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Octave MIRBEAU
 « Der Gutsbesitzer »
I
Herr Lechat erwartete mich auf dem Bahnhof. »Ah, endlich, da sind Sie!« schrie er, »Das ist recht.«»Sie sehen,« sagte ich, »daß ich Wort halte.«»Brao! ch lie"e es, wenn man Wort h#lt. Hierher! $nd hr Billet% &e"en Sie mir hr Billet. 'orw#rts, steigen wir rasch in den Wagen! Ha"en Sie &e(#c)% *ein, um so "esser!«Herr Lechat faßte mich an einem +lgel meines -"eriehers, lief mit mir /uer durch den Bahnhof und og mich so "is u seiner 'ictoria, welche mit anderen Wagen auf einem )leinen, mit A)aien "e(flanten 0late stand.»Steigen Sie ein, steigen Sie ein, Sa(risti!« rief er mir u.$nd um 1utscher gewendet "efahl er2 »Du, fahr u, a"er tchtig! Du weißt, wenn mir einer dieser Schwach)3(fe orf#hrt, so schmeiß4 ich dich hinaus% 5um Schloß, schnell!«Die 0ferde stam(ften, t#nelten einen 6oment auf ihren schlan)en Beinen, schnellten die 13(fe in die H3he und dann flog der Wagen "er die Straße hin.Herr Lechat )niete auf den 1issen und "eo"achtete, "er den Wagenrand ge"eugt, aufmer)sam die anderen Wagen, welche, einer nach dem anderen, in )leinen Stau"wol)en hinter uns her)amen.»Achtung!« sagte er on 5eit u 5eit um 1utscher, »Achtung, in Dreiteufels *amen!« A"er wir fuhren in gestrec)tem &alo((7 rechts und lin)s schien die Landschaft in tollem Lauf dahinueilen. *ach einigen 6inuten erschienen die anderen Wagen nur noch als )leine, graue 0un)te auf der weißen +l#che der Landstraße und sel"st die grauen 0un)te erschwanden nach und nach.Herr Lechat sette sich "eruhigt nieder und stieß einen Seufer der 8rleichterung aus.»ch will nicht, daß man mir orf#hrt,« er)l#rte er und legte seine "reite Hand auf mein 1nie. »ch will es nicht, erstehen Sie das%«»6einer 9reu,« sagte ich »das ersteh4 ich!«»Ah, Sie sind aufrichtig, Sie! Brao, ich lie"e es, wenn man aufrichtig ist! +reilich, da sind wei oder drei 1raut:un)er, die nicht einmal wanigtausend +ran)s ;ente ha"en, und die m3chten mit meinen ;ennern )on)urrieren! Schau einmal < du erlau"st doch, nicht wahr% < Schau einmal meine ;enner an! Achtehntausend +ran)s, mein Lie"er, achtehntausend!«
 
8r wandte nochmals den 1o(f um und da er nichts mehr auf der Landstraße "emer)te, "efahl er dem 1utscher, die 0ferde langsamer gehen u lassen. Herr Lechat drc)te mein 1nie sehr )r#ftig und "egann wieder2»H3r u, laß dir er#hlen2 'orgestern < a"er du "ist nicht "3s, daß ich dich due%«»1eineswegs, im &egenteil.«»Brao, ich lie"e es, wenn man sich dut! 'orgestern fuhr ich on Saint=&au"urge durch den Wald urc). Der Weg ist eng und hat nur fr einen Wagen 0lat. Was "emer)e ich ierig Schritte or mir% Den Herog on la +ert>. 8in großer 8sel! ch will nicht, daß mir :emand orf#hrt, "esonders nicht dieser große 8sel on einem Herog. ch sag also um 1utscher2 +ahr or, um Hen)er! < 8s ist )ein 0lat, antwortet der 1utscher. < So renn4 ihn an, und schmeiß4 mir den Herog, den Wagen und die 0ferde in den &ra"en! Ah, das war lustig. Der 1utscher l#ßt den 0ferden die 5gel schießen < )rach! Da liegt der Herog auf der einen Seite, ich auf der andern und der 1utscher ehn 6eter weit im &e"sch. Das war eine 'erwirrung! A"er ich erliere den 1o(f nicht. Schnell s(ring4 ich auf die +ße, mache die 0ferde frei, he"4 den Wagen auf und fahre fort, w#hrend der Herog liegen "lei"t, alle 'iere in der Luft. Ha, ha, ha! So "ehandle ich sie, diese Heroge! *a, was sagst du dau %«»Das ist großartig!«»*icht wahr% 9eufel, das ist nur recht so! ch ha"e fnfehn 6illionen, und was hat der Herog% 1aum wei armselige 6illionen! $nd die Schafe, du mußt sehen, wie ich die Schafe "erfahre! ch ha"e auch schon ;inder "erfahren, ;inder on armen Leuten. Was liegt daran% ch "eahle!«Herr Lechat rie" sich die H#nde.»Auf diese Art,« fragte ich »mssen Sie :a recht "elie"t sein, in hrer &egend%«»$nd o" ich "elie"t "in! Du wirst das "ei den Wahlen sehen, mein Lie"er. Weißt du, wie man mich nennt%« fgte er, sich "rstend, hinu. »6an nennt mich den 9iger. Das ist fesch, was% Den 9igerrr!«$nd einige 6inuten lang ersuchte er mit aufgerissenen Augen und ge3ffneten Li((en, den schwachen Schnurr"art str#u"end, eine wtende 9iger)ate auf grotes)e Weise u )o(ieren. Dann sagte er (l3tlich u mir2»Alles was du da siehst, rechts, lin)s, or dir, hinter dir, alle diese +elder, alle H#user, alle Wiesen und dr"en diese W#lder, alles das geh3rt mir. $nd da"ei siehst du noch gar nichts. 6eine Besitungen erstrec)en sich "er drei 1reishau(tst#dte und ierehn &emeinden. ch ha"e sechshundertsie"enundsie"ig +elder. -"rigens wirst du alles das auf meinem 0lan sehen, in der Halle meines Schlosses. 6an "raucht weiundwanig Stunden, um rings um meine Besitung herumufahren, weiundwanig Stunden! Wegen der $mwege n#mlich. Du wirst das alles auf dem 0lan sehen, es ist grartig! Du wirst auch meine 1he sehen, meine sie"enundfnfig 1he, und meine hundertundachtig normannischen ?chsen, auch
 
meine +ischteiche. 6it einem Wort, du wirst dir alles anschauen. Ah, du wirst dich nicht langweilen!«8r warf sich auf die Lehne des Wagens urc), strec)te die Beine or, erschr#n)te die Arme und "etrachtete mit einem seligen L#cheln seine +elder, seine Wiesen, seine W#lder, seine H#user, die nacheinander an uns or"eiflogen. 8inige Bauern, die uns or"erfahren sahen, ho"en den 1o(f, hielten in der Ar"eit inne und grßten sehr deot7 a"er Lechat achtete gar nicht darauf.»Sie grßen niemals%« sagte ich.»Diese Leute da%« antwortete er mit 'erachtung und uc)te die Achseln. »Sehen Sie,
das
 tue ich fr sie.« $nd mit einem +austschlag trie" er seinen Hut auf dem 1o(fe ein und miaute wild.1lein, le"haft, sehr h#ßlich, erschmitte Augen und ein ordin#rer 6und, < das war das 8@terieur des Herrn 9h>odule Henri ose(h Lechat on der alten +irma Lechat und o., »Leder und +elle«, renommiert in gan Westfran)reich. 5ur 5eit des 1rieges hatte Lechat die geniale dee geha"t, fr die Armee Leder u fa"riieren < aus 0a((endec)el, Lum(en und altem 5under. Das ;esultat war, daß er sich um CEF on den &esch#ften urc)og, mit dem 1reu der 8hrenlegion und fnfehn 6illionen 'erm3gen. 8r )aufte die Herrschaft 'au(erdu, um sich, wie er stol sagte, gan der Landwirtschaft u widmen.Die Herrschaft 'au(erdu ist eine der sch3nsten, die es in der *ormandie gi"t.  Außer dem Schloß, einem im(osanten Do)ument der Bau)unst des sechehnten ahrhunderts, und den "etr#chtlichen +l#chen on Wald, Weide(l#ten und  Ac)erland, die es umge"en, umfaßt die Besitung wanig 0achth3fe, fnf 6hlen, wei +orste und ausgedehnte Wiesen. Das gane wirft einen :#hrlichen 8rtrag on rund iermalhundertfnfigtausend +ran)s a". *ach dem 'er)auf seiner &er"ereien und Lederfa"ri)en machte sich Lechat mit seiner +rau in 'au(erdu ans#ssig < mit seiner +rau, die er noch als armer Ar"eiter geheiratet hatte, was ihm :ett furcht"ar leid tat. +rau Lechat fehlte es e"enso, wie ihrem &atten, an 8legan, ?rthogra(hie und gesellschaftlichem Schliff7 a"er unter der Seidenro"e und dem 6odehut, die sie iemlich ungeschic)t trug, war sie die einfache, ehrliche und ernnftige B#uerin on ehedem ge"lie"en. Lechat, der sich so (l3tlich om &er"er in einen Landwirt erwandelt hatte, #rgerte sich, trot seiner e@trem re(u"li)anischen Alluren sehr "er die soiale 6inderwertig)eit seiner +rau, und es erstimmte ihn, daß sie allusehr die niedrige &e"urt und die 0aren=Her)unft mer)en ließ.8s ist nicht m3glich, in irgend einer &egend einen &rund"esit u ha"en, der iermalhundertfnfigtausend +ran)s ;ente a"wirft, ohne dort u einer Art Berhmtheit u werden. Lechat war infolge dessen die "e)annteste 0ers3nlich)eit der $mge"ung, weil er dort der ;eichste war, und es erging wohl )eine 6inute, ohne daß man, auf ehn 6eilen in der ;unde, on ihm s(rach. 6an sagte2 »;eich, wie Lechat.« Der *ame Lechat diente u hG(er"olischen 'ergleichen, um o"ligaten lich> fr die Beeichnung ungeheuerlicher ;eichtmer. Lechat entthronte 1r3sus und nahm die Stelle des 6ar/uis de arra"as ein. A"er "elie"t war er )eineswegs,

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