Professional Documents
Culture Documents
Einleitung 35
4.1. Themenfeld 1:
„Integrationskurse verbessern“ 37
1. Bestandsaufnahme 37
2. Zielbestimmungen 39
Mitglieder 45
4.2. Themenfeld 2:
Mitglieder 58
4.3. Themenfeld 3:
Auftrag 61
Ergebnisse 62
Mitglieder 84
4.4. Themenfeld 4:
2. Themenschwerpunkt: Partizipation 94
Vorbemerkungen 109
Mitglieder 124
4.6. Themenfeld 6:
Mitglieder 137
4.7. Themenfeld 7:
„Integration durch Sport – Potenziale nutzen, Angebote ausbauen, Vernetzung erweitern“ 139
Anlage 1 147
Anlage 2 148
Mitglieder 154
4.8. Themenfeld 8:
Mitglieder 170
4.9. Themenfeld 9:
1. Bestandsaufnahme 173
2. Zielbestimmungen 174
5. Evaluation 180
Mitglieder 181
2. Empfehlungen 184
Deutschland stärken
185
4. Integration voranbringen: Potenziale von Bildungsinländern und zugewanderten
Mitglieder 199
Deutschland ist ein weltoffenes Land. Hier leben rund Integration ist eine Schlüsselaufgabe unserer Zeit, die
15 Millionen Menschen mit Migrationshintergrund. auch durch den demografischen Wandel immer mehr
Die meisten von ihnen haben längst ihren Platz in an Bedeutung gewinnt. Deshalb hat die Bundesre
unserer Gesellschaft gefunden. Dennoch wissen wir gierung dieses Thema zu einem Schwerpunkt ihrer
aber auch um deutliche Integrationsdefizite bei einer Arbeit gemacht. Mit dem Nationalen Integrationsplan
leider noch zu großen Zahl von Menschen. Dazu zäh wollen wir in Zusammenarbeit mit allen staatlichen
len nicht zuletzt mangelhafte deutsche Sprachkennt Ebenen und im Dialog mit engagierten Persönlich
nisse und Schwächen in Bildung und Ausbildung. Das keiten und Verbänden die Integration in unserem
sind Defizite, die in einer relativ hohen Arbeitslosig Land Schritt für Schritt verbessern.
keit und sogar in gesellschaftlicher Abschottung zum
Ausdruck kommen. Unsere Gesellschaft wird reicher und menschlicher
durch Toleranz und Offenheit in unserem Zusam
Integration gelingt nicht automatisch, sie kann auch menleben. Integration geht daher uns alle an – die
nicht einfach „von oben“ verordnet werden. Nur mit Menschen aus Zuwandererfamilien genauso wie die
einem umfassenden systematischen Ansatz in der Bürgerinnen und Bürger, die schon lange hier leben.
Integrationspolitik kann es gelingen, die Fähigkeiten Integration kann nur miteinander gelingen. Es liegt
und Potenziale der Menschen aus Zuwandererfami an uns, das gemeinsame Haus Deutschland als liebens
lien gezielt zu fördern – Potenziale, die wichtig für den und lebenswerte Heimat verstehen und erfahren zu
gesellschaftlichen Zusammenhalt und die wirtschaft können.
liche Zukunft unseres Landes sind.
Maria Böhmer
Fünf Jahrzehnte sind seit der ersten Anwerbung Im vergangenen Jahr hat die Bundeskanzlerin zum
ausländischer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ersten Integrationsgipfel eingeladen. Was im Juli
vergangen. Sie kamen als „Gastarbeiter und Gastar 2006 als Zusammenkunft im Bundeskanzleramt
beiterinnen“, erst allein, dann mit ihren Familien. Sie begann, hat in den vergangenen Monaten eine leb
wollten und sollten auf Zeit bleiben, dann entschieden hafte Entwicklung in unserer Gesellschaft ausgelöst.
sich viele von ihnen für ein Leben in Deutschland. Deutschland ist auch integrationspolitisch in einer
Viele haben so eine neue Heimat in unserem Land Aufbruchstimmung. Im Kreis von Migrantinnen und
gefunden. Viele sind aber auch Fremde geblieben, sie Migranten, von Vertretern und Vertreterinnen der
empfanden ihr Leben in Deutschland dann oft als Bundesregierung, der Länder und Kommunen, der
Jahre unerfüllter Hoffnungen und Lebenschancen. Kultur, des Sports, der Wissenschaft, der Medien und
des bürgerschaftlichen Bereichs, der Kirchen und
In den späteren Jahrzehnten veränderte sich die Sozialpartner haben wir uns damals darauf verstän
Zuwanderung. Nun kamen Menschen aus anderen digt, gemeinsam einen Nationalen Integrationsplan
Gründen nach Deutschland – und konnten häufig zu erarbeiten.
auch bleiben. Mit den politischen Veränderungen in
Mittel- und Osteuropa kamen viele Deutsche in das Ganz bewusst wollten wir dabei neue Wege gehen,
Land ihrer Vorfahren zurück. orientiert an zwei Leitlinien:
Fünfzehn Millionen Menschen aus 200 verschiedenen 1. Integration muss gelebt werden. Sie lässt sich nicht
Staaten leben heute in unserem Land. Unsere Gesell verordnen, weder der Minderheit noch der Mehr
schaft hat sich auch durch das Zusammenleben mit heit der Menschen in unserem Land. Miteinander
ihnen kulturell, wirtschaftlich und politisch stark entsteht, wenn Menschen sich willkommen und
verändert. Dieser Prozess ist nicht neu: Deutschland heimisch fühlen, wenn sie teilhaben an unserer
hat als europäisch gewachsene Kulturnation stets Gesellschaft, im Beruf wie im Privaten, und wenn
vielfältige Einflüsse von außen aufgenommen, die sie Anerkennung für ihre Leistungen erfahren.
wir heute ganz selbstverständlich als Teil unseres Und zum Miteinander gehört, dass sich Menschen
Landes und seiner Kultur betrachten. Dennoch hat es gegenseitig mit Respekt begegnen.
lange gedauert, bis diese Entwicklung als das verstan
den wurde, was sie ist: Eine Wirklichkeit, die viele Erste Leitlinie unserer Integrationspolitik ist
Chancen eröffnet, aber auch die Gefahr gesellschaft deshalb: Direkt und vertrauensvoll mit den Menschen
licher Spannungen birgt. Eine Wirklichkeit, die eine aus Zuwandererfamilien zusammenarbeiten und die
zukunftsweisende und nachhaltige Integrationspoli gemeinsame Zukunft gestalten.
tik erfordert.
10
6. Integration durch bürgerschaftliches Die positive Resonanz aus allen Teilen Deutschlands
Engagement und gleichberechtigte Teilhabe zur Arbeit am Nationalen Integrationsplan zeigt:
stärken Diese Einsicht ist angekommen. Wir sind bereit, Neues
anzustoßen und gemeinsam auf den Weg zu bringen.
7. Kulturelle Pluralität leben – interkulturelle
Kompetenz stärken Mein besonderer Dank gilt allen, die in den Arbeits
gruppen mitgewirkt haben – insbesondere den
8. Integration durch Sport – Potenziale nutzen, Migrantinnen und Migranten – für ihre Expertise,
Angebote ausbauen, Vernetzung erweitern ihr Engagement, besonders aber für ihre Bereitschaft,
konkret zur Umsetzung des Nationalen Integrations
9. Medien – Vielfalt nutzen plans beizutragen. Dank gilt auch den Teilnehmer
innen und Teilnehmern des Jugendintegrations
10. Wissenschaft – weltoffen forums mit der Bundeskanzlerin im Mai 2007 für
ihren Blick in die Zukunft.
In den Arbeitsgruppen konnten nicht alle Organi
sationen, Institutionen und Verbände ihre Beiträge Ein herzlicher Dank allen Beteiligten für die sehr gute,
rechtzeitig abstimmen und einbringen. Selbstver zielorientierte Zusammenarbeit.
pflichtungen, die uns ergänzend übermittelt worden
sind, finden sich mit einem entsprechenden Hinweis
versehen jeweils in den Berichten der Arbeitsgruppen.
Maria Böhmer
Beauftragte der Bundesregierung für Migration,
Flüchtlinge und Integration
Staatsministerin bei der Bundeskanzlerin
11
12
13
So wird zugleich die Gleichberechtigung der Alle staatlichen Ebenen wie auch die anderen Träger
Geschlechter, die im Grundgesetz an zentraler Stelle von Integrationsmaßnahmen bejahen die Notwendig
verankert ist, gestärkt und im Alltag verwirklicht. keit, Integrationsmaßnahmen noch deutlich besser
aufeinander abzustimmen und zu vernetzen. So müs
Häusliche Gewalt, einschließlich spezifischer Formen sen Verbundprojekte zwischen Trägern von Kultur-,
von Gewalt wie etwa Genitalverstümmelung und Erziehungs- und Bildungseinrichtungen, Kinder- und
Zwangsverheiratung, betreffen Frauen und Mädchen Jugendhilfe, Sprachkursen, Arbeitsmarktmaßnahmen
mit Migrationshintergrund vielfach in besonderer vor Ort in den Kreisen, Städten und Gemeinden geför
Weise. Stärkere Prävention und verbesserter Schutz dert und ausgebaut werden.
sind unerlässlich.
Als Querschnittsaufgabe ist Integration auf staatlicher
Erfolgreiche Integrationspolitik baut auf eine Seite immer eine Mehrebenenpolitik: Der Bund hat
aktive Bürgergesellschaft. die Initiative zur Erarbeitung des Nationalen Inte
grationsplans ergriffen. Dabei war es ein besonderes
Integration ist nicht allein Aufgabe des Staates. Sie Anliegen, Länder und Kommunen eng einzubinden.
erfordert eine aktive Bürgergesellschaft, in der mög Sie sind unter anderem für die Schlüsselthemen schu
lichst viele Menschen Verantwortung übernehmen lische Bildung und frühkindliche (Sprach-) Förderung
und Eigeninitiative entwickeln. Deshalb war an der in Kindertageseinrichtungen, Kulturpolitik und die
Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans ein konkreten Integrationsleistungen vor Ort zuständig.
breites Spektrum der Gesellschaft beteiligt: Migran
tinnen und Migranten, die Sozialpartner, die Wirt Der Bund wird die im Handlungsfeld Sprachförderung
schaft, die Kirchen und Religionsgemeinschaften, bereits durchgeführte Feststellung der bestehenden
die Wohlfahrtsverbände, Sportorganisationen, die Integrationsangebote von Bund, Ländern, Kommu
Medien, die Kultur, die Stiftungen, bundesweit tätige nen und privaten Tägern im Rahmen des bundes
Verbände und Vereine und Vertreter der Wissen weiten Integrationsprogramms nach § 45 AufenthG
schaft. Neben wichtigen Funktionsträgern haben auch in anderen Handlungsfeldern fortsetzen und
auch Einzelperspersönlichkeiten ihre Kenntnisse und Empfehlungen zur Weiterentwicklung der Integra
Erfahrungen eingebracht. tionsangebote vorlegen. Bei der Arbeit am Integrati
onsprogramm werden die Vorgaben des Nationalen
Erfolgreiche Integrationspolitik gewinnt Kraft aus Integrationsplans umgesetzt.
der Verantwortung und dem Engagement aller
Beteiligten. Erfolgreiche Integrationspolitik muss zielgerichtet
erfolgen.
Nachhaltig, wirksam und konkret wird der Nationale
Integrationsplan, weil sich alle Akteure und Akteu Unsere Gesellschaft braucht eine zielgerichtete
rinnen mit eigenen Beiträgen beteiligen. Verbind Integrationspolitik im Sinne der Chancengleichheit.
lichkeit erlangt er durch die rund 400 Selbstver Dadurch wird sichergestellt, dass Förderprogramme,
pflichtungen, die alle Mitwirkenden in und für ihren Angebote und Infrastrukturen systematisch ausge
Zuständigkeitsbereich eingegangen sind (vgl. für die richtet werden, um Migrantinnen und Migranten zu
Länder Kapitel 2, für die Kommunalen Spitzenver erreichen. Es braucht Gesamtkonzepte, die sich vom
bände Kapitel 3, die Selbstverpflichtungen des nicht Kindergarten bis in die Erwachsenenarbeit erstrecken
staatlichen Bereichs und die vollständigen Selbstver und bei denen alle an einem Strang ziehen.
pflichtungen des Bundes enthält Kapitel 4).
Migrantinnen und Migranten in Deutschland bilden
Erfolgreiche Integrationspolitik ist keine homogene Gruppe. Deshalb sind Förderkon
Querschnittsaufgabe auf allen Ebenen. zepte gezielt an den Einzelnen, ihren Fähigkeiten, Fer
tigkeiten und ihrem Integrationsbedarf auszurichten.
Bund, Länder und Kommunen verpflichten sich zu Erfolgreiche Integrationspolitik setzt gerade dort, wo
einer aktivierenden und nachhaltigen Integrations es um Teilhabe geht, auf leicht zugängliche Informa
politik. Schon jetzt befassen sich sämtliche Ressorts tions- und Beratungsangebote.
der Bundesregierung jeweils auch mit intergrations
politischen Themenstellungen. Darüber hinaus haben
die Länder und zahlreiche Kommunen in vielfältiger
14
15
16
Bildung und Ausbildung sind zentrale Faktoren für ■ jungen Frauen mit Migrationshintergrund, denen
die gesellschaftliche Integration von Migrantinnen Vorbilder bei der beruflichen Orientierung oft
und Migranten. Sie entscheiden mit über gleichbe fehlen, beispielsweise mit dem Projekt „network.21“
rechtigte Teilhabe am politischen, kulturellen und ein Mentoringprogramm zur individuellen Arbeits
wirtschaftlichen Leben und somit auch über Beschäf markt- und Berufsorientierung anbieten.
tigungschancen und die Höhe des Einkommens. Um
den Zugang junger Menschen mit Migrationshinter Über den Erfolg in wesentlichen Bereichen der
grund zu Ausbildung und Beruf zu verbessern, wird Integration wird auf dem Arbeitsmarkt entschieden.
der Bund seine Aktivitäten weiter bündeln. Er setzt Integration gelingt am besten dort, wo Menschen aus
sich dafür ein, das Berufswahlspektrum zu erweitern, Zuwandererfamilien aktiv im Erwerbsleben stehen.
öffentliche Unterstützungsangebote passgenau ein Wirtschaft und Verwaltung werden künftig vermehrt
zusetzen und zielgruppenorientiert weiter zu entwi auf Personen mit Migrationshintergrund und gezielt
ckeln. Er forciert insbesondere Maßnahmen, die die auf Personal mit spezifischen sprachlichen und
Zahl der Ausbildungsmöglichkeiten für Jugendliche interkulturellen Kenntnissen angewiesen sein. Eine
mit Migrationshintergrund erhöhen. Hierzu wird der deutliche Verbesserung der Arbeitsmarktintegration
Bund unter anderem ist daher sowohl aus sozial- und gesellschaftspoli
tischen als auch aus volkswirtschaftlichen Gründen
■ gemeinsam mit den Partnern des Ausbildungs dringend geboten. Die Beschäftigungschancen von
paktes das Engagement zur beruflichen Inte Migrantinnen und Migranten müssen verbessert,
gration von bildungs- und ausbildungswilligen arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und Angebote
jungen Menschen mit Migrationshintergrund zur Beratung, Information und Kommunikation an
intensivieren, ihre Bedürfnisse angepasst und ihre betriebliche Inte
gration gezielt gefördert werden.
■ mit dem „Sonderprogramm des Bundes zur Ein
stiegsqualifizierung Jugendlicher (EQJ-Programm)“ ■ Das Beratungs- und Informationsnetzwerk „Inte
die Bemühungen der Partner im Ausbildungspakt gration durch Qualifizierung“ (IQ) entwickelt im
flankieren und das erfolgreiche Programm auf Auftrag der Bundesregierung und in Zusammenar
40.000 Plätze aufstocken und verlängern. Gerade beit mit der Bundesagentur für Arbeit und nicht
für junge Menschen mit Migrationshintergrund staatlichen Trägern neue Strategien zur Verbesse
hat sich EQJ als Brücke in Ausbildung erwiesen. rung der Arbeitsmarktsituation von Migrantinnen
und Migranten, Aussiedlerinnen und Aussiedler
■ die Initiative „Aktiv für Ausbildungsplätze“ sowie anerkannten Flüchtlingen. Nach Abschluss
gemeinsam mit dem Deutschen Industrie- und der laufenden Evaluierung wird der Bund prü
Handelskammertag (DIHK) und deutsch-auslän fen, inwieweit erfolgreiche Handlungsansätze
dischen Unternehmerverbänden durchführen und Instrumente in das Regelsystem der aktiven
mit dem Ziel, bis zum Jahr 2010 bis zu 10.000 neue arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen überführt
Ausbildungsplätze in Unternehmen mit Inhabe und verstetigt werden können.
rinnen und Inhabern ausländischer Herkunft zu
gewinnen, ■ Der Bund wird sich weiterhin für die Ausbildung,
Integration und Förderung von Bewerbern aus
■ mit dem Ausbildungsstrukturprogramm allen Bevölkerungsgruppen einsetzen, um umfas
JOBSTARTER, einschließlich der „Koordinierungs sende Chancengleichheit zu gewährleisten.
stelle Ausbildung in ausländischen Unternehmen“
(KAUSA), einen Beitrag zur Unterstützung der ■ Der Bund ist sich seiner Rolle als Arbeitgeber
regionalen Ausbildungsangebote und zur Verbes bewusst. Er wird im Rahmen seiner Möglichkeiten
serung der Ausbildungssituation zu leisten, von der auch den Anteil des Personals mit Migrationshin
besonders Jugendliche mit Migrationshintergrund tergrund nach Eignung, Leistung und Befähigung
profitieren, erhöhen. Er strebt an, dass dabei sprachliche und
interkulturelle Kompetenzen angemessen berück
sichtigt werden.
17
18
19
■ Der Bund finanziert seit 1989 das Programm Integration ist ohne die vielfältigen Aktivitäten der
„Integration durch Sport“. Durch das Programm Zivilgesellschaft nicht möglich. Bürgerschaftliches
konnten in den vergangenen 18 Jahren zahlreiche Engagement schafft sozialen Zusammenhalt und
Erkenntnisse über die Integrationspotenziale des wirkt als erfolgreicher Katalysator für Integration. Die
Sports gewonnen werden. Der Bund will auf diesen konkrete Erfahrung, gleichberechtigt teilzuhaben
Erfahrungen aufbauen und die Wirksamkeit des und Gesellschaft mitgestalten zu können, ist identitäts
Programms „Integration durch Sport“ in Zukunft stiftend und stärkt die eigene Handlungskompetenz.
noch erhöhen. Er wird hierzu eine umfassende Das Engagement von Menschen aus Zuwandererfa
wissenschaftliche Evaluierung des Programms milien in Vereinen, Verbänden, Organisationen und
durchführen. Institutionen der Aufnahmegesellschaft sowie in Mig
rantinnen- und Migrantenorganisationen bereichert
■ Daneben besteht eine große Anzahl anderer Inte unsere vielfältiger werdende Gesellschaft.
grationsprojekte im Sport. Um den Erfahrungsaus
tausch zwischen den unterschiedlichen Program Engagement braucht aber auch Anerkennung und
men zu erhöhen und die Vernetzung der Projekte gezielte Förderung. Der Bund wird hierzu seine Politik
zu fördern, wird der Bund eine Informationsplatt stärker auf die Förderung gleichberechtigter Teilhabe
form zur Dokumentierung der verschiedenen über von Migrantinnen und Migranten sowie von deren
regionalen und regionalen Angebote einrichten. Organisationen ausrichten.
■ Der Bund unterstützt die Anstrengungen des orga ■ Er wird eine angemessene Mitwirkung von Migran
nisierten Sports zur interkulturellen Öffnung durch tinnen und Migranten bzw. entsprechender Orga
seine Öffentlichkeitskampagne „Forum Integration. nisationen gewährleisten, und zwar im Rahmen
Wir machen mit.“ von Bundesprogrammen, vom Bund geförderten
Infrastruktur- und Netzwerkprojekten, von Aus
schreibungen sowie bei der Besetzung von Beiräten
und Fachgremien.
20
21
Gemeinsam für mehr Integration Bund, Länder und Kommunen tragen in der Integra
tionspolitik gemeinsam Verantwortung. Weder der
Im Bewusstsein um die hohe Bedeutung von Integra Bund noch die Länder oder Kommunen allein können
tion für den Zusammenhalt und die Zukunftsfähigkeit eine erfolgreiche Integrationspolitik gewährleisten.
unserer Gesellschaft legen die Länder ihren gemein Nur die Kooperation von Bund, Ländern, Kommunen
samen Beitrag zum Nationalen Integrationsplan vor. und Zivilgesellschaft sowie die Vernetzung der Ange
Die Länder haben in den zurückliegenden Jahren bote bieten Gewähr für eine effektive, praxisnahe und
integrationspolitische Gesamtkonzepte und Leitlinien bürgerorientierte Integrationspolitik.
beschlossen, die ihre vielfältigen Einzelmaßnahmen
bündeln und aufeinander abstimmen. Sie haben Die Länder stellen sich ihrer Verantwortung für das
dabei auch Diskussionsprozesse auf Landes- und kom Gelingen von Integration in der Zusammenarbeit mit
munaler Ebene angestoßen und gestaltet, an denen dem Bund, den Kommunen und der Zivilgesellschaft.
Zuwanderinnen und Zuwanderer sowie gesellschaft In allen Ländern wird Integrationspolitik als zentrale
liche Gruppen und Organisationen beteiligt waren gesellschaftliche Zukunftsaufgabe für die Bundesre
und sind. publik Deutschland verstanden.
Die Länder danken der Bundeskanzlerin für die Initi Integration findet vor Ort statt. In den Gemeinden,
ative zum Nationalen Integrationsplan. Mit der Einla Städten und Stadtteilen entscheidet sich, ob die
dung zum Integrationsgipfel am 14. Juli 2006 ist ein Integration von Menschen mit Zuwanderungsge
von allen staatlichen Ebenen und der Zivilgesellschaft schichte gelingt. Hier werden Chancen und Probleme
geführter Diskussionsprozess eingeleitet worden, den sichtbar. In den Kommunen liegt die Basis für ein
es in dieser Breite und Intensität bisher in Deutschland friedliches und gleichberechtigtes Miteinander aller
nicht gegeben hat. am Gemeinwesen Beteiligten. Die Länder würdigen
die vielfältigen Leistungen, die die Kommunen bereits
Dieser Dialog hat zu einer verbesserten Verständi erbracht haben und werden deren Weiterentwicklung
gung über die Ziele und zentralen Inhalte der Integra gemeinsam mit ihnen gestalten. Der Beitrag der Bun
tionspolitik geführt. Dabei spielen die Einbeziehung desvereinigung der kommunalen Spitzenverbände
der Zugewanderten und ihrer Organisationen in die zum Nationalen Integrationsplan zeigt, dass die Kom
Arbeit der Arbeitsgruppen und deren aktive Beteili munen sich ihrer Verantwortung bewusst und bereit
gung eine wesentliche Rolle. Ihr Engagement hat in sind, ihre Gestaltungspotentiale zur Integration von
besonderer Weise die Arbeit am Nationalen Integrati Menschen mit Migrationshintergrund auch weiterhin
onsplan geprägt. einzusetzen. Die Länder erwarten, dass der Beitrag
der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenver
Die Länder sprechen allen Teilnehmerinnen und bände Bestandteil des Nationalen Integrationsplans
Teilnehmern der Arbeitsgruppen ihren Dank und ihre wird.
Anerkennung für die geleistete Arbeit aus. Die Länder
werden die Abschlussberichte der Arbeitsgruppen Übereinstimmend sind die Länder der Auffassung,
für die weitere Gestaltung ihrer Integrationspolitik dass Integrationspolitik konsequent als Querschnitts
nutzen und den eingeschlagenen Weg des Dialogs aufgabe verstanden und entsprechend organisiert
aktiv fortsetzen. und koordiniert werden muss. Integrationspolitik ist
mehr als die Summe fachpolitischer Maßnahmebün
del. Integration betrifft alle Bereiche der Landespoli
tik und muss in allen Ressorts wahrgenommen wer
22
23
24
25
26
27
Die Länder sind sich auch ihrer Rolle als Arbeitgeber Die Länder tragen im Rahmen ihrer Zuständigkeiten
bewusst. Sie wirken im Rahmen ihrer Möglichkeiten und Möglichkeiten zur Steigerung des Erfolgs der
darauf hin, den Anteil des Personals mit Migrations Integrationskurse bei. Sie unterstützen den Erfolg
hintergrund unter Berücksichtigung von Eignung, der Integrationskurse dadurch, dass sie auf eine
Befähigung und Leistung zu erhöhen. Sie streben an, verbesserte Zusammenarbeit von Ausländerbehörden,
dass dabei Sprach- und interkulturelle Kompetenzen Arbeitsgemeinschaften/Optionskommunen, Integra
angemessen berücksichtigt werden. tionskursträgern, den Regionalkoordinatoren des
Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge und der
Ausbildungschancen migrationsspezifischen Beratungsdienste hinwirken.
Die Länder haben sich im „Nationalen Pakt für Frühzeitige Teilnahme an Integrationskursen
Ausbildung und Fachkräftenachwuchs“ verpflichtet,
für ein verbessertes Übergangsmanagement von der Ihr erklärtes Ziel ist es, integrationsbedürftige
Schule in den Beruf einzutreten, Ausbildungsreife und Zugewanderte frühzeitig an die Integrationskurse
Berufsorientierung in der allgemein bildenden Schule heranzuführen. In die Netzwerkbildung sollen auch
angemessen vorzubereiten und hierbei insbesondere Kindertagesstätten, Schulen, Einrichtungen der
die Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei ihrer Jugendhilfe und Einrichtungen im Sozialraum (Woh
Suche nach einem Ausbildungsplatz zu unterstützen. nungsunternehmen) eingebunden werden, damit
Dazu gehört der verstärkte Einbezug der Praxis in auch „Altzugewanderte“ einen besseren Zugang zu
den Schulalltag und die Einrichtung von Praxis- bzw. Integrationskursen bekommen.
Kooperationsklassen zur frühzeitigen Förderung leis
tungsschwacher Schülerinnen und Schüler. Nachhaltigkeit der Integrationskurse
Zur Qualifizierung und Vermittlung von Jugendlichen Die Länder teilen die Auffassung, dass integrations
in Praktika, Ausbildung und Arbeitsmarkt werden kursergänzende Maßnahmen für die Nachhaltigkeit
Netzwerke und Kooperationen zwischen Verwaltung, der Sprachförderung und insbesondere die Einbin
Schulen, Jugendeinrichtungen, örtlichen Gewer dung in den Arbeitsmarkt notwendig sind. Sie tragen
betreibenden, Arbeitsagenturen, Arbeitsgemein im Rahmen ihrer Möglichkeiten zum Erfolg derartiger
schaften/Optionskommunen und anderen Akteuren als Verbund- und Begleitprojekte bezeichneten Maß
(z. B. Migrantenselbstorganisationen, Unternehmens nahmen bei.
verbände von Zugewanderten und Medien) initiiert
und unterstützt.
Frauen und Mädchen
Anerkennung ausländischer Abschlüsse
Rechte stärken
Die Länder halten es für erforderlich, dass die von
den Zugewanderten im Ausland erworbenen Schul-, Die Länder würdigen den Einsatz der vielen zugewan
Bildungs- und Berufsabschlüsse volkswirtschaftlich derten Frauen für die Integration in Familie, Beruf,
besser genutzt werden. Dies kann ggf. auch Teila Nachbarschaft und Gesellschaft. Sie erkennen die
nerkennungen und gezielte Nachqualifizierungen Leistungen an, die insbesondere die Mädchen mit
einschließen. Migrationshintergrund in Schule, Ausbildung und
Beruf erbringen. Die Länder sehen die Chancen, die
Existenzgründungs- und Ausbildungspotentiale darin für die Mädchen selbst und die Gesellschaft
liegen. Sie sehen deshalb ihre Aufgabe darin, Rechte
Die Länder sehen bei den Menschen mit Migrations und Chancen der Mädchen und Frauen auf volle
hintergrund große Potentiale zur Selbständigkeit gleichberechtigte Partizipation nachhaltig zu stärken.
und betrieblicher Existenzgründung. Sie wollen ihre Die Länder unterstützen das Selbstbestimmungsrecht
Informations- und Beratungsangebote – dort wo das der Mädchen und Frauen. Sie stärken sie darin, ihre
bislang noch nicht geschehen ist – stärker auf diese Potentiale auszuschöpfen.
Zielgruppe ausrichten. Die Länder werden dafür
werben, dass verstärkt Betriebe von Inhaberinnen Rechte schützen
und Inhabern mit Zuwanderungsgeschichte für die
Ausbildung gewonnen werden. Sofern Mädchen und Frauen in der Entfaltung
ihrer Rechte und Potentiale, insbesondere auf freie
Berufs- und Partnerwahl gehindert werden, sehen
sich die Länder in der Verantwortung für geeignete
Maßnahmen der Prävention, Krisenintervention und
Unterstützung.
28
29
30
31
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen
verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren
Mitgliedsverbänden Mitgliedsverbänden
■ sich für eine stärkere Vernetzung der gesellschaft ■ als Lotsen Zuwanderer bei der Wahrnehmung von
lichen, politischen und wirtschaftlichen Akteure Bildungsangeboten des Bundes und der Länder
einzusetzen und erforderlichenfalls Vernetzungen (z. B. durch Information über entsprechende
zu initiieren, Angebote) zu unterstützen und zu den Angeboten
hinzuführen,
■ dabei im Rahmen ihrer Möglichkeiten als zen
traler Akteur zur Koordinierung und Abstimmung ■ durch kommunale Maßnahmen das Bildungsange
der verschiedenen Integrationsbemühungen bot zu ergänzen und
aufzutreten.
■ diese Angebote mit denen des Bundes und der Län
der zu vernetzen.
3. Interkulturelle Öffnung der Verwaltung
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen
verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren
Mitgliedsverbänden Mitgliedsverbänden
■ bürgerschaftliches Engagement von, für und mit ■ in Sozialräumen mit Integrationsdefiziten durch
Migranten zu unterstützen und zu fördern, Quartiersmanagement und Netzwerkbildung das
Zusammenleben zwischen den Bevölkerungsgrup
■ Menschen mit Migrationshintergrund stärker an pen zu fördern,
den Entscheidungs- und Gestaltungsprozessen in
den unterschiedlichsten Bereichen des sozialen ■ mit niedrigschwelligen sozialen und kulturellen
und politischen Lebens zu beteiligen, Angeboten die Lebensqualität im und die Identifi
kation mit dem Quartier zu stärken,
■ und dabei auch für die Einbeziehung der weib
lichen Migrationsbevölkerung einzutreten, ■ von Förderinstrumenten zur Stärkung benach
teiligter Quartiere wie z. B. das Bund-Länder-Pro
■ die Kompetenzen der Zuwanderer als Multi gramm „Soziale Stadt“ und die Programme des
plikatoren und Konfliktmoderatoren stärker Europäischen Sozialfonds (ESF) stärker Gebrauch zu
einzubeziehen. machen.
32
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzen
verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren verbände empfiehlt ihrem Mitgliedsbereich/ihren
Mitgliedsverbänden Mitgliedsverbänden
33
Zur Erarbeitung des Nationalen Integrationsplans hat Der Bund hat seine Eigenbeiträge in den Arbeitsgrup
die Bundesregierung sechs Arbeitsgruppen – jeweils penberichten formuliert und fasst die Schwerpunkte
durch ein Bundesministerium koordiniert – zu zehn seiner Maßnahmen in der Erklärung des Bundes zum
Themenfeldern eingesetzt. Hier waren alle Beteilig Nationalen Integrationsplan, verabschiedet im Bun
ten, ausdrücklich einschließlich der Migranten und deskabinett am 11. Juli 2007, zusammen (Kapitel 1).
Migrantinnen, gleichberechtigt eingebunden. Denn
es ging darum, gemeinsam einen Prozess in Gang Die 16 Länder haben die Ergebnisse der Arbeitsgrup
zu setzen hin zu besserer Integration. In intensiven pen ausgewertet und zur Grundlage ihres gemein
Beratungen haben die Arbeitsgruppen Bestandsauf samen Beitrags zum Nationalen Integrationsplan
nahmen, Zielbestimmungen und integrationsför gemacht, der am 14. Juni 2007 von der Ministerpräsi
dernde Maßnahmen formuliert und jeweils in einem dentenkonferenz verabschiedet wurde. In diesen Bei
Abschlussbericht zusammengefasst. 376 Vertreter trag sind überdies über die Arbeit der Arbeitsgruppen
innen und Vertreter aus Staat und Gesellschaft haben hinaus Selbstverpflichtungen der Länder eingeflossen,
sachkundig und engagiert mitgewirkt, darunter in die sich auf deren integrationspolitische Zusammen
jeder Arbeitsgruppe auch Migrantinnen und Mig arbeit und die Strukturen der Integrationspolitik
ranten ebenso wie Angehörige der Länder, der Kom beziehen (Kapitel 2).
munen und wichtiger gesellschaftlicher Gruppen.
Die Kommunalen Spitzenverbände haben die in den
Die Bundesregierung hat von Anfang an besonde Arbeitsgruppenberichten enthaltenen Anregungen
ren Wert auf verbindliche Zusagen aller Beteiligten und Empfehlungen in ihrer Erklärung zum Natio
gelegt. Dieses Ziel wurde teilweise in den Arbeitsgrup nalen Integrationsplan berücksichtigt (Kapitel 3).
pen, teilweise in nachgelagerten Verfahren erreicht.
Die Berichte dokumentieren neben zahlreichen Diese Darstellung der staatlichen Maßnahmen in
Handlungsempfehlungen und Projektideen der getrennten Kapiteln entspricht der grundgesetz
Arbeitsgruppen authentisch rund 400 sehr konkrete lichen Kompetenzverteilung zwischen Bund und
Selbstverpflichtungen vor allem von Akteuren der Ländern. Der Nationale Integrationsplan setzt dieser
Zivilgesellschaft, die unmittelbar im Rahmen der Aufgabenverteilung entsprechend auf eine noch
Arbeitsgruppen abgegeben wurden. Naturgemäß bessere Vernetzung von Bund, Ländern und Kommu
haben die in den Arbeitsgruppenberichten darge nen im Interesse einer erfolgreichen Integration der
stellten Selbstverpflichtungen unterschiedliche dauerhaft in Deutschland lebenden Menschen aus
Reichweite und Bedeutung. Jede einzelne ist von Zuwandererfamilien.
Belang und als konkreter Beitrag zur Integration sehr
willkommen. Daher werden die Texte nachfolgend
unverändert wiedergegeben.
35
„Integrationskurse verbessern“
4.1.
1. Bestandsaufnahme Mit den Integrationskursen wurden bei gleichzei
tiger Zusammenführung der Zielgruppen und der
Förderprogramme zum ersten Mal auch Standards
1.1. Einordnung der Integrationskurse in die hinsichtlich der fachlichen und administrativen Aus
Integrationspolitik in Deutschland gestaltung der Kursangebote festgeschrieben. Dazu
gehörten zum einen die Zulassung von Kursträgern
Mit dem am 1. Januar 2005 in Kraft getretenen Zuwan nach klar bestimmten Qualitätskriterien, vor allem
derungsgesetz wurden erstmalig staatliche Integra aber auch die Einführung sprachdidaktischer Vorga
tionsangebote für Zuwanderer (Ausländer, Spätaus ben zur einheitlichen inhaltlichen Ausgestaltung der
siedler, Unionsbürger) einheitlich gesetzlich geregelt. Kurse. Dabei wurden erstmals auch Zwischen- und
Das Kernstück der Anstrengungen zur Förderung Abschlusslernziele festgelegt sowie zur Optimierung
der Integration bilden seitdem die Integrationskurse. und Überprüfung der Zielerreichung standardisierte
Sie stellen ein Grundangebot zur Integration dar Einstufungs-, Zwischen- und Abschlusstests, die sich
für rechtmäßig auf Dauer im Bundesgebiet lebende an europäischen Standards orientierten, in die Kur
Ausländer. Ziel des Integrationskurses ist es, Zuge spraxis eingeführt.
wanderte mit den Lebensverhältnissen in Deutsch
land so weit vertraut zu machen, dass sie ohne Hilfe Darüber hinaus sieht das Konzept für die Integrations
und Vermittlung Dritter in allen Angelegenheiten kurse eine Differenzierung der Teilnehmenden nach
des täglichen Lebens selbständig handeln können. ihren Lernvoraussetzungen und Lernbedürfnissen,
Der Integrationskurs umfasst daher einen 600-stün ein Anforderungsprofil an die Qualifikation von im
digen Sprachkurs – bestehend aus einem Basis- und Integrationskurs tätigen Lehrkräften und ein Angebot
Aufbausprachkurs gleicher Länge – zur Vermittlung zur Qualifizierung des pädagogischen Personals vor.
ausreichender deutscher Sprachkenntnisse, welche
mit einer Sprachkompetenz entsprechend dem Niveau Dieser Prozess, der eine völlig neue Qualität in der
B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens Sprachförderung etablierte, wurde begleitet durch
für Sprachen (GER) festgelegt wurden, und einem den gleichzeitigen Aufbau eines Systems der Hilfe,
30-stündigen Orientierungskurs. Dieser dient der Ver Beratung und Kontrolle, das im flächendeckenden
mittlung von Grundkenntnissen der Rechtsordnung, Einsatz von Regionalkoordinatoren des Bundesamtes
der Kultur und der Geschichte Deutschlands. für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden Bun
desamt) seinen Ausdruck fand und von Anbeginn
auf Seiten der Kursträger von großer Zustimmung
getragen wurde.
37
Zugelassene Lehrkräfte nach § 15 Abs. 1 IntV ca. 4.240 Lehrkräfte ohne weiteren Qualifizierungsbedarf
Zugelassene Lehrkräfte nach § 15 Satz 3 IntV ca. 7.700 Lehrkräfte mit Ausnahmegenehmigung
Es kann festgestellt werden, dass die Umsetzung der Handlungsfeld 3 „Aufwertung des
Integrationskurse in die Praxis seit 2005 zu einer Orientierungskurses“:
deutlichen qualitativen Verbesserung der deutschen Zur Aufwertung des Orientierungskurses wird die
Integrationspolitik geführt hat (Rambøll Manage Entwicklung eines Curriculums, eines standar
ment, Evaluationsbericht 2007, S. i), zu deren zentra disierten Tests und die Schulung von Lehrkräften
len Instrument die Integrationskurse seitdem gewor vorgeschlagen.
den sind.
Handlungsfeld 4 „Kursdurchführung“:
Im Vergleich der Integrationsbemühungen der Die Sicherstellung eines flächendeckenden und
europäischen Länder nimmt Deutschland mit dem bedarfsgerechten Kursangebots ist bezüglich der Flä
System der Integrationskurse einen vorderen Platz ein, chendeckung erfüllt. Laut Gutachten kann durch eine
sowohl hinsichtlich der Anzahl der geförderten Stun Optimierung des Zugangs bestimmter Zielgruppen
den pro Teilnehmer als auch mit dem Sprachlernziel und eine Erleichterung der Teilnahme die Bedarfsge
auf dem Niveau B1 des GER. rechtigkeit gesteigert werden.
38
Die haushaltsmäßige Ausgestaltung der Integrations Ziel der weiteren Arbeit muss es sein, die Quote der
kurse ist dem Haushaltsverfahren vorbehalten. Zielerreichung des Niveaus B1 wesentlich zu steigern.
Allerdings ist für Zugewanderte selbst durch Sprach
Es ist Ziel dieses Berichts, eine Optimierung der Inte kompetenz in der Verkehrssprache allein noch nicht
grationskurse durch die im Weiteren aufgeführten die grundsätzliche Voraussetzung gegeben, in „allen
Vorschläge zu erreichen. Dabei stellt die folgende Auf Angelegenheiten des täglichen Lebens selbständig
listung keine abschließende Aufzählung dar, sondern handeln“ zu können. Dem Orientierungskurs, der
konzentriert sich auf Aufgabenschwerpunkte. Grundkenntnisse der deutschen Geschichte, der
Rechtsordnung und Kultur vermitteln soll, kommt
Prüfstein aller Verbesserungen muss jedoch in jedem daher eine hohe Bedeutung zu, die jedoch noch nicht
Fall das Aufrechterhalten bzw. gegebenenfalls der durchgängig zum Tragen kommt.
Ausbau eines zeitnahen und flächendeckenden Ange
bots an Integrationskursen sein. Der Integrationskurs Einführung verpflichtender Tests
soll bundesweit Maßstäbe für die Integration setzen ■ Der Einstufungstest soll auf Grund seiner Bedeu
und möglichst viele Migrantinnen und Migranten tung für die Einordnung des Teilnehmers in das
erreichen. richtige Modul des Integrationskurses noch diffe
renzierter gestaltet und durchgängig zur zutref
Um die sich daran anschließenden Schlussfolge fenden Einstufung aller Teilnehmer eingesetzt
rungen zugleich wissenschaftlich zu fundieren und werden. Dazu muss der Test einerseits mit einer
dabei praktikabel zu gestalten, wird der Bund bei hohen Treffsicherheit den Sprachstand feststellen
seinem weiteren Vorgehen auf die Bewertungskom und anderseits auch eine Prognose zum Lernweg
mission als bewährtes und zuverlässiges Beratungs ermöglichen. Bei der Einstufung soll eine Emp
und Arbeitsinstrument zurückgreifen. Die Bewer fehlung abgegeben werden, ob eine Teilnahme
tungskommission wurde entsprechend § 21 IntV „zur an einem Jugendintegrationskurs oder an einem
Frauenkurs erfolgen soll.
39
■ Bis zum Vorliegen des skalierten Sprachtests bzw. ➤ Für Teilnehmende, die nicht oder nicht aus
bis zu seinem flächendeckenden Einsatz im Jahr reichend lesen und schreiben können, soll ein
2009 soll für das Jahr 2008 durch die Bewertungs Alphabetisierungskurs von 300 Unterrichtsstun
kommission eine Regelung entwickelt werden, den dem Integrationskurs vorgeschaltet werden
die möglichst auch eine Bestätigung des Niveaus (Sonderkurs).
A2 zulässt. Da das Niveau A2 nicht anhand des
Punktenachweises der Zertifikatsprüfung Deutsch ➤ Für Teilnehmende, die das Ziel B1 schneller als
nachgewiesen werden kann, soll übergangsweise in 600 Unterrichtsstunden erreichen können,
eine Regelung in Form des Einsatzes einer A2 Prü soll ein entsprechendes Konzept vorgehalten
fung gefunden werden. werden (Sonderkurs-Intensivsprachkurs). Für die
Teilnahme an einem Intensivsprachkurs sind
Flexibilisierung der Stundenkontingente und entsprechende Anreize zu schaffen.
Begrenzung der Teilnehmerzahlen
Zur Steigerung des Kurserfolges, hier vornehmlich
der Erreichung des Sprachlernziels B1, sollen bedarfs Nachqualifizierung der Lehrkräfte
spezifische und flexible Stundenkontingente bis zu Qualität der Lehre setzt eine Förderung der Lehrkräfte
einer maximalen Höhe von 900 Unterrichtsstunden voraus. Diese umfasst sowohl die Sicherung der fach
vorgesehen werden. Eine Begrenzung auf eine ver lichen Qualität als auch das Bemühen um angemes
tretbare Teilnehmerzahl unter 25 Teilnehmern wird sene Honorare. Lehrkräfte, die gegenwärtig noch auf
angestrebt. Basis einer Ausnahmegenehmigung arbeiten (§ 15
Abs. 3 IntV), sollen daher beschleunigt nachqualifi
■ Allgemeiner Integrationskurs (Grundangebot) ziert werden können, damit die Zeit der Übergangs
Für Teilnehmende, die ordnungsgemäß am Inte regelung verkürzt und schon vor dem Jahr 2010 Kurse
grationskurs teilgenommen haben, das Lernziel B1 ausnahmslos mit entsprechend qualifizierten Lehr
aber nachweislich in 600 Stunden nicht erreichen, kräften durchgeführt werden können.
soll ein zusätzliches Stundenkontingent von bis zu
300 Stunden vorgehalten werden. Es ist dabei unabdingbar, dass Lehrkräfte in Inte
grationskursen selbst über sprachliche Fähigkeiten
■ Integrationskurse für spezielle Zielgruppen und Son verfügen, die dem einwandfreien Gebrauch der deut
derkurse schen Sprache in Wort und Schrift entsprechen. Dafür
Integrationskurse für spezielle Zielgruppen (§ 13 haben die Kursträger bei der Auswahl der Lehrkräfte
IntV) und Sonderkurse sollen dem spezifischen Sorge zu tragen. Bei begründetem Zweifel soll der
Förderungsbedarf der jeweiligen Zielgruppe Rech zuständige Regionalkoordinator den Nachweis dieser
nung tragen. Dabei ist der Umfang der Förderung Fähigkeiten verlangen können (mindestens Sprachni
innerhalb der einzelnen Zielgruppen noch geson veau C1).
dert festzulegen.
Aufwertung des Orientierungskurses
Der Orientierungskurs vermittelt Grundkenntnisse zu
➤ Der Jugendintegrationskurs soll ein zusätzliches Rechtsordnung, Kultur und Geschichte Deutschlands,
Modul von 300 Stunden umfassen, das dazu wodurch ihm eine hohe Bedeutung für den Integrati
dient, gezielt auf die Aufnahme von Ausbildung, onserfolg insgesamt, insbesondere aber auch für die
Studium oder Berufstätigkeit vorzubereiten. Entscheidung über die Erteilung der Niederlassungs
Träger, die solche Kurse anbieten, sollen Berufs erlaubnis zukommt. Darüber hinaus ist ein ausgewo
praktika und nach dem Kurs Ausbildungsplätze genes Verhältnis zwischen Wissensvermittlung und
oder weitere Qualifizierungsmaßnahmen Bezug zur Lebenswelt und sozialen Verantwortung
anbieten oder dahin vermitteln können. Dies der Migrantinnen und Migranten herzustellen. Um
soll in Abstimmung bzw. Zusammenarbeit mit diesem Anspruch gerecht zu werden, sollen zeitnah
den Agenturen für Arbeit und den Trägern der ein einheitliches Curriculum, ein standardisierter
Grundsicherung für Arbeitsuchende erfolgen. Abschlusstest sowie ein bedarfsgerechtes Angebot zur
40
41
42
3. Vereinbarungen von Maßnahmen Die Länder, Kommunen und der Sachverstand der
und Selbstverpflichtungen Kursträger und Experten werden über die Bewer
tungskommission mit einbezogen.
3.1. Maßnahmen und Selbstverpflichtungen ■ Der Bund verpflichtet sich zur Aufrechterhaltung
des Bundes bzw. zum Ausbau eines zeitnahen und flächende
ckenden Angebots an Integrationskursen. Insbe
In § 43 Abs. 3 Satz 3 AufenthG ist ausgeführt, dass „der sondere wird er prüfen, inwieweit die Handlungs
Integrationskurs vom Bundesamt für Migration und empfehlungen zur Steigerung des Kurserfolgs, zur
Flüchtlinge koordiniert und durchgeführt“ wird und Qualifikation der Lehrkräfte, zur Optimierung des
es sich dazu privater und öffentlicher Träger bedie Kursmanagements, zur Umsetzung eines zielfüh
nen kann. Weiterhin heißt es in § 43 Abs. 4 AufenthG, renden Finanzierungssystems und zur Nachhaltig
dass die Bundesregierung ermächtigt wird, „nähere keit der Integrationskurse in das Integrationskurs
Einzelheiten des Integrationskurses … durch eine system überführt werden können.
Rechtsverordnung … zu regeln.“
■ Die kostenrelevanten Vorschläge werden im Hin
Damit liegt für die Integrationskurse sowohl die blick auf die Finanzierbarkeit im Rahmen des Haus
finanzielle Zuständigkeit beim Bund als auch die haltsaufstellungsverfahrens 2008 thematisiert.
Zuständigkeit bzw. die Ermächtigung, die näheren
Einzelheiten auszuführen. Insofern ist es Aufgabe ■ Die Bewertungskommission, die gemäß § 21 IntV
des Bundes, die unter Punkt 2 ausgewiesenen Emp eingerichtet worden ist, soll den Prozess der Verbes
fehlungen auf ihre Umsetzbarkeit zu prüfen und serung und der weiteren Ausgestaltung der Inte
umzusetzen. grationskurse fachlich und praxisnah begleiten.
43
■ Der Bund plant, die Wirksamkeit und Nachhaltig 3.3. Vorschläge für Maßnahmen und Selbst
keit der Integrationskurse auf repräsentativer Basis verpflichtungen der nichtstaatlichen
zu messen. Institutionen und Organisationen
44
45
4.2.
fördern“
Rund ein Fünftel aller in Deutschland lebenden Die integrationspolitischen Erwartungen und Forde
Menschen sowie jedes dritte Kind unter sechs Jah rungen richten sich daher vor allem auf eine kontinu
ren haben einen Migrationshintergrund. In vielen ierliche und systematische Förderung der deutschen
städtischen Ballungsgebieten der westlichen Bun Sprache. Die sprachliche Bildung ist eine durchgän
desländer gilt dies bereits für mehr als 40 Prozent gige gemeinsame Aufgabe der an der Erziehung und
der Kinder und Jugendlichen. Zwei Drittel der Kinder Bildung beteiligten Personen und Institutionen. Sie
und Jugendlichen mit Migrationshintergrund sind in beginnt in der Familie und wird ergänzt und fort
Deutschland geboren. geführt in Tageseinrichtungen für Kinder und den
nachfolgenden Bildungsinstitutionen. Die Eltern sind
Viele Kinder und Jugendlichen mit Migrationshinter in allen Phasen der sprachlichen Bildung wichtig
grund sind erfolgreich in Schule, Ausbildung, Beruf und in ihrer elterlichen Verantwortung von Anfang
und Gesellschaft und in Deutschland gut integriert. an gefordert. Die Mehrsprachigkeit der Kinder ist im
Viel zu viele aber haben hierbei Schwierigkeiten. Prozess sprachlicher Bildung als Chance zu verstehen
Ein wesentlicher Grund dafür liegt in nicht ausrei und zu nutzen.
chenden Kenntnissen der deutschen Sprache, Sprach
kompetenz ist eine der wichtigsten Voraussetzungen Ziel aller Maßnahmen ist die Verbesserung der
für den schulischen und beruflichen Erfolg und für Integration und der Bildungschancen von Kindern
die gesellschaftliche Integration. mit Migrationshintergrund – insbesondere durch die
Unterstützung und Förderung der Sprachentwicklung
Sprachentwicklung ist ein wesentlicher Teil der von Anfang an und durch ausreichende Gelegen
Persönlichkeitsentwicklung, Sprachförderung ein heit, so früh wie möglich gute Deutschkenntnisse zu
zentraler Bereich der frühen Bildung. Sprachförde erwerben.
rung legt wichtige Grundlagen für Chancengleichheit
insbesondere mit Blick auf den Übergang von der Bund, Länder, Kommunen und nichtstaatliche Orga
Kindertageseinrichtung in die Grundschule. Die Pisa- nisationen und Institutionen sind gleichermaßen
Studie und der OECD-Bericht zur Politik der frühkind gefordert, Verantwortung für die Verbesserung der
lichen Betreuung, Bildung und Erziehung in Deutsch Bildungschancen und der Integration von Kindern mit
land unterstreichen die Bedeutung der sprachlichen Migrationshintergrund zu übernehmen und dabei
Fähigkeiten für den kindlichen Bildungs- und Ent den Blick insbesondere auf die frühe Sprachförderung
wicklungsprozess. Kinder mit Migrationshintergrund zu richten. Dieser Prozess muss von allen Beteiligten
haben oft wenig Gelegenheit, bereits in den ersten in gemeinsamer Verantwortung gestaltet werden.
Lebensjahren Deutschkenntnisse zu erwerben.
47
Tageseinrichtungen für Kinder stellen einen sehr 1. Unterstützung von Sprachentwicklung und Sprach
guten Rahmen für solche Begegnungen dar, ihr erwerb durch die Eltern
früher Besuch bietet daher besondere Chancen. Durch
gezielte Maßnahmen in Kindertageseinrichtungen – 2. Sprachförderung in Kindertageseinrichtungen
frühe systematische und verlässliche Sprachförde
rung, Unterstützung der Sprachentwicklung durch 3. Durchgängige sprachliche Bildung im Übergang
qualifizierte Erzieherinnen und Erzieher – kann der Kindergarten – Grundschule
48
49
50
■ Kinderärzte, sozialpädiatrische Zentren und Logo Der Bund der Spanischen Elternvereine in der
pädinnen und Logopäden beraten Migrantenfami Bundesrepublik Deutschland hat nach Abschluss
lien regelmäßig und kontinuierlich zur kindlichen der Arbeiten an diesem Bericht folgende
Sprachentwicklung, Mehrsprachigkeit und Deutsch Selbstverpflichtungen nachträglich eingebracht:
als Zweitsprache. Ihre Verbandsorganisationen
setzen sich in den übergeordneten Gremien für die ■ Der Bund der Spanischen Elternvereine in der Bun
Elternberatung und Elternpartizipation ein. desrepublik Deutschland verpflichtet sich, auch in
den kommenden Jahren Fortbildungsprogramme
■ Die türkisch-deutschen Elternbriefe (ANE) des für Migranteneltern im Bereich Sprachförderung
Arbeitskreises Neue Erziehung e. V. orientieren sich durchzuführen.
51
52
sprachlichen Bildung. Der angestrebte Ausbau ist von Sprachförderung von Kindern mit
Bund, Ländern und Gemeinden. ■ Der Bund wird gemeinsam mit den Bundeslän
dern Forschungsvorhaben wie beispielsweise das
Entwicklung eines pädagogischen Förderkonzepts Programm FörMig unterstützen, die Erkenntnisse
für Tageseinrichtungen für Kinder unter drei über die Effektivität der in den Bundesländern
Jahren: ergriffenen Maßnahmen zur Sprachförderung von
■ Die Betreuung für Kinder unter drei Jahren wird Migranten erbringen können.
derzeit deutlich ausgebaut. Um eine qualifizierte
und professionelle Arbeit der in den Tageseinrich
tungen tätigen Personen zu unterstützen, wird der
53
■ die flächendeckende Verbreitung von Förderange ➤ sichern zu, dass die Sprachförderung als
boten, die an den Ergebnissen der Sprachstandser Bildungsauftrag in die jeweiligen Qualitätskon
fassungen ansetzen und hierauf aufbauen; zepte der Träger eingebunden wird,
■ die Entwicklung und Anwendung von Instru ➤ legen Wert auf eine entsprechende Qualifi
menten zu unterstützen, den verantwortlichen zierung der Erzieherinnen und Erzieher und
Akteuren vergleichende Maßstäbe ermöglichen werden – soweit möglich – Erzieherinnen und
und auf diese Weise zur Qualitätsverbesserung Erzieher mit Migrationshintergrund einstellen,
54
55
56
■
4.2.
aufzubauen;
■ Die Verbände der Freien Wohlfahrtspflege sichern
ebenso wie die Grundschulen die verbindliche
■ wissenschaftlich abgesicherte Materialien zur Kooperation zwischen Kindergarten, Grundschule,
Dokumentation der Sprachentwicklung einzuset Horten, Eltern, außerschulischen Angeboten und
zen, die die Kinder unter Berücksichtigung des anderen beteiligten Akteuren zu.
Datenschutzes biographisch von einer Bildungsein
richtung in die nächste begleiten; ■ Migrantenorganisationen informieren die Eltern
zu Fragen des Übergangs Kindertageseinrich
■ sich für die strukturierte und verbindliche Koope tung – Grundschule und der schulvorbereitenden
ration von Kindertageseinrichtungen, Grundschu Aufgabe des letzten Kindergartenjahres. Sie moti
len und Horten einzusetzen. Die verbindliche und vieren Eltern mit Migrationshintergrund zur part
strukturierte Kooperation von Kindertageseinrich nerschaftlichen Elternmitarbeit und unterstützen
tungen und Schulen soll Aufnahme in die Konzepte Eltern aktiv bei der Gestaltung des Übergangs.
der Jugendhilfeeinrichtungen und der schulischen
Arbeit, z. B. in Schulprogrammen, finden;
57
Mitglieder
Koordination: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Doris Bollinger Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales Bremen
Bernt-Michael Breuksch Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-
Westfalen
Dr. Hans Eirich Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen
Prof. Dr. Lilian Fried Institut für Sozialpädagogik, Erwachsenenbildung und Pädagogik der frühen Kindheit
Friedlinde Hasenkrug Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland
Dr. Michael Maier-Borst Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration
Dr. Monika Springer-Geldmacher Hauptstelle Regionale Arbeitsstelle zur Förderung von Kindern und Jugendlichen aus
Zuwandererfamilien Nordrhein-Westfalen
Eva Maria Welskop-Deffaa Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
58
59
4.3.
sichern, Arbeitsmarktchancen
erhöhen“
61
62
Die Bildungsbeteiligung der Schülerinnen und Auf Seiten der betroffenen Schülerinnen und Schüler
Schüler aus zugewanderten Familien ist in der und ihrer Eltern stellen eine oftmals überdurch
Sekundarstufe I deutlich ungünstiger als jener ohne schnittlich hohe Lernmotivation und vergleichsweise
Migrationsbiografie. So besuchten im Jahr 2000 von positive Einstellung zur Schule wichtige Anknüp
den 15-Jährigen ohne Migrationshintergrund knapp fungspunkte für alle Versuche zur Verbesserung der
17 Prozent eine Hauptschule und etwa 33 Prozent ein Bildungssituation der Kinder und Jugendlichen und
Gymnasium, während in derselben Altersgruppe mit zur Überwindung von sozialen und innerfamiliären
Zuwanderungshintergrund 32 Prozent in der Haupt Bildungsbarrieren dar. Auch in ihrer Mehrsprachig
schule und 25 Prozent im Gymnasium waren. Für keit liegt ein hohes Potenzial.
Kinder mit Migrationshintergrund liegt eine entschei
dende Hürde für den Übergang in die Sekundarstufe
I in der Beherrschung der deutschen Sprache: Bei 1.2. Zielbestimmungen
gleicher Leseleistung reduziert sich die Benachtei
ligung dieser Gruppe erheblich. Gleichwohl besteht Entsprechend dieser Ausgangslage werden im Natio
eine Ungleichheit der Chancen. nalen Integrationsplan Maßnahmen vereinbart, die
sich auf folgenden Zielebenen bewegen:
Schulen mit hohem Migrationsanteil arbeiten häufig
in einem sozialen Umfeld, das durch eine relative Deutschland braucht ein Bildungssystem, das
Isolation und Ausgrenzung sozialer und ethnischer Chancen eröffnet, Potenziale entfaltet und
Gruppen geprägt ist. Dauerhafte Segregation hat Bildungserfolge nicht von sozialer Herkunft
Einfluss auf das Lernverhalten und die Lernleistung. abhängig macht
Es gibt Hinweise auf ein beträchtliches Ausmaß der Bildung in der allgemein bildenden Schule muss das
Segregation: So zeigt PISA 2000, dass bundesweit etwa nötige Rüstzeug für eine sich anschließende beruf
jede fünfte Hauptschule unter sehr problematischen liche Ausbildung (betrieblich, schulisch, akademisch)
Bedingungen arbeitet. Jeder vierte Jugendliche mit vermitteln. Dazu gehören insbesondere die Kultur
Migrationshintergrund besucht in der Sekundarstufe techniken (Lesen, Schreiben, Rechnen), soziale Kom
I eine Schule, in der Schülerinnen und Schüler mit petenzen und eine fundierte Berufsorientierung.
Migrationshintergrund die Mehrheit stellen.
Zum Kernbereich des staatlichen Erziehungs- und Bil
Segregation wirkt sich auch auf Schulabschlüsse dungsauftrags gehört es, für alle Heranwachsenden in
aus. Der Leistungsrückstand von Jugendlichen mit Deutschland das Recht auf allgemeine und berufliche
Migrationshintergrund gegen Ende der Schulpflicht Bildung zu sichern, die freie Entfaltung der Persön
ist in kaum einem PISA-Teilnehmerstaat so groß wie in lichkeit der Schülerinnen und Schüler zu fördern und
Deutschland. Insgesamt verlassen doppelt so viele aus die Kinder und Jugendlichen in Orientierung an dem
ländische Schülerinnen und Schüler die Schule ohne Ziel der Chancengleichheit auf das gesellschaftliche
Abschluss wie deutsche. Bei den ausländischen Jungen und berufliche Leben vorzubereiten. Die Einlösung
63
Bildung ist die wichtigste Ressource in Deutschland. Schulen verbessern – Benachteiligungen und
Daher müssen konsequent die vorhandenen Poten Segregation aktiv begegnen
ziale und Fähigkeiten aller Individuen genutzt und Der Entwicklung von Schulsituationen, in denen
verbessert werden. Die noch immer bestehende Segregation und verschiedene Aspekte der Benach
Koppelung der Bildungschancen und -verläufe mit teiligung kumulieren, muss entschlossen entge
Merkmalen sozialer, sprachlicher und ethnischer gengewirkt werden. Besonders problematisch sind
Herkunft muss durch ein konsequent auf individuelle Hauptschulen mit sehr geringen Übergangsquoten,
Förderung gerichtetes Bildungssystem überwunden in denen die Schülerschaft oft in mehrfacher Weise
werden. benachteiligt ist. Sofern sich diese belastenden Rah
menbedingungen kurzfristig nicht verändern lassen,
Bildung muss im frühen Kindesalter beginnen, um benötigen die betroffenen Schulen in erheblichem
die Integrationschancen wirkungsvoll zu verbessern. Ausmaß zusätzliche Ressourcen und Unterstützung.
Im Sinne einer systematischen und frühzeitigen Das lokale Bildungsmanagement der Kommunen
Förderung gilt es, Kindertagesstätten als besonderen sowie dauerhafte Begleit- und Unterstützungssysteme
Lernort weiterzuentwickeln und die Abstimmung mit können hier zur Qualitätsverbesserung beitragen.
dem allgemeinen Bildungswesen zu intensivieren,
ohne den spezifischen sozialpädagogischen Anspruch Eine frühe individuelle Förderung sowie der deutliche
zu vernachlässigen. Zur Erhöhung der Quote des Krip Ausbau von Ganztagsschulangeboten mit hoher päd
pen- und Kindertagesstättenbesuches von Kindern agogischer Qualität schaffen neue Möglichkeiten der
mit Migrationshintergrund insbesondere im Alter bis gezielten Förderung und schulischer Angebote zur
zu vier Jahren sind der quantitative und qualitative Verbesserung der Bildungs- und Integrationserfolge.
Ausbau entsprechender vorschulischer Bildungs- und In der Ganztagsschule liegen insbesondere für Kinder
Betreuungsangebote erforderlich. Die Verpflichtung aus sozial benachteiligten oder bildungsfernen Eltern
zum Besuch vorschulischer Einrichtungen mit der häusern große Chancen, Defizite zu überwinden und
Vollendung des dritten Lebensjahrs ist grundsätzlich sprachliche, kulturelle und soziale Fähigkeiten zu
anzustreben. entwickeln.
Sprachsicherheit im Deutschen ist die entscheidende Eine bessere schulische Vorbereitung auf die Arbeits
Voraussetzung für schulischen und vielfach auch welt durch Einbeziehung arbeitsweltbezogener
beruflichen Erfolg. Die kontinuierliche, systematische Inhalte ab der achten Klasse ist unverzichtbar. Zur
und explizite Förderung der deutschen Sprache in Umsetzung beitragen können Kooperationen mit
Wort und Schrift muss daher unabdingbar über die Betrieben und Unternehmen und mit den Gewerk
gesamte Schullaufbahn hinweg und auch im Fachun schaften. Zur Verbesserung der Berufsorientierung
terricht gewährleistet werden. Erforderlich hierfür ist und Beratung ist zudem eine stärkere Einbeziehung
die sprachdidaktische Qualifizierung und Weiterbil von Organisationen und Institutionen der Zivilgesell
dung der Lehrkräfte aller Schulstufen und Fächer als schaft in den Schulablauf von erheblicher Bedeutung.
vordringliche Aufgabe. In den kommunalen Netzwerken für Bildung, Integra
tion und berufliche Perspektiven müssen die Schulen
Mehrsprachigkeit unter Einschluss der Herkunfts zentrale Akteure sein.
sprache stellt daneben ein wichtiges Potenzial für das
Individuum und die Gesellschaft insgesamt dar, das Potenziale der Jugendlichen fördern – Eltern
es zu fördern gilt. Es sind geeignete Maßnahmen zu beteiligung verbessern und Eigenverantwortung
erproben, wie der Mehrsprachigkeit im Schulalltag stärken
angemessen Rechnung getragen werden kann, bei Die Förderung der Kinder und Jugendlichen mit Mig
spielsweise durch bilinguale Schulformen. rationshintergrund schließt an ihre kulturellen und
sprachlichen Erfahrungen an. Künftig wird es darauf
64
65
66
67
68
bestehenden Netzwerke für Demokratie und Cour ■ Die Stiftung Mercator führt gemeinsam mit einer
rage, Projektschultage und Fortbildungsveranstal Reihe von Partnerinnen und Partnern bundes
tungen für Lehrkräfte durch. weit ein Projekt „Förderunterricht für Kinder
und Jugendliche mit Migrationshintergrund“ an
■ Der DGB und die Gewerkschaften setzen sich für 35 Standorten durch, das sich sowohl an Schüle
die Einbeziehung arbeitsweltbezogener Inhalte in rinnen und Schüler der Sekundarstufe I + II, wie
den Unterricht ein. Sie fördern Kooperationen zwi auch an Lehramtsstudierende und Förderlehrkräfte
schen Schule und Arbeitswelt. Sie werden sich mit richtet. Projektziele sind sowohl die sprachliche
ihren Kompetenzen in die – von der Arbeitsgruppe und fachliche Förderung junger Migrantinnen und
vorgeschlagenen – kommunalen Netzwerke für Migranten als auch die sprachdidaktische Aus
Bildung, Integration und berufliche Perspektiven bildung des künftigen Lehrpersonals. Der für die
einbringen. Migrantenjugendlichen kostenfreie individuelle
Förderunterricht umfasst zwei bis vier Stunden pro
■ Der DGB und die Gewerkschaften teilen die Woche und kombiniert sprachliche mit fachlichen
Auffassung der Arbeitsgruppe, allen Kindern und Lerninhalten. Die Stiftung Mercator stellt für dieses
Jugendlichen – unabhängig vom aufenthalts Projekt 10 Millionen Euro zur Verfügung.
rechtlichen Status – einen uneingeschränkten
Zugang zu Bildungseinrichtungen zu gewähren. ■ Wirtschaftsnahe Stiftungen fördern gezielt auch
Sie setzen sich dafür ein, dass Beschäftigte in den Schülerinnen und Schüler mit Migrationshinter
Bildungseinrichtungen nicht verpflichtet werden grund, insbesondere hinsichtlich ihrer Sprach
dürfen, den Aufenthaltsstatus abzufragen oder kompetenzen. Der Deutsche Arbeitgeberpreis für
diesen an die Ausländerbehörden weiter zu leiten Bildung prämiert jedes Jahr Schulen, Hochschulen,
und die Aufnahme in die Bildungseinrichtung zu Berufsschulen und Betriebe mit besonders heraus
verweigern. ragenden Bildungsleistungen und macht diese als
gute Beispiele bekannt. 2006 lag der Schwerpunkt
■ Der DGB und die Gewerkschaften setzen sich für bei der Förderung internationaler Kompetenzen.
ein ganzheitliches Bildungskonzept ein, von der
frühkindlichen Förderung bis hin zur Weiterbil Träger der Jugendsozialarbeit:
dung für ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeit ■ Die Träger der Jugendsozialarbeit streben die
nehmer. Sie entwickeln dazu Konzepte und führen Erhöhung des Anteils an Mitarbeiterinnen und
Kampagnen (z. B. Offensive Bildung der IG BCE) Mitarbeitern mit Migrationshintergrund auch in
durch. der Schulsozialarbeit an, um gemeinsam mit den
Lehrenden die individuelle und soziale Entwick
■ Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft lung der Jugendlichen mit Migrationshintergrund
(GEW) unterstützt die integrationspolitischen in allen Maßnahmen besser fördern zu können. In
Themen und Zielsetzungen auch in ihren Publika Modellprojekten an zwölf Standorten untersuchen
tionen und wird auf eine rasche und umfassende die Jugendmigrationsdienste, welche Zugangs
Weiterbildung der Lehrkräfte und sozialpäda wege und Methoden die Eltern besser in die
gogischen Fachkräfte und der Erzieherinnen Schullaufbahn der Jugendlichen einbinden können.
und Erzieher im Hinblick auf interkulturelle und
sprachliche Kompetenzen dringen. Sie setzt sich Freie Wohlfahrtspflege:
dafür ein, dass Lehrkräfte, die diesen Unterricht ■ Die Mitgliedsverbände der Bundesarbeitsgemein
erteilen, vergütungsrechtlich nicht schlechter schaft der Freien Wohlfahrtspflege BAGFW setzen
gestellt werden und damit wegen ihrer oder der sich für eine möglichst frühzeitige Förderung aller
Nationalität ihrer Schülerinnen und Schüler nicht Kinder mit Migrationshintergrund ein. Dabei geht
diskriminiert werden dürfen. es nicht allein um die Förderung der Sprachkompe
tenz. Die Mitgliedsverbände der BAGFW setzen sich
■ Die GEW wird Multiplikatorinnen und Multiplika für einen quantitativen und qualitativen Ausbau
toren für bundesweite Fortbildungsprogramme zu der Angebote für Bildung, Erziehung und Betreu
interkulturellen Themen ausbilden und weiterhin ung für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr ein.
über ihre Stiftung Vorhaben der Migrationsfor
schung unterstützen, entsprechende Erkenntnisse ■ Die Mitgliedsverbände der BAGFW engagieren
über ihre Publikationen verbreiten und sich dafür sich im Rahmen ihrer Jugendsozialarbeit – in den
einsetzen, dass sie Eingang in die Aus-, Fort- und Jugendmigrationsdiensten, in der Schulsozialarbeit
Weiterbildung für pädagogische Berufe finden. und in ihren Maßnahmen des betreuten Wohnens –
69
70
Auch Maßnahmen, die frühzeitig bereits in der Schule Ein zweiter Ansatzpunkt ergibt sich dort, wo poten
ansetzen, haben sich als erfolgreich für den Übergang zielle Ausbildungsbetriebe aus Unsicherheit von der
von der Schule in Ausbildung erwiesen. Hierzu gehö Einstellung von Auszubildenden mit Migrations
ren z. B. die Modelle der Praxis- bzw. Kooperationsklas hintergrund absehen. Betriebliche Rekrutierungs
sen, die durch eine individuelle Förderung leistungs strategien und Auswahlverfahren berücksichtigen
schwacher Schülerinnen und Schüler und betriebliche noch zu wenig die Ressourcen der Jugendlichen mit
Praktikumsphasen einen Schulabschluss sicherstellen Migrationshintergrund. Hier ist die Kompetenz des
und die Aussichten auf einen Ausbildungsplatz deut Ausbildungspersonals im Umgang mit diesem Per
lich verbessern. sonenkreis zu stärken. Dafür sollen insbesondere die
öffentlichen Angebote zur Stabilisierung betrieblicher
Ausbildungsverhältnisse und zur Absicherung des
2.2. Zielbestimmungen Ausbildungserfolges intensiver genutzt werden.
Entsprechend dieser Ausgangslage werden im Natio Horizonte der Berufswahl und der Ausbildungs
nalen Integrationsplan Maßnahmen vereinbart, die beteiligung von Jugendlichen mit Migrations
sich auf folgenden Zielebenen bewegen: hintergrund erweitern
Schulisch erworbene Zertifikate können an der
Zahl der Ausbildungsmöglichkeiten für Schwelle zur Ausbildung nur noch hilfsweise nachge
Bewerberinnen und Bewerber mit Migrations bessert werden, insbesondere dann, wenn ein forma
hintergrund erhöhen ler Schulabschluss ganz fehlt. Auf Seiten der Ausbil
Das Fehlen von Ausbildungsstellen hat bereits zu dungsbewerberinnen und -bewerber ergeben sich
zahlreichen Anstrengungen und einigen Erfolgen bei Einschränkungen aber auch jenseits ihrer schulischen
der Erhöhung des Ausbildungsplatzangebotes geführt. Abgangszeugnisse. Es ist wichtig, ihren Blickwinkel
Alle Maßnahmen zur Erhöhung des Gesamtangebotes für das Berufswahlspektrum zu erweitern und damit
verbessern auch die Chancen von Jugendlichen mit die frühzeitige Orientierung auf eine eigenständige
Migrationshintergrund, weil eine Verminderung des Berufs- und Erwerbsbiographie zu richten, insbeson
Konkurrenzdrucks die oben beschriebenen Nachteile dere bei jungen Frauen mit Migrationshintergrund.
tendenziell in ihrer Wirkung abschwächt. Alle Maß Wesentliche Ansätze für diese Zielbestimmung
nahmen zur Erhöhung des Gesamtangebotes müssen ergeben sich im Zusammenwirken von Schule, Berufs
unverändert und wenn möglich verstärkt auch in den beratung, Migrationsberatung und Elternhaus. Eine
kommenden Jahren fortgesetzt werden. Die Erfah intensive und den Adressatenkreis bewusst und früh
rungen aus dem Ausbildungspakt werden berücksich zeitig ansprechende Berufsorientierung bereitet den
tigt. Möglichkeiten zur Ausweitung des Angebotes an Boden für ermutigende und den Horizont erweiternde
Ausbildungsstellen für Bewerberinnen und Bewerber Beratungsgespräche.
mit Migrationshintergrund ergeben sich aus zwei
Handlungsansätzen: Die aktive Beteiligung der Eltern bei der Erschließung
einer möglichst breiten Berufswahlpalette kann
Zum einen gilt es, Ausbildungsbetriebe, die noch nicht insbesondere in Familien mit Migrationshintergrund
oder in zu geringem Maße Ausbildungschancen für positive Wirkung entfalten. Hier gilt es, unter Einbe
junge Menschen mit Migrationshintergrund eröffnen, ziehung der ethnischen Medien und Kommunikati
für eine Ausweitung ihres Angebotes zu gewinnen. onswege, die geeigneten Formen der Kommunikation
Hier sind auch Unternehmerinnen und Unternehmer und Information über das komplexe Ausbildungssys
mit eigenem Migrationshintergrund anzusprechen, tem in Deutschland zu finden und Selbstvertrauen zu
die bisher nicht ausbilden, aber auch – insbesondere vermitteln, um der häufig vorhandenen Skepsis über
größere – Unternehmen, die nur einen geringen die eigenen Möglichkeiten zur beruflichen Integra
Anteil von Auszubildenden mit Migrationshinter tion entgegen zu wirken. Hierfür ist auch die Kompe
grund eingestellt haben. tenz der Maßnahmeträger im Umgang mit jugend
lichen Migrantinnen und Migranten zu stärken und
Zum andern besteht im Öffentlichen Dienst diesbe die Zusammenarbeit mit Migrantenorganisationen
züglich Nachholbedarf. Für alle privaten und öffent zu optimieren. Bei der Entwicklung neuer und der
lichen Ausbildungsbetriebe gilt, dass sich durch die Fortentwicklung bestehender Berufsbilder sind die
zunehmende Vielfalt der Bevölkerung und die weitere Kompetenzen von Menschen mit Migrationshinter
grund als Potenziale mit einzubeziehen.
71
72
73
■ Die BA wirkt darauf hin, dass die Geschäfts ■ Die Kultusministerinnen und -minister sind sich
führungen der ARGEN/Agenturen für Arbeit in bewusst, dass auch berufsbildende Schulen mit
getrennter Trägerschaft den Zuweisungsprozess einem hohen Anteil an Kindern und Jugendlichen
zum Integrationskurs nachhaltig verfolgen und mit Migrationshintergrund Unterstützung benö
ergänzende Sprachförderung mit Komponenten tigen, um Integrationsarbeit im erforderlichen
wie praxisbezogenem Unterricht oder berufsorien- Umfang leisten zu können. Es besteht Einigkeit,
tiertem Praktikum als Bestandteil verbinden. dass auch für diese Schulen spezifische Mittel
bereitgestellt werden, sei es durch Senkung der Fre-
■ Die BA wird die außerbetriebliche Ausbildung quenzen, Erhöhung des Lehrpersonals oder Unter-
Benachteiligter auf mindestens gleicher Höhe wie stützung der Lehrkräfte durch Schulsozialarbeit.
2006 fortsetzen und berufsvorbereitende Bildungs- Diese Schulen benötigen besonders qualifiziertes
maßnahmen auf hohem Niveau fortführen. pädagogisches Personal. Dies wird zum einen
durch eine erhöhte Einstellung von Lehrkräften
■ Die BA wird im Herbst 2007 zur weiteren Ent oder Sozialarbeitern und Sozialarbeiterinnen mit
lastung des Ausbildungsmarktes und zur Ver- Migrationshintergrund angestrebt, zum anderen
besserung der Situation von Jugendlichen mit durch eine konsequente Fortbildung.
Migrationshintergrund einmalig zusätzlich zur
ursprünglichen Planung 7.500 außerbetriebliche ■ Sprachfördermaßnahmen werden auch in den
Ausbildungsplätze für diesen Personenkreis bis beruflichen Schulen angeboten, wenn der Bedarf
zum Ende der Ausbildung finanzieren. besteht. Gleichzeitig gilt analog zu den allgemein
bildenden Schulen der Sprachbildungsauftrag für
■ Die BA wird ausbildungsbegleitende Hilfen auswei die Lehrkräfte aller Fächer und ebenso die Ver
ten, insbesondere auch zugunsten Jugendlicher mit pflichtung der Kultusministerinnen und -minis-
Migrationshintergrund. ter, die entsprechenden Fortbildungsangebote
bereitzustellen. Die Erfahrungen des Modellpro-
■ Die BA wird bei Bedarf die betriebliche Einstiegs gramms FÖRMIG zur Sprachförderung am Über
qualifizierung im Falle von lernbeeinträchtigten gang von der Schule in den Beruf werden dabei
und sozial benachteiligten Jugendlichen mit sozial berücksichtigt.
pädagogischer Begleitung flankieren.
■ Die Mehrsprachigkeit der Jugendlichen gewinnt in
■ Die BA verstärkt ihr Angebot an Informationsma der Phase der Ausbildung eine besondere Bedeu
terial in den Herkunftssprachen und macht dies tung. Sie soll, wo immer dies möglich ist, berufs
über Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der bezogen weiterentwickelt werden und zu einer
Migrationsberatung bekannt. Stärkung der Auszubildenden in ihren künftigen
Arbeitsbereichen führen.
■ Die BA wird bei vorliegender Kofinanzierung zur
Verbesserung der Berufsorientierung und Ausbil ■ Die Kultusministerkonferenz hat sich im „Natio
dungsreife von Schulabgängerinnen und Schulab nalen Pakt für Ausbildung und Fachkräftenach
gängern die frühzeitige und verstärkte Berufsorien wuchs“ verpflichtet, für ein verbessertes Über
tierung ausweiten. gangsmanagement von der Schule in den Beruf
einzutreten, Ausbildungsreife und Berufsorientie
rung in der allgemein bildenden Schule angemes-
Maßnahmen und Selbstverpflichtungen der sen vorzubereiten und hierbei insbesondere die
Länder und Kommunen (bzw. in der Regelungs- Jugendlichen mit Migrationshintergrund bei ihrer
zuständigkeit von Ländern und Kommunen) Suche nach einem Ausbildungsplatz zu unter
stützen. Dazu gehört der verstärkte Einbezug der
Länder: Praxis in den Schulalltag und die Einrichtung von
■ In den Beruflichen Schulen ist in besonderer Weise Praxis- bzw. Kooperationsklassen zur frühzeitigen
für die Ausbildung der Fach- und Berufssprache Förderung leistungsschwacher Schülerinnen und
Sorge zu tragen. Die Kultusministerkonferenz Schüler.
74
75
76
Über wesentliche Bereiche der Integration wird auf Die Datenlage zur Analyse der Situation von Men
dem Arbeitsmarkt entschieden. Die Erfahrung zeigt, schen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeits
dass Integration am besten dort gelingt, wo Menschen markt ist noch nicht ausreichend. Dies betrifft die
mit Migrationshintergrund aktiv im Erwerbsleben Erfassung von Daten zum Erwerbsverhalten und zur
stehen. Berufliche Tätigkeit und Stellung sowie die Arbeitslosigkeit, aber auch die Daten zur Beteiligung
die Höhe des Erwerbseinkommens hängen stark an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen und ihren
voneinander ab und entscheiden über die Möglichkeit Erfolgen. Häufig muss auf das Merkmal nichtdeut
einer eigenständigen Lebensplanung. Die Perspektive scher Staatsangehörigkeit zurückgegriffen werden,
auf eine stabile Berufs- und Erwerbsbiographie, die mit dem die Gesamtgruppe der Menschen mit Mig
Wertschätzung im familiären und gesellschaftlichen rationshintergrund aber weder ausreichend erfasst
Umfeld und die Einbeziehung in betriebliche Abläufe noch differenziert werden kann.
und kollegiale Teams sind weitere wesentliche Inte
grationsfaktoren, die mit dem ausgeübten Beruf eng In den vergangenen fünfzehn Jahren hat sich die
verbunden sind. In der Geschichte der arbeitsmarkt Beschäftigungssituation von Menschen mit Migra
orientierten Zuwanderung ist diese Integration in tionshintergrund deutlich verschlechtert. So ist die
Arbeit und Gesellschaft millionenfach gelungen. Men Erwerbsbeteiligung der Menschen mit ausländischer
schen mit Migrationshintergrund haben dennoch Staatsangehörigkeit gesunken und ihre Arbeitslosen
häufig höhere Zugangshürden zu überwinden. Sei es, quote ist etwa doppelt so hoch wie die der Deutschen.
dass sie als Zugewanderte in Tätigkeiten mit geringe Ausländische Beschäftigte sind vom Strukturwandel
ren formalen Qualifikationsanforderungen beschäf sehr viel stärker betroffen als deutsche: Sie sind stark
tigt sind, sei es, dass sie als Kinder aus Familien mit vertreten in Branchen und Berufen, in denen Arbeits
Zuwanderungsgeschichte auf ihrem Weg durch das plätze abgebaut werden und finden sich seltener im
Bildungs- und Ausbildungssystem in Deutschland teil öffentlichen Dienst. In wachsenden Zweigen des
77
78
79
■ Die Bundesregierung wird mit der Umsetzung Bundesamt für Migration und Flüchtlinge:
des ESF-Bundesprogramms für die Förderperiode ■ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
2007 bis 2013 den Nationalen Integrationsplan (BAMF) wird ein Konzept zur beruflichen Integra
durch eine Reihe zusätzlicher Maßnamen beson tion zugewanderter Akademikerinnen und Akade
ders unterstützen. miker zu den Schwerpunktthemen Anerkennungs
verfahren von Bildungs- und Berufsabschlüssen
■ Die berufsbezogene Förderung der deutschen Spra (u. a. in Zusammenarbeit mit der Kultusminister
che im Rahmen des ESF-Programms wird ab Mitte konferenz) sowie zur fachlichen und sprachlichen
2007 ausgeweitet. Sie soll die Integrationskurse Nachqualifizierung erarbeiten.
des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge
(BAMF) ergänzen und steht künftig allen Personen ■ Darüber hinaus wird das BAMF ein zielgruppenspe
mit Migrationshintergrund zur Verfügung. Die zifisches Konzept zur beruflichen Eingliederung
Bundesagentur für Arbeit wirkt darauf hin, dass zugewanderter Ärztinnen und Ärzte aus den Nach-
die Geschäftsführungen der ARGEN/Agenturen für folgestaaten der ehemaligen Sowjetunion erstellen
Arbeit in getrennter Trägerschaft den Zuweisungs und ggf. die Handlungsvorschläge modellhaft
prozess zum Integrationskurs nachhaltig verfolgen erproben und in die Regelangebote der Integrati
und ergänzende Sprachförderung mit Komponen onsförderung überführen.
ten zur Berufsorientierung und zur Weiterbildung
implementieren. ■ Das BAMF wirkt über seine Regionalkoordinatoren
und die Strukturen der bundesgeförderten Migrati
■ Ein Schwerpunkt im geplanten XENOS-Nachfol onserstberatung aktiv darauf hin, dass alle beteilig
geprogramm wird sich gezielt an Menschen mit ten Institutionen/Organisationen in der jeweiligen
Migrationshintergrund richten (ab 2008). Region dauerhaft für eine Koordinierung und
80
■ Die BA verstärkt ihr Angebot an Informationsma Entsprechend der Beratungen in der Arbeitsgruppe
terial in den Herkunftssprachen und macht dies wären u. a. folgende Aspekte zu berücksichtigen:
über Multiplikatorinnen und Multiplikatoren in der
Migrationsberatung bekannt. Das Angebot wird ■ Kommunen als Arbeitgeberinnen: Einstellungspra
auch den Trägern der Grundsicherung für Arbeitsu xis im Öffentlichen Dienst überprüfen – gezielte
chende zur Verfügung gestellt. Personalrekrutierung innerhalb der Personen
gruppe mit Migrationshintergrund, um geän
■ Die BA setzt das Prinzip der Chancengleichheit im derten Anforderungen an die Erbringung öffent
Rahmen ihrer Personalpolitik bei der Rekrutierung licher Dienstleistungen und dem Fachkräftebedarf
und Qualifizierung des Personals um. Die indivi angesichts der demografischen Entwicklung zu
duellen, vielfältigen Kompetenzen und Potenziale entsprechen.
bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BA
(z. B. Fremdsprachen, besondere Berufserfahrung, ■ Kommunale Wirtschaftsförderung und Existenz
interkulturelle Fähigkeiten) werden im Rahmen gründungsberatung für Migrantinnen und Mig
der Personalentwicklung identifiziert, gefördert ranten aufeinander abstimmen.
und gezielt eingesetzt. Konzepte hierzu werden
durch die Personalabteilung und die Hochschule
der BA vorbereitet.
81
82
83
Mitglieder
Leitung
Verbände/Institutionen
Wolfgang Fehl Zentralstelle für die Weiterbildung im Handwerk, Netzwerk „Integration durch
Qualifizierung“
Dr. Hans-Carsten Hansen BASF AG. Leiter des Kompetenzzentrums Human Resources
Dr. Linda von dem Bussche (Vertretung)
Phuong Kollath Verein „Dièn Hóng“ Gemeinsam unter einem Dach, Rostock
84
Wissenschaft
Prof. Dr. Michael Bommes Universität Osnabrück, Direktor des Instituts für Migrationsforschung und
interkulturelle Studien IMIS
Prof. Dr. Ingrid Gogolin Universität Hamburg, Institut für international und interkulturell vergleichende
Erziehungswissenschaft
Prof. Dr. Klaus Klemm Universität Duisburg-Essen, Leiter der Arbeitsgruppe Bildungsforschung/
Bildungsplanung
Länder
Prof. Dr. Ulrich Goll Justizminister und Integrationsbeauftragter der Landesregierung Baden-
Christian Storr (Vertretung) Württemberg
Günter Piening Beauftragter des Senats für Integration und Migration des Senats Berlin
Maria Weber Beauftragte der Landesregierung für Migration und Integration im Ministerium für
Arbeit, Soziales, Gesundheit, Familie und Frauen des Landes Rheinland-Pfalz
Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner Präsident der Kultusministerkonferenz (ab 1. Januar 2007)
Kommunen
Beratend beteiligt
Dr. Dagmar Beer-Kern Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration
Prof. Dr. Eckhard Klieme Direktor des Deutschen Instituts für Internationale Pädagogische Forschung DIPF
Die Arbeitsgruppe wurde unterstützt von Dieter Hanz, Karl-Heinz Kohn und Cornelia Petrowsky aus der Projektgruppe Soziale
Sicherheit und Migration des BMAS unter Mitwirkung der Abteilungen I, II, V und VI des Bundesministeriums für Arbeit und
Soziales.
85
Von den derzeit 15,3 Millioen in Deutschland leben munalen Spitzenverbände, von Verbänden der juris
den Menschen mit Migrationshintergrund sind fast tischen Berufe, gesetzlichen Krankenversicherungen
die Hälfte Mädchen und Frauen. Viele von ihnen sind und Wohlfahrtsverbänden, von Dachverbänden und
gut integriert, viele – gerade Frauen und Mädchen aus anderen Organisationen der Migrantinnen und Mig
der zweiten und dritten Migrationsgeneration – orien ranten, Beratungsstellen für Migrantinnen und Mig
tieren sich mehr an modernen, partnerschaftlichen ranten sowie Expertinnen und Experten mit und ohne
Rollenleitbildern als an tradierten, patriarchalisch Migrationshintergrund. Außerdem waren Landesjus
geprägten. Viele von ihnen tragen elterliche Verant tizverwaltungen für die Justizministerkonferenz und
wortung; oftmals sind gerade sie es, die die Integra das jeweilige Vorsitzland der Konferenz der Gleichstel
tion der nächsten Generation prägen. lungs- und Frauenministerinnen, -minister, -senato
rinnen, -senatoren der Länder einbezogen.
Die Potenziale der Migrantinnen sollten genutzt wer
den. Ohne angemessene Berücksichtigung der Rolle Aus der Vielzahl der im Rahmen des Arbeitsauftrages
von Frauen und Mädchen im Integrationsprozess, möglichen Themenstellungen konnten in der zur Ver
ihrer besonderen Probleme und ihrer spezifischen fügung stehenden Zeit nur einige exemplarisch auf
Bedürfnisse kann Integration nicht gelingen. Allen gegriffen werden. Auf der Grundlage eines Tableaus
Arbeitsgruppen, die gemeinsam auf diesen Natio von Fragestellungen, die für Migrantinnen gerade
nalen Integrationsplan hin arbeiteten, oblag es, die heute von besonderer Bedeutung sind, haben sich im
Belange der Migrantinnen im Rahmen ihres jewei Zuge der Beratungen die im Folgenden dargestellten
ligen Handlungsauftrages mit zu beleuchten. Ergän thematischen Schwerpunkte ergeben. Die Arbeits
zend hatte die Arbeitsgruppe 4 den Auftrag, weitere gruppe hat dabei bewusst auch solche Themenfelder
Aspekte des Themenfeldes „Lebenssituation von behandelt, die bisher andernorts noch nicht breiter
Frauen und Mädchen verbessern, Gleichberechtigung diskutiert worden sind und erst nach Fortführung der
verwirklichen“ zu erörtern. begonnenen Aufarbeitung in ein breites Bündel von
Maßnahmen münden können.
Die Arbeitsgruppe 4 wurde vom Bundesministerium
für Justiz koordiniert und in Zusammenarbeit mit Insbesondere von Seiten der Migrantinnen und
dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen Migranten in der Arbeitsgruppe 4, aber auch der
und Jugend durchgeführt. Teilgenommen haben beteiligten Beratungsstellen und Verbände wird
neben Vertreterinnen und Vertretern weiterer Bun Handlungsbedarf weit über das der Gruppe gesteckte
desressorts und des Bundesamts für Migration und Themenfeld hinaus geltend gemacht. Migrantinnen
Flüchtlinge Abgeordnete des Deutschen Bundestages, sehen sich in allen Bereichen des täglichen Lebens
Vertreterinnen und Vertreter der Länder und der kom mit Vorurteilen konfrontiert, die ihnen gleichbe
87
88
89
Ziel ist es, die Migrantinnen über ihre grundlegenden Wenn Migrantinnen bereits Opfer geworden sind,
Rechte gerade auch in ihrem häuslichen Umfeld zu müssen sie Rahmenbedingungen vorfinden, die effizi
informieren und sie durch geeignete Beratungs- und enten Schutz gewähren.
Unterstützungsangebote in die Lage zu versetzen, von
ihrem Selbstbestimmungsrecht tatsächlich Gebrauch Wirkungsvoller Schutz setzt auch voraus, dass alle pro
zu machen. Die Erkenntnis, dass bestimmte Rege fessionell mit solchen Sachverhalten befassten Stellen
lungen und Normen, denen sie in ihrem familiären insbesondere bei Behörden, Polizei und Justiz sich der
Umfeld unterworfen sind, mit Grundvorstellung der besonderen Sicherheits- und Problemlagen bewusst
Rechtsordnung des Landes, in dem sie leben, nicht ver sind und diese bei ihren Maßnahmen berücksichtigen
einbar sind, ist wesentliche Voraussetzung dafür, sich können. Im Kontext der gebotenen Fortbildung und
aus Zwängen und Gewaltbeziehungen zu lösen und Sensibilisierung unter anderem von Richtern und
etwa das Recht auf freie Partnerwahl durchzusetzen. Staatsanwälten soll auf regionale Angebote der Län
Durch geeignete präventive Maßnahmen muss der der besonderes Augenmerk gelegt werden.
Gewalt im persönlichen Umfeld und Zwangsverheira
tungen entgegengewirkt werden. Opfer häuslicher Gewalt und von Zwangsverheiratung,
die Aufnahme in einer Schutzeinrichtung gefunden
Erforderlich sind verbesserte empirische Erkennt haben und versteckt („legal unsichtbar gemacht“)
nisse, die nicht nur Aufschluss über den quantitativen werden müssen, sind zu ihrem effektiven Schutz
Umfang des Problems erbringen können, sondern besonders darauf angewiesen, dass der Datenschutz
auch darüber, welche Bevölkerungsgruppen aus (etwa bei Krankenkassen, Arbeits- und Einwohner
welchen Gründen davon betroffen sind. Angeführt meldeämtern) auch und gerade im Verhältnis zu
werden hier immer wieder etwa die sozialen Verhält ihrer Familie strikt beachtet wird. Generell sind beim
nisse, ein religiöses Verständnis, patriarchalische Vollzug bestehender Gesetze ausreichende Kenntnisse
Familienstrukturen, der Rekurs auf archaische Famili und angemessener Umgang mit den besonderen
envorstellungen in Folge der Unsicherheit der Migra Problemen der Migrantinnen bei den unmittelbar
tionssituation und die Zugehörigkeit zu einer kleinen involvierten Berufsgruppen erforderlich. Im Rahmen
religiösen oder ethnischen Minderheit. von Polizeieinsätzen bei häuslicher Gewalt ist etwa
der Einsatz neutraler Dolmetscherinnen und Dolmet
Daneben bedarf es der Information der (potenziellen) scher sachgerecht. In diesen Fällen ist es nicht immer
Opfer und der Täter (u. a. zur Entwicklung von sinnvoll, den Mann aus der Wohnung zu weisen, son
Unrechtsbewusstsein) und einer verstärkten Öffent dern im Einzelfall erfolgversprechender, das Opfer in
lichkeitsarbeit etwa durch Informationskampagnen. einem Frauenhaus unterzubringen.
Bei einer umfassend angelegten Aufklärungskam
pagne sollte die einseitige Konzentration auf das Schließlich brauchen Opfer von Gewalt und Zwangs
Thema Zwangsverheiratung sowie stigmatisierende verheiratung sichere Zufluchtsorte. Eine überregio
Zuschreibungen vermieden und das Selbstbestim nale Organisation von Kriseneinrichtungen ist – im
mungsrecht der Frauen sowie deren Recht auf freie Hinblick darauf, dass Frauen häufig gerade außerhalb
Partnerwahl in den Mittelpunkt gestellt werden. des Ortes der Geschehnisse versteckt werden müssen –
zu empfehlen. Anstelle einer Tagessatzfinanzierung
Des Weiteren ist eine quantitative und qualitative sollte jedenfalls eine bestimmte Anzahl von Frauen
Verbesserung des Beratungsangebotes insbeson häusern und sonstigen geeigneten Zufluchtsstätten
dere im Bereich niedrigschwelliger Angebote sowie für von häuslicher Gewalt und Zwangsverheiratung
aufsuchender Beratungsstrategien mit Sprachmittle Betroffene durch eine generelle institutionelle För
rinnen und -mittlern erforderlich. Neben der interkul derung gesichert werden. Wünschenswert ist dabei
turellen Öffnung der Regelberatungsangebote und eine bundesländerübergreifende Kooperation und
der Kooperation von Frauenhilfeeinrichtungen mit Finanzierung. Die Entscheidung über Aufnahme und
Migrationsberatungsstellen und Regeldiensten sind Aufenthaltsdauer in einer Schutzeinrichtung sollte
spezielle kultursensible Beratungsangebote nötig. vom konkreten Schutz- und Unterstützungsbedarf
90
91
■ Der Bundesverband der Migrantinnen in Deutschland 1 Die Möglichkeiten eines solchen Dialogs werden auch
Gegenstand der Beratungen im Rahmen der Deutschen Islam
e. V. plant, eine breit angelegte Informationskam
konferenz sein, die auf Einladung von Bundesinnenminister
pagne „Frauen haben Rechte“ zu entwickeln und Dr. Wolfgang Schäuble seit September 2006 tagt.
92
93
94
an Art und Umfang der gesellschaftlichen Partizi Ziel aller zu initiierenden Maßnahmen muss die
pation müssen die Migrantinnen Wege suchen, bei Verbesserung der gesellschaftlichen und politischen
denen vielfältige Unterstützung gerade auch durch Partizipation von Migrantinnen sein. Hierzu bedarf es
Frauenorganisationen besonders wichtig erscheint. einer Vielzahl von politischen und gesellschaftlichen
Maßnahmen.
Migrantinnen kommen aus sehr verschiedenen
und z. T. anders strukturierten Gesellschaften nach So beeinflussen sich Partizipation und Bildung gegen
Deutschland – als junge Mädchen im Rahmen des seitig. Solide Sprachkenntnisse, staatsbürgerliche
Familiennachzugs, als junge Frauen, um hier zu Bildung und ein aus eigener Erwerbstätigkeit erwach
studieren, zu arbeiten oder um einen in Deutsch senes Selbstbewusstsein sind unabdingbar für eine
land lebenden Mann zu heiraten. Einige Frauen sind gleichberechtigte Teilhabe von Migrantinnen und die
unfreiwillig oder unter falschen Voraussetzungen Vertretung ihrer eigenen Interessen.
nach Deutschland gekommen. Andere werden – z. B.
aufgrund ihrer Hautfarbe – im Alltag jederzeit als Nachholender Bildung – d. h. sowohl Schulabschlüsse
Migrantinnen wahrgenommen, bei wieder anderen als auch Ausbildung – kommt daher für den Integra
bleibt der Migrationshintergrund unsichtbar. Manche tionsprozess eine herausragende Bedeutung zu. Sie
Frauen kommen mit der Perspektive nach Deutsch muss entsprechend den Bedarfen Betroffener konzi
land, auf Dauer hier zu leben, andere nur mit einer piert und ermöglicht werden. Zugleich müssen bei
begrenzten Perspektive. Diese Vielfalt mit all ihren der Berufsausbildung die besonderen Kompetenzen
Potenzialen wahrzunehmen, ist eine besondere und Ressourcen von Migrantinnen wertschätzend an
Herausforderung und Aufgabe für alle auf gelingende Arbeitgeber vermittelt werden.
Integration zielenden Maßnahmen und Aktionen.
Migrantinnen selbst können am besten Auskunft
Neben der Notwendigkeit einer emotionalen Öffnung geben, wo sie Handlungsbedarfe und -defizite im
sowohl der Aufnahmegesellschaft wie auch der Mig Hinblick auf ihre gesellschaftliche und politische
rantinnen und Migranten zum gegenseitigen besse Teilhabe sehen. Daher ist es wichtig, sie und ihre
ren Verständnis und zur Akzeptanz und Toleranz in Selbstorganisationen stärker als bisher in den Inte
einer multiethnischen Gesellschaft, gibt es Bereiche, grationsprozess einzubeziehen. Mentorinnen aus
in denen eine gezielte Förderung von Projekten oder etablierten deutschen Frauenorganisationen könnten
Einrichtungen die Partizipation der Migrantinnen hier möglicherweise hilfreich sein. Angebote und
verbessern kann. Sozialisationsbedingte und struk Maßnahmen müssen gemeinsam mit ihnen und nicht
turelle Benachteiligungen können dabei durchaus für sie konzipiert werden. Maßnahmen, die die beson
erfolgreich ausgeglichen werden. Migrantinnen, die deren Potenziale und Ressourcen von Migrantinnen
durch Beratung und Bildung aktiv unterstützt werden, aufgreifen, bedürfen der besonderen Unterstützung.
sind in der Lage, sich selbstbewusst gegen Diskri
minierung sowohl von innerfamiliärer als auch von Die interkulturelle Öffnung von Regeldiensten ist ein
gesellschaftlicher Seite durchzusetzen. besonderes Anliegen der Arbeitsgruppenteilnehmer
und -teilnehmerinnen, da der Eindruck besteht, dass
Wenig Aufmerksamkeit hat bisher die prekäre Lebens diese die Migrantinnen und Migranten nicht hin
situation alleinerziehender Migrantinnen gefunden. reichend erreichen und wenig Kenntnis von deren
Sie haben sich zum Teil aus Lebenslagen befreit, die Lebenssituation haben. Das hier bestehende erheb
von Gewalt und Unterdrückung geprägt waren, und liche Defizit muss gemeinsam aufgearbeitet werden.
müssen häufig ohne familiäre Unterstützung und
unterstützende Netzwerke ihre Kinder erziehen.
2.3. Maßnahmen und Selbstverpflichtungen
Die Integration der Migrantinnen wird nicht zuletzt
beeinflusst durch die Erwartungen und Haltungen Es wurden die folgenden Maßnahmen und Selbstver
ihrer Väter, Männer und Brüder. Bei Maßnahmen zur pflichtungen zum Themenfeld eingebracht:
Verbesserung der Partizipation von Migrantinnen ist
daher eine Veränderung des Rollenverständnisses 2.3.1. Maßnahmen und Selbstverpflichtungen
und -verhaltens der Männer in vielen Fällen Vorausset der Bundesregierung (bzw. in der
zung gelingender Integration und Partizipation der Regelungszuständigkeit des Bundes)
Migrantinnen.
■ Die Bundesregierung wird das 2005 begonnene
Dialogforum mit muslimischen Frauen fortsetzen.
Im Rahmen dieser Informations- und Kontaktge
spräche, die das Bundesministerium für Familie,
95
96
■ Der gleichberechtigte Zugang von Migrantinnen Zeitschiene: Ende 2007 bis 2010
und Migranten zu allen Bereichen des Lebens – Bil Kosten: Nicht bezifferbar
97
98
99
Herkunftsland für die meisten älteren Migrantinnen Im Bereich der Gesundheitsangebote, der psychoso
keine ernst zu nehmende Alternative mehr. Das Gros zialen Beratung, Sexualaufklärung und Familienpla
der Befragten wird den Lebensabend in Deutschland nung ist eine gezielte Verbesserung der Angebote für
verbringen. Dies gilt auch für die Alterspendlerinnen. Migrantinnen sicher zu stellen. Ihre zielgruppenge
Die wesentlichen Gründe für einen dauerhaften rechte und kultursensible Ansprache ist als Qualitäts
Verbleib sind die in Deutschland lebenden Kinder und standard ausdrücklich zu verankern und transparent
Enkelkinder, eine bessere medizinische Versorgung zu machen. Für die interkulturelle Öffnung des
als im Herkunftsland, sowie eine Absicherung der Gesundheitswesens und der Altenhilfe sollte über
Lebensrisiken durch das soziale System. prüft werden, ob dauerhaft in Deutschland lebenden
Ausländern und Ausländerinnen, zumindest jedoch
Hinzu kommen Gründe z. B. des subjektiven Wohlbe Ausländern und Ausländerinnen mit einer Niederlas
findens aber auch der größeren Selbstbestimmung. sungserlaubnis, Erleichterungen bei der Approbati
onserteilung zu gewähren sind.
Mit dem Memorandum für eine kultursensible
Altenhilfe, das gemeinsam mit der Beauftragten der Vorhandene Potenziale zu fördern und Problemstruk
Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und turen zu reduzieren, muss ein übergeordnetes Ziel
Integration und allen Verbänden der Freien Wohl migrations- bzw. integrationssensibler Präventions
fahrtspflege erarbeitet und als Selbstverpflichtung arbeit sein, denn: die – häufig gut gemeinte – Unter
von über 160 Verbänden unterzeichnet wurde, erfolgt stellung einer Gleichheit beim Zugang zu und bei
ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Die der Nutzung von Präventions- und gesundheitlichen
besondere Bedarfe älterer Migrantinnen müssen hier Versorgungsangeboten verhindert eine Analyse
besonders berücksichtigt werden. wie eine Änderung der Verhältnisse und fördert die
Chancenungleichheit.
Als besonders problematisch erweist sich das Thema
Demenz und Migration. Migrantinnen haben oft Gesundheitsförderung für Menschen mit Migrati
falsche Informationen zum Krankheitsbild Demenz, onshintergrund kann und sollte neben übergeord
es ist eher ein Tabuthema. Hier fehlen entsprechende neten Ansätzen in Politik und Lebensraumgestaltung
kultursensible Informations- und Beratungsangebote die Ziele Integration bzw. interkulturelle Öffnung,
insbesondere für die pflegenden Angehörigen. Auch ganzheitliche Ressourcenförderung zur Selbstbestim
die Begutachtung von pflegebedürftigen an Demenz mung über die eigene Gesundheit und die Prävention
erkrankten Migranten und Migrantinnen ist aufgrund spezifischer Risikofaktoren spezieller Risikogruppen
der fehlenden und im Krankheitsverlauf degene beinhalten. Ein Schlüssel zum nachhaltigen Erfolg
rierenden Sprachkompetenzen problematisch. Die von Maßnahmen zur Gesundheitsförderung von
derzeitigen Begutachtungsverfahren sind zum Teil für Frauen und Männern mit Migrationshintergrund ist
die Begutachtung von Migrantinnen und Migranten deren Beteiligung.
ungeeignet.
Zur Verbesserung der gesundheitlichen Versorgung
Die Lebenssituation von Migrantinnen ist durch von Migrantinnen bedarf es
Niedrigeinkommen und relative Altersarmut gekenn
zeichnet. Generell ist zu konstatieren, dass die älteren ■ bedarfsorientierter Angebote
Migrantinnen keineswegs dem Klischee der ‚hilfs
bedürftigen Alten‘ entsprechen. Sie gewähren meist ■ einer Interkulturellen Regelversorgung
mehr Unterstützung als sie im Austausch von ihren
Kindern bekommen. ■ eine Interdisziplinäre Vernetzung
100
■ Der Informationsdienst „Migration und öffentliche ■ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Gesundheit“ der Bundeszentrale für gesundheit- wird nach Möglichkeit zu einer geschlechtsspezi
liche Aufklärung wird fortgeführt. Eingehende fischen und kultursensiblen Gesundheitsaufklärung
Beiträge werden kontinuierlich ins Internet gestellt im Rahmen der bundeseinheitlichen Integrations
sowie zur Zeit vierteljährlich als Printausgabe ver kurse, des Integrationsprogramms und der Migrati
sandt. Die Beiträge gehen auch auf die Belange von onserstberatung des Bundesamtes für Migration
Migrantinnen ein. und Flüchtlinge beitragen. Dazu wird z. B. in den
101
■ Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge führt ■ Es wird ein gemeinsames, trägerübergreifendes
das Projekt ‚Erfolgsbiographien von Migrantinnen‘ Fortbildungsangebot von AWO Bundesverband/Paritä
durch. Ziel ist es, die Bedingungen festzustellen, tischer Wohlfahrtsverband – Gesamtverband/Verein
die eine erfolgreiche Integration fördern. Dazu für Internationale Jugendarbeit VIJ/Internationaler
werden die Daten der Repräsentativbefragung aus Bund IB für die Kursleiterinnen und Kursbegleite
gewählter Migrantengruppen des Bundesamtes für rinnen in „Seminarmaßnahmen zur Integration
Migration und Flüchtlinge analysiert, um Erfolgs ausländischer Frauen – Frauenkurse“ entwickelt
biographien von Migrantinnen festzustellen. Dies und erprobt. Das Angebot besteht aus regionalen
soll auch als Vorarbeit dienen, um Merkmale zu Tagesveranstaltungen, die von allen im Programm
identifizieren, die für einen erfolgreichen Integra Beschäftigten trägerübergreifend genutzt werden
tionsverlauf typisch sind. In einem zweiten Projekt können.
schritt sollen anhand einer qualitativen Befragung Zeitschiene: 2007
ausgewählter erfolgreicher Migrantinnen deren
typische biographische Wege und die Bedin ■ Die Türkisch Deutsche Gesundheitsstiftung wird alle
gungen, die dies ermöglicht haben, eruiert werden. Institutionen und Organisationen in ihrer migran
Diese sollen zur Feststellung von Best-Practice-Bei tensensiblen Arbeit bei der Diskussion, Planung und
spielen für die Integrationsförderung dienen. Durchführung von Projekten mit Sachverstand und
Zeitschiene: 2008 im Rahmen der zur Verfügung stehenden Möglich
keiten bestmöglich unterstützen.
102
➤ Situation muslimischer Frauen mit Kopftuch ➤ setzen sich für eine verstärkte Zusammenarbeit
mit Migrantenorganisationen ein. Dies kann dazu
➤ Situation älterer Migrantinnen und Migranten beitragen, das Migrantinnen über bestehende
Beratungsangebote besser informiert sind und
➤ Sexualität und Gesundheitsfürsorge Zugangsbarrieren abgebaut werden, es kann
aber auch dazu beitragen, dass diese Angebote
erstellen, wobei hier jeweils zwei Bereiche abge sich noch stärker an den Interessen und Bedürf
deckt werden, und zwar nissen von Migrantinnen ausrichten.
a) der rechtliche Rahmen in der Bundesrepublik ➤ setzen sich ein für einen Ausbau der niedrig-
und die existierenden Beratungs- und Unterstütz schwelligen Angebote für Migrantinnen. Hierzu
ungsmöglichkeiten, Informationen über Veranstal gehören neben den bundesgeförderten Frauen
tungen (Vorträge, Diskussionsgruppen) zu diesen kursen zahlreiche Einzelmaßnehmen vor Ort,
Themen, die auf die Bedürfnisse einzelner Migrantinnen
zugeschnitten sind.
b) die Aussagen, die die Religion zu diesem Thema
trifft (Verbot der Zwangsehe, Forderung von part ➤ haben das Memorandum für eine kultursensible
nerschaftlichem Verhalten in der Ehe, Aushalten Altenhilfe gemeinsam mit der Beauftragten der
von Ungerechtigkeit ohne selbst ungerecht zu wer Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
den, Umgang mit Älteren, Unterstützung, Verant- Integration und anderen Organisationen der
wortlichkeit vor Gott bzgl. der eigenen Gesundheit). Altenhilfe (KDA – Kuratorium Deutsche Alters
hilfe) und Migrationsarbeit als gemeinsame
Es wird angeregt, diese Themen innerhalb der Frei- Arbeitsgrundlage erarbeitet und als Selbstver
tagspredigten zu thematisieren. pflichtung unterzeichnet. Die Verbänden der
BAGFW verpflichten sich, das Memorandum
■ Der Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. wird in Diensten und Einrichtungen der Altenhilfe
zweisprachige Informationsblätter/Info-Mails bzgl. sowie in der Fachöffentlichkeit weiter bekannt
gesellschaftspolitisch relevanter Themen für die zu machen und als Arbeitsgrundlage in der
angeschlossenen Moscheegemeinden erstellen Altenpflege, der sozialen Altenarbeit und Betreu
(über die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersu ung von älteren Migranten und Mgrantinnen
chungen über Migranten und darüber, wie man in stärker zu verankern.
der Gesellschaft existierenden Stereotypen entge
genwirken kann – z. B. über persönliche Kontakte, ➤ sind Träger von Diensten und Einrichtungen
Moschee-Projekte, politisches Engagement usw.). der Altenpflege und Altenarbeit sowie Träger von
Migrationsdiensten. Die Verbänden der BAGFW
■ Der Zentralrat der Muslime in Deutschland e. V. sichern zu, die interkulturelle Öffnung in ihren
arbeitet aktiv an von der Bundesregierung initiier ambulanten und stationären Dienste und
ten Projekten, die dem Abbau von Stereotypen und Einrichtungen, Beratungsangeboten, Einrich-
Vorurteilen dienen (z. B. einer Imagekampagne) mit. tungen des Betreuten Wohnens, Begegnungs-
Die Ergebnisse werden in die Mitgliedsgemeinden stätten und in der offenen Seniorenarbeit weiter
getragen. voran zu treiben und dabei insbesondere die
Bedürfnisse von Migrantinnen zu berücksichti
■ Die Mitgliedsverbände der Bundesarbeitsgemeinschaft gen. Hierbei sollen die Migrationsdienste sowie
der Freien Wohlfahrtspflege e. V. – BAGFW Migrantenselbstorganisationen einbezogen
werden.
➤ sichern zu, den Prozess der interkulturellen
Öffnung in ihren Einrichtungen und Diensten ➤ sind Träger von Aus-, Fort- und Weiterbildung für
umzusetzen. Sie berücksichtigen dies bei ihrer pflegerische Berufe bzw. von Altenpflegeschulen.
Organisationsentwicklung und Personalpolitik Um den Bedarf an qualifizierten Mitarbeitenden
und unterstützen diesen Prozess durch Fort mit interkulturellen Handlungskompetenzen
bildungen. Ziel dabei ist es, für Migrantinnen und Migrationshintergrund im Prozess der
Zugangsbarrieren bei der Inanspruchnahme interkulturellen Öffnung zu decken, werden
etwa von Gesundheitsdienstleistungen – insbe die Mitgliedsverbände der BAGFW dafür sorgen,
103
104
105
Andreas Hauk Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familien des Landes Brandenburg
Dr. Angela Icken Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Behshid Najafi Agisra e.V. Köln, Beratungsstelle für Migrantinnen und Flüchtlingsfrauen
Sybille Röseler Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration
106
Maristella Angioni Internationales Zentrum Stolzestraße des Caritasverbandes für die Stadt Köln
Tatjana Böhm Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie des Landes Brandenburg
Dr. Angela Icken Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Prof. Dr. Yasemin Karakasoglu Universität Bremen, Lehrstuhl für interkulturelle Pädagogik, Fachbereich 12
Heinz Knoche Deutsches Rotes Kreuz – Generalsekretariat; Leiter des Teams „Migration und Integration“
Aras Marouf Ministerium für Frauen, Arbeit, Gesundheit und Soziales des Saarlandes
Dr. Susanne Plück Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Sybille Röseler Arbeitsstab der Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
107
4.5.
Vorbemerkungen Die Zahlen über den jeweiligen Ausländeranteil
spiegeln jedoch nicht den Anteil von Mitbürgern mit
Im Themenfeld ‚Integration vor Ort unterstützen‘ Migrationshintergrund wider, für die es keine offizi
stehen die sozialräumliche Dimension des Zusam ellen Statistiken gibt. Werden die Zahlen der Einbür
menlebens von Zuwanderern und Einheimischen gerungen, Mehrfachstaatsbürgerschaften und zuge
sowie Fragen der Organisation kommunaler Integra wanderten Spätaussiedler aus anderen Datenquellen
tionspolitik im Mittelpunkt. In den Kommunen und eingerechnet, steigt der Anteil auf fast 20 Prozent oder
in den Wohnquartieren sind die Auswirkungen der 15 Millionen. Menschen mit Migrationshintergrund
Zuwanderung am deutlichsten spürbar. Für Verlauf (Mikrozensus 2005). In den Großstädten der alten
und Erfolg von Integrationsprozessen hat – neben Bundesländer erreicht ihr Bevölkerungsanteil z. T.
den Faktoren Arbeit und Bildung – das unmittelbare über 30 Prozent. In einzelnen Stadtteilen liegt er noch
Wohn- und Lebensumfeld zentrale Bedeutung. deutlich höher, z. B. im Berliner Quartier Soldiner
Straße bei 41,5 Prozent und in Duisburg-Marxloh bei
Die räumliche Verteilung der Zuwanderer in Deutsch über 50 Prozent. Noch höher ist der Zuwandereran
land ist nach Bundesländern und Regionen, aber auch teil unter den Kindern und Jugendlichen: In sieben
in Städten unterschiedlich: Ausländische Zuwanderer Stuttgarter Schulbezirken beträgt er bei den Kindern
sind ungleich auf Ost- und Westdeutschland verteilt: im Alter von drei bis unter sechs Jahren zwischen 66,7
Der Anteil von Ausländern beträgt in den neuen Län und 84,1 Prozent; in diesen Schuleinzugsbereichen
dern (einschl. Berlin) rund fünf Prozent, in den alten werden also mehr als zwei Drittel aller Erstklässler
Ländern hingegen zehn Prozent. Diese Disproportio Migrantenkinder sein. In einigen Schulen z. B. in Ber
nalität setzt sich kleinräumig fort: Ausländer konzent lin-Neukölln sind bereits über 80 Prozent der Schüler
rieren sich im Westen auf die großen Agglomerati nicht-deutscher Herkunft.
onsräume, das Ruhrgebiet und die Rheinschiene, das
Rhein-Main-Gebiet sowie den Großraum Stuttgart und Auch im ländlichen Raum gibt es Städte und Gemein
den Raum München; in Westdeutschland beträgt der den – auch Dörfer – mit hohem Zuwandereranteil.
Ausländeranteil in dieser Raumkategorie 12,3 Prozent, Vor allem haben sich viele Spätaussiedler (mit über
in Ostdeutschland 7,4 Prozent. In den westdeutschen drei Millionen eine besonders große Zuwanderer
Großstädten leben Ausländer bereits seit den 1980er gruppe) in ländlichen Regionen angesiedelt. Ein
Jahren mehrheitlich in innerstädtischen Quartieren. Beispiel ist die Gemeinde Belm als Stadtrandgemeinde
Auch im Osten konzentrieren sich die Ausländer in von Osnabrück. Dort stieg im Zeitraum von 1990 bis
den Kernstädten. 1995 die Bevölkerung durch Zuwanderung von 11.150
auf 14.359 deutlich an. Der Zuwandereranteil beträgt
109
Ob Integration gelingt oder ob im Zusammenleben Vor diesem Hintergrund hat die Arbeitsgruppe die
von Zuwanderern und einheimischer Bevölkerung nachfolgenden Themenschwerpunkte behandelt und
Probleme entstehen, hängt von vielen Faktoren ab. Empfehlungen/Zielbestimmungen für Maßnahmen/
Dabei spielt auch die subjektive Einstellung eine Selbstverpflichtungen/Prüfaufträge vorgeschlagen.
110
■ auf Nachhaltigkeit angelegte Förderung von Inno ■ Das bürgerschaftliche Engagement hat große
vations-, Modell und Impulsprojekten (zielgruppen- Bedeutung für die Integration von Zuwanderern.
und problemorientiert). Es wird unterstützt mit dem Ziel einer verstärkten
Beteiligung der Vertreter der Migrantinnen und
der Länder und Kommunen (bzw. in der Regelungs- Migranten und der einheimischen Bevölkerung an
zuständigkeit von Ländern und Kommunen) der Entwicklung und Durchführung von Maßnah
men und Integrationskonzepten.
■ Die Länder stellen für ihre Regelungszuständigkeit
Leitbilder für die Integration von Migrantinnen ■ Alle relevanten Akteure (Verwaltung, Politik, Mig
und Migranten auf und fördern Innovations-, ranten etc.) werden in die kommunale Netzwerk-
Modell- und Impulsprojekte mit dem Ziel, durch arbeit eingebunden; eine Vernetzung erfolgt z. B.
begleitende Unterstützung von Organisations durch Anlaufstellen bei den Trägern, Beratungs
entwicklungsprozessen Angebote, Strukturen stellen, Integrationskonferenzen.
und Prozesse zur Aufnahme von Neuzuwande
rern – und zur Integration von hier lebenden ■ Die Erhöhung des Migrantenanteils stärkt die inter-
Zugewanderten – in den Kommunen und durch die kulturelle Kompetenz der Verwaltung. Zugleich
Kommunen zu verbessern, sie durch Innovationen unterstützen Kommunalpolitik und Verwaltung
nachhaltig effizienter und effektiver zu machen. als Arbeitgeber direkt die Integration der Zuwande
rer in den Arbeitsmarkt und setzen ein Zeichen für
111
■ Beteiligung der Privatwirtschaft, von Migrantenor ➤ Die Verbände der BAGFW stellen der kommu
ganisationen, Religionsgemeinschaften, Vereinen, nalen Verwaltung sowie anderen Institutionen
Wohlfahrtsverbänden, Migrantinnen und Migran und Organisationen ihre Erfahrung bei der
ten und der einheimischen Bevölkerung an der Gestaltung von Prozessen der interkulturellen
Entwicklung und Durchführung von Integrations Öffnung zur Verfügung. Die Verbände der
konzepten und Integrationsmaßnahmen. BAGFW verpflichten sich zur aktiven Mitarbeit
an kommunalen Integrationskonzepten und
■ Unternehmen, Vereine, Verbände und andere beteiligen sich aktiv an der Entwicklung kom
Institutionen stellen vermehrt Migrantinnen und munaler Integrationsleitbilder.
Migranten ein und qualifizieren ihre Leistungen
und Angebote durch interkulturelle Schulung ihres
Personals. Die Nachhaltigkeit von Integrationsmaßnahmen
wird insbesondere durch Institutionalisierung
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohl und Verstetigung von geförderten Integrations
fahrtspflege (BAGFW) hat nach Abschluss der Arbeiten projekten sichergestellt; Maßnahmen, die
an diesem Bericht unter anderem folgende Selbstver sich in Projekten bewährt haben, werden in
pflichtungen nachträglich eingebracht: die Regelstrukturen überführt. Eine vertikale
Vernetzung und Verzahnung zwischen den
➤ Die Verbände der BAGFW beteiligen sich aktiv Beteiligten der verschiedenen Ebenen ist
an einer stärkeren Zusammenarbeit und Vernet anzustreben.
zung der verschiedenen Akteuere vor Ort durch
Koordination und Mitwirkung an Netzwerken,
Runden Tischen und kommunalen Gremien.
2.1. Bestandsaufnahme ist die Schaffung und Sicherung sozial und ethnisch
Das Wohnumfeld hat eine zentrale Funktion im Gemeinden gibt es allerdings auch sozialräumliche
Integrationsprozess. Es ist Lebensmittelpunkt und Segregation, die sich vielerorts nur begrenzt beein
wichtiges Kontaktfeld für die Zuwanderer und die flussen und verändern lassen wird; insoweit muss
einheimische Bevölkerung. Vor allem Kinder und „Integration trotz Segregation“ erfolgen. Sozialräum
Jugendliche sowie die nicht erwerbstätigen Erwachse liche Segregation ist durch ethnische und soziale
nen verbringen einen großen Teil ihrer Zeit im Wohn Faktoren bedingt. So sind Migrantinnen und Mig
quartier. Die Gestaltung des Wohnumfeldes und ranten mit geringem Einkommen auf Wohnungen
des öffentlichen Raumes sowie die öffentlichen und des unteren Preissegments angewiesen, die sich in
privaten Infrastrukturangebote sind daher wichtige bestimmten Quartieren – etwa innerstädtischen Alt
112
113
➤ die Schaffung und Sicherung von – preisgüns ■ Zur Verbesserung des Images der Quartiere nach
tigem wie höherwertigem – bedarfsgerechtem innen und außen findet eine gezielte Öffentlich
Wohnraum, keitsarbeit statt.
114
➤ die Bereitstellung von Versammlungs- und ➤ Erweiterung der Möglichkeiten zum Erwerb von
Begegnungsräumen und anderen Räumlich Genossenschaftsanteilen und von Wohneigen
keiten z. B. für Bildungs- und Freizeitangebote tum durch die Bewohner, um deren Interesse
und für Veranstaltungen der Quartiersbewohner, an der Qualität der Wohnungsbestände und des
Wohnumfeldes zu stärken. Medien, Verbände,
➤ die Organisation gemeinsamer Aktivitäten im Vereine und Privatwirtschaft tragen durch
Verein und im Quartier. gezielte Öffentlichkeitsarbeit (Darstellung der
Potenziale des Quartiers z. B. in Restaurantfüh
■ Migrantenorganisationen und -vereine über rern oder Kunstführern) zur Verbesserung des
nehmen darüber hinaus eine wichtige Funktion
Quartiersimage nach innen und außen bei.
als Ansprechpartner und Moderatoren in der
115
116
117
118
■ Alle Wirtschaftsakteure sind in die Quartiersent ■ Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird die
wicklung einzubeziehen, beispielsweise durch Vergabe von Kleinkrediten zur Förderung lokaler
Zusammenarbeit der örtlichen Unternehmen sowie Unternehmer und Existenzgründer und die Risiko
der Agentur für Arbeit und der Kammern mit Schu absicherung von kleinen Unternehmen (auch mit
len und Jugendeinrichtungen im Quartier. Inhaberinnen und Inhabern mit Migrationshinter
grund) verstärken.
■ Betriebe der „sozialen Ökonomie“ sollten gezielt
gestärkt werden; dies sind Betriebe, die vor allem der Länder und Kommunen (bzw. in der Regelungs
lokal nachgefragte Dienstleistungen anbieten, die zuständigkeit von Ländern und Kommunen)
über den Markt und die öffentliche Hand nicht
bereitgestellt werden können (z. B. hauswirtschaft ■ In benachteiligten Stadtquartieren werden die
liche Dienstleistungsagenturen, Schulküchen, Handlungsmöglichkeiten des Programms „Soziale
Stadtteil- und Kulturcafés). Sie können die soziale Stadt“, insbesondere auch die erweiterten Förder
und kulturelle Infrastruktur sowie das Angebot an möglichkeiten im Rahmen von Modellvorhaben,
Waren und an personen-, haushalts- und gemein für die Integration von Zuwanderern genutzt. Zur
wesenbezogenen Dienstleistungen im Gebiet Komplementierung der Bundesmittel werden Mit
ergänzen. Auch sie können ein wichtiger Faktor im tel der EU, der Länder und Gemeinden eingesetzt.
lokalen Ausbildungs- und Arbeitsplatzangebot sein.
■ Eine verstärkte Förderung der lokalen Ökonomie
■ Zur erfolgreichen Umsetzung lokalökonomischer erfolgt durch die Bereitstellung von Finanzmitteln
Ansätze sind quartiersbezogene Entwicklungskon und personellen Ressourcen (auch von interkul
zepte in gesamtkommunale und regionale Wirt turell geschultem Personal) zur Unterstützung
schaftsstrategien einzubetten. örtlicher Unternehmen, die Förderung von
119
120
121
der Bundesregierung (bzw. in der ■ Die Ermittlung qualifizierter Daten und Kenn
Regelungszuständigkeit des Bundes) zahlen erfolgt durch
■ Erhebung von Daten zur Gruppe der Menschen mit ➤ Erhebung von Daten zur Gruppe der Menschen
Migrationshintergrund (Zensus 2010). mit Migrationshintergrund insbesondere durch
Einwohnermeldeämter,
■ Im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ sollen
Monitoring und Evaluation als feste Bestandteile ➤ Weiterentwicklung der Statistiken hinsichtlich
des förderfähigen Stadtteilentwicklungskonzepts der sozialräumlichen Erhebungen (auch in klei
auch im Hinblick auf Integrationsmaßnahmen nen kreisangehörigen Gemeinden) über Men
verankert werden. Der Erfahrungsaustausch – u. a. schen mit Migrationshintergrund entsprechend
über die Transferstelle – über Monitoring und Eva dem Mikrozensus 2005,
luation wird verstärkt.
➤ Erweiterung von Datengrundlagen durch
der Länder und Kommunen (bzw. in der Regelungs kommunale Bürgerumfragen, in denen der
zuständigkeit von Ländern und Kommunen Migrationshintergrund der Befragten erhoben
wird; ferner können zusätzliche quantitative
■ Auf Basis eines gesamtstädtischen statistischen Daten erfasst werden, die für die Ausrichtung
Informationssystems, mit dem Aussagen zur der Integrationspolitik bedeutsame Erkennt
Entwicklung in Gebieten, zum Vergleich von Ent nisse liefern (z. B. Zufriedenheit mit der eigenen
wicklungen in verschiedenen Gebieten und zum Situation, der Wohnsituation, der Lage auf dem
Vergleich einzelner Gebiete mit der Gesamtkom Arbeitsmarkt, Einschätzung des sozialen Klimas
mune getroffen werden können, wird ein kontinu in der Kommune, soziale Kontakte zwischen
ierliches Berichtswesen aufgebaut. Aufnahmegesellschaft und Migrantengruppen,
Akzeptanz von kommunaler Integrationspolitik
■ Im Rahmen des gesamtstädtischen Monitoring und ihrer Umsetzung).
unterziehen die Kommunalpolitik und die Verwal
tung die Wirkung der eingeschlagenen Integrati ■ Es werden Fortbildungsangebote im Bereich Evalu
onsstrategie und der jeweiligen Maßnahmen einer ierung/Monitoring auf kommunaler Ebene bereit
laufenden Untersuchung auf Erfolg und Misserfolg gestellt.
(z. B. bei Programmen zur Steigerung der Sprach
kompetenz von Aussiedlern). der nichtstaatlichen Institutionen und
Organisationen sowie der Privatwirtschaft
■ Controlling unterstützt das Integrationsmanage
ment durch kontinuierliches Zusammenstellen ■ Fortbildungsangebote im Bereich Evaluierung/
aktueller Informationen über Bedarfe, Leistungen, Monitoring durch wissenschaftliche Institute,
Wirkungen und Ressourceneinsatz. Verbände
■ Es werden Indikatoren als Hilfsmittel zur Beschrei ■ Bereitstellung von Daten durch verschiedene Insti
bung einer sozialen Realität auf einer objektiven tutionen, z. B. die Kammern
Ebene ermittelt
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohl
➤ zur Messbarkeit von gesellschaftspolitischen Zie fahrtspflege (BAGFW) hat nach Abschluss der Arbeiten
len (wie z. B. soziale Sicherheit, Chancengleich an diesem Bericht folgende Selbstverpflichtung nach
heit, Wohlfahrt, Nachhaltigkeit, Integration) als träglich eingebracht:
(qualitative) Hilfsmittel zur Beschreibung der
(sozialen) Realität (z. B. Schulabschlussquoten ➤ Die Verbände der BAGFW nehmen am Monito
unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen), ring teil, um die Zielerreichung der Integration
zu überprüfen.
122
123
Mitglieder
Koordination: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Erhard Heintze Senat für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales Bremen
Angelika von Heinz Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Andreas Kapphan Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration
124
Dr. Engelbert Lütke Daldrup Staatssekretär im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Anton Rütten Ministerium für Generationen, Familie, Frauen und Integration des Landes Nordrhein-
Westfalen
Giacomo Santalucia Comitato degli Italiani all’Estero, Saarbrücken und Deutsch-Italienisches Bildungs- und
Kulturinstitut
125
4.6.
Die Arbeitsgruppe Kultur und Integration konstitu zu gehen. Integration bedeutet die Einbindung in das
ierte sich am 23. Oktober 2006 und schloss nach fünf gesellschaftliche, wirtschaftliche, geistig-kulturelle
Sitzungen ihre Beratungen am 14. März 2007 ab. Sie und rechtliche Gefüge des Aufnahmelandes ohne
befasste sich im Schwerpunkt mit den Themen kultu Aufgabe der eigenen kulturellen Identität.
relle Bildung, Kultureinrichtungen und Kulturpolitik
und –verwaltung. Sie legt nachstehenden Abschluss Bei der kulturellen Integration von Zuwanderern han
bericht für den Nationalen Integrationsplan vor. delt es sich um einen wechselseitigen Prozess. Alle Teile
der Gesellschaft sind gefordert, größere Bereitschaft
Themenfeld: „Kulturelle Pluralität leben – zu kultureller Offenheit zu entwickeln. Voraussetzung
interkulturelle Kompetenz stärken“ dafür ist ein klares gesellschaftliches Leitbild, das
die Bereitschaft zur Integration, Selbstvergewisse
Kultur ist eine wesentliche Grundlage unseres Zusam rung über die eigene kulturelle Identität, aber auch
menlebens und verbindet Menschen verschiedener Respekt vor kultureller Vielfalt verankert. Integration
Herkunft. Deutschland ist eine europäisch gewach im freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat setzt die
sene und über Jahrhunderte auch durch Migration Identifikation mit der Werteordnung des Grundge
geprägte Kulturnation. Ohne jahrhundertlange kul setzes voraus.
turelle Wechselwirkungen über staatliche Grenzen
hinweg, ohne die stete Aneignung von ursprünglich Drei Themenschwerpunkte stehen im Mittelpunkt:
fremden kulturellen Einflüssen wäre Europa in seiner
Vielfalt und seinen gemeinsamen Werten nicht 1. Die kulturelle Bildung innerhalb und außerhalb der
denkbar. staatlichen Bildungseinrichtungen trägt maßgeb
lich zur kulturellen Integration von Migrantinnen
Die deutsche Gesellschaft steht vor einer Integrati und Migranten bei.
onsaufgabe, die die Kultur umfasst. Die Realität der
Zuwanderungsgesellschaft ist auch eine kulturelle 2. Die Kultureinrichtungen erkennen zunehmend die
Herausforderung – Dialog ermöglicht Verständigung. Notwendigkeit, sich der neuen gesellschaftlichen
Deshalb ist der angemessene Umgang mit kultureller Herausforderung zu stellen und ihren Beitrag zur
Vielfalt eine notwendige Kompetenz für alle Teile kulturellen Integration zu leisten.
der Gesellschaft. Integration beinhaltet die Bejahung
kultureller Vielfalt. Erfolgreiche Integration setzt 3. Die Politik muss auf allen Ebenen die kulturelle
eine Kultur der Toleranz und des Miteinanders voraus, Integration als übergreifende Querschnittsaufgabe
auf deren Grundlage Deutsche und Zuwanderer auf verstehen.
dem Boden unserer Verfassungswerte aufeinander
127
128
Die Schulen sind die privilegierten Orte kultureller Notwendig ist eine Bestandsaufnahme bei Bund,
Bildung und prägend für die Bildungsbiographie von Ländern und Kommunen durch Analysen und
Kindern und Jugendlichen. Deshalb sollten die Länder Datenerhebungen sowie durch Evaluierung nach zu
die kulturelle Bildung verbindlich in den Curricula vereinbarenden Qualitätsstandards. Aus Einzelmaß
festschreiben und umsetzen. Die Schulpflicht stellt nahmen und Modellprojekten sollten Bund, Länder
sicher, dass gerade auch die Bedürftigsten erreicht und Kommunen übergeordnete kultur- und bildungs
werden, denn gerade letztere nehmen eine auf politische Gesamtstrategien entwickeln. Ziel ist eine
Freiwilligkeit basierende Angebotsstruktur oft nicht Systematisierung kultureller Bildung, um so Breiten
an. Ganztagsschulangebote können mehr Zeit, Raum wirkung, Nachhaltigkeit und verlässliche, strukturelle
und neue Möglichkeiten für kulturelle Bildung und Verankerung im Bildungssystem und im Kulturbe
Integration bieten. trieb zu gewährleisten. Der Transfer von innovativen
Einzelprojekten muss zu quantitativ und qualitativ
Im Mittelpunkt der kulturellen Bildung muss die bedeutsamen Ergebnissen führen.
eigene aktive künstlerische Betätigung stehen. Sie
stärkt Identität, Persönlichkeit, soziale Bindung und Kulturelle Bildung und Integration braucht Kontinui
Intelligenz, sie vermittelt Freude. Die sozialpädago tät. Projektarbeit erzielt häufig gute Ergebnisse, bricht
gische Bedeutung eigener künstlerischer Arbeit ist aber oft ab, wenn Erfolge sichtbar sind und Vertrauen
insbesondere für Kinder und Jugendliche bedeutend. aufgebaut ist. Bund, Länder und Kommunen sollten
Sie schafft Erfolgserlebnisse, Anerkennung und lässt im Interesse der Nachhaltigkeit und Qualität die finan
Versagens- und Misserfolgserlebnisse vergessen. Hier zielle Basis von kultureller Bildung sichern.
entstehen Vorbilder und Erfolgserlebnisse bei guter
Teamarbeit. Zugleich bietet die aktive Rezeption wich
tige Chancen der Auseinandersetzung mit Kunst und 1.3 Maßnahmen
Kultur. Kinder und Jugendliche, die sich mit Kunst
werken auseinandersetzen bzw. selbst zu Akteuren Vor dem Hintergrund der Zielbestimmungen ver
werden, lernen Bilder verstehen, schulen das Gehör, pflichten sich die Akteure zu den folgenden Maßnah
erwerben Lesekompetenz. men, Selbstverpflichtungen und Prüfaufträgen:
129
■ Die von der Bundesregierung geförderte Kulturstif ■ Die Bundesregierung wird eine bundesweite
tung des Bundes hat einen neuen Schwerpunkt in Bestandsaufnahme zur Theaterarbeit mit Kindern
der kulturellen Bildung gelegt, in dem durch ver und Jugendlichen – Schwerpunkt: Kinder und
schiedene Projekte (z. B. ab 2010 dem gemeinsam Jugendliche mit Migrationshintergrund – initiieren.
mit dem Land Nordrhein-Westfalen und privaten
Förderern geförderte Projekt „JEKI – Jedem Kind ein
Instrument“) auch künftig dem Integrationsgedan
130
kulturellen Bildung, dem Ausbau von Qualitätsstan „Kinder zum Olymp“) und fordert die Länder auf, sie
dards und Handlungsempfehlungen zu kultureller bei weiteren Aktivitäten zu unterstützen. Die Kultur
Bildung unterstützen. stiftung der Länder verfügt aus diesem Kontext über
eine Datenbank mit Praxisbeispielen zur Kooperation
Die Arbeitsgruppe empfiehlt den Ländern, alle Kräfte zwischen Kultur und Schule. Diese Datenbank soll
einzusetzen, dem Ausfall von Unterricht in musisch bis September 2007 ausgeweitet werden zu einer
künstlerischen Fächern entgegenzuwirken und somit Datenbank für Projekte „Integration durch kulturelle
die im Rahmen der Curricula vereinbarten Standards Bildung“.
kultureller Bildung auch Wirklichkeit werden zu
lassen. Nichtstaatliche Institutionen und Organisationen
Die Arbeitsgruppe empfiehlt den Ländern und Kom ■ Die Stiftung Lesen wird ihre Maßnahmen zur För
munen, die Schulen aufzufordern, künstlerisch-kultu derung des Lesens als Schlüsselkompetenz auswei
relle Einrichtungen und Angebote, wie Museen und ten und neue Modelle erproben, um die Handeln
Ausstellungen, Theater und musische Einrichtungen den vor Ort, insbesondere Erzieher, Lehrer, Eltern,
stärker im Schulprogramm zu berücksichtigen. Sie Großeltern, zu erreichen (z. B. Kommunikations
sollen Schulen ermutigen, außerschulische Lernorte netzwerke wie etwa ein bundesweiter Lehrerclub).
im Hinblick auf die Verschiedenheit von Kulturen zur Ebenso wird sie die von Kindern und Jugendlichen
Geltung kommen zu lassen und Projekte durchzufüh genutzten Medien verstärkt zur Leseförderung
ren, die die kulturelle und künstlerische Befähigung einsetzen, neue Projektbeispiele sind:
der Kinder und Jugendlichen im Geiste von Humanität
und Demokratie fördern. ➤ „Lesestart“ für junge Familien: (Vor)leseheft für
ausländische Eltern und Kinder zum gemein
Die Arbeitsgruppe empfiehlt den Ländern und Kom samen Deutschlernen;
munen, Einrichtungen der außerschulischen Jugend
arbeit sowie Künstlerinnen und Künstler (auch mit ➤ Kinderbetreuung mit Schwerpunkt Sprach
Migrationshintergrund) zu ermutigen, sich in diesem förderung durch ehrenamtliche Vorlesepaten
Sinne mit künstlerisch-kulturellen Projekten an Schu mit interkultureller Kompetenz und Lese- und
len zu wenden und mit ihnen gemeinsam Vorhaben Medienclubs für Kinder und Jugendliche;
durchzuführen.
➤ „Deutschland – Ein Haus der Kulturen“: Auslän
Die Arbeitsgruppe bittet die Länder, bei der Aus- und der erzählen ihre Geschichte in Deutschland.
Fortbildung von Lehrkräften und Fachkräften aus
Jugendhilfe, Kultur und Sport verstärkt darauf zu ■ Die Herbert Quandt-Stiftung verstärkt ihr Förde
achten, dass die Kompetenz in der Vermittlung künst rengagement für Schulen in Berlin und Hessen im
lerisch-kultureller Bildung grundlegend ist für die Rahmen des Wettbewerbs „Schulen im Trialog“.
soziale Integration von Kindern und Jugendlichen mit Diese Förderinitiative soll Schulen und Lehramts
Zuwanderungsgeschichte. anwärter anregen und begleiten zu nachhaltiger
Kompetenz in Fragen zu „europäischer Identität
und kulturellem Pluralismus“. Zu den Hauptzielen
gehören exemplarische Schulentwicklung vor Ort
und fundierte Beschäftigung mit Glaubensfragen.
131
Das Institut für Museumsforschung an den Staatlichen Interkulturelle Kulturarbeit vollzieht sich vornehm
Museen zu Berlin hat mit seiner Gesamterhebung zu lich in den Sparten Musik, Soziokultur und in der
den Museen in der Bundesrepublik aus dem Jahr 2004 kulturellen Bildung. Literatur, Bildende Kunst sowie
aufgezeigt, dass Migranten noch mehr als eigene Ziel Film/Video werden dagegen kaum als ansprechende
gruppe angesprochen werden sollten (3.154 Museen Tätigkeitsfelder für Zuwanderer betrachtet. Bei Kul
haben Sonderveranstaltungen durchgeführt, 308 von tureinrichtungen, denen von Seiten der kommunalen
ihnen gaben „ausländische Mitbürger“ als besondere Kulturverwaltung eine besondere interkulturelle
Zielgruppe an). (SPK) Affinität zugeschrieben wird, dominieren Volkshoch
schulen, Bibliotheken, soziokulturelle Zentren und
Junge Menschen mit Migrationshintergrund sind das Migrantenvereine. Theater, Oper und Museum, oft
potentielle Publikum von morgen, das es zu gewinnen auch die Musik- und Jugendkunstschule gelten dage
gilt, weil die Generierung neuer und nachwachsender gen eher als „ausländerferne“ Einrichtungen.
Nachfrage eine Zukunftsaufgabe für die klassischen
Kultureinrichtungen ist. In diesem Zusammenhang
müssen diese Einrichtungen sich noch mehr und
132
133
134
Maßnahmen der Länder und Kommunen Die Arbeitsgruppe empfiehlt den kommunalen Kul
turverwaltungen, eine Bestandsaufnahme sowie Kon
Den Ländern und Kommunen wird empfohlen, zepte für die Integration und Umsetzungsstrategien
umfassende Integrationskonzepte zu entwickeln und für die dauerhafte Berücksichtigung von Zuwander
kulturelle Integrationsprojekte anzuregen. Dabei ern zu entwickeln. Berücksichtigt werden sollten die
sollte – wie es in einigen Ländern und Kommunen Themen: Angebotsplanung, Beteiligungsstrukturen,
bereits der Fall ist – ein Beirat von Zuwanderern öffentliche Wahrnehmung, Förderung, Personalpoli
gebildet werden, der in Fragen der Integration berät. tik, Öffentlichkeitsarbeit und Integration. Die nach
Menschen mit Migrationshintergrund in der Verwal haltige politische Absicherung und Verbindlichkeit
tung können eine wichtige Vermittlerrolle spielen. ist durch entsprechende Ratsbeschlüsse der kommu
nalen Politik zu gewährleisteten. Eine regelmäßige
Die Länder werden aufgefordert, nach dem Beispiel Überprüfung dieser Maßnahmen soll dazu beitragen,
Nordrhein-Westfalens eine initiierende, steuernde die in der Bestandsaufnahme festgestellten Defizite
und moderierende Funktion beim Thema „Integra wahrnehmbar zu verringern.
tion“ zu übernehmen. Das Beispiel Nordrhein-West
falen zeigt die Bedeutung des Themas Integration Maßnahmen der nichtstaatlichen Institutionen
in Politik und Verwaltung. Dies zeigt sich an den und Organisationen
Strukturen (Ministerium für Integration, Fachreferat
Kulturelle Integration in der Staatskanzlei, interminis ■ Die Arbeitsgruppe fordert die großen Kulturver
terielle Arbeitsgruppe Integration), den Förderberei bände auf, ihre Zusammenarbeit beim Thema
chen und modellhaften Projekten, so z. B.: Integration zu verstärken und so den Informations
fluss und den Ausbau von Expertise und Beratung
■ Internetportal www.nrw-kulturen.de: ein Forum für zu verstärken.
den interkulturellen Dialog zur Vernetzung von
Kulturschaffenden und Institutionen. ■ Der Deutsche Kulturrat wird 2007 eine Stellung
nahme zur interkulturellen Bildung mit konkreten
■ „Kommunales Handlungskonzept Interkultur“: Sechs Forderungen an die Politik (Bund, Länder und
Kommunen (Arnsberg, Castrop-Rauxel, Dortmund, Gemeinden) abgeben. Er wird darüber hinaus das
Essen, Hagen und Hamm) aus Nordrhein-Westfalen Thema in den Debatten der Fachverbände und als
135
136
Klaus Hebborn Beigeordneter des Deutschen Städtetages, Dezernat Bildung, Kultur und Sport
Katrin Hirseland Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Referat 310 – Integrationsprogramm,
Grundsatzfragen der Integrationsförderung, Referentin
Dr. Gisela Steffens Bundesministerium für Bildung und Forschung, Referat 326, Kulturelle Bildung
Katharina Schöllgen Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Referat 406
Heidi Schumacher Ständige Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland,
Ministerium für Bildung, Wissenschaft, Jugend und Kultur Rheinland-Pfalz, Leiterin
Allgemeine Kulturpflege
Dorothea Fohrbeck Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration, Referatsleiterin
137
139
140
141
■ Die Bundesregierung wird das von ihr geförderte Interne und externe Stärkung des Themenbereichs
Programm „Integration durch Sport“ des DOSB Integration:
evaluieren. ■ Die Bundesregierung hat im Rahmen des Natio
nalen Integrationsplans die Kampagne „Forum
Kompetenzerweiterung und Qualifizierung: Integration. Wir machen mit.“ der Öffentlichkeit
■ Die Bundesregierung wird prüfen, ob und wie es präsentiert. Durch Plakate soll in Kooperation mit
möglich ist, gesicherte statistische Angaben über den Sportverbänden in den kommenden Monaten
den Anteil von Mitgliedern mit Migrationshinter in den Vereinen verstärkt auf das Thema Integra
grund in deutschen Sportvereinen sowie in eige tion aufmerksam gemacht werden.
nethnischen Vereinen zu erheben.
Maßnahmen und Selbstverpflichtungen
■ Die Bundesregierung wird das Thema „Integration der Länder und Kommunen (bzw. in der
in und durch den Sport“ als Forschungsschwer Regelungszuständigkeit von Ländern und
punkt des Bundesinstituts für Sportwissenschaften Kommunen)
(BISP) verankern.
Die Bundesländer verfolgen mit der Bundesregierung
■ Das BISP wird die Ergebnisse der von ihm geförder die Zielsetzung, mehr Menschen mit Migrationshin
ten Forschungsprojekte „Integration von Jugend tergrund durch den Sport in bestehende Strukturen
lichen im Sportverein“ und „Migrantensportver einzubinden und damit das Verständnis der Men
eine in Deutschland“ durch Transferaktivitäten schen aus unterschiedlichen Kulturen füreinander zu
der Sportpolitik und den Sportorganisationen verbessern. Sie sind neben den kommunalen Gebiets
vermitteln. körperschaften – insbesondere im Breitensport – die
Hauptlastenträger u. a. beim Bau, der Sanierung
Kooperation in lokalen Netzwerken: und der Modernisierung von Sportstätten. Darüber
Die Bundesregierung wird die Zusammenarbeit hinaus fördern die Länder häufig einzelne Pilot- oder
mit den Partnern aus Sport und Politik auch nach Modellprojekte, um den Integrationsgedanken vor Ort
der Präsentation des Nationalen Integrationsplans stärker greifen zu lassen. Zusätzlich unterstützen sie
weiterführen. das Programm „Integration durch Sport“ in vielfäl
tiger Weise.
142
143
144
145
146
147
Beitrag der Bundesländer zum „Nationalen ■ Aktive Aquise von Multiplikatoren mit
Integrationsplan“ Migrationshintergrund,
■ Politikfähigkeit im Integrationsbereich,
1. Grundverständnis
■ Bereitstellung von Ressourcen und
Die Landesregierungen – in der Position zwischen
Bundesebene und kommunaler Ebene – nehmen die ■ Überwindung der Vor-Ort-Schwierigkeiten.
Aufgabe, Integration durch Sport zu betreiben, im
Rahmen ihres sportpolitischen Ansatzes,
4. Themenfeld: Schaffung von
■ einer Politik für den Sport zu betreiben, Rahmenbedingungen
■ unter Zugrundelegung des Subsidiaritätsprinzips,
4.1 Themenschwerpunkt: Mittelbereitstellung
■ Werte für die sporttreibende Bevölkerung zu für Sportstätten, soziale Aufgaben,
vermitteln Jugendförderung, normative Regelungen.
148
Landesregierungen
Finanzrahmen
Maßnahmen werden im Rahmen der Sportfördermit Bestandsaufnahme
tel des Landes zur Verfügung gestellt. Projekte werden Die Landesregierungen fördern einzelne Projekte,
im Wege der Fehlbedarfsfinanzierung als Projektför den Integrationsgedanken vor Ort stärker greifen zu
derung unterstützt; die Höhe der Förderung soll in der lassen. In diesem Sinne initiieren sie Projekte, häufig
Regel 5.000 Euro pro Maßnahme nicht übersteigen. als Pilot-Projekte, unterstützen begonnene Projekte
Weitere Angaben sind derzeit noch nicht möglich bzw. im Sinne von Best-Practice-Beispielen oder regen die
abhängig von der Antragssituation in diesem und in Auflage neuer Programme an.
den sonstigen Förderschwerpunkten.
Beispiel Hessen
Beispiel Land Berlin Die hessische Landesregierung fördert seit fünf Jahren
Im Land Berlin gehört die „soziale Integration das Projekt „START“, mit dem erreicht wird, dass
unterschiedlicher Bevölkerungsgruppen“ sowie die ausgebildete Übungsleiterinnen mit Migrationshin
„Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse auslän tergrund als Multiplikatoren in die Vereine gehen.
discher Mitbürger“ gemäß § 1 des Gesetzes über die Der Finanzrahmen wird für eine mittelfristige Fort
Förderung des Sports im Land Berlin zu den Zielen der führung des Projekts im Jahr 2007 gesichert (soweit
Sportförderung des Berliner Senats. dies haushaltsrechtlich möglich ist). Jährlich stehen
130.000 Euro bereit.
Zeitschiene
Die genannten Verbesserungen bei den Rahmenbe Die hessische Landesregierung fördert Initiativen im
dingungen durch die Landesregierungen sind bereits Sport, mit denen die Ausbildung, Weiterbildung und
angelaufen oder beginnen im Jahr 2007 und sind auf Fortbildung für Menschen mit Migrationshintergrund
einen zwei- bis fünfjährigen Zeitraum ausgelegt. (Vereinsmanager, Übungsleiter) vor allem im Jugend
bereich verstärkt wird.
149
150
4.7.
Kurzbeschreibung:
■ Gewinnung von Sportstars mit Migrationshinter Straßenfußball für Integration und Toleranz ist eine
grund als Vorbilder und Begegnungsplattform, fördert die Kommunikation
zwischen Jugendlichen in unterschiedlichen sozialen
■ verbesserte Angebote für Frauen und Mädchen mit Kontexten und unterstützt die Bildung von Netzwer
Migrationshintergrund. ken verschiedener sozialer Träger.
der Grundlage der „Richtlinien zur Förderung von benachteiligter Jugendlicher, von Mädchen durch
Projekten im Sport“ u. a. Modellversuche, innovative die Bildung gemischter Teams und Jugendlicher mit
1. Januar 2007 bis 31. Dezember 2009 (Laufzeit drei Jahre) Bremen
Kurzbeschreibung
Finanzrahmen Das Land Bremen fördert auf der Grundlage der
Neben den Eigenmitteln des Sportverbandes wer „Richtlinien über die Förderung der außerschulischen
den für die Projektfinanzierung Zuwendungen des Jugendbildung, der Jugendinformation u. der Jugend
Landes (Jugendhilfe und Sport), der Kommune und der verbandsarbeit“ sowie Beschlüssen der Deputation
Deutschen Kinder- und Jugendstiftung – Schule plus für Sport (zuständiger Parlamentsausschuss der
eingesetzt. Bremischen Bürgerschaft) das Gesamtprojekt „Inte
gration durch Sport“, das federführend vom Landes
Maßnahmen/Selbstverpflichtung des Landes sportbund Bremen durchgeführt wird. Hauptziel des
Brandenburg: Projektes ist die langfristige Integration von Zuwan
Das Land Brandenburg fördert zwei Projekte der derinnen bzw. Zuwanderern und der benachteiligten
Brandenburgischen Sportjugend, die zum Ziel haben, einheimischen Bevölkerung über den Sport mit seinen
neben dem sportlichen auch das soziale Talent von weit reichenden individuellen Chancen u. sozialen
Jugendlichen durch Straßenfußball zu fördern. Der Möglichkeiten. Im Vordergrund der Projektarbeit
geringe Anteil von Menschen mit Migrationshinter steht der sozialräumliche Ansatz, d. h. die Aktivitäten
grund in Brandenburg (ca. ein Prozent) bietet die des Projektes konzentrieren sich auf so genannte
151
Wohnortnahe Sport- und Bewegungsangebote Das Spielangebot richtet sich an Institutionen, Per
mit niedrigschwelligem Charakter wie z. B. offene sonen und Vereine, die in der Jugendbetreuung und in
Übungsgruppen oder offene Turnierangebote haben der Jugendarbeit tätig sind. Ihnen werden als Veran
sich als probates Mittel für die Kontaktaufnahme und stalter Spielcourts sowie Veranstaltungs-Know-how
Heranführung insbesondere von Kindern und Jugend und sachliche Unterstützung gewährt.
lichen an den Sport bewährt.
Zeitschiene
Schwerpunkt der integrativen Arbeit ist die Koope 2004 bis voraussichtlich 2009
ration mit Sportvereinen und -verbänden sowie der
Aufbau von projekteigenen und vereinsgebundenen Finanzrahmen
Übungsgruppen. Durch den Aufbau eines Netzes von Ca. 30.000 Euro jährlich. Dieses Geld wird überwie
Kooperationspartnern (insbes. Sportvereine, Schulen, gend vom Ministerium des Innern und für Sport
Träger der Kinder- und Jugendhilfe, Wohlfahrtsver Rheinland-Pfalz sowie darüber hinaus anteilig von
bände), die finanzielle und/oder personelle Unterstüt den übrigen Mitträgern bereitgestellt. Im Übrigen
zung durch das Projekt erhalten, ist es möglich, die erfolgt ein Mittelzufluss im Einzelfall auch durch
Zielgruppe in ihren Wohngebieten mit einem regel Sponsoren.
mäßigen Angebot in bestehende Gemeinschaftsstruk
turen einzubinden und auf diese Weise ein friedliches 2. Projekt: „Sport und Sprache“ im Rahmen
Miteinander zu fördern. der DOSB-Initiative “Europa(s)Meister” zur EU-
Ratspräsidentschaft – Gemeinsamer Schwimm-
Zeitschiene und Sprachkurs für muslimische und deutsche
Seit 2001 fortlaufendes Projekt. Mädchen und Frauen
Kurzbeschreibung
Finanzrahmen Der organisierte Sport erreicht nach allgemeinen
Neben Eigenmitteln des Landessportbundes Bremen Erfahrungen ausländische Frauen und Mädchen mus
werden für die Projektfinanzierung Zuwendungen limischen Glaubens nicht im gewünschten Maß.
des Landes (Sozial- und Jugendressort) und der Kom
mune (Sportamt) eingesetzt. Da sie Sport nicht gemeinsam mit Männern ausüben
dürfen, finden sie mangels Gelegenheit nur schwer
Maßnahmen des Landes Rheinland-Pfalz: oder gar nicht den Weg in unsere Sportvereine. Sport
1. Projekt: ballance 2006 – Straßenfußball für
als Mittel der Integration setzt aber Kontakt, Begeg
Integration, Fair Play und Toleranz
nung und Dialog voraus. Mit dieser Veranstaltung
Kurzbeschreibung
möchte der Landessportbund Rheinland-Pfalz in
Auf Initiative des Ministeriums des Innern und für einem ersten Schritt vor allem dafür die notwendigen
Sport Rheinland-Pfalz wurde unter Beteiligung des Voraussetzungen schaffen. In Kooperation mit dem
DFB, der beiden rheinland-pfälzischen Fußballver Mainzer Schwimmverein 01 wird ein Schwimmunter
bände und weiterer namhafter Institutionen und richt mit Sprachkursen nach der erprobten und erfolg
Bundesligavereine dieses Straßenfußballprojekt reichen Tandem-Methode des Deutsch-französischen
gegründet, um Kinder und Jugendliche spielerisch zu Jugendwerks ergänzt. Das gemeinsame Sport- und
einem faireren und toleranteren Umgang miteinan Sprachelernen der deutschen und muslimischen
der anzuhalten. Frauen soll einen wichtigen Anstoß für die Integration
der Muslimas geben. Die Teilnehmerinnen werden für
Der Schwerpunkt der Arbeit: Junge Menschen ver die Probleme ihrer Mitbürgerinnen und der jeweils
schiedenen Alters und insbesondere verschiedener anderen Kultur sensibilisiert.
Herkunft sollen frühzeitig spielerisch erlernen, besser
miteinander umzugehen und das anders sein zu Zeitschiene
akzeptieren. Januar bis Juni 2007
152
Zeitschiene
Projekt wird seit 1994 umgesetzt
Finanzrahmen
Förderung durch Landesmittel in Höhe von
230.000 Euro.
153
Mitglieder
Koordination: Bundesministerium des Innern
Dr. Andreas Kapphan Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
Gül Keskinler „Start“ – Sport überspringt kulturelle Hürden beim Landessportbund Hessen
Stefanie Schulte Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
Prof. Dr. Heinz Joachim Zielinski Hessisches Ministerium für Inneres und für Sport
154
155
4.8.
1. Themenfeld: Medien und und Präsenz müssen sie soziale und kulturelle Vielfalt
Integration thematisieren und kommunizieren. Gleichzeitig ist
die Migrationsbevölkerung eine heterogene Adres
satengruppe und deshalb medial nicht einheitlich
1.1. Bestandsaufnahme ansprechbar. Auch in wirtschaftlicher Perspektive
sind zugewanderte Bevölkerungsgruppen für die
Medien von zunehmendem Interesse, stellen sie doch
Wenn im Folgenden von Medien gesprochen wird, einen relevanten und ständig wachsenden Anteil der
geht es primär um sogenannte Massenmedien wie Zei Mediennutzer, der Gebührenzahler, der Leser von
tungen und Zeitschriften sowie Rundfunk, auf deren Zeitungen und Zeitschriften und der Zielgruppen
Bedeutung hinsichtlich der individuellen und gesell von Werbung. Vor diesem Hintergrund hat sich die
schaftlichen Meinungsbildung nach Art. 5 Grundge Arbeitsgruppe insbesondere mit folgenden Themen
setz explizit hinweist. Einbezogen sind jedoch auch befasst:
neue Informationsmedien, da im fortschreitenden
Prozess der Medienkonvergenz die Grenzen zwischen ➤ Möglichkeiten und Erfordernisse einer Pro
Individual- und Massenmedien – sowohl aus der grammplanung und Berichterstattung, die
Perspektive der Anbieter als auch aus der Perspektive kulturelle Vielfalt als Normalität im Programm
der Nutzer – immer mehr verschwimmen. Unabhän abbildet, Chancen einer Einwanderungsgesell
gig davon sind einzelne Kapitel ausschließlich auf die schaft aufzeigt und Hintergründe und Lösungs
klassischen Massenmedien fokussiert. ansätze bei Konflikten verdeutlicht;
157
158
Deutsche wie fremdsprachige Medien sind in ihrer Journalisten und Medienschaffende mit
Berichterstattung und Programmgestaltung unab Migrationshintergrund ausbilden
hängig. Dies gilt auch für die Berichterstattung über Redaktionspersonal, das Migrations- und Integrati
Sachverhalte und Problemstellungen im Zusammen onsthemen nicht nur vom Hörensagen, sondern aus
159
160
4.8.
161
162
■ Die ARD wird durch gezielte Personalgewinnung Auch spezifische Fördermaßnahmen wie „WDR
und -entwicklung Redakteure, Autoren, Modera grenzenlos“ haben sich als Erfolg versprechende
toren und Schauspieler ausländischer Herkunft Ergänzungsinstrumente erwiesen – sowohl für
verstärkt fördern, die als positive Identifikations den Einstieg in die freie Mitarbeit als auch für
figuren an exponierter Stelle in den Programmen den Zugang ins Programmvolontariat. Mit der
erscheinen sollen („Creating heroes“). Seit vergan journalistischen Talentwerkstatt „grenzenlos“
genem Jahr gehört beispielsweise Birand Bingül, hat der WDR 2005 ein Projekt speziell für junge
WDR-Redakteur mit türkischem Hintergrund, Journalistinnen und Journalisten ausländischer
zum Kommentatoren-Team der ARD-Tagesthe Herkunft ins Leben gerufen. Jährlich werden rund
men. Ingo Zamperoni (NDR) moderiert seit März zehn junge Journalistinnen und Journalisten aus
2007 alle zwei Wochen das ARD-Nachtmagazin. Zuwandererfamilien durch Schulungen und redak
Sowohl beim WDR als auch beim SWR konnten für tionelle Hospitanzen gefördert. Dieses Angebot
Fernsehmagazine an exponierter Stelle Moderato wird fortgesetzt und zusätzlich auf medientech
rinnen mit Migrationsbiografie gewonnen werden. nische Berufe ausgeweitet. Mittlerweile ist beim
Gezielte Castings werden auch in anderen ARD- WDR eine steigende Anzahl von Bewerberinnen
Anstalten durchgeführt. und Bewerbern ausländischer Herkunft für die
Medienberufe zu verzeichnen. Radiomultikulti
Beim WDR hat die Gewinnung und Förderung von (RBB) hat 2006 die journalistische Talentwerkstatt
Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit Migrati „world wide voices“ eingerichtet, die sich speziell
onshintergrund hohe Priorität. Genutzt werden an junge Journalistinnen und Journalisten auslän
die Regelinstrumente der Personalgewinnung und discher Herkunft richtet. Im Herbst 2007 wird das
Förderung, wie Volontariat, Hospitanzen, Casting, Programm fortgesetzt. Der WDR ist 2007 als erste
Professionalisierungsseminare sowie Nachbeset öffentlich rechtliche Rundfunkanstalt der „Charta
zungen von vakanten Stellen. Seit 2005 enthalten der Vielfalt“ beigetreten.
sämtliche Stellenausschreibungen den folgenden
Passus: „Der WDR fördert kulturelle Vielfalt in ■ Das ZDF wird die im Rahmen der Ausbildungsoffen
seinem Unternehmen, daher begrüßen wir Bewer sive 2004 und bei einzelnen Personaleinstellungen
bungen von Mitarbeiter(n)/innen ausländischer begonnene Berücksichtigung von Mitarbeitern
Herkunft.“ Zielgruppenprogramme wie Funkhaus mit Migrationshintergrund systematisch fort
Europa (WDR und Radio Bremen) und Radio führen. Es hält insbesondere die Ausstattung mit
multikulti (RBB) und Fachredaktionen wie SWR qualifiziertem Redaktionspersonal mit Migrati
International dienen als Kompetenzzentren für die onshintergrund für verbesserbar und wird in den
Rekrutierung von Mitarbeiterinnen und Mitarbei nächsten Jahren unter Berücksichtigung einschlä
tern, die später auch in so genannten Mainstream- giger gesetzlicher Vorgaben insbesondere aus dem
Sendungen eingesetzt werden können. „Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz“ gezielte
Maßnahmen ergreifen, u. a. durch Berücksichti
Bei den journalistischen Auszubildenden des SWR gung von Bewerbern mit Migrationshintergrund
hat mittlerweile im Schnitt etwa ein Drittel einen in den Praktika, Hospitationen und Volontari
163
164
165
166
167
168
Internationaler Austausch
169
Mitglieder
Koordination :
Staatsministerin Prof. Maria Böhmer Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
Ernst Hans Hanten Amt des Beauftragten für Kultur und Medien
170
Prof. Dr. Helga Theunert JFF- Institut für Medienpädagogik in Forschung und Praxis
171
Themenfeld 9:
173
2. Zielbestimmungen
Integration durch bürgerschaftliches Engagement ■ öffentliche Verantwortungsteilung durch Vernet
bedarf insbesondere der Anerkennung und gleich zung deutscher Verbände und Migrantenorga
berechtigten Beteiligung sowie der Unterstützung von nisationen auf der Basis gegenseitigen Respekts,
Bildung und Kompetenzerwerb. gegenseitiger Anerkennung und Akzeptanz,
Kurz- und mittelfristige Ziele sind deshalb: ■ Stärkung des Engagements gegen
Fremdenfeindlichkeit,
■ Interkulturelle Öffnung der Organisationen,
■ Verstärkung der Öffentlichkeitsarbeit von Orga
■ Stärkung der gleichberechtigten Teilhabe und nisationen und Ausbau der Medieninformationen
Eigenverantwortung von Frauen und Männern im über Aktivitäten von und mit Menschen mit
Integrationsprozess, Migrationshintergrund,
174
175
Die Bundesregierung hat nach Abschluss ➤ sie verankern die Vernetzung von Migrantenor
der Arbeiten an diesem Bericht folgende ganisationen mit anderen Vereinen, Verbänden
Selbstverpflichtung nachträglich eingebracht: und Organisationen sowie deren interkul
turelle Öffnung als Förderkriterien in ihren
Die Bundesregierung beginnt noch in diesem Jahr Landesprogrammen,
mit dem bundesweiten Aufbau eines Netzwerks „Bil
dungs- und Ausbildungspaten für Migrantinnen und ➤ sie unterstützen durch die Erarbeitung von Kon
Migranten“. Das Netzwerk stärkt das bürgerschaft zepten und Darstellung guter Praxis die inter
liche Engagement im Bereich Bildung. Es setzt drei kulturelle Öffnung deutscher Verbände und der
Schwerpunkte: Migrantenorganisationen,
■ Die Begleitung von Kindern bis zum Ende des ➤ sie entwickeln Programme zur Förderung
Grundschulalters durch Bildungs-, Erziehungs- und des Engagements von Migrantinnen und
Migrantenverbänden,
176
➤ Darüber hinaus regen sie ihre Einbeziehung Zu den wichtigsten Zielen, für die sich das Comites
in gesellschaftliche Funktionen (z. B. Mieter-, München derzeit einsetzt, zählen:
Elternvertretungen, Vorstände von Vereinen
etc.) an. ➤ Information der italienischen Familien über das
bayerische Schulsystem, Sensibilisierung der
Familien für die Wichtigkeit einer guten Ausbil
dung der Kinder und Jugendlichen;
177
Das Forum der Migrantinnen und Migranten steht ■ Evangelische Kirche in Deutschland
im Zusammenhang mit weiteren konkreten Akti Das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche
vitäten des PARITÄTISCHEN zu Förderung der MSO, in Deutschland unterstreicht in seinen Handlungs
wie etwa der Fachberatungsstelle für Migrations empfehlungen für Kirche und Diakonie, Juni 2006,
selbstorganisationen Nord-Rhein-Westfalen. dass für Menschen mit Migrationshintergrund
interkulturelle Öffnung auch für den Bereich des
■ Deutsches Rotes Kreuz Freiwilligen Engagements gelten muss. Bestehende
Das Deutsche Rote Kreuz hat im Dezember 2004 Formen des Freiwilligen Engagements müssen wei
seine Programmatik „Interkulturelle Öffnung im terentwickelt und für andere Zielgrupen geöffnet
DRK. Das Deutsche Rote Kreuz – nicht nur für Deut werden. In einer Argumentationshilfe der EKD zur
sche“ beschlossen. Stärkung von Freiwilligendiensten wird festgestellt,
dass sich die Kirchen zum Anwalt eines möglichst
Teil der Programmatik sind die Leitthesen und breiten Bündnisses verschiedener gesellschaft
Grundsätze zur interkulturellen Öffnung im DRK. licher Gruppen machen sollten, um die Idee der
Ab 2005 wurden die Gremien und Arbeitskreise Freiwilligendienste noch deutlicher in die Gesell-
des Verbandes befasst. Vorläufiges Ergebnis ist ein schaft zu tragen.
Stufenplan zur Umsetzung.
■ Katholische Kirche
Dem Aufgabenfeld „Ehrenamtliches/bürger- Durch Taufe und Firmung gehört jeder Katholik
schaftliches Engagements von Migrantinnen der weltweiten Katholischen Kirche und damit
und Migranten“ hat sich der vom DRK-Präsidium zugleich der jeweiligen Ortskirche an. Deshalb sind
eingesetzte Arbeitskreis „Migranten als Partner des die katholischen Migranten in Deutschland (ca.
DRK“ angenommen, mit dessen Unterstützung nun zwei Mio.) nicht Gäste der Katholischen Kirche in
Pilotprojekte zur Mitwirkung von Menschen mit Deutschland, sondern besitzen eo ipso die
Migrationshintergrund im den ehrenamtlichen
Strukturen de DRK entwickelt werden. ➤ gleichberechtigte Mitgliedschaft und
Der Startschuss für die Umsetzung der Pilotpro ➤ alle Partizipationsmöglichkeiten wie die deut
jekte soll am 8. Mai 2007 gegeben werden, dem schen Katholiken.
traditionellen „Weltrotkreuztag“, der in diesem
Jahr das Schwerpunktthema des DRK 2007: „Inte
178
179
180
Uwe Franke Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz Hamburg
Dr. Claudia Martini Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration
Dr. Olaf Obst Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Dr. Martin Schenkel Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
181
„Wissenschaft – weltoffen“
4.10.
1. Der Auftrag und Wissenschaftler, die Situation und Perspekti
ven ausländischer Studierender und zugewanderter
Weltoffenheit und Internationalität sind Vorausset Hochqualifizierter, Fragen der Verbesserung der
zung und Markenzeichen wissenschaftlicher Exzel Bildungsbeteiligung von Bildungsinländern sowie
lenz. Wissenschaft zeichnet sich durch Universalität Aspekte der Entwicklung der Migrations- und Integra
und interkulturellen Dialog aus, durch weltweite tionsforschung bearbeitet. In vier Sitzungen wurden
Kooperation, Mobilität und Wettbewerb. Daher ist die von AG-Mitgliedern erstellte Impulspapiere einge
Wissenschaft ein zentrales Handlungsfeld der Inte hend diskutiert, sie bilden die Basis des vorliegenden
grationsbemühungen der Bundesregierung und ihrer Berichts zum Nationalen Integrationsplan.
Partner, die gemeinsam den Nationalen Integrations
plan ausarbeiten und umsetzen. Die erarbeiteten Empfehlungen richten sich an
öffentliche und private Akteure und werben für ein
Angesichts des demografischen Wandels und des koordinierteres Vorgehen zur Verbesserung der
wachsenden weltweiten Wettbewerbs um die besten Integration im Bereich der Wissenschaft und eine
Köpfe müssen die Integrationspotenziale von Mit gezieltere Erschließung der Qualifikationspotenziale
bürgerinnen und Mitbürgern mit Migrationshinter von Bildungsinländern.
grund besser erschlossen und auch die Zuwanderung
Hochqualifizierter gezielter genutzt werden, damit Die Empfehlungen sind als Angebote und Erwar
Deutschland das Land der Ideen und Innovationen tungen an alle Akteure im Wissenschaftssystem
bleibt. Zuwanderung und Integration sind zwei Seiten formuliert, sich über ihr bisheriges Engagement
einer Medaille. Die Leistungsfähigkeit von Wissen hinaus stärker zu vernetzen und ihre Maßnahmen
schaft und Forschung profitiert davon ebenso wie das und Initiativen künftig noch besser abzustimmen. Die
Innovations-, Wachstums- und Arbeitsplatzpotenzial Arbeitsgruppe erklärt ihre Bereitschaft, daran aktiv
von Unternehmen. Migrantinnen und Migranten tra mitzuwirken.
gen wesentlich zur geistigen und kulturellen Vitalität
Deutschlands bei. Sie bereichern unsere Gesellschaft. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung
(BMBF) hat die Arbeitsgruppe koordiniert, sie wurde
Die Arbeitsgruppe „Wissenschaft – weltoffen“ hat von Herrn Staatssekretär Michael Thielen geleitet.
vor diesem Hintergrund Themenbereiche wie die
Integration ausländischer Wissenschaftlerinnen
183
■ Die Zahl ausländischer Studierender in Deutsch ■ Von den jungen Talenten, die in Deutschland ein
land hat sich von ca. 50.000 im Jahr 1980 auf aktuell Studium mit Erfolg abgeschlossen haben, bleiben
250.000 nahezu verfünffacht. Von den Studieren zu wenige hier. Ende Juni 2006 haben sich insge
den deutscher Hochschulen sind über 12,6 Prozent samt nur 1.225 Bildungsausländer mit einem deut
Ausländer bzw. haben einen migrationsspezi schen Hochschulabschluss zur Arbeitsplatzsuche in
fischen Hintergund. Mit Blick auf die Anzahl aus Deutschland aufgehalten. Hier ist die Politik – ins
ländischer Studierender belegt Deutschland damit besondere bei der Ausgestaltung rechtlicher Rah
hinter den Vereinigten Staaten und Großbritannien menbedingungen – gefordert.
weltweit einen führenden Platz.
Die Arbeitsgruppe legt folgende Empfehlungen vor:
■ Jährlich werden mehr als 21.000 ausländischer Wis
senschaftler von deutschen Wissenschaftsorganisa Die von den Hochschulen, Studentenwerken, Mittler
tionen gefördert. Allein bei der Max-Planck-Gesell organisationen und Forschungseinrichtungen – mit
schaft sind 13,1 Prozent der Beschäftigten Ausländer. Unterstützung des Bundes und der Länder – erfolgreich
In den anderen Wissenschaftsorganisationen sieht durchgeführten Maßnahmen zur Integration und
es ähnlich aus. Attraktivitätssteigerung sollten verstetigt und mit
öffentlicher Unterstützung weiter ausgebaut werden.
■ Bundestag und Bundesrat haben im Rahmen der Privates Engagement, wie z. B. von zahlreichen
Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung Stiftungen vorbildlich gelebt, sollte gestärkt werden.
unterstrichen, die Begabtenförderwerke und die
großen Mittlerorganisationen für die Internationa ■ Die Betreuung ausländischer Studierender und
lisierung von Studium, Wissenschaft und For Forscher und ihrer Familien muss frühzeitiger
schung weiterhin zu fördern. Die Bundesregierung ansetzen und intensiviert werden. Bewährte Vor
setzt dies im Rahmen laufender Maßnahmen um. Ort-Strukturen sind mit öffentlicher Förderung
auszubauen, Best Practice-Beispiele zu verallge
Die Arbeitsgruppe „Wissenschaft – weltoffen“ hat sich meinern. Studierende und Wissenschaftler mit
mit dieser Ausgangslage intensiv befasst und gelun Migrationshintergrund sollten bei der Erarbeitung
gene Internationalisierungs- und Integrationsmaß und Umsetzung von Betreuungsangeboten stärker
nahmen identifiziert. Hierzu zählen das Engagement beteiligt werden und selbst eine aktivere Rolle
der großen Mittlerorganisationen Deutscher Akade übernehmen. Berücksichtigt werden sollte dabei,
mischer Austauschdienst (DAAD) und Alexander von dass die Attraktivität des Standortes für Wissen
Humboldt-Stiftung (AvH) sowie der deutschen For schaftlerinnen und Wissenschaftler auch durch die
schungsorganisationen. Zu nennen sind ebenso das erwarteten Perspektiven für ihre Familienangehö
Deutsche Studentenwerk (DSW), dessen Wohnange rigen entschieden wird.
bote 35 Prozent der ausländischen Studierenden nutzt,
und das Engagement zahlreicher Stiftungen, etwa ■ Die Rechtsgrundlagen für ausländische Studie
des Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft, der rende, ausländische Absolventen deutscher Hoch
Otto Benecke Stiftung und der Vodafone-Stiftung. schulen und für Forscher sollten im internationalen
Vergleich in Bezug auf wettbewerbsfähige Zugangs-
Angesichts der bisherigen Ergebnisse und des wach sowie Arbeitsmöglichkeiten überprüft, die Rechts
senden Engagements gibt es gute Gründe, die gemein praxis sollte bundesweit im Sinne von Best Practice
samen Anstrengungen zu verstärken: auf ein wissenschaftsstandort-freundlicheres
Niveau gehoben werden.
184
185
186
187
188
189
190
■ Zu den wichtigen Faktoren der Attraktivität des ■ Gehälter und sonstige Leistungen sollten flexibel
Forschungsstandorts Deutschland zählt der verhandelbar sein, um auch exzellente Wissen
Aufbau von internationalen Netzwerken, d. h. der schaftler von Weltruf nach Deutschland holen bzw.
Gewinnung möglicher Multiplikatoren, die nicht hier halten zu können. Ebenso sollten zu starre
dauerhaft in Deutschland bleiben, sondern als Fristenregelungen oder beamtenrechtliche Alters
„Ambassadors“ für Deutschland tätig sind. So haben beschränkungen vermieden werden.
AvH und DAAD mit der Vergabe von Stipendien an
Studierende, Doktoranden und hoch qualifizierten ■ Beim Ehegattennachzug sollte berücksichtigt wer
Wissenschaftlern und dem Aufbau eines welt den, dass die Anwerbung von Spitzenkräften oft
weiten Alumninetzwerkes dazu beigetragen, dass von den Nachzugsbedingungen für die Ehepartner
Deutschland und die deutsche Forschungsland abhängt.
schaft im Ausland positiv gesehen werden.
■ Für alle ausländischen Studierenden und Wis
senschaftler gilt, dass die deutsche Sprache ein
wichtiger Integrationsfaktor ist. Das Erlernen der
deutschen Sprache sowie die dauernde Pflege deut
scher Sprachpraxis schafft die Bedingungen für eine
gute Eingliederung ausländischer studierender
191
192
193
Über große Potenziale verfügt auch die Gruppe der Dafür bieten positive Erfahrungen des Garan
Zuwanderinnen und Zuwanderer, die in den letzten tiefonds Hochschulbereich und des Akademikerpro
16 Jahren meist aus osteuropäischen Ländern nach gramms der Otto Benecke Stiftung (OBS) wichtige
Deutschland kamen und deren Integration trotz Ausgangspunkte.
hoher, vielfach wissenschaftlicher Qualifi kation in
weiten Teilen nicht unproblematisch verläuft. Mit dem Akademikerprogramm und dem Garantiefonds-
Hochschulbereich werden im Auftrag und mit Mitteln
Adressaten einer „nachholenden Integrationspoli des BMBF sowie des BMFSFJ von der Otto Benecke Stif
tik“ (Klaus J. Bade) sind damit auch bereits länger in tung e. V. bereits seit mehr als 20 Jahren akademische
Deutschland lebende Zugewanderte, die durch die Zuwanderinnen und Zuwanderer in den ersten zwei
Bereitstellung eines Erstangebotes an Integrations bis drei Jahren nach der Einreise nach Deutschland
maßnahmen besser erreicht werden sollen. Beson bei ihrer beruflichen Integration unterstützt bzw.
dere Chancen ergeben sich dabei insbesondere bei auf ein Hochschulstudium vorbereitet. Beim Aka
der Gruppe der Höher- und Hochqualifizierten. Die demikerprogramm stehen vor berufsspezifischen
nachholende Integration knüpft an die vorhandenen längeren Qualifizierungsmaßnahmen fachsprach
Potentiale an und fördert diese durch passgenaue liche Förderung, Orientierungshilfen mit Praktika
Maßnahmen der Qualifizierung und Beratung mit sowie Seminare wie Bewerbungs- oder interkulturelle
dem Ziel der Aufnahme einer ausbildungsadäquaten Trainings im Mittelpunkt. Studienergänzungen, die
Erwerbstätigkeit. konzeptionell den Anforderungen des Arbeitsmarktes
an die jeweilige Berufsgruppe Rechnung tragen,
Zu dieser Gruppe gehören in der überwiegenden werden bundesweit in Kooperation mit ausgewählten
Mehrzahl jüdische Immigrantinnen und Immigranten Hochschulen durchgeführt. Sie sollen innerhalb eines
sowie Spätaussiedlerinnen und Spätaussiedler, die noch kurzen Zeitraums (zwölf bis 15 Monate) die Vermitt
bis Mitte der 90er Jahre aus unterschiedlichen osteu lung der noch fehlenden Kenntnisse und somit die
ropäischen Ländern (vornehmlich Rumänien, Polen erfolgreiche Platzierung auf dem 1. Arbeitsmarkt
und ehemalige UdSSR) und seit Ende der 90er Jahre ermöglichen. Die Erfolgsquote von ca. 70 Prozent der
nahezu ausschließlich aus den GUS-Ländern nach Absolventinnen und Absolventen beweist, dass mit
Deutschland gekommen sind. Es handelt sich um einem vergleichsweise geringen zusätzlichen Auf
einen hochqualifizierten Personenkreis, der vielfach wand die berufliche Integration erreicht werden kann.
über einen Hochschulabschluss verfügt und seine Das Akademikerprogramm eröffnet Möglichkeiten
besonderen fachlichen Kenntnisse und Berufserfah der Weiterqualifizierung, wie sie für vergleichbar qua
rungen der Aufnahmegesellschaft bereit stellt bzw. lifizierte deutsche Arbeitslose bislang nicht zur Ver
bereit stellen könnte. Insbesondere im Hinblick auf fügung stehen. Dies hat zu der Überlegung geführt,
den sich in vielen Arbeitsfeldern abzeichnenden bzw. deutsche und zugewanderte Arbeitslose in gemeinsamen,
bereits vorhandenen Fachkräftemangel (Ingenieure, aber in sich differenzierten Maßnahmen auf die Integra
Lehrer oder Ärzte) ist dieses Potenzial von Bedeutung. tion in das Beschäftigungssystem vorzubereiten. Hiermit
sollen neben der Vermittlung fachbezogener Kennt
Den höchsten Anteil (ca. 70 Prozent) an akademisch nisse und Kompetenzen der Erwerb der deutschen
gebildeten Zuwanderern findet man unter den Sprache bei den Zugewanderten intensiviert und in
jüdischen Immigranten. Diese Zuwanderungsgruppe beiden Gruppen die interkulturelle Kompetenz ver
steht jedoch aufgrund ihre Altersstruktur dem bessert werden. Für die Zugewanderten bedeutet dies
Arbeitsmarkt zum Teil nicht mehr zur Verfügung. auch, dass die Integrationsbemühungen durch die
Spätaussiedler verfügen dagegen seltener (maximal gemeinsame Teilnahme bereits früher ansetzen als
zehn Prozent) über einen im Herkunftsland erwor in den Maßnahmen des Akademikerprogramms, an
benen Hochschulabschluss. Auf Basis der in den denen Deutsche nicht teilnehmen können. Seit Okto
vergangenen 16 Jahren erfassten Zuzugszahlen kann ber 2006 wird dieses Modell unter der Bezeichnung
jedoch davon ausgegangen werden, dass in etwa „AQUA – (zugewanderte) Akademikerinnen und Akade
220.000 Spätaussiedler mit Hochschulausbildung miker qualifizieren sich für den Arbeitsmarkt“ in vier
nach Deutschland zugewandert sind. Berufsfeldern praktisch erprobt. Die Pilotmaßnahme
erstreckt sich über 13 Monate, davon drei Monate in
Ziele und laufende Maßnahmen betrieblicher Praxis. Auch wenn nach der Hälfte der
Laufzeit der Erfolg, insbesondere die Vermittlung in
Deutschland eröffnet sich im Rahmen der nachho den ersten Arbeitsmarkt, noch nicht abschließend
lenden Integration mit der Förderung der Potenziale beurteilt werden kann, sind die Ergebnisse so ermu
bereits länger im Land lebender hochqualifi zierter tigend, dass im Oktober 2007 eine deutliche Auswei
Zugewanderter die Chance, im globalen Wettbewerb tung vorgesehen ist.
194
195
196
■ Eine besondere Rolle bei Integrationsprozessen ■ Neben der Konzentration auf Integrationsprozesse
kommt dem Faktor Zeit zu. Ergebnisse der ameri von Migranten sollten auch die Veränderungspro
kanischen und europäischen Forschungsdiskus zesse der Einwanderungsgesellschaft durch Zuwande
sion zeigen, dass sich die Integrationsverläufe der rung und Integration untersucht werden. Aktuelle
jüngeren Einwanderergenerationen trotz durchaus Analysen zur Ausrichtung der Integrationsfor
unterschiedlicher sozialer, politischer und kulturel schung machen deutlich, dass der Einfluss von
ler Rahmenbedingungen nicht grundsätzlich von Zuwanderung auf die Sozialstruktur der Aufnah
denen der Generationen früherer Jahrzehnte und megesellschaft (vertikal im Sinne von ethnischer
Jahrhunderte unterscheiden. Entsprechend sollten Schichtung und horizontal im Sinne von sozialer
Integrationsverläufe als häufig lebensfüllende Lang- Differenzierung) kaum erforscht ist. Das gleiche
zeitentwicklungen sowie auch als intergenerative gilt für die Frage nach dem Einfluss von Zuwande-
Kultur- und Sozialprozesse verstanden und beob rung auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt
achtet werden. (Kohäsion) der Aufnahmegesellschaft im Kontext
wirklicher oder antizipierter ethnisch-kulturell-
■ Die Integrationsforschung ist immer noch stark religiös motivierter Konflikte und ihrer Lösung.
auf die Analyse von Problemen konzentriert bzw.
von einer Defizitperspektive geprägt, die sich in
Alarmbegriffen wie soziale Herausforderung, Kon
flikt, Abgrenzung, Defizienz, Desintegration, Krise,
Erosion, Parallelgesellschaft etc. spiegeln. Die ver
kürzte Fokussierung auf Phänomene wie Kriminali
tät und Gewalt oder Devianz und Traditionalismus
bei Zuwanderern vermittelt aber der Politik ein
einseitiges Bild und lenkt sie damit zur Verstärkung
restriktiver/repressiver Maßnahmen. Notwendig ist
197
198
Dr. Susanna Schmidt Leiterin der Abteilung Strategie- und Grundsatzfragen im BMBF
Prof. Dr. Klaus J. Bade Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), Universität
Osnabrück
Dr. Axel Kreienbrink Wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge
Dr. Lothar Theodor Lemper Geschäftsführender Vorsitzender der Otto Benecke Stiftung e. V.
Dr. Andreas Schlüter Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft
Dr. Volker Meyer-Guckel stellv. Generalsekretär des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft
Dr. Ulrike Albrecht Leiterin der Abteilung strategische Planung und Außenbeziehungen der Alexander
von Humboldt Stiftung
MinDirig Heiner Kleffner Ministerium für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes
Nordrhein-Westfalen
Die Arbeitsgruppe wurde unterstützt von: Elke Albrecht (BMBF), Kathrin Ankele (Vodafone-Stiftung), Ralf Birle (BMBF), Berit
Dannenberg (HGF), Dr. Dorothea Fohrbeck (Arbeitsstab der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und
Integration), Dr. Birgit Galler (BMBF), Dr. Berthold Neizert (Max-Plack-Gesellschaft), Dr. Rolf Reinert (BMBF), Thomas Schmidt
(Kanzleramt), Ulrich Schüller (BMBF)
199
Gestaltung
MEDIA CONSULTA Deutschland GmbH
Druck
Druck Repro und Verlag, Erfurt
Bildnachweis
Seite 6, 7, 46, 138, 156: Bundesregierung
Seite 36, 60, 86, 126, 182: Picture Alliance
Seite 108, 172: Getty Images