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Dr. Ludwig Lindner 45770 Marl, den 1.11.

2009
Vorsitzender von Bürger für Technik e.V.
www.buerger-fuer-technik.de
ludwig_lindner@t-online.de

Stellungnahme zum Papier der SPD-Bundestagsfraktion „70 Argumente


gegen Atomenergie“ vom März 2009
http://www.spdfraktion.de/cnt/rs/rs_datei/0,,10770,00.pdf

Zur Übersichtlichkeit wurden aus dem Papier nur die wichtigsten Punkte herausgesucht, die unbedingt
eine geänderte Darstellung erfordern:

S. 9 Punkt 5 Behauptung: “Kosten der Castortransporte für die deutschen Steuerzahler“ die Kosten
für die Polizeieinsätze bei den Castor-Transporten sind verursacht durch die Demonstrationen, die von
den Grünen, Linken und Teilen der SPD veranlasst wurden.
In Frankreich wurden die Castortransporte von einem Polizisten auf einem Motorrad begleitet.
Die Kosten müssen nach dem Verursacherprinzip getragen werden und nicht vom Staat.

S. 9 Punkt 9 Behauptung: „niedrige Deckungsvorlage der Kraftwerksbetreiber“ Es ist richtig, dass die
Deckungsvorlage 2,5 Mrd € pro Schadensfall beträgt. Darüber hinaus haftet das betr. EVU mit seinem
ganzen Vermögen.

S. 10 Punkt 12 Behauptung: „die Sicherheit des Anlagenbetriebes der Kernkraftwerke nimmt mit
längerer Laufzeit ab“. Falsch ! Die beanstandeten Anlageteile werden bei den Revisionen unter
Aufsicht der Behörden ausgetauscht, die Sicherheit wird dabei ständig verbessert.

S. 10 Punkt 13 Frage: „Sind ältere Kernkraftwerke genauso sicher wie neue? „Die Sicherheit der
älteren Kernkraftwerke wird den jeweils gültigen Sicherheitserkenntnissen und -vorschriften
angepasst, wie sie auch bei neuen Kernkraftwerken vorliegen.

S. 10 Punkt 14 Behauptung: „menschliches Versagen kann nicht gänzlich ausgeschlossen werden.“


Das spielt bei jeder Technologie eine Rolle. Es gibt aber kaum technische Anlagen mit einem derart
hohen technischen Sicherheitsniveau wie die deutschen Kernkraftwerke mit mehrfach 4-fach-
redundanten Sicherheitssystemen.

S. 11 Punkt 19 Behauptung: „Stetige Störfälle und Sicherheitslücken in Kernkraftwerken“. Die


angebliche Anhäufung von Störfällen in deutschen Kernkraftwerken ist eine Legende, die von den
Kernkraftgegnern, z. B. Sigmar Gabriel verbreitet wird.
Tatsache ist: In der Statistik der deutschen Kernkraftwerke für die letzten 15 Jahre gab es 2158
gemeldete Ereignisse. Davon gehörten 96,6 Prozent zu INES 0, des Weiteren 3,3 Prozent zu INES 1,
und nur 3 Ereignisse waren Störfälle nach INES 2.
Nach der sog. INES-Skala (International Nuclear Event Scale):INES 0: keine oder nur geringe
sicherheitstechnische Bedeutung, INES 1 ist eine Störung: Abweichung vom Normalbetrieb der
Anlage, INES 2 ist ein Störfall: Auswirkungen innerhalb der Anlage, z. B. Kontamination, begrenzter
Ausfall von Sicherheitseinrichtungen. (Stufe 2 Störfall in Deutschland:Unterweser 1998, Philippsburg
2x 2001) www.buerger-fuer-technik.de/body_ines_-skala_zur_bewertung____.html

S. 11 Punkt 19 Behauptung: „Krümmel und Brunsbüttel sind Beispiele für Störungen“. Falsch. Die
Trafobrände haben nichts mit der kerntechnischen Sicherheit zu tun. Die Trafos stehen außerhalb des
nuklearen Bereiches.

S. 12 Punkt 22 Behauptung: „es gibt keine andere Technologie mit einem vergleichbaren
Gefährdungspotential„ Die Eintrittswahrscheinlichkeit ist sehr gering, weil die Sicherheitstechnische
Ausrüstung viel größer ist als bei anderen Anlagen und technischen Einrichtungen. In deutschen
Kernkraftwerken hat es noch keinen Toten durch Strahleneinwirkungen gegeben. Dagegen jedes Jahr
4000 Tote im Straßenverkehr, weil die Fahrzeuge sicherheitstechnisch sehr viel schlechter
ausgerüstet sind als die deutschen Kernkraftwerke..

S. 13 Punkt 24 Behauptung: „Tschernobyl dokumentiert, welche Folgen ein Gau hat“: der ständige
Hinweis auf Tschernobyl ist unseriös. In diesem Kraftwerk wurde ein nicht erlaubter Versuch gefahren,
wobei die wesentlichen Sicherheitsvorrichtungen abgeschaltet waren. Der Tschernobylreaktor ist ein
ganz anderer Reaktortyp als die in Deutschland betriebenen Anlagen. Die Kernreaktoren vom
Tschernobyltyp wurden zur Plutoniumproduktion für Atomwaffen gebaut und betrieben. Sie hätten in
Deutschland keine Genehmigung erhalten.
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S. 13 Punkt 27 Behauptung: „Leukämie in der Umgebung von Kernkraftwerken erhöht“: Eine erhöhte
Strahlung oder Radioaktivität in der Umgebung von Kernkraftwerken liegt nicht vor. Die Kernaussagen
der umfangreichen Michaelisstudien zeigten bereits 1996, dass bei Kindern unter 15 Jahren in der
Umgebung von 15 Kilometern um 20 westdeutsche kerntechnische Anlagen keine generelle Häufung
von Krebserkrankungen - insbesondere nicht von Leukämien – zu verzeichnen ist.
Es gibt weltweit eine Vielzahl von „Leukämie-Clustern“ (Gebiete mit erhöhten Leukämieraten) und nur
sehr wenige in der Umgebung von kerntechnischen Anlagen.
Nach der EUROCLUS-Studie (Br J.Cancer 1998:77,818-824) mit Untersuchungen an 13 551
kindlichen Leukämien in 17 Ländern von 1980 bis 1989 wurden 240 Leukämiecluster (Gebiete mit
erhöhter Leukämie) ermittelt, davon nur 4 in der Nähe von kerntechnischen Anlagen.
Die Anhäufung von Leukämiefällen in der Nähe von Industrieanlagen ist wahrscheinlich das Resultat
einer raschen Bevölkerungsbewegung und Vermischung der Bevölkerung in vorher isolierten
Gebieten. Eine solche Anhäufung von Leukämiefällen kann es auch rund um Kohlekraftwerke,
Brückenbauten, Kirchtürme, große Industrieanlagen geben, also genau dort, wo es in bisher
ländlichen Gebieten plötzlich einen großen Zuzug gibt. Auch an Standorten, an denen kerntechnische
Anlagen geplant, aber nie gebaut wurden, waren ähnliche Effekte zu sehen. Wahrscheinliche Ursache
sind Viren. Von neu Zugezogenen mitgebrachte Erreger hätten sich dann auch unter denen
ausbreiten können, deren Immunsystem noch nicht an den Erreger gewöhnt war. www.buerger-fuer-
technik.de/body_leukamie_kkw_-_ubersicht.html 12.12.07 Wenn man sagt: das Leukämierisiko sei
innerhalb der 5 km-Zone doppelt so hoch, klingt dies dramatischer als wenn man sagt, pro Standort
gebe es 0,08 Leukämiefälle mehr als statistisch erwartet. Prof. Dr. Helmut Jungermann, Deutsches
Ärzteblatt, Jahrgang 105 Heft 42 17.10.2008.

S. 14 Punkt 29 Behauptung: „keines der deutschen AKW bietet ausreichend Schutz gegen
Terrorangriffe“ Gegen den Aufprall von militärischen Düsen-Jets sind die deutschen Kernkraftwerke
ausgelegt. Gegen voll beladene Passagierflugzeuge sind die deutschen Kernkraftwerke unterschied-
lich gut abgesichert, bieten aber durchweg einen Grundschutz. Ein Passagierflugzeug hat eine
geringe Festigkeit der Flugzeugteile und hat eine große Auftreff-fläche und dadurch eine geringe
Punktkraft. Viele der Kernkraftwerke um Deutschland herum sind gar nicht gegen Flugzeugabstürze
ausgelegt. Gegen Terroristen sind auch große Fußballstadien, das Oktoberfest in München,
Chemieanlagen und Raffinerien nicht abgesichert. Hier hilft nur Sicherheitspersonal in den
Flugzeugen und geschlossene Cockpits, wie es die Israelis erfolgreich praktizieren.www.buerger-fuer-
technik.de/body_schutz_von_terroristischen_ang

S. 14 Punkt 29 Behauptung: „Oberirdisch gelagerte abgebrannte Brennelemente auf dem Gelände


der Kernkraftwerke“: Dies wurde von Rot-Grün veranlasst, um Transporte zu den besser gesicherten
Zwischenlagern in Ahaus oder Gorleben zu vermeiden.

S. 14 Punkt 32 Behauptung: „Kernenergie deckt nur 2,5 % des weltweiten Endenergieverbrauches“


Dies ist bezogen auf alle Energieverbräuche: Straßenverkehr, Heizung, Strom usw. Diese Aussage ist
eine bewusste Manipulation à la Karl-Eduard von Schnitzler (Sudel-Ede), Chefkommentator des
schwarzen Kanals der früheren DDR.
Als Endenergie bezeichnet man denjenigen Teil der Primärenergie welcher dem Verbraucher nach
Abzug von Transport- und Umwandlungsverlusten zur Verfügung steht. Die Kernkraftwerke dienen
nur der Stromerzeugung. Der Kernkraftanteil an der weltweiten Stromerzeugung beträgt etwa 16 %.
Mit Stand Januar 2009 sind 210 Kernkraftwerke mit 438 Reaktorblöcken mit einer Gesamtleistung von
372 GW in 31 Ländern in Betrieb. (http://de.wikipedia.org/wiki/Kernenergie unter Kernkraftwerk).

S. 15 Punkt 36 Behauptung: „hochgiftiges Plutonium aus Wiederaufbereitungsanlagen“. Angstmache.


Plutonium ist ein hochwertiger Kernbrennstoff, der statt Uran-235 in Kernkraftwerken eingesetzt
werden kann.

S. 15 Punkt 37 Behauptung: „7.000 erwartete radoninduzierte tödliche Lungenkrebsfälle bei


Uranbergarbeitern.“ Viel mehr Lungenkrebstote gibt es durch Zigaretten. Die SPD sollte sich lieber
hier gegen den Verbrauch von Zigaretten engagieren.

S. 16 Punkt 39 Behauptung: „Die Endlagerfrage ist bisher weltweit ungelöst.“ In Deutschland könnten
wir schon viel weiter sein, wenn nicht Trittin und dann Gabriel die weitere Erkundung von Gorleben
über 10 Jahre verhindert hätten.

S. 16 Punkt 41 Behauptung: „lange Halbwertszeit von Uran 238“. Deshalb gefährlich? Was soll das?
Uran kommt in der Natur vor.
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S. 17 Punkt 45 Behauptung: „Geringer Urangehalt von 0,1 bis 5 % in aktiven Minen, zu viel Abraum“.
Es gibt viele Metalle, die nur in geringen Konzentrationen in der Natur vorkommen, die in der Industrie
benötigt werden und die dieselben Probleme bereiten, nicht nur Gold.

S. 18 Punkt 47 Behauptung: „Reichweite von Uran begrenzt“: Die weltweite Verfügbarkeit des Urans
beträgt auch unter Berücksichtigung des weltweiten Kernenergieausbaues und den jetzigen
Uranpreisen mehr als 100 Jahre. Mit höheren zulässigen Kosten für die Gewinnung des Urans reicht
es für mehr als 1000 Jahre. Der Strom aus Kernenergie bleibt auch bei deutlichem Anstieg des
Uranpreises immer noch wirtschaftlich weil der Uranpreis nur 5-10 % der Stromgestehungskosten
ausmacht. Die Versorgungssicherheit mit Uran ist gut, die Uranerzvorräte liegen überwiegend in
politisch stabilen Gebieten. Die Vorratshaltung des Urans ist leicht über viele Jahre machbar:
Uranbedarf Deutschlands ca. 4000 t Uran/Jahr. Bei einer angenommenen möglichen Nutzung des
Urans aus dem Meerwasser zu 25 % = 1 Mrd. t Uran ergibt sich eine Reichweite von 10.000 Jahren.
Eine weitere Verlängerung der Verfügbarkeit an Uran um 30 % ist durch Wiederaufarbeitung der
abgebrannten Brennstäbe möglich, wie z.B. in La Hague /Frankreich und Nutzung des erzeugten
Plutoniums. Außerdem ist Thorium ein weiterer Kernbrennstoff.http://www.buerger-fuer-
technik.de/uranvorrate_auf_der_erde.html

S. 18 Punkt 49 Behauptung: „Wassermangel als Begrenzung der Verfügbarkeit der Kernkraftwerke“.


Das betrifft auch Kohlekraftwerke und Gaskraftwerke. Und bei Strom aus Solaranlagen ist das ganze
Jahr über nachts und bei starker Wolkenbildung die Stromerzeugung unmöglich, bei Windrädern
ebenso bei fehlendem Wind. In Deutschland liefern Solaranlagen weniger als 10 % der technisch
möglichen Stromproduktion pro Jahr, bei Windrädern sind es etwa 15 %.

S. 21 Punkt 54 Behauptung: „CO2-Emissionen beim Bau von Anlagen für die Kernenergie“. Das gilt
genauso für Solaranlagen und Windkraftanlagen und für Wasserkraftwerke

„S. 21 Punkt 57 Behauptung: „Wirkungsgrad Kernkraftwerke nur 35 %, Kraft-Wärme-Kopplung 90 %.


Voraussetzung ist dafür, dass die Wärme abgenommen wird. Im Bereich der Chemie mit einem
Bedarf an Wärme über das ganze Jahr ist das bereits seit mehr als 70 Jahren realisiert. Wie ist das
sonst im Sommer und in der Übergangszeit mit dem Wärmebedearf in den Haushalten?

S. 21 Punkt 58 Behauptung: „Klimaschädliche Braunkohle“. Braunkohle und Kernenergie decken den


Grundlastbedarf in Deutschland. Wind- und Solarkraftwerke können das nicht, da sie wetterabhängig
sind. Oder wollen Sie mit der Eisenbahn oder Straßenbahn nur dann fahren oder Ihren Computer nur
nutzen, wenn die Sonne scheint oder der wind weht?

S. 22 Punkt 61 Behauptung: „Ohne Kernenergie sei bis 2020 eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes
um 40 % realisierbar auch bei Realisierung des Atomausstiegs“. Das ist rot-grünes Wunschdenken.
Die Kernkraftwerke in Deutschland vermeiden 150 Mill.t CO2 pro Jahr, soviel wie der gesamte
Straßenverkehr emittiert. Es bleibt abzuwarten wie dies die neue schwarz-gelbe Regierung sieht.

S. 23 Punkt 62: Behauptung: „Es gibt keine Renaissance der Atomenergie“. Die SPD lebt
offensichtlich auf einem anderen Stern. Weltweit verlängern viele Länder die Laufzeiten ihrer
Kernkraftwerke auf 50 bis 60 Jahre, Schweden und Italien haben sich vom Kernenergieausstieg
verabschiedet siehe dazu bei www.buerger-fuer-technik.de und dort auch in den Kurzinfos aus
Energie, Wissenschaft und Technik.

S. 23 Punkt 66 Behauptung: „Mehr Beschäftigte im Bereich Erneuerbar Energien (> 250.000


Personen) als im Bereich Kernenergie (38.000 Personen)“: Die Kernenergie ist mit Ihren
Arbeitsplätzen wirtschaftlich und erzeugt etwa 150 Mrd. kWh/Jahr d.h. pro Mitarbeiter 4 Mill. kWh, die
Erneuerbaren dagegen bei 70 Mrd. kWh/Jahr nur 0,3 Mill. kWh pro Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass der
Kernkraftstrom ohne Subventionen auskommt, während die Erneuerbaren – außer Wasserkraft –
massiv subventioniert werden. Nach dem zweifelhaften Erfolg des damaligen Umweltministers Trittin
heißt das nicht Subvention, weil wir als Verbraucher das voll über den Strompreis bezahlen. Davon
profitieren Leute mit zu viel Geld.

S. 25 Punkt 69 Behauptung: „Seriöse Vertragspartner halten sich an Verträge“. Der Vertragspartner


Rot-Grün war nicht seriös. Der Vertrag kam im Jahr 2000 auf massiven Druck der rot-grünen
Bundesregierung zustande.
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S. 26 Vorletzter Absatz Behauptung: „Erneuerbare Energien als Grundlast in Kombikraftwerken“. Es


ist auch hier ein Wunschdenken, dass man die Grundlastversorgung an Strom mit sog.
Kombikraftwerken erreichen kann. Aus der Geschichte weiß man, dass es lange Zeiten gab, in denen
großflächig kein Wind wehte. Darunter haben häufig die Betreiber von Segelschiffen gelitten.

Dr. Ludwig Lindner

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