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www.orientdienst.de; Minikurs Islam

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Inhaltsverzeichnis der Minikurse nach Themen

1. Glaubensgrundsätze des Islam


Vergibt Allah? – „Vergebung“ im Koran
Engel - Dschinn
Bibel: Der Glaube an die Bücher
Koran, seine Entstehungsgeschichte und Überlieferung
Quellen des Koran
Propheten
Mohammed – ein echter Prophet?
Mohammeds Leben
Mohammed und seine Feinde
Auferweckung der Toten nach dem Koran
Gericht Gottes: Die Vorzeichen des Endgerichts im Islam
Paradieserwartung im Islam
Prädestination und freier Wille im Islam

2. Pflichten des Islam


Bekenntnis-Schahada
Gebet im Islam
Anbetung im Islam
Zakat - Sozialabgaben
Fasten
Hadsch – die muslimische Pilgerreise nach Mekka
Mission: Da`wah - Der Ruf zum Islam
Islamisierung

3. Geschichte des Islam


Ahmadiyya-Sekte
Aleviten
Schiiten
Osmanisches Reich und die moderne Türkei

4. Islam und Christentum


"Heilsgeschichte" im Islam?
Jesu Geburt nach dem Koran
Jesu Kreuzigung in islamischer Sicht
Jesu Würdenamen im Koran
Maria (Maryam), die Mutter Jesu
“Schutzbefohlene“ - Christen und Juden unter islamischer Herrschaft
Was sagt der Koran zu der Beziehung zwischen Muslimen und Christen?

5. Islamische Gemeinschaft und Alltag


Abfall vom Islam (Irtidad)
Ängste im Volksislam
Arabisch – die Sprache des Islam
Ehre und Schande
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Frauen im Islam – islamische Eheverträge


„Friede“ im Islam
Gastfreundschaft
„Gute Werke“ im Islam
Hadith
“Haus des Krieges“ (dar al-harb) - die nicht-islamische Welt
Kindererziehung im Islam
Mann im Islam
Märtyrer im Islam
Mensch - nach den Aussagen des Koran
Moschee
Opferfest
Scharia - das islamische Recht
Umma - die islamische Gemeinschaft
Sexualität im Islam

Alphabetisches Inhaltsverzeichnis der Minikurse:

Abfall vom Islam (Irtidad)


Ahmadiyya-Sekte
Aleviten
Anbetung im Islam
Ängste im Volksislam
Arabisch – die Sprache des Islam
Auferweckung der Toten nach dem Koran
Bekenntnis-Schahada
Bibel: Der Glaube an die Bücher
Beziehung zwischen Muslimen und Christen – Was sagt der Koran dazu?
Ehre und Schande
Engel - Dschinn
Fasten
Frauen im Islam – islamische Eheverträge
„Friede“ im Islam
Gastfreundschaft
Gebet im Islam
Gericht Gottes: Die Vorzeichen des Endgerichts im Islam
„Gute Werke“ – „sevap“ im Islam
Hadith
Hadsch – die muslimische Pilgerreise nach Mekka
“Haus des Krieges“ (dar al-harb) - die nicht-islamische Welt
"Heilsgeschichte" im Islam?
Islamisierung
Jesu Geburt nach dem Koran
Jesu Kreuzigung in islamischer Sicht
Jesu Würdenamen im Koran
Kindererziehung im Islam
Koran, seine Entstehungsgeschichte und Überlieferung
Mann im Islam
3
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Maria (Maryam), die Mutter Jesu


Märtyrer im Islam
Mensch - nach den Aussagen des Koran
Mission: Da`wah - Der Ruf zum Islam
Mohammed – ein echter Prophet?
Mohammeds Leben
Mohammed und seine Feinde
Moschee
Opferfest
Osmanisches Reich und die moderne Türkei
Paradieserwartung im Islam
Prädestination und freier Wille im Islam
Propheten
Quellen des Koran
Scharia - das islamische Recht
Schiiten
„Schutzbefohlene“ - Christen und Juden unter islamischer Herrschaft
Sexualität im Islam
Umma - die islamische Gemeinschaft
Vergibt Allah? – „Vergebung“ im Koran
Zakat - Sozialabgaben

Minikurse nach Erscheinungsdatum mit Originaltitel und Autorenkürzel:

1997-1: Hadith KM
1997-2: Opferfest whä
1997-3: Da`wah - Der Ruf zum Islam KM
1997-4: Die Propheten whä
1997-5: Ahmadiyya whä
1997-6: Würdenamen Jesu im Koran KM
1998-1: Der Glaube an die Bücher KM
1998-2: Die Vorzeichen des Endgerichts im Islam KM
1998-3: Aleviten whä
1998-4: "Schutzbefohlene" - Christen und Juden unter islamischer Herrschaft KM
1998-5: Fasten KM
1999-1: Umma - die islamische Gemeinschaft whä
1999-2: Abfall vom Islam (Irtidad) KM
1999-3/4: Die Engel KM; Die Dschinn whä
1999-5: Die Kreuzigung Jesu in islamischer Sicht CS
1999-6: Die Geburt Jesu nach dem Koran KM
2000-1: “Haus des Krieges" (dar al-harb) - die nicht-islamische Welt KM
2000-2: Die Auferweckung der Toten nach dem Koran KM
2000-3/4: Kindererziehung im Islam CS
2000-5: Die Scharia - das islamische Recht whä
2000-6: Maria (Maryam), die Mutter Jesu KM
2001-1: "Heilsgeschichte" im Islam? KM
2001-2: Die Schiiten CS
2001-3/4: Bekennen-Bekenntnis-Schahada MK
2001-5: Ängste im Volksislam KT
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2001-6: Der Mensch - nach den Aussagen des Koran KM


2002-1: Paradieserwartung im Islam KT
2002-2: Die Moschee MK
2002-3: Vergibt Allah? – „Vergebung“ im Koran MK
2002-4: Gebet im Islam MK
2002-5: Mohammeds Leben MK
2003-1: Zakat – Sozialabgaben KM
2003-2: Koran, seine Entstehungsgeschichte und Überlieferung MK
2003-3: Frauen im Islam – islamische Eheverträge CS
2003-4: -
2003-5: Mohammed – ein echter Prophet? MK
2004-1: Die „guten Werke“ im Islam“ MK
2004-2: „Friede“ im Islam KM
2004-3: Hadsch – die muslimische Pilgerreise nach Mekka MK
2004-4: Märtyrer im Islam KT
2004-5: Quellen des Koran MK
2005-1: Islamisierung KM
2005-2: Osmanisches Reich und die moderne Türkei RB
2005-3: Arabisch – die Sprache des Islam KM
2005-4: Ehre und Schande CS
2005-5: Was sagt der Koran zu der Beziehung zwischen Muslimen und Christen? BD
2006-1: Mann im Islam MK
2006-2: Mohammed und seine Feinde BD
2006-3: Prädestination und freier Wille im Islam CS
2006-4: Sexualität im Islam KT
2006-5: Anbetung im Islam MK
2007-1: Gastfreundschaft KM
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Hadith Mohammeds (und damit, nach


muslimischem Verständnis, dem Willen
Das arabische Wort "Hadith" (th - Gottes) entsprechen.
ausgesprochen wie stimmloses englisches
"th" z.B. in "thin") bedeutet allgemein: So wurde die aus den Hadithen ablesbare
Rede, Gespräch, Erzählung, Bericht. Im Gewohnheit (Sunna) des Propheten
Zusammenhang mit der islamischen neben dem Koran die Hauptquelle für den
Religion erhielt es die Spezialbedeutung: "Islam" (= die richtige Form der
Überlieferung (über Mohammed), Unterwerfung unter den Willen Gottes).
Tradition. Da der Islam nicht nur persönliche
Gottesverehrung, sondern immer auch
Schon zu Lebzeiten Mohammeds wurden Politik und verbindliches Recht ist, werden
Berichte über Aussagen oder Taten des aus Koran und Hadith die Rechtsnormen
"Propheten" in mündlicher Form des islamischen Gesetzes abgeleitet. (In
weitergegeben. Nach seinem Tod wuchs der Praxis wird auch heute ein Hodscha,
das Interesse an solchen meist kurzen, wenn er in konkreten Angelegenheiten um
anekdotenhaften Erzählungen stark an. Rat gefragt wird, öfter mit Hadith-Texten
Die Überlieferung der Hadithen ist als mit Koranversen antworten.)
zunächst sicherlich Ausdruck für die
Verehrung Mohammeds - die Erinnerung Mit der Zeit versuchten unterschiedliche
an ihn sollte wachgehalten werden - und politische und religiöse Richtungen
Antwort auf das Informationsbedürfnis von innerhalb der islamischen Gemeinschaft,
Menschen, die mehr über den Islam und ihre jeweiligen Ansichten und Praktiken
seinen Propheten wissen wollten. Dabei durch Hadithe zu untermauern. Es kam im
hatten die Hadithen schon früh eine starke 7. und 8. Jahrhundert eine große Zahl von
prägende Bedeutung für das Leben der gefälschten Hadithen in Umlauf. Das ließ
einzelnen Muslime und die islamische es notwendig erscheinen, die
Gemeinschaft. verschiedenen Hadithen zu sammeln und
kritisch zu sichten.
Denn der Koran, der Muslimen als das
eigentliche Wort Gottes gilt, enthält für Die entstehende islamische Hadith-
viele Fragen der religiösen Praxis und des Wissenschaft konzentrierte sich dabei vor
Alttagslebens keine eindeutigen und allem auf den Überlieferungsweg: es
detaillierten Anordnungen. Für den Islam wurde versucht zurückzuverfolgen, wer
ist es aber sehr wichtig, dass Menschen, den jeweiligen Bericht von wem gehört
die Gott gefallen wollen, sich in allen hatte - bis hin zu den direkten Augen- und
Einzelheiten vom Gesetz Gottes leiten Ohrenzeugen aus der Umgebung
lassen. Solange Mohammed lebte, Mohammeds. Diese Überlieferer-Kette
konnten die Gläubigen sich nach seinem (Isnad) wurde dem eigentlichen Bericht
Vorbild richten oder ihn selber fragen, wie über eine Aussage oder Handlungsweise
sie sich in bestimmten Situationen Mohammeds (oder z.T. auch seiner
verhalten sollten. Nach seinem Tod engsten Gefährten) vorangestellt. Die
wurden diejenigen befragt, die ihn Lebensläufe der Überlieferer wurden
persönlich gekannt hatten und sagen aufgezeichnet und die Zuverlässigkeit der
konnten, was der Prophet in konkreten jeweiligen Personen kritisch beleuchtet.
Lebenssituationen getan, gesagt, verurteilt Entsprechend der Vollständigkeit der
oder auch stillschweigend geduldet hatte. Überlieferungs-Kette und der
Daraus konnte man ableiten, welche Zuverlässigkeit der Gewährsleute wurden
Entscheidungen am ehesten dem Vorbild die Hadithen in drei Kategorien eingeteilt:
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1. sahih - echt, authentisch; werden können.


2. hasan - gut, aber nicht einwandfrei
zuverlässig;
3. dhai`if - schwach, bedenklich. Eine Auswahl von Hadithen in deutscher
Sprache wurde 1988 vom Gütersloher
Die wichtigsten sunnitischen Hadith- Verlagshaus Gerd Mohn herausgegeben:
Sammlungen werden oft zitiert mit einem "So sprach der Prophet / Worte aus der
Kurztitel der Sammlung und einer islamischen Überlieferung / Ausgewählt
verkürzten Namensform des Sammlers (in und übersetzt von Adel Theodor Khoury"
Klammern sind die Lebensdaten der (365 Seiten, davon rund 30 Seiten
Autoren genannt): einleitende Informationen über den Hadith
und über die islamische Religion).
Sahih Buchari (810-870)
Sahih Muslim (817/821-875) www.orientdienst.de
Sunan Abu Dawud (817-888)
Sunan Tirmidhi (815-892)

Während anfangs einige Hadith-


Sammlungen nach den Namen der
ursprünglichen Überlieferer geordnet
wurden (Musnad), sind die genannten
Werke nach thematischen
Gesichtspunkten - entsprechend den
Bedürfnissen der islamischen
Rechtswissenschaft - aufgebaut
(Musannaf). Themenkreise: Glaube,
Wissen und religiöse Grundpflichten;
Soziale Beziehungen, Regieren, Sitten
und Gewohnheiten; Vorzüge bestimmter
Personen, Auslegung, Einsatz für den
Islam; Tugenden, Gehörtes (nach Khoury,
S. 24f)

Die einzelnen Sammlungen umfassen


zwischen 4.000 und 12.000 Hadithen. Der
Sammler Abu Dawud soll von 500.000
ihm bekannten Überlieferungen nur 4.800
als zuverlässig anerkannt haben.

Aus den Hadith-Sammlungen wurden


wieder Auszüge hergestellt, z.B. die unter
dem Namen Miskhat bekannte und oft als
Quelle der Gesetzespraxis benützte
Sammlung.

Die Schiiten besitzen eine eigene Hadith-


Literatur; sie erkennen nur solche
Hadithen als gültig an, die auf Ali, den
Neffen und Schwiegersohn Mohammeds,
oder seine Anhänger zurückgeführt
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Das Opferfest groß. Herr Gott, in deinem Namen, durch


dich und für dich. Nimm es von mir an, wie
Das "Opferfest" (arab.: 'Id Al-Adha, türk.: du es von deinem Freund Abraham
Kurban Bayram ) wird auch "das Große angenommen hast." Das Opferfest ist das
Fest" genannt, da es im Vergleich mit dem "Fest Abrahams". Obwohl die Opfer auf
"kleinen Fest" des Fastenbrechens als das vorislamische Bräuche während der
bedeutendere gilt. Das Fest beginnt Pilgerfahrt zurückgehen, verbindet die
immer am 10. Tag des islamischen islamische Überlieferung sie mit Abraham,
Monats Dhu l-Hidschdscha und dauert vier der im Tal Mina seinen Sohn Ismael (nicht
Tage (?). Da das islamische Jahr ein Isaak! - im Koran selbst wird allerdings gar
Mondjahr ist und nur 354 oder 355 Tage kein Name erwähnt) auf Befehl Gottes zu
umfaßt, verschieben sich die Feste in opfern bereit gewesen sein soll. Gott habe
bezug auf unsere Jahreseinteilung jedes dann Ismael "mit einem großes
Jahr um 10 oder 11 Tage nach rückwärts. Schlachtopfer" (Koran 37, 106 - hier
Das Opferfest beginnt 1997 am 19. April, ähnelt die koranische Darstellung dem
1998 am 9. April und 1999 am 29. März. biblischen Bericht) ausgelöst. Der Engel
Gabriel bringt als Ersatz für das
Die Opferung ist eines der Rituale Menschenopfer einen Hammel als
während der Pilgerfahrt der Muslime nach Opfertier.
Mekka. Im Tal von Mina bei Mekka
werden dabei am festgesetzten Tag Welche Bedeutung verbinden Muslime mit
Hunderttausende von Tieren geschlachtet. dem Opfer? Im Koran wird betont, dass
Gleichzeitig wird dieses Opfer und das sich Abraham und sein Sohn "ergeben
anschließende Fest auch von Muslimen in gezeigt" hätten (37, 103). Die
der ganzen Welt vollzogen. Gemäß der Opferbereitschaft Abrahams und auch das
"Sunna" (der vorbildlichen Lebensweise Opfer der Muslime soll also Ausdruck der
des Propheten Mohammed) ist das Opfer unbedingten Hingabe, des
verbindlich für jeden freien Muslim, der es bedingungslosen Gehorsams des
sich leisten kann. Menschen an Gott sein. Der Gläubige, der
das Opfer vollzieht, stellt damit sein
Geopfert wird meist ein männliches Schaf, ganzes Leben Gott zur Verfügung. "Wenn
möglich sind aber auch Ziegen, Kühe, einer die Opfertiere Gott hochhält, ist es
Kamele. In der Regel schlachtet der ein Ausdruck der Frömmigkeit des
Familienvater das Tier für seine ganze Herzens." (Koran 22, 32)
Familie. Die Tiere müssen fehlerfrei sein.
Die Opferungshandlung wird nach einem Denken Muslime bei ihrem Opfer auch
festgesetzten Ritus vollzogen. Dabei wird daran, Gott damit gnädig zu stimmen?
das Opfertier mit dem Kopf Richtung Kann man gar davon sprechen, dass das
Mekka gelegt. Der Vater oder derjenige, Opfertier stellvertretend für die Sünde des
der an seiner Stelle schlachtet, spricht Menschen sterben muss? Gegen den
verschiedene Gebetsformeln, Gedanken einer "Versöhnung" durch das
zerschneidet dann die Halsschlagader des Opfer spricht Sure 22,37, wo es von den
Tieres und lässt es ausbluten. Ein Drittel Opfertieren heißt: "Weder ihr Fleisch noch
des Fleisches verzehrt der Vater mit ihr Blut erreicht Gott, aber Ihn erreicht
seiner Familie, zwei Drittel werden eure Frömmigkeit". Im Opfer hofft der
verschenkt - meist an ärmere Leute in der Muslim nicht etwa auf eine Stellvertretung
Umgebung. für seine Sünden, sondern bringt
symbolhaft Gott seine eigene Frömmigkeit
Beim Schächten wird die Formel dar. Der Gedanke, dass ein anderer
gesprochen: "Im Namen Gottes. Gott ist stellvertretend für den Menschen die
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Strafe übernehmen und dadurch Tieropfer bringt, weist dadurch bewusst


Versöhnung erwirken könne, wird im oder unbewusst das Versöhnungsangebot
Koran und in der islamischen Gottes zurück.
Überlieferung sehr hart abgelehnt (Sure
6,164).
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Und doch scheint das Opfer einer jener
Bestandteile im Islam zu sein, in dem das
Licht der biblischen Wahrheit nicht ganz
ausgelöscht werden konnte. Sure 37, 107
spricht davon, dass der Sohn Abrahams
mit einem Schlachtopfer "ausgelöst"
wurde. Ein Tier starb an seiner Statt.
Opfer werden von vielen Muslimen auch
nicht nur anlässlich des Opferfestes
gebracht. Im Volksislam haben Tieropfer
ihren Platz auch z.B. bei Hochzeiten oder
Begräbnissen, zur Besiegelung der
Versöhnung zwischen Menschen und als
Schutz vor bösen Geistern. Vielfach spielt
dabei doch der Gedanke mit, dass
Tieropfer ein Mittel zur Reinigung von
Schuld sein könnten.

So kann das Opferfest eine gute


Gelegenheit sein, Muslime auf die
Bedeutung der biblischen Opfer
hinzuweisen: Die im Alten Testament von
Gott seinem Volk gebotenen Opfer sind
ein Hinweis darauf, dass zur Vergebung
der Schuld und Erlösung von Sünde
stellvertretend Leben gegeben werden
muss. Ohne Blutvergießen keine
Vergebung (Hebräer 9,22). So
schwerwiegend ist unsere Verlorenheit,
dass die Darbringung unserer "eigenen
Frömmigkeit" niemals zur Sühne
ausreichen kann.

Alle alttestamentlichen Opfer und


unbewusst auch die Opfer der Religionen
inklusive des Islam weisen auf das eine
große Opfer hin, durch das Gott selbst
uns auslöst: das Sterben des sündlosen
Sohnes Gottes, Jesus Christus. Er ist
"Gottes Lamm, welches der Welt Sünde
trägt" (Johannes 1,29). Weil er ein für
allemal (Hebräer 9,28) das für alle
ausreichende Opfer gebracht hat, sind
seitdem keine Tieropfer mehr nötig. Wer
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Da`wah - Der Ruf zum Islam wird oft Sure 16,125 zitiert: "Rufe zum
Weg deines Herrn mit Wahrheit und guter
Muslime reden in der Regel nicht gern von Ermahnung und streite mit ihnen auf die
islamischer "Mission", denn Gesandte (= beste Art..."
Missionare) Gottes sind eigentlich nur
einige der wichtigsten Propheten. Mit der Unterschiede zwischen biblischer
Sendung Muhammads, des "Siegels der "Mission" und islamischer "Da`wah"
Propheten" (Sure 33,40) und der
Herabsendung des Koran ist die göttliche Aus der Tatsache, dass der Islam
Mission zum Abschluss gekommen. innerweltlich die Herrschaft Allahs
aufrichten und ausweiten will und keine
Dennoch ist der Islam in dem Sinne eine strikte Trennung von Religion und Staat
"missionarische" Religion, dass er auf kennt, ergeben sich grundlegende
Ausbreitung angelegt ist. Er beansprucht Unterschiede zwischen der islamischen
universale Gültigkeit (Sure 34,28). Sein "Da`wah" und dem biblischen
Ziel ist die Aufrichtung der islamischen Missionsverständnis:
Ordnung bzw. Herrschaft über die ganze
Welt und über alle Lebensbereiche aller A - Nach biblischem Verständnis kann die
Menschen. Gemeinde Jesu Christi nur durch
"Mission" aufgebaut und ausgebreitet
Diesem Ziel dienen die verschiedenen werden.
Formen oder Stufen des "Dschihad", der
Anstrengung für die Sache Allahs. "Da`wah" ist eine Form der Ausbreitung
Dschihad kann passiver Widerstand oder des Islam unter vielen anderen.
sogar nur innere, gedankliche Verurteilung
einer unislamischen Handlungsweise sein, B - Das Ziel biblischer Missionstätigkeit ist,
aber auch verbale Angriffe gegen andere, dass Menschen die Botschaft von der
als verkehrt angesehene Religionen bis Erlösung durch Jesus Christus hören und
hin zum bewaffneten Kampf umfassen. zum persönlichen Glauben an ihn
kommen, um dadurch ewiges Leben zu
"Da`wah" ist eine Form des Dschihad. Sie empfangen und in seine Gemeinde
kann von Muslimen als "Dschihad mit eingefügt zu werden.
Worten" bezeichnet werden (Ömer Öngüt;
Islam, Istanbul 1996, S. 334f). Im Islam liegt der Schwerpunkt nicht auf
persönlicher Gläubigkeit oder gar der
Die Grundbedeutung des arabischen festen Zusage des ewigen Heils (darüber
Wortes "da`wah" ist: Ruf. Es kann wird ja Allah erst am Tag des Gerichts
außerdem Aufruf, Aufforderung, entscheiden), sondern darauf, dass die
Einladung, Propaganda etc. bedeuten. Im islamische Ordnung das öffentliche Leben
Kontext des islamischen Rechts ist beherrscht.
"Da`wah" der Ruf oder die Einladung an
Einzelne oder Gruppen von Menschen, Deshalb ist es im Blick auf die
den Islam anzunehmen bzw. sich Allah zu "Schriftbesitzer" (Christen, Juden und
unterwerfen. Dabei Zoroastrier) ausreichend, wenn sie dem
werden sie nach islamischem Verständnis Machtbereich des Islam unterworfen sind;
aufgefordert, zum Islam zurückzukehren, als Einzelne müssen sie nicht zum Islam
da ja alle Menschen eigentlich als übertreten, sondern können - im Rahmen
Muslime geboren werden. der islamischen Ordnung! - ihren Glauben
beibehalten. Da man ungern auf die von
Als koranische Grundlage für die Da`wah ihnen zu zahlende Kopfsteuer verzichten
10
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wollte, wurden sogar zeitweilig, wie z.B. im Das heißt nicht, dass der Islam sich in
Osmanischen Reich, Massenübertritte vielen Gegenden nicht auf friedlichem
zum Islam gar nicht gern gesehen. (Nur Wege ausgebreitet habe: Oft waren es
die eigentlichen Polytheisten müssen bis muslimische Händler und Reisende, die
zur Annahme des Islam bekämpft werden durch ihr Vorbild und ihre Verkündigung
- was allerdings auch nicht immer und Menschen in ihrer Umgebung bewogen,
überall geschah.) den Islam anzunehmen.

Da`wah wendet sich oft in besonderer D - Biblische Mission wendet sich vor
Weise an Personen in allem an Herz und Gewissen eines
Schlüsselstellungen, um möglichst Menschen, um ihm zu zeigen, dass er als
wirksam gesellschaftliche Strukturen Sünder Vergebung braucht, und um ihn
beeinflussen zu können. einzuladen, die Versöhnung mit Gott als
Geschenk Seiner Gnade anzunehmen.
C - Mission im biblischen Sinn geht nicht
über die Verkündigung des Wortes Gottes Da`wah richtet sich stärker an Verstand
hinaus; alles Weitere muss sie dem und Willen eines Menschen, um ihn von
Wirken des Heiligen Geistes und der der Vernünftigkeit des reinen islamischen
Entscheidung jedes einzelnen Zuhörers Monotheismus und der heilsamen
überlassen. Ordnung des islamischen Gesetzes zu
überzeugen und zur Annahme des Islam
Laut Koran 9,60 können Mittel aus der aufzufordern.
sogenannten "Almosensteuer" (Zakat)
unter anderem verwandt werden für Da`wah geschieht häufig in Form von
Menschen, "die (für die Sache des Islam) Informationsveranstaltungen ("Islamischen
gewonnen werden sollen" (R. Paret). Das Wochen" etc.) und Debatten. Muslime in
entspricht auch der Praxis Mohammeds. Europa versuchen dabei, ein möglichst
positives Bild vom Islam zu zeichnen, z.T.
Im Islam wird (unter Hinweis auf Sure indem sie Sachverhalte, die für westliche,
2,256) oft betont, dass auf die humanistisch geprägte Menschen
Schriftbesitzer kein Zwang ausgeübt anstößig sein können (z.B. die Stellung
werden dürfe, Muslime zu werden. der Frau, die Strafen für den Abfall vom
Dennoch kann es auch ihnen gegenüber Islam), umgehen oder entschärfend
Gründe zur Gewaltanwendung geben: 1. interpretieren. Andererseits benutzen sie
um zu verhindern, dass Muslime in die Schriften bibelkritischer "christlicher"
fremden Ländern der Unterdrückung, Theologen, um den christlichen Glauben
Verfolgung oder Verführung (evtl. durch als unvernünftig und überholt darzustellen.
christliche Mission) ausgesetzt werden; 2.
um die Verhinderung islamischer www.orientdienst.de
Missionstätigkeit in nicht-islamischen
Ländern zu bekämpfen (Khoury, Was sagt
der Koran zum Heiligen Krieg?, S. 18).

So kommt sehr nahe hinter dem "Wort"


das "Schwert" zum Vorschein. Es gibt
keine eindeutige und vor allem keine
unüberschreitbare Grenze zwischen
friedlicher Einladung zum Islam und der
Androhung und Anwendung von Gewalt.
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Die Propheten Das arabische Wort für "Prophet" ist


"nabi", was wörtlich "Künder" bedeutet.
Laut islamischer Lehre verpflichtete Gott Einige der Boten Gottes werden jedoch
Adam und seine Kinder, sich ihm zu auch als "rasul" (Gesandter) bezeichnet.
unterwerfen und ihm allein zu dienen Manche theologische Schulen des Islam
(Sure 36,60-61). Jeder Mensch ist daher sehen beide Titel als gleichbedeutend.
von Natur aus Muslim, der Islam die Laut anderer Theologen wird als "rasul"
schöpfungsgemäße Religion (vgl. Sure nur ein solcher Prophet bezeichnet, dem
30,30). von Gott ein Buch oder ein neues Gesetz
offenbart wurde.
Weil die Menschen dennoch immer wieder
vom Weg Gottes abwichen, sandte Gott Botschaft
Propheten. Sie waren Künder seiner
Botschaft an ein besonderes Volk oder Die Botschaften der Propheten können in
auch an die ganze Menschheit. Den den Einzelheiten voneinander abweichen -
Propheten wiederum vermittelte der je nach dem Volk, zu dem ein Prophet
unendlich ferne Gott seine Botschaft gesandt wurde und je nach den
durch Engel. So soll der Prophet Besonderheiten der kulturellen und
Mohammed seine Offenbarungen jeweils geschichtlichen Situation. Die
durch den Erzengel Gabriel erhalten Grundaussage ihrer Verkündigung ist
haben. jedoch immer die gleiche: Der Ruf zur
Umkehr von den Götzen zu dem einzigen
Der Glaube an alle Propheten gehört zu Gott angesichts des herannahenden
den fundamentalen Glaubensartikeln des Gerichtes Gottes (Sure 21,25).
Islam.
Jeweils ist der Prophet mit seiner
Propheten in großer Zahl Botschaft auf Widerstand und Anfeindung
gestoßen. Jeweils hat Gott jedoch ihn und
Der Islam legt sich nicht darauf fest, wie seine Botschaft bestätigt (dazu gehört ein
viele Propheten Gott im Laufe der Beglaubigungswunder, das Gott durch
Menschheitsgeschichte berufen hat. jeden Propheten wirkt) und diejenigen, die
Einige Koranstellen gehen davon aus, im Unglauben verharrten, bestraft.
dass zu jedem Volk zu irgendeiner Zeit ein
Warner gesandt wurde (Sure 13,7b; Um die Glaubwürdigkeit seiner Propheten
35,24). Namentlich werden im Koran 25 zu sichern, hat Gott ihnen laut heute
Propheten erwähnt. 19 dieser Namen anerkannter islamischer Theologie auch
haben eine Entsprechung im Alten oder Sündlosigkeit geschenkt. Der Koran
Neuen Testament: Adam, Noah, allerdings setzt durchaus die
Abraham, Ismael, Isaak, Lot, Jakob, Sündhaftigkeit auch der Gesandten
Josef, Moses, Aaron, David, Salomo, Elia, Gottes voraus (z.B.: Adam - 2,35-38;
Elisa, Jona, Hiob, Zacharias, Johannes Noah - 11,46-47; Abraham - 26,82-83;
der Täufer und Jesus. Mohammed - 40,55; 47,19; 48,1-2).

Als letzter Prophet und Bote Gottes für die Nach dem Bilde Mohammeds
ganze Welt gilt Mohammed. Er wird als
das "Siegel der Propheten" bezeichnet. Das ständig wiederkehrende Schema in
Damit wird behauptet, dass er alle der Darstellung der Propheten vor
Prophetien der Vergangenheit bestätigt, Mohammed deutet auf ein wichtiges
vollendet und abgeschlossen habe. Merkmal der islamischen Lehre von den
Propheten: Mohammed benutzt die alten
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Prophetengeschichten vor allem dazu, 43,59). Seine Gottessohnsschaft und


seine eigene Sendung zu rechtfertigen Gottheit werden in aller Schärfe abgelehnt
und zu untermauern (vgl. Sure 4,163-165): (Sure 4,171; 5,17 + 116; 9,30-32 u.a.)
Seine Botschaft wird von manchen
Mekkanern nicht geglaubt? Aber die Und doch findet sich selbst im Koran eine
gleiche Botschaft haben doch schon viele Ahnung davon, dass Jesus eine über alle
Propheten vor ihm verkündet. Mohammed anderen Propheten herausgehobene
wird verspottet? So ging es ja auch den Stellung innehat. So wird er mit einigen
Boten Gottes vor ihm (Sure 43,7) - und sie herausragenden Titeln bezeichnet (z.B.
erlebten Gottes Strafgericht über die "Messias" - Sure 4,171 u.a.; "Wort Gottes"
Spötter (Sure 43,8). - 3,45; 4,171; "Geist von Gott" - 4,171...).
Hinter diesem auf Mohammed gemünzten Über sündiges Verhalten Jesu (im
Schema verblasst der besondere Gegensatz zu anderen Propheten, s.o.)
Charakter der einzelnen Propheten. Das macht selbst der Koran nicht die geringste
wird besonders deutlich, wenn man die Andeutung.
Aussagen von Koran und Bibel über von
beiden genannte Personen vergleicht. Im www.orientdienst.de
Gegensatz zu den sehr unterschiedlichen
Charakteren der biblischen Propheten
besitzen die koranischen Propheten kaum
eigenständige Bedeutung. Sie sind 'nach
dem Bilde Mohammeds' geschaffen.

Der Islam stellt oft seinen "Glauben an alle


Propheten" als beispielhaft tolerant dar.
Bei Licht betrachtet bleibt jedoch nur der
sehr einseitige Glaube an einen
Propheten (Mohammed) und der Glaube
an seine Sicht des Prophetentums, der
alle vorherigen Propheten einverleibt
werden. Mohammed hat sozusagen alle
Propheten vor ihm ohne deren
Einverständnis zu Muslimen gemacht.
Während in der Bibel eine Vielzahl von
Zeugen mit ihrer unverwechselbaren
persönlichen Färbung den einen Gott und
seinen Erlöser verkünden, tritt uns im
Koran nur ein Zeuge entgegen. Allein
durch seine Brille dürfen die Boten Gottes
vor ihm gedeutet werden.

Jesus - einer von vielen

Besonders schmerzhaft ist für uns


Christen, wie auch Jesus in dieses
Schema der Bestätigung Mohammeds
eingeordnet wird. Ausdrücklich wird
betont, dass er "nichts anderes als ein
Gesandter" (Sure 5,75) wie viele vor ihm
sei und "nichts als ein Diener" (Sure
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Ahmadiyya Deutschland.

Wer in westlichen Großstädten auf einen Seit Beginn einer systematischen


Büchertisch mit "missionierenden" Verfolgung der Ahmadiyya durch
Muslimen trifft, hat es dort sehr häufig mit sunnitische Muslime in Pakistan kamen
"Ahmadis" zu tun, den Anhängern der viele pakistanische Ahmadis als
"Ahmadiyya Muslim Jamaat" (Jamaat = Asylbewerber nach Deutschland. Nach
Gemeinde). Mit Eifer, bunten Broschüren Angaben der Bewegung gab es 1994
und auf den Westen zugeschnittenen 20.000 Anhänger in Deutschland, davon
Parolen versuchen Ahmadis, die eigene vermutlich nur ca. 200 Deutsche. Weltweit
Vorstellung vom Islam auch christlichen soll die Ahmadiyya 12 Millionen Mitglieder
Ländern zu propagieren. So rief der 3. haben. Sie ist besonders stark in
Khalif der Bewegung bei einer Rede in Westafrika verbreitet. In Gambia gab es in
London aus: "Kommt her und nehmt den den sechziger Jahren sogar schon einmal
Islam an,..., denn darin liegt all Euer einen Ahmadi als Staatsoberhaupt. Führer
eigenes Gutes und das Gute Eurer der weltweiten Gemeinde ist der vierte
zukünftigen Generationen..." Khalif, Hazrat Khalifatul Masih IV.

Geschichte Sind Ahmadis Muslime?

Der Begründer der Ahmadiyya-Gemeinde, Das pakistanische Parlament


Hazrat Mirza Ghulam Ahmad wird 1835 in verabschiedete im Jahr 1974 eine
Qadian in Nordindien geboren. Aufgrund Resolution, in der alle Ahmadis zu Nicht-
angeblicher Offenbarungen Allahs erklärt Muslimen erklärt wurden. Dabei verstand
er sich zum "Auserwählten Gottes", später sich Mirzat Ghulam Ahmad, der Gründer
zum Propheten. Ghulam Ahmad der Ahmadiyya, ja als Reiniger des Islam.
beansprucht, die Erfüllung von Die üblichen Lehren und Pflichten des
Verheißungen verschiedener Religionen Islam werden bis heute von jedem Ahmadi
zu sein. In ihm ist der Messias Jesus, der akzeptiert.
verheißene Krischna und der Imam
Mahdi, den die Schiiten erwarten, Stein des Anstoßes ist für die anderen
gekommen. Muslime vor allem die Lehre von den
Propheten. Nach ihnen war Mohammed
Seine Aufgabe sieht Ghulam Ahmad der letzte Gesandte Gottes, das "Siegel
darin, den Islam zu reinigen, der Propheten". Zwar erkennen Ahmadis
wiederzubeleben und weltweit Mohammed als letzten gesetzgebenden
auszubreiten. Er verheißt seinen Propheten an. Nach ihm habe es jedoch
Anhängern, "innerhalb von 300 Jahren immer wieder sogenannte
nach ihrer Entstehung werde die "Schattenpropheten" gegeben, zu denen
Gemeinde nahezu die ganze Welt auch Ghulam Ahmad gehört habe. Auch
umfassen, so dass die Erde in die diese Mohammed untergeordneten
Bruderschaft des Islams eintreten wird." Männer, hören Gottes Stimme und geben
seinen Willen weiter.
1889 gründet Ahmad die "Ahmadiyya
Muslim Jamaat" und beginnt eine rege Unterschiede zur islamischen Orthodoxie
Missionstätigkeit, die nach seinem Tod im gibt es auch in der Darstellung der
Jahre 1908 von seinen Nachfolgern Geschichte Jesu. Die meisten islamischen
(Khalifen) weltweit fortgesetzt wird. 1913 Theologen lehren, Gott habe einen
schickt man den ersten Missionar nach anderen an Jesu Stelle kreuzigen lassen.
England, 1920 nach Amerika, 1923 nach Jesus sei leibhaftig in den Himmel
14
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aufgenommen worden. Der Gründer der orthodoxe Islam gerade die


Ahmadiyya behauptete dagegen, Jesus entscheidenden Heilstatsachen ab: die
sei gekreuzigt worden, aber nur scheintot Gottessohnschaft Jesu und seinen
gewesen. Seine Jünger hätten ihn stellvertretenden Tod am Kreuz. Daher
gepflegt, bis er stark genug gewesen sei, stellt auch die Ahmadiyya eine anti-
nach Kaschmir im heutigen Indien christliche Lehre dar. Ihr Gründer Mirzat
auszuwandern. Dort habe er den Ghulam Ahmad, der sich als
verlorenen Stämmen Israels gepredigt wiedergekommenen Messias bezeichnete,
und sei im Alter von 120 Jahren eines fällt unter das Urteil Jesu: "Es werden
natürlichen Todes gestorben. So falsche Christi und falsche Propheten
abenteuerlich diese Geschichte auch ist - aufstehen." (Mt. 24,23-24a)
sie hat selbst in nicht-muslimischen
Kreisen Resonanz gefunden. Weitere Informationen zur Ahmaddiya-
Sekte und ihrer Beurteilung finden Sie bei:
Pluspunkte können Ahmadis im Westen www.haensel-hohenhausen.de unter
dadurch verbuchen, dass sie bei der "Ahmadiyya-Bewegung des Islam", ein
Ausbreitung des Islam Gewalt ablehnen. Buch von Hiltrud Schröter, 4.Aufl., 2005,
In der Auseinandersetzung um den 167 Seiten, ISBN 3-8267-1206-4
Schriftsteller Rushdie beispielsweise
hoben sie sich damit vom
fundamentalistischen Islam ab. www.orientdienst.de
"Dschihad" (heiliger Krieg) ist für sie die
Ausbreitung des Islam mit friedlichen
geistigen Mitteln.

Christen und Ahmadis

Eine besondere Herausforderung für


Jünger Jesu stellt die Ahmadiyya-
Gemeinde insofern dar, als sie sich in
ihren Missionsbemühungen offensiv an
die christliche Welt wendet. So wurde z.B.
auf dem Frankfurter Kirchentag 1987 von
Ahmadis ein "Offener Brief an die
Christenheit" verteilt. Ahmadiyya-
Missionare versuchen, mit Bibelzitaten
und logischen Schlüssen zu beweisen,
dass Jesus nicht Gott war, dass er nur
scheintot war oder dass Mohammed
schon in der Bibel verheißen wurde.

Christen werden sich im Gespräch mit


Ahmadis auf argumentativ geführte
Diskussionen einzustellen haben und
dabei ihre Bibel gut kennen müssen.

Auch wenn Ahmadis die Ausbreitung des


Glaubens mit Gewalt ablehnen und
stärker als andere Muslime geistige Werte
betonen: Die Ahmadiyya lehnt, wie der
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Würdenamen Jesu im Koran


2. Sohn der Maria (Ibn Maryam) - Die
Der Koran verleiht Jesus einige hohe Titel. Nennung eines Sohnes nach der Mutter
In ihnen klingen z.T. biblische Wendungen hat in der Regel einen negativen Beiklang,
an. Bei einer genaueren Untersuchung denn sie kommt nur vor, wo der Vater
zeigt sich jedoch, wie wenig wir ein unbekannt ist. Der Koran betont jedoch
gemeinsames Verständnis voraussetzen die Unbescholtenheit Marias (21,89) und
können, selbst wenn Muslime Begriffe bestätigt die biblische Lehre der
gebrauchen, die den christlichen Jungfrauengeburt (3,47). Dabei wird
entsprechen. Vieles müssen wir allerdings hervorgehoben, dass Jesus und
Muslimen von der Bibel her erklären, seine Mutter nichts anderes als Menschen
wenn wir ihnen bezeugen wollen, wer waren: "Beide pflegten Speise zu essen."
Jesus Christus wirklich ist. (5,75) - Einerseits bezeugt also auch der
Koran die Einzigartigkeit der Geburt Jesu.
In Sure 4, 171+172 werden - in einer Andererseits verneint er aber, dass damit
Auseinandersetzung Mohammeds mit den ein zeichenhafter Hinweis auf einen
"Leuten des Buches" - die wichtigsten besonderen Auftrag Jesu oder gar auf
Würdenamen genannt, die der Koran seine Gottessohnschaft verbunden sei.
Jesus beilegt:
3. Gesandter Gottes (Rasul Allah) - Mit
"O ihr Leute des Buches, übertreibt nicht der Aussage, dass Jesus "nur" der
in eurer Religion und sagt über Gott nur Gesandte Gottes sei, bekämpft der Koran
die Wahrheit. Christus Jesus, der Sohn die "Übertreibung" der Christen, die in ihm
der Maria, ist doch nur der Gesandte etwas Höheres als Mohammed sehen
Gottes und sein Wort, das er zu Maria wollen. Der Islam meint, Jesus mit dem
hinüberbrachte, und ein Geist von Ihm. So Titel "Gesandter Gottes" oder auch
glaubt an Gott und seine Gesandten. Und "Prophet" (19,30) hoch zu ehren. Ihm wird
sagt nicht: Drei. Hört auf, das ist besser jedoch nur eine begrenzte Sendung (zu
für euch. Gott ist doch ein einziger Gott. den 12 Stämmen Israels) zuerkannt. Teil
Gepriesen sei Er und erhaben darüber, seines Auftrags war es, den letzten
dass Er ein Kind habe... <172> Christus Gesandten Mohammed anzukündigen.
wird es sicher nicht aus Widerwillen
ablehnen, Diener Gottes zu sein..." 4. Wort Gottes (Kalimat-hu) - Nach dem
Verständnis vieler Koranausleger bedeutet
1. Christus (Al-Masih) - Der Koran geht an diese Bezeichnung, dass Jesus durch
keiner Stelle auf die Bedeutung des Titels das Wort bzw. den Befehl Gottes
Al-Masih (Messias) ein. Z.T. wird er wie geschaffen worden sei; sie bezeugt also
ein Namensbestandteil ohne weiteren vor allem die Allmacht Gottes. Der Koran
Inhalt behandelt, manchmal einfach unterstreicht: "Mit Jesus ist es vor Gott wie
anstelle von "Jesus" gebraucht (z.B. Sure mit Adam. Er erschuf ihn aus Erde, dann
5,72). Einzelne Koranausleger kennen sagte Er zu ihm: Sei! und er war" (3,59).
durchaus die Bedeutung "der Gesalbte. Andere erklären diesen Titel damit, dass
Sie legen diesen Begriff unterschiedlich Jesus das Wort Gottes zu den Menschen
aus: Jesus sei mit dem Segen Gottes gebracht habe. - Die biblische Auffassung,
gesalbt; seine Salbung bedeute seine dass Jesus in Person mit seinem ganzen
Sündlosigkeit oder seine Berufung zum Leben und seinem Tod das entscheidende
Propheten. - Der Koran kennt Jesus aber Wort Gottes für alle Menschen sei und
nicht als den im Alten Testament dass er als "Wort Gottes" von Ewigkeit her
verheißenen "Gesalbten", der seinem Volk bei Gott war, teilt der Koran nicht.
Heil und Erlösung bringt.
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5. Ein Geist von Gott (Ruhun minhu) - wissen zu wollen.) Sie werden aber jeweils
Diese Wendung besagt nach islamischem so gedeutet, dass Jesus völlig in den
Verständnis, dass Jesus durch das Rahmen des islamischen
Einhauchen des göttlichen Geistes von Prophetenverständnisses eingepasst wird.
Maria empfangen wurde (21,91). An Trotz der hohen Titel weiß der Koran
verschiedenen Stellen (2, 87+253; 5,110) nichts davon, dass in Jesus der
kann der Koran davon reden, dass Allah verheißene Christus Gottes erschienen ist,
Jesus durch den Geist der Heiligkeit der als Sohn und Knecht Gottes
gestärkt und ihn so zu Wundertaten gehorsam wurde bis zum Tod am Kreuz,
befähigt habe. der sein Leben hingab "zu einer Erlösung
für viele" und in dem sich Gott selber
6. Diener / Sklave Gottes (Abd Allah) - Mit offenbart.
dieser Bezeichnung wird Jesus im Grunde
auf die gleiche Stufe wie alle Menschen www.orientdienst.de
gestellt (19,93). Der Ausdruck "Sklave
Gottes" ist allerdings nicht erniedrigend
oder entwürdigend zu verstehen; im
koranischen wie im biblischen Sinn weist
er hin auf die hohe Bestimmung des
Menschen, Gott zu dienen. - Der Koran
weiß jedoch weder etwas von dem
stellvertretend leidenden Gottesknecht
nach Jesaja 53 noch von dem Sohn
Gottes, der sich selbst erniedrigte und
Knechtsgestalt annahm (Phil 2,7).

Weitere Bezeichnungen für Jesus, die an


anderen Stellen im Koran vorkommen,
sind: Gerechter (6,85); Angesehener und
einer von den Nahegebrachten (3,45); ein
Zeichen für die Menschen (19,21); ein
Vorbild (43,59); der Zeuge (4,159).

Von entscheidender Bedeutung ist auch,


was der Koran nicht über Jesus sagt bzw.
welche Titel er vehement zurückweist:
Sehr deutlich wird in Sure 4,171 die
Ablehnung der Trinität und der
Gottessohnschaft ausgesprochen. Andere
Texte betonen ähnliches: er ist nicht Allah
(5,17) und er ist nicht Sohn Gottes (9,30).
(Die Gottessohnschaft Jesu wird im Islam
unter anderem aufgrund des
Missverständnisses einer sexuellen
Zeugung abgelehnt.)

Im Koran werden Jesus Würdenamen


verliehen, die ihn eigentlich über alle
anderen Propheten erheben. (Das bringt
manche Muslime dazu, mehr über Jesus
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Der Glaube an die Bücher Die Bücher, die im Koran genannt werden
und denen nach muslimischen Aussagen
Mohammed soll einmal von dem Engel große Bedeutung zukommt, sind:
Gabriel gefragt worden sein, was der - Die Taurat (Thora) Moses,
islamische Glaube beinhalte. Seine im - Der Zebur (Psalter) Davids,
Hadith überlieferte Antwort war: - Das Indschil (Evangelium) Jesu und
"Der Glaube ist, dass du an Allah, Seine - Der Koran Mohammeds.
Engel, Seine Bücher, Seine Gesandten,
den Jüngsten Tag und die göttliche Im Gespräch betonen Muslime gern, dass
Vorsehung, das heißt, dass Allah Gutes sie alle Bücher anerkennen, die von Gott
und Böses zuvor festgelegt hat, glaubst." offenbart wurden. Sie beziehen sich dabei
oft auf Sure 2, 136: "Sprecht: Wir glauben
Für Muslime gehört es zu den sechs an Gott und an das, was zu uns
grundlegenden, absolut verbindlichen herabgesandt wurde, und an das, was
Glaubensverpflichtungen, an die Bücher herabgesandt wurde zu Abraham, Ismael,
zu glauben, die Allah durch Seine Isaak, Jakob und den Stämmen, und an
Propheten zu den Menschen gesandt hat. das, was Mose und Jesus zugekommen
ist, und an das, was den (anderen)
Islamische Theologen vertreten die Propheten von ihrem Herrn zugekommen
Auffassung, dass Gott zu verschiedenen ist. Wir machen bei keinem von ihnen
Zeiten verschiedenen Völkern jeweils in einen Unterschied. Und wir sind Ihm
ihrer Sprache eine heilige Schrift habe ergeben."
zukommen lassen. Ursprünglich sei der Verfälschung der Schriften
Inhalt aller heiligen Bücher im
wesentlichen der gleiche gewesen, und Fragt man allerdings, ob sie also auch
jede spätere Schrift habe die vorherige z.B. das Evangelium lesen, erhält man in
bestätigt. Zugleich habe allerdings auch der Regel die Antwort: "Wir glauben an
die neuere Schrift jeweils die ältere alle Bücher in ihrer unverfälschten Urform.
ersetzt. - Manche Muslime reagieren Alle Bücher außer dem Koran sind jedoch
deshalb erstaunt, wenn sie erfahren, dass leider verfälscht worden. Im übrigen ist
zur Bibel der Christen außer dem alles Wesentliche im Koran enthalten."
Evangelium auch die älteren Schriften von
Mose, David und anderen gehören. Weitere Rückfragen, wer denn wann die
anderen (biblischen!) Bücher verfälscht
Der Sinn der Bücher besteht nach habe und welche geschichtlichen Belege
islamischem Verständnis darin, den es dafür gebe, werden zumeist nur sehr
Menschen den Weg der Rechtleitung zu vage oder mit Hinweisen auf die
zeigen und sie vor Irrwegen zu warnen, Forschungen neuerer christlicher
damit sie im Diesseits und im Jenseits Theologen beantwortet (s. Artikel "Warum
Glück und Wohlergehen erlangen. Muslime die Bibel für verfälscht halten", S.
7-11).
Welche heiligen Bücher gibt es?
Von praktischer Bedeutung ist für Muslime
Der Koran erwähnt "Seiten" oder "Blätter" also lediglich der Koran. (Für die Christen
(Suhuf) Abrahams (Sure 87,19) und und Juden selber mögen jedoch - trotz
anderer Propheten, die allerdings alle aller angeblichen Verfälschungen - ihre
nicht erhalten geblieben sind und über jeweiligen Schriften in gewissem Rahmen
deren Inhalt der Koran auch nichts verbindlich bleiben.)
Näheres mitteilt.
Das entscheidende Buch: der Koran
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nicht ein "Brief" Gottes, der den Weg zur


Nach islamischer Auffassung wurde der Rettung von der Macht der Sünde und zur
Koran dem Propheten Mohammed durch Gemeinschaft mit Gott zeigt.
den Engel Gabriel überbracht. Beginnend
mit der Berufung Mohammeds zum Den Koran auswendig zu lernen und
Propheten bis kurz vor seinem Tod Korantexte zu rezitieren gilt als sehr
übermittelte der Engel ihm zu den verdienstvoll.
verschiedenen Offenbarungsanlässen
jeweils einzelne Verse oder kurze Suren Koranverse werden auch zur Herstellung
(Kapitel des Koran), die wortwörtlich mit von Amuletten und wunderwirkenden
einer im Himmel aufbewahrten Urschrift "Medizinen" benutzt.
(Sure 43,2-4 und 85,21+22)
übereinstimmen. Mohammed ließ die
jeweils offenbarten Abschnitte von seinen www.orientdienst.de
Gefährten aufschreiben und auswendig
lernen. Nach seinem Tod wurde der Koran
so in Buchform gebracht, wie es
Mohammed kurz vorher angeordnet hatte.
Die endgültige Festlegung des
Korantextes erfolgte durch den 3. Kalifen,
Othman, im Jahre 653, 21 Jahre nach
Mohammeds Tod. (Tatsächlich scheint die
Zusammenstellung und Überlieferung des
Korantextes allerdings komplizierter
gewesen zu sein.)

Muslime sehen den Koran als Gottes


endgültige Offenbarung, die alle anderen
Bücher relativiert und korrigiert. Er ist nach
ihrer Meinung völlig unverfälscht
überliefert worden - und stellt nach
Ausdrucksweise und Inhalt ein solches
Wunder dar, dass niemand auch nur eine
seiner kleinsten Suren nachahmen kann.
Nur in seiner arabischen Urform ist er
wirklich "der Koran"; Übersetzungen
geben lediglich seinen ungefähren Sinn
wieder.

Eine Untersuchung und Beurteilung des


Koran mit Mitteln der Literatur- oder
Geschichtswissenschaft ist deshalb für
viele gläubige Muslime völlig undenkbar
und wird möglichst unterdrückt (vgl. die
Prozesse gegen den Literaturprofessor
Nasr Hamid Abu Zaid in Ägypten seit
1993).

Für den Islam ist der Koran vor allem die


Hauptquelle für das islamische Recht -
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Die Vorzeichen des Endgerichts im ganze Erde überziehen (Sure 44,10+11).


Islam Dieses Ereignis wird vierzig Tage lang
andauern.
Der kommende Tag des Gerichts ist für 2. Dadschal - ein Betrüger wird sich zum
Muslime das entscheidende Ereignis, auf Gott erklären und fast alle Menschen
das die gesamte Weltgeschichte zuläuft. verführen, obwohl er an seiner Stirn die
Der Glaube an die Auferstehung der Toten untilgbare Schrift "Kafir", Ungläubiger,
und das Gericht Gottes über die Taten der trägt und sein rechtes Auge einer
Menschen gehört zu den grundlegenden "heraushängenden Weintraube" gleicht.
islamischen Glaubensverpflichtungen. 3. `Isa (islamischer Name für Jesus) - wird
"Wer an Allah und den jüngsten Tag wiederkommen. Der Islam lehrt, dass
glaubt und Gutes tut, (alle diese) erhalten Jesus nicht am Kreuz starb, sondern von
ihren Lohn bei ihrem Herrn, sie haben Gott zu sich in den Himmel erhoben
nichts zu befürchten, und sie werden nicht wurde. Nach dem Koran ist Jesus "ein
traurig sein." (Sure 2, 62) Wer den Erkennungszeichen des Jüngsten Tages"
"jüngsten Tag" leugnet, gehört zu den (Sure 43,61). - Mohammed soll gesagt
Ungläubigen. haben: "`Isa, der Sohn der Maryam, wird
bald als gerechter Richter kommen, das
Besonders in der Anfangszeit seines Kreuz zerbrechen, das Schwein töten, die
Auftretens hat Mohammed mit Kopfsteuer abschaffen..." Außerdem
aufrüttelnden Worten das Gericht Gottes werde er Kirchen und Synagogen in
angekündigt, vor der "nahen" Abrechnung Trümmer legen und alle Christen, die den
(Sure 53,57) gewarnt und seinen Zuhörern wahren Glauben, d.h. den Islam, nicht
Höllenfeuer und Paradies in leuchtenden annehmen wollen, niedermachen. Andere
Farben vor Augen gemalt. Überlieferungen besagen, dass er auf ein
Minarett östlich von Damaskus
Allerdings finden wir im Koran zwar eine herabsteigen und den Dadschal töten
Beschreibung vom Tag des Gerichts und werde. - Er soll durch sein Gebet auch
seinen Begleiterscheinungen (vgl. u.a. dem folgenden Vorzeichen des nahenden
Sure 99 und 101), jedoch keine Gerichts ein Ende bereiten:
ausführlichen Prophezeiungen über den 4. Gog und Magog - zwei Völker
Verlauf der endzeitlichen Geschichte. Weit unbestimmter Herkunft werden sich über
mehr Material zu diesem Thema enthalten die Erde verbreiten und eine Zeitlang in
die Hadithen, kurze Berichte über ihrer Umgebung Unheil anrichten (Sure
Aussagen und Handlungsweisen 21,96).
Mohammeds, die nach seinem Tod 5. Ein Tier aus der Erde - wird den
weitererzählt und gesammelt wurden. Da Menschen ihren Unglauben vorwerfen
jedoch im Islam die Zuverlässigkeit der (Sure 27,82).
einzelnen Hadithe umstritten ist, gibt es 6. Die Sonne wird im Westen aufgehen.
auch kein einheitliches Bild der "Endzeit". 7. In der Gegend des Hedschas (in
Arabien) wird ein großes Feuer
Ein Schema über die Reihenfolge der ausbrechen.
endzeitlichen Geschehnisse bezieht sich 8., 9. und 10. Drei große Bodensenkungen
auf einen Hadith, der besagt: "Der jüngste werden sich ereignen - eine im Osten,
Tag wird nicht hereinbrechen, bevor ihr die eine im Westen und eine auf der
zehn Zeichen dafür gesehen habt." Dort arabischen Halbinsel.
werden dann die folgenden Ereignisse
genannt: Andere Überlieferungen nennen weitere
Personen (z.B. den Mahdi, der z.T. mit
1. Duchan - ein großer Rauch wird die Jesus gleichgesetzt wird) und Ereignisse,
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durch die das nahe Ende der Geschichte www.orientdienst.de


angekündigt wird: "Dass das Wissen
verschwindet und Unwissenheit herrscht,
dass verschiedene alkoholische Getränke
zu sich genommen werden und der
Ehebruch öffentlich begangen wird, sind
gewiß Zeichen des jüngsten Tages."

Auch folgender Ausspruch wird


Mohammed zugeschrieben: "Zählt sechs
Zeichen, die sich ereignen, bevor der
jüngste Tag hereinbricht:
1. Mein Tod.
2. Die Eroberung von Quds (Jerusalem).
3. Verfall der Menschen durch eine
Krankheit, die der Schafspest ähnelt.
4. Überfluss an Hab und Gut. Wenn
einem hundert Goldstücke gegeben
werden, und er zürnt, weil er es als gering
ansieht und damit nicht zufrieden ist.
5. Die Ausweitung eines Unfriedens, der
ohne Ausnahme in jedem arabischen
Haus herrschen wird.
6. Dass zwischen euch und der gelben
Rasse ein Friedensabkommen
geschlossen wird, dass sie diesen Frieden
brechen und mit achtzig Bannern (in
jedem davon sind zwölftausend Soldaten)
zu euch kommen und euch angreifen."

Bei unterschiedlichen Muslimen, z.B. bei


Sunniten und Schiiten, begegnen wir
unterschiedlichen Vorstellungen vom
Ablauf der Ereignisse vor dem Tag des
Gerichts. Die große, allen gemeinsame
Perspektive ist die Erwartung des jüngsten
Gerichts und der Wiederkunft Jesu als
eines wichtigen Vorzeichens.

Was in den islamischen


Endzeiterwartungen nicht vorkommt, ist
die Entrückung der Gemeinde Jesu und
das Kommen Jesu als Messias Israels.
Jesus ist im Islam auch nicht der, dem der
Vater alles Gericht übergeben hat (Joh.
5,22; Apg. 17,31). - Auch wenn der Islam
von der Wiederkunft Jesu spricht: es ist
ein anderer Christus, der erwartet wird.
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Aleviten der Türkei unbedeutend. Da Gott im Menschen ist,


besteht Gebet in erster Linie im
Während die Mehrheit der türkischen Nachdenken über sich selbst. Statt
Bevölkerung dem sunnitisch-orthodoxen ritueller Gebete in der Moschee trifft man
Islam angehört, sind nach Schätzungen sich zu Gemeinschaftsversammlungen
bis zu 30% Aleviten. Unter den Menschen (Dschem), bei denen Tanz, Musik und
türkischer Herkunft in Deutschland liegt religiöse Erzählungen im Vordergrund
dieser Anteil vermutlich sogar noch höher. stehen. Männer und Frauen nehmen
Viele Kurden aus der Türkei sind Aleviten. gleichberechtigt daran teil.
Es gibt jedoch auch sunnitische Kurden
und alevitische Türken. Aleviten haben im osmanischen Reich
eine sehr wechselhafte Rolle gespielt. Oft
Aleviten führen sich auf Ali, den erlebten sie jedoch Feindschaft und
Schwiegersohn Mohammeds zurück. In Unterdrückung seitens der sunnitisch-
der Verehrung Alis stimmen sie mit einer orthodoxen Muslime. So ist es zu
großen Hauptrichtung im Islam, der Schia, verstehen, dass Aleviten die Politik
überein. Atatürks begrüßten, der nach dem ersten
Eine weitere Quelle des Alevismus ist der Weltkrieg die Verwestlichung der Türkei
Batinismus, eine Bewegung, die schon in auf Kosten des Islam einleitete. Als
der Frühgeschichte des Islam für eine Reaktion auf das Erstarken des Islam
mystische und gesetzeslose Beziehung zu nach Atatürks Tod, wandten sich viele
Allah warb. junge Aleviten sozialistischen Parteien zu.
Erst nach dem Zerbruch des russischen
Seine besondere Prägung erhielt der Sozialismus und dem Aufkommen des
alevitische Glaube allerdings erst unter fundamentalistischen Islam besinnen sich
den Türken in Anatolien. Einige der Aleviten wieder stärker auf ihre religiösen
türkischen Stämme, die ab dem 11. Wurzeln. Für die meisten ist jedoch
Jahrhundert von der mongolischen Steppe Alevismus heute mehr eine
her nach Anatolien einfielen, lernten auf Lebensphilosophie als eine Religion.
ihrem Weg den Islam in seiner
batinistisch-gesetzeslosen Form kennen. Die schlimmen Erfahrungen mit
Im Laufe der Zeit wurden mit diesem sunnitischen Muslimen und die eigene
Glauben Elemente des Schamanismus religiöse Leere führen dazu, dass manche
der Turkvölker verschmolzen. Die Aleviten in Deutschland sich dem
herausragende Figur des anotolischen Christentum, besonders dem weniger
Alevismus wurde Hadschi Bektasch Veli gesetzesbetonten Glauben der
(ca. 1248 - 1337), dem in der Protestanten, nahe fühlen. Die Betonung
Überlieferung große Gelehrsamkeit und der Liebe, Jesu Erbarmen auch
Wunderkräfte zugeschrieben werden. gegenüber Armen und Geringen sprechen
Bektaschismus und Alevismus sind sie an. Sie werden in der Regel schnell
seitdem fast gleichzusetzen. bejahen, dass der Mensch nicht durch
Gesetzeserfüllung, sondern durch eine
Laut alevitischer Lehre ist Gott nicht fern. vertraute Beziehung Gott nahe kommt.
Er lebt im sogenannten "perfekten
Menschen" - besonders war das der Fall Auch wenn wir bei alevitischen Freunden
bei Ali, aber auch bei Jesus, Mohammed also weniger negative Vorurteile über das
und anderen. Der "perfekte Mensch" wird Evangelium erwarten müssen als bei
als geradezu göttlich angesehen. Weil er Sunniten, wäre es ein Irrtum anzunehmen,
selbst Gut und Böse erkennen kann, sind der Schritt zur Erlösung sei für sie
äußere Gesetze oder religiöse Bücher natürlich. Dass Gott heilig ist und ein
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Recht hätte, uns für unsere Sünden zu


strafen, ist der alevitischen
Glaubensvorstellung fern. Manche
Aleviten können leicht "Ja zu Jesus"
sagen. Weil sie ihre
Erlösungsbedürftigkeit nicht sehen, fällt es
ihnen jedoch schwer, Jesus als den
einzigen Weg zu Gott zu akzeptieren.

So sind wir auch bei Aleviten auf ein


tiefgehendes Wirken des Heiligen Geistes
angewiesen, der sie von ihrer
Sündhaftigkeit überzeugt und ihnen die
Herrlichkeit Jesu zeigt.

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"Schutzbefohlene" - Christen und ihnen ihre Unterlegenheit und die


Juden unter islamischer Herrschaft Minderwertigkeit ihres Glaubens immer
wieder vor Augen geführt werden. Den
Muslime rühmen oft die Toleranz des Nichtmuslimen soll ein Leben im Rahmen
Islam und berufen sich dabei auf Sure 2, der islamischen Gesellschaft ermöglicht
256: "In der Religion gibt es keinen werden, damit sie schließlich die Vorzüge
Zwang." der Scharia erkennen und sich zum Islam
bekehren.
In der Tat: wenn muslimische Heere
Gebiete eroberten, in denen Christen, Weder aus dem Koran noch aus dem
Juden oder Zarathustra-Anhänger lebten, Beispiel Mohammeds oder der ersten
wurden diese nicht gezwungen, den Islam Kalifen lassen sich völlig einheitliche
anzunehmen, sondern konnten auch unter Bestimmungen für den Umgang mit den
islamischer Herrschaft ihre Religion "Schutzbefohlenen" ableiten. Deshalb
beibehalten. können hier nur einige Regeln skizziert
werden, die je nach Situation und Land
Allerdings haben diese religiösen Gruppen stark abgewandelt werden konnten.
nach traditionellem islamischem Recht in
einem islamischen Staat nicht die Der "Schutzvertrag" soll für die ganze
gleichen Rechte wie die Muslime. Sie Lebenszeit gelten. "Schutzbefohlener"
gelten als "Schutzbefohlene" oder (Dhimmi) kann jeder erwachsene, freie
"Schutzberechtigte" (Ahlu-dh-Dhimma), Angehörige einer Buchreligion sein, der
d.h. dass Muslime ihnen unter bestimmten Verstand besitzt, zum Kampf fähig ist und
Bedingungen Schutz für ihr Leben und die Kopfsteuer (Dschisya) zu zahlen
ihren Besitz garantieren und gewisse vermag. Kinder, Frauen, arbeitsunfähige
Freiheiten gewähren dürfen. Auf Männer und Personen, die kein
islamischer Seite ist nur der jeweilige Einkommen haben, brauchen keine
Herrscher berechtigt, den entsprechenden Kopfsteuer zu bezahlen. Die Kopfsteuer
Schutzvertrag abzuschließen. war je nach Epoche oder Gebiet
Der Koranvers, auf den sich diese unterschiedlich hoch. Sie konnte
Regelung im wesentlichen stützt, steht in allerdings zu manchen Zeiten als so
Sure 9,29: "Kämpft gegen diejenigen, die belastend empfunden werden, dass
nicht an Allah und den Jüngsten Tag "Schutzbefohlene" es vorzogen, den Islam
glauben und nicht verbieten, was Allah anzunehmen, um von der Kopfsteuer
und sein Gesandter verboten haben, und befreit zu werden.
nicht der wahren Religion angehören - von
denen, die die Schrift erhalten haben - bis Die Gesetze, die den Dhimmi-Status
sie, sich erniedrigend, Tribut entrichten." definieren, zielen darauf ab, es den
unterworfenen Anhängern anderer
Gegen die Götzendiener (Polytheisten) Religionen unmöglich zu machen, den
sollen die Muslime nach Sure 9,5 Aufbau der islamischen Gesellschaft in
allerdings so lange kämpfen, bis jene irgendeiner Form zu behindern oder gar
getötet werden oder sich zum Islam zu gefährden.
bekehren.
Verbote und Einschränkungen
Erniedrigung
So ist es nach islamischem Gesetz den
Solange die "Schutzbefohlenen" nicht "Schutzbefohlenen" verboten, den Koran,
bereit sind, den Islam, die beste Religion Mohammed oder den Islam zu kritisieren
(Sure 3,19 und 3,110) anzunehmen, muss (vgl. das Blasphemiegesetz in Pakistan),
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einen Muslim in bezug auf seine Religion Eherecht zu. Streit gibt es über die
zu verwirren oder die Feinde der Fragen, wie zu verfahren sei, wenn ein
islamischen Welt zu unterstützen. Sie Dhimmi zum Islam übertritt, wenn
dürfen keine Positionen einnehmen, in Angehörige verschiedener nicht-
denen sie über Muslimen stehen könnten, islamischer Religionen heiraten wollen
besonders in der Regierung, im bzw. welcher Religion die aus einer
Richteramt (für das der Islam die solchen Ehe hervorgehenden Kinder
wichtigste Voraussetzung ist), im Militär angehören sollen. Auch im Rahmen des
oder als Polizisten. (Allerdings werden von Erbrechts wird den "Schutzbefohlene" eine
einigen Rechtsgelehrten den gewisse Eigenständigkeit gewährt.
"Schutzbefohlene" eigene Richter für die
Regelung "innerer Angelegenheiten" Selbst wenn den "Schutzbefohlenen" also
zugestanden.) innerhalb der islamischen Gesellschaft (in
Wenn sie auch nicht gezwungen werden, einem sehr eingeschränkten Rahmen)
den Islam anzunehmen, sollen sie jedoch "Religionsfreiheit" und die interne
(vor allem in den Städten) daran gehindert Regelung einiger rechtlicher Fragen
werden, die Kennzeichen ihres Glaubens zugestanden wird, sind sie im Grunde
zu zeigen, weil im Herrschaftsbereich des doch "Bürger zweiter Klasse" und
Islam keine Kennzeichen des Unglaubens mancherlei Diskriminierungen ausgesetzt.
geduldet werden sollen. In manchen
Gegenden war und ist es jedoch Christen Literatur: Ishak Ersen, Die Rechte und
erlaubt, ihre Kreuze zu zeigen, Glocken zu Pflichten der Juden und Christen in einem
läuten und Kirchen oder Klöster zu bauen, islamischen Staat, Licht des Lebens,
in anderen war und ist es ihnen verboten. Villach, Österreich, 1992

Auch hinsichtlich Kleidung und www.orientdienst.de


Kopfbedeckung sollten sich (z.T. bis
heute) die Angehörigen anderer
Religionen von den Muslimen
unterscheiden - damit sowohl ihr
Ungehorsam gegenüber dem Islam als
auch ihre Erniedrigung offen sichtbar
werden. Zeitweilig sollten Christen und
Juden sich durch die Farbe ihres Gürtels
als Nichtmuslime zu erkennen geben.

Freiheiten

Der Genuss von Wein und


Schweinefleisch soll den
"Schutzbefohlenen" (straffrei) erlaubt sein.
Allerdings wird ihnen in der Regel
verboten, Wein und Schweine in der
islamischen Öffentlichkeit sehen zu
lassen. Im Übrigen sollen sie jedoch - wie
die Muslime - dem islamischen Strafrecht
unterworfen sein.

Das islamische Recht gesteht den


"Schutzbefohlenen" prinzipiell ihr eigenes
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Fasten des muslimischen Mondjahres, zur


vorgeschriebenen Fastenzeit.
Das Fasten im Monat Ramadan gehört zu
den "5 Säulen" des Islam. Es ist für jeden Das Fasten beginnt mit dem Tag, an dem
erwachsenen Muslim "unbedingt geboten". die Mondsichel neu am Himmel erscheint;
Allen, die das Fastengebot bewusst nach etwa 30 Tage, mit erneutem
übertreten, wird Strafe angedroht - sofern Sichtbarwerden der Mondsichel, ist der
sie nicht eine der im Koran genannten Fastenmonat zu Ende. Es folgt das Fest
Ausnahmeregelungen für sich in Anspruch des Fastenbrechens (`id al-fitr, auch
nehmen können. "kleines Fest" oder "Zucker-Fest" -
Türkisch: Seker Beyram). - Da die
Das arabische Wort "sawm" hat die Mondmonate kürzer sind als die Monate
Grundbedeutung: "sich enthalten" - z.B. im Sonnenjahr, wandert der Ramadan in
vom Reden, Essen, Trinken, 34 Jahren einmal durch alle Jahreszeiten.
Geschlechtsverkehr.
Fastenpraxis im Monat Ramadan
Schon vor dem Auftreten Mohammeds
war auf der arabischen Halbinsel das Die Grundlage für die islamische
Fasten als religiöse Praxis bekannt. Fastenpraxis findet sich vor allem in Sure
Mohammed selber hat sich bereits vor 2,183-187. Von Sonnenaufgang bis
seiner Berufung zum "Propheten" zu Sonnenuntergang (solange man einen
Fasten und Meditation in die Wüste weißen von einem schwarzen Faden
zurückgezogen. unterscheiden kann - Sure 2,187) müssen
Muslime sich enthalten von Essen und
Als Pflicht für die Muslime wurde das Trinken und Geschlechtsverkehr; auch
Fasten erst in Medina eingeführt. Dort das Ausspülen des Mundes mit Wasser
kamen Mohammed und seine Anhänger in und das Rauchen, nach manchen
Kontakt mit Juden; Mohammed war sehr Theologen sogar das Schlucken des
interessiert an einem Bündnis mit ihnen Speichels sind verboten.
gegen die Mekkaner. Um die Juden zu Damit das Fasten als gültig anerkannt
gewinnen, hielten er und die Muslime u.a. wird, muss zu Beginn eine
mit ihnen das Aschura-Fasten (das Fasten Absichtserklärung zur Einhaltung des
am Versöhnungstag - vgl. 3. Mose 16) ein. Fastens ausgesprochen werden - wobei
Die Juden ließen sich jedoch nicht für ein umstritten ist ob nur am Anfang des
Bündnis gewinnen. Nach der Schlacht bei Fastenmonats oder täglich.
Badr, in der Mohammed einen
entscheidenden Sieg über die Mekkaner In der islamischen Welt hat das Fasten im
errungen hatte, brauchte er die Juden Ramadan starke Auswirkungen auf den
nicht mehr; das Fasten wurde nun gesamten Tagesrhythmus. Tagsüber wird
bezogen auf die Herabsendung des Koran weniger gearbeitet; die Ämter schließen
(Sure 2,185). früher. Das Leben verlagert sich mehr in
die Nächte, in denen ausgiebig gegessen
Der Fastenmonat Ramadan und getrunken wird. (In der Regel wird im
Ramadan mehr Geld für Lebensmittel
In der 27. Nacht des Monats Ramadan ausgegeben als in anderen Monaten).
(lailat al-qadr - "Nacht der Macht"; vgl.
Sure 97 und 44,3) soll Mohammed seine Ausnahmen und Ersatzleistungen
erste Offenbarung (Sure 96,1-5) durch
den Engel Gabriel empfangen haben. So Vom Fasten entbunden sind Kinder,
wurde der Monat Ramadan, der 9. Monat Kranke, Schwangere, Stillende, Greise,
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Schwerstarbeiter u.a., die durch das dienen. Sie soll den Muslimen helfen, sich
Fasten an Gesundheit und Leben nicht zu sehr an die vergängliche Welt und
Schaden nehmen würden. Auch Reisende die körperlichen Bedürfnisse zu binden.
müssen nicht fasten. Den Frauen ist Manche erwarten sich vom Fasten eine
während ihrer Periode ("Unreinheit") das Reinigung der Seele und Kraft, die Sünde
Fasten verboten. - Erwachsene müssen zu besiegen. Im Ramadan werden zudem
die entsprechende Anzahl von Tagen in besonderer Weise Koranrezitationen
möglichst bald nachholen. Es wird dargeboten, und man trifft sich zu
allerdings auch die Möglichkeit nächtlichen Gebetszeiten (tarawih) in den
eingeräumt, das Fasten durch die Moscheen.
Speisung eines Bedürftigen (Sure 2, 184)
u.ä. abzugelten. Muslime hoffen, dass sie sich durch das
Fasten große Verdienste erwerben und
Allah macht es niemandem zu schwer dass es zur Tilgung ihrer Sünden dient. -
(Sure 2, 185). Wer jedoch das Fasten Das bleibt allerdings eine vage Hoffnung.
absichtlich bricht, muss ein 60-tägiges Denn Gott ist völlig frei in seinem Richten
Sühnefasten ableisten, einen Sklaven oder Vergeben.
loskaufen oder große Almosen geben.
Wer stirbt, während er noch eine gewisse Letztlich ist das Fasten schlicht eine
Zeit fasten müsste, für den soll ein naher Pflichterfüllung: Es wird gefastet, weil Gott
Verwandter das Fasten leisten. es so will!

Zusätzliche Fastenzeiten
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Als Strafen für bestimmte Sünden können
zusätzliche Fastentage (Bußfasten)
angeordnet werden (vgl. Sure 5,98). Für
Muslime, die besonders fromm sein oder
schlechte Taten ausgleichen möchten,
gibt es die Möglichkeit, freiwillig
zusätzliche Fastenzeiten auf sich zu
nehmen; dies ist "wünschenswert" und gilt
als verdienstliches Werk. Empfohlen wird
ein zusätzliches Fasten z.B. für den
Aschura-Tag oder für sechs Tage des
Monats Shawwal, der auf den Ramadan
folgt. - An Feiertagen ist das Fasten
jedoch verpönt, am Fest des
Fastenbrechens und am Opferfest ist es
sogar verboten.

Erwartungen, die mit dem Fasten


verbunden sind

Ein rein äußerliches Fasten reicht nicht.


"Wenn jemand nicht unterlässt, das
Falsche zu bezeugen und es zu tun, so
liegt Gott nichts daran, dass er vom Essen
und Trinken absteht." (Hadith) - Die
Fastenzeit soll der religiösen Erneuerung
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Umma - die islamische Gemeinschaft Mehrheit eines Volkes jeweils neu über die
staatlichen Ordnungen entscheidet, passt
“Ihr seid die beste Gemeinschaft (arab. nicht in diese Vorstellung.
“umma”), die je unter den Menschen
hervorgebracht worden ist.” (Koran, Sure In der medinensischen Ur-Umma wurde
3,110 nach Khoury) der Wille Gottes allein durch den
Die islamische Gemeinschaft gilt laut Propheten Mohammed bekannt gemacht.
Koran als Volk, das aus allen anderen Später galten dann der Koran, die
Gemeinschaften hervorragt. Sie zu bilden Sammlung der Offenbarungen Gottes an
und zu erweitern, ist ein wichtiges Ziel des Mohammed, und die Sunna, die
Islam. Lebensweise des Propheten, wie sie in
zahlreichen Hadithen (Überlieferungen
Mohammed - Bauherr der Umma aus dem Leben Mohammeds) aufbewahrt
wurde, als Grundlage für das Leben der
Vor Mohammed waren die sozialen islamischen Gemeinschaft. Koran und
Bezüge auf der arabischen Halbinsel in Sunna wurden durch islamische
erster Linie durch die Zugehörigkeit zu Rechtsgelehrte später für viele Situationen
Stamm, Sippe und Familie geprägt. Die des privaten und staatlichen Lebens
Sippen lagen in ständiger Fehde ausgelegt und angewandt. Die Gesamtheit
miteinander. Der Aufbau eines dieser Ordnungen für das Leben der
übergeordneten schlagkräftigen Umma wird oft als “Scharia” (Gesetzt)
Gemeinwesens war dadurch unmöglich. bezeichnet.

Es ist eine wirklich erstaunliche Leistung Der Kalif als Leiter der Umma
Mohammeds, diese Gegensätze durch die
Einführung des Islam als den neuen Nach dem Tod Mohammeds wurde ein
gemeinsamen Bezugspunkt überwunden “Kalif”, d.h. ein Stellvertreter und
zu haben. Nachdem der Bußprophet im Nachfolger des “Gesandten Gottes” als
Jahre 622 n. Chr. mit seinen Anhängern Leiter der Umma eingesetzt. Über der
seine Heimatstadt Mekka verlassen Frage, wer zum Kalif ernannt werden
musste (“Hidschra”), begann er in Medina, solle, kam es schon bald zu der bis heute
wo er freundlich aufgenommen wurde, mit fortdauernden Spaltung der islamischen
dem Aufbau eines religiös-politischen Gemeinschaft in “Sunniten” und “Schiiten”.
Gemeinwesens. Diese islamische Trotz vieler Kalifen und Gegenkalifen
Gemeinschaft in Medina gilt Muslimen bis sowie oftmaliger machtpolitischer
heute als Ur- und Idealbild der Umma. Bedeutungslosigkeit dieses Amtes, gab es
Schon zu Lebzeiten des Propheten das Kalifat bis zum Jahr 1924, als Atatürk,
wurden durch Überzeugung oder Zwang der Gründer der modernen Türkei, den
zahlreiche arabische Stämme geeint und osmanischen Kalifen in Istanbul für
in eine geordnete Gemeinschaft unter abgesetzt erklärte.
Führung Mohammeds eingefügt.
Die Idee des Kalifats und die Hoffnung auf
Die Umma als Theokratie seine Erneuerung schwingt aber auch
heute in vielen Ideologien islamischer
Nach islamischer Idealvorstellung gilt in Bewegungen mit. Das hängt vor allem
der Gemeinschaft der Muslime damit zusammen, dass das Kalifat ein
unumschränkt der Wille Gottes. Religion, Symbol der weltweiten islamischen Einheit
Staat, ja die ganze Lebenswirklichkeit wird ist.
von Gottes Verordnungen bestimmt.
Demokratie in dem Sinne, dass die Die Einheit der Umma
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des Islam, die in Leben und Lehre zum


Die starke Betonung der Einheit Gottes im Teil stark voneinander abweichen. Erst
Islam hat auch Auswirkungen auf sein recht ist die politische Einheit des Islam
Konzept von der Einheit der Umma. weit von ihrer Verwirklichung entfernt.
Mohammed hat sich vermutlich anfangs Islamisch geprägte Nachbarstaaten (vgl.
nur als Prophet der Araber verstanden. Iran/Irak, Türkei/Syrien) können die
Später beanspruchte er jedoch für seine erbittertsten Feinde sein.
Botschaft universale Gültigkeit. Muslime
sind heute stolz darauf, dass der Die Ausbreitung der Umma
islamische Glaube die Grenzen von
Nationen, Rassen und gesellschaftlichen Trotzdem wirkt die Vorstellung von der
Klassen überwinde. Im Islam stehe jeder Einheit der islamischen Gemeinschaft als
Mensch in der gleichen Stellung vor Gott. Idealbild und Motivation fort. Damit hängt
Oft wird der Islam in diesem auch der Gedanke zusammen, dass der
Zusammenhang auch als die Alternative Muslim zur Ausbreitung dieser
über den Gegensätzen von Gemeinschaft verpflichtet sei. Die Gebiete
Kommunismus und Kapitalismus dieser Erde, wo die islamische Ordnung
dargestellt. Hervorgehoben wird auch, herrscht, werden oft als “Haus des Islam”
dass es im Islam keinen Klerus gebe, eine bezeichnet. Länder, in denen die
“geistliche Klasse”, die in einer göttlichen Gesetze nicht anerkannt
besonderen Mittlerstellung zwischen Gott werden, gehören zum “Haus des Krieges”.
und Menschen steht. Der Vorbeter einer Die islamische Umma ist dazu aufgerufen,
Moschee erfüllt zwar eine leitende den Herrschaftsbereich Gottes
Funktion, erhält aber nicht eine Weihe, die auszudehnen.
ihn über die Mitmuslime herausheben
würde. Eintritt und Austritt

Die weltweite Einheit aller Muslime kommt Mitglied der Umma werden Kinder von
besonders in den geforderten religiösen Muslimen mit der Geburt. Durch
Handlungen (“5 Säulen”) zum Ausdruck. Unterweisung werden sie in die
Das für alle gleichlautende Bekenntnis, Ordnungen der Gemeinschaft eingeführt.
einheitlicher Gebetsritus oder die gleichen Nichtmuslime treten der Umma bei, indem
Pilgergewänder und die gleichen sie vor zwei muslimischen Zeugen das
Zeremonien für jeden Mekkapilger fördern Glaubensbekenntnis auf Arabisch
das Bewusstsein einer muslimischen aufsagen.
Zusammengehörigkeit. Auch der
verbindliche Gebrauch der arabischen Der Austritt aus der islamischen
Sprache bei allen religiösen Handlungen Glaubensgemeinschaft ist nicht
hat zur Einheit von Muslimen, ja zu einer vorgesehen. Da die Umma auch eine
gewissen “Vereinheitlichung” von Kulturen politische Gemeinschaft ist, gilt Abfall vom
geführt. Ein überzeugter Muslim wird der Islam als Hochverrat, der nach der
islamischen Umma gegenüber eine Lehrmeinung der wichtigen islamischen
höhere Loyalität verspüren als dem Rechtsschulen mit dem Tode zu bestrafen
eigenen Staat gegenüber. ist.

Die Idealvorstellung von der Einheit der www.orientdienst.de


Muslime als Abbild der Einheit Gottes
wurde und wird von der Wirklichkeit stark
in Frage gestellt. Es gibt heute zahlreiche
Schulen, Gruppen und Sekten im Raum
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Abfall vom Islam (Irtidad) Frist eingeräumt werden müsse, den


Islam wieder anzunehmen, gibt es
In modernen islamischen unterschiedliche Aussagen in den
"Menschenrechtserklärungen" ist unter Hadithen.
anderem von Religionsfreiheit die Rede.
Bedeutet das aber, dass einem Muslim In den islamischen Rechtsschulen
das Recht eingeräumt wird, sich vom
Islam abzuwenden, um religionslos zu Ausgehend von Koran und Hadith und
leben oder eine andere Religion ihrer Auslegung wurde das islamische
anzunehmen? - Im traditionellen Islam Recht entwickelt. Die vier sunnitischen
wird einem Muslim dieses Recht Rechtsschulen und das schiitische Recht
bestritten. sind sich im wesentlichen darin einig, dass
ein Muslim, der vom Islam abfällt, getötet
Im Koran werden müsse. - Als Abfall vom Islam wird
gewöhnlich angesehen, wenn ein Muslim
Verschiedene Koranstellen beziehen sich das islamische Glaubensbekenntnis
auf den Abfall vom Islam, z.B. Sure 88, leugnet oder auch, wenn er grundlegende
23+24: "Wer sich aber abkehrt und islamische Verpflichtungen oder Verbote
ungläubig bleibt, den peinigt Gott mit der ablehnt bzw. den Koran schändet.
größten Pein." (vgl. außerdem S 16,106-
109; 3,86-91; 4,137; 2,217) Hier wird Die Ehe eines Abgefallenen wird als
Menschen, die Muslime waren und sich aufgelöst erklärt und sein Besitz enteignet.
dann wieder vom Islam abgewandt haben, - Unterschiedliche Auffassungen bestehen
das Strafgericht Gottes angekündigt. hinsichtlich der Fragen, ob weibliche
Darüber, wie die muslimische Abgefallene ebenfalls Getötet oder
Gemeinschaft mit einem Abgefallenen lebenslänglich gefangengehalten (und
verfahren solle, wird nichts gesagt. Viele evtl. häufig gezüchtigt) werden sollten und
Korankommentatoren haben allerdings ob der Hinrichtung eines Abgefallenen
aus diesen Versen herausgelesen, dass eine Frist (in der Regel von drei Tagen)
jemand, der vom Islam abfällt, getötet vorausgehen müsse, in der ihm die
werden solle. (Sure 4,88+89 spricht Möglichkeit eingeräumt wird, zum Islam
davon, dass "Heuchler" bekämpft und zurückzukehren. - Geisteskranke gelten
getötet werden sollen, die allerdings wohl als nicht verantwortlich für ihre Tat.
für die Muslime in Medina eine politische Rechtfertigung der Tötung
Gefahr darstellten.)
Bis in die heutige Zeit rechtfertigen
Im Hadith muslimische Gelehrte die Auffassung,
Im Hadith finden sich Berichte, dass dass Abgefallene vom Islam getötet
Mohammed die Hinrichtung von werden müssten. In der Regel begründen
Personen, die sich vom Islam abgewandt sie dies mit dem Hinweis, dass in allen
hatten, befohlen habe und dass er gesagt ("gesunden") Staaten Hochverrat und
habe: "Das Blut eines Muslims darf nur in Rebellion mit dem Tod bestraft würden.
drei Fällen legitimer weise vergossen Der Islam ist nicht lediglich eine
werden: wenn es um einen älteren persönliche religiöse Auffassung, sondern
Ehebrecher geht, als Strafe für einen ein politischrechtliches System, das alle
Mord und bei demjenigen, der von seiner Lebensbereiche umfasst. Deshalb sei
Religion abfällt und seine Gemeinschaft Abfall vom Islam nicht nur ein rein privater
verlässt." (Buchari und Muslim - nach Adel Religionswechsel, sondern Auflehnung
Theodor Khoury, Der Koran, S. 549) - Zur gegen die islamische Ordnung - und damit
Frage, ob einem Abgefallenen noch eine zugleich Rebellion gegen die
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Verwirklichung der Herrschaft Gottes auf Unterscheidung in das islamische Recht


der Erde. Auf solchen Verrat könne die eingeführt würde - auch um all derer
islamische Gemeinschaft nur mit willen, die wegen ihres Glaubens an Jesus
härtesten Strafen antworten. Christus den Islam verlassen haben, ohne
deshalb Feinde ihrer muslimischen
Die gegenwärtige Praxis Mitbürger zu werden oder ihrem Staat die
Loyalität aufzukündigen.
In islamischen Staaten werden
gegenwärtig nur selten Menschen offiziell Solange das islamische Recht jeden
wegen "Abfall vom Islam" zum Tode Muslim, der aus Gründen persönlicher
verurteilt. Manche werden wegen anderer Überzeugung sich vom Islam abwendet,
Vergehen angeklagt und hingerichtet, z.B. mit dem Tod bedroht, wird jedenfalls der
Bahai-Anhänger im Iran wegen "Verrat" Islam nicht zu Recht den Anspruch
oder "Spionage für Israel". Einzelne erheben können, eine tolerante Religion
Konvertiten (wie Mehdi Dibaj im Iran) zu sein.
wurden jahrelang inhaftiert, dann
freigelassen - und einige Zeit später www.orientdienst.de
ermordet aufgefunden.

Auch in islamischen Ländern, deren


Gesetze keine Strafen für den Abfall vom
Islam vorsehen, geschieht es hier und da,
dass Muslime, die einen anderen Glauben
annehmen, von ihren Angehörigen oder
anderen Mitgliedern der Gemeinschaft
getötet werden. Es gibt allerdings auch
Länder, in denen Muslime ohne staatliche
Bedrohung und gesellschaftlichen Druck
sich vom Islam abwenden können - und
Familien, die ihren Angehörigen einen
gewissen Schutz gewähren. Von
"Sicherheit" für Abgefallene kann jedoch
fast nirgends die Rede sein. In
muslimischer Umgebung leben sie in
einem Status von Rechtsunsicherheit oder
Rechtlosigkeit.

Neues Nachdenken?

In der islamischen Welt gibt es vereinzelte


Stimmen, die sich dafür aussprechen,
über die Frage des Abfalls vom Islam
noch einmal neu nachzudenken. Sie
weisen darauf hin, dass es einen
Unterschied gebe zwischen einem
Religionswechsel aus persönlicher
Überzeugung und einem Abfall vom Islam,
der mit politischen Angriffen auf die
islamische Gemeinschaft verknüpft werde.
- Es wäre sehr zu wünschen, dass diese
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Die Engel war hochmütig. Er gehörte nämlich zu den


Ungläubigen. (S 2,34; 38,74) - Hier klingt
Arabisch: Mala'ika (pl.), Malak (sg.) es so, als ob der "Satan" ursprünglich
einer der Engel gewesen sei; es gibt aber
Der Glaube an die Engel gehört zu den Muslime, die bestreiten, dass es im Islam
grundlegenden Verpflichtungen der "gefallene Engel” gebe.
Muslime: "Wer an Gott, seine Engel, seine
Schriften, seine Gesandten und den Bekannt sind vor allem die vier höchsten
jüngsten Tag nicht glaubt, ist (damit vom und mächtigsten Engel, die allen anderen
rechten Weg) weit abgeirrt." (Sure 4,136; die Befehle Gottes weitergeben. - Von
eine ähnliche Aufzählung: Sure 2,285) ihnen werden allerdings nur Dschibril und
Mikail im Koran namentlich erwähnt (S
Den Engeln kommt im Islam eine große 2,97+98):
Bedeutung zu, weil nur durch sie die
göttlichen Offenbarungen den Propheten Dschibril (Gabriel), der oberste Engel,
übermittelt wurden. Ihre Existenz zu überbringt den Propheten die göttlichen
leugnen, wäre zugleich die Ablehnung der Offenbarungen. Er wurde auch zu
Propheten, der ihnen überbrachten Mohammed gesandt, um ihm den Koran
Bücher und damit auch der von ihnen zu offenbaren. - Wenn im Koran der
verkündeten Religion. "Geist Gottes" (z.B. Sure 19,17) erwähnt
wird, beziehen viele Ausleger diese
Die Engel wurden vor den Menschen Aussagen auf den Engel Gabriel.
erschaffen (Sure 38,71-73) - nach dem
Hadith aus göttlichem Licht (Nur). In Mikail (Michael) ist verantwortlich für die
dieser Gestalt können nur die Propheten Vorgänge in der Natur (Regen, Wind etc.)
sie sehen. Sie können aber nach Gottes und die Versorgung der Menschen mit
Befehl auch Menschengestalt und andere ihrem Lebensunterhalt.
Formen annehmen. Besonders in Israfil eröffnet den Tag des Gerichts,
Menschengestalt sind sie verschiedenen indem er in die Posaune stößt; mit dem
Menschen erschienen, z.B. Abraham, Lot, zweiten Posaunenstoß bewirkt er die
Zacharias und Maria. allgemeine Auferstehung.
Es gibt unzählig viele Engel. Sie essen,
trinken und schlafen nicht und sind weder Azrail ruft im Auftrag Gottes die Seelen
männlich noch weiblich. Am Tag des der Menschen ab, wenn ihre Todesstunde
Gerichts werden die meisten von ihnen da ist.
wie die Menschen sterben, nach dem
zweiten Posaunenton aber wieder Außerdem kommt folgenden Engeln eine
auferweckt, um ihren Auftrag zu erfüllen. wichtige Bedeutung zu:

Sie sind sündlos und ohne Neigung zum Die Thronengel tragen den Thron Gottes;
Bösen. Sie fürchten ihren Schöpfer (S am Tag des Gerichts werden es acht sein
16,50), preisen ihn unablässig bei Tag und (S 69,17).
Nacht (S 21,20) und vollbringen alles, was
ihnen befohlen wird (S 66,6). Sie Die "ehrenhaften Schreiber" (Kiraman
bezeugen wie Gott selber, dass es keinen Katibin - S 82,11+12 ): Jeder Mensch wird
Gott gibt außer ihm (3,18). - Als nach der von zwei Engeln begleitet: Der an seiner
Erschaffung des Menschen Gott zu den rechten Seite schreibt alle seine guten
Engeln sagte: "Werft euch vor Adam Worte und Taten auf, der an seiner linken
nieder!", warfen sie sich alle nieder, außer alles Schlechte (S 50,17-12). Diese
Iblis (dem Satan). Der weigerte sich und Verzeichnisse der guten und bösen Taten
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werden den Menschen am Tag des Geisteswesen, die weder den Menschen
Gerichts vorgelegt, und die Abrechnung noch den Engeln zuzuordnen sind.
erfolgt nach diesen Büchern. Vorislamischer Glaube
In der Vorstellungswelt der Araber vor
Die Grabengel Munkar und Nakir befragen Mohammed waren Dschinn Wüstengeister
jeden Verstorbenen im Grab nach seinem (Nymphen, Satyrn). Aus einigen
Herrn (Gott), seinem Propheten und Koranstellen (37,158; 6,128; 72,6) lässt
seiner Religion und peinigen diejenigen, sich rückschließen, dass die Mekkaner die
die nicht die richtigen Antworten wissen, Dschinn als Verwandte Gottes sahen,
d.h. sich nicht zum Islam bekennen. Oft ihnen opferten und von ihnen Hilfe
flüstern daher Angehörige den Sterbenden erwarteten.
das Glaubensbekenntnis sowie die
Antworten auf diese Fragen ins Ohr. Koranische Aussagen
Laut Koran wurden die Dschinn von Gott
Die Paradies- und Höllenengel sind aus Feuer geschaffen (55,15). Sie werden
Wächter des Paradieses und der Hölle. damit von den aus Ton geschaffenen
Die Paradiesengel dienen den Gläubigen Menschen und den aus Licht
und schließen mit ihnen Freundschaft. Die geschaffenen Engeln und Satanen
Engel, die als Wächter über das (Dämonen) unterschieden. Die Frage ob
Höllenfeuer eingesetzt sind (S 74,31), der Teufel (“Iblis”) den Engeln oder den
fügen den Höllenbewohnern Qualen zu Dschinn zuzuordnen sei, wird im Koran
(vgl. Sure 43,74-77). nicht eindeutig beantwortet. In Sure 18,50
wird von ihm behauptet: “Er gehörte zu
Helfende Engel unterstützen die den Dschinn”. An anderen Stellen (2,34;
Gläubigen am Tag der Not. In der 7,11ff; 15,28-33 u.a.) wird er offensichtlich
Schlacht von Badr verhalfen sie den unter die Engel eingereiht.
Muslimen zum Sieg Gegen die
zahlenmäßig weit überlegenen Mekkaner Die Dschinn wurden wie die Menschen
(S 8,9 + 12). Auch Schutzengel erwähnt geschaffen, Gott zu dienen (51,56).
der Koran (S 6,61; 13,11; 82,10). Deshalb sendet Gott auch zu ihnen
Gesandte “aus ihrer Mitte”, um sie vor
In Sure 2,102 werden Harut und Marut als dem Gericht zu warnen (6,130).
"Engel" erwähnt; manche Koranausleger Ausführlich wird in Sure 72 (der Titel
verstehen das Wort hier aber in dieser Sure ist “Die Dschinn”) geschildert,
übertragenem Sinn und sehen in ihnen wie auch eine Schar Dschinn der
eher zwei Menschen mit guten Verkündigung Mohammeds zuhört und
Eigenschaften, Wissen und Macht. einige von ihnen zu Muslimen werden (vgl.
auch 46,29-31).
Gläubige Muslime rechnen damit,
ununterbrochen von den Engeln Gottes Laut Koran gibt es also gute und böse,
umgeben zu sein - zur Hilfe, zum Schutz, gottlose und fromme Dschinn. Die bösen
aber auch zur Kontrolle. Zugleich sind sie Dschinn können dem Menschen schaden
überzeugt von der Gegenwart anderer (114,6). Ein anderer Dschinn hingegen
Geister, der Dschinn. (s. Minikurs "Die bietet dem König Salomo seine
Dschinn" in diesem Heft) magischen Kräfte zur Hilfe an (27,39; in
27,17 werden die Dschinn zu den
Die Dschinn “Truppen Salomos” gezählt).

Nach islamischer Auffassung sind Dschinn in der islamischen Theologie


Dschinn (Pluralwort) intelligente Die maßgeblichen islamischen Theologen
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gehen bis heute selbstverständlich von Ausspruch “bismillah” (“im Namen Allahs”)
der Existenz der Dschinn aus. Die vor jeder Aktivität gehören. Unglück und
Rechtswissenschaft diskutierte mit großer Probleme werden leicht als Folge
Ernsthaftigkeit die möglichen Beziehungen feindlicher Aktivitäten von Dschinn
zwischen Menschen und Dschinn bis hin gedeutet. Eheschwierigkeiten können
zu der Frage, wie Kinder aus sexuellem damit erklärt werden, dass einer der
Verkehr zwischen Mensch und Dschinn Partner einen Dschinn verärgert hat oder
rechtlich gestellt seien. aber dadurch, dass ein Dschinn etwa auf
die Frau ein Auge geworfen hat.
Es gibt nur einzelne Stimmen, die die
offizielle Lehre von den Dschinn Andererseits versucht man mit Hilfe
bezweifeln. Während der mittelalterliche magischer Praktiken, die guten Dschinn
Philosoph Ibn Sina ihre Existenz für die eigenen Zwecke einzuspannen.
schlichtweg bestritt, versuchen heutige Meist geschieht das über Personen, die
modernistische Koranausleger die sich besonders darauf verstehen. Über
Aussagen des Koran als frühen Hinweis diese Dienste der “guten Geister” gibt es
auf Mikroben und Bazillen zu deuten. zahlreiche Berichte. Über die Märchen aus
Andere sehen in den Dschinn “verborgene “1001 Nacht” (Aladins Wunderlampe u.a.)
Qualitäten oder Fähigkeiten von sind die nützlichen Dschinn auch tief in
Menschen”. Solche Gedanken haben aber das westliche Bewußtsein vorgedrungen
weder im Volk noch in der Theologie weite und spiegeln sich etwa in
Verbreitung gefunden. Flaschengeistern in Fernsehserien
(“Bezaubernde Jeanny”) wieder.
Dschinn im Volksislam
Als der Islam sich schnell über Länder und Sicht der Bibel
Kontinente auszubreiten begann, Die Bibel weiß von unsichtbaren
erleichterte es die Aufnahme der Dschinn Geisteswesen. Sie lehrt jedoch nichts über
in den Koran, dass die verschiedensten Geister, die jederzeit zwischen gut und
vorislamischen Götzen, Geister und böse schwanken können. Während die
Vorstellungen in den neuen Glauben Engel ausdrücklich im Dienst Gottes
mithineingenommen werden konnten. stehen, sind die bösen Geister oder
Unter dem Begriff Dschinn wurden so in Dämonen im Dienst des Teufels an der
den verschiedensten Formen je nach Verführung und Zerstörung des Menschen
Region die alten heidnischen und interessiert. Abgesehen von eingebildeten
animistischen Bräuche weitergepflegt. und übertriebenen Geschichten - wo
Menschen von Dschinn beeinflusst
Die Dschinn gelten als unsichtbare werden oder versuchen, diese Geister für
Geistwesen, die aber dem Menschen in die eigenen Zwecke zu gebrauchen, gibt
unterschiedlicher Gestalt (schwarze es nur ein biblisches Deutungsmuster:
Katze, Ziege, riesenhafter Mensch...) Hier geraten Menschen in den
erscheinen können. Es gibt Einflussbereich und unter die Macht von
verschiedenste Verhaltensmaßregeln Dämonen und brauchen die Befreiung
dafür, wie man es vermeiden kann, die durch Jesus Christus.
Dschinn zu stören oder zu verärgern und
damit gegen sich aufzubringen (meiden www.orientdienst.de
bestimmter Orte wie Toiletten oder
Müllplätze oder Tageszeiten, wie der
Nacht; nicht direkt über die Dämonen
sprechen...). Zu den
Vorsichtsmaßnahmen kann auch der
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Die Kreuzigung Jesu in islamischer der Vers bedeuten, dass die Juden zwar
Sicht planten, Jesus zu kreuzigen, aber "es
erschien ihnen nur so, als ob" eine
Bei der Beurteilung der Kreuzigung Jesu Kreuzigung Jesu stattgefunden hätte.
ergeben sich zwischen Islam und Manche muslimischen Ausleger haben mit
christlichem Glauben besonders große Rückgriff auf die historisch-kritische
Differenzen. Während die Bibel Bibelauslegung vertreten, dass Jesus
Kreuzigung und Auferstehung, also das aufgrund der in der Bibel berichteten
Erlösungs- und Versöhnungswerk Jesu, Finsternis und des Erdbebens der
als Zentrum des christlichen Glaubens Hinrichtung entging und von Gott
auffasst (s. etwa 1. Kor 15,12ff.), spielt rechtzeitig in den Himmel erhoben wurde.
das Ereignis im Koran nur eine sehr
untergeordnete Rolle. Der Koran enthält 2. Jesus wurde zwar gekreuzigt, aber auf
nur einen einzigen Vers zur Kreuzigung, Gottes Ratschluss hin, nicht aufgrund der
der zudem sehr schwer zu deuten ist und Pläne der Juden: Man könnte vom
daher von muslimischen Theologen Wortlaut auch annehmen, dass Jesus
unterschiedlich ausgelegt wurde. Bei allen zwar gekreuzigt wurde, aber nicht, weil die
Differenzen ist sich die muslimische Juden dies beabsichtigten, sondern
Theologie jedoch darin einig, dass die letzten Endes, weil Gott es so
Kreuzigung Jesu, so wie die Evangelien beschlossen hatte. Die Betonung wäre
sie berichten, keinesfalls stattgefunden dann: "Sie haben ihn nicht getötet"
haben kann. (sondern Gott war der Verursacher seines
Todes). Allerdings ist diese Meinung in der
Der Koran über die Kreuzigung muslimischen Theologie heute eine
Außenseiterposition.
Sure 4, 157+158 sagt über die Juden (Die
Texte in Klammern sind Hinzufügungen 3. Ein anderer wurde an Jesu Stelle
des Übersetzers ): "... und (weil sie) gekreuzigt: Dann würde man auslegen:
sagten: 'Wir haben Christus Jesus, den "Er, Jesus, erschien ihnen so, als ob er
Sohn der Maria und Gesandten Gottes, gekreuzigt wurde," was bedeutete, dass
getötet.'- Aber sie haben ihn (in Jesus selbst nicht gekreuzigt wurde,
Wirklichkeit) nicht getötet und (auch) nicht sondern ein anderer entweder
Gekreuzigt. Vielmehr erschien ihnen (ein unabsichtlich mit Jesus verwechselt wurde
anderer) ähnlich (so dass sie ihn mit (so etwa Muhammad Taufîq Sidqî oder
Jesus verwechselten und töteten) ... Und der schiitische Theologe Muhammad
sie haben ihn nicht mit Gewissheit getötet Husain Tabâtabâ'î) oder dass Gott einen
(d. h. sie können nicht mit Gewissheit anderen Menschen in Jesus verwandelte,
sagen, dass sie ihn getötet haben). Nein, der dann an seiner Stelle Gekreuzigt
Gott hat ihn zu sich (in den Himmel) wurde.
erhoben” (Paret-Übersetzung). Diese Deutung wird heute in der
Interessanterweise geht der Koran auf die islamischen Welt wohl am häufigsten
Bedeutung der Kreuzigung als vertreten. Wer an Jesu Stelle gekreuzigt
Erlösungstat überhaupt nicht ein. wurde, darüber gibt es wiederum
Der Vers in Sure 4,157-158 ist nun im zahlreiche Ansichten; meist wird jedoch
Arabischen so vieldeutig, dass Judas als der genannt, der die Strafe der
muslimische Theologen - vor allem ab Kreuzigung für seinen Verrat verdient
dem 19. Jahrhundert - mehrere hatte. Das ist auch die Auffassung des
Auslegungen erwogen haben: sogenannten "Barnabasevangeliums",
einer europäischen Evangelienfälschung
1. Niemand wurde gekreuzigt: Dann würde aus der Zeit des 14.-16. Jahrhunderts, das
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den Anspruch erhebt, das einzige wahre so geachteten Propheten nicht zu,
Evangelium von Jesus Christus zu sein, sondern nur einem Frevler oder
aber pointiert biblische Lehren bekämpft Verbrecher.
und viele muslimische Auffassungen
vertritt. Darüber hinaus haben 3. Auch die Bibel stütze die Kreuzigung
muslimische Theologen auch viele andere nicht: Muslimische Theologen haben vor
Theorien über das 'Kreuzigungsopfer' allem ab dem 19. Jahrhundert
vertreten, so z. B., dass sich Petrus, europäische Vertreter der
freiwillig als 'Ersatz' gemeldet habe, als historischkritischen Bibelauslegung als
Jesus ihm dafür das Paradies 'Beweislieferanten' für ihre Auffassung von
versprochen habe. Ebenso werden Simon der Unglaubwürdigkeit der Kreuzigung
von Kyrene, der das Kreuz trug, erwogen, herangezogen.
sowie ein Wächter Jesu oder ein Mensch,
den Gott in diesem Moment erschuf, der 4. Die Kreuzigung und stellvertretende
Satan, Jesus Barabbas, ein jüdischer Erlösung seien intellektueller Unsinn:Der
Rabbi oder ein römischer Soldat. Gedanke, dass der Tod eines Menschen
In der Neuzeit überwiegt in der (und so beschreibt der Koran Jesus) für
muslimischen Koranauslegung auf jeden einen anderen Menschen irgendetwas
Fall die 'Substitutionstheorie', also die bewirken könnte, ist mit dem
Auffassung von einem 'Ersatz', der an menschlichen Verstand nicht zu
Jesu Stelle gekreuzigt, aber aufgrund der vereinbaren. Dass Jesus als Unschuldiger
von Gott bewirkten 'Ähnlichkeit' für Jesus litt, macht die Sache noch
gehalten wurde, so dass die 'unglaubwürdiger'.
Umstehenden der Meinung waren, sie
hätten Jesus selbst Gekreuzigt. Dann sei 5. Die Vorstellung der Kreuzigung stamme
Jesus mit dem Geist oder mit Körper und aus den heidnischen Religionen:
Geist lebendig in den Himmel Bedeutende muslimische Apologeten wie
aufgenommen worden. der Kairiner Religionswissenschaftler und
Jurist Muhammad Ab Zahra (1898-1974)
Muslimische Argumente gegen die oder der in Cambridge promovierte
Kreuzigung Historiker und ägyptische
Religionswissenschaftler Ahmad Shalabî
Obwohl die genaue Bedeutung des haben argumentiert, dass Lehren wie die
koranischen Kreuzigungsverses letztlich Dreieinigkeit, Gottessohnschaft und
dunkel bleiben muss, haben die meisten Erlösung keine ursprünglichen Lehren des
islamischen Theologen den Vers als klare Christentums seien, sondern erst von
Negation der Kreuzigung Jesu Paulus, dem 'Verderber des
verstanden. Denn gegen die Kreuzigung Christentums', nach Jesu Tod aus dem
sprächen auch folgende Argumente: römisch-heidnischen Umfeld und aus den
Religionen Tibets, Nepals oder Indiens ins
1. Kreuzigung bedeute Niederlage: Damit Christentum übernommen wurden.
wäre das Scheitern der Mission Jesu www.orientdienst.de
erwiesen: Von den Jüngern verlassen, von
Judas verraten, von Petrus verleugnet,
stirbt Jesus ohne sichtbaren Erfolg vieler
Bekehrungen oder der Errichtung eines
Weltreiches.

2. Kreuzigung bedeute Schmach: Die


Hinrichtung Jesu am Kreuz käme einem
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Die Geburt Jesu nach dem Koran diesem sagte Gott nur: "Sei!" und da war
er.
"Jesus Christus ... geboren von der
Jungfrau Maria" - diese Worte des Die Jungfrauengeburt ist nach dem Koran
Apostolischen Glaubensbekenntnisses lediglich eine Demonstration der Macht
unterstreicht der Koran in seinen Gottes. Sie ist nicht ein zeichenhafter
Aussagen über die Geburt Jesu ganz Hinweis auf einen besonderen, für
deutlich. menschliche Sinne nicht wahrnehmbaren
Vorgang von heilsgeschichtlicher
In Sure 3,45-49 sowie in Sure 19, 16-21 Bedeutung: dass das ewige Wort Gottes
lesen wir, wie der Koran die Ankündigung "Fleisch" wird (Joh 1,14); dass der Sohn
der Geburt Jesu darstellt; was er über die Gottes, der von Ewigkeit her in göttlicher
Geburt selber zu sagen weiß, finden wir in Gestalt war, menschliche Gestalt annimmt
Sure 19, 22-35. - In unserer Darstellung (Phil 2,6+7).
folgen wir Sure 19,16-35.
"An einem fernen Ort"
Sohn der Jungfrau Maria
Vor der Geburt zieht Maria sich "an einen
Maria hat sich von ihrer Familie fernen Ort" (S 19,16) zurück. Näheres
zurückgezogen; da sendet Gott einen wird nicht darüber gesagt, wo Jesus zur
Engel (wörtlich: "unseren Geist"; in Sure Welt kam. Für den Koran spielt Bethlehem
3,45 sind es mehrere Engel) zu ihr in als "Stadt Davids" (Lk 2,11) und als Ort
Gestalt eines Mannes, der sich ihr als der göttlichen Verheißung (Mt 2,5f / Micha
Gesandter Gottes vorstellt und ihr die 5,1) keine Rolle.
Geburt eines "lauteren Jungen" ankündigt.
Ähnlich wie im Neuen Testament fragt Hilfe für Maria
Maria: "Wie sollte ich einen Jungen Als Maria Jesus zur Welt bringt, ist sie mit
bekommen, wo mich kein Mann berührt ihren Geburtsschmerzen und ihrer
hat?" Sie erhält die Antwort: "Dein Herr Verzweiflung allein (19,23). Doch eine
sagt: Es fällt mir leicht" - Wenn Gott etwas Stimme ruft ihr zu, dass ihr Herr ein
beschlossen hat, kann er es auch Rinnsal mit Wasser für sie vorbereitet
ausführen. habe und dass sie sich mit frischem reifen
Datteln der Palme stärken solle, unter die
Jesus wird im Koran als "Sohn der Maria" sie sich geflüchtet hatte.
bezeichnet, um zu betonen, dass er
keinen menschlichen Vater hat, sondern Joseph, der Verlobte Marias, wird im
einem Wunder Gottes sein Leben Koran überhaupt nicht erwähnt. Er ist nicht
verdankt. bei ihr zur Zeit der Geburt. Er wird auch
nicht durch einen Engel über das
Geschöpf Gottes Geheimnis der Geburt Jesu unterrichtet
und kann daher Maria auch nicht in
In Sure 3,47 wird das noch deutlicher Schutz nehmen kann vor der
ausgedrückt: "Das ist Gottes Art. Er Verdächtigung ihrer Umgebung.
schafft, was er will. Wenn er eine Sache
beschlossen hat, sagt er zu ihr nur: sei!, Nach dem Koran muss Maria sich allein
dann ist sie." - Durch das Wort des dem Verdacht seitens ihrer
allmächtigen Schöpfers wird in Maria ein Verwandtschaft aussetzen, sie sei durch
menschliches Wesen geschaffen. Sure Hurerei schwanger geworden. Als sie mit
3,59 betont, dass es sich mit Jesus dem Säugling auf dem Arm zu ihrer
ähnlich verhält wie mit Adam; auch zu Familie kommt, wird sie entsetzt
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angesprochen und beschuldigt Sterndeuter aus dem Osten) etwas über


(19,27+28): "Maria! Da hast du etwas die Bedeutung dieses Kindes und
Unerhörtes begangen. Schwester Aarons! kommen, um es anzusehen (Lk 2,15) und
Dein Vater war doch kein schlechter Kerl ihm zu huldigen (Mt 2,2+11).
(w. Mann) und deine Mutter keine Hure." -
Auch in dieser Schwierigkeit erfährt sie Während der Koran vom wunderbaren
göttliche Hilfe: Reden Jesu in der Wiege erzählt, ist das
Kind Jesus nach dem Zeugnis des Neuen
Der sprechende Säugling Testaments äußerlich durch nichts von
anderen Kindern zu unterscheiden. Was
Maria weist hin auf das Kind, und Jesus das Neue Testament allerdings über die
beginnt (wie in Sure 3,46 angekündigt) zu Herkunft und Bedeutung Jesu sagt, davon
ihnen zu reden. - Durch dieses Wunder weiß der Koran nichts oder er bestreitet
wird die Reinheit Marias bestätigt, ihre es: Trotz aller Wunder im Zusammenhang
Ehre verteidigt und das Wunder der mit seiner Geburt ist Jesus im Koran
Jungfrauen-Geburt allen offenbar weder "das Ebenbild des unsichtbaren
gemacht. Gottes" (Kol 1,15) noch der "Retter" (Lk
2,11) für Sünder.
Was der neugeborene Jesusknabe sagt,
liegt ganz auf der Linie dessen, was der www.orientdienst.de
Koran insgesamt über Jesus lehrt:
a) er ist Knecht Gottes, nicht etwa Sohn
Gottes;
b) er hat von Gott ein Buch, eine
Offenbarungsschrift empfangen, ist also
einer von den bedeutenden Propheten;
c) er hat rituelle Gebote (Ritualgebet und
Almosensteuer) einzuhalten und zu
verkünden.

Abwehr der Gottessohnschaft

Der Gedanke der Gottessohnschaft Jesu


wird in diesem Zusammenhang (19,35)
noch einmal ganz deutlich
zurückgewiesen: "Es steht Gott nicht an,
sich irgendein Kind zuzulegen."
Unausgesprochen steht hinter dieser
Formulierung das Missverständnis, wer
von Gottes Vaterschaft rede, meine eine
geschlechtliche Zeugung.

Der "größere" Jesus?


Im Vergleich mit der koranischen
Darstellung fällt auf, wie wenig
Spektakuläres im Neuen Testament über
den eigentlichen Vorgang der Geburt Jesu
berichtet wird (Lk 2,6f / Mt 1,25).
Andererseits erfahren Außenstehende (in
Lk 2, 8-20 die Hirten, in Mt 2,1-12 die
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"Haus des Krieges" (dar al-harb) - die für die »Kampfpausen«)” kannte (Erwin
nicht-islamische Welt Gräf und Hilmar Krüger, Artikel
"Völkerrecht" in: Lexikon der islamischen
Nach islamischer Auffassung hat Gott als Welt, Stuttgart Berlin Köln 1992, S. 276f).
Schöpfer und Herr der Welt den Islam, wie "Im klassischen Islam gibt es also nur
Mohammed ihn gelehrt und praktiziert hat, islamische Normen für das Verhältnis des
als die eine, wahre und unverfälschte islamischen Staates zu nichtislamischen
Religion anerkannt (Sure 3,19; 5, 3). Der Individuen und Staaten mit dem Ziel ihrer
Islam ist die ursprüngliche, Unterwerfung und ihrer An- bzw.
schöpfungsgemäße Religion der ganzen Eingliederung in die umma." (a.a.O., S.
Menschheit (Sure 30,30). Folglich soll der 276)
Islam über den Bereich der ganzen Welt
ausgebreitet werden. Geschichtliche Entwicklungen

Das Grundmodell Im Verlauf der Geschichte wurde eine


Reihe von Verträgen zwischen der
Die traditionelle islamische Lehre teilt islamischen Gemeinschaft als ganzer oder
daher die Bevölkerung der Erde in zwei einzelnen Teilgebieten mit nicht-
große Blöcke auf: einerseits das "Haus islamischen Staaten geschlossen, die
des Islam" (dar al-islam), in dem die nicht nur als zeitlich befristete
koranische Offenbarung anerkannt und Waffenstillstandsregelungen zu verstehen
das islamische Recht praktiziert wird, und sind. Andererseits gab es schon lange vor
andererseits das "Haus des Krieges" (dar der Abschaffung des osmanischen
al-harb), in dem die islamische Ordnung Kalifats durch Atatürk im Jahre 1924 kein
erst aufgerichtet werden muss. Dies soll einheitliches "dar al-islam" mehr.
geschehen - und geschah auch in der
Anfangszeit der islamischen Ausbreitung - Lebendigkeit der traditionellen
durch "Dschihad", Anstrengung auf dem Vorstellungen
Weg Allahs, in der Regel gleichbedeutend
mit militärischer Eroberung (vgl. dazu Der alte Gedanke, dass die Völkerwelt in
Sure 9, 29). Das bedeutet nicht, dass alle “dar al-islam” und “dar al-harb” zerspalten
Bewohner der eroberten Gebiete sei, ist jedoch bei vielen Muslimen
gezwungen wurden, Muslime zu werden. weiterhin erstaunlich lebendig. Der Konflikt
Juden und Christen konnten ihre Religion zwischen Serben und Albanern im Kosovo
beibehalten und sie im Rahmen der z.B. wurde von vielen nicht als ethnischer
islamischen Ordnung auch in einem Konflikt sondern als “christlicher” Angriff
gewissen Maß praktizieren. gegen “den Islam” angesehen. Die Politik
nicht-islamischer Staaten wird schnell
Außerdem gab es auch noch das “Haus verdächtigt, in ihrer Zielsetzung islam-
des Vertrages” oder “Haus des Bundes” feindlich zu sein und den Muslimen
(dar al-`ahd), Gebiete, mit denen die Schaden zufügen zu wollen.
islamische Umma zeitlich befristete
Verträge abgeschlossen hatte. Das Besonders im Islamismus sind solche
änderte aber nichts an der Tatsache, dass Vorstellungen und der Gedanke der
nach der Sicht des traditionellen Ausbreitung des Islam mit militärischen
islamischen Rechts das "Haus des Islam" Mittel weiterhin vorhanden. Das Konzept
und die übrige Welt einander des “Dschihad” als bewaffnetem Kampf
grundsätzlich feindlich gegenüberstanden für die Verteidigung oder Ausbreitung des
und die Scharia eigentlich nur ein Islam ist immer wieder "abrufbar" und
"einseitiges Kriegsvölkerrecht (mit Regeln emotional stark motivierend. Der
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“Dschihad”islamistischer Gruppierungen gezwungen werden, was ihnen verboten


richtet sich allerdings auch - und oft sogar ist, und sie das tun können, zu was sie
vorrangig - gegen die Regierungen verpflichtet sind. Viele sind sich bewusst,
islamischer Staaten, deren Politik in den dass sie dort in besonderer Weise in
Augen der Islamisten “unislamisch” ist und Gefahr stehen, ihren Glauben zu verlieren
bekämpft werden muss. oder den Islam nur relativ oberflächlich zu
praktizieren. (Vielleicht sind auch aus
Humanistische Interpretationen diesem Grund viele Muslime in der
Diaspora in stärkerem Maß vorsichtig oder
Andererseits finden wir bei modernen ablehnend gegenüber missionarischen
Muslimen eine humanistischer geprägte Bemühungen als in islamischen Ländern).
Interpretation und Einstellung gegenüber Wenn ein Leben nach den Regeln des
dem "dar al-harb": Die Ausbreitung des Islam in einem Land nicht möglich ist,
Islam soll gewaltfrei geschehen durch sollte ein Muslim - nach dem Vorbild
Information über den Islam, die Mohammeds - in ein Land auswandern, in
Darstellung seiner Einfachheit und dem er den Islam frei und ungehindert
Überlegenheit und durch das vorbildliche praktizieren kann.
Leben von Muslimen; Krieg ist
(entsprechend solcher humanistischer www.orientdienst.de
Auffassung) nach dem Koran nur
gerechtfertigt als Verteidigungskrieg, um
das Leben der Muslime aber auch die
Ehre des Islam zu schützen; der
Normalzustand im Zusammenleben der
islamischen Welt mit nichtislamischen
Staaten ist der Friede, nicht nur ein
Waffenstillstand und schon gar nicht der
Krieg.

Sicherlich meine viele Muslime - gerade


auch solche, die in Europa aufgewachsen
und stark von humanistischem
Gedankengut beeinflusst worden sind -
das auch so. Einige sehen jedoch solch
eine “friedfertige” Interpretation
möglicherweise nur für eine
Übergangszeit als gültig an, bis etwa die
islamische Welt wieder zu ihrer Einheit
zurückgefunden hat oder der Islam in
einzelnen Gegenden so erstarkt ist, dass
er es sich leisten kann, Gewalt und Druck
anzuwenden.

Lebensmöglichkeiten für Muslime im “dar


al-harb”

Muslime können grundsätzlich in einem


Land leben, das zum "dar al-harb" gehört,
solange ihnen die freie Ausübung ihrer
Religion ermöglicht wird, d.h. sie zu nichts
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Die Auferweckung der Toten nach dem und alle Verstorbenen werden in einem
Koran Augenblick wieder zu neuem Leben
erweckt und vor ihren Schöpfer und
Ein Schwerpunkt der Botschaft des Koran Richter gestellt.
ist die Ankündigung des Gerichtes Gottes
über alle Menschen aller Zeiten - und das Auferweckung als Wiedervereinigung von
heißt: auch über die Menschen, die bereits Seele und Leib
gestorben sind. Als Mohammed anfing, in
Mekka über diese Thematik zu predigen, Wenn ein Mensch stirbt, wird seine Seele
reagierten viele seiner Mitbürger mit von seinem Leib getrennt und existiert bis
Unverständnis und Spott. Ihre Fragen zum Jüngsten Tag in einem
werden im Koran an verschiedenen Zwischenzustand. Durch die
Stellen erwähnt: “Und sie sagen: ‘Sollen Auferweckung wird ihr wieder ein Körper
wir, wenn wir (bereits) Knochen geworden verliehen, der oft als eine neue Schöpfung
und auseinandergefallen sind, wirklich vorgestellt wird: “Die Menschen werden an
wieder als neue Schöpfung erweckt jenem Tag barfuss, vollkommen nackt und
werden?’” (Sure 17, 49; vgl. auch 50, 3; unbeschnitten auferweckt.” (Ömer Öngüt,
79, 10-12; ähnlich 19, 66; 75, 3) Islam, Die Bestimmungen Allahs des
Allmächtigen, S. 162)
Mohammed war jedoch im Unterschied zu
seiner heidnischen Umgebung fest davon In dieser neuen Leiblichkeit werden sie vor
überzeugt, dass Gott die Toten wieder aus ihrem Schöpfer und Richter zum Gericht
ihren Gräbern herausholen werde. Der erscheinen - in diesem Leib erleben sie
“Tag der Auferstehung” (yaum al-qiy ma) auch die Freuden des Paradieses oder die
wird im Koran etwa 70 Mal erwähnt. Qualen des Höllenfeuers.
Dementsprechend ist der Glaube an die
Auferweckung der Toten ein Grunddogma Die Notwendigkeit der Auferweckung
des Islam. Wer "die Rückkehr zu Gott"
leugnet, kann kein wahrer Muslim sein Die Auferweckung der Toten ist eine
(vgl. etwa Sure 23, 15; 30, 16). logische Notwendigkeit: Die Menschen
sind Gott, ihrem Schöpfer, für ihr Tun und
Die Auferweckung zum Gericht Lassen verantwortlich. Da vielen nicht im
Diesseits vergolten wird, was sie verdient
Eine andere Bezeichnung für den "Tag der haben, muss es einen zukünftigen Tag
Auferstehung" ist: "Tag des Gerichts" der Abrechnung jenseits der Todesgrenze
(yaum ad-d n - Sure 1, 4). Die geben. Viele, die jetzt, während ihres
Auferweckung der Toten hat im irdischen Lebens, nicht glauben und die
Wesentlichen den Sinn, alle Menschen vor Verkündigung der Propheten ablehnen,
dem Thron Gottes zu versammeln, um mit werden am Tag der Auferstehung
ihnen abzurechnen über ihr Glauben und erkennen müssen, dass sie im Irrtum
Handeln während ihrer Lebenszeit. waren (Sure 16, 39).
Den Vorgang der Auferweckung stellen
Muslime sich gewöhnlich folgendermaßen Die Auferweckung und Gottes Allmacht
vor: Gott befiehlt dem Engel Israfil, zum
ersten Mal in die Posaune zu stoßen. Im Koran wird immer wieder betont, dass
Daraufhin werden alle Menschen, ja, alle der Glaube an die Auferweckung der
Lebewesen überhaupt, sterben. Sure 29, Toten vernünftig und einleuchtend ist. Es
57: “Jeder wird den Tod erleiden. Und werden verschiedene Argumente
dann werdet ihr zu Uns zurückgebracht.” angeführt, die den Gegnern Mohammeds
Die Posaune wird ein zweites Mal ertönen, zeigen sollen, dass ihre Zweifel und ihr
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Spott unbegründet sind. Der Gott, der den Jesus tatsächlich ein Gesandter Gottes
Menschen erschaffen hat aus dem Nichts, ist.
kann ihn auch wieder auferwecken:
“Bedenkt der Mensch denn nicht, dass Wir Nach islamischem Verständnis weisen sie
ihn zuvor erschaffen haben, da er nichts nicht darauf hin, dass Jesus Christus
war?” (Sure 19, 67) - Auch in den gekommen ist, um in diese Welt der
Naturereignissen finden sich Hinweise auf Sünde und des Todes Versöhnung und
die Auferweckung: “Und Gott ist es, der ewiges Leben hineinzubringen. Weil der
die Winde schickt, und sie wühlen die Koran den Kreuzestod Jesu bestreitet,
Wolken auf. Dann treiben Wir sie zu bleibt auch kein Raum für die
einem abgestorbenen Land und beleben Auferstehung Jesu Christi von den Toten.
danach die Erde nach ihrem Absterben Und damit gibt es auch keine
wieder. So ist es auch mit der Auswirkungen einer in der Geschichte
Auferstehung.” (Sure 35, 9) geschehenen Auferstehung im
diesseitigen Leben von Menschen. - Der
Der wichtigste logische Grund für die Glaube an die Auferweckung der Toten
Möglichkeit der Auferweckung ist Gottes steht weder für das irdische Leben noch
Allmacht. “Sie schwören bei Gott ihren für das Jenseits in Verbindung mit einer
eifrigsten Eid, Gott werde die nicht geistlichen Erneuerung des Menschen.
auferwecken, die sterben... Unsere Rede
zu einer Sache, wenn Wir sie wollen, ist, Die Botschaft der Auferweckung als
zu ihr zu sprechen: Sei!, und sie ist.” (Sure Warnung
16, 38+40; ähnlich Sure 36, 82)
Wenn im Koran von der Auferweckung der
Die Auferweckung - außerhalb der Toten die Rede ist, fehlt der Klang der
Geschichte Freude und des Triumphes. Eher schwingt
ein warnender, drohender Unterton mit
Nach dem Koran ist die Auferweckung (Sure 50, 20: "Das ist der angedrohte
kein zentrales Ereignis innerhalb der Tag"). "Auferstehung" bedeutet: Der
Weltgeschichte, sondern steht an ihrem Mensch ist und bleibt mit dem
äußersten Rand. Nachdem die allmächtigen, undurchschaubaren Gott
Geschichte der jetzigen Schöpfung zum konfrontiert; nicht einmal durch den Tod
Abschluss gebracht worden ist, bevor das kann er der Verantwortung vor seinem
ewige Leben in Paradies oder Hölle Richter entrinnen, und im Blick auf das
beginnt, wird Gott die Toten auferwecken. bevorstehende Gericht mit seinem
ungewissen Ausgang lebt er in einer
Es werden zwar einzelne Mischung von Hoffnung und Furcht.
Totenauferweckungen erwähnt, die sich
im Verlauf der Geschichte ereignet haben. www.orientdienst.de
Vor allem hat Jesus ("mit Erlaubnis
Gottes", wie ganz deutlich betont wird)
Tote "lebendig gemacht" (Sure 3, 49) bzw.
"herausgebracht" (Sure 5, 113). Beide
Ausdrücke werden auch für das
auferweckende Handeln Gottes
gebraucht: "Er macht die Toten lebendig"
(Sure 22, 6); "du bringst die Lebenden
heraus aus den Toten... " (Sure 3, 27).
Diese Totenauferweckungen sollen jedoch
nur Zeichen sein, die bestätigen, dass
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Kindererziehung im Islam davon aus, dass ein Kind etwa mit 7


Jahren beginnen sollte, das Gebet zu
Normalerweise wünscht sich jedes verrichten. Mit 10 Jahren sollte es das
muslimische Ehepaar Kinder. Sie gelten Gebet beherrschen und auch vollziehen -
als Zeichen einer guten Ehe. Wird ein natürlich in Abhängigkeit davon, wie
Kind in einer muslimischen Familie streng die Familie selbst der Gebetspflicht
geboren, herrscht große Freude, die noch nachkommt. Die Befolgung der fünf
größer ist, wenn das Neugeborene ein Säulen des Islam und insbesondere die
Junge ist. Dem Kind wird schon bald nach Einhaltung der Gebete gilt für Männer und
der Geburt das islamische für Frauen als absolut verpflichtend. Das
Glaubensbekenntnis ins rechte Ohr Gebet absichtlich zu versäumen, ist im
gesprochen: “Es gibt keinen Gott außer Islam eine der schwersten Sünden. Und
Allah, und Muhammad ist sein Prophet.” so verlangen muslimische Theologen,
Kinder zur Not mit Schlägen zur
Religiöse Erziehung Einhaltung der Gebetspflicht zu zwingen.
Wer in eine muslimische Familie
hineingeboren wurde, gilt als Muslim. Auch in das 30tägige Fasten im Monat
Dazu ist keine spätere “Bekehrung”, kein Ramadan wird das Kind Schritt für Schritt
Bekenntnis oder eine ausdrückliche eingeführt. Beim ersten Mal fastet es
Erklärung des Kindes nötig. Es gibt auch vielleicht nur zwei bis drei Tage, beim
keinen formellen Beitrittsakt zur nächsten Mal eine Woche. Ungefähr mit
islamischen Gemeinschaft, der etwa mit der Pubertät sollte es die ganze
der christlichen Taufe vergleichbar wäre. Fastenzeit einhalten.

Muslime gehen davon aus, dass der Islam Besucht das Kind (frühestens ab etwa vier
die “natürlich Religion” eines jeden Jahren) die Koranschule, wird es dort vor
Menschen sei. In der muslimischen allen Dingen den Koran auf Arabisch
Familie geht es also “nur” darum, den als auswendig lernen. Es kommt vor, dass
Muslim Geborenen nun auch als Muslim Kinder schon mit etwa 10-12 Jahren den
aufwachsen zu lassen. Dazu gehört die - gesamten Koran auswendig können,
für traditionell geprägte Muslime womit sie meist für ein theologisches
selbstverständliche - religiöse Studium als prädestiniert gelten.
Unterweisung des Kindes in der Familie
und manchmal auch in der Koranschule. “Säkulare” Schulbildung
In der Koranschule, aber auch in der
Religiöse Erziehung geschieht indirekt säkularen Schule lernen Kinder in weiten
dadurch, dass das Kind mit islamischen Teilen der islamischen Welt vor allem
Festen und Feiertagen, aber auch mit durch Auswendiglernen und Wiederholen.
Speise- und Reinigungsvorschriften, mit Eigene Gedanken, Diskutieren,
der Trennung der Geschlechter und den Hinterfragen oder sogar das Ablehnen des
vom Islam vorgegebenen Lernstoffs sind in aller Regel nicht gefragt.
Moralauffassungen aufwächst. Der Sohn
wird vom Vater, die Tochter von der Diese Lernmethode hat m. E. ihre letzte
Mutter religiös unterwiesen, indem das Ursache im Gottes- und Menschenbild des
Kind allmählich in die Glaubenspflichten Islam: Gott muss nach islamischer
des Islam (“Die fünf Säulen”) eingeführt Auffassung nicht verstanden, sondern vor
wird. allem angebetet werden. Es geht nicht
darum, seinen Willen, sein Handeln zu
Dazu gehört vor allem das fünfmal täglich hinterfragen oder zu diskutieren, sondern
gesprochene rituelle Gebet. Man geht sich ihm und seinem Willen zu
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unterwerfen, die von Gott geforderten muslimischen Familie aufwächst.


Pflichten einzuhalten und ihm Dank zu
sagen für seine Wohltaten. Dem www.orientdienst.de
Menschen kommt es nicht zu, Gott und
sein Wort, den Koran, in Frage zu stellen,
kritische Gedanken dazu zu äußern oder
zu überlegen, welche Anweisungen des
Korans für heute in welcher Form gültig
sein könnten. Darin liegt wohl auch ein
Grund dafür, warum arabische
Korankommentare in aller Regel sehr
vorsichtig darin sind, eigenständige
Beurteilungen von Koranversen
vorzunehmen. Insbesondere in den
klassischen Kommentaren werden einige
altbekannte Meinungen nebeneinander
gestellt, die den Text vorsichtig zu deuten
versuchen. Aber es wird nur selten ein
eigenständiges Urteil gefällt oder
abschließend eine der
Auslegungsmöglichkeiten klar favorisiert.

Vorbereitung auf das Leben als Mann und


Frau
Mädchen werden in der islamischen Welt
früh auf ihre spätere Rolle als Hausfrau
und Mutter hin erzogen, Jungen auf eine
Identifizierung mit der Welt des Vaters in
der Moschee, der Öffentlichkeit und
seinem Beruf. Auch diese Vorbereitung
auf das Leben als Mann oder Frau gehört
eigentlich zur religiösen Erziehung im
Islam, denn die Aufgabenteilung und
Geschlechtertrennung ist in der Religion
verankert. Angemessenes, respektvolles
Verhalten gegenüber Eltern, Älteren im
allgemeinen, von Frauen gegenüber
Männern, Zurückhaltung im Umgang mit
dem anderen Geschlecht und die
Wahrung eines untadeligen Rufes für
Mädchen und Frauen gehören zu den
grundlegenden Erziehungsidealen im
Islam.

Sterben die muslimischen Eltern eines


Kindes und ist z. B. der nächste
Verwandte der Eltern Christ geworden, so
wird die Verwandtschaft darauf bestehen,
dass das Kind bei einem entfernteren
Verwandten, aber auf jeden Fall in einer
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Die Scharia - das islamische Recht heraus. Es entstanden die weitgehend


noch heute anerkannten Hadith-
“Scharia” ist heute eines der Sammlungen.
meistgebrauchten Schlagwörter, wenn
über den Islam diskutiert wird. Islamisten Entstehung des islamischen Rechts
fordern in ihren jeweiligen Heimatländern, In den ersten Jahrhunderten islamischer
die Scharia zur Grundlage der staatlichen Zeitrechnung schufen dann auf Grundlage
Gesetzgebung zu machen. Kritiker des von Koran und Hadith islamische
Islam warnen vor der Grausamkeit der Rechtsgelehrte (die “Fuqaha´”) das, was
Scharia, wie sie sich einigen Strafen weithin unter “Scharia” verstanden wird:
äußere (Handabhacken bei Dieben, eine islamische Rechtssammlung. Da
Steinigung von Ehebrecherinnen). Koran und Hadith schon für die Fragen
Gleichzeitig ist jedoch “Scharia” einer der der damaligen Zeit nicht immer konkrete
am wenigsten klar definierten Begriffe Antworten bereithielten, traten für die
innerhalb des Islam. Auch wenn der frühen Rechtsgelehrten zwei weitere
Begriff schon für Gesetzessammlungen Quellen der islamischen
islamischer Staaten angewandt wurde, ist Rechtswissenschaft hinzu: “Idschma´”, der
die Scharia eigentlich mehr: Sie ist kein Konsens der islamischen Rechtsgelehrten
real vorliegenden Gesetzbuch, das man über ein Thema, sowie “qiyas”, der
ohne weiteres und plötzlich zum Gesetz Analogieschluss. Dabei wurden neu
eines Staates machen könnte. Vielmehr auftretende Fälle in Anlehnung an
ist “Scharia” eine Idealvorstellung vom bekannte Fälle entschieden.
göttlichen Gesetz, das alle
Lebensbereiche des Muslim regeln soll. Innerhalb des sunnitischen Islams setzten
sich im Laufe der Zeit vier Rechtsschulen
Quellen der Scharia durch: Schafiiten, Malikiten, Hanbaliten
Ursprünglich meint der arabische Begriff und Hanafiten. Diese Schulen sind jeweils
“Scharia” den Pfad in der Wüste, der zur nach ihrem Begründer benannt und sind in
Wasserquelle führt. Die Scharia ist der verschiedenen Regionen der islamischen
Wegweiser, der den Menschen zu Gott, Welt vorherrschend. Sie weichen in vielen
seiner Quelle führen soll. Im Koran selbst Einzelfragen des islamischen Rechts
kommt der Begriff nur einmal vor (Sure voneinander ab - in diesem Sinne gibt es
45,18) und heißt dort so viel wie “Ritus”. also eine regional unterschiedliche
“Scharia”. In den Grundfragen sind sich
Unbestritten gilt dem sunnitischen Islam diese Schulen jedoch einige. Man erkennt
der Koran als die Quelle der Scharia. Der auch die jeweils anderen Schulen als
Koran enthält jedoch nur einzelne rechtgläubig an.
Anweisungen, die direkt zur Grundlage
einer Gesetzgebung zu machen sind. Fünf Kategorien für Verhalten
Schon früh in der islamischen Geschichte Gemäß dem islamischen Verständnis von
trat daher neben den Koran als Quelle des Hingabe (“Islam”) an Allah umfasst die
Rechtes die “Sunna”, das vorbildliche Scharia Regelungen nicht nur für
Handeln und Reden des Propheten Familienrecht, Strafrecht, Erbrecht etc.
Mohammed. Die Berichte über Verhalten sondern auch genaue Anweisungen für
und Worte Mohammeds wurden in den religiöse Rituale und Pflichten. Die
sogenannten “Hadithen” gesammelt. Rechtswissenschaft hat dabei jede
Später filterten islamische Theologen aus Handlung in ein System von fünf
der unüberschaubaren Fülle dieser Kategorien eingeordnet:
Hadithen nach bestimmten Regeln die als 1. “Fard” - eine Handlung ist Pflicht für
echt anzuerkennenden Überlieferungen jeden Gläubigen (z.B. das rituelle Gebet)
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2. “Haram” - Verbotene Handlungen (z.B.


Alkoholgenuss) Es gibt jedoch auch (bereits seit dem 19.
3. “Mandub” - Empfehlenswert. Eine Jahrhundert) islamische Denker, die für
Handlung ist erwünscht (z.B. zusätzliche eine Neudefinition des Verhältnisses von
Gebete), das Nichtbefolgen wird jedoch Scharia und staatlicher Gesetzgebung
nicht bestraft eintreten. Manche weisen wie der
4. “Makruh” - Verwerflich oder nicht ägyptische Theologe des 19. Jahrhundert,
empfehlenswert. Muhammad Abduh, darauf hin, dass es in
5. “Mubah” - Erlaubt, Handlungen, für die der gesamten islamischen Geschichte
es keine religiöse Beurteilung gibt (z.B. niemals gelungen sei, ein wirklich “der
eine Flugzeugreise). Scharia entsprechendes” Staatsgesetz zu
Scharia in islamisch geprägten Staaten formulieren, geschweige denn, es dann
Es gibt heute in Staaten mit islamischer auch wirklich durchzuführen. Oft habe der
Bevölkerungsmehrheit sehr verschiedene jeweilige Herrscher des Landes Gesetze
Modelle im Blick auf die Bedeutung der geschaffen, wie sie ihm selbst passten.
Scharia. Während etwa die Türkei laut
Verfassung ein säkularer Staat ist, dessen Problematisiert wird auch unter modernen
Verfassung keinen Bezug auf das islamischen Denkern die Tatsache, dass
islamische Recht nimmt, haben andere es ein wirklich gleichberechtigtes
Staaten (etwa Pakistan oder Sudan) Zusammenleben von Menschen
beschlossen, die Scharia zur Grundlage verschiedener Religionen in einem Staat
der Rechtsprechung zu machen. Das unter der Scharia nicht gibt. Daher gibt es
kann in der Praxis heißen, dass neue Vorschläge, die Scharia mehr als
Gesetze von islamischen Juristen auf ihre Lebensweise zu verstehen, die dem
Vereinbarkeit mit dem überlieferten Moslem in einem säkularen Staat die
islamischen Recht überprüft werden. Richtschnur für sein (freiwilliges)
persönliches Leben mit Allah gibt. Der
Dazwischen stehen Staaten wie Malaysia, Staat ermöglicht demnach, dass Muslime
die sich zwar als islamischen Staat gemäß der Scharia leben können, macht
bezeichnen, deren sie aber nicht zur Pflicht für alle
Gesetzgebungsverfahren aber säkular, Staatsbürger.
also rein aufgrund Mehrheitsentscheidung
des Parlamentes erfolgt. Saudi-Arabien Die innerislamische Diskussion über die
hat den Koran zur Verfassung seiner Scharia ist im Fluss. Das Ergebnis ist
Monarchie erklärt, hat in der Praxis noch nicht abzusehen.
natürlich trotzdem andere Rechtsquellen
heranzuziehen. www.orientdienst.de

Heutige Diskussion um die Scharia


Für moderne Islamisten, die im eigenen
Land Opposition sind, ist der Begriff
“Scharia” der Ausdruck für die Sehnsucht
nach der goldenen frühen Zeit des Islam
im Gegensatz zu den heutigen, oft
uneffektiven und korrupten Regimen.
Solche Islamisten erwarten von der
Einführung der Scharia als Grundlage der
Rechtsprechung die Lösung für alle
religiösen, wirtschaftlichen und sozialen
Probleme der Gegenwart.
46
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Maria (Maryam), die Mutter Jesu Gottes zu weihen. Als sie im Gegensatz
zu ihrer Erwartung eine Tochter zur Welt
Maria, die Mutter Jesu, spielt im Islam brachte, gab sie ihr den Namen Maria und
eine besondere Rolle. In der arabischen vertraute sie dem Schutz Gottes an (Sure
Form "Maryam" ist ihr Name der einzige 3,35+36).
Frauenname, der im Koran vorkommt.
(Sonst werden Frauen immer nur erwähnt "Schwester Aarons"?
als “die Frau des ...”) - Ihr Name wird 34
mal genannt (Jesus nur 25 mal). Eine Die Tatsache, dass Maria im Koran als
ganze Sure (Nr. 19) trägt ihren Namen. "Schwester Aarons" (Sure 19,28+29) und
Tochter Imrans (66,12) bezeichnet wird,
Auch auf andere Weise wird sie legt die Vermutung nahe, dass
hervorgehoben. In einem Hadith nach Mohammed die neutestamentliche Maria
Buchari heißt es: "Der Satan berührt jeden mit der alttestamentlichen Mirjam (2. Mose
Nachkommen Adams an dem Tag, an 15,20) verwechselt haben könnte. (Maria
dem er zur Welt kommt. Nur bei Maryam ist ja die griechische Form des
und ihrem Sohn Isa war es nicht so; der hebräischen Namens Mirjam.)
Satan berührte sie nicht."
Muslime erklären diesen Tatbestand
Grundlage für das islamische Bild von gewöhnlich so: Maria stammte wie auch
Maria sind die z.T. recht knappen ihre Kusine Elisabeth aus einer
Erzählungen und Andeutungen im Koran priesterlichen Familie; deshalb waren sie
(z.B. Sure 3,35-37.42-47; 4,156; 19,16-34; in übertragenem Sinne Schwestern
21,91; 66,12; ), die ergänzt werden durch Aarons. (Man sollte dann jedoch eher die
neutestamentliche Aussagen und Formulierung "Tochter Aarons" erwarten,
außerbiblische frühchristliche (z.B. da Aaron als der erste in der Reihe der
koptische) Geschichten, wie sie von levitischen Priester sozusagen der “Vater”
Korankommentatoren aufgenommen des priesterlichen Geschlechtes war.)
wurden. (Hinweise auf solche Quellen
sowie einzelne Zitate daraus finden sich in Maria im Tempel
dem Buch "The Sources of Islam" von Später wurde Maria zum Tempel
Rev. W. St Clair-Tisdall.) - So wird im gebracht, um dort Gott zu dienen.
Islam z.T. mehr (und anderes) über Maria Verschiedene Priester wollten sie gern
ausgesagt, als wir aufgrund des Neuen unter ihre Obhut nehmen und losten mit
Testaments erfahren. Pfeilen (oder Röhrchen); auf diese Weise
wurde Zakaria, der mit einer Schwester
Die Geburt der Maria der Mutter Marias verheiratet war,
bestimmt, ihre Pflege zu übernehmen
Der Vater Marias trägt nach dem Koran (Sure 3,44+37).
den Namen Imran (der dem Namen
Amram in 2. Mose 6,20 entspricht). Die Zakaria ließ ihr im Tempelbereich ein
Frau Imrans - manche islamische Lehrer Zimmer erbauen, in dem sie neben ihrem
geben ihren Namen aufgrund altkirchlicher Dienst im Tempel Tag und Nacht betete.
Traditionen als Hanna (Anna) an - war Wenn Zakaria zu ihr kam, fand er, dass
kinderlos und schon alt, als sie Gott sie auf wunderbare Weise mit
beobachtete, wie ein Vogel sein Junges Nahrung versorgt hatte (3,37).
fütterte. In ihr erwachte ein sehnlicher
Wunsch nach einem Kind, und sie bat Dort sollen auch die Engel ihr gesagt
Gott, ihr einen Knaben zu schenken; dabei haben, welch hohe Stellung ihr von Gott
versprach sie, dieses Kind dem Dienst zugedacht wurde: “O Maria, Gott hat dich
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auserwählt und rein gemacht, und Er hat Christus (Joh 3,16)." (Johan Bouman,
dich vor den Frauen der Weltenbewohner Christen und Moslems, S. 76)
auserwählt. O Maria, sei deinem Herrn
demütig ergeben, wirf dich nieder und Maria als eine Person der Trinität?
verneige dich mit denen, die sich
verneigen.” (3,42+43) Möglicherweise hatte Mohammed gehört,
dass Maria von Christen in seiner
Die Jungfrauengeburt Umgebung als “Mutter Gottes” bezeichnet
wurde, und diese Aussage mit dem
Auch für den Islam ist das Wichtigste im christlichen Reden von der Dreieinheit
Leben Marias, dass sie durch ein Gottes (Trinität) in Verbindung gebracht,
göttliches Wunder schwanger wurde und so dass er meinte, Christen glaubten an
Jesus Christus zur Welt brachte. Die eine Art göttliche Familie aus Gott Vater,
Ankündigung der Geburt Jesu und die Gottesmutter Maria und Jesus als Sohn
Geburt selber werden geschildert in Sure Gottes.
3,45-49 19,16-35 und 66,12. Während
Sure 3,47 mehr das Allmachtswort Gottes Diese Vorstellung wird im Koran an
betont (“Wenn Er eine Sache beschlossen verschiedenen Stellen mehr oder weniger
hat, sagt Er zu ihr nur: Sei!, und sie ist.”), deutlich abgewehrt: Und als Gott sprach:
erzählt Sure 66,12 davon, dass Gott von “O Jesus, Sohn Marias, warst du es, der
seinem Geist in Maria hineinblies. - zu den Menschen sagte: »Nehmt euch
Weitere Einzelheiten der Ankündigung neben Gott mich und meine Mutter zu
und der Geburt Jesu sind dargestellt im Göttern?«” Er sagte: “Preis sei dir! Es
Minikurs Islam “Die Geburt Jesu nach steht mir nicht zu, etwas zu sagen, wozu
dem Koran” in ORIENTIERUNG 6/99. ich kein Recht habe... Ich habe ihnen
nichts anderes gesagt als das, was Du mir
Es fällt auf, dass Koranausleger in diesem befohlen hast, nämlich: Dienet Gott,
Zusammenhang immer wieder sehr meinem Herrn und eurem Herrn!” (Sure
deutlich betonen, die Tatsache der 5,116+117)
Jungfrauengeburt bedeute weder, dass
Maria etwas anderes sei als eine Ähnlich heißt es in Sure 5,73+75:
menschliche Person noch dass ihr Sohn Ungläubig sind diejenigen, die sagen:
Gott selber als Vater habe. Dass Maria “Gott ist der Dritte von dreien”... Christus,
ohne Zutun eines Mannes, nur aufgrund der Sohn Marias, ist nichts anderes als ein
göttlichen Handelns, ein Kind empfing, ist Gesandter; vor ihm sind etliche Gesandte
ein Zeichen der Allmacht Gottes. dahingegangen. Seine Mutter ist eine
Wahrhaftige. Beide pflegten, Speise zu
"Hier zeigt sich nochmals ... die essen... - Allerdings entspricht die
Schwierigkeit der Auseinandersetzung mit Vorstellung von Maria als dritter Person
dem Islam. Beide, NT und Koran lehren der Trinität auch nicht dem biblischen
die Jungfrauengeburt. Der Inhalt der Zeugnis.
Erzählung im Koran stimmt in großen
Zügen mit dem des NT überein. Und doch Der Koran weiß viel Außergewöhnliches
verbirgt sich hinter dieser Gemeinsamkeit über Maria zu sagen. Alles wird jedoch in
ein Unterschied, der einen tiefen Riss den üblichen islamischen Rahmen
zwischen der Verkündigung beider eingeordnet: Gott hat zu den Menschen
Heiliger Schriften sichtbar macht... Die geredet durch Propheten. Selbst die
Jungfrauengeburt ist im Koran nicht Jungfrauengeburt wird nicht als ein
Hinweis auf die Inkarnation als Zeichen dafür angesehen, dass Gott mehr
Offenbarung der rettenden Liebe Gottes in getan hat: dass Er Seinen Sohn gesandt
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hat als Erlöser.

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“Heilsgeschichte” im Islam? kommt in verschiedenen Varianten vor.


Aber Adams Sünde war, wie alle Sünden,
Der große Rahmen der Weltgeschichte eine Einzeltat (vgl. Johan Bouman,
scheint in Koran und Bibel gleich zu sein: Christentum und Islam im Vergleich, Das
Gott steht als der Schöpfer am Anfang der Leben gestalten - den Tod überwinden,
Geschichte und Er wird als der Richter Brunnen Verlag, Gießen 1982, S. 45f),
auch an ihrem Ende (an der Schwelle zur kein Sündenfall im biblischen Sinn: Es
jenseitigen Ewigkeit) stehen. Ebenso wird nirgends davon geredet, dass durch
lehren Christentum und Islam gemeinsam, die Sünde die Beziehung des Menschen
dass Gott immer wieder in die Geschichte zu Gott so grundlegend gestört ist, dass
eingreift und durch Propheten zu den Versöhnung nötig ist. Der Islam will auch
Menschen geredet hat. - Reichen diese nichts davon wissen, dass Adam selber
Übereinstimmungen aus, um den Schluss und alle seine Nachkommen unter die
zu ziehen, dass Islam und Christentum Macht der Sünde geraten sind. (Im Islam
das gleiche Geschichtsbild haben? gibt es keine Erbsünde.) Jeder Mensch ist
mit seinen Stärken und Schwächen das
Das Zentrum der Geschichte Werk Allahs; er hat sich immer wieder
Im Mittelpunkt des biblischen zwischen dem Willen Allahs und den
Geschichtsbildes steht Gottes Heilstat: Er Einflüsterungen Satans zu entscheiden. Er
hat Jesus Christus gesandt, damit dieser ist nicht "unter die Sünde verkauft" (Röm.
durch sein stellvertretendes Leiden und 7,14) und auf Gottes erlösendes
Sterben am Kreuz die Schuld aller Eingreifen angewiesen.
Menschen wegtragen und sie von der
Macht der Sünde befreien sollte. Nach So fehlt im Islam nicht nur die Mitte der
dem Zeugnis des Neuen Testaments ist biblischen Heilsgeschichte. Es fehlt
also das Gericht über die Sünde schon ebenfalls das Wissen um die
vollzogen. Auf dieser Grundlage bietet Erlösungsbedürftigkeit des Menschen, und
Gott allen Menschen Vergebung, folglich wird auch gar keine Notwendigkeit
Versöhnung und Gotteskindschaft an einer "Heilsgeschichte", eines rettenden
durch den Glauben an Jesus Christus. - Eingreifens Gottes, gesehen.
Geschichte in biblischem Sinn ist
"Heilsgeschichte". "Prophetengeschichte"

Im Koran findet sich kein vergleichbares Während nach der biblischen Darstellung
zentrales Heilsereignis. Kreuz und verschiedene heilsgeschichtliche Epochen
Auferstehung Jesu Christi als Zentrum der aufeinander folgen, ist eine solche
biblischen Heilsgeschichte werden Vorstellung dem Islam im Grunde fremd.
geleugnet. Im Grunde kennt der Islam Innerhalb der Zeit zwischen der
also keine "Heilsgeschichte". Erschaffung der Welt und dem Tag des
Gerichts bleibt eigentlich alles gleich.
Der Anfang der Menschheitsgeschichte Jeder einzelne Mensch und jede Zeit
stehen in einem statischen Gegenüber zu
Dem entspricht auch, was der Koran über dem allmächtigen Gott. Der Islam kennt
die Anfänge der Geschichte zu sagen nicht "eine Geschichte ..., die sich entfaltet
weiß: Von der Erschaffung des Menschen und entwickelt, sondern die sich einfach
ist oft die Rede; von einer Bestimmung wiederholt." (CIBEDO-Texte Nr. 5, S. 2.)
des Menschen zum "Bild Gottes" (1. Mose
1, 26+27) und zu einer persönlichen Am ehesten könnten wir im Islam von
Beziehung zu Gott sagt der Koran jedoch einer “Prophetengeschichte” reden: Weil
nichts. - Die Geschichte vom Sündenfall die Menschen immer wieder von der
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ursprünglichen Offenbarung abgewichen Erwartung des jüngsten Gerichts und der


sind, hat Gott in Seiner Gnade ihnen von Wiederkunft Jesu als eines wichtigen
Zeit zu Zeit Propheten gesandt. (vgl. Mini- Vorzeichens. - Was in diesen
Kurs "Die Propheten" in ORIENTIERUNG Endzeiterwartungen nicht vorkommt, ist
4/97, S. 7f.) Der Auftrag dieser Propheten die Entrückung der Gemeinde Jesu und
ist allerdings jeweils derselbe: die das Kommen Jesu als Messias Israels.
Menschen zum Ursprung zurück zu rufen, Der wiederkommende Jesus ist im Islam
zum Glauben an den einen Gott, und nicht der, dem der Vater alles Gericht
ihnen das eine göttliche Gesetz zu übergeben hat (Joh. 5,22; Apg. 17,31). -
verkündigen. "Bei jeder prophetischen So unterscheidet sich auch im Blick auf
Verkündigung beginnt die Geschichte der die Zukunft das islamische Geschichtsbild
Menschheit sozusagen von neuem ..." ganz wesentlich vom biblischen.
(Bouman, Christentum und Islam im
Vergleich, S. 47.) Biblische Heilsgeschichte und Mission

Nach islamischem Denken gibt es jedoch Auch wenn der Islam der biblischen
einen Höhepunkt in dieser Geschichtsdarstellung teilweise direkt
Prophetengeschichte: Mohammed als widerspricht, schließt dennoch die
"Siegel der Propheten" hat mit dem Koran biblische Heilsgeschichte die Muslime mit
Gottes vollkommene und abschließende ein: Gott hat Seinen Sohn für sie gesandt
Offenbarung erhalten. Alle vorherigen wie auch für uns "als wir noch Feinde
(z.B. auch Altes und Neues Testament) waren" (Röm 5,10).
werden damit abgetan. - Darum gehören
der islamischen Gemeinschaft nun Die biblische Heilsgeschichte muss uns
Gegenwart und Zukunft: "Ihr seid die dazu treiben, auch Muslimen die
beste Gemeinschaft, die unter Menschen Heilsbotschaft zu verkündigen. Denn in
entstanden ist. Ihr gebietet, was recht ist, Gottes Augen sind sie - bei aller
verbietet, was verwerflich ist, und glaubt Religiosität - sündige und verlorene
an Gott. Wenn die Leute der Schrift Menschen, die Er durch Jesus Christus
ebenfalls glauben würden, wäre es besser retten will. Als Botschafter an Christi Statt
für sie. Es gibt Gläubige unter ihnen, aber sollen wir sie bitten: "Lasst euch
die meisten sind Frevler." (Sure 3,110) versöhnen mit Gott!" (2. Kor. 5,20) - Und
den Gott, der der Herr der Heilsgeschichte
Aufgrund dieses ist, dürfen wir bitten, dass Er auch
Geschichtsverständnisses beansprucht Muslimen die Herzen und das Verständnis
die islamische Gemeinschaft zumindest öffnet für die frohe Botschaft von der
teilweise die heilsgeschichtliche Rolle, die Erlösung durch Jesus Christus.
nach der Bibel dem Volk Israel und der
Gemeinde Jesu zukommt. Von dorther www.orientdienst.de
erklären sich auch zum Teil die
Gegnerschaft und der
Herrschaftsanspruch der islamischen
Umma gegenüber Juden und Christen
(vgl. Minikurs “Schutzbefohlene” in
ORIENTIERUNG 4/98, S. 9f).

Das Ende der Geschichte

In allen islamischen Zukunftsvorstellungen


finden sich als wesentliche Elemente die
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Die Schiiten Macht. Nach schiitischer Auffassung


waren die drei ersten Kalifen
Ausgangssituation "unrechtmäßige" Kalifen und ihre Wahl
Nachdem Mohammed unerwartet rasch eine schwere Sünde. Daher nahm die
am 8.6. 632 gestorben war, ohne eine Schia von Anfang an eine ablehnende
Nachfolgeregelung getroffen zu haben, Haltung gegenüber den sunnitischen
bildeten sich in der jungen muslimischen Kalifen-Dynastien der Umayyaden und
Gemeinde hierzu unterschiedliche Abbasiden ein. Die ersten drei Kalifen
Positionen heraus. Daraus folgte die werden bei schiitischen Feierlichkeiten
geschichtlich und theologisch verflucht.
folgenschwerste Spaltung des Islams:
"Sunniten" und "Schiiten. Mit "Schiiten" Geschichte des Leidens
sind die Anhänger Alis (shi'at Ali = "Partei" Nachdem Ali 661 ermordet worden war,
des Ali), des Cousins und versuchten die Schiiten erneut, die Macht
Schwiegersohns Mohammeds gemeint, an sich zu reißen. Der Prophetenenkel al-
die als Nachfolger Mohammeds einen Hasan erklärte jedoch seinen Verzicht auf
direkten Abkömmling des Propheten das Kalifat, und al-Husain fiel im Jahr 680
forderten, während die sunnitische in der berühmten Schlacht von Kerbela im
Mehrheit zwar auch einen Nachfolger aus heutigen Irak, womit alle direkten
Mohammeds Stamm, den Quraysh männlichen Nachfahren Mohammeds
verlangte, aber gleichzeitig dessen Wahl ausgelöscht waren. Al-Husain wurde zum
durch einen Rat (arab. sh ra) und seine Prototyp des schiitischen Märtyrers. Im
öffentliche Huldigung (arab. bay'a) Gedenken an Kerbela begehen die
forderte. Schiiten am 10. Tag des Monats
Muharram, dem Ash ra-Tag,
Ringen um die Macht umfangreiche Trauerfeierlichkeiten mit
Nach Meinung der Schiiten konnte nur auf Prozessionen und Geißlergruppen. Wer
einem Verwandten Mohammeds die bei den Passionsspielen und Umzügen
Segenskraft des Propheten liegen. Tränen für al-Husain vergießt, erhält Teil
Außerdem, so argumentierten die an seiner Erlösung, die er durch sein
Schiiten, habe Gott selbst Ali zum Leiden und seine Fürbitte für die
Nachfolger auserwählt und dies Gläubigen im Gericht erwirkt.
Mohammed vor seinem Tod mitgeteilt,
eine Ansicht, die Sunniten nicht teilten. Da Leiden wird in der Geschichte der Schia
alle leiblichen Söhne Mohammeds bereits zum Leitmotiv, das nach Alis und al-
vor ihm verstorben waren, wären die Husains Tod im - wie Schiiten meinen -
nächsten leiblichen Verwandten Märtyrertod aller schiitischen Imame
Mohammeds seine Enkel al-Hasan und al- (Leiter der islamischen Gemeinschaft) in
Husain gewesen, die allerdings beim Tod der Geschichte seine Fortsetzung findet.
Mohammeds noch Kinder im Alter von Die Gräber von Ali, al-Hasan und al-
etwa 6 und 8 Jahren waren. Daher Husain sind im schiitischen Volksislam für
bestimmten die Schiiten Mohammeds viele bedeutendere Wallfahrtsorte
Schwiegersohn Ali zum Anwärter auf das geworden als Mekka.
Kalifat.
Ali konnte sich jedoch nicht durchsetzen. Endzeithoffnung
In seiner Abwesenheit wurde noch 632 Nachdem die beiden Prophetenenkel al-
Abu Bakr zum ersten Kalifen (regierte Hasan und al-Husain im Kampf um das
632-634 n. Chr.) gewählt, danach folgten Kalifat gescheitert waren, verlagerten die
Umar (634-644) und Uthman (644-656). Schiiten ihre Hoffnung auf Herrschaft auf
Erst im Jahr 656 kam Ali (656-661) an die die Endzeit, in der Mahdi (der
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"Rechtgeleitete") als Erlöser sichtbar aus Splittergruppen, von denen die


der Verborgenheit wiederkommen und ein Zwölferschiiten die bedeutendste
Friedensreich aufrichten werde. Seinem Gruppierung ist. Darüber hinaus
Auftreten werden Sonnen- und existierten die Viererschiiten, die Zayditen,
Mondfinsternisse, Erdbeben, die Siebener- und Fünferschiiten.
Heuschreckenplagen und Wasserfluten
vorausgehen. Dann werden sich falsche Weltweite Verteilung
Mahdis erheben und Kriege Die Sunniten stellen heute mit rund 90%
gegeneinander führen. Am Ende sollen weltweit die Mehrheit der Muslime dar, die
Stürme die Erde reinigen und alle Schiiten eine Minderheit von 8-9%. Der
Krankheiten von den wahren Gläubigen Iran ist das einzige islamische Land, in
nehmen. Danach soll der wahre Mahdi in dem die zwölferschiitische Lehre
Mekka in der Ka'ba erscheinen und alle Staatsreligion ist. Heute leben Schiiten
sich ihm widersetzenden Ungläubigen außer im Iran (91%) in Syrien, dem Irak
erschlagen. Unter seiner Herrschaft wird (55%), dem Libanon (35-40%), der Türkei,
das Paradies auf Erden aufgerichtet Afghanistan (15-20%), Saudi-Arabien
werden. (5%), den Golfländern, Indien und
Pakistan (10-15%).
Lehre
Das herausragende Kennzeichen www.orientdienst.de
schiitischer Lehre ist der Glaube an den
Imam. Er ist der oberste Führer der
Gemeinde, ein von Gott auserwählter
Leiter, eine Art Vertreter des Propheten,
von dem er blutsmäßig abstammen muss.
Er interpretiert die Offenbarung des
Korans, vor allen Dingen dessen
verborgenen Sinn, den die Gläubigen
selbst nicht verstehen können. Er ist eine
Art Mittler zwischen Gott und der
Gemeinde, in seinen Lehrentscheidungen
unfehlbar und sündlos (arab. ma's m) und
hat übernatürliches Wissen. Die
Aussprüche der Imame besitzen für
Schiiten dieselbe Lehrautorität wie der
Koran. - Die Sunniten besitzen eine solche
unfehlbare Lehrinstitution nicht.
In Rechtsfragen sind die Unterschiede
zwischen Sunniten und Schiiten
erstaunlich gering. Im Wortlaut des
Gebetsrufs weichen sie von den Sunniten
geringfügig ab. Erwähnenswert ist die
Institution der Zeitehe auf schiitischer
Seite (eine vereinfachte Form der
Eheschließung von begrenzter Dauer mit
Entlohnung der Ehefrau), sowie die
Tatsache, dass nach schiitischem Recht
Männer und Frauen zu gleichen Teilen
erben.
Die Schiiten sind aufgespalten in mehrere
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Bekennen-Bekenntnis-Schahada gibt keinen Gott außer Mir...“ Sure 20,14.


Später wurde folgende Formel zum
Vorkommen und Gebrauch liturgischen Höhepunkt im Freitagsgebet:
1. Als erste der fünf Säulen des Islams „Sprich: Er ist der eine Gott, der ewige
finden wir das muslimische Gott; er zeugt nicht und wird nicht
Glaubensbekenntnis (arab. schahada), gezeugt, und keiner ist ihm gleich.“ Sure
das aus zwei Teilen besteht: „Ich bezeuge, 112.
dass es keinen Gott außer Gott gibt, und Die Aussage in frühen Koranversen, die
bezeuge dass Mohammed der Gesandte noch etwas abgeschwächt klingt: „Der
Gottes ist“ (arab.: „aschhadu an la ilaha Herr des Ostens und des Westens! Es
illa llah, aschhadu anna Muhammadan gibt keinen Gott außer ihm...“ Sure 73,9
rasulu llah“). entwickelt sich noch zu Mohammeds Zeit
Mit diesem Bekenntnis in Gegenwart von zu der klassischen Formel, die anlässlich
zwei Zeugen wird ein Nichtmuslim in die des Ritualgebets (Salat) heute noch gültig
islamische Gemeinschaft aufgenommen. ist und gesprochen wird:
Es folgt noch die Beschneidung des
männlichen Konvertiten. Diesen Schritt Inhalt
kann man nicht mehr rückgängig machen, „Ich bekenne, dass es keinen Gott gibt
ohne Kopf und Kragen zu riskieren: „Wer außer Allah“ ist der erste Hauptsatz des
seinen Glauben ändert, den sollt ihr töten.“ Islams. Die Übereinstimmung mit der
(Hadith: Buhari Nr. 2794). jüdischen und christlichen Vorgeschichte
Gott wird nach islamischer Auffassung alle in Inhalt und Form ist auffällig. Auch
Sünden vergeben bis auf die Sünde der Juden und Christen glauben nicht an
Beigesellung (Shirk), dem Götzendienst, Götter, sondern an einen einzigen Gott,
der neben Gott noch andere Götter der alles geschaffen hat. Mohammed hat
anbetet. diese Erkenntnis für sich übernommen
und zu einer Zentralaussage seines
2. Im weiteren Sinne ist die Schahada das Glaubens im Umfeld massiven
Zeugnis, das man dadurch ablegt, dass Götzendienstes gemacht. Der islamische
man für den Islam mit den Waffen kämpft, Monotheismus war ursprünglich eine
und vor allem dadurch, dass man für ihn Kampfansage gegen alle falschen Götter
im „Heiligen Krieg“ stirbt. Den Muslim, der und Göttervorstellungen auf der
in der Schlacht fällt, nennt man Schahid, arabischen Halbinsel. Doch dabei blieb es
d.h. Zeuge, Märtyrer. In der Türkei werden nicht. Die Schahada wurde zur Basis des
die für das Vaterland gefallenen Soldaten islamischen Glaubens (nur diesen einen
Schehit (Sehit) genannt. Gott gibt es, und wer bei anderen Göttern
sucht, wird verdammt).
3. Im bürgerlichen und gesetzlichen Sinne
kann man als Zeuge aussagen, z.B. als Doch auch als Stützpunkt für Angriffe
Trauzeuge oder im Falle eines Ehebruchs. gegen den christlichen Glauben dient die
Schahada. Jesus Christus werden im
Entwicklung der Schahada Koran folgende Worte in den Mund gelegt:
In der Frühzeit des Islams predigte „Und es sprach doch der Messias: ‚O ihr
Mohammed noch keinen exklusiven Kinder Israel, dienet Allah, meinem Herrn
Monotheismus und damit auch noch keine und eurem Herrn.‘ Siehe wer Allah Götter
klare Schahada (Johan Bouman: Das an die Seite stellt, dem hat Allah das
Wort vom Kreuz und das Bekenntnis zu Paradies verwehrt, und seine Behausung
Allah, s.S. 15). Später erst predigte er ist das Feuer.. Wahrlich, ungläubig sind,
konsequent den kompromisslosen Ein- die da sprechen: ‚Siehe, Allah ist ein
Gott-Glauben: „Siehe, ich bin Allah. Es dritter von drei.‘ Aber es gibt keinen Gott
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denn einen einigen Gott.“ Sure 5,72f Das Zeugnis des Christen beruht auf der
Nach dem Koran soll Jesus die gleiche Heilstatsache durch Christus, während die
Schahada bezeugt haben wie Schahada auf dem Bekenntnis zum
Mohammed: Sure 5,72; 3,51; 19,36 und Tauhied (Einssein Gottes) und zur
43,64: „Allah ist mein Herr und euer Herr“ Prophetenschaft Mohammeds beruht: „er
ist EINER und tut seinen Willen durch
Der zweite Hauptsatz ist: „Mohammed ist Mohammed kund.“
der Botschafter Allahs“ Zeugen von Christus sind wir nicht mit
Der erste Hauptsatz sagt, wer Gott ist: gewandten, vorformulierten Worten. Die
nämlich ein einziger Gott, keine Götzen, Kraft zum Zeugnis kommt durch den
auch keine drei Götter. Der zweite Heiligen Geist selbst. Im Gegensatz zum
Hauptsatz sagt, wer diese Information im Islam wissen Christen von dem
Auftrag Allahs als sein Botschafter (rasul) Schöpfergott, der durch sein Wort und den
verkündigt hat. Die Quelle dieser Geist diese Welt geschaffen hat. Er hat
Offenbarung soll Gott selbst sein, und von Anfang an im Plural von sich
Mohammed soll diese Information gesprochen und ist doch der einzige
lupenrein weitergegeben haben. Die wahre Gott. Er lässt sich in seinem Sohn
absolute Loyalität Mohammed gegenüber Jesus Christus zu dieser Welt herab, um
ist also im Islam untrennbar verknüpft mit sie zu retten und die Sünden der
dem Bekenntnis, dass es nur einen Gott Menschen vergeben zu können. Damit
gibt. Im Gebetsruf (ezan) sind beide kommen sie durch den Heiligen Geist zur
Hauptsätze der Schahada zentrale Gemeinschaft mit Ihm.
Bestandteile. Mohammed steht mit seiner
Lehre und Leben dem von Christus in Dazu sollen wir Muslime einladen: zu einer
vielen entscheidenden Punkten entgegen. lebendigen Beziehung zu einem
Somit können Christen diesen lebendigen Gott. Unseren muslimischen
Mohammed leider nicht annehmen. Freunden fällt es schwer, das christliche
Bekenntnis zu akzeptieren und es ist doch
Praxis ihre einzige Rettung: „Wenn du mit deinem
Die Schahada ist ein Wort für alle Fälle: Mund bekennst: ‚Jesus Christus ist der
wenn die Geduld zu Ende geht, beim Herr!‘ und wenn du von ganzem Herzen
Aufstehen und Schlafengehen, sie wird glaubst, dass Gott ihn von den Toten
bei jedem Gebetsruf benützt: 15 mal am auferweckt hat, dann wirst du gerettet
Tag, in den täglichen rituellen Gebeten. werden.“ Röm 10,9
Laut Hadith (Buhari Nr. 3050): Wer sie
100 mal am Tag aufsagt, bekommt 100 www.orientdienst.de
böse Taten vergeben bzw. 100 Werke
gutgeschrieben. Deshalb besteht ein
magisches Verständnis dieser Schahada-
Formel. Nichtmuslime werden ermutigt,
die Schahada auszusprechen, damit sie
so Muslime werden (der Autor kann das
von der Türkei berichten, wo versucht
wurde, seinen 5-jährigen Sohn zum
Muslim zu machen). Die Schahada sollte
beim Sterben zu den letzten Worten eines
Muslim gehören.

Bewertung der Schahada aus biblischer


Sicht
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Ängste im Volksislam Der böse Blick wird als Ursache für


Krankheit gesehen. Wobei es verboten ist,
Der offizielle Glaube der Muslime ist jemand direkt des bösen Blicks zu
weitgehend bekannt. Es gibt dazu beschuldigen. Eine Person, die z.B. blaue
verschiedenste Veröffentlichungen, selbst Augen und langes blondes Haar hat, kann
in deutschen Schulen befassen sich die Ursache für ein Unglück sein, weil
Schüler mit der Religion Islam. Auf den durch sie böse Geister auf etwas
inoffiziellen Glauben, den Volksislam und Wertvolles aufmerksam werden, was die
reale Ängste der Muslime stößt man im Geister dann zerstören wollen. Gegen
Alltag. Die Eigenarten und diesen bösen Blick wird das „Nasar
Ausdrucksformen des Volksislams sind Bondschuu“ eingesetzt, eine blaue
sehr unterschiedlich. Orte von toten Glaskugel am Auto, in der Auslage im
Heiligen genießen besonderen Zulauf. Bei Geschäft oder an der Kleidung eines
Erfolg wird ein Tieropfer gebracht oder Kleinkinds. Wenn es zerbricht, soll es
sonst ein gutes Werk im Namen des einen bösen Blick auf sich gelenkt haben.
„Heiligen“. Die Schönheit von Kleinkindern sollte nicht
gelobt werden, weil dadurch wiederum die
Vielfältige Angstauslöser bösen Geister aufmerksam werden und
Wenn größere Probleme des alltäglichen ihm schaden würden. An Stelle dessen
Lebens auftauchen, wie Krankheit, wird gerne das Wort „Maschallah“
Hochwasser, Dürre, Missernte, Unfall und ausgerufen, das den Namen Gottes
Krieg wird Hilfe an Orten oder bei enthält. Aus Angst vor Schaden werden
Personen besonderer Kraft gesucht. Das Amulette oder Glücksbringer getragen, die
Leben bringt natürlich noch eine Reihe Schutz gewähren sollen. Vor den Dschinn
kleinerer Probleme mit sich, die Ängste (Geistern) herrscht Angst, sie können in
auslösen können, wie z.B. die Angst vor der Gestalt von Tieren, Menschen oder
bösen Geistern. Steinen auftreten. Ihr Ziel ist es, auf die
Welt der Menschen und Kreaturen
Hilfe im Animismus? überzugreifen und sie in ihre eigenen
Sehr entscheidend ist nun die Frage, wo Launen und Wünsche zu verwickeln.
der Betroffene Hilfe sucht und welche
Antworten er auf seine Angst findet. Talismane sollen auch offensichtliche
Vielfach ist festzustellen, dass gerade hier Magie unwirksam machen und
das animistische und nicht orthodox Krankheiten vertreiben. Einzelne
muslimische Denken zum Vorschein Koranverse werden in kleinen
kommt. Denn Gott ist ja weit entfernt und Ledertäschchen um den Hals oder in die
Hilfe nur bei jemand zu finden, der selber Kleidung eingenäht getragen. Werden
Mensch ist oder war. Das ist dann oft nicht Flüche ausgesprochen, sind Dschinn oder
ein Theologe oder Gebildeter, sondern ein tote Heilige durch die Flüche zu einer
Mensch, der durch übernatürliche Mitarbeit gezwungen, sonst kommen die
Machterweise Autorität genießt. Wie stark Folgen des Fluches über die Dschinn
das animistische Denken im Alltag selbst. Magie und Zauberei sind in der
verankert ist, zeigt sich daran, welche islamischen Welt machtvolle Kräfte. Magie
Mittel zur Angstbewältigung eingesetzt kann sowohl zum Heilen als auch als
werden: Reicht das Eingreifen eines Auslöser oder Zerstörer der Liebe
Heiligen, das Aussprechen bestimmter verwendet werden. Streitenden kann sie
Schwüre oder ist der Einsatz von Magie übernatürliche Kräfte geben.
nötig?

Übliche Ängste und 'Hilfsmittel' 'Geistliche' im Volksislam


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Eine große Zahl inoffizieller Geistlicher er leicht in den Ruf eines Feiglings. Ein
(männliche und weibliche Nicht- Konflikt tendiert dazu, sich aufzuheizen,
Theologen) überwacht in Krisenzeiten die weil er von keinem mehr ohne
Einhaltung bestimmter Riten. Für jede Art Gesichtsverlust abgebrochen werden
von Angst und Sorge haben sie eine kann. Am Ende steht manchmal die von
Lösung. Vielfältig sind ihre Funktionen, da allen gefürchtete Blutrache. Nur durch das
sie von der jeweiligen Fähigkeit abhängen: Vermitteln Dritter kann die
Auseinandersetzung beendet werden,
Gebetsschreiber: Sie verarbeiten ohne dass eine der beiden Seiten einen
bestimmte Koranverse zu Glücksbringern Statusverlust erleidet.
und Talismanen. Medizinmänner: Viele
Jahre sorgten sie in Westafrika für die Angst vor westlicher Dekadenz
Ausbreitung des Islam, weil sie durch Manche Muslime in der westlichen Welt
Kräutermedizin, Glücksbringer, Amulette fürchten sich auch vor uns und unserer
und durch Exorzismus 'halfen' und für den westlichen Zivilisation. Sex im Fernsehen,
Islam warben. Wahrsager: Sie 'finden' Enttabuisierung aller Moralvorstellungen –
Ursachen für Krankheiten und behandeln das passt nicht zu einer Schamkultur, wo
sie entsprechend. Sie sagen zukünftige ähnliches heimlich und versteckt läuft.
Ereignisse voraus und geben damit Frauen wollen und sollen sexuell rein in
Anweisung zum Handeln. Exorzisten: Sie die Ehe gehen. Ihre Keuschheit ist der
spielen eine große Rolle bei einer Kern ihrer Ehre – das unterscheidet sie
Gesellschaft, die menschliche von ehrlosen Frauen. Muslime stellen
Schwierigkeiten als Ergebnis göttlichen sich folgende Fragen selten: Stehen in der
Eingreifens sieht. Hoca: Der türkische westlichen Welt Christen hinter den
geistliche Führer eines Dorfes kann freizügigen Fernsehprogrammen oder
gleichzeitig der Dorfzauberer sein. Mullah: Zeitschriften? Oder gibt es hier etwa auch
an ihn wenden sich Kurden bei viele Gottlose, die nur dem Namen nach
Krankheiten, Exorzismus und wegen Christen sind? Auch wenn sie unter uns
Glücksbringern. Zauberer: Sie leben, vermeiden manche Muslime sehr
spezialisieren sich z.B. auf die Magie in konsequent freundschaftliche Kontakte mit
Sachen Liebe. Sie können sexuelles Nichtmuslimen. Man kann beinahe sagen:
Verlangen verstärken oder dämpfen oder je kürzer die eigene Schulbildung, desto
sie bemühen sich, ein mögliches Paar größer ist oft auch die Angst. Manche
zusammenzubringen. Sie helfen auch, Mullahs fordern sie zu solcher Distanz und
einen unliebsamen Ehemann Scheu geradezu auf. Sie erlauben nicht,
auszuspannen zu Gunsten eines anderen. dass ihre Gläubigen mit Nichtmuslimen
Hebamme: Im Volksglauben ist sie wie irgendwelche Feste feiern. Manche
eine Geistliche. Ihre Hilfe ist gefragt bei zu Muslime können nach ihrer Auffassung in
viel oder zu wenig Fruchtbarkeit. Teilweise Westeuropa nur überleben, wenn sie mit
wird sie auch als Heilerin für gewöhnliche vielen anderen Muslimen 'Inseln religiöser
Krankheiten befragt. Kultur in einem Meer dekadenter
westlicher Zivilisation' bilden. Diese
Ängste bei Konfliktbewältigung Einigelung und Abschottung erschwert
Der muslimische Mann gilt als Verteidiger den alltäglichen Umgang mit ihnen und
des Familienrufs. Wird ein verursacht für sie selbst eine Reihe von
Familienmitglied durch einen Schwierigkeiten.
Außenstehenden beleidigt oder verletzt,
ist er als Haushaltsvorstand verpflichtet, Christen begegnen Ängsten von Muslimen
zu reagieren. Reagiert er nicht, d.h. er hält Muslime haben Angst, den von Gott
die Ehre der Familie nicht aufrecht, kommt gesandten Retter Jesus Christus im Gebet
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anzusprechen. Die starke Verunsicherung,


sich nicht an Allah zu wenden und dem
Verbrechen des Abfalls vom Islam
Vorschub zu leisten, hält viele davon ab.
Doch in Krisenzeiten sind Muslime offen
für ein Fürbittegebet im Namen von Jesus.
Viele können bezeugen und spüren, dass
Jesus eingreift. Das stärkt ihr Vertrauen
und lässt sie später auch im Namen Jesu
beten. Für Beziehungen ist wichtig, sich
mit der weniger bekannten Welt des
Volksislam zu beschäftigen, um überhaupt
wirkliche Angst verstehen zu können.
Angst vor unserer westlichen Lebensweise
kann vor allem durch persönliche Kontakte
abgebaut werden, in denen der gelebte
Glaube für sie fassbar und ein Stück
sichtbar wird.

Für uns Christen muss der Dreiklang


unseres Auftrags neu erfasst werden:
Predigt, macht Kranke gesund, treibt böse
Geister aus! (Mt 10,8)

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Der Mensch - nach den Aussagen des diese Möglichkeiten bei seiner
Koran Erschaffung gegeben worden waren." - Es
bleibt unklar, ob der Mensch wirklich "gut"
Der Koran - wie auch die Bibel - spricht geschaffen worden ist.
vom Menschen immer in seiner
Beziehung zu Gott. Der Mensch ist nicht Die hohe Stellung des Menschen
ein Produkt des Zufalls, sondern
Geschöpf des Allmächtigen, dem er auch Der Mensch wird von Gott eingesetzt als
verantwortlich ist. Alle Menschen Stellvertreter (Khalifa) - als Herrscher über
stammen von einem gemeinsamen die Schöpfung an Stelle des Herrschers,
Elternpaar ab (Sure 49,13; 4,1) und sind Gott selber (2,30). Die Engel sagen
deshalb vor Gott gleich. allerdings im Blick auf den Menschen zu
Gott (2, 30): "Willst Du auf ihr (der Erde)
Die Erschaffung des Menschen einen einsetzen, der auf ihr Unheil stiftet
und Blut vergießt..?" - Es erstaunt, dass
Gott formte den Menschen aus Ton sie von vornherein dem Menschen nichts
(15,26) und hauchte dann von Seinem Besseres zutrauen. Gott korrigiert ihre
Geist in ihn hinein (15,29). Im Koran Aussage nicht, erklärt aber auch nicht,
finden wir aber nirgends eine Aussage, warum er dennoch dem Menschen die
dass der Schöpfer durch dieses Herrschaft über die Erde anvertraut. Gott
Anhauchen mit Seinem Geist dem befiehlt dann sogar den Engeln, sich vor
Menschen eine besondere Nähe zu Ihm Adam (anbetend!) niederzuwerfen (2,34;
selber verliehen oder eine persönliche 15,29) - während im Islam sonst
Beziehung zwischen Gott und Mensch ausschließlich Gott angebetet werden
hergestellt hat; dass der Mensch "nach darf.
dem Bild Gottes" geschaffen worden sei,
kommt im Koran nicht vor. Adams Sündenfall

Das Urteil über den von Gott erschaffenen Auch der Koran kennt die Geschichte vom
Menschen kann recht unterschiedlich Sündenfall. Hier spielt Iblis, der Satan,
lauten. Einmal sagt Gott (95, 4): "Wir eine wichtige Rolle. Aus Überheblichkeit
haben den Menschen in bester Form widersetzt er sich als einziger dem Befehl
erschaffen." Dann heißt es aber auch (4, Gottes, sich vor Adam niederzuwerfen.
28): "Der Mensch wurde schwach Daraufhin wird er von Gott aus dem
erschaffen" und (70, 19): "Der Mensch Paradies verwiesen, erbittet sich aber
wurde ungeduldig (oder: kleinmütig) Aufschub bis zum Tag des jüngsten
erschaffen". In der Koran-Übersetzung Gerichts, um nun zu versuchen, die
von A. Yusuf Ali wird dazu erklärend Menschen ebenfalls abirren zu lassen -
angemerkt (übersetzt aus dem was ihm auch gelingen soll, außer bei
Englischen): "Nach Gottes Plan sollte der Gottes auserwählten Dienern (S 15, 34-
Mensch in der besten Verfassung sein. 40). Gott warnt die Menschen vor diesem
Damit er seine hohe Bestimmung erfüllen Versucher, sie lassen sich
könne, wurde ihm jedoch in einem aber betören und verführen (7, 22).
eingeschränkten Maß freier Wille
gegeben. Der falsche Gebrauch dieses Nach dem Koran ist Adams Sünde ein
freien Willens macht seine Natur schwach, Fehltritt (2, 36), nicht Abfall von Gott und
voreilig oder ... ungeduldig. Das geschieht Zerstörung der Beziehung zu Ihm.
durch die eigene Handlungsweise des Deshalb ist die Folge auch nicht so
Menschen; es wird aber von ihm gesagt, schwerwiegend wie im biblischen Bericht:
er sei so erschaffen worden, weil ihm Statt der Ankündigung: "... sonst werdet
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ihr sterben" (1. Mose 2,17) warnt Gott den ist die natürliche Art, in der Gott die
Menschen vor Satan: "Dass er euch nur Menschen erschaffen hat. Die Art und
nicht aus dem Paradies vertreibt und dich Weise, in der Gott (die Menschen)
unglücklich macht!" (20, 117) Durch die geschaffen hat, kann nicht abgeändert
Sünde schadet der Mensch nur sich werden. Das ist die richtige Religion."
selber: "Unser Herr, wir haben uns selbst Diese Urreligion (42,13) ist der Islam. Der
Unrecht getan." (7, 23) Mensch ist also als Muslim erschaffen
worden; auch jedes Kind wird eigentlich
Adam wird allerdings von Gott irgendwie als Muslim geboren und erst durch seine
wieder zurechtgebracht. "Hierauf erwählte Umgebung zu einem Anhänger einer der
ihn sein Herr und er wandte sich ihm verfälschten Religionsformen gemacht.
wieder zu und leitete ihn recht" (20, 122) - Der Mensch steht immer zwischen der
ohne dass erwähnt wird, ob und in welcher Gefährdung durch die Versuchung Satans
Weise Gott sich mit dem Problem der einerseits und dem gnädigen Angebot der
Sünde befasst. Weder scheint der Mensch göttlichen Leitung andererseits (vgl.
ein Knecht der Sünde geworden zu sein, Bouman, Gott und Mensch im Koran, S.
so dass er Erlösung brauchte, noch 16).
erscheint die Beziehung zu Gott als so
gestört, dass Versöhnung nötig wäre. Die Verantwortlichkeit des Menschen
Adam und Eva
werden zwar aus dem Paradies An vielen Stellen betont der Koran, dass
vertrieben, aber ihnen wird gesagt: "Wenn der Mensch für sein ewiges Geschick
dann von mir eine Rechtleitung zu euch selber verantwortlich ist. Da Gott den
kommt, dann haben diejenigen, die Menschen durch die Gesandten die
meiner Rechtleitung folgen, nichts zu Rechtleitung zukommen ließ, ergibt sich
befürchten und sie werden nicht traurig aus der Stellung zu ihnen das Schicksal
sein." (2, 38f) - Angesichts der Tatsache, bei der letzten Abrechnung (7, 35-37).
dass der Islam den Gedanken der Wer Muslim ist, kann hoffen, ins Paradies
"Erbsünde" vehement ablehnt, erstaunt eingelassen zu werden, vielleicht auch
es, wie pessimistisch der Koran an vielen noch einige von den "Leuten des Buches",
Stellen über den Menschen redet: Der auf keinen Fall aber die Götzendiener, die
Mensch ist ungerecht und undankbar Allah andere Götter zur Seite stellen. -
(14,34 u.ö.), voreilig (17,11), geizig Alle, die sich von Satan haben irreführen
(17,100), ungehorsam (80,23), frevelhaft lassen, werden am Tag des Gerichts
(96,6) und stürzt sich selbst ins Verderben gefragt werden: "Habt ihr denn keinen
(103,2). Verstand gehabt?" (36, 62)

Die Bestimmung des Menschen Andererseits klingen manche Koranverse


aber so, als ob Gott gar nicht alle
Alle Menschen befinden sich in derselben Menschen auf den rechten Weg leiten
Stellung vor Gott wie die Stammeltern bei wolle: "Und wenn dein Herr gewollt hätte,
ihrer Erschaffung; trotz ihrer Schwäche hätte er die Menschen zu einer einzigen
haben sie die Fähigkeit, ihre von Gott Gemeinschaft gemacht. Aber sie sind
gewollte Bestimmung zu erfüllen: "Und ich immer noch uneins, ausgenommen
habe die Dschinn und Menschen nur dazu diejenigen, derer dein Herr sich erbarmt
geschaffen, dass sie mir dienen." (51,56) hat. Dazu (d. h. damit sie uneins seien
Der wahre Gottesdienst besteht im und von der Wahrheit abirren) hat er sie
Befolgen der richtigen Religion (30, 30): (d. h. die Menschen) geschaffen. Und das
"Richte nun dein Antlitz auf die Religion Wort deines Herrn ist in Erfüllung
als Anhänger des reinen Glaubens! Das gegangen (das besagt): ,Ich werde
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wahrlich die Hölle mit lauter Dschinn und


Menschen anfüllen.'" (11,118+119 nach
Paret; vgl. auch 32,12+14 und 7,179)

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Paradieserwartung im Islam Wie sieht es dort aus?


"Es wird lebensfrohe Gesichter geben, die
Mohammed hat sich zu seinen Lebzeiten mit dem Eifer, den sie bei ihren (guten)
immer wieder mit Paradies und Hölle Werken gezeigt haben, zufrieden sind und
beschäftigt. In vielen Koran-Suren werden sich in einem hochgelegenen Garten
Gesinnungsgenossen mit der Aussicht auf befinden, in dem sie kein (leeres) Gerede
die Freuden im Paradies angespornt. hören, und in dem es eine (ständig)
Gegner, Scheinheilige oder Halbherzige fließende Quelle gibt, und dick gepolsterte
werden mit den furchtbaren Qualen der (w. erhöhte) Ruhebetten, bereitgestellte
Hölle gewarnt. Bis heute lassen sich junge Humpen, Kissen eines neben dem
Selbstmord-Attentäter und gewaltbereite andern, und Teppiche, die da und dort
Kämpfer mit bestimmten (auf dem Boden) ausgelegt sind" (88,8-
Paradieserwartungen locken, ihr Leben 16).
aufs Spiel zu setzen. Werden sich ihre "Auf golddurchwirkten Ruhebetten liegen
Hoffnungen erfüllen? sie (die, die Gott nahe stehen) einander
gegenüber, während ewig junge Knaben
Der Paradies-Garten und wer hineindarf unter ihnen die Runde machen mit
Der arabische Begriff für Paradies im Humpen und Kannen (voll Wein?) und
Koran, 'janna', bedeutet "Garten". Das einem Becher (voll) von Quellwasser (zum
verwandte türkische Wort 'cennet' steht Beimischen?), von dem sie weder
auch für Paradies, veraltet für Garten. Das Kopfweh bekommen noch betrunken
Paradies besteht aus mehreren Gärten werden und (mit allerlei) Früchten, was
(55,46ff.) und wird von Wärtern bewacht (immer) sie wünschen, und Fleisch von
(39,73). Schon vor dem Eintritt ins Geflügel, wonach sie Lust haben. Und
Paradies werden den Gläubigen Häuser großäugige Huris (haben sie zu ihrer
oder Gemächer versprochen (39,20; Verfügung), (in ihrer Schönheit)
29,58). Sie werden dort ewig leben und wohlverwahrten Perlen zu vergleichen"
somit ewig vor dem Höllenfeuer verschont (56,15-23). "Wir geben ihnen großäugige
(44,56). In den Traditionsschriften wird die Huris als Gattinnen" (52,20).
unvorstellbare Größe des Paradieses
bildhaft beschrieben: "Es gibt einen Baum, In diesen Zitaten wird deutlich, dass Allah
in dessen Schatten ein Reiter hundert eine Fülle an bestem Essen und Trinken
Jahre lang dahinreiten kann, ohne je den für seine Gläubigen verspricht. Die
äußeren Rand des Schattens zu Qualität der Schalen und Becher spielt
erreichen" (al-Buchârî). Alle diejenigen dabei auch eine Rolle: Silber (76,15-16)
werden belohnt, die "glauben und tun, was bzw. Gold (43,71). Darüber hinaus stellt er
recht ist" (2,25), die "Gottesfürchtigen" ihnen großäugige Huris als Gattinnen zur
(52,17). Das Bild von der Waage spielt für Verfügung. 'Huri' ist von dem arabischen
die Beurteilung eine wichtige Rolle. "Wer Begriff 'hûr' abgeleitet und bedeutet:
(aufgrund seiner guten Werke) schwere "diejenigen, in deren Augen das Weiße
Waagschalen hat" (101,6ff.), dem wird in und das Schwarze stark hervortreten"
Aussicht gestellt, dem lodernden Feuer zu (Vermutung von Horovitz). Mit diesem
entgehen. Obwohl die guten Werke Ausdruck wird auf die besondere
wichtig sind, ist der richtige Glaube das Schönheit dieser Frauen hingewiesen. (In
Hauptkriterium für Akzeptanz bei Gott. Europa wurde bei 'huri' häufig an 'Hure'
Die wahren Gläubigen dürfen für ewig in gedacht, ohne die eigentliche
das Paradies, in die "Gärten der Wonne" Wortbedeutung zu kennen.) Die Frage
(56,26) oder in die "Gärten von Eden" dabei ist, ob an die Ehefrauen der
(19,61) eingehen. Gläubigen (gereinigte Gattinnen, 2,25;
3,15; 4,57) zu denken ist, die mit ins
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Paradies eingegangen sind oder an nicht- suchen. Dass die Gläubigen Gott sehen
irdische Wesen, die Gott als Jungfrauen werden, könnte in Sure 75,22-23 vermutet
extra geschaffen hat. Dass es sich nicht werden: "es wird strahlende Gesichter
um die Ehefrauen handelt, deuten geben, die auf ihren Herrn schauen". Die
verschiedene Aspekte an: Theologen sind unterschiedlicher Ansicht,
"Jungfrauen...heiß liebend und ob damit tatsächlich das Anschauen
gleichaltrig" (56,36-37), "mit schwellenden Gottes gemeint ist oder nur bildlich das
Brüsten" (78,33), "Hyazinthen und Erkennen Gottes. Ein Hadith (Buhari und
Korallen vergleichbar" (55,58), "die vor Muslim) besagt: "Der Prophet sagte: 'Ihr
ihnen weder Mensch noch Dschinn werdet euren Herrn genauso sehen' (wie
(Geister) entjungfert haben" (55,56). ihr den Vollmond sehen könnt)".
Unumstritten ist, dass sich Gott auf
Ein ausgesprochenes 'Männerparadies'? irgendeine Weise den Gläubigen zu
"Allah lässt keinen ins Paradies eingehen, erkennen geben wird. In
ohne ihn mit 72 Partnerinnen zu Traditionsschriften wird deutlicher davon
verheiraten" (Hadith). Aufgrund dieser und gesprochen: "Wünscht ihr euch, dass ich
ähnlicher Paradies-Zitate bekommt der euch noch mehr gebe? Da zieht er den
Leser den Eindruck, dass alle Vorhang weg. Siehe, ihnen ist nichts
menschlichen Wünsche der Männer in geschenkt worden, was ihnen lieber wäre
Erfüllung gehen werden. In wenigen als das Hinschauen zu ihrem Herrn"
Suren, wie in 33,35, wird auch von (Muslim). Oder: "Der Herr erscheint über
muslimischen Frauen gesprochen. Die, ihnen von oben. Er sagt: 'Friede sei über
die ihre Pflichten tun: "für sie hat Gott euch, ihr Leute des Paradieses!' Er schaut
Vergebung und gewaltigen Lohn bereit". zu ihnen, und sie schauen zu ihm...bis er
Auch ihre frommen Nachkommen (Kinder) ihnen verhüllt wird" (Ibn Madja). Offenbar
werden mit dem Paradies belohnt werden wird sich Allah auch im Jenseits willkürlich
(13,23; 40,8). In Sure 43,70 werden verhalten und selbst bestimmen, wem er
Männer geradezu aufgefordert, "geht mit sich zeigen wird und für wie viele
euren Gattinnen ins Paradies ein und Augenblicke.
ergötzt euch". Josef Horovitz sieht eine
geschichtliche Entwicklung: In der Frühzeit Koran-Zitate nach Rudi Paret.
des Islam betonte Mohammed stärker die
materiellen Genüsse des Paradieses – www.orientdienst.de
vielleicht in Anlehnung an die
Schilderungen arabischer Dichter. Zu
dieser Zeit machte er über den Verbleib
der gläubigen Frauen noch keine
Angaben. In späteren
Paradiesschilderungen sprach er von
Frauen und Kindern im Paradies und ließ
die rein materiellen Genüsse etwas in den
Hintergrund treten.

Welche Rolle spielt Allah im Paradies?


Zum Paradies gehören auch die Nähe und
"das Wohlgefallen Gottes", was der Koran
selbst als höher bewertet als alle
materiellen Genüsse (3,15; 9,72). Doch
solche Zitate muss man neben allen
anderen Aussagen fast mit der Lupe
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Die Moschee Mekka als Gebetsrichtung benutzt. Es gibt


Herkunft der Moschee verschiedene Arten von Moscheen,
Das arabische Wort für Moschee darunter offene Moscheen,
„masdschid“ bedeutet „Ort, wo man sich Kuppelmoscheen, Grabmoscheen (im
niederwirft“. Die Haupt-Moschee blieb für Hadith umstritten) mit Reliquienkult,
Mohammed immer das Heiligtum in persische Moschee-Medressen. Die
Mekka (Sure 2,144). Gegner der berühmtesten Moscheen neben dem
islamischen Religion wurden vom Besuch Heiligtum in Mekka sind die Moschee in
der Haupt-Moschee ausgeschlossen Medina, die Große Moschee in
(9,17.18; 9. Jahr nach der Hidschra). Damaskus, und schließlich in Jerusalem
Die „Salat“-Gebete, die für Muslime die: „Al-Masdschid al-aksa“ (691 n. Chr.;
fünfmal täglich vorgeschrieben sind, Sure 17,1).
wurden anfangs in Privathäusern bzw. im
Freien verrichtet, bis Mohammed in Verwendung einer Moschee
Medina an die Macht kam. Hier kam es Viele Hadith-Traditionen bezeugen, dass
zur Gründung der ersten Moschee. Nach es in Moscheen nicht gerade „heilig“
der Tradition soll Mohammed auf einem zuging. Heute gelten allgemein einige
Kamel reitend nach Medina gekommen Anstandsregeln. Dazu gehört, nicht laut zu
sein; das Kamel habe nach eigener Lust rufen und sich zum Freitagsgottesdienst
und Laune auf einem Grundstück (Pflicht für männliche Muslime) zu
angehalten. Mohammed habe daraufhin parfümieren. Weiter müssen Frauen ein
das Grundstück gekauft und sein Haus Kopftuch tragen und außerhalb der
darauf errichtet, das auch eine Blickweite der Männer beten. Außerdem
Gebetsstätte enthielt, die erste Moschee. werden Tote nicht in der Moschee,
sondern vor der Freitagsmoschee
Die arabische Kultur kannte keine aufgebahrt. Da sich im Islam Religion und
herausragende Architektur. Selbst das Politik nicht trennen lassen, wurde die
Götzenheiligtum in Mekka war im 7. Jhd. Moschee auch immer als soziales und
nur aus Holz und Stein recht unansehnlich politisches Zentrum verwendet, in dem
gebaut. Der Islam übernahm von den man Geschäfte abwickelte und sich zum
unterworfenen Völkern Elemente ihrer Gericht und zu Verhandlungen traf.
Kunst für den Moscheebau. Aber der Theologisch wurde sie als Platz für
einfache Grundriss mit dem offenen Hof Koranrezitationen, als Lehrstelle,
und den überdachten Gebetshallen, die wissenschaftliche Institution und Bibliothek
auf das Haus Mohammeds in Medina gebraucht. Sie wurde aber auch als
zurückgehen, änderte sich im Laufe der Hospital verwendet, als Wohnung für
Geschichte nie. Deshalb finden wir auch durchreisende und obdachlose Muslime,
keine Einrichtungsgegenstände, außer als Ort des Ausruhens und des
einem Schränkchen für den Koran und Gesprächs. Städtische Händler und
andere Bücher. Details und Verzierungen Handwerker sitzen in den Läden des
wurden im Laufe der Jahre hinzugefügt, Basars im Zentrum einer Stadt, die meist
besonders aber eine Neuerung, das an die Große Moschee angelagert sind.
Minarett, das ursprünglich nicht vorhanden
war. Mohammed ließ noch von einem Teile einer Moschee
höheren Dach eines Hauses den Das arabische Wort „manara“stehtfür
Gebetsruf ertönen. Viele Kirchen, „Minarett“ und meint ursprünglich den
Synagogen und Tempel unterworfener Wachturm an der Küste, mit dem per
Gebiete wurden zu Moscheen Lichtsignal Meldungen weitergegeben
umfunktioniert, d. h. die Bilder wurden.
überstrichen und eine Wand in Richtung „Mihrab“ (oder „Kibla“) ist die
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Gebetsnische in einer Wand Richtung Für Herrscher wurde zuweilen bei der
Mekka. Diese Wand ist das wichtigste der Gebetsnische eine „maqsura“, eine Fläche
Moschee und immer reichlich verziert. Seit durch Gitter vom gemeinen Volk
709 n. Chr. ist sie durch eine abgetrennt.
Gebetsnische betont. Sie wird nicht als „Midaa“, die Waschanlagen sind nötig,
heilig betrachtet. weil das Gebet rituelle Reinheit
„Minbar“ ist die Predigtkanzel für die voraussetzt, um vor Gott gültig zu sein.
Freitagspredigt („Khutba“) zur Rechten der Inschriften in arabischer Kalligraphie mit
Gebetsnische. Die Predigt (ca. 5-10 Min.) Koransuren, den Namen der vier
wird stehend, wie Mohammed es tat, auf rechtgeleiteten Kalifen und Mohammeds
einer der untersten Stufen der Treppe werden an dem Gewölbe oder der Wand
gehalten. Nur der Prophet predigte von angebracht. Figürliche Darstellungen sind
der höchsten Stufe. Ursprünglich hatte sie den Muslimen verboten.
nur 3 Stufen. Die Zuhörer sitzen auf dem Am Freitag wird zum frühen Nachmittag
Boden. Meineide auf oder neben dem eine Predigt, die sogenannte „Khutba“,
„Minbar“ geschworen, haben unbedingt vom „Hodscha“ auf der „minbar“
die Hölle zur Folge. vorgetragen, eine Lobrede auf Allah und
„Kursi“ ist ein Pult für den Koranrezitierer Mohammed. Ein Vorbeter, der Leiter des
(„Kari“). Es wird von hier auch unter der „Salat“, der bezahlte „Imam“ steht
Woche oder an Feiertagen eine während des Gebetes vor der
Ansprache gehalten (bis zu 30 Min.), wenn Gebetsnische. Eine Moschee mit
am Freitag, dann vor dem eigentlichen regelmäßiger Freitagspredigt nennt man
Freitagsgebet. Das Pult befindet sich „Dschami“.
neben der „Dakka“, wenn diese vorhanden
ist. www.orientdienst.de
„Dakka“, ein Holz- oder Steinpodium, steht
in einer Richtung mit der Gebetsnische.
Von dem Podium aus werden die
Gebetsbewegungen synchronisiert und für
die Beter wiederholt, die weiter hinten im
Hof beten. Große Moscheen haben meist
neben der „Dakka“ auch einen eigenen
Frauenteil. Allgemein werden Frauen aber
nicht ermutigt, in die Moschee zu gehen.
Lampen und Leuchter sind wichtige
Bestandteile der Moschee. Besonders im
Ramadan wird die Moschee auch
äußerlich festlich beleuchtet. Vor Betreten
der Moschee werden die Schuhe im Regal
abgestellt. Damit soll die Moschee vor
Unreinheit bewahrt werden. Matten oder
Teppiche mit kleinen Einheiten zeigen an,
wo ein Beter zu stehen hat, denn sie
haben sich in geraden Reihen, geradezu
militärisch zum Freitagsgebet zu
formieren. Lieder zum Lob Gottes im
Moscheegottesdienst werden nicht
gesungen. Ein Gebet in der Moschee soll
20-25 mal so viel wert sein wie eine
Gebetszeit zu Hause.
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Vergibt Allah? - “Vergebung” im Koran Vergebung steht letztlich unter Gottes


Allmacht.
Zu den “99 schönsten Namen Allahs”
gehören auch: Al-Ghaffar (der viel Dem gegenüber betont die Bibel, dass die
Vergebende - 93mal im Koran) und Al- Schuld wirklich beseitigt wurde (1. Petr
Ghafur (der Vergebende - 91mal im 2,24), indem Jesus Christus
Koran). “Vergebung” ist ein wichtiges stellvertretend für alle Menschen die
Thema im Koran. Dabei werden die Strafe für die Sünde, den Tod, erduldet
gleichen Begriffe benutzt wie in der hat (Jes 53,5; 1.Kor 15,3) - und dass Gott
arabischen Bibel. Wenn man allerdings “treu und gerecht” ist, wenn Er auf dieser
den Zusammenhang beachtet, in dem sie Grundlage demjenigen vergibt, der seine
jeweils stehen, treten deutliche Schuld bekennt (1.Joh 1,9).
Unterschiede im Verständnis von
Vergebung zutage. Gewissheit der Vergebung?

Vergebung für die Gläubigen Vergebung ist im Islam zum einen


abhängig ist vom menschlichen Verhalten,
Zunächst scheint nach dem Koran das durch das jemand sich der Vergebung
Verhalten des Menschen entscheidend zu würdig oder unwürdig erweist, letztlich
sein: Denn auf Allahs Vergebung hoffen aber vom unvorhersehbaren Willen
können die Gläubigen (Sure 57,28), die Gottes; deshalb kann kein Mensch zu
Frommen, Wahrhaftigen, Geduldigen und Lebzeiten wissen, ob er am Tag des
Demütigen (33,35). Wer glaubt und das Gerichts Vergebung erhalten und in die
Gute tut, erhält Vergebung (29,7). Den Paradiesesgärten eingelassen, oder ob er
Ungläubigen vergibt Allah nicht (47,34; ins Höllenfeuer geworfen werden wird. -
9,80; 4,168f). Vergebung oder die Gewissheit der Vergebung und des
Verweigerung von Vergebung erscheint Eingangs ins Paradies wird nur denjenigen
demnach als ein Aspekt des vergeltenden, zugesagt, die als Muslime im Kampf “auf
d.h. belohnenden oder bestrafenden dem Weg Gottes" getötet werden (47,4-6;
Handelns Gottes. 3,157.169-171).

Dass Gott die Sünder liebt und von Seiner Nach dem biblischen Zeugnis können
Seite aus eine “Vorleistung” erbringt, um Menschen wissen, dass ihre Sünden
sie von ihrer Schuld zu befreien, wie das vergeben sind. Denn die Schuld ist
die Bibel (z.B. in Röm 5,8) bezeugt, ist im “rechtmäßig” bezahlt, und Gott selber
Islam undenkbar. Denn: “Gott liebt die bietet allen, die an Jesus Christus
Ungläubigen nicht” (Sure 3,32). glauben, Vergebung und ewiges Leben
an.
Vergebung - “wenn Gott will”
Vergebung und Versöhnung
So sehr im Islam Gottes vergeltendes
Handeln betont wird: im Zusammenhang Nach islamischer Auffassung schadet
von Schuld und Vergebung wird jedoch durch die Sünde der Mensch sich selber.
letztlich nicht nach Gottes Gerechtigkeit So sagte Adam nach dem Sündenfall:
gefragt: ob es etwa mit Seiner "Unser Herr, wir haben uns selbst Unrecht
Gerechtigkeit vereinbar sei, wenn Er getan. Und wenn Du uns nicht vergibst
Schuld ungestraft lässt. Er kann vergeben, und dich unser erbarmst, werden wir
wenn Er will. So kann es im Koran heißen: bestimmt zu den Verlierern gehören."
"Allah vergibt, wem er will" - ohne alle (7,23) Das gilt generell im Koran: "Wer
Vorbedingungen (48,14; 2,284; 5,18). Die eine Sünde erwirbt, erwirbt sie zu seinem
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eigenen Schaden." (4,111) Umgekehrt


kann es heißen: "Wer sich einsetzt, setzt
sich zum eigenen Vorteil ein. Gott ist ja
auf die Weltenbewohner nicht
angewiesen." (29,6)

Die menschliche Sünde betrifft Gott


eigentlich nicht. Die Menschen sind Seine
Diener, die Ihm Gehorsam schuldig sind;
ihre Taten wird Er belohnen oder
bestrafen - oder vergeben. Die
grundsätzliche Beziehung zwischen Gott
und Mensch wird durch das menschliche
Tun nicht berührt - außer durch die Sünde
des “Schirk”: dem einen und einzigen Gott
andere (selbst gemachte) Götter zur Seite
zu stellen. Diese Sünde ist Rebellion, dem
Hochverrat im politischen Bereich
vergleichbar, und für sie gibt es keine
Vergebung (4,48). Solche Götzendiener
haben in dieser Welt schon und erst recht
im Jenseits eigentlich keine
Lebensberechtigung (13,33f; 9,17 + 113;
17,39). Alle anderen Sünden kann Allah
den Gläubigen vergeben. Mehr als
Vergebung ist nicht nötig.

Der biblische Gedanke, dass durch die


Sünde die Beziehung des Menschen zu
Gott zerstört worden ist und nur durch
Versöhnung wieder hergestellt werden
kann, findet sich im Koran nirgends.
Ebenso fehlt das Wissen, dass der
Mensch durch das Tun von Sünde unter
die Herrschaft der Sünde geraten ist und
Befreiung (“Erlösung”) braucht (Joh 8,34-
36).
Weiterführende Literatur: Johan Bouman,
Christen und Muslime, Was sie verbindet
und was sie trennt, Brunnen Verlag
Gießen, 3. Auflage 2001

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Gebet im Islam Gebete zusätzlich zu den fünf täglichen


Im Islam gibt es verschiedene Arten von Pflichtgebeten. Sie werden zwischen die
Gebeten. Pflichtgebete eingeschoben und laufen
gleich ab.
Das Pflichtgebet
Das rituelle Gebet (salat) wird fünfmal 2. Lange vorformulierte Gebete, die
täglich verrichtet. Im Koran sind nur drei „hizb“ bzw. „wird“ genannt werden.
Gebetszeiten aufgeführt und der Ablauf Angehörige religiöser Bruderschaften
der Gebete wird nicht beschrieben. Erst in rezitieren sie mit besonderem Eifer. Man
der „hadith“ (Reden und Leben findet sie in ihren Gebetsbüchern. Die
Mohammeds) finden wir genauere „hizb“-Gebete nehmen sich Gebete von
Ausführungen. islamischen Führern zum Vorbild und
Voraussetzung für das „salat“ ist die beinhalten Koranstellen. Lob- und
rituelle Reinigung, eine geeignete Bittgebete und mitunter auch
Kleidung (umstritten ist, wie viel bedeckt Sündenbekenntnisse.
sein soll), ein Ort, der für das Gebet
bestimmt wird (“sutra“), die 3. Kurze Ausrufe oder Sätze auf
Gebetsrichtung Mekka und die Arabisch, die man auswendig lernt und
„Absichtserklärung“ der betenden Person, rezitiert nennt man „dhikr“: z.B. „Im
jetzt beten zu wollen. Das „salat“ wird Namen Gottes, des Gnädigen und
ausschließlich in Arabisch gesprochen Barmherzigen“ oder „O Gott, sende deinen
und mit bis ins Detail vorgeschriebenen Segen auf Mohammed und seine Familie
Bewegungen ausgeführt, wobei sich die herab“. Oft wird vorgeschrieben, wie
Abläufe und Gebetsrezitationen mehrfach häufig man sie wiederholen muss (3, 5, 7,
wiederholen. 100 oder häufiger), damit sie zum
„sicheren Erfolg“ führen. Sie werden
Das „salat“ ist ein Pflichtgebet, das Gott gesprochen z.B. gegen Sorgen und
den Menschen auferlegt haben soll. Stress, gegen Unheil in der Nacht, zur
Mohammed konnte dieses Pflichtgebet bei Vergebung von Sünden, für den Eingang
Gott von 50 täglichen Gebeten auf fünf zum Himmel und als gutes Werke fürs
herunterhandeln (Hadith Buhari 5,227). „himmlische Konto“. Das erinnert uns in
manchem an den Gebrauch des
Dieses Gebet hat eine stark ordnende und Rosenkranzes und der lateinischen
einende Wirkung im Islam, damals wie Liturgie in der katholischen Gebetspraxis.
heute. Überall auf der ganzen Welt wird Islamische Gebete wurden in der
ein und dasselbe „salat“ auf Arabisch Geschichte bis heute von manchen
gesprochen. Dieses Pflichtgebet ist so Muslimen als eine Art „Zauberformel“
wichtig, dass es bei Versäumen verwendet.
nachgeholt werden muss. Grundsätzlich
ist jeder für sein „salat“ selbst 4. Das freie bzw. gebundene Gebet in
verantwortlich und erhält bei Unterlassung der jeweiligen Muttersprache: „dua“.
einen mehr oder weniger großen Diese Gebete können z.B. nach dem
Schuldeintrag im „himmlischen Konto“. vorgeschriebenen „salat“-Gebet am
Doch bei absichtlichem Unterlassen des Freitag in stehender Haltung erfolgen.
„salat“ wird man auch mit Strafe durch Andere Gelegenheiten sind Feiertage,
andere Muslime bedroht, im Extremfall bis Wallfahrt, Begräbnisse, Gebet um Regen,
zum Tod. Bitte um Vergebung, Notlagen u.s.w. Eine
spezielle rituelle Reinigung ist nicht
Freiwillige Gebete vorgeschrieben. Es kann mit besserer
1. Es gibt drei weitere freiwillige
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Konzentration in der Nacht und beim und unerträglichen Bürde. Die wenigsten
Morgengebet geschehen (Sure 20,130). Muslime erfüllen das Pflichtgebet
Muslime sollen mit Furcht, als Knechte regelmäßig. Daneben sind die anderen
und mit Erwartung Gott anrufen (Sure Gebetsformen sowieso noch viel seltener
7,56). Alles kann vor Gott gebracht anzutreffen. Da Gott, der Allmächtige, für
werden. Das Gebet soll beständig und Muslime alles schon vorherbestimmt hat,
immer wieder im Verborgenen geschehen ist das „dua“-Bittgebet immer auch eine
(Sure 7,205; 19,3). unsichere Angelegenheit. Viele
Trotz des muttersprachlichen Gebetes Beteuerungen und das ständig sich
können Texte in Arabisch eingestreut wiederholende Gebet sollen darüber
werden. Besonders die erste Sure im hinweghelfen.
Koran (auch „Surat al-Du`a“ genannt), die
auch bei allen anderen Gebetsarten Auch Christen sollen viel beten und nicht
rezitiert wird, dient als Gebet. Andere nachlassen im Gebet, bis sie eine Antwort
beliebte Koranverse für das Gebet in von Gott erhalten. Doch andererseits
Arabisch finden wir z.B. in der Sure warnt Jesus vor „Gebetsmühlen“: „Leiere
3,8f.26f.191-194. deine Gebete nicht herunter wie Leute, die
Im Volksislam finden wir die Bitte an Gott nicht kennen. Sie meinen, Gott würde
verstorbene muslimische Heilige, dass sie schon antworten, wenn sie nur viele Worte
bei Gott für den Bittsteller etwas erreichen machen.“ Mt 6,8.
sollen. Das steht im Widerspruch zum In der Bibel finden wir viele
Koran, nach dem allein Gott angerufen Gebetsvorbilder (z.B. die Psalmen,
werden darf. Gebete von Daniel, Jesus, Paulus), aber
Der Koran enthält Gebete von bekannten keine Gebetsformulierung als Vorschrift.
Personen: z.B. Noah (71,26-28), Abraham Das zeigt die Freiheit der Kinder Gottes
(2,128f), Josef (12,33), Mose (7,151), und ihre lebendige Beziehung zu Gott,
Salomo (38,35), Hiob (21,83), Jona ihrem Vater.
(21,87), Jesus (5,114.116-118) und
natürlich Mohammed (23,97f.118). Weiterführende Literatur:
„Enzyklopaedie des Islam“, Otto
Zusammenfassung Harrassoweitz, Leipzig, 1913
Muslime beten, weil es ihre Pflicht ist. Da „The Encyclopaedia of Islam New Edition“,
sie Jesus Christus nicht als Mittler B.Lewis; Ch.Pellat; J.Schacht, Leiden,
erkennen, der zugesagt hat, dass E.J.Brill, 1991
Menschen in seinem Namen beten Im Internet unter:
können und Gott deshalb hören wird, fehlt www.ead.de/publikationen/lausanne.htm
Muslimen der entscheidende Zugang zu
Gott (Joh 14,13.14; 16,23.26). Es kommt
durchaus vor, dass Muslime Christen www.orientdienst.de
bitten, für jemand zu beten, dass er
geheilt wird. Diese Gelegenheit sollten wir
wahrnehmen.
Muslimen geht es in nicht erster Linie
darum, Gott zu erkennen. Sie können mit
Gott nicht als Vater sprechen oder gar mit
ihm ein Zwiegespräch führen. Das wäre
für sie eine Anmaßung. Ihre eigentliche
Antriebsfeder ist es, „Gottes Willen“ und
sein Gebot, das fünfmalige tägliche
Gebet, zu erfüllen. Das wird oft zur Last
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Mohammeds Leben Abessinien (Äthiopien).


616-619 Boykott der Mekkaner gegen die
570 n.Chr. Geburt von Mohammed in Banu Hasim, den Klan Mohammeds,
Mekka (arab. Halbinsel) im Stamm der wegen seiner Botschaft.
Quarys. Sein Vater stirbt vor seiner 619/620 10 Jahre nach der ersten
Geburt. Er wächst auf in einem Offenbarung stirbt sein Onkel und
polytheistischen (Vielgötterglaube) Umfeld Verteidiger Abu Talib, der nie Moslem
und nimmt am Kult teil (Wallfahrten ...). wurde und seine erste Frau Hadija. Er
576 Mohammed wird mit 6 Jahren heiratet bald eine Anhängerin und die 7-
Vollwaise und von seinem Großvater, jährige Tochter seines Freundes Abu
später von seinem Onkel Abu Talib Bakr, Aischa.
aufgezogen. Er wird Hirte, darf aber eine 620-622 Vorbereitung der Trennung und
Handelsreise mitmachen. Vereinzelt nur Abwanderung der Anhänger Mohammeds
gibt es Christen, vor allem als Mönche, zur 400 km nördlich gelegenen Stadt
einige jüdische Stämme und Gottessucher Jahtrib (später wurde sie Medina genannt:
(Hanifen), die sich weder dem „Stadt des Propheten“). Erste
Christentum noch dem Judentum „Bekehrungen“ in Medina. 622 noch in
anschließen. Vermutlich existieren keine Mekka: nach 13 Jahren Misserfolg die
arabischen Bibelteile. Vision seiner Himmelfahrt von Jerusalem
595 Mohammed heiratet mit 25 Jahren die aus, die ihn tröstet.
15 Jahre ältere, einflussreiche 622 Mohammeds Auswanderung (arab.
Kaufmannswitwe Hadija in Mekka, hijra) im Stil einer Flucht nach Medina mit
nachdem er vorher erfolgreich für sie seinen Anhängern. Die Hälfte der Stadt
gearbeitet hatte. Mohammed lebt in der besteht aus drei jüdischen Stämmen.
Einehe mit ihr, bis sie nach 25 Jahren Ehe Deshalb gibt es eine große Offenheit
im Jahr 619 stirbt. Mohammed zeugte mit gegenüber dem Eingottglauben. Dort
ihr 2 Söhne (die im Kindesalter starben) gründet er das erste muslimische
und 4 Töchter. Eine Tochter, Fatima, wird Gemeinwesen. Beginn der islamischen
Frau des späteren 4. Kalifen Ali. Zeitrechnung.
610 Mit 40 Jahren hat Mohammed seine 623 Aufbau einer islamischen und
erste Offenbarung (Sure 96,1-5) in der politischen Gemeinschaft in Medina,
Hava-Höhle bei Mekka. Ein Engel befiehlt erfolgreicher Bündnisvertrag in Medina mit
ihm zu wiederholen, was er vorsagt. Angst einigen zerstrittenen Parteien.
und Unsicherheit, ob das nicht Zunehmende Ablehnung Mohammeds
dämonischen Ursprungs ist, werden von durch die jüdischen Stämme in Medina.
Hadija zerstreut. Trotzdem folgt über 4 Tolerante Koranverse gegen Juden und
Monate ein entmutigendes Ausbleiben Christen werden zunehmend durch bittere
weiterer Offenbarungen, in denen er sogar Verurteilungen ersetzt. Mohammed ändert
an Selbstmord denkt. die Gebetsrichtung von Jerusalem nach
613 Beginn der ersten öffentlichen Mekka.
Predigten Mohammeds und damit 624 Die Schlacht von Badr; Sieg der
Ablehnung durch die Mekkaner, die durch Muslime über die Mekkaner.
seinen neuen Eingottglauben um ihren Beuteaufteilung. Spottverse auf
lukrativen Wallfahrtshandel fürchteten. Mohammed durch Juden. Ermordung
Erfolg: ca. 80 Anhänger, darunter seine einzelner Juden. Vertreibung des
Frau Hadija, sein junger Cousin Ali, sein jüdischen Stammes der Banu Qaynuqa
Adoptivsohn Zaid, sein Schwiegervater aus Medina. Regelmäßige Überfälle auf
Abu Bakr (später 1. Kalif). Karawanen (vor allem die der Mekkaner),
615 Flucht einer ersten Gruppe von um seine wachsende Anhängerschaft zu
Anhängern Mohammeds ins christliche
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versorgen. Gewaltanwendung wird mit Mekka und sein Tod am 8. Juni. Seine
Koranversen legitimiert. Nachfolge ist ungeklärt, was zur Spaltung
625 Niederlage von Uhud für die Muslime; Schiiten-Sunniten führt. Erst der 4. Kalif
Vertreibung des jüdischen Stammes der der Sunniten (nach Abu Bakr, Omar und
Banu Nadir. Beuteaufteilung. Uthman), Mohammeds Schwiegersohn Ali
627 Der „Grabenkrieg“: Vergebliche wird von den Schiiten als erster
Belagerung der Muslime durch die rechtmäßiger Nachfolger anerkannt.
Mekkaner in Medina; Ausrottung des Omar, Uthman und Ali wurden ermordet.
jüdischen Stammes der Banu Qurayza.
800 Männer werden hingerichtet, ihre www.orientdienst.de
Frauen und Kinder versklavt. Keine Juden
verbleiben somit in Medina.
628 Abkommen von Hudaybiya, ein 10-
Jahres-Friedensvertrag mit den
Mekkanern (den er nach 2 Jahren bricht):
die Muslime dürfen demnach erstmals
unangetastet zur Pilgerfahrt (629) nach
Mekka.
629 Niederlage gegen eine christlich
byzantinische Übermacht bei Mu´ta
(damaliges Syrien in der Nähe des Toten
Meeres).
630 Mohammed kann mit seinen
Anhängern in Mekka einziehen.
Weitgehend gewaltlose Eroberung
Mekkas (Spottliederdichter auf
Mohammed werden aber hingerichtet). Es
folgt eine Offenbarung, Gewalt für eine
Bekehrung einsetzen zu dürfen: Sure 9,5
(ersetzt 2,257). Kriegszüge und
Belagerung der Stadt Ta´if (polytheistische
Widerständler) und Tabuk. „Jahr der
Abordnungen“ (April 630 - April 631), in
dem Mohammed alle ihm bekannten
Völker per Brief aufruft, den Islam
anzunehmen.
630-632 Schlachten in Dawmat al Jandal
und Hunayn. Unterwerfung fast aller
Stämme (darunter Beduinen) auf der
arabischen Halbinsel. 23 Jahre empfängt
Mohammed seine Offenbarungen.
Mohammed hat 13 Frauen offiziell
geheiratet, wobei er zu einer Zeit 9
gleichzeitig hatte. Daneben standen
Mohammed Sklavinnen und andere
Frauen zur Verfügung, deren Männer in
der Schlacht gegen ihn ums Leben
kamen.
632 Mohammeds letzte Wallfahrt nach
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Sozialabgabe - Zakat diese Abgabe zu entrichten. – Im


Zusammenhang mit Zakāt ist es
Schlägt man das Wort „Zakāt“ in einem angemessener, nicht von „Almosen“ zu
arabischen Wörterbuch nach, findet man sprechen, sondern wegen ihres offiziellen
neben „Almosen“ und „Armensteuer" und verpflichtenden Charakters eher von
auch „Reinheit“ und „Gerechtigkeit“ als „Armensteuer“ (obwohl nicht nur Arme
mögliche Bedeutungen angegeben. (Das davon profitieren können), bzw. von
„Z“ von Zakāt wird wie ein stimmhaftes „S“ „Sozial-“ oder „Pflichtabgabe“. - Zakāt wird
ausgesprochen.) Zakāt ist abgeleitet von auch in Deutschland von Muslimen
einem Verb, das sowohl „gedeihen, entrichtet, die Kontakt zur Moschee
wachsen“ als auch „rein, gerecht, gut sein“ haben.
bedeuten kann. So wird dem Geben von
Zakāt die Wirkung zugeschrieben, das Neben der absolut gebotenen Zakāt gibt
Vermögen zu reinigen und segensreich zu es auch noch das "Almosen des
vermehren – wie in einem Brunnen reines Fastenbrechens", das zum Fest am Ende
Wasser nachfließt, nachdem Wasser des Ramadan weitergegeben werden soll;
heraufgezogen wurde, und wie die Reben, dieses wird als "Pflicht" bezeichnet, aber
die beschnitten werden, mehr Trauben nicht als "unbedingt geboten". – Als
hervorbringen. verdienstvoll gelten außerdem freiwillige
"Almosen" (sadaka); ein solches Almosen
Zakāt wird im Koran an verschiedenen kann auch der Erlass von Schulden sein
Stellen als eine der grundlegenden (2,280). Die freiwilligen Spenden sind an
religiösen Pflichten erwähnt – oft in keine Zeit gebunden.
Verbindung mit dem Gebet (Sure 2,110).
– Nach Sure 2,177 besteht wahre Dass für alle Muslime Zakāt eine
Frömmigkeit darin, Verwandten, Waisen, unbedingte Pflicht ist, bedeutet allerdings
Bedürftigen, Reisenden und Bettlern Geld nicht, dass alle Muslime auch tatsächlich
zukommen zu lassen und es für den Zakāt entrichten müssen. Voraussetzung
Loskauf von Sklaven und Gefangenen dafür ist, dass jemand Vermögen hat, das
auszugeben. In Sure 2,277 wird denen, nach Abzug von Schulden und
die Zakāt entrichten, Gottes Lohn sogenannten „Grundbedürfnissen“ ein
versprochen. - Auch Jesus waren laut bestimmtes Mindestmaß (Nisab)
Koran (Sure 19,31) Gebet und Almosen übersteigt, und dass dieses seit einem
(Zakāt) von Gott anbefohlen worden. vollen Jahr in seinem Besitz ist. Für
einzelne Vermögenskategorien (Vieh,
Schon zu Lebzeiten Mohammeds wurde Edelmetalle etc.) wurden von den
Zakāt in der islamischen Gemeinschaft Rechtsgelehrten Mindestbeträge fe-
eine förmliche Steuer. Grundprinzipien stgelegt, von denen ab (im Rahmen einer
ihrer Verwendung werden in Sure 9,58-60 islamisch organisierten Gemeinschaft)
genannt. Die islamischen Rechtsgelehrten Zakāt zu entrichten sei. Zakāt ist zu
fixierten später genau, unter welchen entrichten für Gold, Silber, Bargeld,
Voraussetzungen Zakāt zu geben war, Handelswaren, Haustiere, Getreide und
und legten die Beträge, die zu entrichten Früchte.
waren, im einzelnen fest.
Beträge
Zakāt ist eine der „fünf Säulen“ des Islam Für Gold, Silber, Bargeld und
und deshalb für Muslime – wie Handelswaren sind unter genau
Glaubensbekenntnis, rituelles Gebet, festgelegten Bedingungen 2,5 % des
Fasten und Pilgerfahrt - unbedingt Besitzes als Zakāt abzugeben, von Feld-
geboten. Regelmäßig einmal pro Jahr ist früchten und Obst 10%, wenn der Boden
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durch Regen- oder Flusswasser


bewässert wird, bei künstlicher
Bewässerung 5%. Auch für die Zakāt der
Haustiere gibt es besondere Regelungen.
– Die Entrichtung der Zakāt bleibt zum
Teil der Ehrlichkeit der Besitzer
überlassen; allerdings werden dem, der
die Zahlung der Zakāt vernachlässigt,
drastische Strafen am Tag des Gerichts
angedroht.

Verwendung
Nach Sure 9,60 ist die Zakāt bestimmt für:
die Armen (allerdings nicht für Arme
innerhalb der eigenen engeren
Verwandtschaft und auch nicht für
nichtmuslimische Arme),
die Bettler,
die Einsammler und Verwalter der Zakāt,
„die, deren Herzen zum Islam gewonnen
werden sollen“ - wörtlich: „diejenigen,
deren Herz vertraut gemacht wird“ (auf
diese Weise kann Werbung für den Islam
betrieben werden oder können Konvertiten
zum Islam auf ihrem neuen Weg
unterstützt werden),
den Loskauf von Sklaven und
von Verschuldeten, die nicht imstande
sind, ihre Schulden selber zu bezahlen,
für Teilnehmer am „Heiligen Krieg“ und
für fremde Reisende, die unterwegs ihr
ganzes Geld aufgebraucht haben und
keine Mittel mehr haben für ihre
Heimreise.

Zakāt ist damit traditionell ein wichtiges


Instrument zum Zusammenhalt der
islamischen Gemeinde1 und bietet
islamischen Staaten "die Möglichkeit, den
Islam zu festigen und auszubreiten."

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1
Bouman, Johan, Christentum und Islam im
Vergleich, Gießen / Basel, 1982, S. 21.
73
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Koran, seine Entstehungsgeschichte Abu Bakr (632-634 n.Chr.)


und Überlieferung
Als Mohammed 632 n.Chr. nach kurzer
Ist der Koran seit Mohammed völlig Krankheit plötzlich verstarb, fielen manche
unverändert und vertrauenswürdig Stämme vom islamischen Glauben ab. In
überliefert worden, wie Muslime heute den Restaurationskriegen, besonders in
so fest behaupten? Was sagen der Schlacht von Yamama (633 n.Chr.),
islamische Quellen dazu? starben wichtige Koran-Lehrer, die große
Teile des Korans auswendig zitiert hatten.
Der Koran zur Zeit Mohammeds (610-632
n.Chr.) Der erste Nachfolger Mohammeds, Kalif
Abu Bakr, war der alte Schwiegervater
Der Koran wurde in arabischer Sprache Mohammeds. Er sammelte in seinen
durch Mohammed innerhalb von 23 beiden Regierungsjahren nach einigem
Jahren in vielen kurzen Abschnitten Zögern bis zu seinem Tod Koranteile. Er
offenbart. Nach islamischer Ansicht hatte ergänzte sie mit der noch vorhandenen
Mohammed 610 n.Chr. im Alter von 40 mündlichen Überlieferung. Zaid ibn
Jahren die erste göttliche Mitteilung Thabith wurde beauftragt, den Koran zu
bekommen. Diese Offenbarungen wurden sammeln und aufzuschreiben. Er ließ
von verschiedenen Anhängern auswendig mindestens drei Offenbarungen aus. Eine
gelernt und in unterschiedlichen Dialekten davon wurde nach der Aussage von
rezitiert. Besonders in der medinischen Mohammeds Frau, Aysha, die ihn auf dem
Periode notierte man Texte auf Sterbebett begleitete, unter seinem Bett
Schreibmaterial. Darunter waren kleine aufbewahrt. Diese einmaligen Texte
Steine, Leder, Knochen und Baumrinde. wurden durch ein Haustier aufgefressen.
Trotzdem hatte Abu Bakr damit die später
Seine ersten Offenbarungen waren favorisierte Kopiensammlung. Drei andere
einprägsame Reime. Offenbarungsverse, Sammlungen konkurrierten mit dieser.
die er später weitergab, waren dagegen in Hafsa, die Tochter des zweiten Kalifen
Prosa abgefasst. Die Reihe der Umar und eine Frau Mohammeds,
Offenbarungen ist nicht chronologisch im bewahrte die Sammlung Abu Bakrs auf.
Koran angeordnet, weil es sich um eine
lose Sammlung handelte. Die Verse Der Koran zur Zeit des dritten Kalifen
wurden zur Zeit Mohammeds nicht Uthman (644-656 n.Chr.)
chronologisiert und nicht gesammelt.
Mohammed selbst vergaß sogar Während der Zeit des dritten Kalifen
Koranverse. Uthman gab es verschiedene
niedergeschriebene Versionen des Koran
Wie im Hebräischen hatten die und Koranteile. Darüber brachen
altarabischen Schriften keine Vokale (z.B. Zwistigkeiten aus. Sogar Morde wurden
das Kufische). Daraus ergeben sich deshalb begangen. Um die Situation zu
verschiedene Möglichkeiten, sie mit retten, erbat sich Uthman von Hafsa das
Vokalen zu lesen und dadurch von Abu Bakr gesammelte Koranwerk. Er
Bedeutungsverschiebungen. Deshalb gibt ließ nach seinen eigenen Überlegungen
es laut Mohammed sieben Lesarten des und denen von vier Mitarbeitern
Korans mit verschiedenen Worten und (besonders Zaid ibn Thabit) eine
Bedeutungen. Heute ist davon aber nur Standartversion anfertigen. Sie wurde
noch eine gängig. nach dem Dialekt der „Quraish“
geschrieben und ist bis heute gültig.
Der Koran zur Zeit des ersten Kalifen
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Jede vorhandene Originalschrift ließ geringsten verändert worden, sondern


Uthman 651 n.Chr. verbrennen (Sahih al- entspreche zu 100% dem, was durch
Bukhari, Band 6, Seite 479, Hadith 410; Mohammed weitergegeben wurde, lässt
Buch 61). Das Verbrennen der sich jedoch nicht aufrecht erhalten.
abweichenden Koranversionen Vielmehr kann man nachweisen, dass der
begründete er damit, dass später niemand Koran bei seiner Sammlung und
Zweifel an der Wahrheit des Korans Zusammenstellung verändert wurde, und
haben sollte. dass ein kleiner Teil sogar wegfiel.

Die Leute von Kufa im Irak lehnten es ab, Folgende Fragen werfen sich auf:
ihre Kopie zu vernichten. Sie hatten ein Warum mussten Korankopien mehrfach
bis zwei Suren mehr als die Version von vernichtet werden? Der Koran ist doch ein
Abu Bakr. Sie sagten, dass die Kopie von heiliges Buch für Muslime.
Uthman nicht vollständig sei. Bis 1000 Warum gab es verschiedene
n.Chr. gebrauchten sie ihre eigene Kopie Textvarianten, wenn doch der Koran direkt
in Kufa. Dann ging sie verloren. durch den Engel Gabriel diktiert wurde
und nie geändert werden kann, weil er
Nach einer Aussage von Ibn Umar, einem ewig sein soll?
Zeitgenossen des Kalifen Uthman, sollte Der Koran war ursprünglich ohne Vokale
keiner behaupten, er hätte den ganzen geschrieben. Er wurde später durch
Koran. Der größte Teil des Korans sei jemanden mit Vokalzeichen versehen. Nur
verloren gegangen. Jemand könne dadurch lässt sich z.B. ein Aktiv und
höchstens behaupten, dass er einen Teil Passiv von Worten unterscheiden. Das
des ursprünglichen Korans in seinen war bereits eine Veränderung.
Händen halte. Nach dem Tod von Uthman Warum sind laut Hadith Verse verloren
nahm al-Hajjaj, der Regent von Kufa, noch gegangen?
weitere elf kleine Veränderungen am Wenn der Koran bei Mohammeds Tod
Korantext vor. vorhanden gewesen war, warum musste
dann Jahre danach der Koran erst
Koranfunde heute zusammengestellt werden?
Christen hatten es nie für nötig gefunden,
Von den Originalen der unter Uthman unterschiedliche Lesarten der Bibel zu
angefertigten Koranschriften ist heute vernichten. Nur ihre Feinde vernichteten
keine Spur mehr zu finden. Die ältesten Bibelrollen.
Koranfunde liegen heute in Taschkent und
im Topkapi Museum in Istanbul. Aber Weiterführende Information zu diesem
selbst sie stammen aus dem 9.Jhd. n.Chr. Thema finden Sie im Buch von Gerhard
und sind somit 150 bis 200 Jahre nach Nehls in Deutsch „Christen fragen
ihrem Original in kufischer Schrift auf Moslems“. In englischer Sprache sehr
Pergament aufgeschrieben worden. tiefgehend: www.answering-
islam.de/Main/Quran/index.html
Der Koran unserer Tage www.orientdienst.de

Die meisten der feststellbaren


Textänderungen mögen nur für
Wissenschaftler interessant sein. Der
Koran, wie wir ihn heute haben, dürfte
zum großen Teil dem Text entsprechen,
den Mohammed ursprünglich aussprach.
Die These, der Koran sei nicht im
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Frauen im Islam islamische Gesellschaft ist stark von der


Geschlechtertrennung geprägt.
Muslimische Apologeten (Verteidiger ihres
Glaubens) betonen, dass Mann und Frau Der rechtliche Bereich
vor Gott gleich seien, denn er habe sie Das islamische Ehe- und Familienrecht
"aus einer einzigen Seele" (Sure 4,1) benachteiligt die Frau im Erb-, Zeugen-
erschaffen, als "Freunde" oder und Eherecht: Im Erbrecht, weil Frauen
"Beschützer" (9,72). Gott hat zwischen stets die Hälfte von dem Erbteil eines
ihnen "Zuneigung und Barmherzigkeit" Mannes erben, im Zeugenrecht, weil das
(30,21) gesetzt. Dennoch, so führen Zeugnis einer Frau stets nur die Hälfte
muslimische Theologen aus, habe Gott des Zeugnisses eines Mannes gilt und im
der Frau andere Aufgaben gegeben als Eherecht, weil der Koran Männern die
dem Mann (vgl. 4,34). Während die Frau Mehrehe erlaubt, die Scheidung
für Haus und Familie zuständig sei, sei traditionell für ihn viel einfacher ist und im
der Mann zum Gelderwerb verpflichtet und Falle der Scheidung immer dem Mann die
ihm sei der öffentliche Bereich außerhalb Kinder gehören.
des Hauses zugewiesen. Es sei daher
trotz der ebenbürtigen Erschaffung von Fazit
Mann und Frau legitim, "Ungleiches Zwar empfiehlt die islamische Tradition
ungleich" zu behandeln und zwischen Ehemännern, ihre Frauen gut zu
Frauen und Männern im gesellschaftlichen behandeln. Die Überlieferung "Das
wie rechtlichen Bereich Unterschiede zu Paradies liegt zu Füßen der Mütter" wird
machen. häufig zitiert. Die Gestaltung der
Lebensumstände einer Frau liegt jedoch
Der religiöse Bereich nur begrenzt in ihren eigenen Händen,
Der Islam stellt Mann und Frau das sondern vor allem in den Händen ihres
Paradies in Aussicht und fordert von Vaters, ihres Ehemanns und der
beiden gleichermaßen die Einhaltung der Gesellschaft, in der sie lebt: In den
Fünf Säulen (Bekenntnis, Gebet, Händen des Vaters, weil er wesentlich
Almosen, Fasten, Wallfahrt), von der die über Schulausbildung, Bewegungsfreiheit
Frau nur zur Zeit ihrer Unreinheit und Heirat entscheidet, in den Händen
(Menstruation, Wochenbett) des Ehemanns, weil er ihr gebieten oder
ausgeschlossen ist. Nur der Mann ist sie sogar strafen kann, wenn er
jedoch zur Teilnahme am Freitagsgebet befürchtet, sie könne die Familienehre
verpflichtet. Frauen beten in der Moschee gefährden, und in den Händen der
abgesondert im Ober- oder Gesellschaft, weil sie das Verhalten der
Kellergeschoss. Frau ständig kontrolliert. Gerade für
muslimische Frauen ist die Botschaft von
Der familiär-gesellschaftliche Bereich der Liebe Gottes besonders kostbar.
Im Islam wird sehr geschlechtsspezifisch Christine Schirrmacher
erzogen. Besonders Söhne entwickeln
eine enge emotionale Beziehung zur
Mutter, während der Vater zuallererst Islamische Eheverträge
Respektsperson ist. Während ein Sohn
nach seiner Beschneidung (mit etwa vier Islamische Ehen werden auch heute noch
bis neun Jahren) vom Vater mehr und überwiegend von den Eltern arrangiert.
mehr in die Welt der Männer Nur in den großen Städten suchen sich
hineingenommen wird, wird die Tochter junge Leute heute ihren Ehepartner selbst
traditionell von der Mutter in alle aus. Traditionell wird eine arrangierte Ehe
Haushaltspflichten eingewiesen. Die mit "Anstand" und "Ehrbarkeit" assoziiert,
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eine "Liebesheirat" nicht selten mit plötzlich den Universitätsbesuch, weil er


"Unmoral" und "westlicher Lebensart". eine solche außerhäusliche Tätigkeit für
Eine Ehe innerhalb der erweiterten Familie seine Frau nicht schicklich findet, ist sie
wird als vorteilhaft betrachtet, da man den ihm zum Gehorsam verpflichtet und kann
Cousin und seine Eltern kennt und das sich dagegen praktisch nicht durchsetzen.
Risiko für ein Scheitern der Ehe leichter Die religiös-traditionelle Eheschließung
abschätzen kann als bei einem findet vor einem Imam (Vorbeter einer
"Fremden". Außerdem ist die im Islam Moschee bzw. religiöse Persönlichkeit)
geforderte "Gleichwertigkeit" der statt, in der Stadt werden
Ehepartner hinsichtlich ihrer sozialen Eheschließungen auch staatlich registriert.
Herkunft, Bildung, Religion und Charakter Der Bräutigam und die zwei erforderlichen
so eher gewährleistet. Auch in einem Zeugen unterzeichnen den Ehevertrag.
späteren Konfliktfall zwischen den Die Braut muss nicht anwesend sein, sie
Eheleuten wird die Familie der Braut eher kann den Vertrag auch von ihrem
auf einen Verwandten einwirken können Vormund (arab. wali) unterzeichnen
als auf einen Außenstehenden, um die lassen. Der Ehevertrag regelt als
Ehe zu retten. wichtigste Klausel die Höhe der Morgen-
bzw. Abendgabe. Die Morgengabe ist der
Eine islamische Eheschließung erste Teil der Brautgabe (Kleidung, Möbel,
unterscheidet sich stark von einer Schmuck, Geld), die die Frau mit der
christlichen. Zu einer islamischen Hochzeit von der Familie des Mannes
Eheschließung gehört immer ein erhält. Die Abendgabe ist der zweite Teil
Ehevertrag, der von seinem Charakter her der Brautgabe, der der Frau für den Fall
ein zivilrechtlicher Vertrag ist, d. h., er der Scheidung für ihre Absicherung
regelt die gegenseitigen Rechte und zusteht, da der Mann nach einer
Pflichten der Ehepartner. Im Hintergrund Scheidung für seine Frau nur drei Monate
des Ehevertrags steht die Auffassung von unterhaltspflichtig ist bzw. solange, bis ein
der traditionellen Aufgabenverteilung: Der ungeborenes Kind zur Welt gekommen
Mann ist für den Lebensunterhalt ist.
zuständig, die Ehefrau für Haus und
Familie. Davon abweichende Regelungen Bei einer islamischen Eheschließung wird
müssen im Ehevertrag ausdrücklich nicht um den Segen Gottes gebetet. Sie
genannt werden. Es ist für die Frau kaum ist keine geistliche Handlung, sondern ein
möglich, später Rechte einzufordern, die Vertragsabschluss, der mit der Regelung
das islamische Eherecht für sie nicht der Abendgabe schon ganz konkret die
vorsieht und die sie nicht ausdrücklich in Möglichkeit der Scheidung einrechnet. Bei
den Ehevertrag aufgenommen hat. der Eheschließung wird kein
So lassen z. B. moderne Frauen mit guter Treueversprechen der Ehepartner
Schulbildung in ihren Ehevertrag formuliert und auch keine Zusicherung,
aufnehmen, dass ihr Ehemann ihr nach gerade auch in „bösen Tagen" für den
der Heirat erlauben wird, ihre Ausbildung Ehepartner dazusein. Im Gegenteil, dem
oder ihr Studium zu beenden oder Ehemann ist - mit Ausnahme der Türkei
berufstätig zu sein. Eine solche und Tunesien - prinzipiell immer erlaubt,
Zusatzklausel wird nur verständlich vor eine zweite, dritte oder sogar vierte Frau
dem Hintergrund des zweiten hinzuzuheiraten. Der Ehevertrag enthält
Grundpfeilers der islamischen Ehe - also keine Zusicherung der lebenslangen,
neben der Verpflichtung zum Gelderwerb ausschließlichen Festlegung auf einen
für den Mann - nämlich die Menschen wie das christliche
Gehorsamspflicht der Ehefrau. Verbietet Eheversprechen. Kommen wirklich "böse
ihr Mann ihr andernfalls nach der Hochzeit Tage" (unheilbare Krankheiten,
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Gefängnisstrafe, Impotenz, Kinderlosigkeit


usw.) sind dies im Islam allgemein
anerkannte Scheidungsgründe für Mann
und Frau. Nicht der Gedanke der
lebenslangen geistlichen Gemeinschaft
vor Gott - Ehe als Dienstgemeinschaft - ist
der Kern der Ehe, sondern mehr die
Frage, wer welche Rechte und Pflichten
hat.
Und schließlich enthält der islamische
Ehevertrag kein Versprechen (bzw. eine
Eidesformel), den Partner zu "lieben und
zu ehren", denn eine Verpflichtung zur
Liebe - wie die Bibel - formuliert der Islam
weder für den Mann noch für die Frau.

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Mohammed – ein echter Prophet? bestätigte sie durch Wunder und indem er
Vorhersagen voriger Propheten an ihnen
Im Koran wird der Anspruch erhoben: erfüllen ließ oder indem sich die
“Mohammed ist ... der Gesandte Gottes Vorhersagen des Propheten erlebbar vor
und das Siegel der Propheten.“ S. 33,40 den Augen der Zuhörer erfüllten.
Muslime fragen uns oft im Gespräch: „Wir
Muslime erkennen Jesus Christus als „Wenn der Prophet im Namen des
Prophet an. Warum erkennt ihr nicht auch HERRN redet, und das Wort geschieht
Mohammed an?“ Auf diese Frage wollen nicht und trifft nicht ein, so ist das das
wir für uns selber eine Antwort suchen, Wort, das nicht der HERR geredet hat. In
ohne die Absicht die Gefühle der Muslime Vermessenheit hat der Prophet es
zu verletzen. geredet; du brauchst dich nicht vor ihm zu
fürchten.“ (5.Mo 18,21-22).
Sollen wir Mohammed als Prophet Doch selbst wenn die Prophetie eintraf,
anerkennen? mussten die Propheten und ihre Lehren
Muslime lesen im Koran von Jesus: mit der bereits bestehenden Offenbarung
„Jesus, ... sagte: O ihr Kinder Israel, übereinstimmen und an dem wahren Gott
wahrlich, ich bin euch ein Gesandter festhalten. „Wenn in deiner Mitte ein
Gottes, bestätigend die Thora, ... und Prophet aufsteht oder einer, der Träume
frohe Botschaft bringend von einem hat, und er gibt dir ein Zeichen oder ein
Gesandten, der nach mir kommen und Wunder und das Zeichen oder das
dessen Name Ahmed (d.h. Mohammed) Wunder trifft ein, von dem er zu dir
sein wird.“ (Sure 61,6). geredet hat, indem er sagte: "Lass uns
Es ist nicht grundsätzlich abzulehnen, anderen Göttern - die du nicht gekannt
wenn Muslime an Christen den Anspruch hast - nachlaufen und ihnen dienen!",
herantragen, dass ihr Prophet ein echter dann sollst du nicht auf die Worte dieses
Prophet ist. Denn das Neue Testament Propheten hören...“ (5.Mo 13,1-4).
zeigt viele Propheten auf, die nach Jesus
kommen werden (Mt 23,34; Eph 4,11; Apg Inwieweit stimmt Mohammeds
15,32; Offb 11,1-12). Doch wir werden Anspruch, Prophet zu sein, mit den
aufgefordert, sie zu prüfen, weil es echte biblischen Bedingungen für echte
und viele falsche Propheten gibt (1.Joh Propheten überein?
4,1). a) Kontinuität der Botschaft: Die
Aussagen des Propheten im Namen
Was sind nun die Kriterien für echte Gottes müssen mit der bereits
Propheten? Es braucht immer vorliegenden Offenbarung Gottes
mindestens ein zweites Zeugnis (Joh übereinstimmen, denn Gottes Wort kann
8,17), das die Aussagen des Propheten sich nicht ändern (5.Mo 4,1-2; Jes 8,20;
bestätigt. Von Jesus wissen wir, dass Gott Mt 24,35) und sich selbst nicht
ganz offen vor den Ohren anderer dieses widersprechen (Ps 89,35; Sure 50,28-29).
zweite Zeugnis für seinen Sohn vom Der Koran stimmt in vielen Aussagen mit
Himmel aus abgab (Lk 3,21-22; Mk 9,7-8; der Bibel überein, z.B. dass es einen
Joh 12,28-30). Außerdem bestätigte einzigen Gott gibt, dass er alles
Johannes der Täufer Jesus (Joh 1,29; geschaffen hat und am Ende alle
5,32-35). Und letztlich waren da die Menschen richten wird.
Wunder, die Jesus tat (Joh 5,36; 10,25; Tatsache ist andererseits, dass viele
14,11). Lehren im Koran der Bibel widersprechen
Nicht alle Propheten erhielten vom und sie nicht bestätigen. Hier einige
Himmel her eine Stimme, aber Gott Beispiele:
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* Abrahams Vater hat in Sure 6,74 einen die sich erst Jahrhunderte später erfüllten
anderen Namen als in 1.Mo 11,26. (5.Mo 28,1.15.64-66; 30,1.4-5).
* Maria, die Mutter von Jesus, soll nach Jesajas Prophetie erfüllte sich noch am
Sure 19,28 Aarons Schwester gewesen gleichen Tag (Jes 38,5-8), einen Tag
sein, doch es liegen zwischen den später (Jes 37,21-38), eine andere 150
Lebenszeiten von beiden 1.570 Jahre. Jahre später im Jahr 606 v.Chr. (Jes 39,6-
* Der Kampf für Gottes Sache ist im Koran 7), eine andere 200 Jahre später (Jes
auch der Kampf mit physischer Gewalt 13,1.19-22) und eine weitere Vorhersage
(Sure 9,111), während es sich im Neuen über die Wiederzusammenführung Israels
Testament statt eines Kampfes mit wurde um 750 v.Chr. vorhergesagt,
Menschen um einen Kampf gegen erfüllte sich ein erstes Mal bei der ersten
geistliche Mächte handelt (Mt 5,39.44; Rückführung aus dem Exil um 536 v.Chr.
Eph 6,12). und ein zweites Mal in unserer Zeit seit
* Für Diebstahl hat die Bibel ein Strafmaß, 1900 n.Chr. (Jes 11,11-12).
das etwas höher liegt als das gestohlene
Gut (3.Mo 6,2-5; 2.Mo 22,1-4; 5.Mo 15,12- Welche herausstechende Vorhersage
14), während im Koran dem Dieb die hat Mohammed gemacht?
Hand abgehackt werden soll (Sure 5,38). * Sure 30,1-4: Erfüllte Prophetie bezüglich
* Scheidung: Ein Mann darf seine der byzantinischen Armee, die nach einer
geschiedene, jetzt mit einem anderem Niederlage bald siegen würde. Die Perser
Mann verheiratete Frau nicht wieder drohten um 616 n.Chr. Konstantinopel
heiraten (5.Mo 24,1-4). Doch der Koran einzunehmen. 622 n.Chr. begannen die
sagt, dass ein Mann, der sich von seiner Byzantiner mit dem Gegenzug und siegten
Frau geschieden hat, sie erst wieder endgültig erst 628 n.Chr., also 12 Jahre
heiraten darf, wenn sie vorher mit einem später. Da die Vokalzeichen im
anderen verheiratet war (Sure 2,230). Arabischen erst später eingeführt wurden,
* Im Koran wird die Vergebung der könnte der ursprüngliche Text aber auch
Sünden nicht durch Opfer und Opferblut genau das Gegenteil heißen, dass die
ermöglicht, sondern durch gute Werke Byzantiner verlieren würden
(Sure 25,70; 22,37 vgl. 3.Mo 17,11; Hebr (Sayaghlibuna, "sie werden siegen," wird
9,22; Röm 3,24-25). durch die Änderung zweier Vokale,
* Die Kreuzigung von Jesus (Mt 16,21; Lk Sayughlabuna, "sie (die Römer) werden
24,45-47; Mt 20,26-28) leugnet der Koran besiegt."). Ein Problem besteht auch in
(Sure 4,156-157). der Aussage: „in wenigen Jahren“ würde
* Der Sohn Gottes (2.Sam 7,11-14; Lk der Sieg kommen. „in wenigen Jahren“
1,32; Mt 16,13-16; Mt 26,62-64) wird im beschreibt einen Zeitraum von 3-9 Jahren,
Koran ganz klar abgelehnt (Sure 4,171; laut Mohammeds eigener Aussage Abu
9,30; 10,68). Bakr gegenüber. Doch der Endsieg fand,
wie oben beschrieben, erst 12 Jahre
b) Eintreffen einer Vorhersage: Damit später statt. (Weitere Vorhersagen finden
Zeitgenossen eines Propheten erkennen Sie in Sure 8,43; 48,27.)
konnten, ob er ein echter Prophet war, Welche Prophezeiung Mohammeds hat
musste ein Teil der Vorhersage sich nicht erfüllt?
unmittelbar erlebbar eintreffen, um den * Mohammed behauptet in einer Hadith,
Propheten und seine Prophetien zu dass der Antichrist (dadschal) 7 Monate
bestätigen, die weiter in der Zukunft liegen nach der Eroberung Konstantinopels
(5.Mo 18,21-22; Jes 43,9; Joh 13,18-21). auftreten würde (Abu Davud Buch 37, Nr.
Mose sagte die unmittelbar Niederlage der 4281 - 4283). Nach dieser Vorhersage
ägyptischen Armee vorher (2.Mo 14,13- hätte der Antichrist im November 1453
14.27-28); er gab aber auch Prophetien, auftauchen müssen. (Eine weitere nicht
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erfüllte Vorhersage finden Sie in Sure


4,159.)

c) Mohammed – biblisch prophezeit?


Nach 5.Mose 18,18 soll Mohammed der
Prophet sein, der Mose ähnelt. Aber
Mohammed gehört nicht zu den Brüdern
Moses, er kommt auch nicht aus dem
Stamm Israels. Diese Stelle trifft nicht auf
Mohammed, sondern auf Jesus zu (Joh
5,46; Apg 3,13-23).
Der Beistand und Tröster wird von
Muslimen auf Mohammed bezogen, was
aber unmöglich ist, da Mohammed nicht in
Menschen wohnen kann (Joh 14,16;
14,25-26; Apg 2,4).

Schlussfolgerung: Wir sehen, dass


Mohammeds Prophetien nicht als erfüllt
gelten können. Er wurde nicht in der Bibel
als Prophet Gottes angekündigt und seine
Lehren widersprechen ganz
fundamentalen christlichen
Glaubenswahrheiten. Letzteres ist
entscheidend. Ihn als Propheten
anzuerkennen würde bedeuten, die
Offenbarung Gottes in Jesus Christus und
das Erlösungswerk abzulehnen. Wir
können Mohammed nicht anerkennen,
ohne das Zentrum unseres Glaubens zu
verlieren!

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Die „guten Werke“ im Islam


Die Bedeutung der Absicht
Immer wieder einmal kann man die
Aussage hören, der Islam sei eine Bei weiterem Nachforschen stößt man
Religion der Werkgerechtigkeit, und ein schnell auf die Tatsache, dass es nicht
Muslim müsse sich durch gute Taten den nur auf die Taten ankommt, sondern auch
Himmel verdienen. auf die dahinterstehende Motivation. In
einem Hadith heißt es: Die Taten werden
Eine oberflächliche Betrachtung scheint nach den Absichten beurteilt. Wer nun
zunächst diese Beurteilung zu bestätigen. ausgewandert ist in der Suche nach Gott
Im Blick auf das endgültige Gericht Gottes und seinem Gesandten, dessen
über die Menschen wird im Koran Auswanderung gilt als zu Gott und seinem
wiederholt das Bild der Waage gebraucht: Gesandten. Wer aber in der Suche nach
Und Wir stellen die gerechten Waagen für irdischen Interessen oder wegen einer
den Tag der Auferstehung auf. So wird Frau, die er heiraten möchte,
keiner Seele in irgend etwas Unrecht ausgewandert ist, dessen Auswanderung
getan. Und wäre es auch das Gewicht gilt als eben zu dem, zu dem er
eines Senfkornes, Wir bringen es bei. Und ausgewandert ist. (Khoury, Der Koran, S.
Wir genügen für die Abrechnung. (Sure 507f: „auswandern“ bezieht sich auf die
21,47; vgl. auch Sure 13,102+103) Solche Auswanderung Mohammeds mit seinen
Verse vermitteln den Eindruck: am Tag Anhängern von Mekka nach Medina) –
des Gerichts wird Gott die Menschen ohne Das kann sogar einen Märtyrer betreffen,
Ansehen der Person entsprechend ihrer dem eigentlich der Zugang ins Paradies
Taten gerecht belohnen oder bestrafen. zugesichert wird: Der erste unter den
Menschen, über den das Urteil am Tag
Was sind „gute Werke“ im Islam? der Auferstehung gefällt wird, ist ein
Mann, der als Märtyrer gestorben ist. Er
In islamischen Lehrbüchern werden die wird gebracht. Er (Gott) lässt ihn seine
Taten oft nach dem Gesichtspunkt Gnaden erkennen, und er erkennt sie. Er
klassifiziert, ob sie Strafe oder Lohn nach sagt: Was hast du dafür getan? Er sagt:
sich ziehen, ob sie eigentlich Ich habe um deinetwillen gekämpft, bis ich
verdienstvolle Taten wieder zunichte als Märtyrer starb. Er sagt: Du lügst. Du
machen bzw. neutral sind und weder hast vielmehr gekämpft, damit man sagt:
Strafe noch Lohn bewirken. Die Siehe, ein Mutiger! Und man hat es auch
wichtigsten Werke sind die „unbedingt gesagt. Dann ergeht ein Befehl über ihn,
gebotenen“, die am höchsten positiv und er wird auf seinem Gesicht geschleppt
angerechnet werden und deren und ins Höllenfeuer geworfen. (Khoury,
Unterlassung die Höllenstrafe nach sich Der Koran, S. 554)
zieht. Es fällt auf, dass es sich dabei im
wesentlichen um rituelle, auf Gott Die Bewertung der guten Werke im
ausgerichtete Handlungen (Gebet, Islam
Wallfahrt, Fasten etc.) handelt, die
allerdings zum Teil auch eine soziale, Des weiteren fällt auf, dass gute und böse
mitmenschliche Dimension haben Taten nicht gleich schwer gewichtet
(Armensteuer). Zu den „unbedingt werden. Sehr deutlich wird das in einem
verbotenen“ Taten gehören: Wein zu Hadith zusammengefasst: Gott hat
trinken, dem Vater und der Mutter bestimmt, was gut und was böse ist. Wer
ungehorsam zu sein, einen Menschen zu nun sich vornimmt, eine gute Tat zu
töten. Wer so etwas tut und nicht bereut, vollbringen, aber sie doch nicht vollbringt,
wird dafür in der Hölle bestraft. dem schreibt sie Gott als eine volle gute
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Tat an. Wenn er sie beabsichtigt und auch Gott ihm seine guten Werke vielfach
vollbringt, dann schreibt Gott sie ihm als anrechnen werde, bleibt letztlich doch die
zehn gute Taten oder siebenhundert oder Ungewissheit bestehen, ob er mit dem
viel mehr an. Und wenn er sich vornimmt, Feuer bestraft oder mit dem Paradies
eine schlechte Tat zu vollbringen, sie aber belohnt werden wird.
nicht vollbringt, dann schreibt Gott sie ihm
als eine volle gute Tat an. Wenn er sie In den Hadithen finden sich
beabsichtigt und sie auch vollbringt, dann widersprüchliche Aussagen zu diesem
schreibt sie ihm Gott als eine (einzige) Thema: Ein Mann fragte den Gesandten
schlechte Tat an. (Khoury, Der Koran, S. Gottes: Was meinst du, wenn ich die
507) Auch im Koran (z.B. Sure 4, 40 und vorgeschriebenen Gebete verrichte, den
6,160) finden sich ähnlich Aussagen. Ramadan faste, das Erlaubte tue und das
Verbotene meide, aber nichts zusätzlich
Glaube und gute Werke tue, gehe ich dann ins Paradies ein? Er
sagte: Ja. (Khoury, Der Koran, S. 511) –
Mehr als 60mal kehrt im Koran die Formel In einem anderen Hadith heißt es
wieder: "Wer glaubt und das Gute tut ..." - allerdings: Der Prophet sagte: Sucht die
dem wird Gottes Lohn und der Eingang goldene Mitte und das Rechte, und wisst,
ins Paradies versprochen: Diejenigen, die dass keiner von euch aufgrund seiner
etwas von den guten Werken tun, ob Taten gerettet wird. Sie sagten: Nicht
Mann oder Weib, und dabei gläubig sind, einmal du, o Gesandter Gottes? Er sagte:
werden ins Paradies eingehen, und ihnen Nicht einmal ich, es sei denn, Gott umhüllt
wird nicht ein Dattelgrübchen Unrecht mich mit Barmherzigkeit und Huld von
getan. (Sure 4,124; ähnlich 40,58) ihm. (Khoury, Der Koran, S. 509f)

Der Glaube, das heißt zum Teil das Ein wesentlicher Grund für diese
Aussprechen des islamischen Ungewissheit ist die Tatsache, dass
Glaubensbekenntnisses, kann dabei sogar neben dem einen Gott in seiner
schwerer wiegen als alle übrigen Taten allumfassenden Absolutheit der Mensch -
eines Menschen, so dass jemand trotz all und käme er mit einer Fülle von guten
seiner schlechten Taten Einlass ins Werken - nicht bestehen kann. Vor Gottes
Paradies erhält – allein auf Grund der Gericht wäre alle auf menschliches Tun
Tatsache, dass er das islamische sich gründende Gewissheit bloße
Glaubensbekenntnis ausgesprochen hat Anmaßung (auch nach biblischem
(vgl. dazu den in Khoury, Der Koran, S. Denken!). Es kann aber im Islam vor
552 zitierten Hadith). allem deshalb keine Gewissheit geben,
weil Gott sich hinsichtlich seiner "Gnade",
„Glaube“ ist hier jedoch nicht in biblischem von der im Islam letztlich doch alles
Sinn zu verstehen als das dankbare abhängt, nicht festgelegt hat.
Annehmen der Rettungstat Gottes in
Jesus Christus und das Vertrauen auf eine www.orientdienst.de
klare Zusage in Gottes Wort (z.B. 1. Joh.
1,9), sondern als Rechnen mit der
Existenz Gottes und als Hoffen auf Seine
Barmherzigkeit.

Ungewissheit

Trotz aller Mühe, die ein Muslim sich


geben mag, und trotz der Zusagen, dass
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„Friede“ im Islam Ziel tatsächlich erreicht, kann er allerdings


während seines Erdenlebens nicht wissen.
In der "Islamischen Charta", die der
"Zentralrat der Muslime in Deutschland" 2. Friede und Krieg im Koran und im
2002 veröffentlicht hat, heißt es: "Der Leben Mohammeds
Islam ist die Religion des Friedens". Was sagt der Islam nun zum Frieden auf
Moderne, westlich geprägte Muslime Erden, und wie soll dieser Friede zustande
betonen gern: "Islam" bedeutet Friede. - kommen? - Viele Aussagen des Koran
Im Blick auf das arabische Wort "Islam" über Frieden und den Gegensatz dazu,
ist diese Aussage jedoch nicht korrekt; Kampf und Krieg, sind Offenbarungen, die
zwar sind "Salam" (Friede) und "Islam" Mohammed in konkreten Situationen
von der gleichen Wortwurzel abgeleitet; empfangen haben soll.
"Islam" bedeutet aber nicht "Friede",
sondern "Hingabe, Unterwerfung". - Was Nach seiner Berufung begann
sagt der Koran zum Thema Frieden? Mohammed, seine Mitbürger in Mekka
aufzurufen, den Glauben an eine Vielzahl
1. Die Hoffnung auf ewigen Frieden von Göttern aufzugeben und sich dem
Sure 19,61: (Sie werden in) die Gärten einen wahren Gott, Allah, zuzuwenden. Er
von Eden (eingehen), die der Barmherzige stieß aber bei der Mehrheit auf Ablehnung
seinen Dienern ... versprochen hat... 62 und immer stärker werdende
Sie hören darin kein (leeres) Gerede, Anfeindungen. Zunächst erhielt er den
sondern nur (das Grußwort) ,Heil!' = Rat, die Angelegenheit Gott zu überlassen
Friede (salam) - Im Koran findet sich eine (43,89): Sei nun nachsichtig gegen sie
ganze Reihe ähnlicher Stellen (7,46 / und sag: ,Heil!' (oder: Friede!). - Was er
10,10 / 14,23 / 35,58). - Der Herausgeber äußern sollte, klingt recht tolerant (109,1):
einer erläuterten Koranübersetzung, Yusuf Sag: Ihr Ungläubigen! 2 Ich verehre nicht,
Ali, erklärt zu den zitierten Versen, das was ihr verehrt, 3 und ihr verehrt nicht,
Wort "Salam" habe eine sehr weite was ich verehre... 6 Ihr habt eure
Bedeutung: außer dem Aspekt der Religion, und ich die meine. - Einige
Sicherheit umfasse es auch Gesundheit, Muslime berufen sich im Gespräch mit
Befreiung, Harmonie mit unserer Christen auf solche und ähnliche Verse;
Umgebung und Zufriedenheit. "All diese vor allem zitieren sie oft Sure 2,256: In der
Bedeutungsnuancen sind in dem Wort Religion gibt es keinen Zwang.
'Islam' enthalten. Der Himmel ist deshalb
die Vervollkommnung des Islam." - In Als die Situation für Mohammed in Mekka
diesem Sinn können wir sicherlich sagen, unerträglich wurde, wanderte er mit seinen
dass auch der Islam auf Frieden hofft und Anhängern im Jahr 622 nach Medina aus.
letztlich Frieden will. Von dort aus griffen die Muslime
Karawanen ihrer mekkanischen
Friede wird demjenigen zugesagt, der der Widersacher an - einmal sogar in einem
Leitung Gottes folgt (20,47). "Friede" der "heiligen Monate", in denen
sprechen die Engel den Sterbenden zu, Kampfhandlungen verboten waren.
wenn sie Gott fürchten und sich in ihrem Mohammed begründete dieses Verhalten
Erdenleben gut verhalten haben (16,32). mit folgender Offenbarung (2,217): Man
D.h. Frieden findet der Mensch für sich fragt dich nach dem heiligen Monat,
persönlich durch den Islam, wenn ihm als (nämlich) danach, (ob es erlaubt ist) in
Muslim am Tag des Gerichts der Zugang ihm zu kämpfen. Sag: In ihm ist Kämpfen
ins Paradies eröffnet wird. Ob er dieses ist ein schweres Vergehen (w. wiegt
schwer). Aber (seine Mitmenschen) vom
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Weg Gottes Abhalten - und nicht an ihn nicht verbieten (oder: für verboten
Glauben - und (Gläubige) von der heiligen erklären), was Gott und sein Gesandter
Kultstätte (Abhalten), und deren verboten haben, und nicht der wahren
Anwohner daraus Vertreiben, (all das) Religion angehören - von denen, die die
wiegt bei Gott schwerer. Und der Versuch, Schrift erhalten haben - (kämpft gegen
(Gläubige zum Abfall vom Islam) zu sie), bis sie kleinlaut aus der Hand (?)
verführen, wiegt schwerer als Töten. Und Tribut entrichten! - Auch hier kommt der
sie (d.h. die Ungläubigen) werden nicht Kampf zu einem Ende, wenn sie keine
aufhören, gegen euch zu kämpfen, bis sie Bedrohung für die islamische Ordnung
euch von eurer Religion abbringen - wenn mehr darstellen, sondern sich ihr
sie (es) können... unterwerfen und Tribut bezahlen.

Wenn Muslime angegriffen werden, ja, Grundloses und wahlloses Töten ist im
schon wenn sie gehindert werden, den Islam ein schweres Verbrechen (5,32):
Islam zu praktizieren, oder wenn jemand Aus diesem Grund (d.h. aufgrund des
versucht, sie von ihrer Religion Brudermords von Kain) haben wir den
abzubringen, ist Gegenwehr für sie Kindern Israels vorgeschrieben, dass,
gerechtfertigt. Der Kampf darf jedoch nicht wenn einer jemanden tötet, (und zwar)
auf unrechtmäßige Weise geführt werden nicht (etwa zur Rache) für jemand
und muss abgebrochen werden, wenn die (anderes, der von diesem getötet worden
Gottlosen sich bekehren (2,190): Und ist) oder (zur Strafe für) Unheil (das er) auf
kämpft um Gottes willen gegen diejenigen, der Erde (angerichtet hat), es so sein
die gegen euch kämpfen! Aber begeht soll, als ob er die Menschen alle getötet
keine Übertretung (indem ihr den Kampf hätte. Und wenn einer jemanden (w.
auf unrechtmäßige Weise führt)! Gott liebt ihn) am Leben erhält (w. lebendig
die nicht, die Übertretungen begehen. 191 macht), soll es so sein, als ob er die
Und tötet sie (d. h. die heidnischen Menschen alle am Leben erhalten (w.
Gegner), wo (immer) ihr sie zu fassen lebendig gemacht) hätte...
bekommt, und vertreibt sie, von wo sie
euch vertrieben haben! ... 192 Wenn sie Im Koran finden sich also neben Worten
jedoch (mit ihrem gottlosen Treiben) der Toleranz für die Anhänger anderer
aufhören (und sich bekehren), so ist Gott Religionen auch aggressive Aufrufe zum
barmherzig und bereit zu vergeben. 193 Kampf - vor allem in späteren
Und kämpft gegen sie, bis niemand (mehr) Offenbarungen, die nach der traditionellen
versucht, (Gläubige zum Abfall vom Islam) Auffassung die wichtigeren sind für das
zu verführen, und bis nur noch Gott Verhalten der Muslime. Dabei wird aber
verehrt wird!... - Wenn die Götzendiener versucht, einer willkürlichen und maßlosen
bereit waren Frieden zu schließen, sollte Gewaltanwendung Grenzen zu setzten.
Mohammed sich ebenfalls dem Frieden Allerdings erscheint mir fraglich, ob der
zuneigen (8,60+61). Friede erscheint hier Koran in ausreichender Weise deutlich
als Ende der Auflehnung und des macht, wie gefährlich (aus biblischer Sicht
Kampfes gegen den Islam (ähnlich Sure unmöglich) es ist, die Herrschaft Gottes
4,90). durch Anwendung von Gewalt aufbauen
oder auch nur fördern oder schützen zu
Der Kampf kann sich nach der späten wollen.
Sure 9 auch gegen die Buchbesitzer
(Christen und Juden) wenden (9,29): 3. Gegenwärtige Tendenzen
Kämpft gegen diejenigen, die nicht an
Gott und den jüngsten Tag glauben und
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Im Islam gibt es gegenwärtig - grob sich aus gar nicht friedensfähig ist und
gesagt - hauptsächlich folgende zwei dass - bei allem guten Wollen - Friede
Auffassungen: nicht möglich ist, ohne Versöhnung mit
1) die anti-islamischen Kräfte sind noch Gott und ohne Erlösung von der Macht der
längst nicht überwunden; auch wenn nicht Sünde. Weil das nicht erkannt wird,
ein unmittelbarer militärischer Angriff von huldigen viele - allerdings längst nicht nur
ihnen ausgeht, bekämpfen sie doch die im Islam – der Illusion, durch den Kampf
islamische Welt durch wirtschaftlichen gegen das Böse und die Bösen, notfalls
Druck und negative kulturelle auch mit Gewalt, den Frieden herstellen
Beeinflussung; deshalb ist es zu können.
gerechtfertigt oder sogar geboten, gegen
sie Krieg zu führen. Dem gegenüber bezeugt das Neue
Testament, dass Jesus Christus Frieden
2) der Islam steht nicht mehr vor der gemacht hat an seinem Kreuz. Hier ist der
Bedrohung seiner Existenz und muss Friede von Gott her in die Welt
nicht mehr um sein Überleben kämpfen; hineingekommen. Das Kreuz des Sohnes
deshalb ist ein Kampf gegen die Gottes, an dem Gott die Sünde der
Ungläubigen nicht mehr in der Weise nötig Menschheit verurteilt und gerichtet hat, ist
wie zur Zeit Mohammeds; allerdings der Ort, an dem Er uns allen Seinen
besteht das Recht, sich gegen Angriffe zu neuen Friedensbund anbietet.
verteidigen; aber Friede ist in jedem Fall
dem Krieg vorzuziehen. www.orientdienst.de

Adel Theodor Khoury schreibt dazu: "Zwar


sind die Verfechter einer Theorie des
Friedens in der islamischen Welt heute
hoffnungslos in der Minderheit. Aber sie
finden in den Kreisen der weltoffenen
Menschen und der Intellektuellen eine
immer breitere Zustimmung." (Was sagt
der Koran zum Heiligen Krieg?, S. 89).

4. Die Ursache für den Unfrieden und


die Grundlage des Friedens
Die Ursache für den Unfrieden liegt nach
islamischem Verständnis darin, dass
Menschen den Islam, d.h. den Glauben an
Gott und das Leben nach Seinen
Ordnungen, ablehnen. Das sind Leute, die
(5,33) ... gegen Gott und seinen
Gesandten Krieg führen und (überall) im
Land eifrig auf Unheil bedacht sind...

Dass wir aber seit Adams Entscheidung,


unabhängig von Gott zu leben, eigentlich
als ganze Menschheit zu Feinden Gottes
geworden sind (Röm 5,10), wird im Islam
weder gesehen noch anerkannt. So fehlt
auch die Einsicht, dass in diesem Zustand
der Feindschaft mit Gott der Mensch von
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Hadsch – die muslimische Pilgerreise Anschließend habe Abraham mit seinem


nach Mekka Sohn Ismael sie nach göttlicher
Offenbarung wieder aufgebaut („Als
Die Hadsch, auch Hadj oder Hajj, ist die Abraham und Ismael den Grund zu
fünftägige islamische Pilgerfahrt nach diesem Hause legten, da flehten sie: O
Mekka in Saudi-Arabien. Sie ist die fünfte Herr, nimm es gnädig von uns an. Zeige
Säule des Islam und findet durch den uns unsere heiligen Gebräuche“, Sure
Mondkalender verschoben jährlich zu 2,127-128). Auch das Opfern eines Tieres
einer anderen Zeit statt. Jeder freie während der Hadsch geschieht in
volljährige Muslim (Frauen nur in Andenken an Abraham, der seinen Sohn
Begleitung), der es sich leisten kann, ist verschonte (Sure 37,107). Mohammed
verpflichtet, mindestens einmal im Leben soll die Hadsch nach erneutem
nach Mekka zu pilgern (Sure 3,97). Eine Missbrauch wieder richtig eingesetzt
solche Person erhält den Ehrentitel haben.
„Hadschi“. Die kleine Wallfahrt, die
„Umra“, die zu jeder Jahreszeit möglich Ab 400 n.Chr. lässt sich der Kaaba-Bau
ist, stellt eine verkürzte Version der historisch belegen. Die Kaaba wurde
Hadsch dar, kann sie aber nicht ersetzen. mehrfach in der Geschichte durch Fluten
Oft wird die Umra mit der Hadsch und Angriffe beschädigt. Die ismaelitische
kombiniert. Von Saudi-Arabien werden für Sekte der Qaramitah (Karmaten) raubte
jedes Land Pilgerkontingente zugeordnet, 930 n.Chr. sogar den schwarzen Stein aus
damit die Teilnehmer (ca. zwei Millionen) Mekka, spaltete ihn in mehrere Teile und
zu bewältigen sind. Muslime erleben auf verübte unter den Pilgern ein Massaker.
der Hadsch ein starkes
Gemeinschaftsgefühl mit Muslimen aus
allen Völkern und Rassen. Ablauf der Hadsch

Geschichte und religiöser Hintergrund Bei dem sehr komplizierten Ritual kann in
der Hadsch der Praxis viel falsch gemacht werden und
damit ist die Hadsch ungültig und muss
Bereits vor der islamischen Zeit war die wiederholt werden. So müssen bestimmte
Hadsch ein heidnischer Brauch, bei dem arabische Gebete und Lobpreis an
eine große Anzahl von Göttern, besonders bestimmten Stellen dargebracht und die
der Gestirne verehrt wurden, unter Geschwindigkeit des Gehens richtig
anderem der Mondgott Hubal mit dem angepasst werden.
schwarzen Stein. Dieser Stein ist heute
weltweit die Gebetsorientierung für alle Durch seine Absichtserklärung, eine
Muslime. Ihn zu küssen war für Ganzkörperwäsche, spezielle Kleidung
bedeutende Mitkämpfer Mohammeds, z.B. und Haarschnitt tritt der Pilger an einem
Omar, ein großes Problem. Sie ließen sich der vorherbestimmten Orte (Miqat) in
nur durch eine Offenbarung Mohammeds Mekka in den Weihezustand (Ihram).
überzeugen (s.u.). Er befindet sich im Danach darf er z.B. nicht mehr streiten
südlichen Teil der sonst leeren „Kaaba“ oder sexuellen Verkehr haben (Sure
(arab. für „Würfel“), welche eine 2,197).
Seitenlänge von ca. 15 Metern aufweist
und mit einem goldbestickten schwarzen Es folgt beginnend am schwarzen Stein
Tuch jährlich neu eingehüllt wird. Nach die siebenmalige Umrundung (Tawaf) der
islamischer Auffassung soll bereits Adam Kaaba gegen den Uhrzeigersinn. Die
die Kaaba gebaut haben. Während Noahs ersten drei Umrundungen sollen im
Flut soll sie zerstört worden sein. Laufschritt, die letzten vier gehend
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zurückgelegt werden. Während jeder Ismael nicht zu opfern (biblisch Isaak).


Runde soll der schwarze Stein (Hajr-el- Anschließend sollen die Opfertiere in Mina
Aswad) geküsst, berührt oder auf ihn geschlachtet werden. Dies ist das höchste
gezeigt werden. Danach beten die Pilger Fest im Islam und wird in der ganzen Welt
an der Stelle Abrahams (Maqam Ibrahim), begangen. Es folgt die Rückkehr nach
die sich neben dem Kaaba-Würfel Mekka, um weitere sieben Runden um die
befindet. Kaaba und den Lauf zwischen Safa und
Marwa zu vollziehen. Noch am 10. d. M.
Am gleichen Tag schließt sich ein kehren die Pilger nach Mina zurück, wo
siebenmaliger Lauf (Say) zwischen den sie zwei oder drei Tage verbringen und
Hügeln Safa und Marwa an, nur einige täglich jeweils sieben Kieselsteine auf jede
hundert Meter entfernt. Der Lauf bezieht der drei Steinsäulen werfen.
sich nach Mohammeds Umdeutung auf
Hagar und Ismael (Sure 2, 158), die auf Am 12. oder 13. Tag d. M. kehren die
ihrer verzweifelten Suche nach Wasser Pilger noch ein letztes Mal nach Mekka
siebenmal an dieser Stelle hin und her zurück und machen eine einzige Pflicht-
geirrt sein sollen. Daraufhin fanden sie Runde um die Kaaba. Jetzt sollte der
durch den Engel das Wasser einige Muslim Wasser vom Brunnen Zamzam
Hundert Meter entfernt in der Quelle trinken, der sich direkt neben der Kaaba
Zamzam (biblische Parallele 1.Mo 21,17- befindet, und um Vergebung bitten. Zum
19), die ein besonderes Segenswasser Ende der Hadsch wird der Besuch von
hervorbringen soll. Mit dem Lauf endet die Mohammeds Grab in Medina (330 km
kleine Wallfahrt, die Umra. Es folgt die entfernt) empfohlen.
Eröffnungspredigt für die eigentliche
Hadsch. Noch am gleichen Tag ziehen die Falls die Hadsch abgebrochen wird, muss
Pilger zum Ort „Mina“ und übernachten ein Tieropfer dargebracht (Sure 2,196)
dort. Am nächsten, dem 8. Tag des und diese im darauf folgenden Jahr
Monats (d.M.) „Dhu al-hijja“ beginnt die wiederholt werden. Für Kranke und
eigentliche Hadsch. Verstorbene können andere Personen die
Hadsch vornehmen.
Am 9. Tag d. M. wandern die Pilger in
Gruppen von Mina zum Berg „Arafat“, Beurteilung aus christlicher Sicht
dem wichtigsten Teil der Pilgerfahrt. Hier,
in der Ebene vor dem Berg, hören die Die Rituale der Hadsch sind zum Großteil
Pilger eine zweiteilige Predigt, die an die identisch mit dem Götzendienst der
Abschiedspredigt Mohammeds kurz vor vorislamischen Zeit. Deshalb erwecken sie
seinem Tod erinnern soll. Am Abend geht im Pilger Aberglauben, wie vielfach zu
es zurück, Richtung Mekka. Im Ort beobachten ist. Bereits die verschiedenen
„Muzdalifa“ wird übernachtet. Stämme der heidnischen Araber vor
Mohammed umkreisten die Kaaba mit
Am 10. Tag d. M. soll der Pilger sobald dem schwarzen Stein siebenmal und
wie möglich nach Mina kommen. Auf küssten ihn. Sie rannten zwischen den
diesem Weg soll er 49 bzw. 70 zwei Götzen Isaf und Naila auf den
Kieselsteine aufnehmen. Sobald er in Hügeln Safa und Marwa hin und her.
Mina ankommt, wirft er sieben Steine auf Deshalb hatten sich die ersten Nachfolger
eine bestimmte der drei verschieden Mohammeds anfänglich auch geweigert,
großen Steinsäulen. Das „Steinewerfen“ weiterhin zwischen den Hügeln hin und
repräsentiert die Handlung Abrahams, der her zu rennen. Klärend sagt Gottes Wort
mit Steinwürfen den Teufel in die Flucht dazu: „Das alles hat zwar einen Anschein
trieb, als er ihn versuchte, seinen Sohn von Weisheit, in eigenwilligem
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Gottesdienst und in Demut und im


Nichtverschonen des Leibes – nicht in
einer gewissen Wertschätzung – dient
aber zur Befriedigung des Fleisches“ (Kol
2,22-23).

Muslime sind oft deshalb so begierig


darauf, die Hadsch zu machen, weil sie
Sündenvergebung verspricht. Laut Hadith
soll ein Pilger in Bezug auf die Sünde
nach der Hadsch so rein sein wie ein
„neugeborenes Kind“ (Sahih Bukhari
2.596). Ihm wird das Paradies
versprochen. Doch was passiert nach der
Hadsch, wenn er wieder sündigt? Es
handelt sich um eine sehr zweifelhafte
Sicherheit, die auf menschlichen Werken
beruht.

Muslime opfern viel für die Hadsch. Die


Bibel sagt uns dazu: „Und wenn ich alle
meine Habe den Armen gäbe und ließe
meinen Leib brennen und hätte der Liebe
nicht, so wäre mir´s nichts nütze“ (1.Kor
13,3). Wie aber sollen sie lieben, wenn sie
den nicht kennen, der seine Liebe durch
Jesus Christus und dessen Kreuzestod
zur sicheren Vergebung unserer Sünden
unter Beweis gestellt hat?

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Märtyrer im Islam Muslime, die beim Schutz ihres


Eigentums, ihres Lebens, ihres Gewissens
Wer die Medienberichte verfolgt, hat sie oder ihrer Ehre ums Leben kommen oder
vor Augen: Selbstmordattentäter, die ihr bei dem Versuch sterben, andere Muslime
Leben für ein vermeintlich höheres Ziel oder unter dem Schutz von Muslimen
opfern und andere Menschen mit in den stehende Nichtmuslime zu verteidigen.
Tod reißen. Wie schade, dass sie ihre Märtyrer, die diesen beiden Kategorien
besten Jahre und ihre ganze Lebenszeit zuzuordnen sind, werden nur mit einem
nicht dafür einsetzen, was wirklich zum Totengebet beerdigt. Ihre blutige Kleidung
Frieden führt! Was geht in Menschen vor, behalten sie am Körper, die
die ihrem meist noch jungem Leben auf Totenwaschung wird bei ihnen nicht
solch mörderische Weise ein Ende durchgeführt. 3. Märtyrer, die am Krieg
setzen? Sind es die Paradiesversprechen, teilgenommen oder gegen Terroristen
die besonders bei jungen Männern die gekämpft haben, aber erst später, nicht an
sinnliche Phantasie anregen? Tragen den unmittelbaren Folgen dieser Kämpfe,
nicht ihre Führer, teilweise ihre eigenen sterben. Auch Muslime, die durch
Angehörigen und nicht zuletzt Ertrinken, Verbrennen oder Gebären zu
menschenverachtende Medien eine Tode kommen und in der Fremde oder
erhebliche Mitverantwortung für dieses beim Erlernen einer Wissenschaft
Unrecht? gestorbene Muslime werden dieser
Kategorie zugerechnet; sogar Händler, die
Die Wortbedeutung aufrichtig Handel treiben und Menschen,
die ihre Familien versorgen und dabei
Wie das arabische Wort schahid bedeutet umkommen.
auch das entsprechende griechische Wort
martys Zeuge, martyrein Zeugnis ablegen, Nicht zu Märtyrern zu zählen sind laut
bezeugen. Mit Märtyrer werden heute einer Hadith folgende Menschen: Allahs
Christen wie Andersgläubige bezeichnet, Gesandter (Mohammed) sagte: Das Blut
die bereit sind, für ihre eines Muslim (zu vergießen) ist nicht
Glaubensüberzeugung Verfolgung, Leiden erlaubt, außer in einem dieser drei (Fälle):
und sogar den Tod auf sich zu nehmen. der verheiratete Ehebrecher, Leben um
Der Christ als Märtyrer lässt sich Leid Leben (Blutrache), und der seinen
zufügen ohne selbst andern Leid Glauben Verlassende, von seiner
zuzufügen. Als Märtyrer im Islam gilt Gemeinschaft Getrennte. Dies berichten
dagegen, wer im Kampf gegen die Buhari und Muslim.
Ungläubigen oder das Böse den Tod
findet, dazu zählen für Islamisten auch Und die Selbstmordattentate?
Selbstmordattentäter.
Das Institut „Palestinian Media Watch“,
Drei Gruppen von Märtyrern das palästinensische Printmedien,
Sendungen im Fernsehen und Radio
Das Märtyrertum besitzt nach Die Fontäne sammelt und analysiert, dokumentiert seit
online im Islam einen hohen Stellenwert. Oktober 2000 eine Verherrlichung des
Als Märtyrer gelten alle diejenigen, die auf Todes in den öffentlichen Medien – nicht
dem Wege Gottes ihr Leben lassen. Den etwa von Seiten radikal-islamischer
Büchern des Fiqh (der islamischen Bewegungen – sondern auf Initiative der
Rechtswissenschaft) zufolge gibt es drei Palästinensischen Autonomiebehörde
Gruppen von Märtyrern: 1. Muslime, die unter Leitung von Yasser Arafat. Darin
bei einem Krieg oder bei einem Überfall wird Kindern suggeriert, dass es gut sei,
von Wegelagerern zu Tode kommen. 2. den Tod im Kampf gegen den
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„rassistischen Judenstaat“ zu suchen. Als Christen unterscheiden wir zwischen


Meldung am 21.8.2002: Arafat fordert Gesellschaft und Kirche, für Muslime
kleine Kinder auf, „Märtyrer“ zu werden. gehören beide eng zusammen. Wir leben
mit einer freiheitlich-demokratischen
Der Selbstmord wird im Islam verurteilt: Verfassung, genießen Religions- und
Und begeht nicht Selbstmord! (4:29) In Gewissensfreiheit. Muslime werden als
einer anderen Sure heißt es: Und wer Muslime geboren und sollen nach eigener
einen Gläubigen vorsätzlich tötet, dessen Auffassung auch Muslime bleiben, denn
Lohn ist Gahannam (die Hölle), worin er auf Abfall steht eigentlich die Todesstrafe.
ewig bleibt. Allah wird ihm zürnen und ihn Insofern ist der Einzelne in seiner
von Sich weisen und ihm eine schwere Gewissensfreiheit durch das islamische
Strafe bereiten (4:93). System eingegrenzt.

Der Anschlag auf das World-Trade-Center Wir sollen als Christen nicht das Leiden
traf auch Muslime, die dort arbeiteten oder und Martyrium suchen. Jesus weist seine
sich aus geschäftlichen Gründen Jünger an, von einer Stadt in die nächste
aufhielten. Unschuldige Opfer waren zu fliehen, wenn sie verfolgt werden. Weil
überhaupt nicht auszuschließen. Auch in Christen aus dieser Welt Herausgerufene
den in die Luft gesprengten Bussen oder sind und als solche leben, können sie
Restaurants in Israel gehören in der Regel grundlos beschimpft, gehasst und verfolgt
unschuldige Zivilisten und auch Muslime werden. Jesus sah dies voraus und lehrte
zu den Todesopfern. Bomben können seine Jünger, sich klug, doch ohne
nicht zwischen Gut und Böse, Unschuldig Hinterlist zu verhalten und sich vor
und Schuldig unterscheiden. Wie also Menschen nicht zu fürchten, weil sie zwar
können solche Angriffe nach islamischem den Leib, nicht aber die Seele töten
Rechtsverständnis akzeptiert werden? können (Mt 10,28). Allein zu fürchten ist
Gott, der Leib und Seele ins ewige
Wie sollen wir solche Täter beurteilen? Verderben schicken kann. Nach Offb 20,4
Was war ihre persönliche Motivation und werden christliche Märtyrer wieder
ihre Absicht? Und wenn sie sterben, sind lebendig und herrschen mit Christus
sie dann auch Märtyrer? Ja und nein ist zusammen tausend Jahre lang. KT
die wohl treffende Antwort, wenn man Übrigens befasst sich die Zeitschrift des
islamische Theologen befragt. (s. die Instituts für Islamfragen (IFI) in Nr. 1/2004
Fatwas / Rechtsgutachten unter wissenschaftlich mit obiger Thematik.
www.islaminstitut.de).
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Märtyrer bei den Schiiten

Die Geschichte der Schiiten weist mehrere


Märtyrer auf. Es sind Ali und nach ihm
noch zehn Männer, die in direkter Linie
vom Propheten Mohammed abstammen,
die ermordet wurden. Im schiitischen
Volksglauben spielt der Märtyrertod al-
Husains (Sohn des vierten Kalifen Alis)
eine wichtige Rolle.

Christliche Beurteilung
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Die Quellen des Koran Namen. Die Sabäer beteten für die Toten,
Muslime heute ebenso.
Die Frage, aus welchen Quellen der Koran e) Ramadan: Die Sabäer fasteten jährlich
entspringt, stellt sich den Muslimen nicht. 30 Tage und feierten ein Fastenbrechen
Sie gehen davon aus, dass die „Mutter am Ende dieser Tage, genau wie die
des Buches“, der ewige Koran, im Monat Muslime heute.
Ramadan auf die unterste Stufe des
Himmels herab gesandt wurde. Durch 2. Quelle des Jüdischen Talmud
Vermittlung des Engels Gabriel soll er von a) Nach der Zerstörung Jerusalems im
dort Wort für Wort an Mohammed Jahre 70 n.Chr. flohen einige jüdische
weitergegeben worden sein. Auch für ein Stämme auf die arabische Halbinsel und
Gespräch mit Muslimen werden die im überlebten. Viele von ihnen hörten mehr
Folgenden aufgeführten Fakten wohl auf Legenden (z.B. Hagadda) und den
kaum dienlich sein. Für uns als Christen Talmud als auf das Alte Testament. Diese
können sie allerdings hilfreich aufzeigen, Juden damals und manche Juden heute
woher Mohammed vermutlich sein Wissen glauben, dass Gott den Talmud den Zehn
hatte. Viele Lehren und Erkenntnisse Geboten beigefügt habe und dass beide
Mohammeds finden sich in nachfolgenden Duplikate der originalen himmlischen
sechs Quellen wieder. Das legt nahe, Bücher seien. Mohammed konnte diesem
dass Mohammed auf diese Quellen Denken gemäß den Koran hinzufügen.
zurückgriff. Hier werden aus Platzgründen Verschiedene jüdische Traditionen und
nur einige wenige Beispiele angeführt. Gedankengut wurden in den Koran hinein
gewoben.
1. Quelle der heidnisch-arabischen b) Satans Ablehnung, Adam
Vergangenheit anzubeten: Sure 2,34; 7,11-18 kann man
a) Allah: Der Gottesname „Allah“ war im alttestamentlichen Pseudepigraphen
schon vor Mohammed bekannt, und war aus dem 1. Jh. n.Chr. finden: „Das Leben
keine Neuschöpfung. Mohammeds Vater Adams und Evas“.
hieß z.B. Abd-ullah (Sklave Allahs). c) Kain und Abel: Zur Sure 5,30-35 findet
b) Ka´ba: Die Ka´ba wurde 60 v.Chr. von sich ein paralleler Text im Targum des
Deodorus Sicolus als Ort der Anbetung Jonathan-ben-Uzziah, Targum von
beschrieben. Bereits vor Mohammed war Jerusalem und Pirke Rabbi Eleazar, das
die Ka´ba als Tempel für viele Gottheiten wörtlich übernommen sein könnte.
benutzt worden. d) Abraham: Die Kenntnisse
c) Hajj: Die durch und durch heidnischen Mohammeds über Abraham stammten
Wallfahrtspraktiken der Pilgerreise wurden aus jüdischen Legenden im Midrash
von Mohammed eins zu eins Rabbah (Sure 2,260; 6,74-84; 19,42-50;
übernommen, einschließlich dem Küssen 21,52-72; 26,70-82; 29,16-17; 37,83-89;
des schwarzen Steins, dem Besuch von 43,26-30; 60,4). Die Bibeltexte über
Safa und Marwa und dem Rennen Abraham hat Mohammed offenbar nicht
zwischen den zwei Hügeln, ebenso das gekannt.
Steinewerfen gegen Steinsäulen, die den e) Der Besuch der Königin von Saba
Teufel symbolisieren im Wadi Mina und Sure 27,17ff: Als Quelle liegt das
das Schächten von Tieropfern in Mina. II.Targum des Buches Ester
d) Namaz-Gebet: Das ausgestorbene (außerbiblisch) nahe.
Volk der Sabäer, das vorher auf der f) Harut und Marut: Sure 2,102 berichtet
arabischen Halbinsel lebte, hatte täglich von zwei Engeln. Die Namen der Engel
sieben feste Gebetszeiten. Mohammed finden sich als Götzennamen, die im
übernahm fünf davon einschließlich deren vorchristlichen Armenien angebetet
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wurden. Die Armenier wiederum hatten Irrlehre sein, die von den Basiliden seit
die Idee vom Hindu-Gott des Windes. Als dem zweiten Jahrhundert verbreitet wurde.
Quelle liegt auch der Talmud nahe c) Dreieinigkeit: Christen sind erstaunt, in
(Midrash Yalzut, Kap. 44). Sure 5,75,76,116 zu lesen, die
g) Sieben Himmel und Höllen: Sure Dreieinigkeit bestehe aus Gott, Maria und
15,44; 17,44 finden wir auch in der Jesus. Die Quelle dazu ist sicherlich die
jüdischen Tradition, die sie Hagigah und Irrlehre von der Vergöttlichung der Maria
Zuhal nennt. als „Mutter Gottes“.
d) Jungfrau Maria: Das apokryphe
3. Quelle der Neutestamentlichen Jakobus-Evangelium liegt als Quelle des
Apokryphen Berichts nahe, in dem Maria im Tempel
a) Die Apokryphen sind eine gelebt haben soll. Sie sei von Engeln mit
Legendensammlung über Jesus, die von Nahrung versorgt worden und Joseph
den ersten Gemeinden und Kirchenvätern wäre durch wundersame Losstäbe zu
abgelehnt wurde, weil sie nicht von den ihrem Mann ausersehen worden: Sure
Aposteln stammte. In manchen 3,35-36.42-47
christlichen Sekten wurden sie wie das e) Grab der Siebenschläfer: Sure 18,9-
Neue Testament wertgeschätzt. Ihre 26 findet seine Parallele im Buch
Mitglieder flohen vor der Verfolgung der „Geschichten der Märtyrer“ von Gregory
römischen Kirche auf die arabische von Tours. Eine legendäre Geschichte von
Halbinsel. Auf diese Weise erfuhr Christen, die in einer Verfolgungszeit für
Mohammed vermutlich von einer 200 Jahre einschliefen. 309 Jahre vor
entstellten christlichen Lehre. Die Koptin Mohammed fanden diese Legenden
Maria, die eine von Mohammeds Frauen bereits Verbreitung.
war, kann ihm von diesen Dingen erzählt
haben oder der Christ Waraqqa ibn 4. Quelle der Bibel
Naufal, der Cousin seiner ersten Frau a) Tisch vom Himmel gesandt: Sure
Chadidscha. 5,112-115 nimmt vermutlich völlig verzerrt
b) Jesus: Sein Name im arabischen Bezug auf das Abendmahl der Christen
Koran lautet seltsamer Weise „Isa“. Sure (Mt 26,20-29; 1.Kor 11,27-29) und die
19,16-31 berichtet, dass er unter einem damit verbundene Warnung.
Palmbaum geboren wurde. Nachzulesen b) Kamel durchs Nadelöhr: in Sure 7,40
ist das gleichfalls in der „Geschichte der finden wir wörtlich ein Zitat aus dem ca.
Geburt“. Als Maria von ihrer eigenen 600 Jahre älteren Neuen Testament (Lk
Familie beschuldigt wird, unverheiratet ein 18,25).
Baby bekommen zu haben, verteidigt sie
ihr neugeborener Säugling Jesus. Dies 5. Quelle der östlichen Religionen
finden wir in dem „Evangelium der a) Paradies: Sure 55,56 und 56,35-36
Kindheit“ - beides Apokryphen. sprechen von weiblichen Wesen namens
Sure 3,49 und 5,113 erzählen davon, wie „Huris“, die große perlenförmige Augen
Jesus Lehmtauben machte und ihnen haben. Dazu finden wir eine Parallele in
Leben einhauchte, so dass sie der Zoroastrischen Religion von Persien.
davonfliegen konnten. Genau das finden Dort heißen die Jungfrauen nicht Huris,
wir aber im apokryphen Thomas- sondern Paaris. Die gleiche Quelle gilt für
Evangelium. die bösen Geister (die Dschinn) und
In Sure 4,156 steht die Aussage, Jesus Mohammeds „Himmelfahrt“.
sei weder gekreuzigt noch getötet worden. b) Miraj: Die Miraj ist der Bericht der
Die Quelle dafür kann eine gnostische Himmelfahrt Mohammeds auf einem
pferdeähnlichen Geschöpf, das Buraq
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heißt. Er soll in den siebten Himmel (Quelle: LCA, Islam, as it sees itself, as
aufgefahren sein. In Sure 17 finden wir others see it, as it is; S. 73ff)
dazu Texte, aber detaillierter in der Weiterführende Informationen auf
Mishkat (die vertrauenswürdigsten Englisch: http://www.answering-
Hadithensammlung: „Mishkatu`l Masabi“). islam.de/Main/Quran/Sources/index.html
Wir könnten diese Geschichte auf ein
spekulatives Buch namens „Testament www.orientdienst.de
Abrahams“ zurückführen, das aus
Ägypten stammt (200 v.Chr.) und ins
Griechische und Arabische übersetzt
wurde.
c) Waage: Der Gedanke, dass Gott die
Menschen beim Gericht mit einer riesigen
Waage richten wird, auf der gute und böse
Werke gegeneinander aufgewogen
werden, ist weit verbreitet. Eine Quelle für
diese Lehre dafür kann wieder das
„Testament Abrahams“ sein oder das
„Buch der Toten“, ebenso aus Ägypten,
das sich auf das Gericht von Osiris
bezieht, einer ägyptischen Gottheit, die
dasselbe Waagenkonzept beinhaltet.
d) Sirat: Die Brücke, die über den tiefen
Abgrund der Hölle ins Paradies führt, war
in Persien gut bekannt und wurde dort
Chinavad (die Verbindung) genannt,
nachzulesen im Buch „Dinkart“ der
Zoroastrier.

6. Quelle der Hanifen


a) Manche Gottessucher lehnten den
Götzendienst in Mekka bereits ab, bevor
und während Mohammed erstarkte. Sie
hießen Hanifen und glaubten an den „Gott
Abrahams“, schlossen sich aber weder
den Juden noch den Christen an. Vier
werden namentlich genannt. Man
vermutet, dass sie aus dem Kontakt mit
den Juden zu dieser Überzeugung kamen.
Hanifische Glaubensaussagen sind mit
denen von Koran und Hadith ähnlich:
Einzigheit Gottes, Paradies, Hölle und der
Ausruf: „Allah ist barmherzig und gnädig“.

Zusammenfassend müssen wir


feststellen, dass Mohammeds Wissen von
der Bibel sehr schwach und oberflächlich
war.
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Islamisierung der ‚Tag der offenen Moschee’ zu rechnen


ist, werden folgende Mittel eingesetzt:
Immer wieder einmal protestieren Muslime
gegen christliche „Missionierung“ – und 1) Der Bau von Moscheen dient
weisen in diesem Zusammenhang oft natürlich dem Gebet und der
darauf hin, der Islam sei tolerant Unterweisung im Islam durch
gegenüber anderen Religionen und Freitagspredigt und
„missioniere“ nicht. Im Minikurs „Da’wah – Koranunterricht. Zugleich
der Ruf zum Islam“ und in anderen „sprechen“ vor allem die
Artikeln unseres Heftes Nr. 3 / 97 haben repräsentativen Moscheebauten
wir schon einiges zu diesem Thema von der Anwesenheit des Islam
geschrieben. Dort haben wir bereits und sind Orte, wo interessierte
erwähnt, dass in der Art der Ausbreitung Nichtmuslime über den Islam
zwischen Islam und christlichem Glauben informiert werden können. (Welche
tatsächlich große Unterschiede bestehen. Bedeutung dem von muslimischer
(Natürlich gibt es auch Ähnlichkeiten: Seite zugemessen wird, ist m. E.
beide verbreiten ihre Schriften, laden zu ablesbar an der Tatsache, dass
Informationsveranstaltungen ein, führen christlichen Gemeinden in vielen
Gespräche mit Interessierten…) islamischen Ländern große
Schwierigkeiten gemacht werden,
Sicherlich längst nicht alle Muslime, aber in ähnlicher Weise Kirchen zu
doch einige führende Personen und bauen.)
islamische Organisationen arbeiten
intensiv daran, den Einfluss des Islam zu 2) Zunehmend werden
intensivieren – auch in Gebieten, die nicht Gerichtsprozesse geführt, in
traditionell islamisch sind. Dazu wird, je denen die Rechte von Muslimen
nach Situation, eine ganze Palette von zum ungehinderten Praktizieren
Mitteln angewandt. Vieles davon dient ihres Glaubens eingefordert
zunächst einmal hauptsächlich dazu, dass werden: z. B. Erlaubnis der
Muslime entsprechend den Vorschriften islamischen Form des Schächten,
ihrer Religion leben können; es hat aber des lautsprecher-verstärkten
zugleich Auswirkungen auf die übrige Gebetsrufs, auch im Dienst als
Gesellschaft. staatliche Beamtin das Kopftuch
tragen zu dürfen … - Damit werden
Wenn hier einige Methoden skizziert vor allem Juristen und Politiker,
werden, die Muslime einsetzen, um den aber auch weitere Kreise der
Islam zum Thema zu machen und eine Gesellschaft herausgefordert, sich
Gesellschaft islamisch zu beeinflussen, mit dem Islam und seinen
behaupten wir damit nicht, dass Christen Vorschriften zu befassen. Würde
sich nicht ähnlich verhalten (können). Wir jeweils zugunsten der Muslime
wollen auch nicht Muslimen das Recht entschieden, würde damit Schritt
absprechen, ihre Religion auszubreiten, für Schritt den Muslimen als einer
oder alle angewandten Methoden von Sondergruppe innerhalb der
vornherein als unlauter verdächtigen. Gesellschaft eine Reihe von
Menschen in Europa sollten einfach Sonderrechten eingeräumt. Nach
informiert sein, dass sehr wohl an der der Vorstellung einiger Muslime
Ausbreitung des Islam gearbeitet wird und sollte das letztlich dazu führen,
wie das geschieht. Neben den dass der muslimischen
unterschiedlichen Bevölkerung auch in Europa das
Informationsveranstaltungen, wozu auch Recht zugestanden würde, ihre
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Angelegenheiten (incl. Ehe-, Viele Muslime setzen sich mit starker


Familien– und Erbrecht) nach der Überzeugung und großem Eifer für ihre
„Scharia“ zu regeln. Religion ein. Manche bringen dabei ihre
Erwartung, Europa in nächster Zeit für den
3) Kritik am Islam, auch wenn sie Islam gewinnen zu können, mit starken
sachlich vorgetragen wird, wird Worten zum Ausdruck. Das löst einige
meiner Beobachtung nach Ängste aus, erscheint mir aber kaum
zunehmend als „intolerant“ oder realistisch. Dass allerdings längerfristig
als „religiöse Diskriminierung“ auch in Europa der Einfluss des Islam
abgewehrt. Statt inhaltlicher zunehmen wird, ist zu erwarten.
Auseinadersetzung wird Kritikern
gegenüber oft nur der Vorwurf Für Christen erscheinen mir folgende
erhoben, sie würden „den Islam Gesichtspunkte von grundlegender
nicht richtig verstehen“. Bewusst Bedeutung:
oder unbewusst wird auf diese
Weise eine Atmosphäre erzeugt, a) Den wachsenden Einfluss des
die eine offene Islam mit „fleischlichen“ Mitteln wie
Auseinandersetzung mit dem Islam Diffamierung, Ungerechtigkeit oder
erschwert – und damit auch das gar Gewalt eindämmen zu wollen,
Zurückweisen des islamischen ist keine Lösung. Solche
Wahrheits- und Verhaltensweisen stehen nicht
Herrschaftsanspruchs. unter Gottes Segen und zerstören
das menschliche Zusammenleben
4) Dass Muslime sich bemühen, in unserer Gesellschaft.
einflussreiche Positionen in b) Der Islam – oder andere religiöse
Wirtschaft, Politik, Kultur etc. zu und ideologische Kräfte – werden
erreichen, ist ihnen weder zu umso mehr Raum gewinnen, je
verwehren noch als verdächtig größer das geistliche Vakuum in
anzusehen. Tatsache ist allerdings: unserer Gesellschaft wird. Eine
auch auf diesem Weg gewinnt der erneute Hinwendung zu Jesus
Islam an Einfluss und Macht. Christus und zu Gottes Wort in den
Kirchen und Gemeinden ist nötig,
5) Das Internet und Chatforen damit wir entsprechend unserem
werden genutzt, um über den Islam Glauben leben und mit neuer
zu informieren und vor allem junge Freude und Vollmacht das
Menschen von seiner Wahrheit zu Evangelium bezeugen können.
überzeugen und für diese Religion
zu gewinnen. Politiker und Juristen benötigen viel
Weisheit, um unterscheiden zu können,
6) Weitere Mittel zur Ausweitung des welche Rechte Muslimen wie allen
islamischen Einflusses sind die anderen Staatsbürgern zukommen, und
Verbreitung des Koran, der Bau wo die Gefahr besteht, dass eine
von Schulen und die Vergabe von Parallelgesellschaft aufgebaut wird oder
Stipendien. Vor allem in Afrika wird Muslime in dominierender Weise Einfluss
auch islamische Entwicklungshilfe ausüben. Dazu ist es nötig, Gottes
geleistet, die oft bewusst darauf Aufforderung zum Gebet für Regierende
zielt, die islamischen Volksgruppen viel treuer zu befolgen und uns selbst für
zu stärken und Nichtmuslime für ein gutes mitmenschliches
den Islam zu gewinnen. Zusammenleben einzusetzen.
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Abriss der Geschichte des In der Schlacht auf dem Amselfeld


Osmanischen Reiches und der (Kosovo) 1389 besiegte Murad I. die
modernen Türkei verbündeten christlichen Fürsten aus
Serbien, Bosnien, Bulgarien und Albanien.
Die Einwanderung der Türken aus Damit fand das Großserbische Reich sein
Zentralasien nach Anatolien Ende und große Teile des Balkans blieben
Die ursprüngliche Heimat der Turkvölker 500 Jahre unter osmanischer Herrschaft.
liegt in Zentralasien im Gebiet des Altai Nach dem Sieg über die Ungarn 1448
Gebirges. bereitete Mehmed II. (der Eroberer) die
Bedingt durch das Vordringen der Einnahme Konstantinopels vor. Die Stadt
Mongolen wanderten Nomadenstämme fiel am 29. Mai 1453 nach 54-tägiger
aus Zentralasien nach Westen ab. So Belagerung. Die Kirche ‚Zur Heiligen
kam es Mitte des 11. Jahrhunderts zur Weisheit’ (Hagia Sophia) wurde in eine
Einwanderung der muslimischen Moschee umgewandelt. Die alte
Seldschuken nach Anatolien. Dort trafen Bevölkerung aus Griechen, Armeniern und
sie auf das Oströmische Reich Byzanz. Juden wurde zum Bleiben aufgerufen. Als
Alp-Arslan brachte in der Schlacht von letzter Rest des byzantinischen Staates
Mantzikert (1071) dem Byzantinischen wurde 1460 das Kaiserreich Trapezunt
Reich eine verheerende Niederlage bei. In (Trapzon) am Schwarzen Meer
der Folge kam es im 12. Jahrhundert zur unterworfen.
ungehinderten Landnahme weiterer
Nomadenstämme in Kleinasien. Konya Selim gelang 1514 ein Sieg gegen die
(Ikonium) wurde zur Hauptstadt des Safawiden in Persien. Schließlich wurde
Reiches. Nach dem Sieg der Mongolen 1516/1517 das Mamelukkenreich in
1243 über die Seldschuken zerfiel das Ägypten besiegt. Damit wurde das
Reich in einzelne Fürstentümer. Osmanische Reich auch der Hüter der
Heiligen Stätten des Islam. Seit 1517
Das Osmanische Reich (1299-1923) führten die osmanischen Sultane den Titel
Um 1299 gründete ein türkischer Stamm des Kalifen. Die Ära von Süleyman I.
unter seinem Anführer Osman ein kleines (1520-1566) bildete den Höhepunkt der
Fürstentum und machte 1326 Bursa Macht des Osmanischen Reiches. Die
(Brussa) zur Hauptstadt. Nach und nach Osmanen verdankten ihren Erfolg vor
dehnten er seinen Einfluss und seine allem ihrer Armee (stehendes Heer) und
Macht aus. Die zweitgrößte Stadt des ihrer gut strukturierten Verwaltung.
Byzantinischen Reiches, Edirne Bauern, Händler und Handwerker hatten
(Adrianopel), fiel 1362 an die Osmanen. eine vergleichsweise geringe Steuerlast zu
Mazedonien wurde 1371 erobert. tragen.
Die Elitetruppe der Janitscharen wurde
1330 gegründet. Ab 1438 wurde sie Die zweite erfolglose Belagerung Wiens
systematisch durch die so genannte 1683 wurde zum Wendepunkt der
Knabenlese auf dem Balkan rekrutiert. Je Ausbreitung des Osmanischen Reiches in
nach Bedarf wurden von den christlichen Europa. Das polnische Heer unter Jan
Völkern bis zu jedem 5. Jungen im Alter Sobieski besiegte am 12. September 1683
von 7 – 14 Jahren ausgewählt. Diese das Osmanische Heer und zwang so die
Jungen waren dem Zölibat unterworfen, Türken zum Rückzug. Im Inneren traten
dem Sultan zu absolutem Gehorsam Zeichen des Verfalls zu Tage.
verpflichtet und wurden unter strenger Verschwendung und Bestechung
Disziplin zu muslimischen Soldaten kennzeichneten das Leben am Hofe.
ausgebildet. Durch die Entdeckung des Seeweges
nach Indien verlor auch der Handel an
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Bedeutung. Im russischen Krieg 1768- Die Türkische Republik


1774 wird die osmanische Flotte durch Nach der Niederlage des Osmanischen
Russland vernichtet. Die Krim wird Reiches und der Aufteilung durch die
unabhängig und später von Russland Siegermächte im Vertrag von Sèvres
annektiert. Russischen Schiffen wird die nahmen unter der Führung von England
freie Durchfahrt vom Schwarzen Meer ins die Siegermächte massiven Einfluss auf
Mittelmeer garantiert. Durch weitere die politische und wirtschaftliche Lage der
Kriege versuchte das Osmanische Reich, Türkei. Gegen diese Entwicklung formierte
Aufstände auf dem Balkan zu sich politischer und militärischer
unterdrücken und seine Gebiete zu Widerstand, an dessen Spitze sich der
wahren, was jedoch immer weniger General Mustafa Kemal (1881-1938)
gelang. Nach dem Frieden von San setzte. Er organisierte den
Stefano vom 3. März 1878 verlor das Befreiungskampf von der Zentraltürkei aus
Osmanische Reich alle Gebiete auf dem und wandelte ihn in einen
Balkan. Auf dem Berliner Kongress wurde Unabhängigkeitskrieg um. Lokale Mullahs
der Balkan neu aufgeteilt. Wieder forderte riefen zum Dschihad gegen die Besatzer
Russland das Protektorat über alle auf. Mustafa Kemal rief in Ankara am 23.
Orthodoxen Christen im Osmanischen April 1920 eine Nationalversammlung
Reich, was jedoch abgelehnt wurde. zusammen und bildete eine
Russland sah sich als der Schutzpatron Nationalregierung. Die russischen
aller orthodoxen Völker. Teile der Truppen wurden besiegt und
armenischen Bevölkerung des zurückgedrängt. Am 3. Dezember 1920
Osmanischen Reiches setzten ihre schloss Mustafa Kemal einen Vertrag mit
Hoffnung auf Russland bei der Gründung der Sowjetregierung über die Festlegung
eines armenischen Staates. der Grenze in Ostanatolien. Im selben
Jahr wurden die französischen und
Während des 1. Weltkrieges kam es zu italienischen Truppen aus der Südtürkei
einer engen Zusammenarbeit zwischen vertrieben. Die griechischen
Deutschland und dem Osmanischen Invasionstruppen hatten 1919 von Izmir
Reich. Nach dem Scheitern der türkischen ausgehend weite Teile der Westtürkei
Offensive gegen Russland gab man den einschließlich Bursa besetzt. Ziel war es,
Armeniern die Schuld, die das christliche die Idee eines Großgriechenlands zu
Russland unterstützt hätten. So kam es zu verwirklichen. Im Laufe des Jahres 1922
einem Genozid, in dessen Verlauf gelang es den türkischen Truppen, die
zwischen 600.000 und 1,5 Million griechische Armee in mehreren
Armenier und andere christliche Schlachten zu besiegen und Izmir
Minderheiten den Tod fanden. Der zurückzuerobern. 213.000 Griechen
Großwesir Damad Ferid Pascha gestand flohen aus der Stadt, die in Flammen
am 11. Juni 1919 die Verbrechen aufging.
öffentlich ein. Spätere türkische
Regierungen betrieben dagegen eine Mustafa Kemal erklärte am 1. November
Leugnung des Völkermordes und stellten 1922 den Sultan Mehmet VI. für abgesetzt
ihn als Folge von Kriegshandlungen dar. und rief die Republik aus. Am 24. Juli
Nach dem 1. Weltkrieg sahen die 1923 wurde der Friedensvertrag von
Siegermächte im Vertrag von Sèvres eine Lausanne unterzeichnet und die heutigen
Aufteilung des Osmanischen Reiches und Grenzen der Türkei völkerrechtlich
die Gründung eines armenischen und anerkannt. Ausnahmen bildeten das
eines kurdischen Staates vor. Sandjak Mosul und Antakya, die später
geregelt werden sollten. Die Alliierten
beendeten am 2. Oktober 1923 die
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Besetzung Istanbuls. Man siedelte die


griechische Bevölkerung der Westtürkei
nach Griechenland um. Millionen Türken
vom Balkan wurden im Gegenzug in die
Türkei umgesiedelt. Ankara erklärte man
zur neuen Hauptstadt der Türkei. Am 29.
Oktober wurde Mustafa Kemal zum ersten
Präsidenten der Türkei gewählt. Er setzte
in einem rasanten Tempo Reformen
durch, die aus der islamisch geprägten
Türkei einen modernen Staat westlicher
Prägung machen sollten. Ein wesentliches
Prinzip bildete dabei der Laizismus, die
Trennung von Politik und Religion. Diese
Politik des „Kemalismus“ wurde zur
tragenden Staatsideologie. 1934 wurde
Mustafa Kemal auf Parlamentsbeschluss
hin der Beinamen „Atatürk“, Vater der
Türken, verliehen.

Die Türkei auf dem Weg nach Europa


Seit ihrer Gründung sucht die Türkei
zielstrebig die Anbindung an Europa.
Bereits 1949 wurde sie Mitglied des
Europarates und 1952 Vollmitglied in der
NATO. Ein Assoziierungsabkommen der
EWG mit der Türkei wurde 1963
geschlossen. Ein Zusatzprotokoll sah eine
spätere Vollmitgliedschaft in der EG vor.
Am 1.1.1996 wurde die Zollunion mit der
EU verwirklicht. Nach langen
Verhandlungen wurde der Türkei 1999 der
Kandidatenstatus für die Aufnahme in die
EU zugestanden. Der Beschluss zur
Aufnahme von Beitrittsverhandlungen
wurde 2004 gefasst.

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Arabisch – die Sprache des Tatsachen können bewirken, dass die


rituelle Glaubenspraxis als sehr stark vom
Islam Alltag abgehoben empfunden wird, je
nach persönlicher Prägung teils als
Nach islamischem Verständnis hat der
besonders „feierlich“, teils als leer und
eine wahre Gott, Allah, sein Wort dem
ohne innere Beteiligung.
Propheten Mohammed in arabischer
Sprache offenbart. Möglicherweise war
Muslime, deren Muttersprache Arabisch
Mohammed zunächst der Meinung, er
ist oder die Arabisch gelernt haben,
habe lediglich seinen Landsleuten ein
sprechen in der Regel mit großer
heiliges Buch in klarer arabischer Sprache
Faszination von der Schönheit dieser
zu bringen (vgl. dazu Sure 42,7) – so wie
Sprache und besonders von der
Juden und Christen schon heilige Bücher
unnachahmlichen Erhabenheit des
in ihren Sprachen besaßen (vgl. Sure
Korans.
46,12). Später äußerte er aber die
Überzeugung, ein Gesandter für die
Wer sich intensiver mit dem Islam
gesamte Menschheit zu sein (Sure 34,28).
befassen will (ob als Muslim oder
Nach muslimischer Vorstellung ist der
Religionswissenschaftler), muss Arabisch
Koran die wörtliche Wiedergabe einer im
lernen. Die wichtigsten Quellentexte,
Himmel aufbewahrten Urschrift (Umm al-
Koran und Hadithen, sind in Arabisch
Kitab: „Mutter des Buches“). Schon diese
geschrieben. Die meisten
Urschrift ist in arabische Sprache verfasst
Korankommentare wurden in Arabisch
und mit arabischen Buchstaben
verfasst. Arabisch ist auch die Sprache
geschrieben.
des islamischen Rechts.
Arabisch – die Sprache Gottes
Arabisch = islamisch?
Angesichts der zentralen Bedeutung des
Die Tatsache, dass die arabische Sprache
Korans für die Muslime wird verständlich,
und der Islam eng miteinander verbunden
dass auch der arabischen Sprache im
sind, führt oft zu einer verzerrten
Islam eine große Bedeutung zukommt.
Wahrnehmung: Die Begriffe „Araber“ und
Arabisch kann als die Sprache Gottes
„Muslime“ werden gelegentlich so
bezeichnet werden. Das rituelle Gebet ist
gebraucht, als ob sie austauschbar seien.
in Arabisch zu sprechen. (Persönliche
Es ist aber wichtig, festzuhalten, a) längst
Bittgebete können aber auch in der
nicht alle Araber sind Muslime, sondern in
Muttersprache an Gott gerichtet werden.)
den arabischen Staaten auch viele
Koranrezitationen werden in Arabisch
Christen leben – und b) der größte Teil der
vorgetragen. Auch das persönliche Lesen
Muslime sind nicht Araber.
von Korantexten geschieht in Arabisch.
Übersetzungen gelten nicht als der Koran,
In diesem Zusammenhang sei noch
sondern geben nur seine ungefähre
einmal daran erinnert, die arabische
Bedeutung wieder. Deshalb lernen Kinder
Bezeichnung für „Gott“, Allah, wird auch in
in der Koranschule, den Koran in Arabisch
der arabischen Bibelübersetzung
zu lesen (evtl. mit Hilfe einer Umschrift als
gebraucht und somit keineswegs eindeutig
Notlösung) und auswendig aufzusagen.
festgelegt ist als der islamische
Gottesname. Arabische Christen sprechen
Muslime, die nicht Arabisch als
den Vater unseres Herrn Jesus Christus
Muttersprache haben, verstehen oft nicht
ebenfalls mit „Allah“ an.
viel von dem, was sie lesen, und wissen
nur ungefähr, was sie beten. Diese
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Arabisch und die islamische


Gemeinschaft Im Islam wird der eine Gott bezeugt, der in
dem einen, unübersetzbaren Buch, das
Der Gebrauch der arabischen Sprache nur in der einen Sprache weitergegeben
beim Vollzug der religiösen Riten werden darf, sein Wort offenbart hat. Der
(Bekenntnis, Gebet, Pilgerfahrt) ist eines Schwerpunkt in dieser Offenbarung liegt
der Mittel, die Einheit der islamischen mehr auf der unverfälschten Bewahrung
Gemeinschaft (Umma) zu dokumentieren. und Weitergabe des göttlichen Textes als
Grundsätzlich könnte z.B. jeder Muslim an auf seiner Verständlichkeit. Auch wenn
jedem Ort, so weit er auch von seiner viele Muslime, sogar Arabisch
Heimat entfernt sei, ohne Schwierigkeiten sprechende, große Schwierigkeiten
am Gebet in der Moschee teilnehmen. haben, den Koran zu verstehen, gelten
Übersetzungen, die ihn verständlich
Auf der religiösen Ebene (sehr deutlich machen könnten, als relativ wertlos. In
auch bei der Pilgerfahrt) wird – unter Gesprächen rückten einige Muslime die
anderem durch das Mittel der Sprache – Tatsache, dass es viele verschiedene
etwas sichtbar vom Anspruch der Bibelübersetzungen gibt, schon in die
islamischen Gemeinschaft, keine Nähe der Bibel-Verfälschung.
Unterschiede nach Rasse oder
Nationalität zu kennen. Dies wird jedoch Dem gegenüber ist es höchst interessant
dadurch erreicht, dass eine Sprache für festzustellen, eine der ersten
alle verbindlich zur heiligen Sprache Auswirkungen des an Pfingsten
erklärt wird. (In anderen Bereichen gibt es ausgegossenen Heiligen Geistes bestand
allerdings sehr wohl nationale Vorurteile.) darin, Menschen aus unterschiedlichen
Gegenden hörten, wie die Apostel in ihren
Die arabische Sprache hat die Kultur der Sprachen von den großen Taten Gottes
verschiedenen islamischen redeten (Apg 2,11). Gott will offensichtlich
Bevölkerungsgruppen sehr stark nicht nur in einer Sprache zu den
beeinflusst: Viele arabische Worte, vor Menschen reden, sondern sich ihnen in
allem religiöse Begriffe und Formeln ihrer Sprache, Kultur und Zeit zuwenden.
haben in die jeweiligen Sprachen Eingang (Deshalb hat sich auch Paulus bemüht,
gefunden. Einige islamische Völker haben allen alles zu werden. – 1. Kor 9,19-22)
sogar die arabische Schrift übernommen,
um ihre Sprache aufzuzeichnen (z. B. Es ist ein Weg, Einheit herzustellen durch
Persisch, Urdu und bis 1923 Osmanisch- einheitliche Sprache, einheitliche Riten
Türkisch). – Die Reinigung der türkischen und ein einheitliches Gesetz. Auch in der
Sprache von arabischen Lehnworten und Kirchengeschichte fehlt es nicht an
die Übernahme der lateinischen Schrift solchen Versuchen. Das Neue Testament
unter Atatürk stellen auch einen Versuch spricht demgegenüber von einer „Einheit
dar, sich von der kulturellen Vorherrschaft des Geistes“ (Eph 4,3), die in Gott selber
des Arabischen zu lösen (s.S. 16). und in Seiner Erlösungstat ihre Grundlage
hat und in die Menschen mit hinein
Über die Sprache und die Verkündigung genommen werden durch den Glauben an
des Islam sind auch verschiedene andere Jesus Christus. Durch die Wiedergeburt
Elemente der arabischen Kultur, wie sie werden Menschen mit dem Heiligen Geist
zu Mohammeds Zeit auf der arabischen beschenkt und eingefügt in den „Leib
Halbinsel bestand, in andere Völker Christi“. So sind sie trotz aller
eingedrungen. Unterschiede in Herkunft, Sprache und
kultureller Prägung lebendige Zellen eines
Einheit einheitlichen geistlichen Organismus.
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Ehre und Schande Familienoberhaupt wird dagegen nicht mit


Das Konzept von „Ehre“ und „Schande“ ist Ehre in Verbindung gebracht werden. Er
im Bereich der nahöstlichen Tradition und hat u. U. in seinem Umfeld mancherlei
des Volksislam anzusiedeln und weniger Nachteile in Kauf zu nehmen und kann
mit dem Koran zu begründen. Der Koran seinerseits an die Gemeinschaft kaum
nennt zwar den Begriff der „Ehre“ an Forderungen stellen oder Hilfeleistungen
einigen wenigen Stellen (3,26-27; 49,13; erwarten.
70,23-35), aber es geht in diesem
Zusammenhang um die Ehre, die Allah Die „andere“ Ehre (arab. „’ird“) betrifft das
dem rechten Gläubigen gibt, vor allem Verhältnis der Geschlechter zueinander
dadurch, dass er ihm nach seinem Tod und kann sich im Leben des einzelnen –
Zugang zum Paradies gewährt. Weder der vor allem einer Frau – viel dramatischer
Koran noch die islamische Überlieferung auswirken. Die Bedeutung dieser Art von
sprechen in dem Sinn von Ehre, wie er vor Ehre kann kaum überschätzt werden.
allem im ländlichen Bereich, dem von Ehre zu besitzen, ist für jede Frau und
Stammesdenken und Stammesstrukturen jede Familie lebensnotwendig, ja im
geprägten islamischen Umfeld gelebt wird. Konfliktfall steht ihr Wert höher als das
Die Auffassung davon, was „Ehre“ (im Leben eines Menschen. Ein Mädchen
Türkischen oft „namus“ oder „onur“) und kann nur verheiratet werden, wenn es
was „Schande“ ist, wird also vor allem seinen guten Ruf (seine Ehre) bewahrt
durch die Tradition bestimmt, sowie durch hat; wird es als ehrlos betrachtet, wird es
die Werte, die innerhalb der Stämme und keine Ehe schließen können.
Familienclans gelebt werden. Seit seiner Auch ein Vater, der seine Tochter sehr
Entstehungszeit ist der Islam mit liebt, wird sich unter gewissen Umständen
Stammesstrukturen verbunden, denn die dazu entschließen, ihr Leben zu opfern,
Arabische Halbinsel war zu Lebzeiten um die Familienehre wiederherzustellen,
Muhammads von arabischen Stämmen da er ohne Ehre - und so wird er
besiedelt. Besonders im ländlichen andernfalls in den Augen seiner Umwelt
Bereich, wo die Familienbande durch betrachtet werden – nicht leben kann. Ist
Heiraten und gegenseitige wirtschaftliche die Ehre der Familie gefährdet oder
Abhängigkeiten stark und die verloren, scheint es für die Familie
Großfamilien vielfach intakt bleiben, sind unmöglich zu sein, einen Ausweg zu
die Auffassungen von Ehre und Schande finden, also die Ehre zurückzuerhalten
noch heute sehr lebendig. In der Stadt und gleichzeitig das Leben der betroffenen
lösen sich diese Strukturen stärker auf, Frau zu erhalten. Sie könnte sich ihrem
Frauen gehen zur Arbeit, anstatt wie im sicheren Tod allenfalls durch Flucht
traditionellen Bereich zu Hause zu bleiben, entziehen, denn die Ehre muss unter allen
und die gegenseitige Kontrolle und die Umständen wiederhergestellt werden.
Verteidigung der Ehre verliert an
Bedeutung. Die Frau als Trägerin der Ehre
Die Frauen der Familie gelten als
Zwei Ehrauffassungen und ihre Trägerinnen der Ehre. Sie können die
Bedeutung Ehre der Familie nur bewahren oder
Eigentlich gibt es zwei Auffassungen von verlieren, aber sie können sie selbst nicht
Ehre. Die Ehre, die ein Mann besitzt, der wiedergewinnen. Bleiben sie mit ihrem –
gastfrei, höflich und respektvoll gegen von der Familie und Gesellschaft sehr klar
jedermann ist, den Armen hilft und sein definierten und kontrollierten – Verhalten
Wort hält (arab. „sharaf“, türk. „sheref“). innerhalb der vorgeschriebenen Bahnen,
Ein jähzorniges, der Gemeinschaft indem sie jeden Blick- und Sprechkontakt
gegenüber verschlossenes zu Männern außerhalb der Familie
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vermeiden, machen sie der Familie Ehre. diese zu verteidigen oder


Überschreiten sie diese Grenze und wiederherzustellen. Ging es um ein eher
werden dabei beobachtet – öffentlich geringes Vergehen – z. B. ein Gespräch
gewordenes Verhalten ist die eines Schulmädchens mit einem Jungen
Voraussetzung für Ehrverlust – haben sie im öffentlichen Raum – wird die Tochter
die Ehre der ganzen Familie gefährdet vielleicht eingesperrt oder geschlagen
oder beschmutzt und Schande auf die oder von der Schule genommen, um der
ganze Familie geladen. Hier spielt das Umwelt zu demonstrieren, dass Vater und
Stammesdenken eine große Rolle, das Brüder die nötige Stärke besitzen, das
die Frau als eine Art „Besitz“ betrachtet, Mädchen unter Kontrolle zu bringen. Die
über den ihr Herr Verfügungs- und Frauen müssen der Gesellschaft
Befehlsgewalt besitzt. Überschreitet die gegenüber ihre Ehre beweisen, die
Frau also ihre Grenzen und bringt Männer Stärke und
Schande über die Familie, heißt das Durchsetzungsvermögen.
umgekehrt, dass die Männer der Familie
nicht genug Stärke besaßen, diese Frau Im schlimmeren Fall wird das Mädchen
zu kontrollieren. Die Ehrverletzung vielleicht zu Verwandten fortgeschickt
bedeutet also auch Auflehnung gegen die oder über Nacht verheiratet, um das
Gehorsamshierarchie zwischen Mann und Gerede zur Ruhe zu bringen. Im
Frau, gegen die nach den schlimmsten Fall wird der Familienrat
Stammesgesetzen unbedingt wirksam beschließen, das Mädchen zu töten, also
vorgegangen werden muss. Die Männer einen Mord aus „Gründen der Ehre“ zu
müssen jetzt aktiv werden, wollen sie sich begehen. Wurde die Ehre der Familie
nicht der Verachtung und dem Gespött nämlich gänzlich zerstört – indem sich die
der Gemeinschaft aussetzen. Tochter z. B. mit ihrem Freund getroffen
Die Männer können die Ehre der Familie hat oder sogar schwanger ist – scheint
durch ihr Verhalten nicht verlieren, sie Blutvergießen der einzige Ausweg. Meist
können Ehre nur wiedergewinnen. Sie wird für die Tat der jüngste Sohn der
werden in ihrem Bewegungsspielraum Familie bestimmt, weil im Fall einer
daher weitaus weniger kontrolliert, und nur polizeilichen Untersuchung ein
wenn sie für die Gemeinschaft sichtbar Minderjähriger die geringste Strafe zu
„über die Stränge schlagen“, wird ihr erwarten hat.
Verhalten missbilligt werden. Begehen sie In der Türkei sind Ehrenmorde im
einen Fehltritt, hofft man, sie z. B. durch ländlichen Bereich wohl in der
eine Eheschließung in gute Bahnen Vergangenheit kaum je strafrechtlich
lenken zu können. Eine Bestrafung verfolgt worden; im städtischen Bereich
werden sie aber nicht erhalten, da sie die liegen die Dinge teilweise anders. Auch in
Ehre der Familie nicht beschädigt und ihr Deutschland kommt es unter türkischen
keinen Schaden zugefügt haben. Dadurch Migranten zu Ehrenmorden. Rund 40 Fälle
entsteht der Eindruck, Männer und Frauen sind in den letzten Jahren bekannt
unterlägen in moralischer Hinsicht geworden, es mag aber auch noch eine
verschiedenen Maßstäben, was Dunkelziffer geben, wenn Mädchen in die
hinsichtlich der koranischen Beurteilung Türkei gebracht wurden.
von Ehebruch und Unzucht allerdings
nicht der Fall ist. Fazit
In diesem unbarmherzigen Konzept von
Die Wiederherstellung der Ehre Ehre und Schande, aus dem es für den
Ist bekannt geworden, dass eine Frau die einzelnen fast unmöglich ist
Ehre der Familie verletzt hat, sind die auszubrechen, sind Männer und Frauen
Männer dieser Familie dazu aufgerufen, gleichermaßen Gefangene.
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Was sagt der Koran zu der des Koran das Prinzip des Naskh
Beziehung zwischen Muslimen bzw. Mansukh (Wortbedeutung
und Christen? „aufhebend“). Dieses Prinzip kommt
dann zur Anwendung, wenn es bei
Bei einem kritischen Lesen des einem Sachverhalt zwei Koranverse
Korans wird man feststellen, dass mit unterschiedlichen Aussagen gibt.
dieser stellenweise widersprüchlich Die Aufgabe von islamischen
ist. Ein Beispiel sind die Aussagen Gelehrten ist es, zu entscheiden,
über die Christen. Einerseits gibt es welcher Vers nasikh (nicht mehr für
Koranverse, die sich positiv und heute relevant) ist. In der Regel lösen
lobend über Christen äußern. die neuen Offenbarungen die älteren
Muslime respektieren Christen wegen ab.
ihrer Gottesfurcht. Andererseits gibt
es aber auch solche Textstellen, die Im Folgenden werden einige
sich negativ über Christen oder Koranaussagen, die sich mit der
Menschen anderer Glaubensüber- Beziehung der Muslime zu Christen
zeugung äußern. Allgemein kann beschäftigen, kurz genannt und
gesagt werden, dass Muslime untersucht. Zunächst eine Auswahl
Christen eher akzeptieren und an Versen, die sich eher positiv
tolerieren als Polytheisten. Denn oder liberal äußern:
sowohl Christen als auch Juden wer- • Sure 2, 62 (Die Kuh,
den aufgrund „ihrer heiligen Bücher" geoffenbart zu Medina):
als „Völker des Buches" bezeichnet. Christen und Juden haben für
ihren Glauben und ihre Taten
Warum aber gibt es Widersprüche im ihren Lohn bei Gott.
Koran und wie lassen sich diese • Sure 2, 109: Menschen vom
erklären? Sicherlich gibt es dafür „Volk der Schrift" werden
verschiedene Erklärungen. Ich versuchen, Muslime vom
möchte mich auf zwei, meiner rechten Glauben abzubringen.
Meinung nach wesentliche Darum sollen Muslime sie zwar
beschränken: 1) Muslime glauben, meiden, ihnen aber trotzdem
dass es sich bei den 114 Koransuren vergeben.
um die Wiedergabe von • Sure 2,256: Es gibt keinen
Offenbarungen handelt, die Zwang in der Religion.
Muhammad im Laufe von 21 Jahren • Sure 5, 82 (Der Tisch, Medina):
entweder in Mekka oder Medina Muslime sollen Christen wegen
erhielt. Während der mekkanischen ihres Glaubens und ihrer
Periode lud Muhammad die Demut schätzen.
Menschen durch Predigten zum Islam • Sure 5, 105: Muslime sollen
ein. In der medinensischen Periode sich um Andersgläubige nicht
scheute er auch nicht davor zurück, kümmern.
seine Überzeugungen mit dem
Schwert zu verbreiten. 2) Zum
anderen gibt es bei der Interpretation
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Raum zu einer eher aggressiven Jüngsten Tag und nicht verwehren,


Auslegung geben folgende was Allah und Sein Gesandter
Koranverse: verwehrt haben, und nicht bekennen
• Sure 4,47 (Die Weiber, das Bekenntnis der Wahrheit, bis sie
Medina): Zwang und den Tribut aus der Hand gedemütigt
Gewaltausübung in der entrichten."
Religion sind eindeutig erlaubt. Die in diesem Vers erwähnten
Es wird sogar dazu aufgerufen. Tributzahlungen sind die Folge der
• Sure 4,89 Muslime sollen Eroberungen bereits christlicher
soziale Interaktionen mit Gebiete im Laufe der islamischen
Ungläubigen vermeiden und Invasion des 7. und 8. Jh.
keine Freundschaft mit ihnen
pflegen. Im 7. und 8. Jh. wurden bereits
• Sure 8, 39 (Die Beute, christianisierte orientalische
Medina): Kampf gegen all jene, Provinzen von islamischen Heeren
die den Islam ablehnen, bis sie überrollt. Die christliche Bevölkerung
bereit sind, Allah anzubeten. geriet unter islamische Fremd-
• Sure 8,55-60: Ungläubige sind herrschaft. In deren Folge kam es zu
keine menschlichen Wesen. Übertritten zum Islam oder zu einer
Gewalt ihnen gegenüber ist ein indirekten „Zwangsislamisierung“, da
legitimes Mittel. die Menschen dem wachsenden
gesellschaftlichen Druck nicht mehr
• Sure 9,5 (Die Reue, Medina):
standhalten konnten. Es kam zu
Der sog. „Schwertvers", der
freiwilligen oder zu erzwungenen
sich wohl in erster Linie gegen
Auswanderungen. In Folge dessen
Polytheisten richtete. Er spricht
wurde die christliche Bevölkerung
ganz klar davon, dass ihnen
stark dezimiert und zu einer religiös-
gegenüber Gewalt ausgeübt
kulturellen Minderheit.
werden darf.
• Sure 9,123: Aufruf zum Kampf
Christen sowie Anhänger anderer
gegen die Ungläubigen.
Religionen (Juden, Zoroastrier u.a.)
wurden gezwungen, sog.
Diese kurze Darstellung der Verse
„Kapitulationsverträge" zu
lässt den Schluss zu, dass die
unterzeichnen. Die daraus
Beziehung der Muslime zu Nicht-
resultierenden „Schutzverträge"
Muslimen einen gewissen
hießen „dhimma". Die Unterzeichner
Überlegenheitsanspruch in sich birgt.
wurden zu „al dhimmi" d.h. zu
Historisch betrachtet ist es die
„Schutzbefohlenen". Dieser
Beziehung von Eroberern zu
sogenannte Schutz musste durch die
Eroberten. Diese Aussage lässt sich
in Sure 9,29 erwähnten
am besten durch Sure 9,29 belegen:
Tributzahlungen (djizya) erkauft
„Kämpfet wider jene von denen,
werden. Die „Schutzbefohlenen"
welchen die Schrift gegeben ward,
waren alle Nichtmuslime, die einer
die nicht glauben an Allah und an den
islamischen Herrschaft und den
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Inhalten der Schutzverträge


zustimmten. Das jeweilige Ausmaß
ihrer Freiheit bestimmte ihre
Akzeptanz und Kooperation mit der
islamischen Vorherrschaft. Dies
bedeutet im praktischen
Lebensvollzug, dass sie im
Wesentlichen als tolerierte Minderheit
leben, ohne das Recht zu haben, den
eigenen Glauben zu verkünden oder
zu missionieren. Oftmals lebten
Christen als Minderheit am Rande
der Gesellschaft. Sie waren
gezwungen, sich einer zeitweise
lächerlichen Kleiderordnung zu
unterwerfen. Es gab keine Religions-,
Meinungs- oder Gewissensfreiheit.

Bis in die heutige Zeit beeinflussen


solche und andere Relikte aus der
Vergangenheit das Zusammenleben
von Muslimen und Christen in
islamischen Staaten. Leider kommt
es nach wie vor zu mehr oder
weniger starken Diskriminierungen
von Christen in islamischen Staaten.
Besonders schwierig ist die Lage von
Konvertiten aus einem islamischen
Hintergrund. Es ist aber auch wichtig
darauf hinzuweisen, dass es viele
Beispiele für ein friedliches und
harmonisches Zusammenleben von
Muslimen und Christen gibt, und es
gilt, auf beiden Seiten Vorurteile und
Misstrauen abzubauen.
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Mann im Islam denn auf den Frauen der Familie ruht die
Nach dem Koran hat Gott Mann und Frau Familienehre, die die männlichen Mitglieder
„gleichwertig“ geschaffen (Sure 53,45; 4,1). wahren und verteidigen müssen (was
Beide sind, obwohl von Natur aus schwach, allerdings nicht koranisch, sondern kulturell
ungeduldig und unbeständig (Sure 4,28; bedingt ist). Von den Söhnen wird spätestens
30,36; 21,37; 16,4; 12,53), aufgerufen Gutes mit dem Ende der Schul- oder Studienzeit
zu tun und erhalten dafür eine Belohnung ein Beitrag zum Lebensunterhalt der Familie
hier und im zukünftigen Leben unabhängig erwartet. Die Autorität des ältesten Sohnes,
von ihrem Geschlecht (Sure 16,97; 40,40). obwohl noch ein Kind, ist in der Familie
Im Paradies werden gläubigen männlichen festgeschrieben. Er übernimmt die Leitung
Muslimen im Gegensatz zu muslimischen der Familie in Abwesenheit des Vaters.
Frauen weltliche Freuden wie die Erfüllung Männer dürfen sich nicht wie Frauen
sexueller Begierden verheißen (Sure 78,33; kleiden, z.B. kein Gold oder Seide tragen.
55,56 im Gegensatz zu Mt 22,30). Laut Alkohol ist ihnen verboten (Sure 5,90-91).
Hadith hängt es von der Einwilligung der Männlichkeit und Stärke sind von großer
Ehemänner ab, ob ihre Ehefrauen ins Bedeutung und werden im Ernstfall auch
Paradies eingehen dürfen. unter Zuhilfenahme von Machtmitteln unter
Beweis gestellt. Es herrscht ein gewisser
Jungen wie Mädchen werden nach Zwang, diese Stärke zu demonstrieren und
islamischer Auffassung bereits als Muslime bei Normüberschreitungen, Druck oder sogar
geboren (Hadith: Sahih Bukhari, Band 2, Gewalt anzuwenden. Die Familienehre kann
Buch 23, Nummer 441). Jungen sind als z.B. wieder herstellt werden, indem das
Träger des Familiennamens erwünschter als verdächtigte Mädchen oder die Frau
Mädchen und werten den Stand ihrer Mutter eingesperrt, geschlagen oder sogar getötet
auf. Die Beschneidung wird meist im Alter wird. Wer als Mann diese drastischen
zwischen 7 und 10 Jahren durchgeführt und Handlungen verweigert, verliert sein
ist für Männer Pflicht. Sie bestimmt in vielen Gesicht, er gilt als schwach und wird
Ländern den Eintritt ins Mannesalter (z.B. verachtet. Muslimische Männer, die durch
Hadith Sahih Al-Bukhari, Nr. 7.777). finanziellen oder persönlichen Einsatz um
Mohammed soll bereits als Neugeborener Gottes Willen Krieg führen, sind Muslimen
beschnitten zur Welt gekommen sein. Nur überlegen, die das nicht tun. Erstere werden
Männer waren nach dem islamischen mit einem gewaltigen Lohn ausgezeichnet
Verständnis Propheten (im Gegensatz zu (Sure 4,95).
2.Mose 15,20; Ri 4,4; 2.Kö 22,14; Neh 6,14;
Jes 8,3; Lk 2,36; Apg 21,9). Als Kind wird Religiöse Pflichten kann der Mann im
der Sohn in aller Regel verwöhnt. Er muss Gegensatz zur Frau ohne Einschränkungen
nur wenige Einschränkungen hinnehmen und erfüllen. Frauen sind während ihrer
wird als derjenige erzogen, der später „Menstruations-Unreinheit“ vom rituellen
Anweisungen erteilt. Jungen – später Männer Gebet, Koranlesen, der Pilgerfahrt und dem
– respektieren zwar die Frauen ihrer Familie Fasten ausgeschlossen (Parallele: 3.Mose
und verteidigen ihre Ehre und ihren Ruf, 12,2-5; 15,19-20; doch Lk 18,1). Um
kontrollieren aber auch deren ausgefallene Gebetszeiten oder Fasten
Bewegungsspielraum und Verhalten in nachzuholen, können Männer ihren Frauen
Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Erlaubnis erteilen oder diese verweigern, da
Anstandsregeln. Auf der moralischen Ebene der Mann in Bezug auf Essenszeiten und
sind sie mitverantwortlich für die Beischlaf davon betroffen ist. Der
Bewahrung der Keuschheit der Schwestern, muslimische Ehemann oder männliche
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Vormund bei Alleinstehenden bestimmt, ob 4,137; im Gegensatz dazu hat Abfall vom
seine Frau(en) freitags in die Moschee christlichen Glauben zwar Ausschluss aus
gehen, das Haus verlassen, eine Besuchsreise der Gemeinde zur Folge, aber der
oder die Pilgerreise machen dürfen. Obwohl Betreffende kann trotzdem Liebe und
der Koran für Unzucht bei unverheirateten Barmherzigkeit erwarten: Lk 15,11-24; Mt
Männern und Frauen gleichermaßen ohne 5,44-45).
Ausnahme 100 Peitschenhiebe verlangt
(Sure 24,2), wird in der Praxis die größere Im Ehe- und Familienrecht sieht der Islam
Schuld der Frau zugeschrieben. Der Mann ist die Vorrangstellung des Mannes vor. Der
nach islamischem Verständnis immer das Mann als Familienoberhaupt hat die
Opfer von verführerischen Frauen (im Entscheidungsgewalt über den Wohnort der
Gegensatz dazu liegt in der Bibel die Familie, die Partner- und Berufswahl, den
Betonung der Verantwortung bei den Handlungsspielraum der Frauen und Kinder
Männern selbst, was für Frauen eine größere und deren Ausbildung. Vermehrte Rechte
Freiheit ohne Verschleierungspflicht zur kann der Mann vor allem im Erb-, Zeugen-,
Folge hat: Hiob 31,1; Mt 5,27-30). Ehe-, Scheidungs- und
Kindschaftssorgerecht beanspruchen. So ist
Ehe- und Familienrecht die Polygamie nur für den Mann erlaubt
Heiraten gehört zum islamischen Glauben (Sure 4,3.129: max. vier Ehefrauen und
(Sure 24,32-33); Ehelosigkeit ist allein schon beliebig viele Sklavinnen; im Alten
wegen dem Vorbild der verheirateten Testament wurde die Vielehe zwar geduldet,
Propheten unerwünscht (Sure 13,38; 57,27; s.a. 5.Mo 17,17, aber nicht gutgeheißen und
im Gegensatz zu Mt 19,11-12: Ledigsein als steht im Gegensatz zum biblischen
Gabe). In der muslimisch geführten Ehe Schöpfungsbericht: 1.Mose 5,1-2: ein
sollen sich Mann und Frau in Liebe und Mann/eine Frau und Eph 5,31; 1.Tim 3,2).
Erbarmen gegenseitig begegnen. (Sure Ein Muslim muss seine Frauen gut
30,21; in der Bibel geht die Liebe bis zur versorgen. Er darf (im Gegensatz zu den
Selbstaufopferung: Eph 5,25) muslimischen Frauen) Nichtmuslime also
Christinnen und Jüdinnen heiraten (Sure 5,5;
Eine muslimische Ehe endet automatisch mit keine Heidinnen: 2,221; nach der Bibel soll
dem Abfall des Mannes vom Islam (im in keinem Fall ein/e Nichtchrist/in geheiratet
Gegensatz dazu 1.Kor 7,12-14). Bleibt seine werden: 1.Kor 7,39; 2.Kor 6,14). Ein
Frau dennoch bei ihm, kann sie wegen Muslim kann sich von seiner Frau
Ehebruch verklagt werden. Die Übertretung wesentlich leichter scheiden lassen (ohne
von islamischen Verboten wird beim Mann Gründe), als seine Frau sich von ihm (bei
schwerer bewertet als bei Frauen, da dem Christen ist Scheidung nur bei Ehebruch
Mann ein größeres Gewicht in der möglich: Mt 5,32). Doch darf er sie erst
Gesellschaft und damit eine größere wieder heiraten, nachdem sie vorher einen
Gefährdung zugeschrieben wird. Fällt eine anderen geheiratet hat und sich wieder von
muslimische Frau vom Islam ab, soll sie diesem scheiden ließ (Sure 2,230 steht im
nach drei islamischen Rechtsschulen Widerspruch zu Jeremia 3,1 und 5.Mose
hingerichtet werden oder nach einer anderen 24,1-4) Er kann jederzeit (außer während der
mit einem lebenslangem Hausarrest bestraft Menstruation: Sure 2,222) sexuellen Verkehr
werden, während ein abgefallener Muslim mit seiner Frau verlangen und diese muss ihn
laut allen vier islamischen Rechtsschulen gewähren (Sure 2,224). Laut Hadith hat aber
hingerichtet werden muss (Sure 2,217; 9,5;
108
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auch seine Frau Anrecht auf sexuellen 7,81; 26,165f; 27,54f) und führen zur
Verkehr. Auspeitschung bei Ledigen und zur
Hinrichtung bei Verheirateten (gleiche
Der Koran räumt dem Mann nach Sure 4,34 Behandlung wie bei heterosexuellem
ausdrücklich für bestimmte Situationen das Ehebruch).
Züchtigungsrecht mit körperlichen Strafen
über seine Frau(en) ein (im Gegensatz zu
Eph 5,22-33; 1.Kor 13,4-7). Kein Mann
kann seine Ehefrauen gleich stark lieben;
Abneigung gegenüber einer seiner Frauen
soll er verheimlichen (Sure 4,129). Söhne
erben doppelt soviel wie Töchter (Sure
4,11), da sie für die Versorgung der Familien
zuständig sind. Das Blutgeld für einen
ermordeten Muslim ist höher als für eine
ermordete Muslima. Das Zeugnis eines
Mannes vor Gericht wiegt doppelt soviel wie
das einer Frau (Sure 2,282). Bei einer
Scheidung stehen dem Vater alle Kinder zu,
die Jungen ab dem 7. Lebensjahr, die
Mädchen mit dem 10. bzw. 12. Lebensjahr.
Die Mutter hat danach keinerlei Rechte mehr
über ihre Kinder. Die Männer stehen eine
Stufe über den Frauen (Sure 4,34; 2,228) mit
der Begründung, dass Gott das so
eingerichtet hat und Männer die Pflicht
haben, für den Familienunterhalt
aufzukommen (vgl. Verordnung in 1.Kor
11,3; Eph 5,23; doch Gleichberechtigung
1.Kor 12,13; Gal 3,28). Diese männliche
Pflicht der Versorgung kann von der Frau
gerichtlich eingeklagt werden, wie
umgekehrt ihre sexuelle Verfügbarkeit.
Männer sollen ihre Eltern ehrfurchtsvoll
behandeln und im Alter versorgen (Sure
17,23-27).

Da Frauen um der Familienehre willen


traditionell eher zu Hause bleiben, wird das
öffentliche Leben hauptsächlich von den
Männern geprägt. Muslimische Männer
befriedigen ihre emotionalen Bedürfnisse
viel stärker bei Männern, als das in der
westlichen Welt der Fall ist. Homosexuelle
Männerbeziehungen sind unter Muslimen
nicht unbekannt aber verboten (Sure 4,16;
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Mohammed und seine Feinde der Märtyrertod werde mit dem Paradies
Mohammed trat in seiner Heimatstadt belohnt, ließen das Unmögliche wahr
Mekka als Prophet und Verkündiger des werden. Der islamischen Überlieferung zu
Glaubens an den einen wahren Gott auf (610 Folge soll Mohammed die gefangenen
- 622 n. Chr.). Dadurch wuchs seine Mekkaner nicht versklavt sondern dazu
Gegnerschaft beständig. Unter anderem verpflichtet haben, zehn Muslimen das
fürchteten die Händler, die gut von den Lesen und Schreiben zu lehren. In dieser
Wallfahrten und der Vielgötterei lebten, um Schlacht soll der jüdische Stamm Banu
ihr Geschäft. Mohammed und seine Qaynuqa die Mekkaner unterstützt haben.
Anhänger wurden gedemütigt, ihre Als Strafe wurde er im August 625 n. Chr.
Geschäfte wurden boykottiert und es kam zu von Mohammed aus Medina vertrieben. In
Mord und gewalttätigen Übergriffen. Die der Schlacht bei dem Berg Uhud 625 n.
Zustände in Mekka wurden für Mohammed Chr. gelang den Mekkanern der Sieg.
und seine junge Gemeinde unerträglich, so Mohammed wurde verwundet. Im Jahr 627
dass es im Jahr 622 n. Chr. zur Übersiedlung n. Chr. standen die Mekkaner (10.000) vor
(Hidschra) nach Yathrib (später Medina) den Toren Medinas. Es kam zum so
kam. Es soll zuvor Begegnungen genannten Grabenkrieg, in dem das
Mohammeds mit Männern aus Yathrib muslimische Heer (3.000) durch Kriegstaktik
gegeben haben, die von seiner Lehre und List den Sieg davontrug. Im Jahr 628 n.
fasziniert waren. Zudem soll die Familie Chr. brach Mohammed mit seinen
seiner Mutter aus Yathrib stammen. In Anhängern zu einer Pilgerfahrt nach Mekkas
Yathrib gelang es Mohammed, als auf. Die noch polytheistischen Mekkaner
Vermittler bei Streitigkeiten verschiedener fürchteten das muslimische Pilger-Heer
Clans aufzutreten und so seine politischen (1.000). Es kam zu Verhandlungen, und im
und religiösen Ziele miteinander zu Vertrag von Hudaibiya wurde ein Frieden für
vereinen. Trotz einer wachsenden zehn Jahre vereinbart. Doch bereits zwei
Anhängerschaft hatte er jedoch auch in Jahre später stand Mohammed (angeblich
Medina eine Reihe Gegner, und selbst unter nach einem Vertragsbruch der Mekkaner)
den Konvertiten zum Islam gab es Heuchler mit einem Heer von 10.000 Mann vor den
(Sure 2,8-24). Toren Mekkas. Siegreich und ohne
Widerstand zog er in Mekka ein. Dort erwies
Umgang mit den Mekkanern er sich denen gegenüber gnädig, die den
Nach seiner Auswanderung nach Medina Islam „freiwillig“ annahmen. An einigen
versuchte Mohammed, den Widerstand der mekkanischen Spöttern soll er Rache
Mekkaner durch Gewalt zu brechen (Sure genommen haben. Für Juden und Christen
8,38-40). In der Folgezeit kam es zu bedeutete sein Sieg, dass sie in Zukunft die
mehreren kleineren und größeren Kopfsteuer zahlen mussten, bzw. später von
Beutezügen und Kriegen. Von wesentlicher der arabischen Halbinsel vertrieben wurden.
Bedeutung für dem Islam und Mohammed
waren die folgenden drei Schlachten: 624 n. Umgang mit den Juden
Chr. Schlacht von Badr. Ein dem In Medina begegnete Mohammed den dort
mekkanischen Heer an Erfahrung und Zahl ansässigen Juden. Diese hatten sich nach den
(1.000) weit unterlegenes muslimisches Heer Aufständen von Bar Kochba (132-135
(300) trug den Sieg davon. Der Gedanke, n.Chr.) in einigen Oasenstädten Arabiens
dass Allah auf der Seite der Standhaften niedergelassen. Zunächst suchte Mohammed
kämpft (Sure 8,65.66), und die Verheißung, die Verständigung und die Begegnung mit
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den Juden. So beteten beispielsweise die (Kaiser Heraklius-Vasallen) die ihn


Muslime gemeinsam mit den Juden in herausfordernden Truppen Mohammeds
Richtung Jerusalem oder fasteten wie sie am (3.000). Mohammed soll einigen Christen in
Jom Kippur (dem jüdischen der Moschee zu Mekka begegnet sein und
Versöhnungstag). In den religiösen ihnen im Laufe dieser Begegnung
Diskussionen aber unterlag Mohammed den zugestanden haben, innerhalb der Moschee
jüdischen Schriftgelehrten. Die Juden ihre Gebete zu verrichten. Doch in der
spotteten über Mohammed und seine Lehren. Schlacht von Nadschdar im Jahr 631 n. Chr.
Vor allem konnten sie Mohammed nicht als gelang es den Muslimen, diese Christen
einen verheißenen Propheten anerkennen. So militärisch zu besiegen. Noch im selben Jahr
ist es auch nicht verwunderlich, dass sich die mussten sie sich den Muslimen unterwerfen.
Juden bei den Kriegen Mohammeds mit
dessen Gegnern verbündeten und ihn Schlussfolgerung
bekämpften. Die Rache Mohammeds Mohammed war laut islamischer Quellen
bekamen nicht nur die jüdischen Stämme (Ibn Hischam) innerhalb von zehn Jahren in
Banu Qaynuqa und Banu Nadir, sondern 89 kriegerische Handlungen verwickelt. An
auch die Banu Qurayza im Jahr 627 n. Chr. 27 davon nahm er selber teil; in 62 Fällen
zu spüren. Diese hatten im Grabenkrieg die beauftragte er andere mit der Führung. Sie
Mekkaner unterstützt. Zur Strafe belagerte reichten von kleinen Mordkommandos,
Mohammed ihre festungsähnlichen Häuser. Raubüberfällen über Verteidigungskriege bis
Anschließend wurden ca. 600 jüdische hin zu Expansionsfeldzügen. Von den 15
Männer getötet. Die Frauen und Kinder größten Kriegen richteten sich drei gegen
verkaufte er als Sklaven. Damit war das Juden, vier gegen Christen und acht gegen
Ende der Juden in Medina besiegelt (Sure Götzendiener. Zu seinen Hauptfeinden
33,26.27). Vermutlich hegte Mohammed zählten die Juden und die Heiden (Sure
gegen die Juden einen besonderen Groll, da 5,82). Dabei werden Ungläubige als Feinde
diese ihn als von Gott gesandten Mahner des Islam angesehen (Sure 4,101). Verfolgt
ablehnten. So soll nach den Aussagen man die Biographie Mohammeds, fällt auf,
Mohammeds ein Stamm der Israeliten dass seine Gegner zugleich als Feinde der
entweder zu Ratten oder Eidechsen Muslime und Allahs gelten (Sure 8,60 und
verwandelt worden sein (Müslim, es Sahih, Sure 60,1). Der Umgang mit dem Gegner ist
Kitabuz-Zühd 61.62/ Hadith No: 2997 bzw. stark durch Gewalt gekennzeichnet (Sure
Ebu Davud, Sünen Kitabu el Etima/28 9,74 u.111; Sure 66,9 und Sure 5,33.34).
Hadith No: 3795).
Wie anders ging Jesus mit seinen
Umgang mit den Christen Mitmenschen und sogar mit seinen Feinden
Auch in der Begegnung mit den Christen um! Seine Mission war, die Menschen zu
hoffte Mohammed zunächst auf retten (Joh 3,16) und ihnen den Frieden zu
Verständigung und Dialog. So erkannte er z. bringen (Joh 14,16). Er predigte nicht nur die
B. die Jungfräulichkeit Marias an (Sure Feindesliebe (Mt 5,44) sondern praktizierte
19,18-21), allerdings nicht die diese auch (Lk 23,34). Jesus antwortete nicht
Gottessohnschaft Jesu. Schon bald stand mit Gewalt, sondern mit Fürbitte für seine
Mohammed auch mit den Christen in Peiniger. Schließlich gab er gar sein Leben
kriegerischer Auseinandersetzung. Im Jahr für seine Feinde (Römer 5,10).
628 n. Chr. in der Schlacht von Bostra beim
Dorf Mu’ta schlugen oströmische Heere
111
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Weiterführende Informationen zu
Kriegshandlungen und Morden Mohammeds
an seinen Feinden und Spöttern finden Sie in
Englisch z.B. unter: http://www.answering-
islam.de/Main/Authors/Arlandson/dead_poet
s.htm
http://answering-
islam.org.uk/BehindVeil/btv2.html
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Prädestination und freier Wille im Islam In Bezug auf die Frage der Willensfreiheit
sprechen einerseits zahlreiche Koranverse
Ist im Islam alles vorherbestimmt? Sind sehr dezidiert davon, dass Allah selbst der
manche Menschen zum Heil (im Islam) und Verursacher aller Dinge ist. Er erweist dem
andere zum Unheil vorherbestimmt – und Menschen Gutes, aber er bestimmt auch das
wenn ja, warum besteht dann im Islam die Unheil. Alles ist bereits in einem Buch
Pflicht zur „Da’wa“, zur Einladung zum niedergeschrieben: „Kein Unheil geschieht,
Islam? Oder hat der Mensch einen freien weder auf der Erde noch bei euch, das nicht
Willen, mit dem er sich für oder gegen den in einem Buch wäre, noch ehe wir es
Glauben an Allah entscheiden kann? Diese erschaffen“ (57,22).
Fragen sind unter muslimischen Theologen
schon sehr früh und sehr intensiv diskutiert Allah führt die Menschen und bestimmt
worden. Grundlage der Diskussion waren ihren Weg. Er lenkt den Willen der
einerseits Koranverse zur Allmacht Allahs, Menschen (76,30) und er bringt in ihrem
denen jedoch andere gegenüberstanden, Herzen Glauben oder Unglauben hervor
welche die Menschen zum Erkennen des (6,125). Er leitet sie recht (auf den Weg des
Schöpfers in der Natur und zur Umkehr Islam) oder aber in die Irre (so dass sie als
mahnen. Ungläubige am Ende der Tage in die Hölle
geworfen werden) (2,26). Allah selbst hat
Lange neigte die Meinung der islamischen ihnen dieses Los vorherbestimmt so wie der
Theologie stärker der Auffassung zu, dass Frau des Lot: „Wir bestimmten, dass sie zu
alles von Allah vorherbestimmt sei. Aber es denen gehören würde, die zurückblieben“
hat auch Verfechter der Willensfreiheit (27,57).
gegeben, die sich stärker auf die Koranverse Ja, wenn Allah gewollt hätte, wären alle
beriefen, die die Verantwortung des Menschen Muslime geworden, aber dieser
Menschen für sein Tun und seinen Glauben Glaube ist nicht allen Menschen bestimmt
in den Vordergrund stellen. (10,99-100). Weil es sein Wunsch und Plan
Der Koran war, entstanden außer dem Islam
Dass Allah allmächtig ist, der Herr über Tag verschiedene andere
und Nacht (73,20), der Schöpfer jedes Religionsgemeinschaften (5,48). Den
Menschen und der ganzen Erde und alles Ungläubigen legt Allah daher eine „Hülle“
durch ihn geschieht, gehört zu den frühesten über ihr Herz und in ihre Ohren
und grundlegendsten Aussagen des Korans. „Schwerhörigkeit“, so dass sie den Koran
Allah ruft jeden Menschen ins Leben und nicht verstehen können (17,46). Als Fazit
bestimmt den Zeitpunkt seines Todes, wenn formuliert er: „So führt Gott in die Irre, wen
sein „Termin“ gekommen ist (63,11). Er er will und leitet recht, wen er will“ (74,31).
lenkt das Weltgeschehen und er zieht jeden
Menschen im Jüngsten Gericht für sein Tun ... andererseits
zur Verantwortung. Mohammed wendet sich Auf der anderen Seite betont der Koran die
damit im Koran gegen den Verantwortung jedes Menschen. Jeder
Schicksalsglauben der vorislamischen Mensch wird sich im Jüngsten Gericht vor
arabischen Stämme, die an die Allah verantworten müssen, wenn er nicht
Unabänderlichkeit eines festgelegten auf die Mahnungen der Propheten gehört hat.
Schicksals für den Menschen glaubten. Der Koran benennt als Gründe für die
Abwendung mancher Menschen vom Islam
... einerseits deren „Widerspenstigkeit“ (Sure 4,13-14).
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Alles, was ein Mensch während seines Engel schon vor der Geburt eines Menschen
Lebens getan hat, wird in einem Buch alles für ihn festlegen, seine Geburt, seinen
niedergeschrieben, um dann hervorgeholt zu Tod und die Frage seines Glaubens. Es ist
werden (17,4). „Allah verlangt von niemand gerade dieser Gedanke, dass alles schon vor
mehr, als er vermag. Jedem kommt zugute, Beginn des menschlichen Lebens
was er verdient, und über ihn bricht herein, „niedergeschrieben“ wurde (arab. maktub,
worin er gesündigt hat.“ (2,286). türk. mektub), der in besonderer Weise
Eingang in den Volksislam gefunden hat.
Der Koran löst diese offensichtliche Der Volksislam
Spannung zwischen der Verantwortung des Im Volksislam scheint der Fatalismus zu
Menschen und der Allmacht Allahs nicht dominieren. Stellt sich eine Schwierigkeit
auf, sondern lässt beides nebeneinander ein oder müssten gesonderte Anstrengungen
stehen. Einige Koranverse verbinden sogar unternommen werden, um eine Situation
beide Seiten miteinander: Weil manche zum Guten zu wenden, wird manchmal
Menschen gesündigt haben, indem sie ihre wenig getan. „maktub“ (oder: „mektub“)
eigenen Vorstellungen zu ihrem Gott heißt es dann und soll andeuten, dass alles
erklärten, hat „Allah sie mit Bedacht im Leben vorher festgelegt wurde und dass
irregeführt“ (45,23). Ähnlich benennt Sure es sich nicht lohnt, sich gegen dieses oder
18,57 beide Seiten als Verantwortliche: der jenes aufzulehnen oder es abzuwenden. Die
Mensch entscheidet sich für das Böse und im Koran wieder und wieder geforderte
wendet sich von der Botschaft des Islam ab. Unterwerfung des Menschen unter den
Zugleich Willen Allahs, der den Menschen in ihrem
macht Allah ihn unfähig, das Richtige zu Leben Prüfungen auferlegt, geht manchmal
hören, selbst wenn ihm weiter der Islam nahtlos in eine Schicksalsergebenheit über,
verkündigt wird (vgl. auch 42,13). – Wenn die auch zu Passivität und Gleichgültigkeit
in der Bibel in ähnlicher Weise davon die führen kann.
Rede ist, dass Gott „kräftige Irrtümer“ sendet Fazit
(2. Thess 2,11f), ist das in der Regel deutlich Die unterschiedlichen Koranverse zur
dargestellt als Gericht dafür, dass Menschen Vorherbestimmung und Willensfreiheit
„der Wahrheit nicht geglaubt haben, sondern spiegeln Mohammeds eigene Situation
Lust hatten an der Ungerechtigkeit“ (2. wider. Er wendet sich mit seiner Botschaft
Thess 2,12). des Islam gegen den Schicksalsglauben
Die Überlieferung seiner Landsleute, muss sich aber auch die
Auch die Überlieferung hadith behandelt das anhaltende Verstocktheit vor allem der
Thema der Vorherbestimmung. Sie spricht Mekkaner gegenüber seinen
eindeutiger von der schicksalhaften Verkündigungen erklären. So bezieht er nach
Vorherbestimmung aller Dinge als der mehreren Jahren der wenig erfolgreichen
Koran, der stärker auf Allah als den Predigt in seiner Heimatstadt Mekka die
Verursacher all dessen, was geschieht, Vorherbestimmung aller Dinge als
hinweist. Nicht ein einziger hadith bejaht die Begründung mit ein.
Willensfreiheit des Menschen.
Während schon das Alte Testament vielfach
Der hadith berichtet, dass alles Geschehen in berichtet, dass Gott dem Menschen die
der Welt von Allah schon in der Freiheit zugesteht, sich mit seinen Zweifeln,
Vergangenheit niedergeschrieben wurde. Fragen, ja sogar mit seinen Anklagen an ihn
Andere Traditionen sprechen davon, dass die zu wenden (vgl. die Klagepsalmen oder das
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Buch Hiob), verlangt der Islam vor allem die


Unterwerfung des Menschen unter den
Allmächtigen und Unerforschlichen, die die
Gesellschaft in vielen Bereichen tief prägt.
Ergebung ohne die Möglichkeit, Zweifel und
Fragen zu äußern, kann sehr leicht in
passiven Fatalismus umschlagen.
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Sexualität im Islam jeder Zeit (außer in Zeiten ihrer Unreinheit)


So wenig Sexualität im Christentum auf mit seiner Frau geschlechtlich zu verkehren,
zwei Seiten umfassend beschrieben werden ohne sie um ihre Einwilligung fragen zu
kann, ist es bei diesem Thema auch im Blick müssen: „Eure Frauen sind euch ein
auf den Islam der Fall. Neben der nah- Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer
östlichen Kultur und dem Verständnis von ihr wollt“ (2,223). Sexuellen Verzicht zu
Ehre und Schande ist Sexualität im Islam üben hat der Mann zu Zeiten der Unreinheit
stark vom Vorbild Mohammeds und seiner der Ehefrau, tagsüber im Ramadan und
Frauen geprägt. Aus der Fülle der Facetten während der zentralen Riten der Pilgerfahrt.
des Themas können hier nur einige wenige - In der Bibel steht die Aufgabe im
angesprochen werden. Zugegeben, es ist ein Vordergrund, den Ehepartner zu lieben und
sehr sensibler Bereich unseres Menschseins. zu ehren - auch in der Sexualität. Der Mann
hat nicht Gehorsam einzufordern, sondern
Saatfeld seiner Frau die „schuldige Pflicht“ (1.Kor
Sexualität, wenn sie innerhalb ihres legalen 7,2-4) zu leisten. Die Bibel wendet sich
Rahmens praktiziert wird, sieht man im gegen Eigenmächtigkeit und einseitige
Islam positiv. „Gleichzeitig wird der Verfügung eines Partners über den andern.
Geschlechtsakt unter frommen Muslimen
und in der islamischen Lehre als unrein Zu zweit allein
angesehen; der Gläubige soll deshalb Sexualität ist so selbstverständlich, dass
während des Koitus ein Gebet sprechen und Männer unter sich bzw. Frauen unter sich
sich danach einer Waschung unterziehen“, über dieses Thema meist sehr offen und
berichtet Necla Kelek in ihrem Buch häufig reden. Selbstverständlich aber auch in
„Verlorene Söhne“. Neben sexueller dem Sinn, dass sie dort praktiziert wird, wo
Zuwendung spielt im Islam die emotionale die Gelegenheit dazu besteht. D.h. dort, wo
Zuwendung zwischen den Geschlechtern ein Mann und eine Frau sich alleine
kaum eine Rolle. Sie wird als Schwäche aufhalten, wird davon ausgegangen, dass
definiert, die die Autorität und Herrschaft dies mit dem Ziel eines sexuellen Kontaktes
des Mannes über die Frau untergraben geplant war. Eine gemeinsame Arbeit oder
könnte. Sexualität wird als natürliches ein kameradschaftlicher Kontakt wird
Bedürfnis des Menschen bejaht. Ein Recht ausgeschlossen. Eine Überlieferung
auf Erfüllung ihrer sexuellen Bedürfnisse formuliert: „Ein Mann befindet sich nie
haben der Mann wie die Frau. Die Frau kann allein mit einer Frau, ohne dass nicht der
eine länger währende sexuelle Teufel sich als Dritter zu ihnen gesellt“.
Vernachlässigung anmahnen. Sie ist da, um Man geht also davon aus, dass es innerhalb
ihren Mann sexuell zu befriedigen (Sure weniger Minuten zu sexuellen Handlungen
7,189) und viele (männliche) Nachkommen auch von miteinander völlig unbekannten
(16,72) hervorzubringen. Der Mann hat die Personen kommen kann oder wird, sobald es
Versorgungspflicht und kann von der Frau die äußeren Umstände erlauben. Die
dafür Gehorsam auch auf sexuellem Gebiet Initiative, so glaubt man, geht dabei von der
verlangen. Bei Auflehnung darf er sie Frau aus, denn – wie manche Theologen
züchtigen und mit dem Entzug des ehelichen formulieren – sie gilt als Verführerin des
Verkehrs bestrafen (4,34). Das Mannes, der er in gewissem Maß hilflos
Züchtigungsrecht ist in einigen islamischen ausgeliefert ist. Wie muss es Muslimen
Ländern gesetzlich verankert. Der Mann hat gehen, die Männer und Frauen in westlichen
das Recht, an jedem beliebigen Ort und zu Gesellschaften (z. B. auch als Touristen in
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islamischen Ländern) sehen oder erleben, die Moralauffassungen sind Männer und Frauen
z.T. stolz auf ihre Freizügigkeit sind? Viele auch in der Moschee voneinander getrennt. -
bewerten diese unsere Kultur als Die Bibel erwähnt sowohl für den
repräsentativ für das Christentum. - Als Gottesdienst (1.Kor 11,3ff) als auch für die
Jesus außerhalb des Ortes mit der Frau aus Ehe (Eph 5,22f) eine gewisse Unterordnung
Samarien allein am Brunnen war (Joh 4,1- der Frau. Aus dem Alten wie dem Neuen
42), hatte er ihre Rettung im Sinn. Testament ist abzuleiten, dass sich Männer
und Frauen in der Öffentlichkeit begegnen,
Geschlechtertrennung miteinander arbeiten und Gottesdienste
Die Geschlechtertrennung wird im feiern.
öffentlichen und religiösen Bereich
vollzogen, im privaten Bereich teilweise Polygamie
durch Aufgabenverteilung und Im Prinzip erlaubt der Koran dem Mann bis
Wohnraumaufteilung. Weil der Mann für zu vier Frauen. Mohammed hat damit eine
seine Frau eine Morgengabe entrichtet und vorislamische Polygamie (Vielweiberei) in
weil „Gott sie (die Männer) ausgezeichnet Sure 4,3 eingeschränkt. Weitere
hat“ (4,34), stehen sie über den Frauen. Nebenfrauen, die mit dem Mann nicht in
Daraus haben islamische Theologen den rechtlicher Ehe leben, können dazukommen.
Schluss gezogen, dass der Mann in der Regel Der Ehemann muss darauf achten, dass alle
allein für den Unterhalt seiner Frau und Frauen gleichmäßig und gerecht mit
Familie aufzukommen hat, ihm aber auch Nahrung, Kleidung, Wohnung und sexueller
die oberste Entscheidungsgewalt zusteht. Zuwendung versorgt werden. Gesetzlich
Muslime leiten von Sure 33,32-33.53 ab, verbot bereits 1926 die Türkei und 1956
dass es für eine Frau unmoralisch sei, mit Tunesien die Vielehe, was nicht heißt, dass
Männern, die nicht wenigstens eng verwandt es sie nicht gibt. Trotz der Möglichkeit in
sind, zu sprechen oder sie direkt den meisten anderen Ländern, machen meist
anzuschauen, sich außer Haus zu schmücken aus wirtschaftlichen Gründen wenige von
oder sich für Gänge in die Stadt zu der polygamen Ehe Gebrauch. Sie ist
parfümieren und das Haus zu verlassen, häufiger in der Oberschicht der Golfstaaten
wenn es zu vermeiden ist. Der Mann anzutreffen. - Die biblischen
dagegen hält sich vom Frauenbereich, von Voraussetzungen für einen Gemeindeleiter
Frauenarbeiten fern. Die eingeschränkte („er darf nur mit einer Frau verheiratet sein“
Bewegungsfreiheit der Frau hat ihre Wurzel - 1.Tim 3,2) gelten auch sonst als Vorbild für
außer im Koran auch in der islamischen Christen.
Denkvoraussetzung, dass die Frau die
Verführerin des Mannes ist, die das größere, Ehebruch
schwerer zu zügelnde sexuelle Verlangen Nach Sure 24,2 stehen auf Ehebruch harte
hat. Ihr Ehemann und die Gesellschaft Strafen für Mann und Frau. Allerdings sind
müssen daher das Verhalten der Frau zur Feststellung des Ehebruchs vier Zeugen
beständig kontrollieren. Es ist die Aufgabe oder ein Geständnis nötig. Fälle von
der Frau, keinerlei Anlass zu Unmoral oder Ehebruch werden meist innerfamiliär
auch nur zum Verdacht der Unmoral zu geahndet. Bricht der Mann die Ehe, ist dies
geben, was durch das unvermeidliche kein Scheidungsgrund, den die Frau vor
Zusammentreffen mit dem andern Gericht anbringen könnte. Der Ehevertrag
Geschlecht außerhalb des Hauses sehr leicht enthält ja keinerlei Treueversprechen. Bricht
gegeben sein kann. Begründet durch solche sie die Ehe oder gerät sie nur in den
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Verdacht, hat sie mit harten Strafen zu


rechnen. Sie hat die Ehre der ganzen Familie
in Verruf gebracht – eine Schande, die nur
schwer wieder abzuwaschen ist. - Die
biblischen Maßstäbe bezüglich der
Enthaltsamkeit vor der Ehe und der Treue in
der Ehe gelten gleichermaßen für Mann und
Frau. Wie Jesus gerade mit einer beim
Ehebruch ertappten Frau umgeht, zeigt seine
Göttlichkeit, die die Umkehr der Sünder
sucht (Joh 8,3-11).

Zeitehe
Die Prostitution wird im Islam verurteilt
(24,33), ebenso wird Homosexualität (4,16;
7,80-81) abgelehnt. Sunniten haben die
Zeitehe im 11. Jahrhundert n.Chr. als eine
Art legalisierte Prostitution verurteilt.
Schiiten jedoch halten an der Zeitehe (mut’a-
Ehe, w. „Genuss“-Ehe) bis heute als
rechtmäßige, islamische Eheform fest. Sure
4,24 deutet diese Eheform an. Die Zeitehe
beruht auf einer Vereinbarung zwischen
Mann und Frau. Weder Verwandte, der
Richter (Qadi) noch die üblichen zwei
Zeugen sind dazu nötig. Die Frau erhält für
die Dauer der Ehe (wenige Stunden bis 99
Jahre) eine Entlohnung – meist zur
Sicherung ihres Lebensunterhalts. Die Frau
hat außer der Entlohnung keinerlei weiteren
Anspruch (Nahrung, Kleidung, ein Zuhause,
Unterhaltszahlungen – falls ein Kind gezeugt
wird). - Die biblische Ehe beinhaltet Liebe,
sowie die geistige und geistliche
Gemeinschaft, lebenslange Fürsorge,
Verantwortung und Treue, ein
Füreinanderleben (Eph 5,25-31).

Quellen: Der sexte Sinn, hrsg. Hans-Joachim


Heil, Gerhard Naujokat
Kl. Lexikon zur islamischen Familie,
Christine Schirrmacher
118
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Anbetung im Islam Gewalt eingefordert werden kann, so z.B. mit


Wortbedeutung Stockhieben auf die Fußsohle und Gefängnisstrafe
Das arabische „As-Sadschda “ (türk. „secde“) heißt (Hanefiten) oder deren Unterlassung laut einiger
wörtlich Niederwerfung, Anbetung. Ein weiteres Lehrschulen sogar zum Todesurteil führt (nach
Wort „Ibaadah“ stammt vom Arabischen „abd“, was wiederholter Aufforderung zum Gebet und
„Sklave“ oder „Diener“ bedeutet. Ibaadah (türk. Unterlassung bei den Malekiten, Schafiten und
ibadet) ist demnach Dienst oder Knechtschaft. Es Hanbaliten). Obwohl Mohammed sich und seinen
geht darum, sich Allah zu unterwerfen und ihm allein Anhängern große Leidensbereitschaft und Toleranz
zu dienen: Gottesdienst. „Dir dienen wir, und dich Andersgläubigen gegenüber abverlangte, zwang er
bitten wir um Hilfe“ (Sure 1,5) wird auch mit „Dich später unter Gewaltandrohung Vertreter der
beten wir an“ übersetzt. Der andere Aspekt ist, sich Vielgötterei zu seiner Art der Eingottanbetung (S 9,5
Hilfe zu erbitten. Man erwartet alle Hilfe von dem, = zweitletzte offenbarte Sure). Polytheisten wurde
den man anruft, Gott allein (S 6,162-163). Das Anbetung und selbst das Betreten der Kaaba verboten
rituelle Gebet (arab. Salaah, türk. salat) ist die (S 9,28).
höchste Form der islamischen Anbetung.
Voraussetzungen für Anbetung
Was umfasst Anbetung im Islam? Das rituelle Gebet als Zentrum der Anbetung Allahs
Anbetung bedeutet nicht nur rituell zu beten, sondern ist nur „gültig“, wenn vorausgehend die rituelle
meint auch totalen Gehorsam, Knechtschaft, Reinigung stattfindet, die Gebetsrichtung nach
Unterwerfung unter Allah. Ihn anzubeten heißt Mekka stimmt, die Absicht zum Gebet
seinen Befehlen im Koran und dem Propheten ausgesprochen wird und die richtigen Bewegungen
Mohammed zu gehorchen. Darin ist sowohl der simultan zur arabischen Rezitation stattfinden. Wenn
Glaube an die islamischen Glaubensartikel enthalten aber ein Esel, ein Hund oder eine Frau vor dem Beter
(an Allah, die Bücher, die Propheten, die letzten vorbeigeht, ist das Gebet „ungültig“. - Es wird also
Tage, die Engel) als auch die Umsetzung der auf das Äußere bei Anbetung sehr geachtet – mehr
Pflichten (Pflichtgebet, Fasten, Almosen, gute als auf das Innere?.
Werke… S 2,177). Islamische Anbetung oder
Gottesdienst beinhaltet, alles zu tun und zu sagen, Anbetung Allahs allein
was Allah liebt, und alles zu lassen, was er nicht will. Nur Allah allein darf angebetet werden und keine
Alle Aspekte und Aktivitäten des Lebens sind davon anderen Götter neben ihm (S 12,106; vgl. auch
betroffen und sollen eine Anbetung Allahs sein, also 2.Mose 20,3). Das Tawheed (Tauhid) ist das Konzept
auch nichtrituelle Bereiche wie z.B. die normale des einzigen Gottes, der das Zentrum der richtigen
Arbeit (so auf einer islamischen Homepage – Gottesverehrung ausmacht: „Diese eure Religion ist
vgl..auch Röm 12,1). die einzig wahrhaftige, und ich bin euer Herr; darum
verehrt nur mich“ (S 21,92). Demnach soll niemand
Zur Geschichte der Anbetung im Islam angerufen, zu niemand gebetet, für niemand gefastet,
In der vorislamischen Zeit beteten Araber ihre für niemand auf die Wallfahrt gegangen werden als
verschiedenen Gottheiten in Mekka an. Sie vollzogen nur für Allah. Selbst Vermittler und Helfershelfer,
eine Wallfahrt mit Opferriten und vorformulierten die dazu beitragen sollen, zu Gott zu kommen, sind
Gebeten zu verschiedenen Göttern. - Das laut Koran verboten (S 39,3).
Freitagsgebet wurde von Mohammed als Zentrum der Die Kaaba gilt als zentraler Ort der Anbetung, auf
Anbetung gesehen, doch er erlebte, wie ihn seine den sich alles ausrichtet. Sie ist der Ort, an dem
Anhänger aus geschäftlichen Gründen freitags alleine Muslime aus allen Völkern in der gleichen Kleidung
ließen und nicht zum Freitagsgebet erschienen (S mit einer Stimme in einer Sprache (Arabisch) Allah
62,9-11). Unzählige Male weist Mohammed auf anbeten wollen. Interessant ist, dass der Koran die
dieses Zentrum der islamischen Praxis hin, das Anbetung von Steinen bzw. das Opfern für Steine
rituelle Gebet, um seine Nachfolger an sein verbietet (S 5,90). Doch Mohammed selbst küsste
Verständnis der Anbetung Gottes zu binden. Nur die und berührte den schwarzen Stein an der Ecke der
Hadithen (Sammlungen der Worte und des Kaaba während seiner Wallfahrt (Hadith: Al-Buhari,
Verhaltens Mohammeds) geben Muslimen detailliert Band 2, Buch 26, Nr. 673 + 680). Einer der
Aufschluss, wie sie anbeten sollen. - Vielen Nachfolger Mohammeds war über diesen Akt des
Muslimen ist heute die Wiederholung derselben Götzendienstes schockiert (Hadith: Al-Buhari, Band
Worte und Bewegungen eine nichtssagende Routine 2, Buch 26, Nr.667 + 675 + 679).
und müßige Pflicht. Es ist eine Anbetung, die nach
Auffassung mancher Muslime notfalls auch mit Anbetung von Adam
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Obwohl nur Allah angebetet werden darf, befiehlt an der Stelle Gottes an“(S 3,79). Diese Aussage wäre
Allah den Engeln, sich vor Adam niederzuwerfen und durchaus richtig, wenn Christus zu einem zweiten
ihn damit anzubeten. Alle Engel warfen sich vor Gott neben Gott erklärt würde (die schlimmste
Adam nieder außer Satan, was dessen eigentliche mögliche Sünde für Muslime, der „schirk“). Denn
Sünde ausmachte, so der Koran (S 2,34; 7,11-13; keine Partner an Gottes Seite sind erlaubt (S 3,64)
15,28-33; 17,61; 20,116). Doch nicht nur vor Adam auch nicht Jesus Christus, der nach islamischer Lehre
fallen Geschöpfe nieder, sondern auch die Eltern vor nur ein Mensch, wenn auch Prophet war (S 3,79-80).
Joseph in Ägypten (S 12,99-100). Eine Geste, die Christen werden gerügt, weil sie Christus als den
ausschließlich Gott vorbehalten ist. – Die Anbetung Sohn Gottes und Mensch gewordenen lebendigen
Adams stellt ein offenes Problem dar – und einen Gott anbeten (S 9,30-31). Der Koran lässt Jesus sogar
Ansatz für ein evangelistisches Gespräch über den sagen, dass er niemals befahl, ihn selbst und seine
zweiten Adam, vor dem sich alle Welt beugen wird Mutter Maria anzubeten (S 5,116-118). In der
(Röm 5,18; 1.Kor 15,45; Phil 2,10). sechstletzten offenbarten Sure 109,1-6 distanziert
sich Mohammed endgültig von Nichtmuslimen in der
Sufis und Anbetung Anbetung Gottes: „Ich werde auch nie verehren das,
Muslime beten nicht im christlichen Sinne Allah aus was ihr verehrt, und ihr werdet nie verehren das, was
Dankbarkeit an und weil sie Gewissheit für die ewige ich verehre. Ihr habt eure Religion, und ich habe die
Erlösung fanden, sondern aus Pflichtgefühl in einer meinige.“ Das widerspricht anderen Suren die
mehr oder weniger äußeren Form. Sufis, also besagen, dass Christen, Juden und Polytheisten
muslimische Mystiker, die viele christliche und denselben Gott wie Mohammed anbeten (S 2,62.139;
hinduistische Elemente aufgenommen haben, S 10,104; 40,66: Polytheisten, die außer den anderen
versuchen teilweise, Gott um seiner selbst willen Göttern auch Allah dienten).
anzubeten. Mit Musikinstrumenten meditieren sie
über einer Art Mantra, das sie unzählige Male vor Bewertung aus christlicher Sicht
sich hersagen, um sich mit Gott zu vereinen. Über äußere Gebetsformen gibt die Bibel keine
Dschalaluddin Rumi (1207-1273) ist bekannt für Anweisungen. Es wurde stehend, sitzend und kniend
seine Poesie mit dem Ziel der Anbetung Allahs und gebetet. Es wurden beim Beten wohl die Hände
einer Art Stufenislam, den er einführte, der immer empor gestreckt oder auch nicht. In 2.Mose 3,12.18
näher zu Gott führen soll. Bekannt sind die sich im sehen wir angekündigt, wie das Volk Israel auf dem
Tanz drehenden Derwische (Mevlana) Rumis. Unter Berg Sinai den lebendigen Gott in Wahrheit anbeten
Dhikr (arabisch „Gedenken“; auch Dhikrullah, wird, nachdem er sie aus Ägypten auf herrliche Weise
„Gedenken an Allah“) versteht man im Islam die gerettet haben wird. Nach erlebter Erlösung aus der
intensive laute oder leise Anbetung Allahs in der Knechtschaft folgt ganz natürlich Dank und wahre
Regel als Zeremonie der Sufi-Orden. Gegenstand Anbetung Gottes, der in seinem Wesen treu und
dieser Anbetung und Anrufung Gottes sind meist die zuverlässig ist. Wenn aber keine Gewissheit auf
99 schönsten Namen bzw. Attribute Allahs. Die am Erlösung vorhanden ist (im Islam nur eine vage
meisten verwendeten sind Ya Allah („Oh Allah“), Ya Hoffnung, S 28,67), kann Gott auch nicht auf diese
Hu (etwa: „Oh Er“) und Ya Hayy („Oh Weise angebetet werden. Außerdem sehen wir in
Lebendigkeit“). Darüber hinaus wird sehr oft 2.Mose 3,18, dass Anbetung mit Opfer zu tun hat (s.a.
gemeinschaftlich die Schahada (das islamische erste Erwähnung von „anbeten“ in der Bibel in
Glaubensbekenntnis) gesprochen: La ilaha illa Allah 1.Mose 22,5: Isaaks Opferung durch Abraham),
(„Es gibt keinen Gott außer Allah“). Aus solchen letztendlich mit dem ultimativen Opfer Jesu, dem
Praktiken entstehen tranceartige Zustände, die sich Vergießen des Blutes Gottes (Apg 20,28), was im
ähnlich auch bei schiitischen Glaubensrichtungen Islam abgelehnt wird. Das ist ein weiterer Hinweis auf
finden. die fehlende „wahre Anbetung“ in Wahrheit und im
Geist im Islam.
Christus sagt klar: „… (dass) alle den Sohn ebenso
Mohammeds Problem mit der Anbetung Jesu
Der Koran betont wiederholt, Allah habe keinen ehren wie den Vater. Doch wer den Sohn nicht ehrt,
Sohn (S 9,30f ;18,4; 23,91). Allah scheint ehrt auch den Vater nicht, der ihn gesandt hat“ (Joh
5,23). Wer dem Sohn die Ehre verwehrt, verweigert
Mohammed die Worte förmlich in den Mund gelegt
sie auch Gott, dem Vater. Unsere Anbetung und Ehre
zu haben „Sprich: So der Allbarmherzige einen Sohn
gehört dem Vater und dem Sohn (Joh 8,49; 15,23;
hätte, so wäre ich der Erste, der ihn verehrte“ (S
Phil 2,10f; Hebr 1,6; 1.Joh 2,23). Weil Jesus der Weg
43,81). Da niemand außer Gott angebetet werden
und die Wahrheit und das Leben ist, es keinen
darf, argumentiert Mohammed gegenüber Christen,
anderen Weg der Rettung aus Sünde und ewigem Tod
dass ein Prophet niemals sagen würde: „Betet mich
gibt, deshalb wird ein Mensch, der diesen Christus
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nicht anbetet, das himmlische Ziel nicht erreichen.


Am Ende der Zeit wird Christus von einer
unzählbaren Zahl von Engeln als das Lamm angebetet
und alle Geschöpfe beten den, der auf dem Thron sitzt
und das Lamm an. (Offb 5,12-14). Gott erwartet
unsere Anbetung, aber er erzwingt sie nicht. Bei Gott
kommt falsche Anbetung nicht an. Echte Anbetung
kommt aus unserem Inneren aufgrund von
Dankbarkeit und Erkenntnis Gottes.
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Gastfreundschaft seiner Koranausgabe: „Entsprechend den


Gesetzen der Gastfreundschaft steht ein
In welcher Weise Freunde und / oder Fremde Fremder unter deinem Dach unter deinem
als Gäste aufgenommen werden, ist ein Schutz, aber wenn er es ablehnt zu essen,
wichtiges Thema in vielen Kulturen. Im lehnt er deine Gastfreundschaft ab und hält
Orient hat Gastfreundschaft eine lange sich selber frei von allen Bindungen
Tradition, wie wir es z.B. aus biblischen zwischen Gast und Gastgeber.“
Berichten des Alten Testaments wissen. Angebotenes Essen nicht anzurühren, löst
zumindest Fragen aus, warum wohl ein Gast
Gastfreundschaft der Beduinen sich so ablehnend verhält, evtl. sogar
Auch auf der Arabischen Halbinsel spielte Befürchtungen, dass er mit bösen Absichten
Gastfreundschaft zur Zeit Mohammeds eine gekommen sein könnte. – Da Abrahams
wichtige Rolle. Besonders unter den Gäste Engel waren, konnten sie nach
Beduinen in den Wüstenregionen galt es als islamischer Auffassung nicht bei ihm essen,
eine „heilige Pflicht“, Gastfreundschaft zu doch sie beruhigten ihn: „Fürchte dich
gewähren. Als Gast aufgenommen, nicht“ und kündigten ihm die Geburt eines
beherbergt, mit Nahrung und vor allem mit Sohnes an.
Wasser versorgt und evtl. auch vor Feinden
geschützt zu werden, konnte überlebens- Hier wird deutlich, dass Gastfreundschaft,
notwendig sein. - Aus diesem Lebenskontext besonders Bewirtung oder gemeinsames
stammt wohl ein arabisches Sprichwort, das Essen, nicht nur ein Versorgen mit Nahrung
wir vor einigen Jahren von einem Tunesier bedeutet, sondern eine wechselseitige
hörten und das etwa Folgendes bedeutet: Beziehung begründet. Angebotenes Essen
“Du kannst (zur Not) im Blick auf alles oder Trinken völlig abzulehnen – weil man
(worum du gebeten wirst) ‚Nein’ sagen, nur gerade weder Hunger noch Durst hat, das
nicht im Blick auf Wasser.“ Angebotene nicht mag … - bewirkt beim
Gastgeber in der Regel ein ungutes Gefühl.
Abrahams Gastfreundschaft Denn er empfindet, dass dadurch auch die
Diese Wertschätzung der Gastfreundschaft menschliche Gemeinschaft und das
als Verpflichtung, aber ebenso als Recht, Eingehen einer Beziehung verweigert
spiegelt sich auch in Koran und Hadithen werden. Empfangene (und angenommene)
(Berichten über Aussagen und Verhalten Gastfreundschaft kann auch eine gewisse
Mohammeds). Zum Teil wird dabei Bezug Verpflichtung einschließen, sich
genommen auf biblische Berichte. In einem entsprechend „erkenntlich zu zeigen“. Ein
Hadith von Al-Muwatta (Hadith Nummer älterer marokkanischer Mann bewirtete mich
49.4) wird Abraham bezeichnet als „der freundlich mit Essen, bevor er mich bat,
Erste, der dem Gast Gastfreundschaft einige Papier für ihn auszufüllen. – Nach
gewährte“. – Sure 51,24-30 (ähnlich Sure traditionellem orientalischem (nicht nur
11,69-73 und 15,51-56) meint wohl das islamischem) Verständnis verpflichten sich
gleiche Ereignis, das in 1. Mose 18,1-15 Gast und Gastgeber auch über die Zeit des
geschildert wird: Drei Gäste kommen zu Besuchs hinaus, einander beizustehen und
Abraham; er beeilt sich, ein gemästetes Kalb einander zu schützen, jedenfalls einander
für sie zubereiten zu lassen – doch (anders keinen Schaden zuzufügen.
als in der Bibel – V. 8) die Gäste greifen
nicht zu. In einer Anmerkung zu dieser Gastfreundschaft als Pflicht
Stelle (Sure 51,26f) erläutert A. Yusuf Ali in
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In Sure 2,177 und 4,36 werden Muslime sie es für euch notwendig machen, es mit
ermahnt, unter anderem zu den Reisenden Gewalt zu nehmen, dann tut das!“ (Al-
gut zu sein und sie zu unterstützen. In einem Tirmidhi, 4040 – ähnlich Al-Buchari, 3.641)
Hadith (Abu Dawud, Hadith Nummer 3741) Hier könnte es sich konkret um Leute
heißt es: „Der Prophet (Friede sei auf ihm!) gehandelt haben, die als Abgesandte
sagte: Es ist eine Pflicht für jeden Muslim, Mohammeds unterwegs waren. In einem
einem Gast für eine Nacht Gastfreundschaft anderen Hadith (Abu Dawud, 3795) heißt es
zu gewähren. Wenn jemand am Morgen in allgemein: „Wenn jemand als Gast bei
sein (d.h. des muslimischen Gastgebers) Leuten ist, die ihm keine Gastfreundschaft
Haus kommt, ist das ein Recht, das ihm bereiten, ist er berechtigt, von ihnen den
zusteht. Wenn er will, mag er es nutzen, und Gegenwert der Gastfreundschaft zu nehmen,
wenn er will, mag er darauf verzichten.“ der ihm zusteht.“ Wie immer hier das Wort
„nehmen“ zu verstehen ist („wegnehmen“
In einem anderen Hadith (Al-Muwatta, oder „ersatzweise in Empfang nehmen“):
49.22) wird weiter ausgeführt: „Wer an anscheinend gibt es ein gewisses Maß an
Allah und an den Jüngsten Tag glaubt, soll Versorgung, das einem Gast in jedem Fall
großzügig zu seinem Gast sein. Er heißt ihn zusteht.
für einen Tag und eine Nacht willkommen
und seine Gastfreundschaft gilt für drei Wenn jemandem die Gastfreundschaft
Tage. Was darüber hinausgeht, ist ein verweigert wurde, soll er darauf aber nicht in
(freiwilliges) Almosen <sadaqah>. Es ist gleicher Weise reagieren. Jemand fragte
einem Gast nicht erlaubt <halal>, so lange Mohammed: „Gesandter Allahs (Friede sei
zu bleiben, bis er zu einer Last wird.“ auf ihm!), sage mir: wenn ich zu einem
(Ähnlich bei Abu Dawud, 3740) Mann komme, der mir keine Bewirtung oder
Gastfreundschaft gewährt, und später kommt
Gastfreundlich zu sein, ist für gläubige er zu mir – soll ich ihn bewirten, oder soll
Muslime auch deshalb eine Pflicht, weil ihr ich ihn behandeln, wie er mich behandelt
Prophet Mohammed (als ihr Vorbild) selber hat?“ Er antwortete: „Nein, sondern bewirte
sehr gastfrei war. ihn!“ (Al-Tirmidhi, 4248)

Nach der Rechtssammlung Fiqh-us-Sunna In den Hadithen zeigen sich gewisse


kann jedoch die verpflichtende Armensteuer Tendenzen, Gastfreundschaft als Pflicht und
<zakat> nicht eingesetzt werden, um Recht fast „juristisch“ zu regeln. Einige
Aufwendungen im Zusammenhang mit Muslime scheinen ihre Gastfreundschaft
Gastfreundschaft zu bestreiten (Fiqh 3.75b). auch entsprechend zu verstehen (wenn sie
auf Worte des Dankes antworten, das sei ja
Gastfreundschaft als Rechtsanspruch nur ihre „Pflicht“ gewesen, mag das
Einzelne Hadithe erwecken den Eindruck, allerdings auch eine Geste der
dass es unter Umständen auch einen Bescheidenheit sein) oder sie mit religiösen
einforderbaren Rechtsanspruch auf Verdienstgedanken zu verbinden. Bei vielen
Gastfreundschaft gebe. Uqbah bin Amir soll erfahren wir jedoch Gastfreundschaft gepaart
zu Mohammed gesagt haben: „Gesandter mit echter Herzlichkeit und wohltuender
Allahs (Friede sei auf ihm!), wir kommen zu Großzügigkeit. Es würde uns als
Leuten, die uns keine Gastfreundschaft abendländischen Christen sicherlich nichts
gewähren, uns auch nicht bezahlen, was uns schaden, wenn wir bei ihnen „studieren“,
von ihnen zusteht, und wir nehmen nichts
von ihnen.“ Mohammeds Antwort: „Wenn
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wie das biblische Gebot der


Gastfreundschaft verwirklicht werden kann.

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