hat sich Christiania in Zwölf Teilgebiete geteilt in denen Gebiets-
versammlungen stattfinden. Somit erfüllt Christiania zwar nicht das Kriterium des
kleinen Staates, hat dies aber geschickt umgangen. Dies beweist, dass selbst ein Staat
mit nur 800 Menschen zu groß für Rousseaus Theorie ist, dass die direkte
Volksentscheidung aber grundsätzlich möglich ist, wenn der Staat in entsprechend
kleine Gebiete geteilt wird. In Christiania leben durchschnittlich 67 Bürger in jedem
Gebiet, für einen Staat wie die Bundesrepublik Deutschland würde das bedeuten das
4 Wieland Eschenhagen: Fischer Weltalmanach, München: S. Fischer Verlag GmbH 1. Auflage 2008,
Seite 117
5 Jean-Jacques Rousseau: Vom Gesellschaftsvertrag oder Grundsätzen des Staatsrechts,
Stuttgart: Philipp Reclam jun. GmbH & Co. Bibliographisch ergänzte Ausgabe 2003, Seite 73
er in über 1.225.000 Gebiete aufgeteilt werden müsste. Eine Koordination zwischen
so viele Gebieten scheint jedoch gerade zu unmöglich.
Vermögen und Luxus besitzen die Bewohner nicht, so heißt schon der Titel eines
wissenschaftlichen Buches „Christiania: Elendsviertel, soziales Experiment, oder
Selbstorganisation Nicht-Angepasster?“ Über die gesellschaftliche Stellung lässt sich
wenig sagen, da diese in der Literatur nicht weiter erläutert wird, es ist wird jedoch
betont, dass die Rücksicht aufeinander unter den Menschen sehr wichtig ist, daher ist
anzunehmen das keine großen gesellschaftlichen Unterschiede existieren. Beide
Fälle verdeutlichen jedoch, dass diese Kriterien nur zu erfüllen sind, wenn die
Menschen einerseits die funktionierende Organisation über den persönlichen
Wohlstand stellen und andererseits in einem nachbarschaftlichen Verhältnis
miteinander leben.
Dies scheint vorerst im Gegensatz zu dem negativen Menschenbild was Rousseau als
Naturzustand bezeichnet, zu stehen. Er unterstellt den Menschen sich zu hassen, zu
lügen, betrügen, verleugnen und zu morden. Doch so schreibt Rousseau später über
einen Übergang der nach der Einführung seines Gesellschaftsvertrages stattfinden
wird:
So ist in Christiania der Übergang bereits vollzogen und durch das funktionierende
rücksichtsvolle und gerechtigkeitsbewusste miteinander leben ist bewiesen, dass
Rousseau mit der Theorie des Übergangs recht hatte. Anderseits lässt sich
argumentieren, dass dieses miteinander leben auch in anderen Ländern heutzutage
bereits existiert und die Bürger Christianias nur wegen mangelnder Gesetze, zu
denen ich später komme, so viel Rücksicht aufeinander nehmen müssen. Es lässt
sich also nicht genau nachvollziehen, in wie weit das Menschenbild von Rousseau
und das Verhalten der Bewohner Christianias mit dem direktdemokratischem System
zusammenhängen
Dieser Unterschied ist jedoch eher ein Beweis, dass eine Realisierung von Rousseaus
Idee der Abstimmung von allen Bürger möglich ist, da es in Christiania mit dem
größeren Hindernis der Einstimmigkeit trotzdem funktioniert.
„Die Leute können ihre eigenen Belange besser in einer direkten Volksdemokratie
und basierend auf dem gesunden Menschenverstand regeln als durch Gesetze.
Christiania hat keine Gesetze, aber wir haben eine Reihe von Verboten aufgestellt,
welche im Freistaat gelten: Keine harten Drogen, keine Waffen, keine Gewalt, kein
Handel mit Immobilien und Wohnraum.“13
Im Gegensatz zu Rousseau glauben die Bürger Christianias also, dass eine direkte
Volksdemokratie mehr auf dem Verstand der Menschen als auf Gesetzen beruht.
3.0.0 Fazit
Diese Uneinigkeit führt zu dem Problem, dass sich nun nicht mehr sagen lässt ob die
direkte Volksdemokratie anhand des Fallbeispiels Christianias als realistisch oder
unrealistisch zu bezeichnen ist, denn wenn in Christiania kaum Gesetze verabschiedet
werden, kann nicht gesagt werden ob eine direkte Volksdemokratie möglicherweise
hinderlich für die Gesetzgebung ist. Da Christiania auch kein eigenständiger Staat ist,
lässt sich ebenfalls nicht sagen in wie weit fehlende Gesetze in einer