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:antifaschistische Nr.

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nachrichten g 3336 21.4.2005 21. jahrg./issn 0945-3946 1,30 ¤
www.antifaschistische-nachrichten.de

Sturmabteilung still gelegt München, 2.4.2005


Potsdam. Brandenburgs Innenminister
Jörg Schönbohm hat am 12. April die
rechtsextremistische ‚Kameradschaft
Hauptvolk‘ und deren Untergliederung
‚Sturm 27‘ verboten. Bei der Vollstre-
ckung wurden im Havelland, Sachsen-
Anhalt, Niedersachsen und Schleswig-
Holstein 41 Wohnungen durchsucht und
umfangreiche Unterlagen sicher gestellt.
Die ‚Kameradschaft Hauptvolk‘ und ih-
rer Untergliederung ‚Sturm 47‘ bestehen
seit März 2001 und nach Angaben des
Wenig Nazis, viele
Brandenburgischen Ministeriums gehör-
ten ihnen rund 60 Personen an. Vor allem GegendemonstrantInnen
in der Region Rathenow/Premnitz traten
Anhänger öffentlich als organisierter Ver- München. Nur rund 250 Neona- letztlich nur ein paar wenige Lieder der
band auf: Vereinszeichen war einSchrift- zis haben sich zur Demonstration drittklassigen Neonazi-Liedermacher
zug in weißer Fraktur ‚Hauptvolk‘, der am 2. April in München eingefun- Michael Müller und Annett Moeck sowie
auf schwarzen kurzärmligen Polohemden den, also nur die Hälfte der ursprünglich der schwäbischen Nachwuchsband Act
und T-Shirts oder blauen Sweatshirts ge- angekündigten TeilnehmerInnenzahl. Auf of Violence. Zahlreiche AntifaschistIn-
druckt war. Auch mit entsprechenden Tä- ihren Anmelder Norman Bordin mussten nen sorgten außerdem lautstark dafür,
towierungen bekannten sich die Mitglie- die Neonazis anfänglich verzichten, die- dass auch diese vom KVR genehmigten
der deutlich zur Kameradschaft. Der ser wurde bereits morgens festgenom- Lieder nicht ungestört gespielt werden
Name ‚Sturm 27‘ lehnt sich an die im men, da er Pfefferspray bei sich trug. Er konnten.
Dritten Reich in der Region Rathenow kam erst gegen 15 Uhr wieder frei. Sein An der Gegenkundgebung auf dem
aktive SA-Brigade 27 an. Das Verbot der Stellvertreter Hayo Klettenhofer wurde Marienplatz am Vormittag nahmen rund
‚Kameradschaft Hauptvolk‘ und ihrer später ebenfalls festgenommen. 5.000 bis 6.000 BürgerInnen teil, über
Untergliederung ist das Dritte gegen eine Als Redner traten unter anderem Axel 1.000 AntifaschistInnen demonstrierten
rechtsextremistische Organisation durch Reitz, Christian Worch, Hayo Klettenho- zudem an der Route der Nazi-Demon-
das Land Brandenburg. 1995 wurde die fer und Roland Wuttke auf. Von dem stration und deren Abschlusskundge-
‚Direkte Aktion/Mitteldeutschland (JS)‘ vollmundig angekündigten Konzert mit bungsort auf der Theresienwiese.
und zwei Jahre später die ‚Kameradschaft bekannten Rechtsrockgruppen blieben 2.4.05, aida-archiv.de ■
Oberhavel‘ verboten. kun ■

NPD verlegt Sitz von Leipzig


nach Dresden
Die bisher formal noch vorhandene Lan-
desgeschäftsstelle in Leipzig (Georg-
Schumann-Str. 225a) wird von der NPD
aufgeben. Wurden bisher die Geschäfte
de facto in Riesa geführt, so hat die Par-
tei nunmehr ein Haus im Lockwitzgrund
im Südwesten von Dresden gemietet.
Neben der Landesgeschäftsstelle sollen
dort der Landesverband der JN und der
Stadtverband Dresden einziehen. Dane-
ben wollen Holger Apfel, Alexander Del-
le und Matthias Paul dort ihre Büros ein-
richten. Jean Cremet ■

Inhalt:
Die schlagenden Verbindungen
des Hamburger Waffenrings . . 6
Gedenken in Buchenwald . . . . . 8
Der 8. Mai bleibt der Tag
der Befreiung. . . . . . . . . . . . . . 10
: meldungen, aktionen
nem Flugblatt des „Arbeitskreis für Völ-
kerverständigung“, dessen Vorsitzender
Frühlingsfest in Uelzen Geldstrafe wegen „rassistischer Äuße- Held ist, keinen Tatbestand der „Volks-
Uelzen. Am 1.Mai will das „Freund- rungen und Anstiftungen zum Ras- verhetzung“.
schafts- und Hilfswerk Ost“ (FhwO) ein sismus“ verurteilt worden war, sind der- Der Staatsanwalt hatte hingegen die
„Frühlingsfest“ in der Heide bei Uelzen zeit in etwa 40 bundesdeutschen Städten Verhängung einer Geldstrafe über 7500
durchführen. Eingeladen ist u.a. eine vertreten. Priorate gibt es bislang in Alt- Euro gefordert. Leserbriefe von Held
Volkstanzgruppe aus Poznan, dem frühe- ötting, Berlin, Bonn, Essen, Göffingen, fanden sich in der Vergangenheit nicht
ren Posen. Anmeldungen nimmt der Kleinwallstadt, München, Neustadt, nur im „Ostpreußenblatt“, sondern auch
langjährige Kommunalpolitiker der neo- Rheinhausen, Saarbrücken, Stuttgart, in der „Jungen Freiheit“ und der „Deut-
faschistischen NPD, Klaus Hoffmann Überlingen und Weihungszell. Die Zahl schen Nationalzeitung“ des DVU-Chefs
aus Bad Bevensen entgegen. Der ist Vor- ihrer Kirchen wächst. Neben Veranstal- Gerhard Frey.
sitzender des „Hilfswerks“ und verfügt tungen für Schüler und Studenten gibt es 2003 schrieb Held, der 30 Jahre lang
u.a. über gute Verbindungen zu den eigene Schulen und auch eine „Katholi- Offizier der Bundeswehr war, dort über
„Deutschen Freundeskreisen“ (DFK) in sche Jugendbewegung“ (KJB). Auch der seine Teilnahme am Pfingsttreffen der
Polen. Diese werden intensiv mit Geld Vorgänger des amtierenden Distriktobe- Gebirgsjäger. Im selben Jahr hielt Held
und Sachspenden unterstützt. Auch „ehe- rers der Bruderschaft, Markus Heggen- in Karlstein bei Bad Reichenhall die
malige Wehrmachtsangehörige“ in Polen berger, wurde von der „Jungen Freiheit“ Festrede bei der alljährlichen Gedenk-
gehören dazu. interviewt und referierte beim rechtslibe- feier für 12 französische Freiwillige der
Im vereinseigenen Mitteilungsblatt ralen „Cannstatter Kreis“. Im „Mittei- Waffen-SS, die 1945 dort erschossen
„Der Ostbote“ wurde in der Vergangen- lungsblatt“ der Priesterbruderschaft wird wurden. Unter den Teilnehmern befan-
heit auch schon für das Buch „Der Ver- offen Sympathie für den wegen einer den sich zahlreiche ehemalige SS-Leute.
treibungs-Hoocaust“ geworben. „Ein antisemitischen Rede aus der CDU aus- In einem Brief an das ZDF lobte Held
Buch, welches in jede deutschdenkende geschlossenen Bundestagsabgeordneten 2002 die Nachkriegspolitiker Adenauer
Familie gehört“, heißt es dazu im Kom- Martin Hohmann und den wegen seiner (CDU) und Schumacher (SPD) als „zwei
mentar. hma ■ schwulenfeindlichen Äußerungen kriti- große Deutsche mit Mut und Charakter“,
sierten EU-Parlamentarier Rocco Butti- weil sie „der Waffen-SS Gerechtigkeit
Rechte Brüder glione geäußert. Geworben wird auch für widerfahren lassen“ wollten. In einem
das Hohmann-Buch des „Junge Frei- Brief an den damaligen Bundespräsiden-
Stuttgart. Die Spekulationen um die heit“-Kolumnisten Fritz Schenk. Verbin- ten Johannes Rau, der 2001 auch in der
Wahl des nächsten Papstes reißen nicht dungen von Lefebvre-Anhängern zur ex- neofaschistischen Zeitschrift „Recht und
ab. Für einige Vatikan-Kenner gehört tremen Rechten gibt es auch in Frank- Wahrheit“ abgedruckt wurde, warf er
auch Kardinal Joseph Ratzinger zu den reich und Österreich. hma ■ diesem u.a. vor, sich der „Vergangen-
möglichen Kandidaten. Der gehörte bis- heitsbewältigung“, „der Zementierung
lang dem Kuratorium des rechtskonser- Hetze gegen Partisanen eines einseitigen deutschlandfeindlichen
vativen „Forum Deutscher Katholiken“ Geschichtsbildes“ zu widmen. „Wir
an, in dem u.a. „Vertriebenen“-Funktio- Hamburg/Traunstein. Die März-Aus- Deutsche“, so der Traunsteiner, „wün-
näre, „Paneuropäer“, „Lebensschützer“ gabe der „Preußischen Zeitung. Unab- schen uns einen Repräsen-tanten, der ge-
und Vertreter des rechten Randes der hängige Zeitung für Deutschland“, her- gen Lüge und Falschdarstellung unseres
Union sitzen. 40 bis 50 der etwa 115 ausgegeben vom Bundesvorstand der Geschichtsbildes in unparteiischer Weise
wahlberechtigten Kardinäle werden zu „Landsmannschaft Ostpreußen“, wartet einschreitet“. hma ■
den möglichen Unterstützern einer Kan- mit einem Beitrag des Bundeswehr-
didatur Ratzingers gerechnet. Eine ähn- Oberstleutnants a. D., Walter Held aus
lich hohe Zahl an Kardinälen zählt man Traunstein, auf. Unter der Überschrift
zur Anhängerschaft der einflussreichen „Der Partisan – ein liebenswertes We-
rechten Laienorganisation „Opus Dei“. sen?“ gibt Held seine Meinung zu einem
Mit „einem wirklich konservativen „von Ideologie, Zeitgeist und politischer
Papst“ rechnet Niklaus Pfluger, Kopf des Korrektheit geprägten Thema“ wieder.
deutschen Distrikts der rechtskonservati- Seiner Auffassung nach unterlagen die
ven „Priesterbruderschaft St. Pius X.“, „Freischärler / Partisanen“ in den von
bei der anstehenden Papst-Wahl hinge- den Nazis besetzten Gebieten nicht den
gen nicht. Geäußert hat er dies in einem Kriterien der „Haager Landkriegsord-
Interview mit der rechten Wochenzei- nung“ und waren demnach lediglich
tung „Junge Freiheit“. Zwar schätze man „Verbrecher, Banditen, Gesindel, Maro-
den „Kampf“ des verstorbenen Papstes deure, Meuchelmörder, Terroristen, die
für den „Schutz des ungeborenen Le- außerhalb der Gesetze standen“.
bens“ und dessen „Verdienste“ im Als „tumber Deutscher“ sei er daher
„Kampf gegen den Kommunismus“, der Meinung gewesen, dass der „durch-
aber für „überwunden“ hält man diesen weg anständig kämpfende Frontsoldat“
noch längst nicht. Auch die „Freimau- sich dagegen „mit harten Repressalien
rer“, gegen die die katholische Kirche habe wehren dürfen“. „Unappetitlich, ja
schon ab 1738 mit Kirchenstrafen vor- geradezu pervers“ werde es, wenn sich
ging, werden ins Visier genommen. „Der den heutigen Siegesfeiern der Alliierten
„Gedanke der Freimaurerei“, so Pfluger, des Zweiten Weltkrieges auch ehemalige
der bereit sei, „für den Zusammenschluß Partisanen hinzugesellten. Unter Otto
der Welt die Wahrheit des Glaubens auf- Schily sei eine „nationalmasochistische
zugeben“, sei „kein christlicher Gedan- Einstellung“ „Regierungsnorm“. Im
ke“. Die Anhänger des 1988 exkommu- März wurde der 70jährige Held vom Vor-
nizierten Traditionalisten, Erzbischof wurf der „Volksverhetzung“ freigespro-
München, 2. April 2005
Marcel Lefebvre, der 1991 zu einer chen. Ein Traunsteiner Richter sah in ei-

2 : antifaschistische nachrichten 8-2005


Nazis observieren Jugend- ren Aktivitäten gegen Rechtsextreme und verübten. Die Staatsanwaltschaft wirft
zentrum Neonazis auch weiterhin nicht nachlas- ihm und seinen vier Mitangeklagten die
sen dürfen.“ Seit dem Jahr 2000 haben Bildung einer kriminellen Vereinigung
Mannheim. In den letzten Wochen ob- sich die grünen Gemeinderäte in 15 An- vor, die darauf abzielte, die Monopolstel-
servierten wiederholt Nazis das Jugend- trägen und Anfragen kontinuierlich mit lung im schleswig-holsteinischen Ver-
zentrum in Selbstverwaltung „Friedrich dem Themenbereich Rechtsextremismus sand von CDs mit neofaschistischem ma-
Dürr“ in Mannheim. Dabei versuchten / Agenda gegen Rechts befasst. terial einzunehmen.
sie unter anderem Fotos von BesucherIn- Mannheim und die Rhein-Neckar-Re- Der Hauptangeklagte scheint gut prä-
nen des JUZ zu machen. Höhepunkt die- gion werden im Verfassungsschutzbe- pariert. Er tritt im hellgrauen Anzug, ge-
ser „Anti-Antifa“ Aktivitäten waren richt im Bereich des Rechtsextremismus sittet, fast unauffällig, mit kurzen Haaren
Sprühaktionen der Nazis in der Neckar- mehrfach genannt. So wird der Zu- auf. In seiner Erklärung nutzt er ge-
stadt. Diese fanden in der Nacht von sammenschluss mehrerer rechtsextremer schickt die sozialpädagogischen Erklä-
31.3. auf den 1. 4. und in der Nacht vom Kameradschaften zum „Aktionsbündnis rungsversuche, die es Neonazis immer
5.4. auf den 6. 4. statt. Zuletzt fuhr am 1. Rhein-Neckar“ als einzige gelungene schon leicht gemacht haben, mit milden
April ein mit Naziskinheads vollbesetz- Vernetzungsaktivität in Baden-Württem- Strafen davon zu kommen: Kindheit im
tes Auto am JUZ Mannheim vorbei. Sie berg gewertet, die einzige NPD-Demo gutbürgerlichen Elternhaus, dann aber
hörten dabei rassistische Musik der Band fand in Mannheim-Blumenau statt, eine Schlüsselerlebnisse von Hilflosigkeit
RADIKAHL und gröhlten den Text laut- rechtsextreme Skinheadband ist hier be- und Enttäuschung, die ihn auf den ver-
stark mit: „…hisst die rote Fahne mit heimatet. Mathias Meder: „Leider sind in hägnnisvollen Drift an den rechten Rand
dem Hakenkreuz…“. dem Bericht nur Konzerte aufgeführt, die brachten. Otto behauptet, er habe sich
Weiterhin wurde in der Nacht vom 31. anderen Veranstaltungen wie Partys oder längst aus der Szene zurückgezogen.
März auf den 1. April der gesamte Be- Informationsveranstaltungen werden Dies führt er auf den für ihn bis dahin un-
reich der Waldhofstraße, vom Alten Mes- nicht benannt. Neonazis führten außer- bekannten Umgang mit „normalen Leu-
splatz bis zum Neuen Messplatz, mit dem im vergangenen Jahr in der Mann- ten“ während einer Ausbildung in einem
rechtsextremen Parolen versehen, u.a.: heimer Innenstadt mehrfach Propagan- Tätowierstudion zurück. Darüber habe er
„Verteidige Dein Bezirk – Autonome daaktionen durch, bei denen sie Flugblät- seine politischen Einstellungen dank sei-
Nationalisten“, „Anti- Antifa“, und vor ter und Aufkleber verteilten. Vermeint- ner Frau überdacht. Auch ein Schlüssel-
dem JUZ Mannheim: „ Antifaschistische lich Andersdenkende und MigrantInnen erlebnis in Haft hätte zu seinem Umden-
Struckturen aufdecken!“ (Alle Fehler im wurden angepöbelt oder sogar angegrif- ken beigetragen. Der Gipfel: Klemens
Original!). fen.“ Otto spricht der Gruppe kriminelle Moti-
Immer wieder versuchen Nazis unter Auch für den 1. Mai fordert die Frak- ve als auch Gewaltbereitschaft ab: „Das
dem Label „Anti-Antifa“ vermeintliche tion Wachsamkeit. „Rechtsextreme füh- widersprach nicht nur unserem politi-
AntifaschistInnen zu observieren, um ren Demonstrationen in Frankenthal und schen Selbstverständnis, sondern auch
diese dann gezielt terrorisieren zu kön- Worms durch. Es bleibt abzuwarten, ob der Grundüberzeugung, nach außen ein
nen. Dabei kam es in der Vergangenheit sie den Tag nicht für einen Abstecher anständiges Bild abgeben zu wollen.“ Na
immer wieder zu gewalttätigen Übergrif- nach Mannheim nutzen!“, warnt der grü- klar, man operierte ja auch größtenteils
fen. Eine Sprecherin des Ak Antifa dazu: ne Fraktionsvorsitzende Wolfgang Rau- im Dunkeln und nicht am hellichten Tag.
„Die Schmierereien zeigen, dass der re- felder. Der CD-Vertrieb sei zudem rein zufällig
gionalen Naziszene das erfolgreiche Pressemitteilung der Grünen im Gemein- entstanden und habe sich ausschließlich
Agieren des organisierten Antifa- derat Mannheim vom 4. April 2005 ■ an Gleichgesinnte gerichtet. Der Prozess
schismus in der Region ein Dorn im wird voraussichtlich Ende April zur er-
Auge ist. Dass dies so bleibt, dafür wer- Pinneberger Neofaschisten neuten Beweisaufnahme unterbrochen
den wir nicht nur am 1. Mai sorgen.“ und einen Monat später weitergeführt
Arbeitskreis Antifaschismus im JUZ als kriminelle Vereinigung werden. Offensichtlich hat die Staatsan-
Mannheim, 8. April 2005 ■ angeklagt waltschaft mit den Zeugenaussagen Pro-
Flensburg/Pinneberg. Vor dem Flens- bleme in der Beweisführung.
Mannheim Schwerpunkt burger Landgericht findet derzeit ein rua, Quelle: Pinneberger Tageblatt
Prozess gegen fünf Neonazis aus Pinne- v. 4.4.05 ■
der Skinhead-Szene berg statt. Als „Combat 18 - Pinneberg“
Der baden-württembergische Verfas- waren Klemens Otto und ein Dutzend Erneuter Überfall durch
sungsschutzbericht 2004 nennt Mann- Gleichgesinnter angetreten, um Schles-
heim und die Rhein-Neckar-Region wie- wig-Holstein mit neofaschistischem Ge- Neonazis in Saarbrücken
der als einen der Schwerpunkt der Skin- dankengut zu versorgen. In den meisten Zwei Wochen nach den Übergriffen auf
headszene in Baden-Württemberg. Für Fällen ermitteln die Behörden noch. Fünf Besucherinnen des AJZ Homburg durch
die Gemeinderatsfraktion von Bündnis Fälle sind vor der 1. großen Strafkammer bewaffnete Neonazis wurden am Sonn-
90/ Die GRÜNEN ist das ein Grund, des Flensburger Landgerichts zurzeit an- tagmorgen erneut vier junge Menschen
trotz der bevorstehenden Schließung des geklagt, die als Staatsschutzkammer Opfer neonazistischer Gewalt, diesmal
rechtsextremen Treffs in Mannheim- tagt: Bildung einer kriminellen Vereini- mitten in der Saarbrücker Innenstadt.
Rheinau weiter wachsam zu sein. gung, Verbreitung nationalsozialisti- Am frühen Sonntagmorgen, den
„Die Zunahme der rechtsextremen Ge- schen Gedankenguts, Verwendung von 3.4.2005, gegen 3.00 Uhr wurden vier
walttaten um 17% im vergangenen Jahr Kennzeichen national-sozialistischer Or- Menschen aus einer Gruppe von 10 Neo-
belegt, wie akut das Problem hier bei uns ganisationen, Körperverletzung, Sachbe- nazis heraus angegriffen, drei von ihnen
in Baden-Württemberg ist.“, zeigt sich schädigung, illegaler Schusswaffenbe- wurden teils schwer verletzt. Der Über-
der grüne Stadtrat Mathias Meder be- sitz. griff ereignete ganz in der Nähe der Dis-
sorgt angesichts der Entwicklung. Klemens Otto aus Halstenbek gilt da- kothek „Garage“, aus der die 10 Angrei-
„Mannheim war dem heute in Stuttgart bei als Kopf der „Kameradschaft Pinne- fer kurz zuvor verwiesen worden waren,
vorgestellten Bericht zufolge auch im berg“, die auch auf das Elmshorner da sie bereits dort Streit mit Gästen pro-
Jahr 2004 einer der Schwerpunkte der Bündnis gegen Neonazis Anschläge und voziert hatten.
Skinheadszene Baden-Württembergs. Morddrohungen im Zuge des Landtags- Eine Frau aus der 10-köpfigen Gruppe
Das bedeutet für uns, dass wir mit unse- wahlkampfes der NPD vor fünf Jahren der Angreifer schlug einer jungen Frau

: antifaschistische nachrichten 8-2005 3


grundlos ins Gesicht, worauf der Freund zungen, Beleidigungen und Drohungen durch Leipzig während sich 3500 Kame-
der Angegriffenen ihr zu Hilfe kam. Dar- durch Neonazis mittlerweile im Saarland raden in Berlin versammelten, was von
aufhin prügelten etwa fünf männliche zum Alltag. Der Pressesprecher der Anti- entschlossenen Antifaschistinnen und
Personen auf den jungen Mann ein und fa Saar / Projekt AK erklärt hierzu: Antifaschisten gebührend beantwortet
schlugen und traten ihn bis zur Bewusst- „Übergriffe wie diese, durch die sich Ne- wurde! Einen zentralen Naziaufmarsch
losigkeit. Einer der Angreifer bekannte onazis eine Hegemonie im öffentlichen wird es dieses Jahr nicht geben. Statt
sich, „stolz, ein deutscher Neonazi zu Raum zu schaffen versuchen, und das in- dessen wird u.a. nach Leipzig mobili-
sein“. Der junge Mann erlitt schwere diskutable Verhalten der Polizei führen siert. Vor allem aber wegen der Niederla-
Verletzungen im Kopfbereich, darunter zu einer wachsenden Angst, vor allem ge der Nazis am 3.10. 2004 in Leipzig,
zahlreiche Hämatome und Frakturen, unter den Menschen, die – wie etwa Mi- wo sie nicht zuletzt aufgrund vielseitiger
außerdem Verletzungen im Unterleibsbe- grantInnen, Linke, Obdachlose oder dezentraler Aktionen keinen Meter weit
reich. Zwei Freunde, die dem Opfer hel- Menschen jüdischen Glaubens – die zum vermeintlich attraktiven Ziel, dem
fen wollten, wurden ebenfalls angegrif- nächsten Opfer neonazistischer Gewalt- so genannten „Szenekiez“ Connewitz,
fen und attackiert. Einem der beiden taten sein könnten.“ kamen, ist hier mit einem zentralen Auf-
wurde ein Finger gebrochen, dem zwei- Nachfragen über die eMail-Adresse: marsch am 1.5.2005 zu rechnen.
ten immer wieder mit Fäusten auf den antifasaar@yahoo.de Deshalb rufen wir alle dazu auf, sich
Kopf geprügelt. Nachdem die Opfer ei- Antifa Saar / Projekt AK ■ den Nazis offensiv in den Weg zu stellen!
nen Rettungswagen gerufen hatten, traf Beteiligt euch an den dezentralen Aktio-
auch die Polizei am Ort des Übergriffes Naziaufmarsch am 1. Mai nen ab 12.00 Uhr rund um den Haupt-
ein. Statt nach den flüchtigen Tätern, die bahnhof! Genauere Informationen und
sich zu diesem Zeitpunkt noch ganz in 2005 in Leipzig News werden auf der Homepage
der Nähe befinden mussten, zu suchen, Am 1. Mai wollen freie Kameradschaf- www.left-action.de/antifa bekannt ge-
nahmen die anwesenden Polizisten erst ten um Worch ein weiteres Mal durch macht, auf der auch die Plakate, Flyer
einmal die Personalien der Opfer auf. Leipzig demonstrieren. Genauer gesagt und Aufkleber für die Mobilisierung be-
Auf das Angebot eines der Opfer, eine ist es ein erneuter Versuch der Nazis stellt bzw. heruntergeladen werden kön-
Beschreibung der Täter zu geben, ging durch den Leipziger Süden zu marschie- nen. Schlafplätze können über leipzig-
die Polizei gar nicht erst ein. ren, welcher als alternativer Stadtteil be- 1mai@lycos.com angefragt werden.Am
Dies war nun der zweite Übergriff von kannt ist. Tag selbst gibt es ein Infotelefon
Neonazis auf ihnen missliebige Personen Dieses Datum ist in den letzten Jahren (0341/3081199) für konkrete und kurz-
innerhalb von nur zwei Wochen im Saar- zu einem zentralen Tag für Nazis gewor- fristige Entwicklungen.
land, der schwer verletzte Opfer zur Fol- den. So demonstrierten z.B. 2004 am 1. Leipziger Bündnis
ge hatte. Daneben gehören Körperverlet- Mai ca. 1500 Nazis nahezu unbemerkt gegen Naziaufmarsch ■

Am Samstag, den 9. April betei-


ligten sich ca. 1200 bis 1500 Men- Nie wieder Volksgemeinschaft
schen an einer Demonstration in Antifaschistische Demonstration gegen Nazi-Zentrum in Hohenberg
Hohenberg, Gemeinde Rosenberg bei Ell-
wangen. Die Demonstration richtete sich deren Stärke zurück. Lediglich zahlrei-
gegen den ehemaligen Landgasthof „Gol- che Beamte des Staatschutzes in Zivil
denes Kreuz“, der im letzten Jahr von An- und Polizei-Kameras observierten die
dreas Thierry, einem seit Jahren aktiven Demonstration bis zu deren Ende. Trotz
Nazi gekauft wurde. Dieser arbeitet eng Provokationen der Nazis, die die Teil-
mit der „Bewegung Deutsche Volksge- nehmerInnen der Demonstration foto-
meinschaft“ (BDVG) und der NPD/JN grafierten, blieben die Proteste vor dem
zusammen und will das Gebäude zu ei- Haus weitgehend friedlich.
nem Zentrum für die regionale Nazi-Sze- Der zeitgleiche Aufmarsch der Nazis
ne umbauen. in Schwäbisch Hall, zu welchem
Die Demonstration setzte ein deutli- BDVG, NPD/JN und verschiedene
ches Zeichen gegen den Versuch der Na- „Freie Kameradschaften“ mobilisierten,
zis, in der Region weiter Fuß zu fassen. kann für die Nazis wohl als Flop be-
Die große Beteiligung lässt darauf hoffen, zeichnet werden. Trotz großer Mobili-
dass sich der Widerstand gegen das Nazi- ehemaliger Widerstandskämpfer und Mit- sierung, der Sicherheit, dass nur wenige
Zentrum weiter fortführen lässt und die glied der Vereinigumg der Verfolgten des AntifaschistInnen in Schwäbisch Hall ge-
Nazis gezwungen werden sich wieder zu- Naziregimes (VVN), Anne Rieger von der gen den Aufmarsch protestieren würden,
rückzuziehen. IG Metall, ein Pfarrer, ein Landtagsabge- da sich deren Großteil an der Demo in
Mit der Demonstration wurde aber ordneter der SPD sowie ein Vertreter der Hohenberg beteiligte, und „hochrangiger“
auch verdeutlicht, dass sich die antifa- Antifa Freiburg und eine Vertreterin der Redner wie Lars Käppler, Alexander
schistischen Proteste nicht spalten lassen. Antifa AG der Revolutionären Aktion Neidlein (JN Landesvorsitzender) und
Im Vorfeld wurde von Teilen der bürger- Stuttgart. Trotz der Heterogenität der Christian Worch, beteiligten sich nur etwa
lichen Medien und konservativen Kreisen RednerInnen ebenso wie der Demonstra- 200 Nazis daran.
versucht, gegen revolutionäre und mili- tionsteilnehmerInnen vermittelte die De- Alles in allem war der Tag ein Erfolg
tante AntifaschistInnen zu hetzen und sie monstration Entschlossenheit beim ge- für AntifaschistInnen, auf den sich sicher
teilweise sogar mit den Nazis gleichzuset- meinsamen Ziel – dem Verschwinden der weiter aufbauen lässt. Die Nazis müssen
zen. Das Bündnis, das die Demonstration Nazis aus Hohenberg. in jedem Fall in Zukunft mit starkem und
organisierte, und die UnterstützerInnen Die Polizei, die im Vorfeld mit schika- kontinuierlichem Widerstand gegen ihre
ließen sich dadurch allerdings weder spal- nösen Auflagen für die Demonstration Strukturen vor Ort und ihre Aufmärsche
ten noch verunsichern. So sprachen auf provozierte, hielt sich während der De- rechnen.
der Demonstration u.a. Peter Gingold, monstration, wohl nicht zuletzt auch dank Revolutionäre Aktion Stuttgart ■
: antifaschistische nachrichten 8-2005
4
Rund 1.200 Menschen haben am
16.4.2005 in Essen gegen einen
Nazi-Aufmarsch demonstriert.
Bündnis gegen Nazi-
Der Runde Tisch gegen Rechts hatte zu
einer Kundgebung in der Innenstadt auf-
gerufen, mit anschließender Demonstra-
Aufmarsch
Bürgerliches Lager fehlt jedoch weitgehend bei Aktionen
tion in den Essener Westen, wo der Nazi-
Aufmarsch stattfinden durfte. Parallel Überschrift lautete „Keine Waffen für Is- vielen Migrantinnen und Migranten, die
dazu fand eine Demonstration von Auto- rael!“, der Text greift Losungen auf, die in Frohnhausen wohnen, empfinden den
nomen Antifaschisten, vor allem aus dem aus der Friedensbewegung stammen Aufmarsch als Provokation,“ hieß es in ei-
antideutschen Lager, statt, die von Rütten- („Atomwaffen verschrotten!“) und ver- ner Presseerklärung des Runden Tisches
scheid aus in den Essener Westen demon- bindet sie mit antiamerikanischen und gegen Rechts.
strierten. Sie stießen zur Abschlusskund- antiisraelischen Verschwörungstheorien. Immerhin: Die Auflagen waren scharf.
gebung in der Nähe des Bahnhofs Essen- Man kann dem Aufruf nur schwer Antise- Nicht nur das Rufen von Parolen wie
West hinzu. mitismus nachweisen, im Verbund mit „Ruhm und Ehre der Waffen-SS“ war ver-
Den Aufruf „Essen stellt sich quer! den Unterzeichnern wirkt er aber genau boten. Auch eindeutig der Szene zuzuord-
Kein Platz für Neo-Nazis und Rechtsex- so. Verschwörungstheorien waren schon nende Kleidungsstücke wie Bomberja-
tremisten in unserer Stadt!“ hatten in kur- immer ein wesentlicher Bestandteil des cken und Springerstiefel waren untersagt.
zer Zeit knapp 1.000 Menschen unter- Antisemitismus. Diese Auflage führte dazu, dass einige der
schrieben. Dazu gehörten Vertreter aus ganz NRW angereisten Na-
von Gewerkschaften, Kirchen und zis vor die Alternative gestellt
Wohlfahrtsverbänden, der Rats- wurden, barfuss mitzulaufen
fraktionen und -gruppen von SPD, oder nach Hause zu fahren. Sie
Grünen, PDS, DKP und AUF, aber entschieden sich für Letzteres.
auch 84 Beschäftigte der Karstadt- Im Stadtteil selbst stieß der
Filiale Essen-Borbeck, fast die von einem großen Polizeiauf-
komplette Belegschaft. Auch das gebot abgeschirmte Zug der
Rednerspektrum war breit: Neben 250 Nazis an mehreren Stellen
Peter Gingold (VVN-BdA) und auf Protest. Der Runde Tisch
dem DGB-Vorsitzenden Dieter Hil- hatte dazu vorher in Flugblatt-
lebrandt sprachen der Vorsitzende aktionen aufgerufen. Einige
des Integrationsbeirates, Muham- Geschäfte hatten die Plakate
met Balaban, Superintendent Hel- zur Gegendemonstration aus-
mut Keus und der Vorsitzende des gehängt. An Straßenecken und
Katholikenrates der Stadt Essen, auf dem Platz der Zwischen-
Hans-Georg Kleine-Limberg. kundgebung waren antifaschis-
Obwohl sich auf Initiative der Foto: Siggi Stoff tische Losungen auf den Boden
PDS sowohl der Stadtrat als auch gemalt worden. In der Kölner
die Bezirksvertretung Essen-West ein- Eine mit rund 100 Teilnehmern gut be- Straße hing ein großes Transparent quer
stimmig für ein Verbot des Nazi-Aufmar- suchte Diskussionsveranstaltung ver- über der Straße. Ein anderer Anwohner
sches ausgesprochen hatten und zu schiedener Antifaschistischer Gruppen im der gleichen Straße hatte allerdings eine
Gegenaktionen aufgerufen hatten, fehlte Stadtteilzentrum Zeche Carl befasste sich Deutschlandfahne aus dem Fenster ge-
das bürgerliche Lager bei der Demonstra- einige Tage vor dem Aufmarsch mit der hängt.
tion jedoch. Der Oberbürgermeister, der Frage, wie der Aufruf und die Übernahme Die Demonstration des Bündnisses ge-
an einer Klausur der CDU-Ratsfraktion von Elementen linker (Sub-)Kultur durch gen Rechts stieß im Stadtteil an vielen
zu Haushaltsfragen teilnahm, ließ sich Teile der militanten Neonazi-Szene einzu- Stellen auf Interesse. Bei der Abschluss-
von Bürgermeisterin Annette Jäger (SPD) ordnen sind. Die Veranstaltung warf je- kundgebung an der Eissporthalle protes-
vertreten. Auch die SPD hatte erst einen doch mehr Fragen auf, als sie beantworte- tierten viele Teilnehmer in Hörweite der
Tag vorher offiziell aufgerufen. te. Auftaktkundgebung der Nazis lautstark.
Demagogischer Nazi-Aufruf Kein Verbot, aber „Stiefel aus!“ Die Bezirksschülervertretung und der
Vorsitzende des Stadtverbandes der GEW
Der Nazi-Aufmarsch war von Andreas Nicht zuletzt wegen des indifferenten setzten sich damit auseinander, wie 60
Reitz aus Pulheim und Siegfried Borchert Aufrufes sah der Polizeipräsident diesmal Jahre nach der Befreiung vom Faschismus
(„SS-Siggi“) aus Dortmund angemeldet keine Möglichkeit, den Aufmarsch zu ver- an den Schulen und durch die Erziehung
worden. Beide sind einschlägig wegen bieten. Er hat in den letzten Jahren zwei- Neofaschismus entgegengewirkt werden
Volksverhetzung, Borchert auch wegen mal Verbote gegen faschistische Aufmär- kann. Die Veranstalter bekräftigten eine
verschiedener Schlägereien vorbestraft. sche ausgesprochen, einmal mit Erfolg. Forderung, die morgens auch Peter Gin-
Sie sind dem Spektrum des Kampfbundes Diesmal hielt er es für wahrscheinlich, gold erhoben hatte: Der nordrhein-westfä-
Deutscher Sozialisten (KDS) zuzurech- dass ein Verbot vom Verwaltungsgericht lische Landesinnenminister Behrens
nen, einer Gruppierung, die von Kennern „kassiert“ wird und womöglich noch zu (SPD) soll endlich wirksame Schritte
der Szene als eher wirr eingeordnet wird. einer Aufwertung der Aufrufer führt. unternehmen, um wie in Brandenburg die
Die Demonstration, bei der auch Christian Dass die Polizei den Anmelder aus der hier tätigen Kameradschaften zu verbie-
Worch sprach, sollte in gewisser Weise rechten Szene als Alternative zur Innen- ten.
wohl auch einen Kontrapunkt zu der in stadt, wo sie ursprünglich demonstrieren Im Anschluss an die Abschlusskundge-
den Kameradschaften umstrittenen Unter- wollten, jedoch ausgerechnet eine Route bung gingen viele Teilnehmer insbeson-
stützung der NPD setzen. Sie fand parallel durch einen der dichtbesiedeltsten Stadt- dere der autonomen Demonstration in den
zum Landtagswahlkampf-Auftakt der teile Essens anbot, stieß bei vielen auf Stadtteil. Hierbei gab es an einer Stelle
NPD in Stolberg bei Aachen statt. völliges Unverständnis und wurde von Auseinandersetzungen mit der Polizei, die
Dem entsprach der für viele Antifa- vielen Bewohnern des Stadtteils beunru- aber verhältnismäßig glimpflich ausgin-
schisten eher verblüffende Aufruf: Die higt aufgenommen. „Insbesondere die gen. Wolfgang Freye ■

: antifaschistische nachrichten 8-2005 5


„Sie schlagen sich Schmisse ins Gesicht –
denn auf dem Hintern sieht’s man nicht“
Die schlagenden Verbindungen des Hamburger Waffenringes von Felix Krebs

Um den Verlust der deutschen Jahren dafür zu sorgen, dass rechts der Syndikus der Universität verantworten.
Ostgebiete“ zu betrauern kommen Union kein Platz für eine Partei bleibt. 1961 gründete die Germania zusammen
am 22. April in Hamburg mehrere Deshalb gab er auch schon zweimal Inter- mit anderen Burschenschaften das inner-
hundert schlagende Verbindungsbrüder zu views in der völkischen JF, wo er u.a. be- verbandliche Rechts-Kartell Burschen-
einem sogenannten „Feierlichen Fest- hauptete, der Aufstand der Anständigen schaftliche Gemeinschaft. (siehe AIB Nr.
kommers“ zusammen. Als Kommers be- sei verantwortlich für die Zunahme neofa- 65 ) Die Wiederbelebung der völkischen
zeichnet der verbindungsstudentische schistischer Straftaten. Ideologie wird in offen NS-apologetischer
Sprachgebrauch eine festliche und reprä- Es ist also zu erwarten, dass sich am 22. Weise von der Germania gerechtfertigt.
sentative Form der Zusammenkunft, typi- April mehrere hundert Personen aus der Sie sei nötig, da „die totale Niederlage
scherweise anlässlich von Stiftungsfesten, Grauzone zwischen rechtem Rand der Deutschlands im Jahre 1945 (...) auch die
Stadt- oder Universitätsjubiläen. Union, Vertriebenen
Die Veranstaltung in den Mozartsälen und der extremen
ist deplatziert! Erst recht, da die Veranstal- Rechten in Hamburg
tung am Ort der Deportation von tausen- treffen werden. Ein
den von HamburgerInnen jüdischen Glau- Grund, den Hambur-
bens stattfindet. Doch voraussichtlich war ger Waffenring mal
das von den Veranstaltern noch nicht ein- genauer zu betrach-
mal als Provokation gedacht, spricht aller- ten.
dings für das jeglicher Verantwortung und Der Hamburger
jeglicher Zweifel „befreite“ Deutschland- Waffenring wurde
bildes dieser Kreise. 1951 als Zusammen-
Wie feiert man in waffenstudentischen schluss der schlagen-
Kreisen den achten Mai? Richtig, gar den Vorort-Verbin-
nicht. Denn für den Großteil der schlagen- dungen aus der
den Verbindungen ist dieses Datum nicht Deutschen Bur-
der Tag der Befreiung vom Faschismus, schenschaft (DB),
sondern verbunden mit dem Untergang dem Coburger Con-
des Deutschen Reiches, Schmach und Er- vent der Landsmann-
niedrigung, dem Verbot ihrer Verbände schaften und Turner-
zumindest in der DDR, und einem Bedeu- schaften (CC) und
tungsverlust bis heute. Hinzu kommt der dem Corps Irminsul
Verlust der ehemaligen deutschen Ostge- aus dem Weinheimer
biete, welche von vielen Korporationen Senioren-Convent
bis heute nicht als völkerrechtliche Tatsa- (WSC) gegründet. Diese treffen sich re- weltanschaulichen und politischen Ziel-
che und Konsequenz des mörderischen gelmäßig wechselnd auf ihren Häusern, und Wertvorstellungen, die früher selbst-
deutschen Vernichtungskrieges in Osteu- schlagen Pro-Patria-Mensuren, und ver- verständlich waren, völlig in Frage“ stel-
ropa akzeptiert wird. So ist es nur folge- anstalten auch größere Zusammenkünfte, le.
richtig, dass die im Hamburger Waffen- wie z.b. den Interkoporations-Workshops Vor diesem ideologischen Hintergrund
ring zusammengeschlossenen Verbindun- zur Elitebildung und Nachwuchsrekrutie- orientierte sich die Germania Anfang der
gen statt des achten Mai’s zwei Wochen rung unter dem Motto „Können ist gut – 70er Jahre an der NPD und es gab perso-
zuvor am 22. April einen „Feierlichen Kennen ist besser“. Gemeinsam ist den nelle Überschneidungen zu dem damali-
Festkommers – 750 Jahre Stadt Königs- Waffenstudenten eine patriarchalische, gen Hoffnungsträger der extremen Rech-
berg“ feiern wollen. Dass man hier revan- männerbündische Ideologie, die Frauen in ten. Mit dem Scheitern der NPD auf
chistischen Konzeptionen anhängt, wird den eigenen Reihen, sowie eine emanzi- Bundesebene wurde erst wieder Ende der
schon durch die bewusste Ignoranz des patorische Politik ablehnt; ein Hang zur 80er Jahre mit den Republikanern eine
heutigen Kaliningrad im Titel deutlich, Exklusivität, gepaart mit Elitedünkel und Partei attraktiv für die Verbindungsstu-
die „Preußische Allgemeine Zeitung“ als Protektionismus der eigenen Klientel; und denten. In den 90er Jahren wandte sich
Co-Veranstalter steht für entsprechende sehr häufig ein völkisches Nationenver- die Germania stärker der sog. Neuen
Inhalte. Sie hieß bis vor wenigen Jahren ständnis mit großdeutschen Ansprüchen Rechten zu. Der Hamburger Leserkreis
noch „Das Ostpreußenblatt“, wird von der und der Ablehnung von Nichtdeutschen der JF, der sog. Hamburger Kreis (HK)
aus öffentlichen Mitteln bezuschussten bis hin zum Rassismus – die Grenzen zur traf sich regelmäßig im Germanenhaus
Landsmannschaft Ostpreußen (LO) her- extremen Rechten sind bei einigen von ih- und lud namhafte Referenten der extre-
ausgegeben, und besitzt starke inhaltliche nen fließend: men Rechten zu Schulungen ein. Insbe-
und personelle Überschneidungen hin- ■ Burschenschaft Germania Hamburg sondere die radikale Entwicklung des
sichtlich der AutorInnen mit der rechtsex- (DB) Hamburger Leserkreises und seine Beob-
tremistischen Jungen Freiheit (JF). achtung durch den Hamburger Verfas-
Für rechte Inhalte wird auch der Fest- Die Germanen haben eine lange neofa- sungsschutz (VS) führte dazu, dass sich
redner des Königsberg-Kommerses, Jörg schistische Tradition und vertreten selbst die JF von ihrer braunen Subkultur for-
Schönbohm, Innenminister und stellver- in ihrem bundesweiten Dachverband eine mell trennte. Neben der nicht zu unter-
tretender Ministerpräsident von Branden- rechts-außen Position. Schon 1958 muss- schätzenden Ideologiebildung für neofa-
burg, sorgen. Der ehemalige General ge- te sich ein Mitglied dieser Burschenschaft schistische Kreise in Hamburg, gab es bei
hört dem Stahlhelm-Flügel der CDU an für eine nationalistisch-großdeutsche und der Germania in den 90er Jahren auch ei-
und versucht mit rechter Propaganda seit geschichtsrevisionistische Rede vor dem nen militant-neonazistischen Flügel.

6 : antifaschistische nachrichten 8-2005


Anfang der 90er Jahre lud André sitzen auch Korporierte aus anderen Ver- Freitag, 22. April Kundgebung gegen die
Goertz, Landesvorsitzender der inzwi- bänden und Mitbegründerin Iris-Kathrin schwarz-braunen „Waffenbrüder“
„Um den Verlust der deutschen Ostgebiete“ zu be-
schen verbotenen FAP, mit „Heil Euch Fischer, Schwester von Sven, trat unter trauern kommen am 22. April in Hamburg mehrere
Kameraden“ zu Treffen in das Germanen- dem Pseudonym Swantje Swanhwit als hundert schlagende Verbindungsbrüder zu einem
haus ein. Und über ein Komitee für Frei- Nazi-Bardin auch vor Jürgen Riegers sogenannten „Feierlichen Festkommers“ zusam-
willige Reservistenarbeit Nord (KON) Kreisen auf. men. Gegen die Veranstaltung in der Niedersächsi-
nahmen Burschenschafter, auch aus der chen Provinzialloge, unmittelbar am Ort der Depor-
■ Burschenschaft Germania-Königs- tation von tausenden von HamburgerInnen jüdi-
Germania, an Wehrsportübungen teil. berg (DB) schen Glaubens ruft der Uni-AstA mit Unterstützung
Ebenfalls in dieser Zeit war Rolf Leppert des Antifaschistischen Bündnis Hamburg zu einer
Bursche in der Sierichstr. 23 und zeit- Schon der Name verdeutlicht, dass man Kundgebung auf.
gleich Mitarbeiter des berüchtigten Nazi- von alten Gebieten nicht lassen will. Die- 19.00 Uhr, Platz der Jüdischen Deportier-
anwalts Jürgen Rieger. Heute lenkt er als se Burschenschaft integrierte 1950 die ten/Moorweidenstraße
Jurist und Alter Herr die Vereinsgeschäfte Burschenschaft Askania, eine extrem anti-
seiner Burschenschaft. semitische, schlagende Verbindung, wel- Kreisen dürfte jedoch Emil Schlee, ehe-
Inzwischen gibt es Anzeichen dafür, che schon vor 1933 ein Hakenkreuz im maliger Europaabgeordneter der REP und
dass sich die Germania wieder der NPD Wappen trug. Bis 1997 stellten die Kö- Multifunktionär in völkischen Kreisen,
zuwendet. Im Jahr 2000 empfahl die NPD nigsberger ihr Haus der Jungen Lands- sein. Ein weiterer nicht ganz so alter Herr
„national gesinnten Studenten“ die Mit- mannschaft Ostpreußen (JLO), damals ist Hanno Borchert, er war der Kopf des
gliedschaft in der Germania und diese Jugendorganisation der LO zur Verfü- Hamburger Kreises und fand 1997 eine
wiederum sandte potentiellen NPD-Mit- gung. In dieser Zeit geriet die JLO unter namentliche Eintragung im Hamburger
gliedern Informationsmaterial zu. Bis Beobachtung durch den VS und spaltete VS-Bericht. Er engagierte sich auch bei
April 2004 wohnte der Betreiber des neo- sich in den Bund Junges Ostpreußen (LO- der nationalrevolutionären Zeitschrift „wir
nazistischen „Nordic-Hammer-Versan- nah) und die heutige JLO, welche alljähr- selbst“ und bei den völkischen „Unabhän-
des“, Sascha Keller in der Sierichstr., er lich den Naziaufmarsch in Dresden orga- gigen Ökologen Deutschlands“ sowie dem
unterstützt das „Projekt Schulhof“ aus nisiert. Der Burschenschafter Bernhard Heidenkreis Hamburg. Von diesem Verein
dem Kreis der militanten Freien Kame- Knappstein, damals JLO-Schriftleiter or- kommt auch der Alte Herr Daniel Junker,
radschaften. Auch ein Vortragsabend der ganisiert übrigens den Königsberg-Kom- welcher in seinem Verbindungshaus 2003
Germanen im vergangenem Dezember mers am 22. April. Seit Jahren trifft sich den Vortrag „Restauration der Götter. Völ-
richtete sich explizit an Interessierte aus jedoch noch immer die „Staats- und Wirt- kische Religiosität in der Weimarer Repu-
NPD und Freien Kameradschaften: „60 schaftspolitische Gesellschaft“ in den blik“ hielt. Andere Vorträge bei den Me-
Jahre Kesselschlacht in Halbe“ war das Räumen der Germania-Königsberg – ob- ckis hielten u.a. Reinhard Günzel (s.o.),
Thema. Trotzdem schaffte es die Germa- wohl dem Hamburger VS-Vize Manfred Dieter Stein (Herausgeber der JF), Rein-
nia in die Landesregierung zu kommen. Murck „personelle Überschneidungen zu hard Uhle-Wettler, (Vorsitzender der
Christian Brandes konnte als hochschul- rechtsextremistischen Organisationen be- SWG), aber auch Professoren der Ham-
politischer Sprecher der Schill-Partei bis kannt“ sind. Laut Rechtsextremismus-Ex- burger Uni und der Wirtschaftssenator von
2004 die Bürgerschaft als Tribüne für sei- perten Prof. Wolfgang Gessenharter ist Hamburg Gunnar Uldall.
ne anti-egalitäre und reaktionäre Propa- die SWG ein wichtiges Scharnier zwi- ■ Corps Irminsul (WSC)
ganda benutzen. Über ihn ist seine Bur- schen Konservativen und Rechtsextremis-
schenschaft auch mit dem „Verein für ten. Die SWG wurde vor über 40 Jahren Gingen die konservativ, elitären Corps aus
Denkmalerhaltung“ und dem vorstands- von ehemaligen Nazis gegründet und hat KSCV und WSC in den letzten Jahren auf
identischen „Verein zur Erhaltung des seitdem Dutzenden von namhaften Refe- Distanz zur Deutschen Burschenschaft, ja
76er Denkmals“ vernetzt. Das 76er Denk- renten von Alt- und Neonazis, Vertriebe- kündigten die Zusammenarbeit mit Ver-
mal, bundesweit eher als Kriegsklotz be- nen, Geschichtsrevisionisten, Neuen weis auf deren offene Flanke zum Rechts-
kannt, wurde von den Nazis erbaut und Rechten bis hin zu CDU-Funktionären ein extremismus in vielen Bereichen gänzlich
trägt die Inschrift „Deutschland muß le- Forum geboten. Im letzten Jahr trat z.B. auf, so trifft dieses nicht auf das Hambur-
ben – und wenn wir sterben müssen“. der ehemalige Brigadegeneral Reinhard ger Corps Irminsul zu. Das älteste Ham-
■ Burschenschaft Hansea-Alemannia Günzel über die SWG bei den Königsber- burger Corps pflegt seit längerem gute
(DB) gern auf. Günzel wurde aus der Bundes- Kontakte zu den Hamburger Burschen-
wehr entlassen, weil er sich mit dem Anti- schaften und man kandidierte mit Waffen-
Die Hansea nahm die Mitglieder der semiten Martin Hohmann solidarisiert studenten aus DB und CC auf gemeinsa-
schon im ersten Weltkrieg vertriebenen hatte. Medienbeauftragter der SWG ist, men Listen zum Studierendenparlament.
„Alten Straßburger Burschenschaft Ale- wen wundert´s, Bernhard Knappstein. Millionärssohn Sebastian Greve lobte im
mannia“ auf und steht nicht ganz so weit ■ Landsmannschaft Mecklenburgia- StuPa die Kriegsheldentaten seines ritter-
rechts wie die Germania Hamburg, pflegt Rostock (CC) kreuztragenden Großvaters und sitzt ge-
aber enge Kontakte zu dieser. Ihr Mitglied meinsam mit Roger Zörb nicht nur als Al-
Patrick Martens organisierte in den 90ern Weder örtlich (ebenfalls Sierichstr.) noch ter Herr im Corps Irminsul, sondern auch
mehrere Veranstaltungen in seinem Bur- ideologisch sind die Meckis weit von der im Vorstand des „Bismarckbundes e.V.“
schenschaftshaus zu Themen der Neuen Germania-Hamburg entfernt, man pflegt Dieser Verein alter Monarchisten, Preu-
Rechten u.a. mit Karlheinz Weißmann.. auch hier einen völkisch-großdeutschen ßenfans und Revanchisten um Schirmherr
Martens publizierte in dem Sammelband Vaterlandsbegriff. Eine Rede ihres Alten Ferdinand Fürst von Bismarck hält all-
„Wir 89er“ aus dem Umfeld der JF und ist Herren Prof. Dieter Wiebecke´s sorgte jährlich Reichsgründungsfeiern im Sach-
Bewunderer des Konservativen Revolu- 1993 selbst innerhalb des CC für einen senwald ab und zeichnet am 3. Oktober
tionärs Ernst von Salomon. Der ehemali- Eklat, weil er die beispiellose Hingabe und verdiente Rechte mit einer Bismarckme-
ge Freicorpskämpfer Salomon war an der Opferbereitschaft der 6. Armee in Stalin- daille aus, darunter sind auch verfassungs-
Ermordung des jüdischen Außenministers grad 1943 als Vorbild für die heutige Ju- schutz-bekannte Personen. Zörb ist darü-
Rathenau in den 20er Jahren beteiligt. gend bei einer militaristischen Toteneh- ber hinaus noch im Aktuellen Vorstand
Beziehungen in völkisch-pagane Krei- rung in Coburg lobte. Als quasi pro- der SWG, was seiner Tätigkeit als stell-
se bestanden in den 90er Jahren über den grammatisch steht die Rede bis heute auf vertretender Vorsitzender der CDU-
Hansen Sven-Onnen Fischer zum „Hei- den Internetseiten der Mecklenburgia. Be- Mittelstands-Vereinigung jedoch keinen
denkreis Hamburg e.V.“ In dem Verein kanntester Alter Herr in neofaschistischen Abbruch tut. aus Platzgründen gekürzt ■

: antifaschistische nachrichten 8-2005 7


Gedenken in Buchenwald
An der vom Internationalen Ko- und Zwangsarbeit verrichten musste. Sie
mitee Buchenwald/Dora anläss- wies auf die von den Faschisten ver-
lich des 60. Jahrestages der sklavten Frauen aus vielen Ländern Eu-
Selbstbefreiung des Konzentrationsla- ropas hin, deren Schicksal und deren
gers veranstalteten Kundgebung auf dem Widerstand bisher kaum zur Kenntnis
ehemaligen Appellplatz am Sonntag, den genommen wurden.
10. April nahmen viele Menschen aus Kurt Julius Goldstein, Ehrenpräsident
der Umgebung, aber auch aus anderen des Internationalen Auschwitz-Komi-
Teilen der BRD teil, die zum Teil lange tees, der im Februar 1945 von der SS in
Busfahrten hinter sich hatten, als sie auf einem Todesmarsch von Auschwitz nach
dem Ettersberg ankamen. Sie erlebten Buchenwald getrieben wurde, schilderte
eine beeindruckende Feierstunde, an der seine Erlebnisse und die organisierte So-
auch viele ehemalige Häftlinge, einige lidarität der Häftlinge des Lagers bei
von ihnen in ihrer alten Lagerkleidung, Weimar.
teilnahmen. Die Feier endete mit der Verlesung ei-
Besonders bewegend war die Rede ei- nes neuen Schwurs von Buchenwald, der
ner ehemaligen Zwangsarbeiterin aus in fünf Sprachen von Enkel(inne)n ehe-
Polen, die in einem Buchenwald-Außen- maliger Häftlinge vorgetragen wurde.
lager in Leipzig gefangengehalten wurde tri, Fotos: arbeiterfotografie ■

aus der Rede von Felicija Karay:


Ich bin ein weiblicher Häftling der selbst unsere armselige Kleidung.
Hasag Leipzig. Dieses Lager war ei- Tag für Tag marschierten wir in
nes von 23 Außenkommandos von Holzpantinen, in hässlichen grauen
Buchenwald, wo über 28 000 Frauen gestreiften Kitteln, meist mit kahlra-
arbeiten muss-ten. Nur Frauen, aus siertem Kopf zur Arbeit in die Fabri-
ganz Europa: Französinnen, Polin- ken: Sklavenarbeiterinnen in der
nen, Jüdinnen, Sinti und Roma, Un- deutschen Rüstungsindustrie. Stun-
garinnen, Frauen aus der Tschechos- denlang, bei Matsch und Kälte,
lowakei, aus Italien und Rußland. mussten wir beim Appell stehen. In
Wer hat etwas von uns gehört, wer der Nacht bissen uns die Läuse, und
hat etwas über uns gewusst? am Tag ätzte uns das Öl von den Ma-
„Buchenwald“ – das Wort klingt schinen. Wir mussten 8, 10 oder gar
stolz, dort waren Männer, Kämpfer. 12 Stunden in Tag- und Nacht-
Und wer waren wir? Wir wurden schicht arbeiten. In den Fabriken
von unseren Familien getrennt, un- hatte die SS verbreitet, wir seien
sere Kinder waren zu Waisen verur- Diebinnen und Prostituierte. Halbtot
teilt. Unsern Männern blieb nur ein vor Erschöpfung standen wir für die
Foto von uns. Unsere Mütter starben tägliche Rübensuppe in der Schlan-
vor Sehnsucht. Die deutschen Herr- ge. Jeder Meister, jede Aufseherin
scher haben uns alles genommen: konnte uns jederzeit schlagen oder
die Freiheit, die Jugend, unsere befehlen, dass uns die Haare abra-
Weiblichkeit, unsere Schönheit... siert wurden.

8 : antifaschistische nachrichten 8-2005


Wen hat damals unser Schmerz inter- tischen Verbrecher, den eigenen Untergang Gegen 16.00 Uhr verkündete der Lager-
essiert, wen kümmerte es, dass wir gede- vor Augen, noch bereit! älteste Kamerad Hans Eigen über alle
mütigt wurden? Man hatte uns das Recht, Im Morgengrauen des 17. Januar be- Lautsprecher: „Kameraden, wir sind frei!“
Frauen zu sein, abgesprochen: Wir durf- gann für uns ca. 3.000 Häftlinge im ... Nach der Befreiung am 11. April be-
ten keinen Kontakt zu Männern haben, Nebenlager Jawischowicz (ein Nebenlager schloss das Internationale Lagerkomitee
wir durften keine Kinder zur Welt brin- von Auschwitz, red.), in dem ich seit Juli am 19. April abends auf dem Appellplatz
gen. Schwangere schickte die SS nach 1942 war, der Todesmarsch. Jeder bekam eine Trauerfeier für die 52.000 in Buchen-
Auschwitz. Die anderen Frauen hatten ein ganzes Brot und es erging die Weisung, wald Ermordeten durchzuführen. Am
nur ein Recht zu leben, solange sie arbei- seine Decke mitzunehmen. Drei Tage mar- Ende dieser Trauerfeier wurde der in die
ten konnten. In manchen Lagern mussten schierten wir bei -15 Grad über tief ver- Weltgeschichte eingegangene Schwur von
die Frauen sogar schwere Holzstämme schneite Straßen, übernachteten im Freien. Buchenwald in französischer, russischer,
tragen. In anderen Lagern wurde die Ver- Wer beim Marschieren nicht mehr mitkam polnischer, englischer und deutscher Spra-
träglichkeit von Giften an uns getestet. oder im Morgengrauen beim Befehl „An- che verlesen und die 21.000 versammelten
Wir, die vergessenen Frauen von Bu- treten“ nicht mehr hoch kam, wurde von Häftlinge beschworen ihn. In seinen Kern-
chenwald aus ganz Europa, waren die den SS-Banditen erschossen. Dann wur- aussagen ist er heute so gültig wie vor 60
„Stütze“ der deutschen Kriegswirtschaft! den wir in offene Kohlewaggons verladen. Jahren…
Warum? Weil wir billig waren, weil der Nach 2 Tagen kamen wir in Buchenwald Wenn wir heute nach jahrzehntelangem
Fabrikbesitzer für eine Frau nur die Hälf- an. Verpflegung hatte es während des gan- Ringen für die Verwirklichung unseres
te dessen an die SS zahlen musste, was zen Marsches und der Bahn-
ihn eine männliche Arbeitskraft gekostet fahrt nicht gegeben. Von den
hätte! Aber wir haben nicht schlechter als 3.000 beim Abmarsch waren
die Männer gearbeitet und wir konnten wir noch etwa 500 mehr tot
den Hunger viel besser ertragen... als lebendig, als wir in Bu-
Kein Wunder, dass die SS uns gern zu chenwald am Lagertor aus
lebendigen Robotern gemacht hätte. den Händen der SS-Banditen
Ohne Herz, ohne Gefühl, ohne eigenen in die der Buchenwaldcapos
Willen. Der Plan war rentabel, aber er ge- kamen.
lang nicht. Wir hatten keine Gewehre, Mir ist für mein ganzes
keine Handgranaten, um einen Aufstand Leben in Erinnerung geblie-
zu machen. Unser Widerstand sah anders ben, mit welcher geradezu
aus: In jedem Lager, in jeder nationalen liebevollen Kameradschaft-
Gruppe organisierten die Frauen gegen- lichkeit uns die Buchenwal-
seitige Hilfe und pflegten ihre Kultur. der behandelten. Sie haben
Wir sangen gemeinsam, veranstalteten li- damit viel dazu beigetragen,
terarische Abende – an denen manchmal dass wir allmählich auftauten
ganz neue Dichterinnen hervortraten – und ins Leben zurückfanden. Schwurs Bilanz ziehen, dann müssen wir
oder Wettbewerbe, wer die beste Satire … Durch meine französischen und ju- mit Bedauern feststellen, dass es uns in un-
auf die böse Blockälteste schreibt. goslawischen Kameraden und einige deut- serem deutschen Heimatland nicht gelun-
Wir warteten auf die Freiheit. (...) sche Interbrigadisten erfuhr ich im Laufe gen ist, alle Naziverbrecher vor Gericht zu
der Wochen, dass es in Buchenwald gelun- bringen. Wir sind auch weit entfernt von
aus der Rede von Julius gen war, im zähen Ringen und Stück für einer Welt des Friedens und der Freiheit.
Goldstein: Stück die Einheit aller aktiven Antifaschis- Gegenwärtig aber ist das Beunruhigend-
… 60 Jahre ist es jetzt her, da erlebten wir ten zu schaffen; die Einheit im erbitterten ste, dass es nicht gelungen ist, die Wurzeln
hier oben in Buchenwald Apriltage, wie sie Widerstandskampf aller Parteien und die des Nazismus zu vernichten. … Man stelle
sicher einmalig in unserem Leben bleiben. Einheit aller Nationen. Das war die Grund- sich vor, das höchste deutsche Gericht, das
in den ersten Apriltagen hörten wir, wenn lage dafür, dass die internationale Wider- Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe,
auch noch aus der Ferne, dass sich die Alli- standsorganisation in allen nationalen hält die Demonstrationsfreiheit für ein so
ierten Befreiungsarmee dem Lager näher- Gruppen bewaffnete Einheiten schuf. Die hohes Gut, dass die Nazis in Wunsiedel,
te. Die SS versuchte, das Lager zu evakuie- lagen jetzt in Bereitschaft und sie bereite- dem Geburtsort des Hitlerstellvertreters
ren. Die Genossen der Lagerleitung taten ten sich auf den Endkampf mit der SS vor. Hess, zu dessen Ehren demonstrieren dür-
ihr Möglichstes, das zu verhindern. Doch Der fand am 11. April statt. Die dritte ame- fen. Nicht genug damit, in Bochum be-
zu welchen Verbrechen waren die faschis- rikanische Armee hatte mit ihrem Angriff schließt die Stadtverordnetenversammlung
auf Erfurt begonnen. Der Donner der Ge- die in der Pogromnacht der Nazis im No-
schütze kam immer näher. In der Luft er- vember 1938 abgefackelte Synagoge wie-
schienen im Laufe des Vormittags zuerst der aufzubauen. Dagegen wollen die Neo-
amerikanische Aufklärungsflugzeuge und nazis demonstrieren. Städtische und Lan-
dann konnten wir auch Jagdbomber bei ih- desorgane verbieten diese Demonstration.
ren Angriffsflügen vom Lager aus beob- Und wieder, es ist kaum zu glauben, aber
achten. Gegen 14.00 Uhr sahen wir dann, es ist Tatsache, die Richter in Karlsruhe er-
wie unsere bewaffneten Kameraden den lauben auch diese Demonstration.
Stacheldrahtzaun und die Wachtürme ge- … Aber liebe Freunde, wir sind nicht
stürmt haben. Die SS-Leute wurden gefan- die Klageweiber der Geschichte. Wir sind
gen genommen. Insgesamt nahmen die be- der noch lebende Beweis dafür, dass der
waffneten Häftlingseinheiten bei der un- Kampf für Frieden, Freiheit und Glück im-
mittelbaren Befreiung des Lagers 120 SS- mer möglich ist. Unser langes Leben hat
Leute und in der Umgebung weitere 100 uns gelehrt, dass man nie aufgeben darf,
SS-Leute gefangen. Sie wurden im Lager dass man im Herzen die Flamme der Hoff-
eingesperrt. Keinem wurde ein Haar ge- nung und den Willen bewahren muss, eine
krümmt und sie wurden den Amerikanern bessere Welt aufzubauen. Eine Welt, die
als Kriegsgefangene übergeben. der Menschheit würdig ist. ■

: antifaschistische nachrichten 8-2005 9


Der 8. Mai bleibt Tag der Befreiung!
Die Lage in der Hauptstadt, wesentlich anderer ist. Da aber nur die der Charakter eines Festes nicht zum
was, wann und wo am 8. Mai Erstunterzeichner des neuen Aufrufs über Charakter der von Bundesregierung und
stattfinden wird, ist „unüber- die Gestaltung des Programms bestimmen Senat vorgesehenen „Gedenkveranstal-
sichtlich“. Den augenblicklichen Stand dürfen, gibt es für „Europa ohne Ras- tung“ mit über einstündiger Köhler Rede.
dokumentiert eine Infomail der Antifa- sismus“ keine Einflussmöglichkeiten Dass es dabei nicht nur um die Opfer des
schistischen Linken Berlin (AIB). mehr.Trotzdem seien sie natürlich herz- deutschen Faschismus gehen wird, ließ
lich eingeladen zu am 8.Mai vorbei zu der Bundespräsident schon letzte Woche
Das Bündnis „Europa ohne Rassismus“ kommen, hieß es von Seiten des Senats. bei seiner Rede in Halberstadt erahnen...
muss gerade einen herben Rückschlag Frech wurde den einzelnen Initiativen, Die Anmeldung für unsere Demonstra-
verkraften. Das vorwiegend aus zivilge- ersatzweise zum eigenen Programm auf tion („Spasibo“ Bündnis) wurde bisher
sellschaftlichen Initiativen, ohne größere Probleme genehmigt. Es
aber auch Vertretern von wird wie geplant um 10 Uhr am Ber-
Parteien, Gewerkschaften tolt-Brecht-Platz am S-Bhf. Friedrich-
und der Kirche zusammen- strasse losgehen und dann in Richtung
gesetzte Bündnis hatte eine Alexanderplatz gehen, von wo die Na-
Kundgebung am Branden- zis loslaufen wollen. Die Plakate und
burger Tor angemeldet. Am Aufrufe sind inzwischen gedruckt und
nationalen Symbol der interessierten Gruppen schicken wir
Deutschen wollte es ein gerne welche zu. Außerdem haben wir
Zeichen gegen den Auf- eine CD-Rom für Mobilisierungsver-
marsch der NPD/JN set- anstaltungen vorbereitet. Auf dieser
zen. Schnell sagte der Ber- findet ihr ein Skript für die Veranstal-
liner Senat seine finanzielle tung und eine Power-Point-Präsenta-
Unterstützung zu. Proble- tion. Falls ihr also Interesse habt, bei
matisch war jetzt nur noch euch in der Gegend Mobilisierungs-
das Demonstrationsrecht, veranstaltungen zu machen, dann
das den rechten Erstanmeldern das de- den Bühnen, die Möglichkeit zur Selbst- mailt uns und wir schicken euch das Ma-
monstrieren an diesem Ort eigentlich er- darstellung in Zelten vorgeschlagen. Die- terial. Für Termine in Bezug auf den 8.
lauben müsste. Um die Bilder von den se werden in der Nähe der Veranstaltung Mai steht weiterhin die Mobilisierungs-
Nazis zu vermeiden, die am Tag der Be- auf der so genannten „Meile der Demo- seite des „Spasibo“ Bündnisses zur Verfü-
freiung durch das Brandenburger Tor kratie“ stehen. Größtenteils wird dieses gung:
marschieren, entschieden sich Bundesre- Vorgehen im Bündnis als Skandal emp- www.8.mai@antifaschistische-aktion.com
gierung und Senat kurzerhand für einen funden. Zwar soll trotzdem weiter ge-
Staatsakt im Bundestag, der an den histo- macht werden, allerdings ist unklar, was Antifaschistische Linke Berlin [ALB], Postfach 580
rischen Ort am Brandenburger Tor über- für Möglichkeiten es derzeit noch gibt. 544, 10414 Berlin, Tel.: (030) 27 56 07 56, Fax.:
(030) 27 56 07 55, e-mail: mail@antifa.de, e-mail-
tragen werden soll. Als offizielle staatli- Den OrganisatorInnen einer Brecht-In- Anfragen zum 8.-Mai: 8.mai@antifaschistische-ak-
che Veranstaltung hat dieser eine grund- szenierung, den „Himmlischen Vier“, die tion.com, Website der ALB: http://www.antifa.de
sätzliche Bevorzugung gegenüber dem noch vor den Nazis angemeldet hatten, Website des „Spasibo“ Bündnisses: http://www.8-
Demonstrationsrecht. Den meisten Initia- wurde nahe gelegt die Veranstaltung ab- mai.antifaschistische-aktion.com
tiven aus „Europa ohne Rassismus“ kam zusagen. Sogar die AnmelderInnen der Website des berlinweiten linken „8.Mai-Bündnis“:
dies gelegen, gab es nun anscheinend kei- Veranstaltung am sowjetischen Ehrenmal http://www.achter-mai-2005.de
ne Probleme mehr, ihre Kundgebung in Tiergarten, dem „8.Mai Bündnis“, zu Aufruf von „Europa ohne Rassismus“:
http://www.berliner-initiative.de oder
durchzuführen. dem auch der VVN/BdA und die Friko
http://www.mbr-berlin.de
Anfang letzter Woche wurden sie aller- gehören, wurden gebeten, ihre Anmel- Website des Staatsaktes:
dings eines Besseren belehrt. Ein Vertre- dung zurückzuziehen. Außerdem passe http://www.tagfuerdemokratie.de
ter des Senats klärte sie darüber auf, dass
sie von der Gestaltung des Programms
auf den Bühnen ihrer Kundgebung ausge- Aus dem Aufruf: „Berliner Initiative: Europa ohne Rassismus“
schlossen seien. Sogar ein neuer Aufruf Die Alliierten Streitkräfte haben es am 8. Mai 1945 unter millionenfachen Opfern geschafft, die Deut-
wurde für die Kundgebung verfasst, des- schen und Europa von 12 Jahren nationalsozialistischer Diktatur zu befreien, einem menschenverachten-
sen Erstunterzeichner, neben der Bundes- den Regime, von dem ein verbrecherischer Angriffskrieg und Terror ausging, der Millionen Menschen das
vereinigung der Deutschen Arbeitgeber- Leben kostete und Elend, Leid und Vertreibung zur Folge hatte. Das nationalsozialistische Deutschland
verbände (BDA) und diversen Stiftungen, musste bedingungslos und vollständig kapitulieren. Den Alliierten Streitkräften gilt an diesem Tag unser
alle Parteien des Bundestags inklusive Dank sowie all jenen, die aktiv gegen das nationalsozialistische Terrorregime Widerstand geleistet ha-
ben. Wer dies in Frage stellt, versucht Geschichte und die Verantwortung von Deutschen zu relativieren.
Edmund Stoiber von der CSU sind. Aus- Wir werden es deshalb auch nicht hinnehmen, dass Neonazis zum 60. Jahrestag der Befreiung vom
nahme ist die PDS, die zwar auch Erst- Nationalsozialismus in Berlin aufmarschieren und versuchen, am Brandenburger Tor, in unmittelbarer
unterzeichnerin sein wollte, aber wegen Nähe des Mahnmals für die ermordeten Juden Europas, die Geschichte zu verfälschen. Ihre Demonstra-
der CDU nicht durfte. Der Inhalt und das tion unter dem Motto „ Schluss mit der Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult“ ist eine Verhöhnung
Motto („8. Mai – Ein Tag für die Demo- der Opfer und all derjenigen, die im Kampf gegen den Faschismus ihr Leben ließen.
kratie“) sind inhaltsleer und versuchen Die Berliner Initiative Europa ohne Rassismus begrüßt und unterstützt all die unterschiedlichen Aktivitä-
den 8. Mai im Sinne neuer weltpoliti- ten und Initiativen engagierter Einzelpersonen und Gruppen zum 60. Jahrestag der Befreiung und gegen
scher Ambitionen der rot-grünen Bundes- den Nazi-Aufmarsch. Zugleich rufen wir alle auf: Lassen Sie nicht zu, dass Berlin zum Aufmarschgebiet
der Nazis wird. Kommen Sie mit uns zum Brandenburger Tor, besetzen wir den öffentlichen Raum und zei-
regierung umzudeuten und das Grundge- gen, dass in Berlin kein Platz für Nazis ist – nicht für alte und nicht für neue, nicht am 7. und nicht am 8.
setzt als einzige Lehre aus dem National- Mai. Stehen Sie mit uns für ein tolerantes und weltoffenes Berlin und für die Verantwortung Deutschlands
sozialismus darzustellen. Dementspre- vor der Geschichte. Der 8. Mai ist der Tag der Befreiung und das muss er bleiben.
chend verwundert es kaum, dass nun
auch der Charakter des Programms ein

10 : antifaschistische nachrichten 8-2005


: ausländer- und asylpolitik
sich nicht verbieten. Er wird weiterge-
hen, auch und grade am Frankfurter
Flughafen!
Presseerklärung der Abschiebegegner,
Die Toten Hosen und PRO feat. Curse, Funny Van Dannen, Klee, 3.4.05 ■
ASYL stellen CD vor Laith Al-Deen, Mia, Patrice & Laygwan
Sharkie, Paul Van Dyk, 2raumwohnung, Protestresolution
„On The Run“ – auf der Flucht – Rosenstolz, Sportfreunde Stiller, Toco-
18 Künstlerinnen und Künstler tronic. gegen die Behandlung der Flüchtlinge
der unterschiedlichsten Musik- durch die Regierung von Oberbay-
richtungen haben sich zusammengefun- Spontandemo im Flughafen ern, anlässlich des Europaweiten Ak-
den, um gemeinsam mit PRO ASYL ein tionstages für Bewegungsfreiheit und
Zeichen zu setzen: Für Flüchtlinge – ge- Frankfurt/Main Bleiberecht von MigrantInnen und
gen alles, was rechts ist. Einsatz für Frankfurt. Im Rahmen des Anti-La- Flüchtlingen am 1. 4. 2005 in Mün-
Flüchtlinge und verfolgte Menschen, ger-Action-Days am 2.4. gab es eine chen
Kampf gegen rechte Tendenzen, die Ver- Kundgebung und Spontandemo im In Europa leben viele MigrantInnen und
teidigung von Freiheit und den Grund- Frankfurter Flughafen. Damit sollte wie- Flüchtlinge. Unglücklicherweise werden
werten unserer Gesellschaft – dafür steht der einmal auf das Geschäft mit den Ab- deren Rechte tagtäglich mit Füßen getre-
diese Initiative. schiebungen von Lufthansa und Fraport ten. Heute, anlässlich des Europäischen
Die Toten Hosen und PRO ASYL ap- aufmerksam gemacht werden und die Aktionstages, sind wir, die Karawane
pellieren gemeinsam: „Wir brauchen ei- Rolle Frankfurts als größtem Abschie- München, auf der Straße, gemeinsam mit
nen breiten Aufschrei gegen alles, was bungsflughafen Deutschlands themati- Menschenrechtsorganisationen, Flücht-
rechts ist.“ Sie appellieren, fremden- siert werden. lingen, Sans-Papiers, AntirassistInnen, in
Gegen 12 Uhr versammelten sich Italien Griechenland, England, Finnland,
ca. 50 AntirassistInnen im Terminal 1 Spanien und anderen Ländern, um ein
des Frankfurter Flughafens. Sie ver- Leben in Würde für uns alle einzufor-
teilten Flugblätter an Reisende, hiel- dern. Hier in München demonstrieren
ten eine Kundgebung ab und veran- wir vor der Regierung von Oberbayern,
stalteten schließlich eine Spontande- da diese eine der Institutionen ist, die für
mo durch das Terminal. Anschließend die Verwaltung des täglichen Lebens der
gab es eine weitere Kundgebung. Po- Flüchtlinge verantwortlich sind.
lizei und BGS waren nur spärlich ver- Was tut die Regierung von Oberbay-
treten und mussten die Demonstrie- ern?
renden gewähren lassen, es gab keine ● Unterbringung der Flüchtlinge und
Festnahmen. MigrantInnen:
Anlass war der europäische Anti- Die Regierung von Oberbayern ist ver-
Lager-Action-Day, an dem in ganz antwortlich für die meisten Container-
Europa Proteste gegen die Internie- und Barackenlager in der Region. Zum
rung und Abschiebung von Flüchtlin- Beispiel: Schwankhardtweg, Emma-Ih-
gen unter dem Motto „Freedom of rer-Straße oder Rosenheimer Straße, wo
movement and right to stay!“ stattfin- die Asylsuchenden unter unerträglichen
den. Bedingungen leben: 4 Alleinstehende
Auch im Flughafen selbst befindet oder eine Familie teilen sich ein kleines
sich ein Internierungslager für Zimmer von 15 Quadratmetern; Heizun-
feindlichen, nazistischen und rassisti- Flüchtlinge, die sich im sog. Flughafen- gen und Duschen sind oft kaputt; Kü-
schen Äußerungen entschieden zu wider- verfahren befinden. chen, Toiletten und Waschräume sind
sprechen. Der Kampf gegen Rechts be- Im letzten Jahr fanden 21.970 Ab- völlig unzureichend für die große Zahl
ginne in den Köpfen. schiebungen aus Deutschland auf dem von Menschen; Zeiten zum Wäschewa-
Die Toten Hosen und PRO ASYL war- Luftweg statt, ein Großteil davon über schen oder Postabholen sind sehr be-
nen vor einer Politik die auf Abschie- den Frankfurter Flughafen. Im Schnitt schränkt; in den Lagern mangelt es an
bung und Ausgrenzung setzt. Sie spiele werden allein über Frankfurt ca. 20-30 Hygiene und oftmals findet man Mäuse
der Rechten in die Hände. Wer Flüchtlin- Menschen pro Tag abgeschoben. Immer und Kakerlaken. Die Unterbringung von
ge in Lagern isoliere, die Menschen in wieder (wenn auch immer noch viel zu Flüchtlingen in Lagern ist eine Form der
ihrer Bewegungsfreiheit beschneide und selten) kommt es dagegen zu Protesten, Nichtintegration, der Isolation von
immer wieder statt von politischen in Frankfurt zuletzt bei der versuchten Flüchtlingen von der deutschen Gesell-
Flüchtlingen von Illegalen rede – der lei- Abschiebung der Iranerin Zarah Kameli, schaft.
te Wasser auf die Mühle der Rechten. welche in letzter Minute verhindert wer- ● Tägliche Repression:
Solch eine Politik sei hilflos im Kampf den konnte, da der Pilot sich weigerte sie Besuchszeiten sind von 8 Uhr Morgens
gegen Rechts. mitzunehmen. bis 22 Uhr Abends begrenzt. Die Lager-
„Nicht nur Gewalttaten von rechts Die Fraport versucht schon seit gerau- leiter können jeder Zeit die Türen öffnen
greifen das Fundament der Gesellschaft mer Zeit, den Protest gegen das Abschie- und sogar die persönliche Habe durchsu-
an – auch Paragrafen können Menschen begeschäft zu kriminalisieren und geht chen. Der Sicherheitsdienst klopft zu je-
erschlagen.“ rigoros gegen AbschiebegegnerInnen der Tages- und Nachtzeit an die Türen,
PRO ASYL dankt allen Künstlerinnen vor. Bei den Protesten im Februar gegen sogar um 2 Uhr morgens, wenn die Leu-
und Künstlern, die sich kostenlos und die Abschiebung von Zarah wurden ins- te sich ausruhen, und verlangt „Ausweis,
unentgeltlich bereit erklärt haben, bei gesamt 62 Personen in Gewahrsam ge- bitte!“. Diese Art, den Schlaf zu stören,
dieser Benefiz-CD mitzumachen: Die nommen und über Nacht festgehalten. traumatisiert die Menschen.
Toten Hosen, Mousse T., Beat-steaks, Doch der Widerstand gegen die deutsche Die Lagerleiter sind gewissermaßen
International Pony, Astra Kid, Beginner, Abschiebepolitik und die Verwicklungen „Polizisten in Zivil“, die meist nicht für
Biermösl Blosn, Italo Reno & Germany von Fraport und Lufthansa darin lässt das Wohlergehen der Flüchtlinge arbei-

: antifaschistische nachrichten 8-2005 11


ten, sondern im Gegenteil den Druck Die Broschüre „Versteckspiel –
unterstützen, der von den Behörden auf Lifestyle, Symbole und Codes
die Flüchtlinge ausgeübt wird. Oft führt von neonazistischen und extrem
die Polizei, in Zusammenarbeit mit den rechten Gruppen“ ist in einer überarbeite-
Lagerleitern, rassistische Kontrollen ten Auflage neu erschienen. Sie wurde
rund um die Lager durch und von Zeit zu überregional konzipiert und trägt den ak-
Zeit kommen sie in der Nacht, um je- tuellen Entwicklungen, insbesondere im
manden zur Abschiebung zu verhaften. Bereich der Bekleidungsmarken und Pu-
In einem Lager gibt es weder Frieden blikationen, Rechnung. Die Broschüre
noch Sicherheit für Flüchtlinge! will kein einfacher Katalog sein. Es wur-
● Versorgung der Asylsuchenden den diejenigen Elemente zusammengetra-
Die Asylsuchenden in Bayern bekom- gen, die im Alltag rechter Jugendlicher tat-
men nur Essenspakete und Taschengeld sächlich eine Rolle spielen. Im Vorwort
von 40 – und manchmal sogar nur 30- heißt es dazu: „Eine bloße Auflistung ver-
Euro/Monat. Die Lebensmittel in diesen botener Symbole, wie sie beispielsweise
Paketen sind ihren Bedürfnissen nicht in den Publikationen des Verfassungs-
angemessen. Sie bekommen Produkte, schutzes auftauchen, macht unserer Mei-
die oft nicht ihren kulturellen Essensge- nung nach keinen Sinn. Uns geht es da-
wohnheiten entsprechen, was oft dazu rum, die Lebenswelt, Funktionsweise und
führt, dass die Leute das, was sie bekom- Dynamik extrem rechter Orientierung ver-
men, gar nicht essen können. Die 30 oder ständlich zu machen.“
40 Euro reichen den Flüchtlingen nicht
für nötige Ausgaben, zum Beispiel den Bezugsbedingungen: Versteckspiel, rat – reihe antifaschistischer Texte c/o Schwarzmarkt, Kl.
Kauf von Bus- und Zugtickets, was Leu- Schäferkamp 46, 20357 Hamburg, 3 Euro plus 1 Euro Versand, ab 10 Exemplare 25 Euro inkl.
Versandkosten. Nur gegen Vorkasse in bar und/oder Briefmarken. Größere Mengen können
te automatisch dazu zwingt, zu Hause zu
beim Herausgeber AP e.V., Lausitzer Str. 10, 10999 Berlin, mail@aspberlin.de bestellt werden.
bleiben.
● Kollaboration mit den Botschaften
für die Abschiebung Fans skandierten Mussolini- Anhänger grüßte, riefen diese ihm „Duce,
Die „Zentrale Rückführungsstelle Süd“, Gesänge Duce“ zu. Nach dem Spiel kam es auch zu
die Teil der Regierung von Oberbayern Auseinandersetzungen zwischen den An-
ist, ist verantwortlich dafür, für die kom- Rom. Die Anhänger des italienischen Fuß- hängern der beiden Klubs. Mittlerweile
munalen Ausländerbehörden Kontakt ball-Klubs Lazio Rom haben wieder ein- hat sich auch das italienische Innenminis-
mit den Botschaften herzustellen, um mal durch rassistische und faschistische terium des Vorfalls angenommen. Die Be-
„Heimreisepapiere“ für die Abschiebung Auswüchse auf sich aufmerksam ge- hörde will nun Stadien, in denen die Ge-
zu bekommen. Zu diesem Zweck organi- macht. Während der Begegnung gegen fahr von Krawallen besteht sofort sperren.
siert die „Zentrale Rückführungsstelle“ den AS Livorno Calcio schwenkten Lazio- Lazio Rom ist in Sachen fremdenfeindli-
auch sogenannte Sammeltermine mit den Fans Hakenkreuzfahnen und stimmten che, faschistische und antisemitische Paro-
Botschaften. Zum Beispiel gab es solche Gesänge an, die dem faschistischen Dikta- len kein unbeschriebenes Blatt. Im Januar
Termine im Lager in der Tischlerstraße tor Benito Mussolini huldigten. Dazu wa- hatte sich der Kapitän der Mannschaft, Pa-
in München mit den Botschaften von ren Transparente mit SS-Symbolen und olo di Canio, während des Derbys gegen
Togo, Nigeria, Algerien und anderen der Aufschrift „Rom ist faschistisch“ zu den AS Rom von den eigenen Fans mit
Ländern, um für eine große Zahl von sehen. Auch die Schweigeminute für den dem faschistischen Gruße feiern lassen.
Flüchtlingen gleichzeitig „Heimreisepa- Papst wurde laut Kicker.de durch faschisti- Der Fußballer hatte nach seinem 1:0 den
piere“ auszustellen. In manchen Fällen sche Parolen unterbrochen. Als der Klub- „Lazio-Ultras“ den gestreckten rechten
wurden – zum Beispiel durch die Bot- Chef Claudio Lotito nach dem Spiel die Arm gezeigt. nach Presseberichten ■
schaft von Nigeria – sogar „Heimreise-
papiere“ an Personen ausgestellt, die gar
nicht aus dem jeweiligen Land kommen. ● Bequeme Unterbringung für Flüchtlin- ● Arbeitserlaubnis für alle!
Wir verurteilen all die genannten ge gemäß ihren Bedürfnissen – Schlie- ● Schluss mit rassistischen Polizeikon-
Praktiken, mit denen die Behörden, und ßung der Lager! trollen!
im Speziellen die Regierung von Ober- ● Bargeld, keine Essenspakete! ● Stopp aller Abschiebungen!
bayern, die Rechte von Flüchtlingen ver- ● Schluss mit der Kollaboration mit den ● Bleiberecht und Bewegungsfreiheit für
letzen und wir erklären, dass wir auch in Botschaften zur Abschiebung von alle!
Zukunft dagegen Widerstand leisten Flüchtlingen Wir fordern von der Regierung von
werden. ● Schließung der „Zentralen Rückfüh- Oberbayern eine schriftliche Antwort an
Wir fordern von der Regierung von rungsstelle“! die Karawane für die Rechte der Flücht-
Oberbayern: Wir kämpfen auch für: linge und MigrantInnen!
● Abschaffung der Residenzpflicht! http://carava.net/ ■

12 : antifaschistische nachrichten 8-2005


: Neuerscheinungen, Rezensionen

„Braune tionalismus“ als Produkt einer


männerdominierten Gesell-
Autonomie und Bedeutung so-
wohl im Rahmen moderner
Schwestern?“ schaft übt. Der entscheidende Rollenbilder – durch Teilnah-
Die Erkenntnisse femi- Knackpunkt liegt der Autorin me am Erwerbsleben etwa -
nistischer Gesell- zufolge vielmehr beim grund- als auch durch archaische ide-
schaftstheorie mit wis- sätzlich herrschaftskritischen ologische Bilder von der „ger-
senschaftlichen Beobachtun- Charakter einer feministischen manischen Volksgenossin“
gen über die Hintergründe Kritik, oder dem Mangel dar- herausstreichen. Insofern wie-
rechtsextremen Engagements an. So könne eine an „Gleich- sen die unterschiedlichen
zusammenzuführen: Diese an- heit“ orientierte Handlungs- Handlungs- und Orientie-
spruchsvolle Aufgabe haben strategie von Frauen – wenn es rungsangebote jeweils ver-
sich sieben Autorinnen gesetzt, an ihr an herrschaftskritischer schiedene Anknüpfungspunkte
deren Sammelband „Braune Absicht fehle – etwa zum Aus- und Möglichkeiten der Verein-
Schwestern?“ vor wenigen druck der begrenzten Interes- nahmung auf. Dagegen schüt-
Wochen erschienen ist. Die sen weißer Mittelschichtsfrau- ze nur die Verbindung des Fe- Antisemitismus und
sieben bringen eine Menge en werden, die besser am pri- minismus mit genereller Ab- Sexismus
wissenschaftlichen Sachver- vilegierten Status von Metro- lehnung von Hierarchie und Cordelia Heß beleuchtet in ih-
stand und Erfahrung zu dem polenbürgerInnen teilhaben Herrschaft. rem teilweise historisch ausge-
Thema zusammen – dennoch wollen. Von der Bänkelsängerin bis richteten Beitrag das „Verhält-
ist kein dickleibiges Spezialis- Ebenso kann die differenz- zur brutalen Rock- nis von Sexismus und Antise-
tinnenwerk entstanden, son- orientierte Perspektive dazu Walküre mitismus im völkischen Welt-
dern ein gut zu lesendes und führen, sich in einer dualen, bild“. Vor allem im späten 19.
die Heranführung an die dop- auf Bipolarität beruhenden Kirsten Döhring und Renate und frühen 20. Jahrhundert
pelte Thematik erleichterndes Verteilung der Geschlechter- Feldmann stellen in ihrem Text war die Vorstellung vom Na-
Buch. rollen einzurichten. Dagegen eine Reihe rechtsextremer Ak- tionalstaat als einem lebenden,
Den darin enthaltenen Bei- zeichne sie sich, falls sie mit tivistinnen vor: von der NPD- organischen Wesen und homo-
trägen ist gemeinsam, dass allgemeiner Herrschaftskritik Bänkelsängerin mit mysti- genen „Körper“ äußerst prä-
Frauen grundsätzlich nicht als verbunden sei, durch die gene- schem Einschlag bis zu Neona- sent. Diskussionswürdig wäre
von Natur aus „bessere Men- relle Ablehnung von sozialer zi-Rockerinnen, die Texte sin- dabei die Feststellung: „Die
schen“, auch nicht passive Op- „Homogeneität“ aus und durch gen wie „Kampf für Deutsch- völkische Ideologie formuliert
fer gesellschaftlicher Struktu- die Affirmation „multipler land“: „Unser Marsch bewegt dabei gewissermaßen die
ren betrachtet werden: Die Identitäten“ auch im Individu- die Massen, und Millionen rei- Grundlagen der bürgerlichen
Autorinnen betonen immer um selbst. Parallel dazu müsse hen sich!“ Das Spektrum kon- Gesellschaft aus“, indem sie
wieder, dass sie ebenso rassis- eine mit genereller Kritik an zentriert sich allerdings auf die letztere radikalisiere, und fer-
tisch oder nationalistisch oder Hierarchien und Dominanz militant-neonazistische Szene ner die Subsumtion völkischer
antisemitisch wie Männer sein einher gehende, prinzipielle und weniger auf rechtsextreme Theorien unter den Oberbe-
können. Aufgrund vorhandener Gleichheitsperspektive not- Wahlparteien mit vergleichs- griff des „westlichen Den-
gesellschaftlicher Strukturen wendig auch Kritik an Ras- weise bürgerlichem Habitus kens“. Tatsächlich ist das Ver-
drücken sie das freilich mitun- sismus oder Klassenherrschaft wie „Die Republikaner“ hältnis des deutsch-völkischen
ter in anderen Handlungsstrate- beinhalten. (REPs). Auch sie konstatieren, Nationalismus zum republika-
gien aus als Männer. Im Bereich der rechtsextre- dass klassische frauenpoliti- nischen Nationalstaat, wie er
An welche frauenpolitischen men Weltbilder konstatiert die sche Topoi wie die Thematisie- 1789 in Frankreich entstand,
Themen kann die extreme Autorin zunächst, dass die rung von sexistischer Gewalt und seiner Ideologie sowohl
Rechte anknüpfen? Frage der gesellschaftlichen auch von aktiv rechtsextremen durch Kontinuitäten gekenn-
Stellung von Frauen insgesamt Frauen vorgebracht werden zeichnet als auch durch Brüche
Zur Einführung vielleicht am eine untergeordnete Rolle können. Kritisiert wird von ih- und durch die Mobilisierung
besten geeignet ist der Beitrag spiele. Oben auf der ideologi- nen allerdings nicht oder äu- reaktionärer Affekte gegen die
von Renate Bitzan. Die Verfas- schen Agenda steht vielmehr ßerst selten der gewalttätige bürgerliche Moderne und „den
serin möchte ergründen, wel- die Zugehörigkeit zu Nation, Sexismus, den es in ihrer eige- Westen“ in Gestalt des „verne-
che Versatzstücke oder welche „Rasse“ oder „Volksgemein- nen Szene – vor allem im Be- gerten Frankreich“ oder der
Unterströmungen des Femi- schaft“. Doch innerhalb des – reich der Skin-Subkultur – „Mischlingsrepublik USA“.
nismus am ehesten von Frauen insgesamt nur relativ geringe ganz ungeschminkt gibt. Viel- Insofern wäre die Bezeichnung
mit rechtsextremem Hinter- Bedeutung aufweisenden – mehr werden wahrgenommene des völkischen Denkens als
grund kompatibel gemacht und Bereichs der rechtsextremen Bedrohungen von Frauen sys- „antiwestlich“ genauso pas-
für deren eigene Zwecke ge- Frauenbilder gibt es erhebliche tematisch projiziert auf Perso- send oder ebenso ungenau wie
nutzt werden können. Differenzierungen: Die Einen nen und Kreise, die außerhalb der Oberbegriff „westlich“.
Dabei nimmt sie weder den streben vor allem nach einer der nationalen oder „rassi- Ausgehend von der richti-
am Topos der „Gleichheit“ Rolle als Mutter und Gefährtin schen“ Gemeinschaft stehen. gen Darstellung und Kritik des
zwischen Männern und Frauen des „kämpfenden“ Mannes, Dazu gehören besonders ideo- Ideologems vom „homogenen
orientierten, sich positiv auf die sich in der Vorstellung ei- logische Chiffren wie die oft Staats- und Volkskörper“ weist
„Vernunft und Aufklärung“ ner Dualität der Geschlechter beschworene Angst vor dem die Autorin den Zusammen-
charakterisierenden Femi- einfügen, während die anderen „fremdländischen, dunkelhäu- hang mit einer systematischen
nismus grundsätzlich von die- dagegen die heroische Rolle tigen Vergewaltiger“. Solche Darstellung der Frauen als
ser Möglichkeit aus - noch die der „kämpferischen“ Frau und Sätze lassen sich tatsächlich schwache, triebgesteuerte und
andere große Strömung, der Aktivistin herausstreichen. bei einer Vielzahl zu Wort sexualisierte Wesen nach.
sich an Differenz orientiert Im letzteren Falle kann die kommender rechter Frauen fin- Denn im völkischen Weltbild
und Kritik am „einseitigen Ra- rechtsorientierte Frau ihre den. geht die Bedrohung von der

: antifaschistische nachrichten 8-2005 13


Vorstellung aus, „Fremdrassi- hang. Diese machte sich im Solidarität über
ge“ – etwa die Juden – drän- Umfeld des damaligen FN-
gen in den Volkskörper ein Chefideologen Bruno Mégret Grenzen
und zersetzten ihn von innen breit, der aber zum Jahres- Am 12. März starb
her: Der Weg dazu führt über wechsel 1998/99 aus der Par- Lisa Fittko
die Frau, die nicht auf die tei flog, weil er den All- Die antifaschistische Wider-
„Bewahrung ihres Blutes“ machtsanspruch von Jean-Ma- standskämpferin Lisa Fittko
acht gibt und sich verführen rie Le Pen in Frage gestellt begann in den 80-er Jahren,
lässt; Juden ihrerseits werden hatte. Diskussionsbedürftig mit über 70, ihre Erinnerungen
extrem sexualisiert und mit hingegen erscheint die These, aufzuschreiben. „Solidarität
auffälligen Körpermerkmalen die frauenpolitische Moderni- unerwünscht“ hieß das Buch
dargestellt. Bezogen auf die sierung sei entwickelt worden, über ihre Jugend in Berlin, ihre
jetzige Phase konstatiert die um gegenüber „Rechtskonser- politischen Aktivitäten gegen
Autorin das Fortleben solcher vativen“ bündnisfähig zu wer- die Faschisten, die gerade die
Topoi, aber in dieser Konstel- den: Zumindest während grö- Macht in Deutschland über- FIAT-Institut de France, Aca-
lation nur im engeren Kreis ßerer Teile der 90er Jahre ver- nommen hatten, ihre Flucht in démie des Sciences morales et
offen pro-nationalsozialisti- suchte der FN eher, als „natio- die Tschechoslowakei und ihre politiques. In dem kleinen
scher Gruppen. In bürger- nale Systemalternative“ und, „Grenzarbeit“ an der böh- französischen Grenzort Ban-
lichen und konservativen Krei- vor allem, als „jenseits von misch-sächsischen Grenze yuls-sur-mer wurde vor eini-
sen dagegen sei eine offene Links und Rechts“ zu erschei- (vgl. DTN Nr. 23/Oktober und gen Jahren ein Denkmal für
Verbindung mit einem solchen nen. Damals versuchte die Nr. 25/Januar 2001). die Tätigkeit der Fluchthelfer
primären Antisemitismus eher Partei sowohl Wählerschich- In „Mein Weg über die Py- errichtet. Die Route, auf der
zur Ausnahme geworden, dort ten aus der Arbeiterschaft und renäen“, das kürzlich im Deut- sie die Flüchtlinge über die
sei er eher dem sekundären frühere Linkswähler anzuzie- schen Taschenbuch-Verlag neu Grenze brachten, wurde be-
Antisemitismus – als politi- hen als auch konservative erschien, berichtet sie über die kannt als die „F-Route“ – be-
scher Schuldabwehr – gewi- Kleinbürger nach rechts zu ra- Fortsetzung ihrer Fluchthelfer- nannt nach den Fittkos.
chen. dikalisieren. Das war zwar tätigkeit an der französisch- „,Mein Weg über die Pyre-
Frauen und Geschlechterpo- Demagogie, aber der Versuch, spanischen Grenze. Hunderte näen‘ ist eine Autobiografie, in
litik beim Front National auch auf Frauen anziehungs- von Menschen, die wegen ih- der die Autorin ihre Erfahrun-
kräftig zu wirken, ist wohl rer politischen Einstellung gen der Jahre 1940-41 nach
Die einzige Monographie ei- eher in diesen Zusammenhang oder ihrer „Rasse“ von den der Niederlage Frankreichs be-
ner rechtsextremen Organisa- zu stellen. Nazis verfolgt wurden und schreibt. Sie lebte damals als
tion ist die Darstellung des Gabi Elverich hat zahlrei- auch in Vichy-Frankreich kei- deutsche Emigrantin bereits in
französischen Front National che Publikationen von FN-na- nen Schutz fanden, wurden Frankreich, und die Angst vor
(FN) von Gabi Elverich. Die hen Frauenorganisationen wie von Lisa Fittko und ihrem dem Vorrücken der Nationalso-
Autorin konstatiert eine Mo- des „Nationalen Zirkels euro- Mann Hans über die Grenze in zialisten bildet den Hinter-
dernisierung des geschlechter- päischer Frauen“ (CNFE, Cer- Sicherheit gebracht, unter ih- grund der Schilderungen, in
politischen Diskurs der cle national des femmes d’Eu- nen der Philosoph Walter Ben- denen sie ihre eigenen und die
rechtsextremen Partei in den rope) ausgewertet und konsta- jamin. Dabei arbeitete das Exil-Erfahrungen ihrer Schick-
90er Jahren. Statt allein mit tiert für dieses Jahrzehnt eine Ehepaar mit dem amerikani- salsgenossen mit den französi-
Familienmoral und Abtrei- erneute Traditionalisierung, schen „Emergency Rescue schen Behörden darstellt. Ob-
bungsverbot zu drohen, sollen eine Rückentwicklung des Committee“ unter der Leitung wohl Fittko das Buch erst fast
Frauen auch attraktiv erschei- frauenpolitischen Diskurses von Varian Fry zusammen fünfzig Jahre nach diesen Er-
nende Angebote gemacht wer- der Partei. Damit liegt sie (Buchautor von „Auslieferung eignissen verfasst hat, be-
den. Beispielhaft ist der ins ohne jeden Zweifel richtig. auf Verlangen“; engl: Surren- schreibt sie die chaotische
FN-Wahlprogramm aufge- Ursächlich dafür dürfte aller- der on demand). Schließlich Lage im besiegten Frankreich
nommene Programmpunkt, dings vor allem der Verlust mussten die beiden selbst flie- und die Atmosphäre aus Ge-
der den Frauen versprochene der meisten Intellektuellen hen. fahr und Verfolgung auf er-
„Mutterlohn“. Dieser wird in und Kader sein, der seit der Obwohl die geschilderten staunlich unmittelbare und
den Phasen, in denen der FN- Parteispaltung von 1999 er- Ereignisse sich später abspiel- dennoch nüchterne Weise.“ So
Diskurs sich besonders mo- folgte. ten als die von „Solidarität un- charakterisiert Catherine Sto-
dern gibt, auch zeitweise – An dieser Stelle, oder für erwünscht“, war „Mein Weg dolsky das Buch. Die Nichte
scheinbar geschlechtsneutral – zukünftige Forschungsarbei- über die Pyrenäen“ Lisa Fitt- von Lisa Fittko hat ein aus-
als „Elternlohn“ bezeichnet, ten, wäre vielleicht eine eben- kos erstes Buch. Die erste führliches Porträt ihrer Tante
obwohl er sich angesichts der so detaillierte monographi- deutsche Ausgabe erschien geschrieben, das im Internet
vorhandenen Strukturen im sche Studie anderer rechtsex- 1985. Rasch folgten Überset- abrufbar ist (deutsch unter:
Berufsleben zweifellos eher tremer Großparteien – wie zungen ins Französische, Eng- http://www.lrz-muenchen.de/~
an Frauen richtet, die sich etwa der soeben gespaltenen lische, Spanische und Japani- catherine.stodolsky/ lisa/fitt-
zeitweise aus dem Erwerbsle- FPÖ – von Interesse. sche, 1986 wurde Fittkos Ver- ko.html).
ben zurückziehen. Damit soll Bernhard Schmid ■ öffentlichung von der Arbeits- Am 12. März 2005 starb
das Frauen- und Familienpro- gemeinschaft der Verleger, Lisa Fittko in Chicago. Sie
gramm der rechtsextremen Antifaschistisches Frauen- Buchhändler und Bibliotheken wurde 96 Jahre alt.
Partei weniger offenkundigen netzwerk, Forschungsnetz- zum Sachthema Politische aus Deutsch-Tschechische
Mief ausströmen. werk Frauen und Rechtsex- Exilliteratur in der Friedrich- Nachrichten Nr. 65 (gekürzt)
Sehr richtig bringt die Ver- tremismus (Hg.): „Braune Ebert-Stiftung zum besten po- ■
fasserin diese tatsächliche Schwestern? Feministische litischen Buch des Jahres er- Lisa Fittko: Mein Weg über
Diskurs-Modernisierung mit Analysen zu Frauen in der klärt. 1987 wurde der Autorin die Pyrenäen. Erinnerungen
dem damals wachsenden Ein- extremen Rechten“, Unrast der Geschwister-Scholl-Preis 1940/41, dtv, Reihe Hanser,
fluss der intellektuellen „Neu- Verlag, Januar 2005, 142 verliehen. 1988 gewann das Oktober 2004, 336 S., 8,50
en Rechten“ in Zusammen- Seiten, 14 Euro Buch den Prix sur la Fondation Euro, ISBN 3-423-62189-3

14 : antifaschistische nachrichten 8-2005


: ostritt
BSA oder das Fischen in auch schwerwiegende Differenzen“ gebe
braunen Gewässern (S. 74).
Sieht man/frau sich die Gestalten im
Rezension „ Der Wille zum aufrechten
Gang „ (Neugebauer/ Schwarz)
Schon in meiner VSM- Zeit in den Sech-
ziger-Jahren kursierte der sarkastische
einzelnen an, die der BSA bzw. die SPÖ
für sich gewannen, kommt einem schlicht
das Kotzen: Etwa das vormalige SA- und
SS-Mtglied Johann Biringer, der der Chef
D ie Deutsche Gesellschaft für
Auswärtige Politik (DGAP), ei-
ner der beiden großen außenpo-
litischen think tanks Berlins, hat im März
Spruch vom BSA (Bund Sozialdemokrati- der Bundespolizeidirektion Salzburg wer- das Collegium Bohemicum „der deut-
scher Akademiker) als „ Bund Sozialisti- den sollte ( S. 109ff.) oder das NSDAP- schen Öffentlichkeit vorgestellt“. Das im
scher Antisemiten“. Das – erschütternde – und SS-Mitglied bzw. Kriminalangestell- tschechischen Usti nad Labem angesie-
Buch von Wolfgang Neugebauer und Pe- ter der Gestapo-Leitstelle Innsbruck Fer- delte Dokumentations- und Begegnung-
ter Schwarz liefert die wissenschaftliche dinand Oberfeldner, der 23 Jahre das Amt szentrum soll, heißt es bei der DGAP,
Analyse, wie es zu dieser Charakterisie- des Vize-Bürgermeisters in Innsbruck „den Dialog zwischen den beiden Län-
rung kommen konnte. ausübte (S. 151ff). dern befördern“: „Ziel ist unter anderem,
Der BSA hat bewusst und schamlos Zu den schlimmsten Auswüchsen zählt die Geschichte der Deutschen in Böh-
Nazis aller Schattierungen und Belas- die „Förderung ehemaliger NS-Juristen men zu studieren, um Tschechen und
tungsgrade in seine Reihen aufgenommen, durch den BSA“ (S.167ff), wobei Justiz- Deutsche auf diese Weise einander näher
weißgewaschen und protegiert. Unmittel- minister Christian Broda eine besonders zu bringen.“ Dazu gehört auch die Um-
barer Grund für diese „Integration“ von unrühmliche Rolle (S. 196 ff) spielte und siedlung der Deutschen. Gefördert wird
Ehemaligen war der Umstand, dass die einen „Schlußstrich“ unter die Vergangen- das Projekt vom Deutsch-Tschechischen
Hauptkonkurrenten von SPÖ und BSA, heit forderte... Zukunftsfonds und von der deutschen
„ÖVP und CV ... über eine beinahe intak- Dem Buch von Wolfgang Neugebauer Robert-Bosch-Stiftung, die zahlreiche
te Elitenrekrutierung verfügten“ (S. 306), und Peter Schwarz kommt im „Gedenk- deutsche Aktivitäten in Mittel- und Ost-
während der gravierende Mangel der So- jahr 200O5“ eine wichtige Funktion zu: europa unterstützt.
zialdemokratie an Fach- und Führungs- die offizielle Mythenbildung zu konterka- Initiiert wurde das Collegium Bohe-
kräften „sich hauptsächlich mit der Ver- rieren und aufzuzeigen, wie die Aufarbei- micum im Anschluss an eine Tagung im
treibung und Ermordung der sozialdemo- tung der Vergangenheit nach 1945 realiter März 2004, die sich damals unter dem
kratisch- jüdischen Intelligenz in der NS- eingesargt und stattdessen – quer durch Titel „Toleranz statt Intoleranz“ mit den
Zeit erklären läßt“ (Ebd.). alle Lager – um die Braunen gebuhlt wur- Beziehungen zwischen Tschechien und
Die SP-Spitze mit Schärf/Helmer/ de. Mit „Der Wille zum aufrechten Gang“ Deutschland beschäftigte – in Anwesen-
Waldbrunner hatte auch kein Interesse hat die heutige BSA-Führung einen ersten heit des deutschen Botschafters und der
daran, ihre jüdischen EmigrantInnen zu- Schritt getan. Von der ÖVP gibt es nichts Bundestags-Vizepräsidentin Antje Voll-
rückzuholen. Sich scharf gegen links ab- diesbezüglich. Nicht nur, dass das Doll- mer. Deutliche Kritik übte damals der
grenzend, driftete man politisch zuneh- fuß-Bild weiter den ÖVP-Parlamentsklub tschechische Staatspräsident Vaclav
mend nach rechts, ermöglichte dem „na- „ziert“. Als vor Kurzem bekannt wurde, Klaus. „Hoch klingende Worte über die
tionalen Lager“ mit dem „Verband der dass der frühere ÖVP-Landeshauptmann Notwendigkeit von Toleranz und Versöh-
Unabhängigen“ (VdU) eine vierte Partei Eduard Wallnöfer ebenfalls NS-Mitglied nung“ würden gerne „als Maske verwen-
(S.56), ja finanzierte dem „VdU 1949 den war (profil Nr. 8 und 9/2005), interpretier- det“, um „die Vergangenheit zu ändern
Wahlkampf in Oberösterreich“ (S. 59). te dies der jetzige Tiroler Landeshaupt- oder ihr eine ganz neue Interpretation zu
Von da her war es nur „logisch“, die Ehe- mann Herwig van Staa schlicht als eine verleihen“, bemerkte Klaus und stellte
maligen zu umwerben – eine opportunisti- gegen ihn gerichtete „Kampagne“... fest, wer alles auf der „Toleranz“-Tagung
sche Politik, die von den Schwarzen min- Hermann Dworczak ■ fehlte: Vertreterinnen und Vertreter
destens mit der gleichen Intensität betrie- tschechischer NS-Opferverbände sowie
ben wurde. Die Fischzüge des BSA in Wolfgang Neugebauer/Peter Schwarz: Der Wil- der Verbände ehemaliger Widerstands-
le zum aufrechten Gang. Offenlegung der Rolle
braunen Gewässern zeitigten geradezu des BSA bei der gesellschaftlichen Reintegration kämpfer. Wie es in einem Konferenzbe-
groteske Resultate. So behauptete der ehemaliger Nationalsozialisten. Herausgege- richt heißt, wurde außerdem ein deutsch-
Salzburger BSA-Vertreter Hirt allen Ern- ben vom Bund sozialdemokratischer Akademi- landkritischer Beitrag eines Mitglieds
stes ,dass es „zwischen Sozialismus und kerInnen, Intellektueller und KünstlerInnen der Tschechischen Akademie der Wis-
Nationalsozialismus nur wenige, wenn (BSA). Czernin Verlag , Wien. 2005. 335 Seiten senschaften „von einem Großteil der An-
wesenden in der Diskussion abgewie-
sen“.
Das Besondere am Collegium Bohe-
Der Herausgabekreis und die Redaktion sind zu erreichen über:
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln Tel. 0221 / 21 16 58, Fax 0221 / 21 53 73. micum: Es entstammt nicht den relativ
email: antifanachrichten@netcologne.de, Internet: http://www.antifaschistische-nachrichten.de kleinen Zirkeln prodeutscher tschechi-
Erscheint bei GNN, Verlagsges. m.b.H., Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. V.i.S.d.P.: U. Bach scher Intellektueller, die mit ihrer Unter-
Redaktion: Für Schleswig-Holstein, Hamburg: W. Siede, erreichbar über GNN-Verlag, Neuer Kamp 25, stützung für die von Deutschland ge-
20359 Hamburg, Tel. 040 / 43 18 88 20. Für NRW, Hessen, Rheinland Pfalz, Saarland: U. Bach, wünschte Neubewertung der Umsied-
GNN-Verlag Köln. Baden-Württemberg und Bayern über GNN-Süd, Stubaier Str. 2, 70327 Stuttgart,
Tel. 0711 / 62 47 01. Für „Aus der faschistischen Presse“: J. Detjen c/o GNN Köln. lung bislang isoliert geblieben sind. Es
Erscheinungsweise: 14-täglich. Bezugspreis: Einzelheft 1,30 Euro. wird getragen von städtischen Institutio-
Bestellungen sind zu richten an: GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln. Sonderbestellungen sind nen (Stadtmuseum und Stadtarchiv) und
möglich, Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt. der Universität, es wird gestützt von öko-
Die antifaschistischen Nachrichten beruhen vor allen Dingen auf Mitteilungen von Initiativen. Soweit ein- nomischen Hoffnungen. „Für die Stadt
zelne Artikel ausdrücklich in ihrer Herkunft gekennzeichnet sind, geben sie nicht unbedingt die Meinung Aussig kann die Entwicklung des Mu-
der Redaktion wieder, die nicht alle bei ihr eingehenden Meldungen überprüfen kann. seumswesens einen markanten positiven
Herausgabekreis der Antifaschistischen Nachrichten: Anarchistische Gruppe/Rätekommunisten (AGR); Annelie
Buntenbach (Bündnis 90/Die Grünen); Rolf Burgard (VVN-BdA); Jörg Detjen (Forum kommunistischer Arbeitsgemein-
Aufschwung bedeuten, sowohl in der
schaften); Martin Dietzsch; Regina Girod (VVN - Bund der Antifaschisten); Dr. Christel Hartinger (Friedenszentrum e.V., Entwicklung des Tourismus, als auch in
Leipzig); Hartmut-Meyer-Archiv bei der VVN - Bund der Antifaschisten NRW; Ulla Jelpke; Jochen Koeniger (Arbeitsgrup- der Förderung (...) neue(r) Arbeitsstellen
pe gegen Militarismus und Repression); Marion Bentin, Edith Bergmann, Hannes Nuijen (Mitglieder des Vorstandes der
Arbeitsgemeinschaft gegen Reaktion, Faschismus und Krieg–Förderverein Antifaschistische Nachrichten); Kreisvereini-
in Nordwestböhmen“, heißt es in einer
gung Aachen VVN-BdA; AG Antifaschismus/ Antirassismus in der PDS NRW; Angelo Lucifero (Landesleiter hbv in ver.di Erklärung der Initiatoren des Projekts.
Thüringen); Kai Metzner (minuskel screen partner); Bernhard Strasdeit; Volkmar Wölk. jk ■

: antifaschistische nachrichten 8-2005 15


: aus der faschistischen presse
was Neues beginnen musste.“ Ganz si-
cher hat das Tausendjährige Reich mit
seinem gierigen Festhalten an der Macht
Haiders Streit mit der FPÖ schichtspolitik von seiner Tagesordnung und der Ablehnung jeder Kapitulation ei-
Junge Freiheit Nr. 13/05 vom 25.3.2005 gestrichen. Wer dennoch den Mut hat, nen „Zusammenbruch“ hinnehmen müs-
Jörg Haider hat die FPÖ verlassen und sich unkonventionell vom unformierten sen, eine Niederlage, die von den alliier-
eine neue Partei gegründet. Das Blatt, Gedenk-Drill der ,öffentlichen Meinung’ ten Streitkräften herbeigeführt worden
lange Zeit sicherer Bewunderer und abzusetzen, wird von der CDU-Führung war und die die Möglichkeit barg, mit
Unterstützer Haiders, schlägt sich auf die im Regen stehen gelassen.“ den Verbrechen dieses Reiches abzurech-
Seite der verbliebenen FPÖ. Der Neu- nen.
gründung Haiders vorausgegangen war Besetzung statt Befreiung
ein zunehmender Niedergang. Bei der Fälschung zur NRW-Wahl
Europawahl 2004 hatte die FPÖ nur noch Junge Freiheit Nr. 15/05 vom 8.4.2005
6,3 Prozent erreicht – 1999 waren es Das Blatt streitet weiter in seinem Bemü- Junge Freiheit Nr. 16/05 vom 15.4.3.2005
noch 23,4 Prozent. Einziger Europa-Ab- hen, die Befreiung vom Faschismus Das Blatt berichtet über die Anschreibe-
geordneter war dann Andreas Mölzer, durch die Alliierten Streitkräfte als Aktionen der NRW-Landesbehörden:
langjähriger Autor des Blattes und Her- Niederlage und Besetzung darzustellen. „Mit Bezug auf die bevorstehende Wahl
ausgeber des „Schwesterblattes dieser Der rechte Historiker in NRW bedeutet das, dass bei
Zeitung, der Wiener Wochenzeitung Zur Karlheinz Weißmann einem knappen Wahlausgang
Zeit (ZZ)“. Der Haider-Flügel hat mehr- behauptet, insbesonde- Türken, die keine deutsche
fach versucht, Mölzer aus der FPÖ aus- re französische und us- Staatsbürgerschaft mehr haben,
zuschließen und ihn aufgefordert, sein amerikanische Solda- aber dennoch in den Wählerver-
Europa-Mandat niederzulegen. Mölzer ten hätten sich mit Ver- zeichnissen stehen, die Rolle ei-
zählt sich zum „deutschnationalen“ Flü- gewaltigungen, Plün- nes ,Züngleins an der Waage’
gel innerhalb der FPÖ. derungen und Brand- spielen – und in diesem Fall
schatzen im besetzten dem Unterlegenen einen Grund
JF unterstützt CDU-Bezirks- Deutschland hervorge- dafür liefern könnten, das Vo-
tan, wenn auch nicht in tum der Wähler anzufechten ...
bürgermeister Weber dem Ausmaß, der der Zudem wird von türkischen Ver-
Junge Freiheit Nr. 14/05 vom 1.4.2005 Roten Armee vorge- tretern in Deutschland gemut-
Der Bezirksbürgermeister von Berlin- worfen wird. maßt, dass die aktuelle Diskus-
Steglitz/Zehlendorf, Herbert Weber, hat- So kommt er zu dem sion um dieses Thema – ebenso
te mit seiner Fraktion einen Beschluss Schluss: „Eine Befreiung war die Beset- wie die seinerzeitige Neuregelung der
gefasst, wonach der Bezirk am 8. Mai zung nur für die Häftlinge der Konzen- Verleihung der deutschen Staatsangehö-
nicht nur der Befreiung, sondern vor al- trationslager, die Zwangsarbeiter und die rigkeit – lediglich parteipolitischem Kal-
lem auch „der Opfer des Terrors der Ro- meisten Kriegsgefangenen im deutschen kül dient. Nach den Erfahrungen auf der
ten Armee, von Vertreibung und Verge- Gewahrsam.“ Dass das wirklich nur we- Kommunal-, Landtags- und Bundestags-
waltigung“ gedenken wollte. Weber hat nige der Millionen waren, die das Wüten ebene der letzten Jahrzehnte neigen ein-
diesen Beschluss inzwischen zurückge- der Nazi-Schergen überlebt hatten, be- gebürgerte Personen überdurchschnitt-
zogen und kommt nun mit einer Rede trachtet Weißmann nicht. Stattdessen en- lich stark zur Wahl der SPD und – in et-
zum Volkstrauertag in die Schlagzeilen. det er mit einer düsteren Ankündigung: was geringerem Maße – zur Wahl der
Herausgeber Dieter Stein kommentiert: „Wenn es 1945 eine ,Stunde Null‘ gege- Grünen. Daher hätte die derzeitige Lan-
„Die geschichtspolitische Schraube soll ben hat, dann waren es die Tage der Be- desregierung gar kein größeres Interesse
noch einmal in Richtung ,Tag der Befrei- setzung. Der Begriff selbst soll schon un- daran, eine Klientel, die ihr letztlich ent-
ung‘ weitergedreht werden. Die devoten mittelbar nach dem Zusammenbruch in scheidende Stimmen bescheren könnte,
antifaschistischen Superlative der Akteu- Umlauf gekommen sein. Dem ursprüng- wenige Wochen vor der Wahl an der Teil-
re sind nicht steigerbar, so dass die Rede lichen Sinn nach bedeutet er soviel wie nahme zu hindern. Dies manifestiert sich
Richard von Weizsäckers vom 8. Mai Todesstunde, aber eher wurde davon ge- auch darin, dass Innenminister Fritz Beh-
1985 inzwischen sogar reaktionär anmu- sprochen im Sinn von Tiefpunkt, nach- rens (SPD) ausdrücklich an die Auslän-
tet. Das Konrad-Adenauer-Haus hat Ge- dem alles verloren war und so oder so et- derbehörden appelliert habe, bei Perso-
nen mit illegalem Doppelpass eine
Wiederaufnahme der deutschen Staats-
BESTELLUNG: Hiermit bestelle ich … Stück pro Ausgabe (Wiederverkäufer erhalten 30 % Rabatt)
angehörigkeit innerhalb weniger Tage
O Halbjahres-Abo, 13 Hefte 22 Euro
Erscheinungsweise: ,wohlwollend zu prüfen‘ und damit eine
O Förder-Abo, 13 Hefte 27 Euro 14-täglich legale Teilnahme an der Landtagswahl
O Jahres-Abo, 26 Hefte 44 Euro
,zu ermöglichen‘.“ Das Blatt ver-
O Förder-Abo, 26 Hefte 54 Euro
schweigt, dass die Kommunen in NRW
O Schüler-Abo, 26 Hefte 28 Euro
angewiesen sind, ca. 50.000 Deutsche
O Ich möchte Mitglied im Förderverein Antifaschistische Nachrichten werden. Der Verein unterstützt finanziell
und politisch die Herausgabe der Antifaschistischen Nachrichten (Mindestjahresbeitrag 30,- Euro). mit türkischem Migrationshintergrund
Einzugsermächtigung: Hiermit ermächtige ich den GNN-Verlag widerruflich, den Rechnungsbetrag zu Lasten
anzuschreiben und dass einzelne Städte
meines Kontos abzubuchen. (ansonsten gegen Rechnung) bereits dazu übergehen, Bußgeldbeschei-
de an die zu verschicken, die das Schrei-
Name: Adresse: ben nicht beantwortet haben. Selbst eine
schnelle Wiedereinbürgerung kann nicht
Konto-Nr. / BLZ Genaue Bezeichnung des kontoführenden Kreditinstituts dazu führen, dass die Ausgebürgerten bei
der Landtagswahl wählen dürfen. Dafür
Unterschrift ist ein mindestens dreimonatiger Aufent-
halt mit deutscher Staatsangehörigkeit
GNN-Verlag, Zülpicher Str. 7, 50674 Köln, Tel. 0221 – 21 16 58, Fax 21 53 73, email: gnn-koeln@netcologne.de
Bankverbindung: Postbank Köln, BLZ 370 100 50, Kontonummer 10419507
und Erstwohnsitz in NRW erforderlich.
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16 : antifaschistische nachrichten 8-2005

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