Professional Documents
Culture Documents
2 Kohlenhydrate, Lipide
und Aminosäuren
Georg Löffler
2.1 Kohlenhydrate – 22
2.1.1 Klassifizierung und Funktionen – 22
2.1.2 Monosaccharide – 22
2.1.3 Disaccharide – 25
2.1.4 Oligosaccharide und Polysaccharide – 26
2.2 Lipide – 32
2.2.1 Klassifizierung und Funktionen – 32
2.2.2 Fettsäuren – 33
2.2.3 Glycerolipide – 35
2.2.4 Sphingolipide – 37
2.2.5 Isoprenlipide – 38
2.2.6 Lipide in wässrigen Lösungen – 39
2.3 Aminosäuren – 45
2.3.1 Klassifizierung und Funktionen – 45
2.3.2 Proteinogene Aminosäuren – 45
2.3.3 Nichtproteinogene Aminosäuren – 48
2.3.4 Säure-Baseneigenschaften von Aminosäuren – 48
Literatur – 53
22 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
Lebende Organismen synthetisieren und verwerten Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren. Die Funktionen dieser Verbin-
dungen sind vielfältig.
2 Kohlenhydrate kommen als rasch metabolisierbare Substrate oder Speicherstoffe hoher Energiedichte vor. Sie sind Gerüst-
substanzen, bilden wichtige Komponenten der extrazellulären Matrix und sind Bestandteil vieler Proteine.
Triacylglycerin sind die energiedichtesten Speicherverbindungen. Die amphiphilen Phospholipide und Sphingolipide bil-
den Membranstrukturen von Zellen. Wegen ihrer Fähigkeit zur Polymerisation sind Isoprene zur Bildung der besonders um-
fangreichen Gruppe der Isoprenlipide imstande. Zu diesen gehören u.a. fettlösliche Vitamine, Cholesterin, die von Cholesterin
abgeleiteten Steroidhormone sowie die für die Fettverdauung wichtigen Gallensäuren.
Als D-Aminocarbonsäuren sind Aminosäuren formal Derivate von Fettsäuren. Von den etwa einhundert bekannten Amino-
säuren kommen lediglich 20, die sog. proteinogenen Aminosäuren, in Proteinen vor. Außer dieser wichtigen Funktion dienen
Aminosäuren als Stickstofflieferanten bei Biosynthesen, liefern das Substrat für die Gluconeogenese, und bilden als sog. bio-
gene Amine wichtige Signalstoffe.
Di-, Oligo- und Polysaccharide. Dank der besonders reak- Die für den tierischen Stoffwechsel wichtigsten Hexosen
tionsfähigen Aldehyd- bzw. Ketogruppen von Monosac- sind in . Tabelle 2.1 und . Abbildung 2.1 zusammengestellt.
chariden haben diese die Fähigkeit, weitere Monosacchari- Unter ihnen kommt der Glucose die größte Bedeutung zu
de mit Hilfe glycosidischer Bindungen (7 Kap. 2.1.2) anzu- (7 Kap. 11; 7 Kap. 17):
lagern und auf diese Weise eine Vielzahl der verschiedensten 4 Fast alle mit der Nahrung aufgenommenen Kohlen-
Verbindungen zu bilden. So entstehen u.a. Di- bzw. Oligo- hydrate müssen in Glucose umgewandelt werden, be-
saccharide bzw. als Makromoleküle die Polysaccharide. vor sie unter Energiegewinn abgebaut werden können
4 Alle im Organismus vorkommenden Monosaccharide
! Kohlenhydrate sind Energielieferanten, Energiespeicher
können aus Glucose synthetisiert werden
und Strukturbestandteile.
4 Das Kohlenstoffskelett der Glucose kann als Ausgangs-
Die Funktionen von Kohlenhydraten sind außerordentlich material für die Synthese der nichtessentiellen Amino-
vielfältig. Schon lange ist bekannt, dass sie nahezu allen Or- säuren (7 Kap. 13.4.2) sowie der Lipide (7 Kap. 12) ver-
ganismen als rasch zur Verfügung stehende Energieliefe- wendet werden.
2.1 · Kohlenhydrate
23 2
4 Aminozucker entstehen durch den Ersatz einer Hydro- 4 Handelt es sich dagegen um Nichtkohlenhydrate, so
xylgruppe durch eine Aminogruppe. Bei den physio- entstehen Substanzen, die als O- bzw. N-Glycoside be-
logischerweise vorkommenden Aminozuckern Gluco- zeichnet werden
samin, Galactosamin und Mannosamin ist die Ami- 4 Die Verbindung wird nach dem die glycosidische
nogruppe mit dem C-Atom 2 des Monosaccharids Bindung eingehenden Zucker benannt (Glucosid,
verbunden. Häufig ist die NH2-Gruppe acetyliert. Die Galactosid usw.), der Nichtkohlenhydratanteil der
Aminozucker und ihre N-acetylierten Derivate kom- entstehenden Verbindung wird auch als Aglycon be-
men in verschiedenen Glycoproteinen, als Bestandteile zeichnet
der Proteoglykane, in bakteriellen Zellwänden sowie im
Chitin vor Der D- und E-Anomerie bei den Monosacchariden ent-
spricht die α- und β-Isomerie bei den Glycosiden. Aller-
! Die halbacetalische Hydroxylgruppe am C-Atom 1 von
dings ist hier nicht mehr das Phänomen der Mutarotation
Monosacchariden ist besonders reaktionsfähig.
(7 Lehrbücher der organischen Chemie) möglich, da die
Analog der Bildung eines Vollacetals kann die halbacetali- Hydroxylgruppe am C-Atom 1 durch den angelagerten Rest
sche Hydroxylgruppe am C-Atom 1 von Monosacchariden verschlossen ist (. Abb. 2.3).
mit OH- bzw. NH2-Gruppen unterschiedlichster Verbin-
! Glycosidische Bindungen kommen häufig in Verbin-
dungen unter Wasserabspaltung reagieren, wobei Glyco-
dungen mit besonderen biologischen Funktionen vor.
side gebildet werden:
4 Stammt die OH-Gruppe von einem weiteren Mono- Viele der im Tier- und Pflanzenreich vorkommenden O-
saccharid, so entstehen Di- oder Polysaccharide und N-Glycoside gehören zu den biologisch wirksamsten
2.1 · Kohlenhydrate
25 2
2.1.3 Disaccharide
. Abb. 2.4. Struktur des Herzglycosids Strophantin g (Ouabain). Disaccharide entstehen dadurch, dass eine glycosidische
Die pharmakologisch wirksame Komponente ist das Pflanzensteroid Bindung zwischen der besonders reaktionsfähigen glycosi-
Digitoxigenin. Mit einer glycosidischen Bindung ist dieses an das dischen Hydroxylgruppe am C-Atom 1 eines Monosaccha-
Monosaccharid L-Rhamnose geknüpft rids mit einer Hydroxylgruppe eines weiteren Monosaccha-
ridmoleküls geknüpft wird.
Substanzen und werden infolgedessen zum Teil als Phar- Disaccharide vom Maltosetyp. Disacchariden vom Malto-
maka verwendet (7 Lehrbücher der Pharmakologie): setyp liegt die Struktur der Maltose zugrunde (. Abb. 2.6).
4 Zu den N-Glycosiden gehören vor allem die Nucleotide Die Bindung ist hier zwischen dem glycosidischen C-Atom
und Polynucleotide, die als Coenzyme bzw. informa- 1 eines Zuckermoleküls und der Hydroxylgruppe des C-
tionstragende Makromoleküle wichtige Funktionen Atoms 4 des zweiten Glucosemoleküls geknüpft. Dement-
haben (7 Kap. 5.1.1) sprechend ist Maltose ein D-Glucosyl-(1o4)-glucosid und
4 Herzwirksame Glycoside sind von großer Bedeutung enthält eine α-1,4-glycosidische Bindung. Das Molekül ent-
für die Therapie der Herzinsuffizienz. . Abbildung 2.4 hält noch eine glycosidische Hydroxylgruppe. Es zeigt des-
zeigt die Struktur von Strophantin g (Ouabain). Das wegen die Fähigkeit zur Mutarotation und kann weitere
Aglycon ist das Pflanzensterol Digitoxigenin, dessen glycosidische Bindungen eingehen.
Seitenkette als 5-gliedriges ungesättigtes Lacton vor- Ein anderes, ernährungsphysiologisch wichtiges Di-
liegt. Digitoxin geht eine glycosidische Bindung mit saccharid dieses Typs ist die Lactose (E-Galactosyl-
dem Zucker L-Rhamnose ein (1o4)-glucosid). Lactose ist das wichtigste Kohlenhydrat
4 Streptomycin ist ein aus verschiedenen Streptomyces- der Milch (menschliche Muttermilch: 5–7 g Lactose/
Arten gewonnenes Antibiotikum (. Abb. 2.5). Sein 100 ml).
26 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
! Die Heteroglycanketten sind in N- bzw. O-glycosi- 4 Der innerste Zucker der O-glycosidisch an Seryl- oder
discher Bindung an die jeweiligen Proteine geknüpft. Threonylreste gebundenen Oligosaccharide ist meist
ein N-Acetyl-Galactosamin, an welches weitere Sac-
In den Glycoproteinen eukaryoter Zellen kommen als charidreste geknüpft sind
Monosaccharidbausteine vor: 4 Der innerste Zucker der N-glycosidisch an Asparagi-
4 Glucose nylreste gebundenen Oligosaccharide ist ein N-Acetyl-
4 Galactose Glucosamin. Auf dieses folgt ein weiteres N-Acetyl-
4 Mannose Glucosamin. Danach verzweigt sich je nach Typ des
4 N-Acetylglucosamin Oligosaccharids die Zuckerkette, die Mannose-, Galac-
4 N-Acetylgalactosamin tose, N-Acetyl-Glucosamin-, Neuraminsäure - bzw.
4 L-Fucose Fucosereste enthält
4 Neuraminsäure
Über Biosynthese und Funktion von Glycoproteinen
Die covalente Verknüpfung zwischen Kohlenhydratanteil 7 Kapitel 17.3.
und Peptidkette erfolgt dabei:
! Glycosaminoglycane sind lange, unverzweigte Hetero-
4 in N-glycosidischer Bindung über Asparaginylseiten-
glycanketten aus repetitiven Disaccharideinheiten.
ketten (. Abb. 2.8a)
4 in O-glycosidischer Bindung über Hydroxylgrup- Im Gegensatz zu den meist verzweigten Oligosaccharid-
pen der Threonyl- oder häufiger Serylseitenketten Ketten der Glycoproteine bestehen Glycosaminoglycane
(. Abb. 2.8b) sowie aus langen, unverzweigten Heteroglycanketten, die aus sich
4 im Kollagen über Hydroxylysin wiederholenden identischen Disaccharideinheiten zusam-
mengesetzt sind (. Tabelle 2.4, . Abb. 2.10). Diese Disac-
. Abbildung 2.9 stellt einige typische Strukturmerkmale der charide bestehen immer
N- bzw. O-glycosidisch gebundenen Oligosaccharide von 4 aus einem Hexosamin bzw. dessen N-acetyliertem De-
Glycoproteinen dar: rivat sowie
4 aus einer Uronsäure, meist Glucuronsäure
Galactose-Galactose-Glucuronat, an die sich die Disaccha- ronsäure durch L-Iduronsäure ersetzt ist. Dermatansulfate
ridkette anschließt. finden sich in großen Mengen in der Haut, im Bindegewebe
Die wichtigsten in Proteoglycanen nachweisbaren Gly- und in den Herzklappen.
cosaminoglycane sind:
Keratansulfat. Keratansulfat ist ein Glycosaminoglycan, bei
Chondroitinsulfate. Chondroitinsulfate erreichen Moleku- dem anstelle der Uronsäuren Galactosylreste vorkommen.
larmassen zwischen 20 und 50 kDa. Sie kommen unter an-
derem in großen Mengen im Knorpel vor, wo sie bis zu 40% Heparin und Heparansulfat. Wichtige Glycosaminoglyca-
des Trockengewichtes ausmachen. ne sind schließlich Heparansulfat und Heparin, bei denen
im Gegensatz zu den anderen Glycosaminoglycanen Disac-
Dermatansulfat. Dermatansulfat unterscheidet sich von charide auch durch D-glycosidische Bindungen verknüpft
den Chondroitinsulfaten dadurch, das 10–20% der Glucu- sind. Ihre Molekularmasse beträgt etwa 5–30 kDa. Heparin
Infobox
Analytik von Kohlenhydraten
Indische, chinesische und japanische Ärzte kannten
schon vor mehr als 2000 Jahren eine Krankheit, die
süßen Harn erzeugt. Es wurde beobachtet, dass dieser
süße Urin den Hunden schmeckte, Fliegen wurden
angelockt und man nannte die Krankheit »Honigharn«.
Der Ausdruck »Diabetes« (griechisch: das Hindurchge-
hende) wurde von Aretheios aus Kappadokien (81–128
n. Chr.) in den medizinischen Sprachgebrauch einge-
führt, um die großen Harnmengen, den Harndrang und
das häufige Wasserlassen zu charakterisieren. Das Prü-
fen des süßen Geschmacks von Diabetikerharn wurde
noch im 20. Jahrhundert den Studenten in der Vorle-
sung eindrucksvoll demonstriert. Der Professor ließ sich
ein mit Harn gefülltes Glas reichen, steckte einen Finger
hinein, zog die Hand wieder zurück und kostete am
Finger. Es ging alles ziemlich schnell und die Zuschauer
waren fassungslos. Erst später wurde geklärt, was ge-
schehen war. Der Professor hatte den Zeigefinger in das
Uringlas gesteckt, aber seinen Mittelfinger abge-
schleckt. Niemand im Zuhörerkreis hat das bemerkt.
Die heute gebräuchlichen Verfahren zum Glucose-
nachweis in Körperflüssigkeiten verlangen vom Unter-
sucher weniger Einsatz und sind deutlich weniger
. Abb. 2.11. Struktur des Mureins. a Ausschnitt aus dem repetiti-
störanfällig. Die Glucosebestimmung erfolgt im All-
ven Disaccharid aus N-Acetyl-Glucosamin und N-Acetyl-Muraminsäu-
re. R = Peptidkette b Schematische Darstellung der Mureinstruktur.
gemeinen mit Hilfe optisch-enzymatischer Tests
Die Vernetzungsstellen sind rot hervorgehoben. G = NAc-Glucosamin; (7 Kap. 4.2.5), meist mit Hilfe von Hexokinase und
M = NAc Muraminsäure Glucose-6-phosphat-Dehydrogenase:
Glucose + ATP o Glucose-6-phosphat + ADP
Polyprenolglycolipide. Sie spielen eine wichtige Rolle nimmt diese Aufgabe das sehr ähnlich aufgebaute
bei der Biosynthese der Polysaccharide bakterieller Zell- Baktoprenol.
wände sowie der Oligosaccharide von Glycoproteinen
tierischer Zellen. Die hierfür benötigten Oligosaccharide Glyceroglycolipide. Der Lipidanteil der v.a. in Bakterien
2 werden nämlich zunächst auf Polyprenole und von die- und Pflanzen vorkommenden Glceroglycolipide besteht
sen erst auf die Akzeptorpeptide bzw. Proteine über- aus Diacylglycerin. Seine freie OH-Gruppe ist in glycosidi-
tragen. In tierischen Geweben ist das verwendete Poly- scher Bindung mit Oligosacchariden unterschiedlicher
prenol das Dolichol (7 Kap. 2.2.5), bei Prokaryoten über- Größe verknüpft.
In Kürze
Alle Kohlenhydrate leiten sich von Aldehyden bzw. Keto- dabei entstehenden Verbindungen werden Glycoside
nen mehrwertiger Alkohole ab, die als Aldosen bzw. Keto- genannt. Wird die glycosidische Bindung zwischen 2 Mo-
sen bezeichnet werden. Sie sind imstande, miteinander nosacchariden geknüpft, entstehen Disaccharide (Maltose,
Verbindungen einzugehen und auf diese Weise Makro- Lactose, Saccharose).
moleküle zu bilden. Im Einzelnen unterscheidet man Saccharide aus 3–20 Monosacchariden werden als Oligo-
4 Monosaccharide saccharide, solche mit mehr als 20 als Polysaccharide be-
4 Disaccharide zeichnet:
4 Oligo- und Polysaccharide 4 Homoglycane enthalten nur ein einziges Monosaccha-
rid
Von besonderer Bedeutung im Stoffwechsel sind: 4 Heteroglycane dagegen mehrere unterschiedliche
4 Hexosen (Glucose, Galactose, Mannose, Fructose) Monosaccharide
4 Pentosen (Ribose, Desoxyribose, Ribulose, Xylose)
Das wichtigste tierische Homoglycan ist das Glycogen.
Monosaccharide können unter Ausbildung glycosidischer Heteroglycane kommen in Glycoproteinen, Proteogly-
Bindungen mit OH- bzw. NH2 -Gruppen reagieren. Die cananen und im Murein der bakteriellen Zellwand vor.
Lipide haben eine Vielzahl von Funktionen, besonders bei 2.2.2 Fettsäuren
4 der Energiespeicherung
! Fettsäuren bestehen aus einer Kohlenwasserstoffkette
4 beim Aufbau von Membranen und
und einer Carboxylgruppe.
4 bei der Signalvermittlung
Fettsäuren sind Bausteine von Acylglycerinen, Phosphogly-
Energiespeicherung. Lipide sind ein wichtiger Nahrungs- cerinen, Sphingolipiden und Cholesterinestern. Als un-
bestandteil. Die Fettverbrennung ergibt im Vergleich mit veresterte sog. freie Fettsäuren kommen sie in den Gewe-
anderen Nahrungsstoffen die höchste Energieausbeute ben in geringen Mengen vor, im Blutplasma beträgt ihre
(39,7 kJ/g Fett) (7 Kap. 21.1). Neben ihrem energetischen Konzentration etwa 0,5–1 mmol/l. . Abbildung 2.12 zeigt
Wert haben Nahrungslipide auch deshalb Bedeutung, den allgemeinen Aufbau von Fettsäuren. Sie enthalten
weil sie die essentiellen Fettsäuren und die fettlöslichen 4 entsprechend ihrer Biosynthese aus Acetylresten meist
Vitamine Retinol, Calciferol, Tocopherole sowie Phyllo- eine gerade Anzahl von C-Atomen
chinone enthalten (7 Kap. 23.2). 4 eine Carboxylgruppe sowie
Im tierischen Organismus findet sich die höchste Lipid- 4 im Falle von ungesättigten Fettsäuren eine oder meh-
konzentration im Fettgewebe. Hier werden Triacylglyceri- rere Doppelbindungen
ne als Energiespeicher, zur Wärmeisolierung (subkutanes
Fettgewebe) oder als Druckpolster (Fett der Nierenlager, In der chemischen Nomenklatur werden Fettsäuren nach
der Fußsohle, der Orbita) gespeichert. Durch die Fettspei- den analogen Kohlenwasserstoffen mit gleicher Kettenlän-
cherung im Fettgewebe ist über längere Zeit die Unabhän- ge benannt. So heißt beispielsweise eine gesättigte Fettsäure
gigkeit von der Nahrungszufuhr gewährleistet. mit sechs C-Atomen Hexansäure, eine mit 18 C-Atomen
Ein Erwachsener speichert etwa 10.000 g Fett (bei Octadecansäure. Für die meisten Fettsäuren sind jedoch
Übergewicht wesentlich mehr!), aber nur maximal 500 g Trivialnamen üblich, die häufig den Organismus oder das
Kohlenhydrate in Form von Glycogen. Gewebe wiedergeben, aus dem die Fettsäure ursprünglich
isoliert worden ist (. Tabelle 2.6).
Membranaufbau. Eine besondere Bedeutung haben Phos-
! Ungesättigte Fettsäuren enthalten eine oder mehrere
phoglyceride, Sphingolipide und Cholesterin, da aus ih-
Doppelbindungen.
nen die Lipidphase der Plasmamembran und der intrazel-
lulären Membranen, z.B. der Mitochondrien, der Lyso- Mehr als die Hälfte der in tierischen bzw. pflanzlichen Zel-
somen und des endoplasmatischen Retikulums gebildet len vorkommenden Fettsäuren enthalten eine oder mehre-
wird (7 Kap. 6.1.2). re Doppelbindungen. . Abbildung 2.12 gibt die Regeln für
die Benennung gesättigter und ungesättigter Fettsäuren
Signalvermittlung. Lipide sind an die Regulation des Stoff- wieder:
wechsels, des Wachstums und der Differenzierung beteiligt. 4 Die Kohlenstoffatome von Fettsäuren werden, begin-
Die Steroidhormone der Nebennierenrinde und der Go- nend mit der Carboxylgruppe, mit arabischen Ziffern
naden (7 Kap. 27.3, 27.4) sind ebenso Lipide wie Prosta- nummeriert
glandine und Leukotriene, die als Gewebshormone weit 4 Ein alternatives Zählverfahren benennt die einzelnen
verbreitet sind (7 Kap. 12.4.2). Darüber hinaus sind Lipide CH2-Gruppen von Fettsäuren mit griechischen Buch-
an der Signaltransduktion beteiligt. staben. Die der Carboxylgruppe benachbarte CH2-
Gruppe wird mit D bezeichnet, die nächstfolgende mit
E usw. Die CH3-Gruppe am Ende einer Fettsäure ist
immer das Z-C-Atom
34 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
4 Die Stellung einer Doppelbindung in einer Fettsäure doch eine Reihe wichtiger Funktionen erfüllen, müssen sie
wird durch ein Delta angegeben ('). So bezeichnet '3 mit der Nahrung zugeführt werden und werden deshalb
eine Doppelbindung zwischen den C-Atomen 3 und 4 auch als essentielle Fettsäuren bezeichnet (. Tabelle 2.6,
einer Fettsäure (. Abb. 2.12). Die '9 -Position kommt mehrfach ungesättigte Fettsäuren). Eine wichtige essentielle
bei den ungesättigten Fettsäuren tierischer und pflanz- Fettsäure ist die Linolsäure oder '9,12-Octadecadiensäure
licher Zellen relativ häufig vor mit 18 C-Atomen. Die zweite Doppelbindung ist hier 12 C-
4 Sind zwei oder mehr Doppelbindungen in einer Fett- Atome von der Carboxylgruppe entfernt und liegt demzu-
säure enthalten, so sind diese immer durch zwei C-C- folge 6 C-Atome vor dem endständigen Z-C-Atom. Man
Bindungen getrennt, es handelt sich also um isolierte rechnet die Linolsäure daher auch zu den Z-6-Fettsäuren.
Doppelbindungen Eine ebenfalls essentielle Fettsäure ist die Linolensäure
4 Die Doppelbindungen in ungesättigten Fettsäuren fi- ('9,12,15-Octadecatriensäure). Sie findet sich vorwiegend in
xieren die räumliche Anordnung der Kohlenstoffkette. maritimen Organismen und wird wegen der spezifischen
Wenn gleichartige Substituenten auf derselben Seite der Position der am weitesten von der Carboxylgruppe ent-
Doppelbindungen liegen, spricht man von cis-Isome- fernten Doppelbindungen auch zur Gruppe der ω-3-Fett-
rie, andernfalls von trans-Isomerie. Fast alle in der Na- säuren gerechnet (über die ernährungsphysiologische Be-
tur vorkommenden ungesättigten Fettsäuren liegen in deutung Z-6- und Z-3-Fettsäuren 7 Kap. 21.5.3).
der cis-Form vor Wichtige Fettsäurederivate sind Prostaglandine,
Thromboxane und Leukotriene. Sie entstehen aus mehr-
Wegen des Fehlens einer entsprechenden Enzymausstat- fach ungesättigten Fettsäuren, besonders der Arachidon-
tung können mehrfach ungesättigte Fettsäuren, welche säure (20 C-Atome) und werden deswegen auch als Eiko-
Doppelbindungen enthalten, die mehr als 9 C-Atome von sanoide (eikosa = griech. 20) bezeichnet. Wegen ihrer Wir-
der Carboxylgruppe entfernt sind, vom tierischen Organis- kung auf den Zellstoffwechsel in geringsten Konzentrationen
mus nicht synthetisiert werden (7 Kap. 12.4.1). Da sie je- (10–10–10–8 mol/l) werden sie zu den Gewebshormonen
2.2 · Lipide
35 2
gerechnet. Über Biosynthese, Struktur und Wirkungsweise Dementsprechend findet man beispielsweise einen beson-
der Eikosanoide 7 Kapitel 12.4.2. ders hohen Anteil an mehrfach ungesättigten Fettsäuren
mit besonders niedrigem Schmelzpunkt im subkutanen
Fettgewebe von Meeressäugern. Ein gutes Beispiel hierfür
2.2.3 Glycerinlipide ist der Waltran.
! Phosphoglyceride sind Derivate des Glycerin-3 Phos-
Glycerinlipide enthalten als gemeinsame Struktur den
phats.
dreiwertigen Alkohol Glycerin. Wenn wenigstens eine der
drei Hydroxylgruppen des Glycerins mit Fettsäuren ver- Phosphoglyceride sind die mengenmäßig bedeutendsten
estert ist, handelt es sich um Acylglycerine. Membranbestandteile tierischer Gewebe (7 Kap. 2.2.6). Sie
zeichnen sich durch folgende Strukturmerkmale aus:
! Bei Triacylglycerinen sind alle drei Hydroxylgruppen
4 Wie bei Triacylglycerinen ist das Rückgrat der Phos-
des Glycerins mit Fettsäuren verestert.
phoglyceride der dreiwertige Alkohol Glycerin
Sind alle drei Hydroxylgruppen des Glycerins mit Fettsäu- 4 Zwei der Hydroxylgruppen des Glycerins sind mit lang-
ren verestert, spricht man von Triacylglycerinen (Triglyce- kettigen Fettsäuren verestert, die dritte mit Phosphor-
riden) (. Abb. 2.13): säure. Aus diesem Grund können Phosphoglyceride
4 Sind alle drei Hydroxylgruppen des Glycerins durch auch als Derivate des Glycerin-3-phosphats angesehen
dieselbe Fettsäure besetzt, handelt es sich um einfache werden
Triacylglycerine (z.B. Tristearoylglycerin, Tripalmitoyl- 4 Phosphatidsäure (Phosphatidat, . Abb. 2.14) ist der
glycerin). Gemischte Triacylglycerine sind allerdings, einfachste Vertreter der Phosphoglyceride, der jedoch
besonders in tierischen Geweben, wesentlich häufiger. nur in Spuren in den Geweben vorkommt. Alle anderen
Hier sind die drei Hydroxylgruppen des Glycerins mit Phosphoglyceride sind Phosphorsäurediester, da der
Fettsäuren verschiedener Kettenlänge und unterschied- Phosphatrest der Phosphatidsäure mit einem weiteren
lichem Sättigungsgrad verestert. Mehrfach ungesättigte Alkohol verknüpft ist
Fettsäuren finden sich häufig in der Position 2
4 Monoacyl- bzw. Diacylglycerine (nur eine oder zwei Wie aus der . Abbildung 2.14 hervorgeht, wird das
der drei OH-Gruppen des Glycerins verestert) kom- C-Atom 2 durch die Veresterung der Hydroxylgruppen 1
men in geringen Mengen in den Geweben vor, als Zwi- und 3 des Glycerins mit verschiedenen Substituenten
schenprodukte beim Auf- und Abbau der Triacylgly- asymmetrisch. Alle natürlichen Phosphoglyceride gehören
cerine der L-Reihe an.
Von besonderer Bedeutung für den Aufbau von Mem-
In der höchsten Gewebskonzentration kommen Triacylgly- branen (7 Kap. 18) sind Phosphatidylcholin, Phospha-
cerine im Speicherfett des Fettgewebes vor. Die Zusammen- tidylethanolamin, Phosphatidylserin und Phosphatidy-
setzung der Triacylglycerine ist von großer Bedeutung für linositol (. Abb. 2.14).
ihre Konsistenz:
4 Je länger die Kohlenwasserstoffketten der Fettsäure- Phosphatidylcholin. Phosphatidylcholin (Lecithin) ist
reste sind, umso höher liegt der Schmelzpunkt der mengenmäßig das häufigste Phosphoglycerid. Es ist ein
Triacylglycerine Phosphorsäurediester der Phosphatidsäure mit dem Ami-
4 Je mehr Doppelbindungen die Fettsäurereste in Triacyl- noalkohol Cholin.
glycerinen enthalten, umso niedriger liegt der Schmelz-
punkt Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylserin. Beide
Phosphoglyceride entsprechen strukturell dem Phosphati-
dylcholin, jedoch ist das Cholin durch Ethanolamin bzw.
Serin ersetzt.
. Abb. 2.14. Aufbau von Phosphoglyceriden. Zwei der drei Hydro- beim Phosphatidat in Form eines Diesters mit weiteren Alkoholen
xylgruppen des Glycerin-3-phosphats sind mit langkettigen Fettsäu- verknüpft ist. Die Ketten der Fettsäuren sind für die hydrophoben, die
ren verestert (zur Vereinfachung in der Abbildung 2 Palmitylreste). Die übrigen Teile der Phosphoglyceride für die hydrophilen Eigenschaften
dritte Hydroxylgruppe ist mit Phosphorsäure verestert, welche außer verantwortlich
Glycosyl-Phosphatidyl-Inositol-Anker. Glycosyl-Phos-
phatidyl-Inositol-Anker oder GPI-Anker sind wichtige
Membranbestandteile, die auf der Grundstruktur des Phos-
phatidylinositols basieren (. Abb. 2.15). Sie dienen der Ver-
ankerung von Rezeptoren oder Enzymen, z.B. der Acetyl-
cholin-Esterase (7 Kap. 9.2.4) oder der alkalischen Phos-
phatase (7 Kap. 9.2.4), in der Membran. Für den Aufbau des
GPI-Ankers werden Glucosamin und 3 Mannosen mit gly-
cosidischen Bindungen an das Inositol geknüpft, das mit
einer dritten Fettsäure verestert sein kann. Die terminale
. Abb. 2.16. Struktur des Cardiolipins . Abb. 2.17. Aufbau von Plasmalogenen
Mannose trägt einen Phosphoethanolaminrest, der mit Ceramid, das einfachste Sphingolipid (. Abb. 2.18).
dem der C-Terminus des jeweiligen Proteins mit einer Säu- Vom Ceramid leiten sich weitere Sphingolipide ab
reamidbindung verbunden ist. Die Mannosereste können 4 Sphingomyeline tragen an der endständigen Hydroxyl-
weitere Ethanolamine und andere Saccharide tragen. gruppe des Ceramidanteils einen Phosphorylcholin-
oder einen Phosphorylethanolaminrest (. Abb. 2.19).
Cardiolipin. Cardiolipin oder Diphosphatidylglycerin ist
ein besonders in Mitochondrienmembranen in hoher Kon-
zentration vorkommendes Phosphoglycerid (. Abb. 2.16).
Auch hier ist das Rückgrat des Moleküls ein Glycerin, bei
dem die Hydroxylgruppen der C-Atome 1 und 3 mit je ei-
ner Phosphatidsäure verestert sind.
2.2.4 Sphingolipide
2.2.5 Isoprenlipide
Anstelle des Cholesterins enthalten Pflanzen v.a. E-Si- 4 Es ist die Muttersubstanz für die Biosynthese der
tosterol, das sich von diesem nur durch seine aliphatische zahlreichen Steroidhormone, die in der Nebennie-
Seitenkette unterscheidet (. Abb. 2.22d). Über die Pro- renrinde sowie in den Gonaden gebildet werden
bleme bei der Resorption von Cholesterin und E-Sitosterol (7 Kap. 27.3, 27.4)
7 Kap. 32.2.2). 4 Es ist der Ausgangspunkt für die Biosynthese der D-
Hormone (D-Vitamine) (7 Kap. 23.2.2)
! Cholesterin kommt in beträchtlicher Menge in allen
4 Es ist der Ausgangspunkt für die Biosynthese der für
tierischen Zellen vor.
die Verdauungsvorgänge unerlässlichen Gallensäuren
Cholesterin hat eine Reihe wichtiger Funktionen: (7 Kap. 32.1.4)
4 Es ist Bestandteil aller zellulärer Membranen mit Aus-
nahme der mitochondrialen Innenmembran Von besonderem pharmakologischem Interesse sind die
vielen Pflanzensteroide, die neben Hydroxylgruppen auch
Äther- und Lactongruppierungen enthalten können und
häufig als Glycoside vorkommen. Beispiele hierfür sind die
Herzglycoside (. Abb. 2.4).
. Abb. 2.22. Strukturen von Steroiden. a Cyclopentano-Perhydrophenanthren (Syn. Gonan, Steran); b Cholestan; c Cholesterin; d E-Sitosterol
. Abb. 2.23. Möglichkeiten der Anordnung von amphiphilen benen Teile der Phospholipidmoleküle stellen die hydrophilen Be-
Lipiden. a in Grenzschichten, b–d im Wasser. Die (rot) hervorgeho- reiche, die (schwarz) gezeichneten die hydrophoben Bereiche dar
Vehikel benutzt, sodass Arzneimittel, Enzyme, DNA 4 In die zelluläre Membranen bildenden Lipiddoppel-
u.a. in den intrazellulären Raum transportiert werden schichten sind Membranproteine (7 Kap. 6.1.2) einge-
können lagert
4 Die jeweilige Fettsäurezusammensetzung bestimmt die
! Lipiddoppelschichten sind die Grundstruktur aller
sog. Fluidität und damit die Eigenschaften biologischer
zellulären Membranen.
Membranen
Die strukturelle Grundlage aller zellulären Membranen 4 Die Verteilung der einzelnen amphiphilen Lipide ist
sind Lipiddoppelschichten, die im Wesentlichen aus folgen- nicht statistisch sondern asymmetrisch und damit an
den amphiphilen Lipiden bestehen: spezifische Membranfunktionen angepasst
4 den Phosphoglyceriden Phosphatidylcholin, Phos-
phatidylethanolamin, Phosphatidylserin, Phosphat- Membranproteine. Der Proteingehalt verschiedener zellu-
idylinositol lärer Membranen schwankt zwischen 20% bei Myelinmem-
4 den Sphingolipiden Sphingomyelin und Glycosphin- branen und 80% bei der mitochondrialen Innenmembran.
golipiden sowie Im Prinzip lassen sich drei Typen von Membranproteinen
4 Cholesterin. Die mitochondriale Innenmembran ist unterscheiden (. Abb. 2.25),
die einzige zelluläre Membran, in der Cholesterin nicht 4 Integrale Membranproteine gehen vollständig durch
vorkommt Membranen hindurch. Sie besitzen hierzu sog. Trans-
membrandomänen, welche reich an hydrophoben
. Abbildung 2.24 gibt eine schematische Darstellung des Aminosäuren sind und so die nötigen Wechsel-
Aufbaus einer Lipiddoppelschicht wieder. wirkungen mit der Lipidphase der Membranen ermög-
Trotz dieses, auf den ersten Blick relativ einfachen Auf- lichen. Strukturell bestehen Transmembrandomänen
baus zellulärer Membranen aus einer sehr begrenzten An- aus D-Helices bzw. seltener E-Faltblättern. Integrale
zahl von amphiphilen Molekülen ist deren funktionelle Membranproteine lassen sich nur unter Zerstörung der
Vielfalt beeindruckend. Hierfür sind vor allem drei Phäno- Membran aus dieser lösen, aggregieren dann aber leicht
mene verantwortlich: und verlieren ihre biologische Aktivität
42 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
. Abb. 2.24. Lipidstruktur einer Zellmembran. Die schematische der besonders cholesterinreich ist und in dem die Phospho- und
Darstellung zeigt die asymmetrische Verteilung von Phospholipiden Sphingolipide viele gesättigte Fettsäurereste enthalten. Im raft sind
und Sphingolipiden auf den beiden Seiten einer Lipiddoppelschicht außerdem zwei lipidverankerte Proteine dargestellt (nach Simons, K
und stellt darüber hinaus einen Ausschnitt aus einem »lipid raft« dar, 2001)
4 Periphere Membranproteine sind nur mit einer Hälfte Membranproteine ermöglichen u.a.:
der Lipiddoppelschicht assoziiert. Sie können relativ 4 als Kanäle oder Carrier den Transport von Molekülen
leicht aus der Membran gelöst werden und behalten durch die Membran
dabei ihre biologische Aktivität 4 als Rezeptoren die Signaltransduktion durch Signal-
4 Lipidverankerte Membranproteine sind durch moleküle
covalente Verknüpfung mit Lipiden in Membranen 4 als Cadherine oder Integrine Zell-Zell- bzw. Zell-
verankert. Als derartige Lipide kommen Isopreno- Matrixkontakte
idreste, Fettsäurereste und GPI-Anker infrage (7 Kap.
2.2.3) Membranfluidität. Bei tiefen Temperaturen sind die Alkan-
ketten der Fettsäurereste von Membranen dicht gepackt
Membranproteine sind meist Glycoproteine (7 Kap. 17.2). und maximal gestreckt. Bei Temperaturerhöhung kommt
Die Kohlenhydratketten befinden sich immer auf der zum es zu einem scharfen Phasenübergang, bei dem die Abstän-
extrazellulären Raum gerichteten Seite der Membran. de der Ketten sich vergrößern und die Beweglichkeit der
2.2 · Lipide
43 2
Membranlipide deutlich zunimmt. Diese Erhöhung der lung in den Membranen sind spezifische z.T. ATP verbrau-
Membranfluidität wird auch als Schmelzen bezeichnet, chende Proteine erforderlich (Flippasen, 7 Kap. 18.2.3).
die zum Schmelzen benötigte Temperatur als Schmelz- Interessanterweise besteht nicht nur eine asymmetri-
punkt. sche Lipidverteilung zwischen den beiden Blättern der
Der Schmelzpunkt biologischer Membranen liegt Lipiddoppelschicht, sondern auch innerhalb eines Blat-
zwischen 10 °C und 40 °C. Er steigt mit zunehmender Ket- tes. Mit dem Begriff lipid rafts (engl. raft = Floß) werden
tenlänge und abnehmender Zahl der Doppelbindungen Membranareale beschrieben, bei denen besonders das äu-
der Fettsäureanteile. Darüber hinaus wird der Schmelz- ßere Blatt der Membran reich an Sphingolipiden mit gesät-
punkt durch Natrium-, Kalium- und Calciumionen sowie tigten langkettigen Fettsäuren ist. Dies erleichtert den Ein-
auch durch Membranproteine verändert. Cholesterin als bau von Cholesterin in diese Bereiche, wodurch sich eine
wichtiger Bestandteil tierischer Membranen lagert sich dichtere Packung der Lipidphase gegenüber den anderen
zwischen die Alkanketten der Fettsäurereste, wobei seine Bereichen der Membran ergibt (engl. liquid ordered in den
OH-Gruppe in Richtung der hydrophilen Kopfgruppen rafts gegenüber liquid disordered in den anderen Berei-
der Phospholipide orientiert ist (. Abb. 2.24). Es ver- chen). Rafts umfassen einige tausend Lipidmoleküle, ha-
breitert den Temperaturbereich, in dem das Schmelzen ben einen Durchmesser von etwa 50 nm und schwimmen
der Membranen erfolgt und erhöht so die Stabilität von wie Inseln oder »Flöße« in der Lipidphase der Membran
Membranen. (. Abb. 2.24, 2.26).
Von besonderem Interesse ist, dass eine Reihe hydro- Einige Proteine haben eine hohe Affinität zu rafts. Zu
phober organischer Verbindungen sich in die Lipidphase ihnen gehören Caveolin (7 u.), Flotilline, GPI-verankerte
biologischer Membranen einlagern kann und auf diese Proteine, kleine und heterotrimere G-Proteine, Proteinki-
Weise deren Eigenschaften ändert. Zu ihnen gehören unter nasen der src-Familie, EGF-, PDGF-, Endothelin-Rezepto-
anderem eine Reihe gasförmiger Narkotika, z.B. das Halo- ren, Adapter-Proteine (Grb2), Proteinkinase C, und die
than. p85-Untereinheit der PI 3-Kinase. Viele der mit rafts asso-
ziierten Proteine sind an der Signaltransduktion beteiligt.
Asymmetrie der Membran. Bei genauer Untersuchung der Eine derzeit diskutierte Hypothese ist, dass besonders die
Lipidzusammensetzung von zellulären Membranen fällt Ligandenbindung an Rezeptoren zum Verschmelzen ein-
auf, dass die einzelnen, eine Membranstruktur ausbilden- zelner rafts und zur Bildung funktioneller Einheiten, sog.
den amphiphilen Lipide asymmetrisch verteilt sind. So fin- Signalosomen, führt.
det sich z.B. in der Plasmamembran im äußeren Blatt der Wegen ihrer geringen Größe sind rafts schwer nach-
Doppelschicht bevorzugt Sphingomyelin, Glycosphingoli- zuweisen. Für eine besondere Form der rafts trifft dies
pide und Phosphatidylcholin, im inneren Blatt dagegen allerdings nicht zu. Sie enthalten ein als Caveolin be-
Phosphatidylethanolamin, Phosphatidylserin und Phos- zeichnetes Protein, welches Cholesterin bindet und in der
phatidylinositol. Cholesterin findet man dagegen auf bei- Membrandoppelschicht Haarnadelstrukturen ausbildet.
den Seiten der Plasmamembran. Diese polymerisieren, was zur Ausbildung von Membran-
Ein spontaner Wechsel eines Membranlipids von einer invaginationen führt, die Caveolae genannt werden
Seite der Membran auf die andere ist ein sehr seltenes Er- (. Abb. 2.26). Sie können unter Vesikelbildung abgeschnürt
eignis. Für die Erzeugung der Asymmetrie der Lipidvertei- werden und sind an wichtigen zellbiologischen Phänome-
44 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
In Kürze
Lipide können nach dem Vorhandensein von Esterbin- Wichtige Funktionen von Lipiden sind:
dungen eingeteilt werden. 4 Bereitstellung von Substraten für die Energiege-
Zu den Lipiden ohne Esterbindungen gehören winnung
4 Fettsäuren sowie deren Abkömmlinge wie Prostag- 4 Speicherung von Energie, vor allem in Form von
landine, Thromboxane und Leukotriene Triacylglycerinen
4 Isoprenlipide wie Cholesterin und seine Abkömm- 4 Aufbau von Membranen, vor allem durch Phospho-
linge, die Vitamine A, K sowie viele andere Natur- glyceride, Sphingolipide und Cholesterin sowie
stoffe 4 Bereitstellung von Signalmolekülen, vor allem
Steroidhormonen, Prostaglandinen, Leukotrienen,
Lipide mit Esterbindungen werden nach dem zugrunde Thromboxanen
liegenden Alkohol eingeteilt. Man unterscheidet:
4 Acylglycerine
4 Phosphoglyceride
4 Sphingolipide
4 Cholesterin-Ester
2.3 · Aminosäuren
45 2
2.3 Aminosäuren 4 Durch Decarboxylierung entstehen aus Aminosäuren
die entsprechenden Amine (7 Kap. 13.3.4), die häufig als
2.3.1 Klassifizierung und Funktionen Signalmoleküle dienen
4 Aminosäuren sind Stickstoff-Lieferanten für die Bio-
! Aminosäuren sind Derivate gesättigter Carbonsäuren. synthese N-haltiger Verbindungen
. Abb. 2.28. Die proteinogenen Aminosäuren. Die Aminosäuren Unter den Formeln stehen jeweils die Trivialnamen sowie die 3- und 1-
sind nach chemischen Eigenschaften ihrer Seitenketten geordnet. Buchstaben-Abkürzungen
! Die Hydrophobizität der Aminosäure-Seitenketten ist +4.5 für die hydrophobste Aminosäure Isoleucin bis –4.5
eine wesentliche Determinante für Struktur und Funk- für die hydrophilste Aminosäure Arginin. Bei einem Ver-
tion von Proteinen gleich mit . Abbildung 2.28 fällt auf, dass sich 6 der 9 Ami-
nosäuren mit apolaren Seitenketten durch einen positiven
Für Struktur und biologische Aktivität von Proteinen ist Hydropathie-Index auszeichnen, also besonders hydro-
deren Wechselwirkung mit dem meist wässrigen Lösungs- phob sind. Umgekehrt sind alle 5 Aminosäuren mit gelade-
mittel von großer Bedeutung. Diese wiederum hängt we- nen Seitenketten besonders hydrophil. Proteinregionen, an
sentlich von der Art und Sequenz der Seitenketten der Ami- denen diese Aminosäuren gehäuft vorkommen, werden für
nosäuren ab, aus denen sich das Protein zusammensetzt. In Wechselwirkungen mit einer wässrigen Umgebung verant-
. Tabelle 2.7 sind 20 proteinogene Aminosäuren nach ih- wortlich sein, Regionen mit hydrophoben Aminosäuren
rem Hydropathie-Index geordnet. Dieser ist ein relatives werden dagegen bevorzugt an Stellen des Proteins lokali-
Maß für Hydrophobizität einer Aminosäure. Er variiert von siert sein, an denen Wasser keinen Zutritt haben soll.
2.3 · Aminosäuren
47 2
2.3.4 Säure-Baseneigenschaften
von Aminosäuren
5-Hydroxytryptophan (α-Amino-β-(5-hydroxy)-Indolylpropionat) OH
–
entsteht durch Hydroxylierung von Tryptophan; OOC – CH – CH2
+
ist Vorstufe von Serotonin, einem Gewebshormon NH3 N
H
3,4-Dihydroxyphenylalanin (α-Amino-β-(3,4-dihydroxy)-Phenylpropionat)
–
entsteht durch Hydroxylierung von Tyrosin; OOC – CH – CH2 OH
ist Vorstufe von Melanin, einem Pigment in den Haaren und der Haut +
NH3
OH
. Tabelle 2.9. pK-Werte und isoelektrische Punkte von Alanin, Aspartat und Lysin
Aminosäure Art der Seitenkette pK-Werte Isoelektrischer Punkt
= arithmetisches Mittel von
+ +
α-COOH α-NH3 γ-COOH ε-NH3
+
Alanin Aliphatisch 2,35 9,69 – – α-COOH und D-NH3 = 6,02
Aspartat Carboxylgruppe enthaltend 2,09 9,82 3,86 – α-COOH und γ-COOH = 2,97
+
Lysin Aminogruppe enthaltend 2,18 8,95 – 10,53 α-NH3+ und ε-NH3 = 9,74
Außer den Amino- und Carboxylgruppen kommen als wei- gung an vielen enzymatischen Reaktionen widerspiegelt
tere dissoziable Gruppen vor (7 Kap. 4.3).
4 die Sulfhydrylgruppe von Cystein Aus der Henderson-Hasselbalch-Gleichung (7 Kap.
(R - SH RS − + H + ; pK - Wert 8 − 9) 1.2.6) kann bei Kenntnis des pK-Wertes für jeden pH-Wert
4 die Hydroxylgruppe von Tyrosin der Dissoziationsgrad einer schwach sauren Gruppe er-
(R - OH RO − + H + ; pK - Wert 10,1) rechnet werden (. Abb. 2.31). Im Fall des Alanins liegen
4 die Guanidinogruppe von Arginin 4 bei pH 1,0 beide funktionellen Gruppen (pK-Werte in
(R = NH2 + R = NH + H + ; pK - Wert 12, 5) . Tabelle 2.9) in der protonierten Form vor, Alanin ist
4 die Iminogruppe des Pyrrolidinringes von Prolin also ein Kation
(R = NH2 + R = NH + H + ; pK - Wert 10, 6) 4 Bei pH 6,02 ist die Carboxylgruppe vollständig dissozi-
iert und deprotoniert, die Aminogruppe bleibt dagegen
Die pK-Werte der genannten funktionellen Gruppen sind unverändert protoniert. In dieser Form wird eine Ami-
weit vom physiologischen pH-Wert entfernt, weswegen nosäure auch als Zwitterion bezeichnet. Der pH-Wert,
diese Gruppen nur in einer Form, protoniert oder nicht in dem die Aminosäure keine Nettoladung trägt und
protoniert vorliegen. Anders ist dies beim Histidin, da es deshalb auch nicht im elektrischen Feld wandert, heißt
als einzige Aminosäure eine dissoziable Gruppe besitzt, isoelektrischer Punkt (IP). Bei Alanin ist der IP das
deren pK-Wert etwa 6 beträgt und damit in die Nähe arithmetische Mittel der pK-Werte der Carboxyl- und
des physiologischen pH-Bereiches kommt. Die Imidazol- Aminogruppe. Die isoelektrischen Punkte anderer
seitenkette des Histidins ändert ihren Dissoziationsgrad Aminosäuren finden sich in . Tabelle 2.7
bei physiologischen pH-Werten und nimmt daher in Pro- 4 Bei pH 11,0 befinden sich beide Gruppen in deproto-
teinen eine Sonderstellung ein, die sich an der Beteili- nierter Form, Alanin liegt also als Anion vor
50 Kapitel 2 · Kohlenhydrate, Lipide und Aminosäuren
. Abb. 2.31. Dissoziationsverhalten der Carboxyl- und Aminogruppen von Alanin, Aspartat und Lysin bei verschiedenen pH-Werten
Aus . Abbildung 2.31 und . Tabelle 2.7 geht weiter hervor, 4 die Trennung von Aminosäuregemischen durch Chro-
dass Aminosäuren bei physiologischem pH-Wert (in Kör- matographie an Ionenaustauscherharzen und vor al-
persäften pH 7,4, im Cytosol der Körperzellen pH 6,0–7,0) lem
überwiegend die geladenen funktionellen Gruppen enthal- 4 die Struktur und die Funktion von Proteinen (7 Kap. 3
ten. Deshalb wird diese Form für die Darstellung der Ami- und 4)
nosäuren gewählt.
Infobox
! Die Titrationskurven für Aminosäuren setzen sich aus
Nachweisreaktionen von Aminosäuren
denen ihrer funktionellen Gruppen zusammen.
Bei Störungen des Aminosäurestoffwechsels sowie
Die Titrationskurve von Alanin ist aus den Titrationskur- proteinanalytischen Fragestellungen kommt es darauf
ven der Carboxyl- und Aminogruppe dieser Aminosäure an, das Vorhandensein und die Konzentration einzelner
zusammensetzt, die jeweils den charakteristischen Verlauf Aminosäuren zu bestimmen. Nachweisverfahren für
schwacher Säuren zeigen (. Abb. 2.32). Aminosäuren können
Aminosäuren mit mehreren dissoziablen Gruppen zei- 4 spezifisch für einzelne Aminosäuren sein oder
gen entsprechend kompliziertere Kurven. Aus . Abbil- 4 die Summe aller in einer Probe vorhandenen Ami-
dung 2.31 und 2.32 sowie . Tabelle 2.9 geht hervor, dass die nosäuren erfassen
Dissoziation der beiden Carboxylgruppen von Aspartat in
einem Bereich zwischen pH 1 und pH 6,6 abläuft. Bei die- Nur für sehr wenige Aminosäuren existieren spezifische
sem Vorgang ändert sich der Dissoziationsgrad der Amino- Nachweisverfahren, so z.B. der Nachweis der Phenol-
gruppe nicht, weswegen der isoelektrische Punkt von As- gruppe im Tyrosin oder der Sulfhydrylgruppe im Cystein.
partat dem arithmetischen Mittel der beiden pK-Werte der Wichtiger als die spezifischen Nachweisverfahren
Carboxylgruppen entspricht. für Aminosäuren sind solche, die auf der Derivatisie-
Für Lysin gilt das Entsprechende. In dem Bereich, in rung der funktionellen Gruppen am D-C-Atom beru-
dem die Dissoziation der Aminogruppen stattfindet, bleibt hen. In aller Regel handelt es sich um Reaktionen mit
die D-Carboxylgruppe in der dissoziierten Form. Sie nimmt der -NH3+-Gruppe, die zu fotometrisch nachweisbaren
deshalb keinen Einfluss auf den isoelektrischen Punkt. Produkten führt. Besondere Bedeutung haben die
Umsetzung mit Dansylchlorid bzw. Ninhydrin
! Viele Eigenschaften von Aminosäuren sind pH-abhängig.
(. Abb. 2.33).
Die Protonierung funktioneller Gruppen von Aminosäu- Die Verwendung jeder der beiden Methoden zum
ren ist von Bedeutung für: quantitativen Nachweis einzelner Aminosäuren setzt
4 chemische und biochemische Reaktionen, die Amino- die Abtrennung dieser Aminosäuren aus den meist
säuren eingehen können, beispielsweise bei Nachweis- vorliegenden Aminosäuregemischen voraus.
methoden
2.3 · Aminosäuren
51 2
Infobox
Chromatographische Methoden zur Trennung
von Aminosäuren
Chromatographische Verfahren beruhen auf der unter-
schiedlichen Affinität der zu trennenden Stoffe eines
Gemisches zu zwei verschiedenen Phasen, die nicht
oder nur im begrenzten Umfang miteinander mischbar
sind. Eine der Phasen, die stationäre Phase, ist an einen
festen Träger gebunden, die andere mobile Phase ist in
Bewegung. Dadurch stellt sich immer wieder ein neues
Gleichgewicht zwischen beiden Phasen ein, was zu
einer Trennung des Stoffgemisches führt. Je nach Art
der Kräfte, die bei der Entstehung der Gleichgewichte
wirken, lassen sich Verteilungs-, Absorptions-, Ionen-
austausch- und Hohlraumdiffusionschromatographie
unterscheiden, nach der Anordnung des Trägermate-
rials Dünnschicht- bzw. Säulenchromatographie
(. Abb. 2.34).
Die Trennung von Aminosäuregemischen erfolgt
meist durch Ionenaustauschchromatographie oder
Umkehrphasen-Flüssigkeitschromatographie.
Ionenaustauschchromatographie. Ionenaustauscher
sind polymere Kunstharze, die aus Elektrolytlösungen
Ionen im Austausch gegen eigene Ionen gleicher La-
dung aufnehmen und bei Änderung des pH-Wertes der
Umgebung wieder abgeben können. Sie finden unter
anderem Anwendung bei der Wasserenthärtung oder
in der klinischen Medizin bei der Behandlung von Stö-
rungen des Ionenhaushaltes (7 Kap. 28.5.2).
Zur Trennung von Aminosäuregemischen werden
meist Kunstharze mit Sulfonsäuregruppen (HSO3–)
benutzt. Wegen ihrer negativen Ladung können sie
mit Kationen Salze bilden und heißen deswegen auch
Kationenaustauscher. Da Aminosäuren im sauren
. Abb. 2.32. Titrationskurven der Aminosäuren Alanin, Aspartat 6
und Lysin
Milieu als Kationen vorliegen (7 o.) binden sie an Katio- phobe Substanzen covalent gebunden sind, als Träger der
nenaustauscher. Durch Elution mit Puffern von steigen- stationären Phase. Die mobile Phase besteht aus einer
dem pH und steigender Salzkonzentration können pufferhaltigen wässrigen Lösung, die mit einem wasserlös-
Aminosäuren schrittweise von dem Kationenaustauscher lichen organischen Lösungsmittel gemischt ist. Das Ami-
eluiert werden. Sie nehmen nämlich bei jeweils für jede nosäuregemisch wird in wässriger Phase auf die Trennsäu-
Aminosäure typischen pH-Werten die Zwitterionenform le gegeben. In Abhängigkeit von der jeweiligen Hydropho-
an, bei der sie vom Ionenaustauscher nicht mehr gebun- bizität der Aminosäureseitenkette werden Aminosäuren in
den werden. Die schrittweise eluierten Aminosäuren der stationären Phase zurück gehalten. Die Auftrennung
werden meist mit der Ninhydrinmethode nachgewiesen. kommt dadurch zustande, dass sich die Aminosäuren auf
Für die Auftrennung von Aminosäuregemischen durch Grund ihrer hydrophoben Eigenschaften unterschiedlich
Ionenaustauschchromatographie stehen entsprechende in den beiden Phasen verteilen und damit mit unter-
Automaten zur Verfügung. schiedlicher Geschwindigkeit durch die Säule wandern.
Die Verteilung der Aminosäuren kann zusätzlich dadurch
Umkehrphasenflüssigkeitschromatographie. Die beeinflusst werden, dass der hydrophile Charakter der
Umkehrphasenflüssigkeitschromatographie (englisch: mobilen Phase während des Laufes durch kontinuierliche
reversed phase liquid chromatography (RPLC)) ist wegen Erhöhung des Anteils des organischen Lösungsmittels
der besonderen Trennschärfe und Empfindlichkeit ein verändert wird. Für die Auftrennung von Aminosäuregemi-
sehr gut etabliertes Verfahren zur Auftrennung von Ami- schen durch RPLC werden die Aminosäuren meist vor der
nosäuregemischen. Bei der RPLC dienen in eine Chroma- Auftrennung derivatisiert, z.B. mit Phenylisothiocyanat
tographiesäule gepackte Kieselgelteilchen, an die hydro- (7 Kap. 3.2.3)
In Kürze
Formal sind Aminosäuren Derivate von Fettsäuren, die am Die Funktionen von Aminosäuren sind vielfältig:
D-C-Atom eine Aminogruppe tragen. Nach der Wasserlös- 4 Die 20 proteinogenen Aminosäuren stellen die Baustei-
lichkeit ihrer Seitenketten kann zwischen hydrophilen ne aller Proteine dar
und hydrophoben Aminosäuren unterschieden werden. 4 Nichtproteinogene Aminosäuren entstehen entweder
Bei neutralem pH liegt die Carboxylgruppe von Amino- durch Modifikation von Aminosäureresten in Proteinen
säuren deprotoniert als Anion und die Aminogruppe bzw. nehmen an den verschiedensten Stoffwechsel-
protoniert als Kation vor. Nichtessentielle Aminosäuren Vorgängen teil (Harnstoffzyklus)
können im Organismus synthetisiert werden, essentielle 4 Aminosäuren dienen als Stickstoff-Lieferanten für eine
Aminosäuren jedoch nicht, weswegen die letzteren mit Reihe von Biosynthesen
der Nahrung zugeführt werden müssen. 4 Durch Decarboxylierung von Aminosäuren entstehen
Amine, die als Signalmoleküle dienen
Literatur
53 2
Literatur Lagerholm BC, Weinreb GE, Jacobson K, Thompson NL (2005) Detecting
microdomains in intact cell membranes. Annu Rev Phys Chem
Bücher und Monographien 56:309–336
Ernst B, Hart GW, Sinay B (2000) (eds) Carbohydrates in Chemistry and Le Roy C, Wrana JL (2005) Clathrin- and non-clathrin-mediated endo-
Biology. Vol I–IV, Wiley VCH cytic regulation of cell signalling. Nat Rev Mol Cell Biol 6(2):112–26
Haines AH (2003) Carbohydrates: Structure and Biology VCH Verlagsge- Pike LJ (2004) Lipid rafts: heterogeneity on the high seas. Biochem J
sellschaft 378:281–292
Katsaras J, Gutberlet T (2001) Lipid Bilayers: Structure and Interactions. Razani B, Woodman SE, Lisanti MP (2002) Caveolae: From cell biology to
Springer animal physiology. Pharmacol Rev 54:431–467
Vance DE, Jean E, Vance JE (1996) (eds): Biochemistry of Lipids, Lipopro- Simons K, Ehehalt R (2002) Cholesterol, lipid rafts, and disease. J Clin
teins and Membranes. Elsevier Invest 110:597–603
Varki A, Cummings R, Esko J, Freeze H, Hart G, Marth J (2002) Essentials Simons K, Ikonen E (2000) How cells handle cholesterol. Science 290:
of Glycobiology. Cold Spring Harbor Laboratory Press 1722–1726
Simons K, Vaz WL (2004) Model systems, lipid rafts, and cell membranes.
Übersichten und Originalarbeiten Annu Rev Biophys Biomol Struct 33:269–295
Bernfield M et al. (1999) Functions of cell surface heparan sulphate pro- Stadtman TC (1996) Selenocysteine. Annu Rev Biochem 65:83–100
teoglycans. Annu Rev Biochem 68:729–777 Woods RJ (1995) Three-dimensional structures of oligosaccharides. Curr
Iozzo RV (1998) Matrix proteoglycans: From molecular design to cellular Opin Struct 5:591–598
function. Annu Rev Biochem 67: 609-652
Links im Netz
7 www.lehrbuch-medizin.de/biochemie