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Oberthema:
Ausgewählte Methoden und Fragestellungen der
verhaltenswissenschaftlich-empirischen Marketing-Forschung
Bearbeitetes Thema:
Die Anwendungen der Conjoint-Analyse in der
Preiswirkungsforschung: Alternative Befragungsmethoden
und die jeweils darauf beruhende Datenauswertung
vorgelegt an der
Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen
- Lehrstuhl für Unternehmenspolitik und Marketing –
Abgabetermin: 09.12.2008
Inhaltsverzeichnis II
Inhaltsverzeichnis
Seite
Abbildungsverzeichnis
Seite
Tabellenverzeichnis
Seite
Abkürzungsverzeichnis
1 Einleitung
In Zeiten steigenden Wettbewerbsdrucks ist der Preis eine der wesentlichen Stell-
größen des Marketings. Doch seine optimale Festlegung ist problematisch. Während
eine simple Kosten-Plus-Rechnung kaum zu optimalen Ergebnissen führen kann, ist
eine sinnvolle Methode die Ableitung des Preises aus einer geschätzten Preis-
Absatz-Funktion. Bei diesem Ansatz wird der Preis aus der Zahlungsbereitschaft der
Käufer ermittelt, der Preis also auch aus Kundensicht optimiert. Die Schwierigkeit
stellt hier die korrekte Ermittlung der Preis-Absatz-Funktion dar. Einfache Möglich-
keiten sind die Herleitung aus historischen Daten und die Schätzung durch Experten.
Doch beides ist nicht theoretisch fundiert, daher kann die Güte der geschätzten
Funktionen bezweifelt werden. Eine sehr gute Alternative dazu ist die Befragung der
potentiellen Kunden.1 In dieser Arbeit soll dies durch eine bekannte Befragungsme-
thode, die Conjoint-Analyse, geschehen.
Ursprung der Conjoint-Analyse, die 1971 in das Marketing eingeführt wurde,2 ist das
psychologisch-mathematische Conjoint-Measurement aus dem Jahre 1964.3 Als
nützliche Erweiterung der unternehmerischen Werkzeuge breitete sie sich zunächst
in den USA aus, bis sie auch in Europa Anklang fand. Heutzutage wird sie vor allem
bei Produkt-Neueinführungen verwendet.4
1
Vgl. Ebel; Lauszus (1999), S. 837 f./ Balderjahn (1994), S. 13/ Steffenhagen (2008), S. 188 ff./ Al-
bers; Becker; Clement; Papies; Schneider (2007), S. 9.
2
Vgl. Green; Rao (1971), S. 355 ff.
3
Vgl. Luce; Tukey (1964), S. 1 ff.
4
Vgl. Wittink; Cattin (1989), S. 92 f./ Wittink; Vriens; Burhenne (1994), S. 43 f./ Backhaus; Erichson;
Plinke; Weiber (2006), S. 488.
2 Definition der Conjoint-Analyse 2
5
S. Anhang, Abb. A: Beispiel eines kompositionellen Fragebogens.
6
Vgl. Luce; Tukey (1964), S. 1 ff./ Green; Rao (1971), S. 355 f./ Johnson (1987), S. 253/ Perrey
(1996), S. 107 f.
3 Methoden der Datenakquise 3
führt werden. Anhand dieser werden die auftretenden Probleme bei der Datenerhe-
bung und –auswertung besprochen, die das Ergebnis verfälschen könnten.
7
Tab. 1: Bedingungen an abgefragte Attribute bei einer Conjoint-Analyse.
Erstens sollten die Eigenschaften relevant und ähnlich wichtig, außerdem grundsätz-
lich akzeptabel sein. Ein Negativbeispiel dafür ist der Vergleich der Motorleistung
eines PKW mit dem Vorhandensein eines Zigarettenanzünders oder ein PKW, der
ohne Motor geliefert wird. Zweitens müssen die Produktprofile für das Unternehmen
realisier- und beeinflussbar sein. Beispielsweise ist ein Preis unter den Herstellungs-
kosten für die Konsumenten interessant, aber nicht durchsetzbar. Drittens sollten
sich die Attribute nicht gegenseitig beeinflussen, also paarweise unabhängig sein.
Dies ist doch nur selten zu erreichen. Im PKW-Beispiel sind die Motorleistung und
der günstige Unterhalt abhängig, denn beides hängt eng mit dem Kraftstoffverbrauch
zusammen. Viertens sind ungerichtete Merkmale zu beachten, denn diese müssen
zu Beginn in einer zusätzlichen Befragung in eine Reihenfolge gebracht werden. Be-
sonderen Stellenwert nimmt hier die Marke des Produkts ein, da mit dieser be-
stimmte Eigenschaften wie Preis oder Qualität gedanklich direkt verknüpft sind. Hier
sei beispielhaft ein deutscher Traditions-Autobauer einem chinesischen PKW-
Fabrikaten gegenübergestellt. Zumindest Europäer rechnen hier mit unterschiedli-
cher Qualität.8
7
Vgl. Backhaus; Erichson; Plinke; Weiber (2006), S. 562 f./ Ebel; Lauszus (1999), S. 842.
8
Vgl. Backhaus; Erichson; Plinke; Weiber (2006), S. 562 f./ Böcker (1986), S. 568 f./ Ebel; Lauszus
(1999), S. 842.
3 Methoden der Datenakquise 4
3.1.2 Befragungsmethode
Grundsätzlich ist zwischen zwei unterschiedlichen Methoden der Befragung zu un-
terscheiden, der Zwei-Faktor-Methode9 und der Full Profile-Methode10.
Bei der auch als Trade off-Methode bezeichneten Zwei-Faktor-Methode muss der
Proband sämtliche Ausprägungen zweier Attribute gleichzeitig bewerten. Vorteil die-
ser Befragungsmethode ist die einfache Bewertungssituation, die den Probanden
nicht überfordert. Bei der komplexeren Full Profile-Methode müssen Probanden Pro-
duktprofile bestehend aus allen Eigenschaften bewerten. In der Praxis wird die
komplexere Full Profile-Methode häufiger als die Trade off-Methode eingesetzt, da
sie genauere Daten liefert.11 Daher werden im Folgenden die Besonderheiten dieses
Befragungsverfahrens beleuchtet.
Bei der Full Profile-Methode gilt es abzuwägen, ob ein vollständiges oder ein redu-
ziertes Design verwendet werden soll. Die Anwendung des vollständigen impliziert,
dass Probanden alle möglichen Ausprägungskombinationen der Attribute bewerten
müssen. Offensichtlich kann eine Befragung dieses Umfangs die Probanden leicht
überfordern. Eine Reduktion auf maximal 30 zu bewertende Stimuli hat sich als sinn-
voll herausgestellt. Das reduzierte Design ist eine Teilmenge des vollständigen, da-
her ist auf die Auswahl repräsentativer Produktprofile zu achten. Ein solches Design
wird als fraktioniert faktoriell bezeichnet. Der Vorteil der leichteren Beurteilung wird
mit schlechterer Beobachtbarkeit von Interaktionseffekten der Attribute bezahlt, bei
geschickter Fraktionierung ist diese Unschärfe aber gering.12
Hier wird also bereits eine Entscheidung getroffen, die die Informationsmenge der
Analyse im Vorhinein nach oben begrenzt. Natürlich sind viele Informationen erstre-
benswert, doch eine Überbeanspruchung der Probanden führt zu unverlässlichen
Ergebnissen. Hier ist die starre Anwendung eines der beiden Designs nachteilig, Ab-
hilfe schafft hier vor allem die Adaptive Conjoint-Analyse, die in einem späteren Ab-
schnitt beschrieben wird.
9
S. Anhang, Abb. B: Beispiel eines Zwei-Faktor-Conjoint Analyse-Fragebogens.
10
S. Anhang, Abb. C bis Abb. G.
11
Vgl. Perrey (1996), S. 115/ Backhaus; Erichson; Plinke; Weiber (2006), S. 609 f./ Wittink; Cattin
(1989), S. 93.
12
Vgl. Balderjahn (1994), S. 109/ Skiera; Gensler (2002b), S. 262/ Perrey (1996), S. 106/ Böcker
(1986), S. 569.
3 Methoden der Datenakquise 5
3.1.3 Stimulipräsentation
Außerdem muss festgelegt werden, wie den Probanden die zu bewertenden Pro-
duktprofile vorgestellt werden. Die zwei realisierbaren Möglichkeiten sind die verbale
und die visuelle Beschreibung. Eine tatsächliche Gegenüberstellung mit den Pro-
dukten ist nicht praktikabel und oft sogar unmöglich, da die Produkte so nicht existie-
ren. Letzteres gilt vor allem bei Produktneueinführungen.
Visuelle Präsentationen, zu denen hier neben Bildern auch multimediale Beschrei-
bungen durch Videos und Ton gezählt werden, bieten mehrere Vorteile. Denn diese
Beschreibungen sind in Bezug auf einige Eigenschaften wie zum Beispiel Design
wesentlich aussagekräftiger. Solche sind durch Worte nur schwer zu beschreiben.
Verbale Darstellungen hingegen können auch Eigenschaften beschreiben, die auf
Bildern nicht ersichtlich sind. Dazu gehört beispielsweise die Motorleistung eines
PKW. Der entscheidende Vorteil, der dazu führt, dass Attribute meist verbal be-
schrieben werden, ist aber die einfachere Umsetzung. Denn Beschreibungen durch
Worte sind schneller und kostengünstiger zu produzieren als Fotos oder Computer-
grafiken.13
Wie bereits besprochen, sollen die Probanden einer realistischen Kaufsituation mög-
lichst nahe gebracht werden. Bilder scheinen wegen ihres vermeintlich höheren Rea-
lismuses sinnvoller, was bei Produktkategorien mit hoher emotionaler Bindung auch
zutrifft, bei Alltagsprodukten hingegen nicht. Hier kommt es vielmehr auf den ein-
zelnen Menschen und seine Denkstruktur an. Durch Kontrolle gegen bildliche Dar-
stellungen kann die Realitätsnähe der verbalen Beschreibungen verbessert werden,
was jedoch den Vorteil der einfacheren Produktion aufzehrt. Da aber bei manchen
Befragungsarten nur eine verbale Beschreibung möglich ist, hat diese Methode
trotzdem praktische Relevanz.14
Wie gezeigt, hat die Stimulipräsentation wesentlichen Einfluss auf das Ergebnis der
Conjoint-Analyse. Ziel der Befragung ist es, die Kaufentscheidungen der Probanden
zu antizipieren. Es sollte also eine Situation geschaffen werden, die der des tatsäch-
lichen Kaufes möglichst ähnlich ist. Hierfür ist die Darstellung der Produktprofile die
relevante Einflussgröße. Hier sollte also nicht generell aus Kostengründen auf eine
visuelle Beschreibung verzichtet werden.
13
Vgl. Wittink; Vriens; Burhenne (1994), S. 46/ Strebinger; Hoffmann; Schweiger; Otter (2000), S. 2 ff.
14
Vgl. Louviere; Schroeder; Louviere; Woodworth (1987), S. 79 ff.
3 Methoden der Datenakquise 6
3.1.4 Stimulibewertung
Zuletzt muss festgelegt werden, welche Form die Bewertung durch die Probanden
haben soll. Grundsätzlich sind hier nicht-metrische von metrischen Bewertungsarten
zu unterscheiden. Nicht-metrische Ansätze sind leichter zu bewerten, liefern aber
auch weniger Informationen. Beispiele hierfür sind Rangreihen15, bei denen alle Sti-
muli in eine Reihenfolge gebracht werden müssen, und Paarvergleiche16, bei denen
die Neigung bezüglich zweier Stimuli angegeben werden muss. Metrische Ansätze
sind zum Beispiel die Ratingskala17, wobei jedem Stimulus ein Wert zwischen 1 und
10 zugewiesen wird, und die verwandte Dollarmetrik18, bei der einem Stimulus ein
Geldwert zuzuordnen ist. Auch metrisch ist die Konstant-Summen-Skala19, bei der
100 Punkte auf alle Produktprofile aufzuteilen sind. 20 Eine Übersicht über die Bewer-
tungsformen liefert Abbildung 1.
Stimulibewertung
Nicht-Metrisch Metrisch
(einfacher zu bewerten) (mehr Informationen)
Die Auswahl der Stimulibewertung ähnelt jener des Befragungsdesigns. Es ist eine
hohe Informationsmenge gegen einfach auszufüllende Fragebögen abzuwägen. Die
Dollarmetrik beispielsweise liefert sehr detaillierte Informationen, da den Stimuli so-
gar ein Geldwert zugewiesen wird. Allerdings ist diese Entscheidung auch sehr auf-
15
S. Anhang, Abb. D: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der nicht-metrischen
Rangreihenmethode.
16
S. Anhang, Abb. C: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der nicht-metrischen
Paarvergleichsmethode.
17
S. Anhang: Abb. E: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der metrischen Ra-
tingskalamethode.
18
S. Anhang: Abb. F: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der metrischen Dol-
larmetrik.
19
S. Anhang: Abb. G: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der metrischen Kons-
tant-Summen-Skalamethode.
20
Vgl. Böcker (1986), S. 564/ Wittink; Vriens; Burhenne (1994), S. 46.
21
Vgl. Skiera; Gensler (2002a), S. 203.
3 Methoden der Datenakquise 7
wendig. Dies kann bei vielen Fragen dazu führen, dass die Probanden in einfachere
Entscheidungsschemata verfallen und nur noch auf wenige, besonders wichtige
Merkmale achten. Die Ergebnisse sind dann nicht mehr verlässlich. Paarvergleiche
hingegen sind sehr einfach zu ziehen, sie liefern aber nur wenige Informationen. In
der Praxis werden metrische Ratingskalen und nicht-metrische Rangreihen am häu-
figsten verwendet.22
Die Adaptive Conjoint-Analyse wird oft angewandt, weil sie mehrere Vorteile vereint.
Der größte Vorteil ist, wie bereits erwähnt, dass viele Eigenschaften mit vielen Aus-
prägungen bewertet werden können, ohne die Probanden zu überfordern. Außerdem
wird die Aufmerksamkeit der Probanden gesteigert, da die Art der Befragung in jeder
22
Vgl. Hillig (2006), S. 47.
23
Vgl. Sattler; Hartmann (2008), S. 110 f./ Johnson (1987), S. 259.
24
S. Anhang: Abb. H: Beispielfragebogen für Stufe 1 bei einer Adaptiven Conjoint-Analyse.
25
S. Anhang: Abb. B: Beispiel eines Zwei-Faktor-Conjoint Analyse-Fragebogens.
26
S. Anhang: Abb. C: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint Analyse mit der nicht-metrischen
Paarvergleichsmethode.
27
Vgl. Johnson (1987), S. 259 ff.
3 Methoden der Datenakquise 8
Phase wechselt und der Proband bemerkt, dass der Test individuell auf ihn zuge-
schnitten ist. Der Schwierigkeitsgrad der Fragen steigt, das wirkt positiv auf die
Motivation der Probanden.28
Großer Vorteil dieser Methode ist die Tatsache, dass sich die Befragten einer sehr
realistischen Situation gegenüber sehen. Sie können aus mehreren Alternativen
auswählen, das ist die Abbildung einer Kaufentscheidung. Daher sind die Ergebnisse
der wahlbasierten Conjoint-Analyse zwar detailärmer als die der Adaptiven, aber zu-
verlässiger. Ein weiterer Vorteil ist die Möglichkeit, dem Probanden eine „no-choice“-
Option anzubieten. Mit dieser lehnt der Befragte alle Produktprofile ab. Dies hilft von
Präferenzen auf Kaufentscheidungen zu schließen, was im folgenden Kapitel noch
besprochen wird. Negativ ist allerdings, dass die Anzahl der Merkmale beschränkt
ist, da die Probanden nicht zu viele auf einmal bewerten können. Die Nutzenfunktio-
nen der Probanden werden außerdem nur aggregiert sichtbar, es ist keine individu-
elle Analyse möglich. Deswegen muss im Vorhinein sicher gestellt werden, dass die
Gruppe der Befragten repräsentativ ist. Umgangen werden kann dieses Problem
auch mit Hilfe der Hierarchical-Bayes-Methode, auf die hier nicht eingegangen wird.31
28
Vgl. Johnson (1987), S. 262 f.
29
S. Anhang: Abb. I: Beispiel eines Fragebogen der wahlbasierten Conjoint-Analyse.
30
Vgl. Sawtooth Solutions Newsletter (2007)/ Sattler; Hartmann (2008), S. 108 ff.
31
Vgl. Albers; Becker; Clement; Papies; Schneider (2007), S. 8 f./ Ebel; Lauszus (1999), S. 850 f/
Hillig (2006), S. 68 und 83.
3 Methoden der Datenakquise 9
Der erste Fehlertyp ist der sogenannte Positionseffekt. Er besagt, dass die Reihen-
folge der Eigenschaften auf dem Fragebogen beeinflusst, als wie wichtig der Befrag-
te diese beurteilt. Der Effekt wird mit zunehmender Anzahl der Eigenschaften unsys-
tematischer, sodass die tatsächliche Präferenz nicht ohne weiteres rekonstruiert
werden kann. Erhalten die Probanden nicht alle den gleichen Fragebogen, sondern
unterschiedliche, auf denen die Reihenfolge der Eigenschaften verschieden ist, rela-
tivieren sich die Positionseffekte in der Gesamtansicht.32
Der zweite Fehlertyp ist der Ausprägungsstufeneffekt, auch Level-Effekt genannt.
Dieser sagt aus, dass derselben Eigenschaft bei unterschiedlichen Anzahlen von
Ausprägungsstufen unterschiedliche Wichtigkeiten zugeordnet werden. Er übt sogar
größeren Einfluss als der Positionseffekt. Möglichkeiten zur Handhabung dieses Ef-
fekts gibt es vier. Allen Eigenschaften könnte die gleiche Ausprägungsanzahl zuge-
wiesen werden oder die relativen Eigenschaftswichtigkeiten könnten mathematisch
angeglichen werden. Beides verschlechtert aber das Ergebnis der Analyse. Auch
weisen einige Befragungsdesigns einen schwächeren Ausprägungsstufeneffekt auf,
so zum Beispiel die Profilpaarvergleichsbewertung oder die Ratingskala. Zuletzt ist
die bewusste Einbeziehung des Level-Effekts möglich. Es wird berücksichtigt, dass
der Effekt auftritt, und gleichzeitig durch die Durchführung mehrerer paralleler Befra-
gungsreihen gezeigt, dass die Analyse trotzdem zu einem korrekten Ergebnis führt.33
32
Vgl. Perrey (1996), S. 106 ff.
33
Vgl. Wittink; Krishnamurthi; Nutter (1982), S. 471 ff./ Currim; Weinberg; Wittink (1981), S 72 f./ Per-
rey (1996), S. 106 ff.
34
Vgl. Perrey (1996), S. 105.
3 Methoden der Datenakquise 10
Im vorangegangenen Abschnitt hat sich gezeigt, dass oft ein Ausgleich zwischen
Einfachheit der Befragung und ermittelter Informationsmenge gefunden werden
muss. Wird die Befragung zu komplex, sind die Probanden überfordert und die Er-
gebnisse verlieren ihre Verlässlichkeit. Im Gegensatz dazu liefert eine zu simple Be-
fragung nicht genug Daten, um daraus Schlüsse ziehen zu können.
Die konventionelle Conjoint-Analyse wurde mit Entwicklung der Adaptiven CA immer
weniger genutzt. ACA beherrschte lange deutlich den Markt der Conjoint-Analysen,
bis mit dem Jahrtausendwechsel ein Paradigmenwechsel stattfand. Seitdem ist die
Wahlbasierte CA mit ihren Weiterentwicklungen die am meisten verwendete Befra-
gungsmethode.35
4 Auswertung
Nachdem die Probandenbefragung abgeschlossen ist, kann aus den erhobenen Da-
ten auf die individuellen Nutzenfunktionen der Teilnehmer geschlossen werden. Es
kann also für jeden Probanden eine eigene Funktion aufgestellt werden, die für ein
volles Produktprofil angibt, wie hoch der Nutzen ist. Dies berücksichtigt zusätzlich die
Heterogenität der Probanden in vollem Umfang.36 Anschließend wird kurz auf die
Validität und Reliabilität der Ergebnisse eingegangen.
35
Vgl. Sattler; Hartmann (2008), S. 108 f./ Sawtooth Solutions Newsletter (2007).
36
Vgl. Böcker (1986), S. 566.
37
Vgl. Skiera; Gensler (2002a), S. 204.
4 Auswertung 11
Das Idealpunktmodell beschreibt eine Kurve, die an einer Stelle ein Maximum be-
sitzt. Es wird davon ausgegangen, dass alle Ausprägungen größer oder kleiner dem
Maximum zu einer Verschlechterung des Nutzens führen. Ein Beispiel hierfür ist die
Säuerlichkeit eines Joghurts, denn sowohl zu süß als auch zu sauer empfindet der
Proband als negativ. Das Vektormodell setzt Ausprägung und Nutzen in einen
linearen Zusammenhang, der sowohl positiv als auch negativ sein kann. Der Preis
stellt hierfür das klassische Beispiel dar, denn generell ist davon auszugehen, dass
eine Erhöhung des Preises den Nutzen proportional verringert. Es läge also ein ne-
gativer linearer Zusammenhang vor. Im Teilnutzenmodell wird jeder Ausprägung ein
bestimmter Nutzenwert, der sogenannte Teilnutzenwert, zugewiesen. Die Differenz
der Teilnutzenwerte aufeinanderfolgender Ausprägungsstufen kann sowohl positiv
als auch negativ sein, muss aber insbesondere nicht konstant sein. Ein Beispiel ist
die Motorisierung eines PKW: die Erhöhung von 50kW auf 100kW wird den Nutzen
mehr steigern als die Erhöhung von 300kW auf 350kW.38
Ist die Entscheidung über die Darstellung getroffen, sind die individuellen Nutzen-
werte zu ermitteln. Hierfür stehen mehrere Verfahren zur Verfügung, die drei ge-
bräuchlichsten sind die Lineare Optimierung, das Gradientenverfahren und die Re-
gressionsanalyse. Die Regressionsanalyse ist ein geeignetes Verfahren, um die
Werte der unabhängigen Variablen zu schätzen und die Zusammenhänge quantitativ
zu beschreiben und zu erklären.39 Auf diese Verfahren soll an dieser Stelle aber nicht
weiter eingegangen werden.
Die sogenannte Face Validity ist eine Plausibilitätskontrolle, beispielsweise sollte ein
niedrigerer Preis in der Regel einen höheren Nutzen bringt. Die Prognosevalidität
vergleicht das Ergebnis der Conjoint-Analyse mit einem Hold out-Sample oder
empirisch beobachtetem Kaufverhalten. Die interne Validität untersucht das Ergebnis
mathematisch. Beispiele hierfür sind das unbereinigte und bereinigte Bestimmtheits-
38
Vgl. Skiera; Gensler (2002a), S. 203 f.
39
Vgl. Backhaus; Erichson; Plinke; Weiber (2006), S. 46 f.
4 Auswertung 12
maß, aber auch der t-Test. Am häufigsten verwendet wird jedoch Kendall’s Tau. Die-
ses drückt aus, ob die ermittelten Präferenzen stark oder weniger stark mit den tat-
sächlich vom Probanden angegebenen Reihenfolgen übereinstimmen. Zu diesen
internen Validitätskontrollen ist anzumerken, dass sie bei einer geringen Anzahl von
Befragungen dazu neigen, eine hohe Validität anzugeben. Da tatsächlich oft nur
wenige Beobachtungen vorliegen, sind solche Validitätsmaße aussageschwach.40
Die Reliabilität kann nur schwer bewiesen werden. Durch gute Auswahl aller Para-
meter der Befragung und Gegenkontrollen durch alternative Befragungsdesigns wird
aber im Allgemeinen von verlässlichen Ergebnissen ausgegangen.41
5 Preiswirkungsforschung
Da letztlich das Ziel ist, die Wirkung des Preises auf den Gewinn des Unternehmens
zu ermitteln, wird zunächst aus den individuellen Nutzenfunktionen die Preis-Absatz-
Funktion aufgestellt. Denn diese ist zentrales Element der Preiswirkung. Offen-
sichtlich ist die Preis-Absatz-Funktion eine solche, die das aggregierte Verhalten aller
Individuen beschreibt. Die bekannten Nutzenfunktionen sind jedoch individuell. Au-
ßerdem sind Präferenzen noch keine tatsächlichen Kaufentscheidungen, eine klare
Bevorzugung eines Produkts führt nicht zwingend zu einem Kauf. Diese beiden Lü-
cken sollen im Folgenden geschlossen werden. Hierfür sind weitere Modelle notwen-
dig.
Fehlerhaft wäre es, die aggregierte Nutzenfunktion aufzustellen und daraus die
Preis-Absatz-Funktion abzuleiten. Denn die Aggregation der individuellen Nutzen-
funktionen setzt voraus, dass alle diese Funktionen auf derselben Skala mit densel-
ben Maßeinheiten aufgestellt wurden. Dies ist bei den nicht-metrischen Befragungen
ganz offensichtlich nicht der Fall, aber auch bei den metrischen problematisch. Kor-
rekt wird die Preis-Absatz-Funktion also aus den individuellen
40
Vgl. Skiera; Gensler (2002b), S. 258 f/ Hillig (2006), S. 56 f.
41
Vgl. Hillig (2006), S. 128 ff.
42
Vgl. Steffenhagen (2008), S. 211 ff.
5 Preiswirkungsforschung 13
43
Vgl. Balderjahn (1994), S. 18/ Ebel; Lauszus (1999), S. 852/ Böcker (1986), S. 566.
44
Vgl. Skiera; Gensler (2002b), S. 262/ Balderjahn (1994), S. 15 ff./ Johnson (1987), S. 263/ Böcker
(1986), S. 561/ Hillig (2006), S. 51 f.
45
Vgl. Bretton-Clark (1987), S. 53/ Green; Krieger (1992), S. 122 ff.
5 Preiswirkungsforschung 14
5.2 Preissetzung
Auf Basis einer fundierten Preis-Absatz-Funktion, wie sie bis hierhin aufgestellt wur-
de, ist es nun möglich, die wichtigsten Preiswirkungen eingehend zu beleuchten.
Da die Stückkosten mit steigender Absatzmenge durch Aufteilung der Fixkosten und
Lerneffekte sinken, steigt im Umkehrschluss der Gewinn mit der Absatzmenge.
Durch Einbeziehen der Kosteneffekte kann nun dieses grobe Intervall verfeinert wer-
den.48 Wie genau die Kostenseite optimiert wird, soll an dieser Stelle nicht erörtert
werden.
Es kann also ein valides Modell aufgestellt werden, das die Reaktionen der Konsu-
menten und der Kosten auf den Preis darstellt. Ein solches Modell wird als Marktsi-
mulation bezeichnet. Da die Nutzenwerte der Konkurrenzprodukte ebenso berechnet
werden können, ist es möglich, die eigenen Produkte preisoptimal im Markt zu plat-
zieren. Der Organisator der CA ist nun in der Position, Marktgeschehen zuverlässig
zu schätzen. Er kann optimal auf Markteintritte und Produktportfolioveränderungen
von Konkurrenten reagieren oder selbst die Initiative ergreifen und die Wettbewerber
unter Druck setzen.
46
Vgl. Ebel; Lauszus (1999), S. 848.
47
Vgl. Steffenhagen (2008), S. 191 ff./ Ebel; Lauszus (1999), S. 853 f.
48
Vgl. Ebel;Lauszus (1999), S. 853 f.
6 Schlussbetrachtung 15
6 Schlussbetrachtung
Um den Preis optimal setzen zu können, ist es notwendig eine Marktsimulation auf-
zustellen. Dadurch werden alle Parameter des Marktgeschehens erfasst. Das zentra-
le Element ist die Preis-Absatz-Funktion, also die Kaufentscheidung der Kunden. In
dieser Arbeit wurde das mächtigste, zuverlässigste und daher am häufigsten ver-
wendete Werkzeug49 Konsumentenpräferenzen zu erfassen vorgestellt: Die Conjoint-
Analyse. Doch wie gezeigt, ist das Ergebnis der Analyse stark abhängig von dem
gewählten Befragungsdesign und der Art der Auswertung. Um ein möglichst verläss-
liches Ergebnis zu erhalten, sollte jedes Detail der Befragung bedacht ausgewählt
werden. Auch ist es möglich, mehrere Möglichkeiten gleichzeitig zu beschreiten und
anschließend die Ergebnisse gegeneinander zu verifizieren.
Die Conjoint-Analyse ist zumindest in ihren einfachen Ausführungen nicht in der La-
ge eine sichere Einschätzung des Kundenverhaltens zu liefern. Die CA ist also nach
wie vor kritisch zu betrachten, es sollte sich nicht blind auf ihre Ergebnisse verlassen
werden. Doch der Markt der verfügbaren Verfahren ist groß.50 Moderne Verfahren
werden verlässlicher und angepasster.51
49
Vgl. Sattler; Hartmann (2008), S. 116 f.
50
S. Anhang: Abb. J: Übersicht über einige Verfahren der Conjoint-Analyse.
51
Vgl. Hillig (2006), S. 207 ff.
Anhang VI
Anhang
unwichtig 1 2 3 4 5 wichtig
unwichtig 1 2 3 4 5 wichtig
unwichtig 1 2 3 4 5 wichtig
a
Abb. A: Beispiel eines kompositionellen Fragebogens.
Motorleistung
90 kW 120 kW 150 kW
1 Jahr
Garantie
2 Jahre
3 Jahre
b
Abb. B: Beispiel eines Zwei-Faktor-Conjoint-Analyse-Fragebogens.
a
Vgl. CAnet (2008).
b
Vgl. Arzheimer, K.; Klein, M. (2000), S. 397.
Anhang VII
Frage: Bewerten Sie das Fahrzeug auf der Skala, wobei 5 der beste Wert ist!
PKW
90 kW
1 2 3 4 5
15.000 €
3 J. Garantie
c
Vgl. Sawtooth Software (2008c).
d
Vgl. Perrey (1996), S. 106 f.
e
Vgl. Sawtooth Software (2008c).
Anhang VIII
PKW
90 kW
Mittelklasse €
3 J. Garantie
f
Abb. F: Beispielfragebogen einer Full profile-Conjoint-Analyse mit der metrischen Dollarmetrik.
Frage: Teilen Sie auf die PKW 100 Präferenzpunkte auf! Viele Punkte stehen für
eine hohe Präferenz dieses PKW.
17 Zoll Diagonale
19 Zoll Diagonale
21 Zoll Diagonale
h
Abb. H: Beispielfragebogen für Stufe 1 bei einer Adaptiven Conjoint-Analyse.
f
Vgl. Perrey (1996), S. 106 f.
g
Vgl. Perrey (1996), S. 106 f.
h
Vgl. Sawtooth Software (2008a).
Anhang IX
PKW A PKW B
90 kW 120 kW
15.000 € 17.000 €
3 J. Garantie Keinen 1 J. Garantie
der Beiden
PKW A PKW B
i
Abb. I: Beispiel eines Fragebogen der wahlbasierten Conjoint-Analyse.
...
...
j
Abb. J: Übersicht über einige Verfahren der Conjoint-Analyse. (In dieser Arbeit behandelte Ansätze
sind grau unterlegt.)
i
Vgl. Sawtooth Software (2008b).
j
Vgl. Hillig (2006), S. 61.
Literaturverzeichnis X
Literaturverzeichnis
Albers, S.; Becker, J. U.; Clement, M.; Papies, D.; Schneider, H. (2007): Messung
von Zahlungsbereitschaften und ihr Einsatz für die Preisbündelung, in:
Marketing Zeitschrift für Forschung und Praxis, 29. Jg. 2007, Nr. 1, S. 7 – 22.
Arzheimer, K.; Klein, M. (2000): Die Conjoint-Analyse als Instrument der empirischen
Wahlforschung. Eine Projektbeschreibung., in: v. Deth, J.; Rattinger, H.; Roller,
E. (Hrsg.): Die Republik auf dem Weg zur Normalität? Wahlverhalten und
politische Einstellungen nach acht Jahren Einheit, Opladen 2000, S. 385 – 410.
Sattler, H.; Hartmann, A. (2008): Commercial Use of Conjoint Analysis, in: Höck, M.;
Voigt, K.-I. (Hrsg.): Operation Managment in Theorie in Praxis, 1. Aufl.,
Wiesbaden 2008, S. 103 – 119.
Strebinger, A.; Hoffmann, S.; Schweiger, G.; Otter, T. (2000): Verbal versus pictoral
stimuli in conjoint analysis: The moderating effect of involvement and
hemisphericity, in: Wissenschaftliche Publikationen des Instituts für
Werbewissenschaft und Marktforschung der Wirtschaftsuniversität Wien, URL:
http://www.wu-wien.ac.at/werbung/download/publikationen/00ama_conjoint.pdf,
Stand: 01.11.2008.
Wittink, D. R.; Cattin, P. (1989): Commercial Use of Conjoint Analysis: An Update, in:
Journal of Marketing, Vol. 53 1989, Issue 3, S. 91 - 96.
Wittink, D. R.; Vriens, M.; Burhenne, W. (1994): Commercial Use of Conjoint Analysis
in Europe: Results and Critical Reflections, in: International Journal of Research
in Marketing, Vol. 11 1994, Issue 1, S. 41 – 52.
Versicherung XIII
Versicherung
Ich versichere hiermit, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne
Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel angefertigt habe. Alle Stellen, die
wörtlich oder sinngemäß aus veröffentlichten und nicht veröffentlichten Schriften
entnommen sind, sind als solche kenntlich gemacht. Die Arbeit ist in gleicher oder
ähnlicher Form noch nicht als Prüfungsarbeit eingereicht worden.