You are on page 1of 72

1

Mitschrift Analysis III


Vorlesung SS10 Prof. Dr. Jussi Behrndt
Technische Universität Berlin
2

Vorwort

Dies ist eine Mitschrift, kein Skript! Für eventuelle Fehler übernimmt
niemand die Verantwortung, sollten allerdings welche entdeckt werden
freue ich mich über Hinweise.

WICHTIG: Auch dient die Mitschrift nicht als Ersatz für die Vorlesung,
wichtige Bemerkungen und Erklärungen des Dozenten tauchen nicht auf.
Ich empfehle euch also trotzdem regelmäßig zur Vorlesung zu gehen.

Tipp: Nicht immer gleich ausdrucken wenns online ist, im aktuellen Teil
sind immer massenhaft Tippfehler die ich erst dann korrigiere wenn sie
mir auffallen(d.h. wenn ich die Woche darauf damit arbeite).
3

Inhaltsverzeichnis
1. Einführung in die Maßtheorie und das Lebesgue Integral
1.1 Ringe, Algebren und σ − Algebren
1.2 Mengenfunktionen und Maße
1.3 Konstruktion positiver Maße
1.4 Messbare Funktionen
1.5 Das Lebesgue Integral
1.6 Konvergenzsätze
1.7 Produktmaße
2. Eine Einführung in die Theorie der gewöhnlichen Differentialgleichungen
2.1 Definition, Beispiele und elementare Lösungsmethoden
2.2 Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelöf
2.3 Lineare Systeme
2.4 Lineare Differentialgleichungen höherer Ordnung
2.5 Sturm-Liouvillsche Eigenwertprobleme
3. Einführung in die Funktionentheorie
3.1 Holomorphe Funktionen
3.2 Der Cauchysche Integralsatz
3.3 Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes
3.4 Singularitäten und der Residuensatz
4

Kapitel 1 Einführung in die Maßtheorie und das Lebesgue


Integral
1.1 Ringe, Algebren und σ − Algebren
Sei Ω 6= ∅ eine beliebige Menge und M ⊂ P(Ω), wobei P(Ω) die
Potenzmenge(Menge aller Teilmengen).

Definition 1.1
M ⊂ P(Ω) heißt Ring (über Ω), falls
(i) A, B ∈ M ⇒ A ∪ B ∈ M
(ii) A, B ∈ M ⇒ A \ B ∈ M, A \ B = {x ∈ A : x ∈
/ B}
Ein Ring heißt eine Algebra, falls zusätzlich Ω ∈ M
Ein Ring(eine Algebra) heißt σ-Ring(σ-Algebra), falls

S
(iii) An ∈ M, n ∈ N ⇒ An ∈ M
n=1

Lemma 1.2
(i) Ist M ⊂ P(Ω) ein Ring, dann A, B ∈ M ⇒ A ∩ B ∈ M

T
(ii) Ist M ⊂ P(Ω) ein σ-Ring , dann An ∈ M, n ∈ N ⇒ An ∈ M
n=1
Beweis: (i) A ∩ B = A \ (A \ B) ∈ M
| {z }
∈M

T ∞
T ∞
T ∞
S
(ii) An = A1 ∩ An = A1 \ (A1 \ An ) = A1 \ (A1 \ An ) ∈ M
n=1 n=2 n=2 n=2

Beispiel: Ω = R, M = {J : J endliche Vereinigung von Elementarintervallen}


ist ein Ring.
I1 = (1, 2] ∪ (4, 5)
I2 = (0, 23 ) ∪ [4, 7]
I1 ∪ I2 = (0, 2] ∪ [4, 7]

Satz 1.3
Sei Ω 6= ∅. Dann gilt:
(i) P(Ω) ist eine σ-Algebra
5

T
(ii) Sind Mi σ-Ringe (σ-Algebren)⇒ Mi ist ein σ-Ring(σ-Algebra).
i∈I
(iii) M sei σ-Algebra (über Ω) und E ∈ M. Dann ist M E := M ∩ P(E)
eine σ-Algebra (über E), diese wird als Spur-σ-Algebra bezeichnet.

Definition 1.4
(i) Sei M ⊂ P(Ω). Der kleinste σ-Ring (die kleinste σ-Algebra), die M
enthält, heißt von M erzeugter σ-Ring R(M).
(erzeugte σ-Algebra σ(M)).
(ii) Die von M = {J : J endl. Vereinigung von Elementarintervallen}
erzeugte σ-Algebra heißt Borelsche σ-Algebra und wird mit B bezeichnet.

Bemerkungen: R(M) und σ(M) sind gerade der Schnitt aller M


umfassenden σ-Ringe bzw. σ-Algebren.
σ(M) wird auch oft Borelsche Erweiterung von M genannt.
Borel-σ-Algebren werden analog auf Rn erklärt.

Lemma 1.5
Jede offene Teilmenge O ⊂ R ist die abzählbare Vereinigung von offenen
(abgeschlossenen) Intervallen.

Beweis: Sei O ⊂ R offen. Zu x ∈ O ∩ Q ex. m ∈ N



Ix = x − m1 , x + m1 ⊂ O ⇒
S
Ix ⊂ O.
x∈O∩Q
Sei nun x ∈ O beliebig. Dann ex. ein x
e ∈ O ∩ Q so dass x ∈ Ixe ⊂ O.
S S
Also ist O ⊂ Ixe. Daher ist O = Ix und da Q abzählbar
e∈O∩Q
x e∈O∩Q
x
ist die Vereinigung abzählbar.
Analoges Argument für abgeschlossene Teilintervalle.

Satz 1.6
Die Borelsche-σ-Algebra B ist die kleinste σ-Algebra (über R) die alle
offenen (und abgeschlossenen) Teilmengen in R enthält.
Beweis: Jede σ-Algebra die
M = {J : J endliche Vereinigung von Elementarintervallen.} enthält, enthält
auch alle offenen Intervalle. Und daher mit Lemma 1.5 alle offenen
Mengen in R, also enthält auch B alle offenen Mengen in R.
Da jede σ-Algebra, die alle offenen Mengen von R enthält insbesondere
6

alle offenen Intervalle⇒alle abgeschlossenen Intervalle⇒halboffenen


Intervalle⇒ M enthält, folgt, dass es keine kleinere σ-Algebra als B mit
der entsprechenden Eigenschaft geben kann.


Korollar 1.7
Jede offene und jede abgeschlossene Teilmenge von R ist eine Borelmenge
(d.h. ein Element der Borelschen-σ-Algebra B)

Definition 1.8
Sei Ω 6= ∅,M ⊂ P(Ω) σ-Algebra. Dann heißt (Ω, M) messbarer Raum
(über Ω) und eine Teilmenge A ⊂ Ω heißt messbar.

1.2 Mengenfunktionen und Maße


Definition 1.9
Sei Ω 6= ∅ und M ⊂ P(Ω)
(i) eine Abb. µ : M → R+ := [0, +∞] heißt (auf M erklärte)
nichtnegative Mengenfunktion. Im Weiteren wird stets µ(E) < ∞ für
(mindestens) ein E ∈ M vorausgesetzt.
(ii) µ : M → R+ heißt additiv, falls: A, B ∈ M mit A ∪ B ∈ M,
A ∩ B = ∅, dann µ(A ∪ B) = µ(A) + µ(B)

S
µ : M → R+ heißt σ-additiv, falls: An ∈ M, n ∈ N mit An ∈ M,
n=1

S ∞
P
Ai ∩ Aj = ∅, i 6= j, dann µ( An ) = µ(An )
n=1 n=1

(iii) Ist M eine σ-Algebra und ist µ : M → R+ σ-additiv, dann


heißt µ ein Maß und (Ω, M, µ) Maßraum.

Definition 1.10
Sei µ ein Maß.
(i) Falls µ(Ω) < ∞, so heißt µ endliches Maß.
(ii) Falls µ(Ω) = 1, so heißt µ Wahrscheinlichkeitsmaß.

S
(iii) Falls An ∈ M,n ∈ N mit An = Ω und µ(An ) < ∞, n ∈ N,
n=1
dann heißt µ σ-endlich.
(iv) A ∈ M heißt µ-Nullmenge, falls µ(A) = 0.
7

Lemma 1.11
Sei µ : M → R+ eine (σ-)additive Mengenfunktion. Dann gilt:
(i) µ(A ∪ B) + µ(A ∩ B) = µ(A) + µ(B)
(ii) A ⊂ B ⇒ µ(B \ A) + µ(A) = µ(B) ⇒ µ(A) ≤ µ(B)
(iii) Falls ∅ ∈ M : µ(∅) = 0
Sn Pn
(iv) µ( Ai ) ≤ µ(Ai )
i=1 i=1

Beweis: (i) µ(A ∪ B) + µ(A ∩ B) = µ((A \ B) ∪ (A ∩ B) ∪ (B \ A)) + µ(A ∩ B)


= µ(A) + µ(B)

Proposition 1.12
Es bezeichne M = {J : J endliche Vereinigung von disj. Intervallen Ak },
Ak ∈ {(an , bn ), (an , bn ], [an , bn ), [an , bn ]} und es sei
Pn Sn
µ(J) = (bj − aj ), J = Aj . Dann ist µ : M → R+ eine σ-additive
j=1 j=1
Mengenfunktion.

Beweis: Wohldefiniertheit und Additivität sind klar.



S
Zeige σ-Additivität: Sei A = Ai ∈ M, Ai ∈ M, mit Ai ∩ Aj = ∅i 6= j.
i=1
n
P n
S ∞
S ∞
P
Dann ist µ(Ai ) = µ( Ai ) ≤ µ( Ai ) = µ(A), n ∈ N ⇒ µ(Ai ) ≤ y(A)
i=1 i=1 i=1 i=1

S
Sei wieder A = Ai ∈ M. Zu ε > 0 wähle Gk ∈ M á offen mit Ak ⊂ Gk
i=1
ε
und µ(Gk ) ≤ µ(Ak ) + 2k
,k ∈ N. Weiter sei F ∈ M abg. Teilmenge
von A mit µ(A) ≤ µ(F ) + ε. Da A beschränkt , ist F kompakt und es folgt

S ∞
S n
S
aus F ⊂ A = Ai ⊂ Gi , dass F ⊂ Gi mit n ∈ N geeignet.
i=1 i=1 i=1
Damit ist:
n n n 
ε
S P P
µ(A) ≤ µ(F ) + ε ≤ µ( Gi ) + ε = µ(Gi ) + ε ≤ µ(Ai ) + 2i

i=1 i=1 i=1
n
P ∞
P
≤ µ(Ai ) + 2ε ≤ µ(Ai ) + 2ε. ε > 0 bel.⇒ X
i=1 i=1

8

Satz 1.13
Sei (Ω, M, µ) Maßraum und Ak ∈ M,k ∈ N. Dann gilt:

S
(i) Falls Ak ⊂ Ak+1 und A = Ak ⇒ lim µ(Ak ) = µ(A)
k=1 k→∞

T
(ii) Falls Ak+1 ⊂ Ak und A = Ak und es ex. Aj mit µ(Aj ) < ∞
k=1
⇒ lim µ(Ak ) = µ(A)
k→∞
(iii) Die abzählbare Vereinigung von µ-Nullmengen ist selbst wieder eine
µ-Nullmenge

Beweis: (i) Sei B1 = A1 , Bk = Ak \ Ak−1 ,k = 2, ... ,. Dann ist


n
S ∞
S
Bj ∩ bk = ∅,k 6= j, An = Bk und A = Bk .
k=1 k=1

S ∞
P n
P n
S
µ(A) = µ( Bk ) = µ(Bk ) = lim µ(Bk ) = lim µ( Bk )
k=1 k=1 n→∞k=1 n→∞ k=1
= lim µ(An )
n→∞


1.3 Konstruktion positiver Maße


Es sei G eine Algebra über Ω,Ω 6= ∅, und λ : G → [0, ∞] eine
nichtnegative Mengenfunktion mit λ(∅) = 0 ( ⇐⇒ λ(E) < ∞ für ein E ∈ G)

Definiton 1.14
Eine Teilmenge L ∈ G heißt λ-Menge, falls λ(L ∩ G) + λ((Ω \ L) ∩ G) = λ(G)∀G ∈ G

Lemma 1.15
Es bezeichne L eine Menge aller λ-Mengen. Dann ist L eine Algebra
(über Ω) und λ ist additiv auf L. Es gilt für paarweise disjunkte
n
S Pn
L1 , ... , Ln ∈ G, λ( (Lk ∩ G)) = λ(Lk ∩ G)∀G ∈ G.
k=1 k=1

Beweis: L ist eine Algebra.


•Ω ∈ L : λ(Ω ∩ G) + λ((Ω \ Ω) ∩ G) = λ(G) + λ(∅) = λ(G)∀G ∈ G.
•A ∈ L ⇒ Ω \ A ∈ L : λ((Ω \ A) ∩ G) + λ((Ω \ (Ω \ A)) ∩ G)
= λ((Ω \ A) ∩ G) + λ(A ∩ G) = λ(G)∀G ∈ G
•A, B ∈ L ⇒ A ∩ B ∈ L
⇒ A, B ∈ L ⇒ B \ A = (Ω \ A) ∩ B ∈ L
9

⇒ A, B ∈ L ⇒ A ⊃ B = Ω \ (Ω \ A) ∩ (Ω \ B) ∈ L
λ((A ∩ B) ∩ G) + λ((Ω \ (A ∩ B)) ∩ G) = λ(G)∀G ∈ g
| {z }
∈G
= λ(A ∩ B ∩ G) + λ(B ∩ Ω \ (A ∩ B) ∩ G) + λ((Ω \ B) ∩ ((Ω \ (A ∩ B)) ∩ G))
| {z } | {z }
B∩((Ω\A) (Ω\B)) Ω\B
=B∩(Θ\A)

A∈L
= λ(A ∩ B ∩ G}) + λ((Ω \ A) ∩ B ∩ G) + λ(Ω \ B ∩ G) = λ(B ∩ G) + λ((Ω \ B) ∩ G)
| {z
∈G
= λ(G)
Seien A, B ∈ L disjunkt und G ∈ G. Dann gilt:
λ((A ∩ G) ∪ (B ∩ G)) = λ((A ∪ B) ∩ G)
A∈L
= λ(A ∩ ((A ∪ B) ∩ G) + λ((Ω \ A) ∩ ((A ∪ B) ∩ G))
= λ(A ∩ G) + λ(B ∩ G)
n
S n
P
⇒ induktiv folgt λ( (Lk ∩ G)) = λ(Lk ∩ G)
k=1 k=1
Mit G = Ω folgt insbesondere λ(A ∪ B) = λ(A) + λ(B)

Definition 1.16
(Ω, G) messbarer Raum und µ∗ : G → R+ nichtnegative Mengenfunktion.
Dann heißt µ∗ äußeres Maß, falls
(i) µ∗ (∅) = 0
(ii) A ⊂ B, A, B ∈ G ⇒ µ∗ (A) ≤ µ∗ (B) (Monotonie)
(iii) An ∈ G, n ∈ N: µ∗ ( ∞
S P∞ ∗
n=1 An ) ≤ n=1 µ (An ) (abzählbar subadditiv)

Bemerkung: µ Maß⇒ µ äußeres Maß, Umkehrung falsch

Lemma 1.17 (Caratheodory)


Sei µ∗ ein äußeres Maß auf (Ω, G). Dann bilden die µ∗ -Mengen eine
σ-Algebra L ⊂ G. Auf L ist µ∗ σ-additiv, d.h. µ∗ ist ein Maß auf L,
i.a. Worten (Ω, L, µ∗ ) ist ein Maßraum.

Beweis: Nach Lemma 1.15 ist L eine Algebra und µ∗ additiv auf L.
Zu zeigen: σ-Eigenschaft von L und µ∗ . Seien dazu Li , i ∈ N
paarweise disjunkte Mengen aus L. Zeige:
∞ ∞
L := Li ∈ L und µ∗ (L) = µ∗ (Li )
S P
i=1 i=1
Sei G ∈ G, dann ist G = (L ∩ G) ∪ ((Ω \ L) ∩ G) und da µ∗ äußeres Maß
10

liefert Def 1.16(iii) µ∗ (G) ≤ µ∗ (L ∩ G) + µ∗ ((Ω \ L) ∩ G) ≤ µ∗ (G)


Wunsch
n
S
Wegen Lemma 1.15 ist Mn := Lk ∈ L und
k=1
µ∗ (G) = µ∗ (Mn ∩ G) + µ∗ ((Ω \ Mn ) ∩ G)∀G ∈ G
Außerdem (Ω \ L) ⊂ (Ω \ Mn ) (da Mn ⊂ L) so dass die Monotonie von µ∗
µ∗ (Mn ∩ G) + µ∗ (( Ω \L) ∩ G) ≤ µ∗ (Mn ∩ G) + µ∗ (( Ω \Mn ) ∩ G) + µ∗ (G)
liefert. Dann gilt mit Lemma 1.15:
=M
z }|n {
n [n
µ (Lk ∩ G) + µ ((Ω \ L) ∩ G) = µ ( Lk ∩ G) + µ∗ ((Ω \ L) ∩ G) ≤ µ∗ (G) für alle
∗ ∗ ∗
P
k=1 k=1

µ∗ (Lk ∩ G) + µ∗ ((Ω \ L) ∩ G) ≤ µ∗ (G)
P
n ∈ N,d.h.
k=1

[

Mit Def. 1.16 (iii) folgt: µ ( Lk ∩ G) + µ∗ (Ω \ L ∩ G) ≤ µ∗ (G) und
|k=1{z }
=L
der Wunsch ist in Erfüllung gegangen.
⇒ L ∈ L und daher ist L eine σ-Algebra. Setze G = Ω, dann ist
∞ ∞
µ∗ ( Lk ) + µ∗ (Ω \ L) ≤ µ∗ (Lk ) + µ∗ (Ω \ L) ≤ µ∗ (Ω) ≤ µ∗ (L) + µ∗ (Ω \ L) 
S P
k=1 k=1

Lemma 1.18
Sei G = P(Ω), M0 ein Ring µ0 : M0 → [0, ∞] σ-additiv mit µ0 (∅) = 0
 ∞

S
Zu E ⊂ Ω sei UE := {En : n ∈ N} : E ⊂ En und En ∈ M0 , n ∈ N
n=1

die Menge der Überdeckungen von E. Die Mengenfunktion


 ∞ 
P
inf µ0 (En ) : {En : n ∈ N} ∈ UE , falls UE 6= ∅

E 7→ µ∗ (E) = n=1
+∞ , falls UE = ∅

ist ein äußeres Maß.

Beweis: • µ∗ (∅) = 0
• A ⊂ B, A, B ∈ G und UB 6= ∅. Da UB ⊂ UA folgt: µ∗ (A) ≤ µ∗ (B)

Gn und O.B.d.A. µ∗ (Gn ) < ∞ für alle n ∈ N.
S
• Seien Gn ⊂ Ω,G =
n=1

S
Sei ε > 0,n ∈ N, und Fn,k ∈ M0 , Gn ⊂ Fn,k und
k=1

µ∗ (Gn ) ≤ µ0 (Fn,k ) ≤ µ∗ (Gn ) + ε
P
2n
. Dann folgt:
k=1
11

∞ P
∞ ∞
Fn,k ⇒ µ∗ (G) ≤ µ∗ (Gn ) + ε
S SS P P
G= Gn ⊂ µ0 (Fn,k ) ≤ 2n
n n k n=1 k=1 n=1

µ∗ (Gn ) + ε ∀ε > 0
P
=
n=1

Lemma 1.19
Unter den Voraussetzungen von Lemma 1.18 gilt:
µ∗ (A) = µ0 (A)∀A ∈ M0

Beweis: (1) Da A ⊂ A ∈ M0 , also {A} ∈ UA folgt µ∗ (A) ≤ µ0 (A).



S
(2) Sei {En } ∈ UA bel., also A ⊂ En .
n=1
n
Wir definieren E en+1 = En+1 \ ( S Ek )
e1 := E1 , E
k=1

Dann gilt: •Een ⊂ En


•E
en ∈ M0

S ∞
S
• En = Een
n=1 n=1

•E
en p.w. disj.


S ∞
Also folgt: µ0 (A) = µ0 (A ∩ en ) = µ0 ( S (A ∩ E
E en ))
n=1 n=1

P ∞
P
= µ0 (A ∩ E
en ) ≤ µ0 (En )
n=1 n=1

µ0 (En ) = µ∗ (A)
P
Da {En } ∈ UA bel. folgt µ0 (A) ≤ inf
n=1


Lemma 1.20
Unter den Voraus. von Lemma 1.18 sei L die σ-Algebra der µ∗ -Mengen
bzgl. G = P(Ω). Dann gilt M0 ⊂ L.

Beweis: (1) Sei A ∈ M0 bel. und G ∈ P(Ω) bel . z.z.


µ∗ (A ∩ G) + µ∗ (Ac ∩ G) = µ∗ (G)
µ∗ (G) = µ∗ ((G ∩ A) ∪ (G ∩ Ac )) ≤ µ∗ (G ∩ A) + µ∗ (G ∩ Ac ) (∗)

Falls µ (G) = ∞ folgt bereits ”=”.
(2) Sei also µ∗ (G) < ∞. Für jedes ε > 0 gibt es {En } ∈ UG
∞ ∞
En ), sodass µ∗ (G) + ε ≥
S P
(also En ∈ M0 , G ⊂ µ0 (En )
n=1 n=1
12

∞ ·
µ0 ((En ∩ A) ∪ (En ∩ Ac ))
P
=
n=1
∞ ∞
µ0 (En ∩ Ac )
P P
= µ0 (En ∩ A) +
n=1 n=1
= µ∗ (En ∩ A) + µ∗ (En ∩ Ac )
P P
n n
∞ ∞
(En ∩ A)) + µ0 ( (En ∩ Ac ))
S S
≥ µ0 (
n=1 n=1
= µ (A ∩ En ) + µ (A ∩ En ) ≥ µ∗ (A ∩ G) + µ∗ (Ac ∩ G).
∗ ∗ c
S S
n n
Da ε > 0 bel., gilt auch µ∗ (G) ≥ µ∗ (G ∩ A) + µ∗ (G ∩ Ac ).


Satz 1.21: (Fortsetzung von Caratheodory)


Es sei M0 ein Ring und µ0 ein Prämaß auf M0 .
Wir setzen A := σ(M0 ). Dann gibt es ein Maß µ auf A, das µ0
fortsetzt, d.h. µ(A) = µ0 (A)∀A ∈ M0 .

Beweis: Sei µ∗ das äußere Maß, das µ0 auf die σ-Algebra L der
µ∗ -Mengen fortgesetzt und M0 ⊂ L, also auch A = σ(M0 ) ⊂ L.
Mit µ = µ∗ A folgt die Behauptung.


Frage: Ist µ eindeutig bestimmt? später

Definition 1.22
Ein Maßraum (Ω, A, µ) heißt vollständig, falls ∀N ∈ A mit µ(N ) = 0
und alle M ⊂ N gilt M ∈ A (dann folgt sofort µ(M ) = 0).

Satz 1.23
Sei (Ω, A, µ) ein bel. Maßraum. Dann ist
A := {A ∪ M | A ∈ A, M ⊂ N für ein N ∈ A mit µ(N ) = 0} eine σ-Algebra,

µ(A ∪ M ) := µ(A) def. Maß auf A und Ω, A, µ ist vollständig
(A ist sogar die kleinste vollständige σ-Algebra die A umfasst).
(Ω, A, µ) heißt Vervollständigung von (Ω, A, µ)

Beweis: Übung
13

Anwendung 1.24 (Konstr. des Lebesgue-Maßes)


Es sei M0 = {endlichen Vereinigung von Quadern in Rd } der Ring
der elementargeom. Figuren und µ0 das auf M0 durch µ0 (Q) = V (Q)
für Quader Q induzierte Prämaß(siehe Lemma).

Es ist σ(M0 ) = B die Borelsche σ-Algebra. Nach dem Fortsetzungssatz von


Caratheodory gibt es (genau?) ein Maß µ auf B, das µ0 fortsetzt.
Wir nennen µ Lebesgue-(Borel)Maß.

Eigenschaften von µ: (1) µ ist σ-endlich: Mit An = [−n, n]d gilt:


An = Rd und µ(An ) = µ0 (An ) = V (An ) = 2d nd < ∞
S
n

(2) Rd , B, µ ist nicht vollständig. ( Übung)
 
(3) Ist Rd , B, µ die Vervollständigung von Rd , B, µ (Satz 1.23),
dann ist B = L und µ = µ∗ . L heißt σ-Algebra der Lebesgue-
messbaren Mengen.

Satz 1.25
Zu Ω = Rd existiert (genau) ein vollständiges Maß µ : L → [0, ∞] mit
(1) µ(Q) = V (Q) für Quader Q ⊂ Rd ,
(2) B ⊂ L
(3) µ ist translationsinvariant, d.h. ∀A ∈ L∀x ∈ Rd : µ(x + A) = µ(A),

Beweis: Alles gezeigt bis auf Eindeutigkeit und (3) später.

Definition 1.26:
(1) E ⊂ P(Ω) heißt durchschnittsstabil, falls für A, B ∈ E : A ∩ B ∈ E.
(2) D ⊂ P(Ω) heißt Dynkin-System, falls
(a)∅ ∈ D
(b) A ∈ D ⇒ Ac ∈ D

S
(c) Für An ⊂ D,An p.w.d., gilt An ∈ D
n=1

Lemma 1.27
T
Ist M ⊂ P(Ω), so heißt D(M) := D heißt von M erzeugtes
D Dynkin−System
M⊂D

Dynkin-System. D(M) ist das kleinste Dynkin-System, das M umfasst.


14

Beweis: Wörtlich wie für σ-Algebren.

Satz 1.28
D ⊂ P(Ω) ist genau dann eine σ-Algebra, wenn D ein
durchschnittsstabiles Dynkin-System ist.

Beweis: ”⇒” klar


”⇐” Ist (An ) ⊂ D beliebig, so definieren wir
n
A en+1 = An+1 \ ( S Ak ).
e1 = A1 , A
k=1
∞ ∞
en p.w.d. und S An = S A
Dann sind die A en ∈ D
n=1 n=1
n
S n
S c
en ∈ D: A
da A en+1 = An+1 \ ( Ak ) = An+1 ∩ (( Ak ))
k=1 k=1
n
Acn ∈ D, da D durchschn.stab.
T
= An+1 ∩
k=1|{z}
∈D

Wunsch: Eindeutigkeit des Maßes µ aus Satz 1.21

Satz 1.29
Sei E ⊂ P(Ω) durschnittsstabil. Dann ist D(E) = σ(E) und insbesondere
D(E) eine σ-Algebra.

Beweis: Zeige: D(E) durchschnittsstabil


1.) Für jedes B ∈ D(E) ist D(B) := {A ∈ D(E) : A ∩ B ∈ D(E)} ⊂ D(E)
selbst ein Dynkin-System.
•Ω ∈ D(B), denn Ω ∩ B = B ∈ D(E)
• Für A ∈ D(B) gilt: Ω \ A ∩ B = (Ω \ A ∩ B) ∪ (Ω \ B ∩ B)
= (Ω \ A ∪ Ω \ B) ∩ B = (Ω \ (A ∩ B)) ∩ B
= Ω \ ((A ∩ B) ∪ (Ω \ B)) ∈ D(E)
| {z } | {z }
∈D(E) ∈D(E)

• Ist (An ) ⊂ D(B), An paarweise disjunkt, so folgt:



S ∞
S
( An ) ∩ B = (An ∩ B) ∈ D(E)
n=1 n=1| {z }
∈D(E)

2.) Ist B ∈ E, so gilt nach Voraussetzung für alle A ∈ E : A ∩ B ∈ E ⊂ D(E)


15

Also gilt: A ∈ D(E) und damit E ⊂ D(B). Da D(E) das kleinste Dynkin-
System ist, dass E umfasst, folgt: D(E) ⊂ D(B) ⊂ D(E)
Also D(B) = D(E), falls B ∈ E. Dies bedeutet ∀A ∈ D(E) gilt
A ∩ B ∈ D(E). Also ist E ⊂ D(A) = {C ∈ D(E) : C ∩ A ∈ D(E)}.
Damit gilt: D(E) ⊂ D(A) ⊂ D(E), d.h. D(A) = D(E)∀A ∈ D(E).

Damit ist D(E) durchschnittsstabil, denn A, B ∈ D(E) = D(A)


⇒ A ∩ B ∈ D(E)
Mit Satz 1.28 folgt, dass D(E) eine σ-Algebra ist. Weiter ist
T T
σ(E) ⊂ D(E) = D⊂ σ = σ(E)
E⊂D E⊂σ
D Dynkin Sys σ σ−Algebra

Satz 1.30 (Eindeutigkeit des Maßes)


Seien µ1 , µ2 Maße einer σ-Algebra A, die auf einem durchschnittsstabilen,
Ω ausschöpfenden Erzeuger E übereinstimmen, d.h.
(a) A = σ(E), E durchschnittsstabil
S∞
(b) ∃(Ek ) ⊂ E mit Ω = Ek
k=1
(c) ∀E ∈ E : µ1 (E) = µ2 (E)
Dann gilt: µ1 = µ2 auf A.

Beweis: (1) Sei zunächst E ∈ E fest mit: µ1 (E) = µ2 (E) < ∞


Betrachte: D(E) := {A ∈ A : µ1 (A ∩ E) = µ2 (A ∩ E)}.
Man zeigt, dass D(E) ein Dynkin-System ist, z.B. ist für A ∈ A :
µ1 (Ω \ A ∩ E) + µ1 (A ∩ E) = µ1 (E) = µ2 (E) = µ2 (Ω \ A ∩ E) + µ2 (A ∩ E)
⇒ µ1 (Ω \ A ∩ E) = µ2 (Ω \ A ∩ E).
usw....
Da E durchschnittsstabil ist, also mit A ∈ E auch A ∩ E ∈ E, folgt
E ⊂ D(E). Dann gilt auch D(E) ⊂ D(E).
Nach Satz 1.29 ist D(E) ide kleinste σ-Algebra, die E umfasst, damit folgt:
A = D(E) ⊂ D(E) ⊂ A und es gilt A = D(E), d.h.
für alle A ∈ A gilt: µ1 (A ∩ E) = µ2 (A ∩ E)-


S
(2) Seien nun (Ek ) ⊂ E mit µ1 (Ek ) = µ2 (Ek ) < ∞ und Ω = Ek .
k=1
n
S
Wir setzen B1 = E1 , Bn+1 = En+1 \ ( Ek ).
k=1
16


S
Dann sind die Bn paarweise disjunkt, Ω = Bn . Es folgt für A ∈ A :
n=1
n
S
µ1 (A ∩ Bn+1 ) = µ1 (A ∩ (En+1 \ Ek ))
k=1
n
T
= µ1 (A ∩ En+1 ∩ (Ω \ Ek ))
k=1
n
T
= µ1 (A ∩ (Ω \ Ek ) ∩ En+1 )
k=1
n
T
(Teil 1)→= µ2 (A ∩ (Ω \ Ek ) ∩ En+1 )
k=1
= ...
= µ2 (A ∩ Bn+1 ) und damit ergibt sich:

S ∞
S
µ1 (A) = µ1 ( Bk ∩ A) = µ1 ( (Bk ∩ A))
k=1 k=1

P ∞
P
= µ1 (Bk ∩ A) = µ2 (Bk ∩ A)
k=1 k=1

S S
= µ2 ( Bk ∩ A) = µ2 (A) endl. von p.w.d. Element. Int.⊂ R
k=1

Anwendung: M0 = {endl. Vereinigungen von p.w.d. Elementar Int. ⊂ R}


n
P
ist ein Ring und nach Prop. 1.12 µ0 (I) = (bk − ak ), wobei
k=1
n
S
I= (ai , bi ) σ-additiv auf M0 .
i=1
Fortsetzungssatz gemeinsam mit Eindeutigkeitssatz 1.30 liefert:
Es. ex. ein eindeutig bestimmtes Maß µ auf B(R) mit der Eigenschaft
µ((a, b)) = µ0 ((a, b)) = b − a

1.4 Messbare Funktionen


Definition 1.31
Seien (X, M) und (Y, N ) messbare Räume. Eine Funktion f : X → Y
heißt M-N -messbar, falls für alle B ∈ N : f −1 (B) ∈ M.
Eine Funktion f : X → R = R ∪ {+∞} ∪ {−∞} heißt Borel-messbar,
(kurz: messbar), falls {x ∈ X : f (x) > a} = f −1 ((a, +∞]) ∈ M für alle a.

Definition 1.32
Sei X 6= ∅ und (Y, N ) messbarer Raum, f : X → Y Funktion.
17

Dann heißt σ(f ) = σ({f −1 (B) : B ∈ N }) die von f induzierte


σ-Algebra über X.

Bemerkung: f ist σ(f )-N -messbar.

Lemma 1.33:
Seien (X, M) und (Y, N ) messbare Räume, f : X → Y und sei
N = σ(C) mit einem Mengensystem C ⊂ P(Y ). Falls f −1 (C) ∈ M
für alle C ∈ C, dann ist f M-N -messbar.

Beweis: Sei C ⊂ P(Y ) mit f −1 (C) ∈ M∀C ∈ C. Wir erklären das


System F durch: F = {A ∈ N : f −1 (A) ∈ M}. Dann gilt natürlich C ⊂ F.

Behauptung: F ist eine σ-Algebra


•Y ∈ F, dann f −1 (Y ) = X ∈ M und Y ∈ N .
•A ∈ F ⇒ Y \ A ∈ F : ist klar, f −1 (Y \ A) = X \ f −1 (A) ∈ M

S
• Seien An ∈ F, n ∈ N. Dann An ∈ N und es gilt
n=1
∞ ∞
f −1 ( f −1 (An ) ∈ M
S S
An ) =
n=1 n=1
T
Da N = σ(C) = T ⊂F ⊂ N gilt F = N
T σ−Algebra Def. von F
C∈T

−1
f (A) ∈ M für alle A ∈ N ,d.h. f ist M-N -messbar.


Beispiel:
C = {J : J = endl. Vereinigung von Elementarintervallen}. Dann ist
σ(C) = B(R) die Borel’sche σ-Algebra. Dann ist f : (X, M) → (R, B(R))
messbar, falls f −1 (J) ⊂ M für alle J ∈ C.

Korollar 1.34
Jede stetige Funktion f : R → R ist messbar.

Beweis: f −1 (O) ist offen, falls O offen. Da B(R) alle offenen Mengen
enthält, folgt die Aussage.
18

Proposition 1.35
Sei (X, M) messbarer Raum. Dann f : X → R messbar genau dann wenn
eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist:
(i) {x : f (x) ≥ a} ∈ M für alle a ∈ R
(ii) {x : f (x) < a} ∈ M für alle a ∈ R
(iii) {x : f (x) ≤ a} ∈ M für alle a ∈ R

T
Beweis: (i) Es gilt {x : f (x) ≥ a} = x : f (x) > 1 − n1
n∈N
T
Ist f messbar gilt x : f (x) > a − n1 ∈ M und umgekehrt.

(iii) {x : f (x) ≤ a} = X \ {x : f (x) > a} und dann folgt (ii)...

Proposition 1.36
f : (X, M) → R messbar ⇒ |f | messbar. Die Umkehrung gilt nicht,
falls M =
6 P(X).

Beweis: Da {x : |f (x)| > a} = {x : f (x) > a} ∪ {x : f (x) < −a} ∈ M



−1, x ∈/A
Sei weiter A ⊂ X, A ∈ / M und f (x) = . Dann ist |f (x)| = 1
1, x ∈ A

∅, a ≥ 1
und |f | ist messbar, denn {x : |ϕ(x)| > a} = , aber
X, a < 1
{x : f (x) > 0} = A ∈/M

Proposition 1.37
Seien fn : X → R, n ∈ N, messbar. Dann sind auch die Funktion
g(x) = supfn (x), h(x) = inf fn (x), ge(x) = lim sup fn (x),
n∈N n∈N n→∞

h(x) = lim inf fn (x) messbar. Insbesondere gilt für eine punktweise
e
n→∞
konvergente Funktionenfolge fn , dass lim fn (x) messbar ist.
n→∞

S
Beweis: Es gilt {x : g(x) > a} = {x : fn (x) > a} ∈ M
n=1

S
{x : h(x) = inf f n (x) < a} = {x : fn (x) < a} ∈ M
n=1
und damit sind g und h messbar. Dann sind auch
gm (x) = sup fn (x) und hm (x) = inf fn (x) messbar. Da
n≥m n≥m

ge(x) = inf gn (x) und e


h = sup hm (x) gilt folgt auch die Messbarkeit
m∈N m∈N
19

von ge und e
h.

Lemma 1.38
Seien f, g : X → R messbar. Dann sind auch f + g, f · g und c · f, c ∈ R
messbar. Weiter sind f+ (x) = max{f (x), 0},f− (x) = −min{f (x), 0}
messbare Funktionen.

Satz 1.39
Seien f, g : X → R messbar. Sei F : R2 → R stetig. Dann ist die Fkt.
h : X → R, x 7→ F (f (x), g(x)) messbar. (X, M) messbarer Raum.
(u, v) 7→ u + v
Bemerkung: F : R2 → R, stetig. (vgl. Lemma 1.38)
(u, v) 7→ u · v

Beweis: Die Mengen Ga = {(u, v) ∈ R2 : F (u, v) > a}, a ∈ R, sind offene


TYeilmengen des R2 , da F stetig ist. Wie in Lemma 1.5 zeigt man
(im Fall n = 2) das offene Rechtecke Rn ⊂ R2 existieren mit

Rn , Rn = {(u, v) ∈ R2 : an < u < bn , cn < v < dn }.
S
Ga =
n=1
Da f und g messbare Funktionen sind gilt:
{x ∈ X : f (x) > an } ∩ {x ∈ X : f (x) < bn } = {x ∈ X : an < f (x) < bn } ∈ M,
| {z } | {z }
∈M ∈M
{x ∈ X : g(x) > cn } ∩ {x ∈ X : g(x) < dn } = {x ∈ X : cn < g(x) < dn } ∈ M
| {z } | {z }
∈M ∈M
Insbesondere ist dann {x ∈ X : an < f (x) < bn } ∩ {x ∈ X : cn < g(x) < dn }
= {x ∈ X : (f (x), g(x)) ∈ Rn } ∈ M und es folgt:
 ∞

S
{x ∈ X : h(x) > a} = {x ∈ X : (f (x), g(x)) ∈ Ga } = x ∈ X : (f (x), g(x)) ∈ Rn
n=1

S
{x ∈ X : (f (x), g(x)) ∈ Rn } ⊂ M Damit ist h : X → R messbar.
n=1


1.5 Das Lebesgue Integral


Im Folgenden sei stets (Ω, M, µ) ein Maßraum.

Definition 1.40
Eine messbare Funktion f : Ω → [0, ∞) die nur endlich viele verschiedene
Werte 0 ≤ α1 < α2 < ... < αn annimt heißt Elementarfunktion. Ist A ∈ M
20

und χAi charakteristische Funktion von Ai , d.h.


 n
1, x ∈ Ai P
χAi (x) = so heißt f = αi χAi
0, x ∈ Ω \ Ai i=1
die Normaldarstellung der Funktion f .

Definition 1.41
Das Integral einer Elementarfunktion f mit der Normalendarstellung
Pn ´ Pn
f = αi χAi ist definiert durch f dµ := αi µ(Ai )
i=1 Ω i=1

´
Bemerkung: f dµ kann auch den Wert +∞ annehmen.

Proposition 1.42
Seien f, g Elementarfunktionen, α ≥ 0. Dann gilt:
(i) f + g und αf sind Elementarfunktionen
´ ´ ´ ´ ´
(ii) (f + g) dµ = f dµ + g dµ und αf dµ = α f dµ
Ω Ω Ω Ω
´ ´Ω
(iii) Ist f (x) ≤ g(x), x ∈ Ω, so gilt auch f dµ ≤ g dµ
Ω Ω

Beweis: Übungen

Lemma 1.43
Sei f : Ω → [0, ∞] eine messbare Funktion. Dann ex. eine Folge
fn : Ω → [0, ∞) von Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 und
f (x) = supfn (x), x ∈ Ω.
n∈N

Beweis: Sei n ∈ N und betrachte die Zerlegung von [0, ∞]


i−1 i
in die n · 2n Intervalle 2n
≤y< 2n
,i = 1, ... , n2n
mit Intervalllänge 21n und das Intervall [n, ∞]. Sei dann

Ani = x ∈ Ω : i−1 2n
≤ f (x) < 2in und Bn = {x ∈ Ω : f (x) ≥ n}

Definieren die Elementarfkt. fn durch


Pn i−1
n2
fn (x) := χ (x) + nχBn (x)
2n 4ni
i=1
Ist x ∈ Ω mit f (x) < ∞, dann gilt für n ∈ N mit f (x) < n,
i−1 i
dass 2n
≤ f (x) < 2n
, i geeignet.
i−1 1
Es folgt: |f (x) − fn (x)| = f (x) − fn (x) = f (x) − 2n
< 2n
21

Ist f (x) = +∞, so gilt x ∈ Bn ∀n ∈ N und es folgt f (x) = supn = +∞


n∈N

´ ´
Idee: Definiere f dµ = lim fn dµ für eine messbare Funktion f und
Ω n→∞ Ω

und eine approximierende Folge von Elementarfunktionen fn .


Problem: Wohldefiniertheit!

Lemma 1.44
Für jede Elementarfunktion f und jede monoton wachsende Folge
von Elementarfunktionen fn gilt:
´ ´
f (x) ≤ lim fn (x), x ∈ Ω ⇒ f dµ ≤ lim fn dµ
n→∞ Ω n→∞ Ω

Beweis: Sei f 6= 0 und A = {x ∈ Ω : f (x) > 0}. Setze α = min{f (x) : x ∈ A}


und β = max{f (x) : x ∈ A}. Da f Elementarfunktion ist, gilt: α > 0.
Sei ε ∈ (0, α) und seien An := {x ∈ A : fn (x) ≥ f (x) − ε}. Dann

S
gilt A = An und A1 ⊆ A2 ⊆ A3 ...
n=1
Sei nun B1 = A1 , Bn = An \ An−1 , n = 2, 3, ... Dann sind die Bn p.w.d.,
n
S ∞
S
es gilt An = Bk und A = Bk . Da µ σ-additiv ist gilt:
k=1 k=1

S ∞
P n
S n
P
µ(A) = µ( Bk ) = µ(Bk ) und µ(An ) = µ( Bk ) = µ(Bk ).
k=1 k=1 k=1 k=1

P n
P
Also gilt µ(A) = µ(Bk ) = lim µ(Bk ) = lim µ(An )
k=1 n→∞k=1 n→∞

Nun ist aber fn (x) ≥ (f (x) − ε)χAn (x) ≥ (α − ε)χAn (x) und daher
´ ´
fn dµ ≥ (α − ε)χAn dµ = (α − ε)µ(An )
Ω Ω
Für den Fall, dass µ(A) = +∞ folgt:
´
lim fn dµ ≥ lim (α − ε)µ(An ) = (α − ε)µ(A) = +∞ und damit
n→∞ Ω n→∞

folgt die Aussage. Sei also µ(A) < ∞ und Cn = A \ An . Dann ist
fn + (β − ε)χCn + ωχA ≥ (f − ε)χAn + (f − ε)χCn + εχA
= (f − ε)χA + εχA = f χA = f und aus µ(Cn ) = µ(A) − µ(An ) folgt:
´ ´ ´ ´
fn dµ + (gb − ε)χCn dµ + εχA dµ = fn dµ+(β − ε)(µ(A) − µ(An ) + εµ(A)

´ Ω Ω Ω
≥ f dµ, n ∈ N. Damit ist

22

´ ´
lim fn dµ + lim (β − ε)(µ(A) − µ(An )) + εµ(A) ≥ f dµ, ∀ε ∈ (0, ∞)
n→∞ Ω n→∞ Ω
| {z }
´ ´ =0
⇒ lim fn dµ ≥ f dµ
n→∞ Ω Ω


Korollar 1.45
Seien (fn ) und (gn ) monoton wachsende Folgen von Elementarfkt. mit
´ ´
lim fn (x) ≤ lim gn (x), so gilt lim fn dµ ≤ lim gn dµ.
n→∞ n→∞ n→∞ Ω n→∞ Ω
´ ´
Falls lim fn (x) = lim gn (x), x ∈ Ω, so gilt lim fn dµ = lim gn dµ
n→∞ n→∞ n→∞ Ω n→∞ Ω

Beweis: Da lim fn ≤ lim gn gilt fm ≤ lim gn , also liefert Lemma 1.44:


´ ´
n→∞ n→∞ n→∞
´ ´
fm dµ ≤ lim gn dµ für alle m ∈ N, also lim fm dµ < lim gn dµ
Ω n→∞ Ω m→∞ Ω n→∞ Ω

Die zweite Aussage ist klar.

Definition 1.46
Sei f : Ω → [0, ∞] eine messbare Funktion und (fn )n∈N : Ω → [0, ∞)
eine Folge von Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 und f (x) = supf (x).
n∈N
´ ´
Dann heißt f dµ := lim fn dµ das Integral von f über Ω.
Ω n→∞ Ω

Proposition 1.47
Seien f, g messbare Funktionen von Ω nach [0, ∞] und α ≥ 0.
´ ´ ´
Dann gilt: (i) (f + g)dµ = f dµ + g dµ
´ Ω
´ Ω Ω
(ii) αf dµ = α f dµ
Ω Ω
´ ´
(iii) Gilt f (x) ≤ g(x), x ∈ Ω ⇒ f dµ ≤ g dµ
Ω Ω

Definition 1.48
Eine messbare Funktion f : Ω → [−∞, ∞] heißt über Ω integrierbar,
falls die Integrale über f+ = max{f, 0} und f− = −min{f, 0}
´ ´ ´
endlich sind. Dann ist f dµ = f+ dµ − f− dµ das Integral von f über Ω.
Ω Ω Ω
Bemerkung: Es gilt: f = f+ − f−
23

Proposition 1.49
Seien f, g : Ω → [−∞, ∞] integrierbar und α ∈ R. Dann gilt:
´ ´ ´
(i) (f + g)dµ = f dµ + g dµ

´ ´Ω Ω
(ii) αf dµ = α f dµ
Ω Ω
´ ´
(iii) Gilt f (x) ≤ g(x), x ∈ Ω ⇒ f dµ ≤ g dµ
Ω Ω

Beweis: (i) (f + g)+ + f− + g− = (f + g)− + f+ + g+


´ ´ ´ ´ ´ ´
⇒ (f + g)+ dµ + f− dµ + g− dµ = (f + g)− dµ+ f+ dµ+ g+ dµ
´Ω ´Ω Ω
´ Ω Ω Ω
⇒ (f + g)dµ = (f + g)+ dµ − (f + g)− dµ
´Ω ´ Ω
´ ´ Ω ´ ´
= f+ dµ + g+ dµ − f− dµ − g− dµ= f dµ + g dµ
Ω Ω Ω Ω Ω Ω
(ii) selbst
(iii) Aus f+ − f− ≤ g+ + g− folgt f+ + g− ≤ g+ + f−
´ ´ ´ ´
und dann f+ dµ + g− dµ ≤ g+ dµ + f− dµ, also
´ ´Ω ´ Ω ´ Ω ´ Ω ´
f dµ = f+ dµ− f− dµ ≤ g+ dµ − g− dµ = g dµ
Ω Ω Ω Ω Ω Ω

Bemerkung:(Achtung: Messbarkeit)
f = f+ − f− integrierbar ⇐⇒ |f | = f+ + f− integrierbar.

Definition 1.50
Eine messbare Funktion f : Ω → [−∞, ∞] heißt über einer messbaren
Teilmenge A ⊂ Ω integrierbar, falls χA f integrierbar ist.
´ ´
In diesem Fall setze: f dµ = χA f dµ
A Ω

Lemma 1.51
Setze A, B disjunkte messbare Mengen. Dann gilt
´ ´ ´
f dµ = f dµ + f dµ
A∪B
´ A ´B ´
Beweis: f dµ = χA∪B f dµ = (χA + χB )f dµ
´ A∪B
´ Ω
´ Ω
´
= χA f dµ + χB f dµ = f dµ + f dµ
Ω Ω A B
24

Definition 1.52
Eine messbare Menge A ⊂ Ω heißt Nullmenge, falls µ(A) = 0.
Eine Eigenschaft (z.B. einer Funktion) gilt fast überall, wenn die Eigenschaft
außerhalb einer Nullmenge gilt.

Satz 1.53
(i) integrierbare Funktionen sind fast überall endlich
´
(ii) Ist A eine Nullmenge, so gilt: f dµ = 0.
A

Beweis: ÜA

Bemerkungen: Integrierbare Funktionen können auf Nullmengen abgeändert


werden, ohne dass sich der Wert des Integrals ädert.

Einige weitere elementare Aussagen:


•A, B messbare Menge, B ⊂ A und µ(A \ B) = 0 und f sei messbar.
´ ´
Existiert eines der Integrale f dµ oder f dµ, dann existiert auch das
A B
andere und beide sind gleich.
• Sind f, g messbar und |f (x)| ≤ g(x), x ∈ Ω und ist g integrierbar, so
´ ´
ist auch |f | und f integrierbar, es gilt: f dµ ≤ g dµ
Ω Ω

1.6 Konvergenzsätze
Das allerbeste am Lebesgue-Integral sind die guten Konvergenzsätze.

Satz 1.54 (Satz von der monotonen Konvergenz, Beppo Levi)


Sei (fn )n eine monoton wachsende Folge nichtnegativer messbarer
Funktionen und lim fn = f der punktweise Grenzwert (in [0, ∞])
n→∞
´ ´
Dann ist f messbar und es gilt: lim fn dµ = f dµ
n→∞ Ω Ω

Beweis: Die Grenzfunktion f ist messbar nach Satz 1.37.


´ ´
Da für alle n ∈ N gilt fn ≤ f folgt auch fn dµ ≤ f dµ und damit
´ ´ Ω Ω
lim fn dµ ≤ f dµ.
n→∞ Ω Ω
Um die Ungleichung ”≥” genügt es eine monoton wachsende Folge von
Elementarfunktionen fen mit fen ≤ fn und lim fen = f , denn es gilt
n→∞
25

´ ´ ´ ´ ´
lim fen dµ = f dµ und damit f dµ = lim fen ≤ lim fn dµ.
n→∞ Ω Ω Ω n→∞ Ω n→∞ Ω

Zu n ∈ N sei fnm , m = 1, 2, ... eine monoton wachsende Folge von


Elementarfunktionen mit lim fnm = fn . Weiter sei
m→∞

fem = max{f1m , ... , fnm }. Dann ist fem ≤ fem+1 und es gilt fem ≤ fm ,
also folgt lim fem ≤ lim fm = f.
m→∞ m→∞

Umgekehrt ist für m ≥ n : fnm ≤ fem und daher für n ∈ N :


fn = lim fmn ≤ lim fem und damit dann auch
m→∞ m→∞

f = lim fn ≤ lim fem also f = lim fem .


n→∞ m→∞ m→∞


Satz 1.55 (Lemma von Fatou)


Sei (fn ) eine Folge nichtnegativer messbarer Funktionen und
f = lim inf fn . Dann ist f eine nichtnegative messbare Funktion
n→∞
und es gilt die Abschätzung:
´ ´
f dµ ≤ lim inf fn dµ. Es gilt i.A. keine Gleichheit.
Ω n→∞ Ω

Beweis: Setze gn (x) := inf fk (x), n = 1, 2, ... Dann sind die gn messbar
k≥n
und es gilt 0 ≤ g1 ≤ g2 ≤ ... und auch gn ≤ fn . Also gilt
lim gn = lim inf fn = f . Aus dem Satz von der montonen Konvergenz
n→∞
´ n→∞
´
folgt: f dµ = lim gn dµ. Nun ist aber für k ≥ n :
n→∞ Ω

´ ´
gn (x) ≤ fk (x) also auch gn dµ ≤ fk dµ, k ≥ n.
´ ´ Ω Ω
Damit gn dµ ≤ inf fk dµ und es folgt:
k≥n Ω
´ Ω
´ ´
f dµ = lim gn dµ ≤ lim inf fn dµ
Ω n→∞ Ω n→∞ Ω


Satz 1.56 (Satz von der majorisierten Konvergenz, Lebesgue)


Sei (fn ) eine Folge messbarer Funktionen die punktweise fast überall
gegen eine Funktion f konvergiert, d.h.
f (x) = lim fn (x) für fast alle x ∈ Ω.
n→∞
Es gebe eine integrierbare Funktion g mit |fn (x)| ≤ g(x) f.f.a. x ∈ Ω.
26

´ ´
Dann ist auch f integrierbar und es gilt: f dµ = lim fn dµ.
Ω n→∞ Ω

Beweis: O.B.d.A. gelten die Voraussetzungen für alle x ∈ Ω, denn


sonst modifiziert man die Funktionen entsprechend auf einer Nullmenge.
insbesondere gilt ∀x ∈ Ω: |f (x)| = lim |fn (x)| ≤ g(x).
n→∞
Da f = lim fn messbar ist, folgt schon einmal, dass f integrierbar ist.
Weiter ist f + g ≥ 0 und fn + g ≥ 0, n ∈ N.
´ ´
Mit dem Lemma von Fatou folgt: f + g dµ ≤ lim inf fn + g dµ,
n→∞ Ω
´ ´ Ω
es gilt f dµ ≤ lim inf fn dµ. Genauso folgt mit dem Lemma von Fatou:
Ω n→∞ Ω

´ ´ ´ ´
 
g − f dµ ≤ lim inf (g − fn )dµ, d.h. es gilt − f dµ ≤ lim inf − fn dµ ,
n→∞ Ω n→∞

´ ´ Ω Ω
damit f dµ ≥ lim sup fn dµ.
n→∞

´ Ω
´ ´
Insgesamt folgt: f dµ ≤ lim inf fn dµ ≤ lim sup fn dµ, d.h. es gilt
n→∞ Ω n→∞
´ ´ Ω Ω
f dµ = lim fn dµ.
Ω n→∞ Ω

Die Lp und die Lp Räume


Sei (Ω, M, µ) ein Maßraum.

Definition 1.57
´ p
 
p
Für p ∈ (0, ∞) setze L (Ω, M, µ) = f : Ω → C messbar : |f | dµ < ∞

Der Raum wird auch mit L (µ) bezeichnet, oder - falls Ω ⊂ Rd , M
p

Borel-σ-Algebra und µ das Lebesguemaß - mit Lp (Ω).


´ 1/p
Für f ∈ Lp (Ω, M, µ) sei kf kp = ( |f |p dµ) .

p
Für f, g ∈ L (µ) und λ ∈ C setze: (f + g)(x) = f (x) + g(x), x ∈ Ω, und
(λf )(x) = λf (x), x ∈ Ω.

Lemma 1.58
Lp (Ω, M, µ) ist ein Vektorraum.

´ ´
Beweis: Ist f ∈ Lp (µ) und λ ∈ C, es gilt |λf |p dµ = |λ|p |f |p dµ < ∞,
Ω Ω
27

d.h. λf ∈ Lp (µ). Für f, g ∈ Lp (µ) gilt


´ ´ ´
|f + g|p dµ ≤ (|f | + |g|)p dµ ≤ (2max{|f (x)|, |g(x)|})p dµ(x)

´ Ω Ω
´ ´
= 2 max{|f (x)| , |g(x)| }dµ(x) ≤ 2p |f |p dµ + 2p |g|p dµ < ∞, d.h.
p p p

Ω Ω Ω
f + g ∈ Lp (µ)

Bemerkungen: ∗Für f ∈ Lp (µ) und λ ∈ C gilt:


´ 1/p
kλf kp = ( |λf |p dµ) = |λ|kf kp

• kf kp = 0 ; f = 0 (aber f = 0 fast überall)
´ ´ ´ 
∗ kf + gkp ≤ kf kp + kgkp ? p = 1 : |f + g|dµ ≤ |f |dµ + |g|dµ

Satz 1.59 (Höldersche Ungleichung)


Für p, q ∈ (1, ∞) mit p1 + 1
q
= 1 und f ∈ Lp (µ), g ∈ Lp (µ) gilt
f, g ∈ L1 (µ) und kf gk1 ≤ kf kp kgkq .

Beweis: Die Fkt. [0, ∞) 3 u 7→ up−1 ist streng monoton wachsend mit
Umkehrfunktion [0, ∞) 3 u 7→ u1/p−1 . Für a, b ≥ 0 gilt:
á ´b p
1
p−1 +1
ab ≤ up−1 du + u1/p−1 du = ap + b 1 +1 da 1q = 1 − p1
0 0 p−1

ap bq
= p
+ q
(Youngsche Ungleichung)
Seien f ∈ Lp (µ), g ∈ Lq (µ).kf kp 6= 0, kgkp 6= 0 und

1 1
f = kf k f, ge = kgk g. Dann ist fe = 1 und ke g kq = 1 und es gilt:
e
p q p
´ ´ |fe(x)|p |eg(x)|q p
f g = f (x) |e
g (x)|dµ(x) ≤ + dµ(x) = f + 1q ke
1 e
g kqq
e e
p q p
e
1 Ω Ω p

= p1 + 1q = 1 = fe ke g kq < ∞

p


Damit folgt: kf gk1 = kf kp fe kgkq ge = kf kp kgq k fege

1 1

≤ kf kp kgkq f ke
g kq = kf kp fe · kgkq ge = kf kp kgkq
e
p p


Satz 1.60 (Minkowski-Ungleichung)


Für p ∈ [1, ∞) und f, g ∈ Lp (µ) gilt kf + gkp ≤ kf kp + kgkp
28

p 1 p−1
Beweis: p = 1 ist klar. Sei p > 1 und q := p+1
, d.h. q
= p
= 1 − p1 ,
1 1
also = 1. Dann ist für f, g ∈ Lp (µ) :
p
+ q
´ ´
kf + gkpp = |f + g|p dµ = |f + g||f + g|p+1 dµ
Ω Ω
´ p−1 ´
≤ |f ||f + g| dµ + |g||f + g|p1 dµ
Ω Ω
´ (p−1)q ´
Da |f + g| dµ= |f + g|p < ∞ folgt |f + g|p−1 ∈ Lp (µ) und mit
Ω Ω

der Hölder Ungleichung für f ∈ Lp , (f + g)p−1 ∈ Lp ergibt sich:


kf + gkpp ≤ |f | · |f + g|p−1 1 + |g| · |f + g|p−q 1

 
≤ kf kp k(f + g)p−1 kq + kgkp (f + g)p−1 q = kf kp + kgkp (f + g)p−1 1

|  {z }
´ p p/q 1/p
( |f +g| ) )
   
= kf kp + kgkp kf + gkp/q p = kf kp + kgkp kf + gkp−1 p

⇒ kf + gkp ≤ kf kp + kgkp


Bemerkung: Es ist gezeigt, dass k.kp eine Halbnorm ist. (d.h. k.k ist eine
”nicht definite Norm”)

Korollar 1.61
 
Die Räume Lp (µ), k.kp , p ∈ [1, ∞) sind halbnormierte Vektorräume.

Bemerkung: -halbnormierter Raum ist nicht schlimm, man geht einfach zum
Quotientenraum über.
-viel wichtiger: Vollständigkeit von Lp (µ)

Satz 1.62
Für p ∈ [1, ∞) ist Lp (µ) vollständigen halbnormierter Raum.

Beweis: Sei (fn )n∈N eine Cauchyfolge in Lp (µ). Dann ex. eine Teilfolge
m
(fnk ) mit kfnk+1 − fnk kp ≤ 21k . Setze gm :=
P
|fnk+1 − fnk | und
k=1

P
g := |fnk − fnk |. Die Funktion g nimmt Werte in [0, +∞] an.
k=1
Da L (µ) ein Vektorraum isz, gilt gm ∈ Lp und mit der Minkowski
p

m
P m
P
Ungleichung folgt kgm kp = k |fnk+1 − fnk |k ≤ fn − fn
k+1 k p
k=1 p k=1
29

m
1
P
≤ 2k
≤ 1, m ∈ N. Da gm ≤ gm+1 und gm → g punktweise gilt
k=1
p p p
auch gm ≤ gm+1 und gm (x) → g p (x),x ∈ Ω.
Mit dem Satz von der monotonen Konvergenz folgt:
ˆ
´ p
|g| dµ = lim |gn |p dµ ≤ 1p = 1.
Ω n→∞

|Ω {z }
kgm kpp

Es folgt g ∈ Lp (µ) und insbesondere ist g außerhalb einer Nullmenge N


endlich, d.h. g(x) < ∞ für alle x ∈ Ω \ N . Für alle x ∈ Ω \ N ist die Reihe
P∞
fnk+1 (x) − fnk (x) absolut konvergent (gegen g(x)) in C und damit
k=1

P
konvergiert die Reihe selbst. Setze f (x) := fnk+1 (x) − fnk (x)
k=1

Bemerkung: fe(x) = lim fn (x), x ∈ Ω

Natürlich ist f als pktw. GW von messbaren Funktionen messbar.


∞ ´ ´
Weiter gilt: |f | = | fnk+1 − fnk | ≤ g und daher |f |p dµ ≤ |g|p dµ < ∞.
P
n=1 Ω Ω
m k.kp
Daher ist f ∈ Lp (µ). Zeige jetzt:
P
fnk+1 − fnk → f für m → ∞.
k=1
m
P
Sei dazu hm = |f − (fnk+1 − fnk )|. Dann ist hm (x) → 0 ∀x ∈ Ω \ N .
k=1
∞ p ∞ p
|fnk+1 − fnk |) ≤ g p
P P
Weiter ist: hm = | fnk+1 − fnk | ≤ (
k=m+1 k=m+1
und wegen g ∈ Lp (µ) ist g p eine integrable Majorante für hm , m ∈ N.
´ ´
Dann liefert der Satz v. Lebesgue: lim hm dµ = lim hm dµ = 0.
m→∞ Ω Ω m→∞
´ m
P  p m
P
Also gilt: lim |f − fnk+1 − fnk | dµ = 0. Da aber fnk+1 − fnk = fnm+1 − fn1 folgt
m→∞ Ω k=1 k=1
k.kp
fnk+1 − fn1 → f, m → ∞
d.h. fm → f + fn1 in Lp (µ) und damit konvergiert die Cauchyfolge
(fn ) selbst gegen f + fn1 in Lp (µ).
 n o
Lp (µ)
Es sei Np := f ∈ Lp (µ) : kf kp = 0 und Lp (µ) := Np
, d.h. die
Elemente von Lp (µ) sind Äquivalenzklassen bzgl. der Äquivalenzrelation
n o
f ∼ g : ⇐⇒ kf − gkp = 0 Also: [f ] = g ∈ Lp (µ) : kg − f kp = 0 .
Setze [f ] + [g] = [f + g], [λf ] =: λ[f ], k[f ]kp := kf kp
30

Setze 1.63
Für p ∈ [1, ∞) ist Lp (µ) ein Banachraum und für p = 2 sogar ein
Hilbertraum: L2 (µ).

Beweis: k.kp , Lp (µ) → [0, ∞) ist eine Norm


•Wohldefiniertheit: g, h ∈ [f ], d.h. kg − hkp = 0, also
kgkp ≤ kg − hkp + khkp = khkp ≤ kh − gkp + kgkp = kgkp
• k[λf ]kp = |λ|k[f ]kp , k[f + g]kp ≤ k[f ]kp + k[g]kp klar
• k[f ]kp = 0, d.h. ∀g ∈ [f ] ist kgkp = 0, also g ∼ 0, d.h.
g ∈ [0], also [f ] = 0
Vollständigkeit:
Sei ([fn ])n∈N ⊂ Lp (µ) eine Cauchyfolge, d.h.
k[fn ] − [fm ]kp = kfn − fm kp < ε für n, m ≥ N0 . Also ist (fn )n∈N eine
Cauchyfolge im Lp (µ) und konvergiert mit Satz 1.62 gegen ein f ∈ Lp (µ).
Dann folgt: k[f ] − [fn ]kp = kf − fn kp → 0, n → ∞.

Satz 1.64  
Die Elementarfunktionen(oder Treppenfkt.) liegen dicht in Lp (µ), k.kp ,
d.h. für f ≤ Lp (µ) existiert eine Folge (fn ) von Elementarfunktionen
mit kf − fn kp → 0,n → ∞.

Beweis: Sei zuerst f ∈ Lp (µ) reellwertig und nichtnegativ. Dann ex. eine
Folge (fn ) von Elementarfunktionen mit 0 ≤ fn ≤ fn+1 % f punktweise.
Wegen |f − fn |p ≤ (|f | + |fn |)p ≤ 2p |f |p . Da f ∈ Lp (µ) ist 2p f p
integrable Majorante für |f − fn |p . Weil |f − fn |p → 0 punktweise folgt mit
dem Satz v. Lebesgue:
´ ´
lim kf − fn kpp = lim |f − fn |p dµ = lim |f − fn |p dµ = 0
n→∞ n→∞ Ω Ω n→∞
Für f ∈ Lp (µ) beliebig betrachte f = Re f + i Im f und wende obiges
Argument auf (Re f )± und (Im f )± an.

n o
Lp (µ)
Sei Np = f ∈ Lp : kf kp = 0 und setze Lp (µ) := Np
,
f ∼ g ⇐⇒ kf − gkp = 0
k[f ]kp := kf kp , f ∈ [f ] Norm
31

´
Bemerkung: p = 2 hf, gi := f gdµ Skalarprodukt.

´ 1/2
Induzierte Norm kf k2 = hf, gi = ( |f |2 dµ)
p

(L2 (µ), h., .i) ist ein Hilbertraum.
Schrödinger Operator: H = −4 + V, V : Ω → R, beschränkt.
n
∂2 2
P
Hf = (−4 + V )f = −4f + V f = − ∂x 2 f + V f , f ∈ L (Ω)
i
k=1
linear H(f + g) = Hf + Hg, H(αf ) = αHf .
H : L2 (Ω) → L2 (Ω)
´ ´
hHf, gi2 − < f, Hg >2 = (−4 + V )f gdµ − f (−4 + V )g dµ
Ω Ω
´ ´
= −4f g + f 4g
´ ∂f ∂g
= ∂n g − f ∂n d
=0
d.h. hHf, gi2 = < f, Hg >2 ⇒ H = H ∗

1.7 Produktmaße
Gegeben seien zwei Grundmengen Ω1 , Ω2 und σ-Algebren A1 bzw. A2
auf Ω1 bzw Ω2 . Ziel: σ-Algebra auf Ω1 × Ω2 zu konstr.

Achtung: A1 × A2 := {A1 × A2 : Ai ∈ Ai , i = 1, 2}

Definition 1.65
Wir definieren die Produkt σ-Algebra A1 ⊗ A2 als die von A1 × A2
erzeugte σ-Algebra, d.h. A1 ⊗ A2 := σ(A1 × A2 ).

Satz 1.66
Erzeugen die Mengensysteme E1 und E2 die σ-Algebren A1 bzw. A2
und gibt es Mengen (Ein )n∈N ⊂ E1 , i = 1, 2 mit Ωi = Ein , so
S
n
wird A1 ⊗ A2 durch E1 × E2 erzeugt.

Beweis: Sei B die von E1 × E2 erzeugte σ-Algebra.


•B ⊂ A1 ⊗ A2 ist klar.
• Wir setzen B1 := {A ⊂ Ω1 | A × Ω2 ∈ B}
32

Dann ist B1 eine σ-Algebra (selbst zeigen)


Für E ∈ E1 gilt nun: E × Ω2 = E × E2n = (E × E2n )
S S
n n

Also folgt E1 ⊂ B1 , also auch auch A1 ⊂ B1 , d.h.


∀A1 ∈ A1 : A1 × Ω2 ∈ B. Ganz analog: Ω1 × A2 ∈ B∀A2 ∈ A2 .
∀A1 × A2 ∈ A1 × A2 : A1 × A2 = A1 × Ω2 ∩ Ω1 × A2 ∈ B.
Also A1 × A2 ⊂ B und somit A1 ⊗ A2 ⊂ B.

Folgerung: Ist A1 = B(Rm ) die Borel-σ-Algebra über Rm und A2 = B(Rn )


so ist A1 ⊗ A2 = B(Rm ) ⊗ B(Rn ) = B(Rm × Rn ) = B(Rm+n ) :
Wählen wir als E1 bzw E2 die Menge aller Quader im Rm bzw. Rn ,
so wird B(Rm ) ⊗ B(Rn ) also erzeugt von E1 × E2 = {Quader im Rm+n }


Definition 1.67
Für A ⊂ Ω1 × Ω2 , x1 ∈ Ω1 , x2 ∈ Ω2 heißen die Mengen
Ax1 := {x2 ∈ Ω2 | (x1 , x2 ) ∈ A}, Ax2 := {x1 ∈ Ω1 | (x1 , x2 ) ∈ A}
x1 - bzw. x2 -Schnitt von A.

Satz 1.68
Ist A ∈ A1 ⊗ A2 , so ist Ax1 ∈ A2 , Ax2 ∈ A1 ∀x1 ∈ Ω1 , x2 ∈ Ω2 .

Beweis: Für x2 ∈ Ω2 setzen wir B := {A ⊂ Ω1 × Ω2 | Ax2 ∈ A1 }.


Dann ist B eine σ-Algebra(selber beweisen).
Für A ∈ A1 × A2 , also A = A1 × A2 , Ai ∈ Ai , i = 1, 2 :

A1 f. x2 ∈ A2
(A1 × A2 )x2 = ∈ A1 ,
∅ f. x2 ∈/ A2
also A1 × A2 ⊂ B, also auch A1 ⊗ A2 ∈ B.


Satz 1.69
Seien (Ω1 , Ai , µi ), i = 1, 2 σ-endl. Maßräume. Dann sind für
(1) (2)
A ∈ A1 ⊗ A2 die Funktionen sA (x1 ) := µ2 (Ax1 ),sA (x2 ) := µ1 (Ax2 )
A1 - bzw. A2 -meßbar.

(1)
Beweis: Für die Funktion sA = sA :
33

(1) Sei zunächst µ2 ein endliches Maß. Wir definieren


D := {A ∈ A1 ⊗ A2 | sA ist A1 − messbar}
Dann ist D ein Dynkin System: •Ω := Ω1 × Ω2 ∈ D: Dann ist
sΩ (x1 ) = µ2 ((Ω1 × Ω2 )x1 ) = µ2 (Ω2 ) < ∞
also ist sΩ konstant und damit A1 -messbar.
• Für A ∈ D ist Ac ∈ D : sAc (x1 ) = µ2 ((Ac )x1 ) = µ2 ((Ω \ A)x1 )
= µ2 ((Ω1 × Ω2 ) \ A)x1 ) = µ2 (Ω2 \ Ax1 ) = µ2 (Ω2 ) − µ2 (Ax1 )
= sΩ (x1 ) − sA (x1 ). Also ist sAc als Differenz messbarer Fkt. messbar.
S• S•
• Für (An ) ⊂ D p.w.d. ist An ∈ D : sS• (x1 ) = µ2 (( An )x1 )
n An n
n

S P P
= µ2 ( (An )x1 ) = µ2 ((An )x1 ) = sAn (x1 ). Also sS• messbar.
n n n An
n

Für A1 × A2 ∈ A1 × A2 gilt: sA1 ×A2 (x1 ) = µ2 ((A1 × A2 )x1 )



µ2 (A2 ) falls x1 ∈ A1
= = χA1 (x1 )µ2 (A2 ) messbar, also
µ2 (∅) = 0 falls x1 ∈/A
A1 × A2 ⊂ D. Also liegt das von A1 × A2 erzeugte Dynkin-System
D0 ⊂ D. Da D0 vom durchschnittsstabilen Erzeuger A1 × A2 erzeugt
wird, ist D0 sogar eine σ-Algebra. Also folgt A1 ⊗ A2 ⊂ D0 ⊂ D
also sind für alle A ∈ A1 ⊗ A2 die Schnitte sA messbar.
(2) Sei µ2 nun σ-endlich und sei (Ωn2 ) ⊂ A2 mit Ω2 = Ωn2 p.w.d. und
S
n
µ2 (Ωn2 )
< ∞∀n ∈ N. Für A ∈ A1 ⊗ A2 folgt sA (x1 ) = µ2 (Ax1 )
= µ2 (Ax1 ∩ Ω2 ) = µ2 (Ax1 ∩ Ωn2 ) = µ2 ( (Ax1 ∩ Ωn2 ))
S S
n n
= µ2 (Ax1 ∩ Ωn2 ) = µ2,n (Ax1 )
P P
n n
Für n ∈ N ist µ2,n (B) := µ2 (B ∩ Ω2n ) ein endliches Maß auf A2 .
Damit können wir den ersten Teil auf µ2,n anwenden und somit sind
x1 7→ µ2,n (Ax1 ) messbar und also sA messbar.


Satz 1.70
Es existiert ein eindeutig bestimmtes Maß µ = µ1 ⊗ µ1 auf der
σ − Algebra M1 ⊗ M2 mit µ(A1 × A2 ) = µ1 (A1 )µ2 (A2 ) A1 × A2 ∈ M1 × M2
´ ´
µ heißt Produktmaß, es gilt (µ1 ⊗ µ1 )(A) = µ2 (Ax1 ) dµ1 = µ1 (Ax1 ) dµ2 A ∈ M1 ⊗
Ω1 Ω2
M2
Beweis
Eindeutig kein Problem, da M1 ×M2 ein durchschnittstabiler Erzeuger von von M1 ⊗M2
34

ist. Für A = A1 × A2 , A1 ∈ M1 , A2 ∈ M2 ist



A2 x1 ∈ A1
Ax1 = (A1 × A2 )x1 = {x2 ∈ Ω2 : (x1 , x2 ) ∈ A1 × A2 } =
∅ x1 ∈
/ A1

µ2 (A2 ) x1 ∈ A1
Weiter ist µ2 (Ax1 ) =
0 x1 ∈ / A1
und daher x1 → µ2 (Ax1 ) = χA1 (x1 ) µ2 (A2 ), also folgt
´ ´
µ2 (Ax1 ) d µ1 = χA1 (x1 ) µ2 (A2 ) d µ1 = µ1 (A1 )µ2 (A2 )
Ω Ω
Zeige σ − Additivität von µ :
˙

(k)
A(k) , A(k) ∈ M1 ⊗ M2 . Dann sind auch die Ax1 paarweise
S
Sei A ∈ M1 ⊗ M2 und A =
k=1
disjunkt und es folgt:
˙ (k)

S ∞
P (k)
µ2 (Ax1 ) = µ2 ( Ax1 ) = µ2 (Ax1 ) Dann folgt:
k=1 k=1
´ monotone Konv.
∞ ´
P (k)
µ(A) = µ2 (Ax1 ) d µ1 = µ2 (Ax1 ) d µ1
Ω1 k=1Ω1
´ P

(k)

µ2 (A(k) )
P
= µ2 (Ax1 ) d µ1 =
Ω1 k=1 k=1

Satz 1.71 (Satz von Tonelli)

Seien (Ωi , Mi , µi ) i = 1, 2, σ − endliche Maßräume und


f : Ω1 × Ω2 → [0, ∞] eine M1 ⊗ M2 − messbare Funktion.
Dann sind die Schnittfunktionen
fx2 : Ω1 → [0, ∞], x1 → f (x1 , x2 ). M1 − messbar
fx1 : Ω2 → [0, ∞], x2 → f (x1 , x2 ). M2 − messbar
Und die Funktionen
´ ´
Ω1 3 x1 → fx1 dµ2 , Ω2 3 x2 → fx2 dµ1 und M1 − bzw. M2 messbar
Ω2 Ω1
! !
´ ´ ´ ´ ´
Es gilt fx1 d(µ1 ⊗ µ2 ) = fx1 dµ2 dµ1 = fx2 dµ1 dµ2
Ω1 ⊗Ω2 Ω1 Ω2 Ω2 Ω1

Beweis:
P∞
Sei zunächst f eine Elementarfunktion der Form f = αk χAk , αk > 0 Ak ∈ M1 ⊗ M2
k=1
 
1 (x1 , x2 ) ∈ A
(χA )x1 : Ω2 → [0, ∞], x2 → χA (x1 , x2 ) =
0 (x1 , x2 ) ∈
/A
 
1 x2 ∈ Ax1
= = χAx1 (x2 ) Dann folgt:
0 x2 ∈/ Ax1
35


P ∞
P
f x1 = αk (χAk )x1 = αk χAkx und da Akx1 ∈ M2 , also ist fx1 M2 − messbar. Analog
1
k=1 k=1
ist fx2 M1 − messbar
´ ´
Ähnlich sieht man, dass x1 → fx1 dµ2 und x2 → fx2 dµ1 M1 bzw. M2 − messbar sind. (Satz 1.69)
Ω2 Ω1
´ ∞
P ´
Dann gilt: x1 → f d(µ1 ⊗ µ2 ) = αk χAk d (µ1 ⊗ µ2 )
Ω1 ×Ω2 k=1 Ω1 ×Ω2

P ´ ∞
Satz 1.70 P ´ ´
αk (µ1 ⊗ µ2 )(Ak )
= αk µ2 (Akx1 ) dµ1 = ( fx1 dµ2 ) dµ1
k=1 k=1 Ω1 Ω1 Ω2
´ ´
= ... andersrum ... = ( fx2 dµ1 ) dµ2
Ω2 Ω1
Beweis:
Sei f : Ω1 × Ω2 → [0, ∞] nichtnegative, messbare Funktion und sei (fn )
eine Folge von nicht negativen Elementarfunktionen mit fn ≤ fn+1 % f
punktweise. Dann folgt (fn )x1 ≤ (fn+1 )x1 % fx1 punktweise, so dass die
´ ´
Funktionen x1 → (fn )x1 dµ2 und x2 → (fn )x2 dµ1 von unten gegen
Ω2 Ω1
´ ´
die Funktionen x1 → fx1 dµ2 und x2 → fx2 dµ1 konvergieren.
Ω2 Ω1
Der Satz von der monotonen Konvergenz liefert:
´ ´ ´ ´
f d(µ1 ⊗ µ2 ) = lim fn d(µ1 ⊗ µ2 ) = lim ( (fn )x1 dµ2 ) dµ1
Ω1 ×Ω2 n→∞Ω ×Ω n→∞Ω Ω2
´ ´
1 2 1

= ( fx1 dµ2 ) dµ1


Ω1 Ω2

Satz 1.72 (Satz von Fubini)


Seien (Ωi , Mi , µi ) i = 1, 2, σ −endliche Maßräume und f : Ω1 ×Ω2 → R eine integrierbare
Funktion. dann sind die Schnittfunktionen
fx2 : Ω1 → R, x1 → f (x1 , x2 ). µ1 -integrierbar f.f.a x2 ∈ Ω2
fx1 : Ω2 → R, x2 → f (x1 , x2 ). µ2 -integrierbar f.f.a x1 ∈ Ω1
Und die Funktionen
´ ´
g1 (x1 ) = fx1 dµ2 , g2 (x2 ) → fx2 dµ1 sind f.f.a x1 bzw.x2 erklärt, integrierbar und es
Ω2 Ω1 ! !
´ ´ ´ ´ ´ ´
gilt f d(µ1 × µ2 ) = fx1 dµ2 dµ1 = g1 dµ1 = fx2 dµ1 dµ2
Ω1 ×Ω2 Ω1 Ω2 Ω1 Ω2 Ω1
!
´ ´ ´
g2 dµ2 = fx1 dµ2 dµ1
Ω2 Ω1 Ω2

Beweis:
Es gilt |f |x1 = |fx1 |, (f ± )x1 = (fx1 )± Mit dem Satz von Tonelli folgt
36

!
´ ´ ´´ ´
|fx1 |dµ2 dµ1 = |f |x1 dµ2 dµ1 = |f | d(µ1 × µ2 ) < ∞,
Ω1 Ω2 Ω1 Ω2 Ω1 ×Ω2

da f integrierbar. D.h. außerhalb einer Nullmenge N1 ∈ Ω1 gilt


´
|fx1 |dµ2 < ∞, x1 ∈ Ω1 \ N1 Dann ist die Funktion x2 → fx1 (x2 )
Ω2
´
integrierbar. für alle x2 ∈ Ω1 \ N1 . Nach Def. ist g1 (x1 ) = fx1 dµ2
Ω2
´ ´ Ω1
= fx+1 dµ2
− ∈fx−1 dµ2 ,x1 .
Und mit dem Satz von Tonelli folgt,
N1
Ω2 Ω2
´
dass x1 7→ fx+1 dµ2 messbar und integrierbar ist, da
Ω2
´ ´ + ´
( fx1 dµ2 )dµ1 = f ± dµ1 ⊗ µ2 < ∞
Ω1 Ω2 Ω ×Ω
´ 1 2 ´ ´
Insgesamt folgt: g1 dµ1 = ( fx1 dµ2 )dµ1
Ω1 Ω Ω
´ ´ + ´ ´ −1 2
= ( fx1 dµ2 )dµ1 − ( fx1 dµ2 )dµ1
Ω1 Ω2 Ω1 Ω2
´ ´
= +
fx1 dµ1 ⊗µ2 − fx−1 dµ1 ⊗µ2
Ω1 ×Ω2 Ω1 ×Ω2
´
= fx1 dµ1 ⊗µ2
Ω1 ×Ω2


2. Einführung in die Theorie der gewöhnlichen Differ-


entialgleichungen
2.1 Definition, Beispiele und elementare Lösungsmethoden
Definition 2.1
Eine gewöhnliche Differentialgleichung(in expliziter Form) ist eine Gleichung
der Gestalt y (n) = f (t, y, y 0 , ... , y (n−1) ) wobei y (i) : I → R, i = 0, ... , n sind
Funktionenn in der Variable t und f : Rn+1 ⊃ G → R.
Ein Anfangwertproblem ist eine DGL der Form y (n) = f (t, y, y 0 , ... , y (n−1) )
mit einer Anfangsbedingung y(t0 ) = y0 , y 0 (t0 )y1 , ... , y (n−1) (t0 ) = yn−1 ,
t0 ∈ I, (t0 , y0 , ... , yn−1 ) ∈ G.

Beispiele:
1) y 0 = y Finde Fkt. y : I → R mit y 0 (t) = y(t), t ∈ I.
Mögliche Lsg.: y(t) = et
37

(Bezug zur Def: n = 1, f (t, y(t)) = y 0 (t) = y(t)


2) y 00 + q(y) = λy, q : I → R, λ ∈ R (falls q 6= const ”kaum” lösbar)
0
3) y (7) = arctan(y (6) ) + y (5) + sin(ey ) (analytisch unlösbar)

Beispiel 1) ϕ : [a, b] → R stetig, DGL : y 0 = φ


´t
Integration liefert: y(t) = ϕ(s)ds + c, c ∈ R.
a
Betrachte AWP: y 0 = ϕ, y(a) = y0
´t
Eindeutige Lösung gegeben durch die Funktion ϕ(s)ds + y0
a

Beispiel 2) (Wachstums- und Zerfallsprozesse)


y 0 = ky (k > 0 :”Wachstum”,k < 0 :”Zerfall”)
y(0) = y0
dy
´ dy
´
”physikermethode”: y 0 = dt
= ky y
= kdt log|y| = kt + c
y = ekt+c = c1 ekt y(0) = c1 ek·0 = c1 = y0

Beispiel 3) y 0 = g(y)h(t)
dy
´ dy
´
analog: dt
= g(y)h(t) g(y)
= h(t)dt
jetzt integrieren und dann nach y auflösen.

Beispiel 4) (Schwingungsgleichung(ohne Dämpfungsterm))


q
00 2 k
y + ω0 y = 0, ω0 = m
Lösungen: y1 (t) = sin(ω0 t), y2 (t) = cos(ω0 t) und auch c1 y1 + c2 y2
ist Lösung c1 , c2 ∈ R.
y(t0 ) = s0 Anfangsauslenkung
y 0 (t0 ) = v0 Anfangsgeschwindigkeit
!
⇒ c1 sin(ω0 t0 ) + c2 cos(ω0 t0 ) = s0
!
c1 ω0 cos(ω0 t0 ) − c2 ω0 sin(ω0 t0 ) = v0
Bestimme c1 , c2

Satz 2.2
Seien I und J ⊂ R Intervalle, h : I → R, g : J → R stetig und sei
t0 ∈ I, y0 ∈ J innerer Punkt von J. Dann gilt:
(i) Falls g(y0 ) 6= 0, existiert Umgebung U von t0 , so dass AWP
y 0 = g(y)h(t), y(t0 ) = y0 auf I ∩ U eine eindeutige Lösung besitzt, diese
38

´y du
´t
erhält man durch Auflösen von g(u)
= h(s)ds nach y.
y0 t0

(ii) Falls g(y0 ) = 0, g(y) 6= 0, für 0 < y − y0 ≤ η und die uneigentlichen


y0´+η ´0 1
y
1
Integrale g(u)
du und g(u)
du divergieren ist y = y0
y0 y0 −η
die eindeutig bestimmte Lsg. des AWP auf I.

´y du
´t
Beweis: (i) Setze G(y) = g(u)
, H(t) = h(s)ds
y0 t0

Da g stetig und g(y0 ) 6= 0 ist G auf einem offenen Teilintervall Je ⊂ J


erklärt, wo g 6= 0. Dort ist G0 (y) = 1
g(y)
> 0 oder < 0 und daher
e Es sei Ginv : G(J)
G streng monoton auf J. e =: Ie → R die
Umkehrfunktion von G. Dann ist auch Ie offen und da
H(t0 ) = 0 = G(y0 ) ∈ Ie existiert wegen der Stetigkeit von H eine
U von t0 mit H(t) ∈ Ie ∀t ∈ U ∩ I. Für diese t setze y(t) := Ginv (H(t))
0
Dann folgt: y 0 (t) = Ginv (H(t)) · H 0 (t) = G0 (Ginv1(H(t))) H 0 (t)
1
= G0 (y(t))
h(t) = g(y(t))h(t) und y(t0 ) = Ginv (H(t0 )) = Ginv (0) = y0 .

z 0 (t)
Zeige Eindeutigkeit: Sei z ebenfalls Lösung des AWP, dann ist g(z(t))
= h(t)
und daher
´t ´t z0 (s) ´ 1
z(t) ´ 1
z(t)
H(T ) = h(s)ds = g(z(s)) ds = g(u)
du = g(u)
du = G(z(t))
t0 t0 z(t0 ) y0
inv
⇒z=G ◦H =y


Wichtiger Fall: y 0 = a(t)y + b(t) (homogen falls b = 0, inhomogen sonst)

Korollar 2.3
Sei I ein Intervall, a : I → R stetig, t0 ∈ I. Dann ist das AWP
y 0 = a(t)y, y(t0 ) = y0 für jedes y0 ∈ R lösbar auf ganz I, es gilt
´t
y(t) = y0 exp( a(s)ds)
t0
´ dy
´
Beweis: Löse y
= a dt

Betrachte jetzt die inhomogene DGL y 0 = a(t)y + b(t), y(t0 ) = y0


39

Variation der Konstanten


Ersetze die Konstante in der Lsg. der hom. DGL y 0 = a(t)y
´t
durch eine Funktion: y 0 (t) = c eA(t) , A(t) = a(s)ds
t0

Betrachte y(t) = c(t)eA(t) .


!
⇒ y 0 (t) = c0 (t)eA(t) + c(t)A0 (t)eA(t) = a(t)c(t)eA(t) + b(t)
| {z }
=a(t)

⇒ c0 (t) = b(t)e−A(t) + Integral bilden c(t)

Satz 2.4
a, b : I → R, stetig, t0 ∈ I. Dann ist das inhomogene AWP
y 0 = a(t)y + b(t), y(t0 ) = y0 für alle y0 ∈ R eindeutig lösbar, die Lsg ist
´t ´t
y(t) = ( b(s)e−A(s) ds + y0 )eA(t) , A(t) = a(s)ds
t0 t0

´t 0
´t
Beweis: y 0 (t) = ( b(s)e−A(s) ds + y0 ) eA(t) + ( b(s)e−A(s) ds + y0 )A0 (t)eA(t)
t0 t0
´t
= b(t)e−A(t) eA(t) + a(t)( b(s)e−A(s) ds + y0 )eA(t) = b(t) + a(t)y(t),

t0
0
y(t0 ) = (0 + y0 )e = y0

Eindeutigkeit folgt aus Satz 2.2, denn für eine zweite Lösung ye wäre y − ye
Lsg. der DGL u0 = a(t)u, u(t0 ) = 0

2.2 Der Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelöf


Es werden im Folgenden Systeme 1. Ordnung von Differentialgleichungen der Gestalt
y 0 = f (t, y) betrachtet, hierbei y Rn -wertig.

Bezeichnung: ϕ : [a, b] → Rn stetig, ϕ1 , ..., ϕn Komponentenfunktionen.


´
b 
 a ϕ1 (s) d s 
´b 
.

ϕ(s) d s := 
 .
. ,Linearität, Hauptsatz, ect.

a
´
 
b 
ϕn (s) d s
a
40

Lemma 2.5

´ ´b
b

Sei k.k euklidische Norm in Rn . Es gilt
ϕ(s) d s ≤ k ϕ(s)k d s

a a
Beweis:
´b
Sei x = ϕ(s) d s und O sei eine orthogonale Matrix mit Ox = kxke1 .
a
´ 
ϕ1 d s
..  ´b
Dann gilt kxke1 = Ox = O  = O(ϕ(s)) d s, d.h. das Integral über die 2-n-te

´ . a
ϕn d s
Komponente von Oϕ verschwindet. Daher ist
´ ´ ´
b  b  b

kxk = Oxk = O(ϕ(s)) d sk = O(ϕ(s)) d s, e1 = O(ϕ(s), e1 ) d s

a a a
´b ´b ´b
≤ |O(ϕ(s), e1 )| d s = kO(ϕ(s))kd s = kϕ(s)kd s
a a a

Lemma 2.6

Sei G ⊂ Rn+1 , f : G → Rn stetig, I sei ein Intervall und y : I → Rn Funktion mit


(t, y(t)) ∈ G, t ∈ I. Weiter sei t0 ∈ I, y0 ∈ Rn mit (t0 , y0 ) ∈ G
Dann gilt:(i) y ist differenzierbar und löst das AWP y 0 = f (t, y), y(t0 ) = y0
´t
⇐⇒ (ii) y ist stetig und löst die Integralgleichung y(t) = y0 + f (s, y(s)) d s, t ∈ I
t0
Beweis:
´t ´t
(i) ⇒ (i i) Integration: y(t) − y(t0 ) = y 0 (s) d s = f (s, y(s)) ds
t0 t0
´t
⇒ y(t) = y0 + f (s, y(s)) d s, t ∈ I
t0
(ii) ⇒ (i) Differenzieren: y 0 = f (t, y), y(t0 ) = y0 (Häkchen)

Bemerkung: Lsg von (ii) bedeutet Lsg eines Fixpunktproblems:


´t
t → (Tϕ )(t) = y0 + f (s, y(s)) d s Finde ϕ mit Tϕ = ϕ
t0

Satz 2.7 (Banchscher Fixpunktsatz)


P
Sei (M, d) vollständiger metrischer Raum, T : M → M und αn konvergent. αn > 0,
n=1
so dass für alle n ∈ N d(T n ϕ, T n ψ) ≤ αn d(ϕ, ψ) mit ϕ, ψ ∈ M . Dann ex. genau ein
41

Fixpunkt von T, d.h. es ex. ϕfix ∈ M mit T ϕfix = ϕfix . Es gilt ϕfix = lim ϕn+1 =
n→∞

P
lim T ϕn , ϕ0 bel. Startwert, und es gilt die Fehlerabschätzung d(ϕfix , ϕn ) ≤ dr d(ϕ1 , ϕ0 )
n→∞ r=1
Spezialfall: q < 1, αn = q n
Beweis: wie immer

Satz 2.8 (Existenz- und Eindeutigkeitssatz von Picard-Lindelöf )

Es seien G ⊂ Rn+1 offen, f : G → Rn stetig und f erfülle eine lokale


Lipschitzbedingung bzgl. der 2, Komponente, d.h.
∀(t0 , u0 ) ∈ G ex. Umgebung U, so dass für ein L > 0 :
kf (t, u) − f (t, v)k ≤ Lku − vk, ∀(t, u), (t, v) ∈ U
˙ so dass das AWP y 0 =
Dann ex. zu jedem (t0 , y0 ) ∈ G ein Intervall I mit t0 ∈ I,
f (t, y), y(t0 ) = y0 genau eine Lösung auf I besitzt.
Beweis:
´t
Aufgrund von Lemma 2.6 reicht es aus einen (den) Fixpunkt von (T ϕ)(t) = y0 + f (s, ϕ(s)) d s
t0
zu bestimmen.
Finde zuerst geeigneten Definitionsbereich von T .
Sei R = {(t, u) : |t − t0 | ≤ b} ⊂ G mit a > 0, b > 0 geeignet, so dass kf (t, u) − f (t, v)k ≤
Lku − vk.
Setze dann k := supkf (t, u)k < ∞(Da R kompakt und f stetig)
(t,u)

Setze weiter: α := min a, kb (k = 0 uninteressant).
Weiter sei I = [t0 − α, t0 + α] und M := {ϕ ∈ C(I, Rn ) : kϕ(.) − y0 k∞ ≤ b} Dann ist M
ausgestattet mit der von k.k∞ induzierten Metrik ein vollständige metrischer Raum.
Zeige: T M ⊂ M

´t ´t
Sei ϕ ∈ M kT ϕ − y0 k∞ = y0 + f (s, ϕ(s)) d s − y0 = sup f (s, ϕ(s)) d s

t0 t∈I t0

Lemma 2.5 ´t
≤ sup kf (s, ϕ(s))k d s ≤ sup |t − t0 |k ≤ α k ≤ b ⇒ T : M → M
t∈I t0

Behauptung:
m
Es gilt: k(T m ϕ)(t) − (T m ψ)(t)k ≤ Lm! |t − t0 |m kϕ − ψk∞ , t ∈ I

´t ´t
IA : k(T ϕ)(t) − (T ϕ)(t)k = f (s, ϕ(s)) d s − f (s, ψ(s)) d s

t0 t0
´t
≤ kf (s, ϕ(s)) d s − f (s, ψ(s))k d s
t0
42

´t
≤ L kϕ(s) − ψ(s)k d s ≤ L|t − t0 |kϕ − ψk∞
t0
IS : m → m + 1
k(T m+1 ϕ)(t) − (T m+1 ψ)(t)k = kT (T m ϕ)(t) − T (T m ψ)(t)k
´t ´t m
≤ L k(T m ϕ)(s) − (T m ψ)(s)kd s ≤ L Lm! |s − t0 |m kϕ − ψk∞
t0 IV t0
Lm+1 m+1
= (m+1)!
|t − t0 | kϕ − ψk∞
m m
Also folgt mit αm = L m!α : kT m ϕ − T m ψk ≤ αm kϕ − ψk∞
P m m
und der Tatsache αm = L m!α = eLα < ∞ und Satz 2.7 die Aussage.
P
m m

Bemerkung: -Satz 2.8 liefert nur lokale Lösbarkeit des AWP.
-ohne Lipschitzbedingung geht. i.A. die Eindeutigkeit verloren
(für stetige f kann man trotzdem die Existenz einer Lösung gezeigt
werden(Existenzsatz von Peano))
-Für stetige diffbare f gilt:
=:L
z }| {
kf (t, u) − f (t, v)k ≤ sup k(gradU f )(t, u)kku − vk
(t,u)∈U

Satz 2.9
Sei G = I × Rn und I sei kompaktes Intervall. Sei f : G → Rn stetig und
erfülle Lipschitzbed. bzgl. 2. Komponente in G, dann ist für jedes
(t0 , y0 ) ∈ G das AWP y 0 = f (t, y), y(t0 ) = y0 auf ganz I eindeutig lösbar.

Satz 2.10
Sei G ⊂ Rn+1 offen, f : G → Rn stetig und f erfülle die lokale
Lipschitzbed. aus Satz 2.8. Es sei J die Menge der Intervalle, auf denen das
AWP y 0 = f (y, t), y(t0 ) = y0 eine eindeutige Lsg. besitzt, sowie
S
Imax = J. Dann ist Imax ein Intervall, setze a = infImax , b = sup Imax .
J∈J
Dann gilt:
(i) Dann besitzt das AWP genau eine Lsg. ymax auf Imax und Imax ist das
größte Intervall auf dem eine eind. Lösung existiert.
(ii) Imax ist offen
(iii) Es gibt mindestens eine der folgenden Aussagen: (bei b)
(α) b = ∞
(β) lim supkymax (t)k = ∞
t→b
43

(γ) lim inf dist((t, ymax (t)), ∂G) = 0


t→b
Imax heißt maximales Existenzintervall und ymax heißt maximale Lsg. des
AWP.

Frage: Abhängigkeit von den Daten!


Seien y, ye Lösungen des AWP y 0 = f (t, y), y(t0 ) = y0 ,
ye0 = fe(t, ye), ye(t0 ) = ye0 . Seien f · fe und y0 − ye0 klein.
Gilt dann auch y − ye klein?

Beweis: (Picard-Lindelöf) ”Erinnerung”


´t
Finde Fixpunkt von (Tϕ )(t) = y0 + f (s, ϕ(s))ds. Setze
t0
n+1
R = {(t, u) ∈ R : |t − t0 | ≤ a, ku − y0 k ≤ b}, so dass
kf (t, u1 ) − f (t, u2 )k ≤ Lku1 − u2 k in R gilt.

Mit k = sup kf (t, u)k, α = min a, kb , I = [t0 − α, t0 + α]
(t,u)∈R

M = {ϕ ∈ C(I, Rn ) : kϕ(.) − y0 k∞ ≤ b}

Dann gilt T M ⊂ M Tϕk − Tψk ≤ αk kϕ − ψk,
P
αk < ∞

Fixpunkt von T (=eind. Lsg. y) liegt in M ⇒ (t, y(t)) ⊂ R

Sei nun fe : R → Rn stetig und ye sei Lsg. das AWP


ye0 = fe(t, ye), ye(t0 ) = ye0 auf Ie ⊂ I kompaktes Intervall mit (t, ye(t)) ⊂ R, t ∈ I.
e

Satz 2.11
Ist ky0 − ye0 k ≤ δ1 und sup f (t, u) − fe(t, u) ≤ δ2 so gilt die Abschätzung ky(t) − ye(t)k ≤

(t,u)∈R
δ2 L|t−t0 | L|t−t0 |

L
e − 1 + δ1 e , t ∈ I.
e

Beweis: Setze zuerst ye in einer auf ganz I definierten stetigen Funktion ϕ0


fort, so dass ϕ0 ∈ M = {ϕ ∈ C(I, Rn ) : kϕ − y0 k∞ ≤ b}. Es sei dann
´t
wieder (T ϕ)(t) = y0 + f (s, ϕ(s))ds und setze nun ϕ1 = Tϕ0 , ϕ2 = Tϕ1 .
t0

Dann Konvergiert (ϕk )∞


k=1 in (C(I, Rn ), k.k∞ ) gegen die Lösung
y (Banachscher FPS). Schätze jetzt den Fehler ab:
´t
Es gilt für t ∈ Ie :ϕ0 (t) = ye(t) = ye0 + fe(s, ye(s))ds und
t0
44

´t ´t
ϕ1 (t) = (T ϕ0 )(t) = y0 + f (s, ϕ0 (s))ds = y0 + fe(s, ye(s))ds
t0 t0

Daher folgt für t ∈ I:


e
´t ´t
kϕ1 (t) − ϕ0 (t)k ≤ ky0 − ye0 k + k f (s, ye(s))ds − fe(s, ye(s))dsk
t0 t0
´t
≤ δ1 + | kf (s, ye(s)) − fe(s, ye(s))kds| ≤ δ1 + |t − t0 |δ2 .
t0
Induktiv zeigt man dann de Abschätzung:
m m−1
δ2 (L|t−t0 |) 0 |)
kϕm (t) − ϕm−1 (t)k ≤ L m!
+ δ1 (L|t−t
(m−1)!
(IA)X, (IS)m → m + 1

kϕm+1 (t) − ϕm (t)k = k(T ϕm )(t) − Tϕm−1 (t)k
´t ´t
= k f (s, ϕm (s)) − f (s, ϕm−1 (s)dsk ≤ | kf (s, ϕm (s)) − f (s, ϕm−1 (s)kds|
t0 t0
´t ´t δ2 (L|s−t0 |)
m
0 |)
m−1
≤ | Lkϕm (s) − ϕm−1 (s)kds| ≤ L| L m!
+ δ1 (L|s−t
(m−1)!
ds|
t0 t0
m m m−1 |t−t |m m+1 m
|t−t0 | δ2 (L|t−t0 |) 0 |)
≤ L δL2 L (m+1)! + Lδ1 L m!
0
= L (m+1)!
+ δ1 (L|t−t
m!
X

P ∞
P
Dann folgt kϕk − ϕ0 k∞ = k ϕm − ϕm−1 k∞ ≤ kϕm − ϕm−1 k∞
m=1 m=1
n m m−1
δ2 (Lα)
+ δ1 (Lα)
P
≤ L m! (m−1)!
< C ∀k ∈ N, d.h. insbesondere
m=1

P
ϕm − ϕm−1 = lim ϕm − ϕ0 = y − ϕ0 und für alle t ∈ Ie ist dann:
m=1 m→∞

P ∞
P
ky(t) − ye(t)k = ky(t) − ϕ0 (t)k = k ϕm (t) − ϕm−1 (t)k ≤ kgjm (t) − ϕm−1 (t)k
m=1 m=1
∞ ∞
δ2 (L|t−t0 |)m (L|t−t0 |)m−1 δ2 L|t−t0 |
− 1) + δ1 eL|t−t0 | 
P P
≤ L m!
+ δ1 (m−1)!
= L
(e
m=1 m=1
(Zitat von Prof: ”Ich weiß nicht, ob sie meinen, was ich damit verstehe.”)

2.3 Lineare Systeme


Definition 2.12
Sei I ⊂ R ein Intervall und sei A : I → Rn×n ,t 7→ (aij (t))∗i,j=1,... ,n eine
stetige Funktion. Weiter sei b : I → Rn eine stetige Funktion.
Dann heißt das System y 0 = A(t)y + b(t) lineares Differentialgleichungs-
system erster Ordnung. Falls b = 0, so heißt das System homogen, sonst
inhomogen.
45

Bemerkungen: Das System hat die folgende explizite Form:


0
y1 = n11 (t)y1 + ... + a1n (t)yn + b1 (t)
..
.
0
yn = an1 (t)y1 + ... + ann (t)yn + bn (t)

•Norm einer Matrix:


kBk = sup kBxk, x ∈ Rn , B ist n × n-Matrix
kxk=1
2
Diese Norm ist äquivalent zur euklidischen Norm des ”Vektors” B ∈ Rn
n
(bij )2 )1/2
P
kBk2 = (
i,j=1
Genauer gilt:
1
n
kBk2 ≤ kBk ≤ kBk2 (Übung)
•Weiter gilt:
kB1 B2 k ≤ kB1 kkB2 k, kBxk ≤ kBkkxk

Satz 2.13
Sei I ⊂ R ein Intervall, A : I → Rn×n stetig und b : I → Rn stetig t0 ∈ I
und u0 ∈ Rn . Dann ex. genau eine Lsg. des AWP y 0 = A(t)y + b(t),
y(t0 ) = y0 .

Beweis: Sei I zuerst ein kompaktes Intervall. Dann gilt mit


f (t, u) = A(t)u + b(t) auf I × Rn :
kf (t, u1 ) − f (t, u2 )k = kA(t)u1 − A(t)u2 k = kA(t)(u1 − u2 )k
≤ kA(t)kku1 − u2 k ≤ supkA(t)kku1 − u2 k.
t∈I
Da A stetig und I kompakt gilt supkA(t)k = L < ∞.
t∈I
Es folgt mit dem Satz v. Picard-Lindelöf, dass das AWP eine eindeutige Lsg
auf ganz I besitzt. Sei nun I ein beliebiges Intervall und seien I1 und I2
kompakte Intervalle, die t0 enthalten. Dann es. eindeutige Lsg.
y1 : I1 → Rn , y2 : I2 → Rn des AWPs und y12 : I1 ∩ I2 → Rn
ist eindeutige Lsg. des AWP auf I1 ∩ I2 . Daher folgt:
y1 I1 ∩I2 = y12 = y2 I1 ∩I2

S
Schreibt man I als Vereinigung kompakter Intervalle I = Im mit
m∈N
zugehörigen Lösungen ym : Im → Rn , so wird durch
46

y(t) := ym (t), falls t ∈ Im eine Funktion aus ganz I (wohl)definiert, die die
eindeutige Lösung des AWP ist.
Im weiteren werden zuerst homogene Systeme betrachtet, d.h. y 0 = A(t)y

Lemma 2.14
Seien A, B : I → Rn×n diffbar, y : I → Rn diffbar. Dann sind auch
AB : I → Rn×n und Ay : I → Rn diffbar und es gilt:
(AB)0 = A0 B + AB 0 , (Ay)0 = A0 y + Ay 0

Beweis: Ana II

Satz 2.15
Sei I ⊂ R ein Intervall und A : I → Rn×n stetig. Sei
V = {y : I → Rn , y 0 = A(t)y}. Dann ist V ein n-dimensionaler Vektorraum
und für jedes t0 ∈ I ist die Abbildung l : V → Rn , y 7→ l(y) := y(t0 )
linear und bijektiv.

Beweis: V Vektorraum: y1 , y2 ∈ V, A(t)(y1 + y2 ) = A(t)y1 + A(t)y2


0 0
= y1 + y2 = (y1 + y2 )0 , αy ∈ V für α ∈ R, y ∈ V .
l ist linear: l(y1 + y2 ) = (y1 + y2 )(t0 ) = y1 (t0 ) + y2 (t0 ) = l(y1 ) + l(y2 )
l(αy) = αl(y) analog.
l injektiv : l(y) = 0 = y(t0 ) = 0, die Nullfunktion löst auch das AWP
y 0 = A(t)y, y(t0 ) = 0.
Nach Satz 2.13 ist dann y = 0.
l surjektiv: Sei u0 ∈ Rn . Nach Satz 2.13 ex. eine Lösung y von
y 0 = A(t)y, y(t0 ) = y0 . Dann folgt l(y) = y(t0 ) = u0 .

Damit ist l bijektiv und es gilt dim(V ) = dim(Rn ) = n




Definition 2.16

Ein System y (1) , ... , y (n) von n linear unabhängigen Lösungen
der Gleichung y 0 = A(t)y heißt Fundamentalsystem. Die n × n-Matrix
Y = (y (1) , ... , y (n) ) heißt Fundamentalmatrix. Die spezielle
Fundamentalmatrix mit den Spalten l−1 (ei ) = x(i) wir als

X = x(1) , ... , x(n) notiert.
47

Bemerkung: Ist Y = (y (1) , ... , y (n) ) Fundamentalmatrix des Systems


n
y 0 = A(t)y, so kann jede Lösung in der Form y = ci y (i) geschrieben
P
i=1
 
c1
werden, bzw. y = Yc , c =  ... .
c2

Satz 2.17
Die eindeutige Lösung des AWP y 0 = A(t)y, y(t0 ) = u0 ist
y(t) = Y (t)Y (t0 )−1 u0 = X(t)u0 , wobei X(t0 ) = En .

Beweis: Y (t0 ) ist invertierbar aufgrund von Satz 2.15.


y 0 (t) = Y 0 (t)Y (t0 )−1 u0 + Y (t)(Y (t0 )−1 u0 )0 = A(t)Y (t)Y (t0 )−1 u0
= A(t)y(t), y(t0 ) = Y (t0 )Y (t0 )−1 u0 = u0

Frage: Wann sind n Lösungen von y 0 = A(t)y linear unabhängig.

Lemma 2.18
Für n Lösungen von y 0 = A(t)y sind äquivalent:
(i) y (1) , ... , y (n) sind unabhängig
(ii) ∃t0 ∈ I mit y (1) (t0 ), ... , y (n) (t0 ) lin. unabh.
(iii) ∀t0 ∈ I sind y (1) (t0 ), ... , y (n) (t0 ) lin. unabh.

Insbesondere ist die Vronskideterminante W (t0 ) = det(Y (t0 )) ungleich 0


für ein t0 ∈ I, genau dann wenn W (t0 ) 6= 0∀t0 ∈ I.

Beweis: Folgt aus Satz 2.15.

Inhomogene Systeme kann man nun mit Hilfe der Methode der Variation
der Konstanten lösen.

Satz 2.19
Seien A : I → Rn×n , b : I → Rn stetig, t0 ∈ I. Dann ist die allgemeine Lsg.
´t
von y 0 = A(t)y + b(t) gegeben durch y(t) = Y (t)c + Y (t) Y (s)−1 b(s)ds
t0
n
wobei Y FM von y = A(t)y ist, und c ∈ R .
48

Für die Lösung des AWP y 0 = A(t)y + b(t), y(t) = u0 wähle c = Y (t0 )−1 u.

´t
Beweis: y(t) = Y 0 (t)c + Y 0 (t) Y (s)−1 b(s)ds + Y (t)Y (t)−1 b(t)
t0
´t
= A(t)Y (t)c + A(t)Y (t) Y (s)−1 b(s)ds + b(t)
t0
" #
´t
= A(t) Y (t)c + Y (t) y(s)−1 b(s)ds + b(t) = A(t)y(t) + b(t)
t0

´t
y(t0 ) = Y (t0 )Y (t0 )−1 + Y (t0 ) y(s)−1 b(s)ds = u0
t0

Im Folgenden werden lineare Systeme 1. Ordnung mit einer konstanten
Matrix A = A(t) betrachtet, d.h. y 0 = Ay + b(t), y(t0 ) = u0 .
(es ist außerdem günstig im Weiteren Cn -wertige Lösungen zuzulassen)

Korollar 2.20
Sei I ⊂ R und b : I → Cn stetig, A ∈ Cn×n ,t0 ∈ I und u0 ∈ Cn .
Dann hat das AWP y 0 = Ay + b(t), y(t0 ) = u0 genau eine Lsg. y : I → Cn .

Lösung des homogenen Systems: y 0 = Ay


Schön wäre: y(t) = etA
Ansatz: y(t) = eλt v, v ∈ Cn , λeλt v = y 0 (t)Ay(t) = Aeλt v = eλt Av ⇒ λv = Av

Satz 2.21
Besitzt Cn eine Basis aus Eigenvektoren v 1 , ... , vn von A mit zugehörigen
Eigenwerte, λ1 , ... , λn , so bilden die folgenden Funktionen
t 7→ eλ1 t v1 , ... , t 7→ eλn t vn ein Fundamentalsystem von y 0 = Ay.

Beweis: Die vi , i = 1, ... , n sind linear unabhängig und y(t) = eλi t vi ist
LSG von y 0 = 4y. Die Lösungen eλ1 t v1 , ... , eλn t vn sind linear unabhängig,
da (für t = 0) v1 , ... , vn lin. unabh. sind (Lemma 2.18).
 
λ1 0
Bemerkung: Hat z.B. A Diagonalgestalt, A =  ..  so ist eine
.
0 λn
0
Fundamentalmatrix von y = Ay gegeben durch:
49

 
eλ1 t 0
y(t) =  ..  = etA
.
0 eλn t

Definition 2.22
∞ k
A
Für A ∈ Cn×n setze eA := exp(A) := und e0 := E = In
P
k!
k=0
Bemerkung: Reihe ist konvergent, denn:
∞ k ∞ ∞
kAkk = ekAk
P A P P
1 k 1
k! = k!
A ≤ k!
k=0 k=0 k=0
folgt, dass die Reihe absolut konvergent ist und da (Cn×n , k.k)
∞ k
A
P
vollständig ist, folgt auch, dass k!
konvergiert.
k=0
N M k M <N N
P Ak
P A
P kAkk
•[k k!
− k!
k ≤ k!
→ 0, (M, N → ∞)]
k=0 k=0 k=M +1


P 
1 k
k! λ1 0
   
λ1 0 ∞ k ∞
λ1 0 k=0 
..  ist eA = A 1 .. ..
P P
•Für A= = = =

. k! k! .  .
k=0 k=0  ∞ 
0 λn 0 λn P 1 k
0 k! λn
  k=0
eλ1 0
..
 . 
0 eλn

   
a11 ··· a1n ea11 ··· ea1n
•A =  ... ..
.
..
.
 ; eA =  ... ..
.
..
.

an1 ··· ann ean1 ··· eann

Lemma 2.23
Seien A, B, C ∈ Cn×n . Dann gilt:
d tA
(i) dt
e = AetA
(ii) Falls AB = BA ⇒ eA+B = eA eB
−1
(iii) eA ist invertierbar, eA = e−A
−1
(iv) Ist C invertierbar, so gilt eCAC = CeA C −1

Beweis:
∞ k ∞   P∞ k
d tA d A k d Ak k A
ktk−1
P P
(i) dt
e = dt
( k!
t ) = dt k!
t = k!
k=0 Ana ↑ I k=0 k=1
50

∞ k
A
tk = AetA
P
=A k!
k=0
N N
1 k 1
Bl
P P
(ii) k!
A l!
k=0 l=0
N s 2N s
1 s! 1 s!
Ak B s−k Ak B s−k
P P P P
= s! k!(s−k)!
+ s! k!(s−k)!
s=0 k=0 s=N +1 k=0
N
Bin. Satz 1 N →∞
+ B)s → eA+B
P
= (A
&AB=BA s=0 s!
2N s 2N s
1 s!
Ak B s−k k 1 s!
kAkk kBks−k
P P P P
k s! k!(s−k)!
≤ s! k!(s−k)!
s=N +1 k=0 s=N +1 k=0
2N
Für N →∞
1
+ kBk)s
P
≤ s!
(kAk → 0
s=N +1

(iii) eA e−A = eA−A = e0 = e−A+A = e−A eA


∞ k ∞
−1
(iv) eCAC − CeA C −1 = 1
CAC −1 − C( k!1 Ak )C −1 = 0
P P
k!
k=0 | {z } k=0
=CAk C −1

Satz 2.24
etA ist eine Fundamentalmatrix für das System y 0 = Ay.
0
Beweis: Da (etA ) = AetA gilt, bilden die Spalten von etA Lösungen der
homogenen Gleichungen von y = Ay. Mit Lemma 2.23(iii) folgt auch, dass
die Spalten linear unabhängig sind, also ist etA eine Fundamentalmatrix.

Erinnerung LinA VL: λ sei k-fache Nst. des charakteristischen Polynoms



von A ∈ Cn×n , dann ist dim ker(A − λE) ≤ k aber dim ker (A − λE)k = k.
Sind dann λ1 , ... , λr passrweise verschiedenen EW mit
p(λ) = (λ1 − λ)k1 · · · (λr − λ)kr so existiert eine Basis v1 , ... , vn ∈ Cn mit:
(A − λ1 E)k1 v1 = 0 (A − λ2 E)k2 vk1 +1 = 0 · · · (A − λr E)kr vn−kr = 0
.. .. ..
. . .
(A − λ1 E)k1 vk1 = 0 (A − λ2 E)k2 vk1 +k2 = 0 · · · (A − λr E)kr vn = 0
Jedes w ∈ Cn lässt sich dann eindeutig darstellen in der Form w = w1 + w2 + ... + wn mit
wj ∈ ker(A − λj E)kj

Beweis: Die vi , i = 1, ... , n sind lin. unabh. Die Lösungen von


eλ1 t v1 , ... , eλn t vn sind linear.
51

r
Dann folgt: etA w = etA wj , etA wj = etλj E+tA−tλj E wj
P
j=1

1 m
etλj E et(A−λj E) wj = etλj − λj E)m wj
P
= m!
t (A
Lemma 2.23(ii) m=0
j −1
kP
1 m
= eλj t m!
t (A − λj E)m wj
m=0
Durchläuft wj ganz ker(A − λj E)kj und j = 1, ... , n so erhält man n-lin.
unabh. Lösungen von y 0 = Ay. Die allg. Lösung ist dann
r r j −1
kP m
1 m
etA w = etA wj = etλj t (A − λj E)m wj = eλj t Pj (t)
P P P
m!
j=1 j=1 m=0 j=1
n
Pj (t) ist ein C - wertiges Polynom vom Grad < kj .
52

2.4 Lineare Differentialgleichungen höherer Ordnung


Definition 2.25
Seien I ein Intervall und aj , b : I → R, j = 0, ... , n − 1 stetig. Dann heißt

y (n) + an−1 (t)y (n−1) + ... + a1 (t)y 0 + a(t)y = b(t)

lineare DGL n-ter Ordnung. Die DGL heiß homogen, falls b(t) ≡ 0, sonst
inhomogen. Das zugehörige AWP enthält zusätzliche Anfangsbedingung

y(t0 ) = u1 , ... , y (n−1) (t0 ) = un , t0 ∈ I, ui ∈ R

0 0 0
Bemerkung: Setze y1 := y, y2 := y1 , y3 := y2 , ... , yn := yn−1 und
   
0 1 0 0
.. ..  .. 
. .  ∈ Rn×n , →
−  . 
 
A(t) =  b (t) =  ∈ Rn
0 0 1 0
  
−a0 (t) −a1 (t) · · · −an−1 (t) b(t)
Dann ist y eine Lsg. von y (n) + an−1 (t)y (n−1) + ... + a0 (t)y = b(t)
 
y1
y =  ...  eine Lösung des Systems →
⇐⇒ →
− −
y 0 = A(t)→

y + b(t)
 
yn
In der Tat
   
 0  0 1 0  0
y y


1
 ..   .. ..
.
  .1   .. 
0
y =. = .  .  +  . 
 0 0 1
 .  0 
0
yn yn
−a0 (t) −a1 (t) · · · −an−1 (t) b(t)
komponentenweise ausgeschrieben bedeutet dies
0
y1 = y2 y 0 = y2
.. ..
. ⇐⇒ .
0 (n−1)
yn−1 = yn y = yn
0 (n) (n−1)
yn = −a0 y1 − a1 y2 − ... − an−1 yn + b y + an−1 y + ... + a0 y = b
53

Satz 2.26
Seien a0 , ... , an−1 = b : I → R stetig auf einem Intervall I, u1 , ... , un ∈ R
und t0 ∈ I. Dann besitzt das AWP y (n) + an−1 (t)y (n−1) + ... + a0 (t)y = b(t)
y(t0 ) = u1 , ... , y (n−1) (t0 )un eine eindeutige Lösung auf ganz I. Weiter ist

V = y : I → R : y (n) + ... + a0 (t)y = 0 ein n-dimensionaler VR und für
jedes t0 ∈ I ist die Abb.
 
y(t0 )
 y 0 (t0 ) 
l : V → Rn , y →
7 l(y) =  .. 
 . 
y (n−1) (t0 )
Beweis: Ist total klar.

Bemerkung: Asu der Theorie der linearen Systeme 1. Ordnung erhält


man jetzt das Konzept des Fundamentalsystems, Wronskideterminante,
partikuläre Lösung des inh. Problems mit Hilfe der allgemeinen Lösung
der hom. Gleichung etc....

Spezialfall DGL n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten a0 , ... , an−1 ∈ C


Für n-mal differenzierbare Funktionen y (auf I) setze
Ly = y (n) + an−1 y (n−1) + ... + a0 y.
L ist linear, L(y + z) = Ly + Lz, L(αy) = αLy.
Lösungsansätze für Ly = 0 : y(t) = eλt
Ly = 0 ⇐⇒ λn eλt + an−1 λn−1 eλt + ... + a0 eλt = 0
⇐⇒ λn + an−1 λn−1 + ... + a1 λ + a0 = 0
Ly = 0 ⇐⇒ p(λ) := λn an−1 λn−1 + ... + a0 Nullstelle bei λ0 mit y(t) = eλ0 t .
⇒ Hat p n verschiedene komplexe Nullstellen λ1 , ... , λn so erhält man n
n
Lösungen t 7→ eλnt . Diese sind linear unabhängig, denn aus cj eλj t = 0,
P
j=1
n
cj λkj eλj t = 0, k = 0, 1, 2... Mit t = 0
P
t ∈ I, folgt durch Differentiation
j=1
n
cj λkj = 0, d.h.
P
und k = 0, ... , n − 1 folgt
j=1
 
1 ··· ··· 1    
 λ1 ··· ···  c1
λn
0
 ..   ..  Q
B =:   .  =  . ,det(B) = (λj − λi ) 6= 0

.. ..
 . . 1≤i≤j≤n
cn 0
λn−1
1 · · · · · · λn−1
n
(Vandermond’sche Determinanten)
54

Satz 2.27
Besitzt das Polynom p(λ) = λn + an−1 λn−1 + ... + a0 n verschiedene
Nullstellen λ1 , ... , λn , so bilden die Funktionen t 7→ eλ1 t , ... , t 7→ eλn t
ein Fundamentalsystem der homogenen Gleichung Ly = 0.

Hat p mehrfache Nullstellen greift der folgende Satz:

Satz 2.28
Ist λ eine k-fache Nullstelle von p, so sind die Funktionen
t 7→ eλt , t 7→ λeλt , ... , t 7→ tk−1 eλt linear unabhängige Lösungen von Ly = 0.

Beweis: Zeige zuerst, das y(t) = tl eλt für l = 1, ... , k − 1 Lösungen von
d l
Ly = 0 sind. Bemerke dazu, dass tl eλt = dλ le
λt
gilt, so dass
n j
n n
∂ j ∂ l λt ∂ l ∂ j λt
aj dtd j y(t) =
P P P
(Ly)(t) = aj ∂t j ∂λl e = aj ∂λ l ∂tj e
j=0 j=0 j=0
n l
∂l ∂ j λt Leibnitz− l
 ∂r
p(λ)tl−r eλt
P P
= ∂λ l ( a j ∂t j e ) = r ∂λr
=0
j=0 Produktregel r=0

p(λ) = 0 nach Vor. p(µ) = (µ − λ)k (...), so dass die Ableitungen von p
bir zur Ordnung k − 1 auch alle bei λ verschwinden.

Die Lösungen eλt , teλt , ... , tk−1 eλt sind linear unabhängig, da aus
k−1
P l λt k−1
P l
cl t e = 0, t ∈ I folgt: cl t = 0.
l=0 l=0

Als nächstes werden Sturm Liovillsche Eigenwertprobleme betrachtet:


1
r
(−(py 0 )0 + qy) = λy, y(a) = 0, y(b) = 0, I = (a, b)
r, p, w : I → R, r > 0, p > 0.

[letzte VL bei Jussi : ( ]

2.5 Sturm-Liouvillsche Eigenwertprobleme


Seien (a, b) ⊂ R beschränkt und r, p, q : (a, b) → R stetige beschränkte
Funktionen mit r(x) > 0, p(x) > 0, x ∈ (a, b) und p ∈ C 1 (a, b). Wir
betrachten Strum-Liouville-Differentialausdrücke der Gestalt
+ q (d.h. τ (f ) = 1r (−(pf 0 )0 + qf )

τ = 1r − dx
d d
p dx
55

Beispiele
d 2
• 1-dim. Schrödinger Operator: τ = − dx 2 + q, q =Potential
b
d
• Schwingende Saite: τ = − 1r dx d
p dx , r Massedichte, p Elastizitätsmodul

Definition 2.29
Sei λ ∈ C und f ∈ C 2 (a, b), f 6= 0. Dann heißt f Lösung des
−(pf 0 )0 + qf
1

Sturm-Liouvillschen Eigenwertproblems (bei λ) falls τ f = λf (d.h. r
=
λf ) gilt.

Erfüllt f zusätzlich die Randbedingung f (a) = f (b) = 0 , so heißt f


die Eigenfunktion zum Eigenwert λ das Dirichlet Randwertproblems.

Bemerkung: Für jedes λ ∈ C ist der Lösungsraum von τ f = λf


zweidimensional.
0 0
1

r
−(pf ) + qf = λf
⇐⇒ −pf 00 − p0 f 0 + qf − λrf = 0
p0 0 λr−q
⇐⇒ f 00 + p
f + p
f =0
Frage: Lösungseigenschaften des Dirichlet Problems

Beispiele: r = p = 1, q = 0, (a, b) = (0, 1). D.h. wir untersuchen dei DGL


τ f = −f 00 = λf
( √  √ 
α sin λx + β cos λx , λ 6= 0
Allg. Lösung: f (x) = , α, β, γ, δ ∈ R
γ + δx ,λ = 0
! √ √ !
λ 6= 0 : f (0) = β =0, f (1) = α sin( λ) + β cos( λ) =0 ⇒ λ = k 2 π 2 , k ∈ Z \ {0}
| {z }
=0
! !
λ = 0 : f (0) = γ =0, f (1) = γ + δ = δ =0 ⇒ f (x) = 0, d.h. λ = 0 ist kein EW!
Fazit: Die Eigenwerte des Dirichlet Problems sind λk = k 2 π 2 , k = 1, 2, 3...
und die zugehörigen Eigenfunktionen sind fk (x) = α sin(kπx)

Satz 2.30
1 d d

Es sei τ = r
− dx p dx + q wie oben. Dann gilt für das Dirichlet RWP
τ f = λf, f (a) = f (b) = 0
(i) alle Eigenwerte sind reell
(ii) die zugehörigen Eigenfunktionen(sind bis auf skalare Vielfache) eindeutig.
q(x)
(iii) falls inf > −∞, so ist dies eine untere Schranke für
x∈(a,b) r(x)
56

die Eigenwerte.

Beweis: Sei f ∈ C 2 (a, b) mit f (a) = f (b) = 0. Dann gilt


´b ´b
(τ f )(x)f (x)r(x)dx = (−(pf 0 )0 (x) + (qf )(x))f (x)dx
a a
´b ´b
= − (pf 0 )0 (x)f (x)dx + q(x)|f (x)|2 dx
a a
b ´b ´b
= −(pf )(x)f (x) + (pf 0 )(x)f 0 (x)dx + q(x)|f (x)|2 dx ∈ R (♥)
0
| {z }a a | {z
0 2
} a
=0 =p(x)|f (x)|

Ist nun f zusätzlich eine Lösung von τ f = λf


´b ´b ´b
λ |f (x)|2 r(x)dx = λf (x)f (x)r(x)dx = (τ f )(x)f (x)r(x)dx
a a a

♥ ´b ´b ´b
= (τ f )(x)f (x)r(x)dx = (τ f )(x)f (x)r(x)dx = λ |f (x)|2 r(x)dx
a a a

⇒ λ = λ also gilt (i)

(ii) Seien f, g lin. unabh. Funktionen mit τ f = λf, τ g = λg,


f (x) = f (b) = 0 = g(a) = g(b), f 6= 0, g 6= 0. Dann sind f 0 (a) 6= 0 und
g 0 (a) 6= 0(Existenz und Eindeutigkeit). Es ex. θ ∈ C mit f 0 (a) = θg 0 (a).
Betrachte: h := f − θg. Dann ist τ h = λh, h(a) = 0 = h0 (a) und daher
ist die Funktion h ≡ 0 ⇒ f = θg
´b ´b
(iii) Sei λ EW mit EF f . Dann gilt: λ |f (x)|2 r(x)dx = (τ f )(x)f (x)r(x)dx
a a
ˆb
♥ 2 ´b
= p(x)|f 0 (x)| dx + q(x)|f (x)|2 dx
a
|a {z }
≥0

´b q(x) ´
b
≥ q(x)
r(x)
|f (x)|2 r(x)dx ≥ inf |f (x)|2 r(x)dx
a x∈(a,b) r(x) a
q(x)
⇒ λ ≥ inf
x∈(a,b) r(x)

57

3. Einführung in die Funktionentheorie


•Thema: Differenzierbare Fkt.: f : G ⊂ C → C
•Solche Funktionen haben völlig andere Eigenschaften als reelle
differenzierbare Funktionen.
•Eine diffbare Funktion f : G → C ist sogar beliebig oft differenzierbar!
•Eine differenzierbare Funktion f : C → C, die beschränkt ist, ist sogar
Konstant!
•fn : G → C differenzierbar, fn → f glm., so ist f differezierbar!

Einige Rückerinnerungen:
(1) Potenzreihen:

cn (z − z0 )n , z0 ∈ C Entwicklungspunkt, (cn )n∈N ∈ C
P
n=0
Eine Potenzreihe konvergiert auf einem Konvergenzkreis B(z0 , R)
mit Konvergenzradius R ∈ [0, ∞].

1 √
cn (z − z0 )n ,
P
Es ist R = . Dann ist f : B(z0 , R) → C, f (z) :=
lim sup n |cn | n=0
n→∞

stetig. Schließlich konvergiert die Potenzreihe auf B(z0 , R) glm. ∀R < R.


(2) Komplexe Zahlen:
C∼= R2 , C 3 z =(x,
b y) ∈ R2 , z = x + iy, x = Re(z), y = Im(z).
Wir haben die Rechenoperationen z = x + iy, w = v + ui
z ± w = x ± v + i(y ± u)
z · w = (x + iy)(v + iu) = xv + ixu + iyv + i2 yu = xv − yu + i(xu + yv)
p
|z| = x2 + y, z = x − iy
zz = |z|2
eit = cos(t) + i sin(t), t ∈ R, also |eit | = 1

3.1 Holomorphe Funktionen


Definition 3.1
Es sei G ⊂ C offen, f : G → C, z0 ∈ G. Dann ist f (komplex) differenzierbar
f (z)−f (z0 )
in z0 , falls lim z−z0
=: f 0 (z0 ) existiert. Äquivalent dazu ist, daß es
z→z0
eine stetige Funktion r gibt mit f (z) = f (z0 ) + (z − z0 )a + r(z),
r(z)
lim = 0, dann a = f 0 (z0 ).
z→z0 z−z0
f heißt holomorph(oder analytisch), falls f diffbar ist in jedem z0 ∈ G.
Wörtlich wie für reelle Funktionen beweist man:
58

Lemma 3.2
Sind f, g : G → C diffbar in z0 ∈ G, so gelten:
(a) f, g sind stetig in z0
(b) Für λ ∈ C ist f + λg diffbar in z0 mit (f + λg)0 (z0 ) = f 0 (z0 ) + λg 0 (z0 )
(c) f · g ist diffbar in z0 mit (f · g)0 (z0 ) = f 0 (z0 )g(z0 ) + f (z0 )g 0 (z0 ).
(d) Ist g(z0 ) 6= 0, so ist fg diffbar in z0 mit
 0 0 (z0 )g 0 (z0 )
f
g
(z0 ) = f (z0 )g(zg02)−f
(z0 )

Lemma 3.3
Sind G, H ⊂ C offen, f : G → H diffbar in z0 ∈ G, g : H → C diffbar in
f (z0 ), so ist g ◦ f diffb. in z0 mit (g ◦ f )0 (z0 ) = g 0 (f (z0 ))f 0 (z0 ).

Beispiele: (1) offenbar sind die Funktionen z 7→ 1, z 7→ z überall diffbar.


Also ist jedes Polynom überall diffbar, also holomorph auf C.
p
Weiterhin ist jedes rationale Funktion, also Brüche q
von Polynomen
p, q holomorph auf {z ∈ C | q(z) 6= 0}
(2) Die Funktion f (z) = Re(z) ist nirgends diffbar:
Für z ∈ C beliebig ist für h ∈ R :
f (z+h)−f (z) Re(z+h)−Re(z) x+h−x h→0
h
= h
= h
=1 → 1
f (z+ih)−f (z) Re(z+ih)−Re(z) x−x h→0
aber h
= h
= ih
= 0 → 0, 0 6= 1
Also ist f nicht diffbar in z.

Satz 3.4

cn (z − z0 )n eine Potenzreihe mit Konvergenzradius 0 < R ≤ ∞,
P
Ist
n=0

cn (z − z0 )n , holomorph.
P
so ist f : B(z0 , R) → C, f (z) =
n=0

Beweis: o.B.d.A ist z0 = 0.Sei w ∈ B(z0 , R) bel. Wir setzen



4(z, w) = f (z)−f (w)
cn nwn−1
P
z−w

n=1
Wir bemerken zunächst, dass ↑ Konvergenzradius R hat.
p p √ p 1
lim sup n |cn |n = lim sup n |cn | · n n = lim sup n |cn | = R
n→∞ n→∞ →1 n→∞
Wir zeigen 4(z, w) → 0.
z→w
∞ n n

−w
cn z z−w cn nwn−1
P P
4(z, w) = −
n=0 n=1
59


 0, falls n = 0
z n −wn
Nun ist = n−1 (selber)
 z n−1−k wk , falls n ≥ 1
z−w
P
n=0
und damit n−1 
∞ P n−1−k k n−1
P
4(z, w) = cn z w − nw
n=1 n=0
n−2
z n−1−k wk − (n − 1)wn−1
P
Es ist [· · · ] =
k=0
n−2 n−2
(k + 1)z n−1−k wk − kz n−1−k wk − (n − 1)wn−1
P P
=
k=0 k=0
n−2 n−1
(k + 1)z n−1−k wk − kz n−1−k wk
P P
=
k=0 k=0
n−1 n−1 n−1
kz n−k wk−1 − kz n−1−k wk = (z − w) kz n−1−k wk−1
P P P
=
k=1 k=1 k=1
Sei |w| < r < R und |z| < r. Dann folgt
∞ n−1
|cn | k|z|n−1−k |w|k−1 |z − w|
P P
|4(z, w)| ≤
n=2 k=1
∞ n−1
X ∞
k rn−2 |z − w| ≤ |cn |n2 rn−2 |z − w|
P P
≤ |cn |
n=2 k=1 n=2
|{z}
≤n2
∞ p p 1
|cn |n2 v n hat Konvergenzradius lim sup n |cn |n2 = lim sup n |cn | =
P
Die Potenzreihe R
n=2 n→∞ n→∞
Damit konvergiert
∞ ∞
|cn |n2 rn−2 = r12 |cn |n2 rn .
P P
n=2 n=2
Also |4(z, w)| ≤ c|z − w| → 0
z→w


Korollar 3.5

n!
f ist sogar bel. oft diffbar mit f (k) (z) = (z − z0 )n−k
P
cn (n−k)!
n=k
Beweis: Durch Induktion über k. Dabei haben alle autretenden Potenzreihen
den selben Konvergenzradius R.

Es sei f : C ⊃ G → C, G ⊂ C offen. Wir identifizieren G ⊂ C mit G


e⊂R
e
 
x
z = x + iy ∈ G ⇐⇒ ∈G e
y
Wir schreiben u(x, y) := Re f (x + iy)
60

v(x, y) := Im f (x + iy)
   
2 e x u(x, y)
Der Fkt. f ist dann kanonisch die Funktion f : G → R , f
e e =
y v(x, y)

Satz 3.6
f ist genau dann (kompl.) differenzierbar in z0 = x0 + iy0 ∈ G, wenn
fe diffbar (in R2 ) ist in (x0 , y0 ) ∈ G
e und die Cauchy-Riemannsche DGL
∂u ∂v ∂u ∂v
gelten: ∂x
(x0 , y0 ) = ∂y
(x0 , y0 ) und ∂y
(x0 , y0 ) = − ∂x (x0 , y0 ).

Beweis: ”⇒” Für h ∈ R gilt:


f (z0 +h)−f (z0 ) u(x0 + h, y0 ) − u(x0 , y0 ) v(x0 + h, y0 ) − v(x0 , y0 )
h
= + i → f 0 (z0 )
Also | h
{z } und
| h
{z } h→0

→ Re f 0 (z0 ) → Im f 0 (z0 )
h→0 h→0

und weiter
f (z0 +ih)−f (z0 ) u(x0 + h, y0 ) − u(x0 , y0 ) v(x0 + h, y0 ) − v(x0 , y0 )
ih
=i + → f 0 (z0 )
Also | h
{z } und
| h
{z } h→0

→ Re f 0 (z0 ) → Im f 0 (z0 )
h→0 h→0

Also sind u, v in (x0 , y0 ) part. diffbar und es gilt:


∂v
∂y
(x0 , y0 ) = Re f 0 (z0 ) = ∂u
∂x
(x0 , y0 ) und
− ∂u
∂y
(x0 , y0 ) = Im f 0 (z0 ) = ∂x
∂v
(x0 , y0 )
Wir zeigen, dass u diffbar in (x0 , y0 ) ist: Da f in z0 diffbar ist, gibt es
r(z−z0 )
eine Funktion r mit lim = 0 und es gilt
z→z0 |z−z0 |

f (z0 + (h + ik)) = f (z0 ) + (h + ik)f 0 (z0 ) + r(h + ik)


| {z }
Re()=hRe f 0 −k Im f 0
Re r(z−z0 )
Insbesondere gilt lim |z−z0 |
= 0.
z→z0
u(x0 + h, y0 + k) = Re f (z + (h + ik))
= u(x0 , y0 ) + h ∂u
∂x
(x0 , y0 ) + k ∂u
∂y
(x0 , y0 ) + Re r(h + ik)
Also ist u in (x0 , y0 ) diffbar. Analog für v.
”⇐” Wir setzen  
r(h + ik) = f (z0 + (h + ik)) − f (z0 ) − (h + ik) ∂u
∂x
(x 0 , y0 ) − i ∂u
∂y
(x 0 , y0 )
Dann ist
Re r(h + ik) = u(x0 + h, y0 + k) − u(x0 , y0 ) − h ∂u
∂x
(x0 , y0 ) + k ∂u
∂y
(x0 , y0 )
∂v ∂v
Im r(h + ik) = v(x0 + h, y0 + k) − v(x0 , y0 ) − h ∂x (x0 , y0 ) − k ∂y (x0 , y0 )
Da u, v in (x0 , y0 ) diffbar sind gilt:
Re r(h+ik) Im r(h+ik) r(h+ik) Re r(h+ik)+i Im r(h+ik)

h2 +k2
→ 0 und √
h2 +k2
→ 0. Also |h+ik|
= √
h2 +k2
→0

61

3.2 Der Cauchysche Integralsatz


Kurven in C=Kurven
b in R2 :
•γ : [a, b] → C stkw. stetig diffbar heißt Kurve(in C)
•Sp(γ) = {γ(t) | t ∈ [a, b]} ist die Spur von γ
•γ ist geschlossen, falls γ(a) = γ(b)
´ ´b
• Ist f : Sp(γ) → C stetig, dann f (z)dz := f (γ(t)) · γ 0 (t)dt,
γ a

dabei ist a = t0 < t1 < ... < tn = b und γ|[ti ,ti+1 ] stetig diffbar, so ist
´b ´
P ti+1
n−1
f (γ(t))γ 0 (t)dt = f (γ(t))γ 0 (t)dt
a i=0 ti

´b ´b ´b
•Dabei: für g : [a, b] → C: g(t)dt := Re g(t)dt + Im g(t)dt
a a a
• Das Kurvenintegral ist unter (orientierungserhaltenden)
Parametertransformationen invariant.
• Ist γ : [a, b] → C und γ
e : [a, b] → C mit γ
e(t) = γ(b − t)
´ ´
Dann f (z)dz = − f (z)dz
γ γ
´
• Es gilt | f (z)dz| ≤ sup |f (z)|
γ z∈Sp(γ)

´b
Länge von γ = |y 0 (t)|dt
a

Lemma 3.7
Sei G ⊂ C offen F : G → C holomorph. Ist γ eine geschl. Kurve in G, so ist
´ 0
F (z)dz = 0.
γ

Beweis: Da offenbar F eine Stammfunktion (Potential) von F 0 ist, so folgt


´ 0
F (z)dz = γ(F (b)) − γ(F (a)) = 0, da γ(b) = γ(a).
γ


Satz 3.8 (Satz von Goursat)


Es seien G ⊂ C offen, f : G → C holomorph. Sei weiter 4 ⊂ G ein
´
kompaktes Dreieck mit Randkurve γ. Dann gilt f (z)dz = 0.
γ

Beweis: Wir zerlegen 4 in 4 kleinere Dreiecke 4 , ... , 44 durch


1

halbierung der Seiten. Die entspr. Randkurven heißen γ 1 , ... , γ 4 .


62

´ 4 ´
P
Dann f (z)dz = f (z)dz. Es sei j ∈ {1, ... , 4} so,dass
γ i=1 γ i
´ ´ ´
| f (z)dz| maximal ist, dann ist | f (z)dz| ≤ 4| f (z)dz|.
γi γ γj

Iterativ zerteilen wir nun 41 wieder in 4 Teile und erhalten so


42 mit Rand γ2 usw. Wor erhalten eine Folge (4i ) von Dreiecken
mit Randkurven (γi ), so dass gilt:
4 ⊃ 41 ⊃ 42 ⊃ ...
L(γn ) = 12 L(γn−1 )2−n L(γ)
diam(4n ) = 12 diam(4n−1 ) = 2−n diam(4)
| {z }
sup{|x−y| |x,y∈4n }
´ ´ ´
| f (z)dz| ≤ 4| f (z)dz| ≤ ... ≤ 4n | f (z)dz|
γ γ1 γn
1
Da 4 ⊃ 4 ⊃ ... ⊃ 4n ⊃ ... und alle 4n komp. Dreiecke sind, so ist
T T
4n 6= ∅. Da aber diam(4n ) → 0. Also 4n = {z0 }.
n∈N n

Da z0 ∈ G und f diffbar in z0 , gibt es ein stetiges r mit


f (z) = f (z0 ) + (z − z0 )f 0 (z0 ) + (z − z0 )r(z).
Da z 7→ f (z0 ) + (z − z0 )f 0 (z0 ) linear ist, also eine Stammfunktion hat, so ist
´
f (z0 ) + (z − z0 )f 0 (z0 )dz = 0 nach Lemma 3.7.
γ
´
Auf der anderen Seite ist | (z − z0 )r(z)dz| ≤ sup |z − z0 ||r(z)|L(γn )
γn z∈Sp(γn )

≤ 2−n · 2−n L(γ)diam(4) sup |r(z)|


z∈Sp(γn )

Also ist
´ ´
| (z − z0 )r(z)dz| ≤ 4n | (z − z0 )r(z)dz| ≤ L(γ)diam(4) sup |r(z)| → 0
γn γn z∈Sp(γn )

Da r stetig ist und r(z0 ) = 0, sup |r(z)| → 0


z∈Sp(γn ) n→∞

Definition 3.9
G ⊂ C heißt Gebiet, falls G offen ist und zusammenhängend, d.h. ∀z, z 0 ∈ G
gibt es eine Kurve γ : [a, b] → G mit γ(a) = z und γ(b) = z 0 .
63

Satz 3.10 Cauchyscher Integralsatz f. konvexe Gebiete


Sei G ⊂ C ein konvexes Gebiet und f : G → C holomorph, γ eine bel. geschl.
´
Kurve in G, dann ist f (z)dz = 0.
γ
Beweis: Nach Lemma 3.7 reicht es aus eine Stammfkt. F von f zu
konstruieren, d.h. f = F 0
Für bel. z, z 0 ∈ G sei γz,z0 : [0, 1] → G, γ(t) = z + t(z 0 − z)
´
Wit halten z0 ∈ G fest und setzen F (z) := f (z)dz
γz0 ,z

Da f holomorph, also insb. stetig ist, ist F wohldef.


´
Nach dem Satz von Goursat ist F (z 0 ) − F (z) = f (z)dz
γz,z0
0 1́
Damit ist F (zz)−F (z)
− f (z) = | f (z + t(z 0 − z))dt − f (z)|

0 −z
0

≤ | f (z + t(z 0 − z)) − f (z)dt|
0
Da f stetig in Z ist, gibt es für jedes ε > 0 ein δ > 0:
|w − z| < δ ⇒ |f (w) − f (z)| < ε, d.h. ist |z − z 0 | < δ ⇒ |z + t(z 0 − z) − z|
= |t(z 0 − z)| < δ∀t ∈ [0, 1]
Also für |z 0 − z| < δ : |f (z + t(z 0 − z)) − f (z)| < ε∀t ∈ [0, 1]


Bemerkung: Auf Konvexität kann i.a. nicht verzichtet werden:


1
z.b. ist f : C \ {0} → C, f (z) =holomorph, ist dann γ : [0, 2π] → C \ {0},
´ z
γ(t) = e der Kreis mit Radius 1 um 0 z1 dz = 2πi 6= 0
it
γ

Definition 3.11
γ0 , γ1 geschlossene Kurven,
•γ0 und γ1 sind homotop, falls es eine stetige Fkt. H : [0, 1] × [0, 1] → C
gibt mit H(s, ·) : [0, 1] → C ist eine geschl. Kurve ∀s ∈ [0, 1].
H(0, ·) = γ0 , H(1, ·) = γ1
H transformiert die Kurve γ0 stetig nach γ1

Eine geschlossene Kurve γ ist nullhomotop, falls sie homotop ist


zu einer (geschlossenen) konstanten Kurve γ1 (t) = p ∈ C, ∀t ∈ [0, 1].
64

Ein Gebiet G heißt einfach zusammenhängend, falls jede geschl. Kurve


in G nullhomotop ist.

Satz 3.12 (allg. Cauchyscher Integralsatz)


Sei G ⊂ C ein Gebiet und f : G → C holomorph
´ ´
(a) Sind γ0 und γ1 homotope Kurven in G, so gilt f (z)dz = f (z)dz
γ0 γ1
´
(b) Ist γ eine nullhomotope Kurve in G, so ist f (z)dz = 0
γ
´
(c) Ist G einfach zsgd, so ist f (z)dz = 0 für jede geschl. Kurve G.
γ

´
Beweis: Da für eine konstante Kurve γ1 (t) = p ∈ G natürlich f (z)dz = 0 ist,
γ1

folgt (b) aus (a). (c) folgt aus (b) nach der Def. von ”einfach zsgd”.
Es bleibt (a) zu zeigen. Sei also H : [0, 1] × [0, 1] → G eine entspr.
Homotopieabb. , da H stetig ist und [0, 1]2 kompakt, so ist
K := H([0, 1]2 ) ⊂ G kompakt.
Dann gibt es ε > 0: Falls z ∈ K und |w − z| < ε ⇒ w ∈ G.
Da H sogar stetig ist, gibt es m ∈ N :
(∗) Falls |s − s0 | ≤ 1
m
und |t − t0 | ≤ 1
m
→ |H(s, t) − H(s0 , t0 )| < ε

Für k = 0, ... , m sei πk der Polygonzug mit den Eckpunkten


k
 k 1
 k m−1
 k
 k

H m ,0 ,H m , m , ... , H m , m ,H m ,1 = H m ,0

Wir zeigen: (a) sp(πk ) ⊂ G∀k = 0, ... , m


´ ´ ´ ´
(b) f (z)dz = f (z)dz, f (z)dz = f (z)dz
γ0 π0 γ1 πm
´ ´
(c) f (z)dz = f (z)dz, k = 0, ... , m − 1
πk πk+1

Damit sind wir dann fertig!


k l
 
k l+1
Zu (a):Wenn (∗) gilt: H m ,m −H m , m < ε, also
k l+1
 k l
 
H m , m ∈B H m , m , ε ⊂ G nach der Wahl von ε.
k l
 
Da B H m , m , ε natürlich konvex ist, liegt auch die ganze Menge
k l
 k l+1

STrecke von H m , m nach H m , m in ihr und damit in G.
Also sp(πk ) ⊂ G für alle k.

Zu (b): Für γ0 und π0 :
Wieder nach (∗) ist sp(σl ) ⊂ B(H(0, ml ), ε). Nach dem Cauchyschen
65

IS für konv. Gebiete folgt:


´ Pm ´ ´ ´
0 = f (z)dz, also 0 = f (z)dz = f (z)dz − f (z)dz
σl l=0 σl π0 γ0
k l

Zu (c): Wieder nach (∗) liegt sp(σl ) ⊂ B(H , ,ε)
´ m m
Also wieder nach dem ”konv CIS”: f (z)dz = 0
σl
m−1
P ´ ´ ´
Somit 0 = f (z)dz = f (z)dz − f (z)dz.
l=0 σl πk+1 πk

Da sich die Integrale über die ”waagerechten” Strecken jeweils wegheben.




3.3 Anwendungen des Cauchyschen Integralsatzes


Lemma 3.13 (Cauchy-Integralformel für Kreise)
Sei f : B(a, R) → C holomorph. Dann gilt für 0 < r < R mit γ : [0, 2π] → C,
1
´ f (w)
γ(t) = a + reit : 2πi w−z
dw = f (z) für alle |z − a| < r.
γ

Beweis: Sei 0 < ρ < r − |z − a| und γρ : [0, 2π] → C,γρ (t) = z + ρeit . Dann ist
insb. sp(γρ ) ⊂ B(a, R) und γ und γρ sind homotop in B(a, R) \ {z}.
Da die Fkt. g(w) := fw−z
(w)
auf B(a, R) \ {z} holomorph ist, folgt aus dem CIS:
´ f (w) ´ f (w)
w−z
dw = w−z dw. Da f stetig ist, gibt es für ε > 0 ein
γ γρ
´ 1
δ > 0 : |z − w| < δ ⇒ |f (z) − f (w)| < ε wir wissen bereits w−z
dw = 2πi∀ρ
γρ

´ ´ ´
1 f (w) 1 1 1 f (w)−f (z)
und damit für ρ < δ : 2πi dw − f (z) = dw

γρ w−z 2πi w−z 2πi w−z

γρ γρ
1 |f (w)−f (z)| 1 1
≤ 2π
sup |w−z|
L(γρ ) ≤ 2π
· ρ
· ε · 2πρ = ε
w∈sp(γρ )


Satz 3.14
Sei G ⊂ C offen, f : G → C holomorph, a ∈ G,

R := inf r > 0 | B(a, r) ∩ GC 6= ∅ dann ist R der Radius des größten
Kreises um a der in G liegt. Dann können wir f als Potenzreihe um a
darstellen mit KR R.
Beweis: Sei 0 < r < R und γ(t) = a + reit . Nach Lemma 3.13
1
´ f (w) 1 1
f (z) = 2πi w−z
dw für alle z ∈ B(a, r). Nun ist w−z = w−a−(z−a)
γ
66


z−a n
1 1 1
P 
= w−a
· z−a
1− w−a
= w−a w−a
.
n=0
|z−a|
z−a
Da w−a = < r ∀w ∈ sp(γ), also konv. die Reihe glm. in w ∈ sp(γ).
r

1
´ f (w) 1
´ f (w) P

z−a n

Somit folgt f (z) = 2πi w−z
dw = 2πi w−a w−a
dw
γ γ n=0
∞ 1
ˆ ∞
f (w) n
cn (z − a)n .
P P
= dw (z − a) =
s.u. n=0 2πi (w − a)n+1 n=0
γ
| {z }
:=Cn
Integration und Reihenbildung darf hier vertauscht werden, da für eine Folge
(gn ) stetiger Fkt., die auf sp(γ) glm. gegen g konvergiert gilt:
´ ´ ´
| gn (z)dz − g(z)dz| = | gn (z) − g(z)dz| ≤ sup |gn (z) − g(z)|L(γ) → 0
γ γ γ z∈sp(γ)

Da wir also f als Potenzreihe um a darstellen können, folgt aus Korollar 3.5,
f (n) (a)
dass cn = n!
, insb. unabh. von γ und damit von r, insb. konvergiert
die Potenzreihe also sogar auf B(a, R).


Korollar 3.15
f (n) (a) 1
´ f (w)
Jede holomorphe Fkt. ist bel. oft diffbar und es gilt n!
= 2πi (w−a)n
dw
γ
it
für a ∈ G, wobei γ(t) = a + re mit B(a, r) ⊂ G.

Korollar 3.16
Mit denselben Bezeichnungen gilt sogar
f (n) (z) 1
´ f (w)
n!
= 2πi (w−z)n+1
dw∀z ∈ B(a, r)
γ

Beweis: Sei γρ (t) = z + ρeit , wobei sp(γρ ) ⊂ B(a, r).


Dann sind γ, γρ homotop in B(a, r) \ {z} iund aus dem CIS folgt:
1 (n) 1
´ f (w) 1
´ f (w)
n!
f (z) = wπi (w−z)n+1
dw = 2πi (w−z)n+1
dw
γρ γ


Satz 3.17 (Identitätssatz):


Sei G ⊂ C ein Gebiet f, g : G → C holomorph. Dann sind äquivalent:
(a) f = g auf G
(b)∃z0 ∈ G : f (n) (z0 ) = g (n) (z0 )∀n ∈ N
(c) Ist (zn ) ⊂ G mit einem Häufungspunkt in G, so gilt f (zn ) = g(zn )∀n ∈ N.
67

Beweis: (a)⇒(c) klar. Es reicht natürlich g ≡ 0 zu betrachten


(c)⇒(b): Sei o.B.d.A. z0 = lim zn . Da f stetig ist, folgt insbesondere
n→∞

f (z0 ) = lim f (zn ) = 0. Ang. ∃n : f (n) (z0 ) 6= 0. Sei N das minimale


n→∞

solcher n. Also f (n) (z0 ) = 0, k = 0, ... , N − 1 und f (N ) (z0 ) 6= 0.



f (n) (z0 )
Cn (z − z0 )n mit Cn =
P
Wir schreiben f als PR um z0 : f (z) = n!
n=0
Damit C0 = C1 = ... = CN −1 = 0 und CN 6= 0 und
∞ ∞
Cn (z − z0 )n = (z − z0 )n = (z − z0 )N
P P
f (z) = Cn (z − z0 )
n=N n=N

N
Cn+N (z − z0 )n
P
= (z − z0 )
n=0

Dann ist h holomorph. Nun f (zk ) = 0∀k ∈ N, also 0 = (zk − z0 )N h(zk )∀k
Da h insb. stetig ist, folgt 0 = lim h(zk ) = h(z0 ) = CN
k→∞

(b)⇒(a) Da wir f um z0 in eine PR entwickeln können, folgt


∞ f (n) (z )
0
(z − z0 )n = 0∀z im größten Kreis um z0 , der noch
P
f (z) =
n!
n=0| {z }
=0
in G liegt. Sei z ∈ G und gg:[0,1]→ G eine Kurve von z0 nach z Angenommen
f (z) 6= 0. Sei b
t ∈ [0, 1] minimal, so dass f (γ(t)) = 0∀t ≤ b
t und
 
∀ε > 0∃t ∈ b t + ε mit f (γ(t)) 6= 0.
t, b
Wir betrachten zb0 := γ(b t). Wie im Beweis von (c)⇒(b) zeigt man
f (n) (zb0 ) = 0∀n und damit ist f = 0 aus einem ganzen Kreis um zb0 .

Definition 3.18
Ist γ eine geschlossene Kurve in C, z ∈
/ sp(γ), so heißt
1
´ 1
n(γ, z) := 2πi w−z dw, Umlaufzahl von γ um z.
γ

Lemma 3.19
Die Umlaufzahl ist stets eine ganze Zahl.
Beweis: Wir zeigen: e2πi n(γ,z) = 1 : Sei also γ : [a, b] → C eine geschl. Kurve.
´t γ 0 (s)
Wir setzen ϕ(t) := exp( γ(s)−z ds), t ∈ [a, b]
a
68

´b γ 0 (s) ´ 1 !
Wir zeigen: γ(b) = exp( γ(s)−z
ds) = exp( w−z
dw) = e2πi n(γ,z) = 1.
a γ
Sei zunächst γ stetig diffbar. Dann folgt
´t γ 0 (s) γ 0 (t) γ 0 (t)
ϕ0 (t) = exp( γ(s)−z ds) · γ(t)−z = ϕ(t) γ(t)−z .
a
 0
ϕ ϕ0 (t)(γ(t)−z)−ϕ(t)γ 0 (t)
Damit wird γ−z
(t) = (γ(t)−z)2
= 0 ∀t ∈ [a, b].
j
Damit ist γ−z
konstant und insbesondere
ϕ(a) ϕ(b) ϕ(b)
γ(a)−z
= γ(b)−z
= γ(a)−z
, also ϕ(b) = ϕ(a) = 1
Ist γ nur stückw. stetig diffbar, a = t0 < t1 < ... < tn = b,γ|[ti ,zi+1 ] st. diffbar
ϕ(ti ) ϕ(ti+1 )
so folgt analog γ(ti )−zi
= γ(ti+1 )−z
,i = 0, ... , n − 1 also
ϕ(a) ϕ(t0 ) ϕ(t1 ) ϕ(tn ) ϕ(b) ϕ(b)
γ(a)−z
= γ(t0 )−z
= γ(t1 )−z
= ... = γ(tn )−z
= γ(b)−z
= γ(a)−z
⇒Beh.


Satz 3.20 Allg. Cauchy-Integralformel


G ⊂ C offen, f ´: G → C holomorph. γ eine nullhomotope Kurve in G. Dann gilt:
1 f (w)
n(γ, z)f (z) = 2πi w−z
dw ∀z ∈
/ sp(γ).
γ

 f (w)−f (z)
, falls w 6= z
Beweis: Für z ∈ G setzen wir g(w) := w−z , w ∈ G.
f 0 (z), falls w = z
Dann ist g holomorph auf G \ {z} und stetig auf ganz G.

cn (w − z)n , mit
P
Da f als Potenzreihe um z darstellbar ist: f (b) =
n=0

cn (w−z)n −f (z)
P
f (0) (z) f 0 (z)
c0 = 0!
= f (z), c1 = 1!
= f 0 (z), also g(w) = n=0
w−z

(w−z)n
P
cn ∞ ∞
cn (w − z)n−1 = cn+1 (w − z)n , also ist g
n=1
P P
= w−z
=
n=1 n=0
als Potenzreihe um z darstellbar und insbesondere holomorph (auch in z).
Nach dem CIS folgt nun für z ∈/ sp(γ) :
ˆ
´ ´ f (w)−f (z) ´ f (w) 1
0 = g(w)dw = w−z
dw = w−z dw − f (z) dw
γ γ γ w−z
γ
| {z }
2πi n(γ.z)


Korollar 3.21
Unter den Voraussetzungen des vorigen Satzes gilt:
69

(n) (z) ´
n(γ, z) f n!
= 1
2πi
f (w)
(w−z)n+1
dw
γ
Beweis: Ableiten unter dem Integral: Auf einer kleinen Kugel um z ist
n(γ, ·) konstant.
´ f (w) ´ 
f (w)
 ´ f (w)
(n(γ, z)f (z))0 = 1
2πi
( w−z
dw) = 1
2πi

∂z w−z
dw = 1
2πi (w−z)2
=n(γ,z)f 0 (z) γ γ γ

für n > 2 per Induktion.




3.4 Singularitäten und der Residuensatz


Definition 3.22
G ⊂ C offen, f : G → C holomorph, dann heißt z0 ∈ C \ G isolierte Singularität, falls es
ein ε > 0 gibt mit B(z0 , ε) \ {z0 } ⊂ G.
Eine isolierte Singularität z0 heißt
(i) hebbare Singularität, falls es eine holomorphe Funktion
g : G ∪ {z0 } → C mit g|G = f gibt.
(ii) Pol, falls lim |f (z)| = ∞
z→z0
(iii) wesentliche Singularität, falls z0 kein Pol und nicht hebbar ist.
Eine Funktion f heißt meromorph auf G ⊂ C, falls es eine Menge S ⊂ G gibt,
die nur aus isolierten Punkten besteht, so dass f |G\S holomorph und S nur
aus Polen und hebbaren Singularitäten besteht.

1
Beispiel: Die Fkt. z 7→ f (z) = z
ist meromorph auf C : Auf C \ {0} ist
1
f holomorph, z0 = 0 ist ein Pol: lim |f (z)| = lim = ∞.
z→0 n→0 |z|

Bemerkung: Ist z0 eine hebbare Singularität, so ist f auf einer punktierten


Umgebung um z0 beschränkt: Ist g eine holomorphe Fortsetzung von f , so
ist g insbesondere stetig auf einer Kugel B(z0 , ε) und insbesondere dort
beschränkt. Also ist f auf B(z0 , ε) \ {0} beschränkt.

Satz 3.23 Riemanscher Hebbarkeitssatz


Sei f : G → C holomorph und z0 ∈ C \ G eine isolierte Singularität, so dass es
ein ε > 0 gibt, so dass f |B(z0 ,ε)\{z0 } beschränkt ist, dann ist z0 eine hebbar.

Beweis: Für z ∈ G setzen wir: h(z) = (z − z0 )2 f (z). Dann ist h(z0 ) := 0


h(z)−h(z0 )
und h0 (z0 ) = lim (z−z0 )
= lim (z − z0 )f (z) = 0 da f beschränkt ist.
z→z0 z→z0
70

Also ist h auf G ∪ {z0 } holomorph! Wir schreiben h als PR um z0


∞ ∞ ∞
cn (z − z0 )n cn (z − z0 )n = cn+2 (z − z0 )n+2
P P P
h(z) = =
n=0 c0 =h(z0 )=0 n=2 n=0
c1 =h0 (z0 )=0


X
= (z − z0 ) 2
cn+2 (z − z0 )n .
|n=0 {z }
=:g(z)

Also (z − z0 )2 f (z) = h(z) = (z − z0 )2 g(z), also für z 6= z0 : f (z) = g(z).


Nun ist g eine PR um z0 und insb. holomorph in z0 , also z0 hebbar.


Satz 3.24 (Casorati-Weierstraß)


G ⊂ C offen, f : G → C holomorph. z0 ∈ C \ G wesentl. Singularität.
Dann liegt für jedes δ > 0 das Bild f (B(z0 , δ) \ z0 ) dicht in C.

Beweis: Ang. nicht. Dann gibt es δ > 0,ε > 0, w ∈ C, so dass

|z − z0 | < δ ⇒ |f (z) − w| ≥ ε
| {z } | {z }
B(z0 ,δ) f (z)∈B(w,ε)
/

1
Wir setzen g(z) = f (z)−w
,z ∈ G(um z0 ), beschränkt um z0 und holomorph,
nach dem Riemannschen Hebbarkeitssatz hat g in z0 eine hebbare
Singularität.Wir setzen g holomorph in z0 fort durch g(z0 ) = c ∈ C. Ist c = 0,
1
so folgt 0 = c = g(z0 ) = lim g(z) = lim , d.h. lim |f (z)| = ∞
z→z0 z→z0 f (z)−w z→z0

da z0 kein Pol von f .


1 1
Ist c 6= 0, so ist wegen f = g
+ w f in z0 durch f (z0 ) := c
+ w holomorph
fortsetzbar.

da z0 keine hebb. Singularität.




Bemerkung: Es gilt sogar der große Satz von Picard:


In jeder Umgebung einer wesentlichen Singularität nimmt f jede komplexe
Zahl(mit einer Ausnahme) unendlich oft als Funktionswert an!

Satz 3.25
Sei G ⊂ C offen, f : G → C holomorph, z0 eine Polstelle von f .
Dann gibt es g : G ∪ {z0 } → C holomorph und m ∈ N mit
71

g(z)
f (z) = (z−z0 )m
,z ∈ G. m heißt Ordnung der Polstelle.

Beweis: Wir zeigen, dass f (z)(z − z0 )m für ein gewisses m in z0 eine hebbare
Singularität hat. Wir betrachten h = f1 (in Umgebung von z0 ).
1
Da lim h(z) = lim = 0 können wir h fortsetzen in z0 durch h(z0 ) := 0.
z→z0 z→z0 f (z)
Da dann h auf G ∪ {z0 } holomorph is, können wir h in eine Potenzreihe um

cn (z − z0 )n . Da c0 = h(z0 ) = 0. So ist
P
z0 entwickeln: h(z0 ) =
n=0
m := min{n ∈ N | cn 6= 0} ≥ 1 und
∞ ∞ ∞
cn (z − z0 )n = cn+m (z − z0 )n+m = (z − z0 )m cn+m (z − z0 )n
P P P
h(z) =
n=m n=0 n=0
| {z }
h(z)
e

Dann ist e
h holomorph und e h(z0 ) = cm 6= 0.
h(z) mit g = 1 folgt die Behauptung.
h(z) = (z − z0 )me h
e


Definition 3.26
Seien f, g, m wie in Satz 3.25. Dann können wir g als PR um z0 schreiben,

cn (z − z0 )n und damit
P
also g(z) = e
n=0
∞ ∞ ∞
cn (z − z0 )n−m = cn+m (z − z0 )n = cn (z − z0 )n .
P P P
f (z) = e e
n=0 n=−m | {z } n=−m
=:cn
−1
cn (z − z0 )n heißt Hauptteil der
P
Diese Reihe heißt Laurent-Reihe und
n=−m
Reihe. Schließlich heißt c−1 =: res(f, z0 ) das Residuum von f in z0 .

Bemerkung: Ist z0 eine wesentl. Singularität, so können wir f in der Form



cn (z − z0 )n schreiben.
P
f (z) =
n=−∞

Satz 3.27 (Residuensatz)


Sei G ⊂ C ein Gebiet und f meromorph auf G und γ eine nullhomotope
geschlossene Kurve in G, so dass keine Polstellen von f auf sp(γ) liegen.
Sei P = {z1 , z2 , ...} die Menge der Polstellen von f , so folgt
1
´ P
2πi
f (z)dz = res(f, zk )n(γ, zk ).
γ zk ∈P
72

Beweis: Wir betrachten nur den Fall, dass P = {z1 , z2 , ... , zl } endlich ist.
Ist für k = 1, ... , l Hk der Hauptteil der Laurentreihenentwicklung von
f um zk , dann ist f − Hk als Potensteihe um zk darstellbar, also
l
P
insbesondere im zk holomorph fortsetzbar. Entsprechend ist f − Hk
k=1
in jedes zk holomorph fortsetzbar durch z.B. g : G → C. Damit ist nach dem
´ 1
´ 1
l ´
P
Cauchy-Integralsatz 0 = g(z)dz = 2πi f (z)dz − 2πi Hk (z)dz
γ γ k=1 γ
Alles was zu zeigen bleibt ist:
l ´
1
P
2πi
Hk (z) dz = res(f, zk )n(γ, zk )
k=1 γ | {z } | {z }
−1 =c−1
cn (z−z0 )n
P
=
n=−m

Dies folgt sofort, falls


´

1 n ! n(γ, zk ), falls n = −1
2πi
(z − z0 ) dz =
γ 0 , sonst
Die C-I-Formel besagt:
(e
n) ´ f (w)
n(γ, z0 ) f ne(z
!
0)
= 1
e +1 dw
2πi (w−z0 )n
γ
1
´ 1
Mit f ≡ 1 folgt: n(γ, zk ) = 2πi w−zk
dw
γ
1
´ 1
´
Für n < −1: 0 = 2πi (w−zk )|n|
dw = (w − zk )n dw
γ γ


You might also like