You are on page 1of 56

Rechtsfragen im Zusammenhang mit der Flexibilisierung

des 900-MHz-Spektrums aufgrund der RL 2009/114/EG

– Rechtsgutachten im Auftrag der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG –

Professor Dr. Bernd Holznagel, LL.M.

September 2010
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Inhaltsübersicht

Executive Summary ................................................................................................................ IV 

A.  Problemstellung ................................................................................................................. 1 

B.  Rechtliche Würdigung ...................................................................................................... 9 

I.  Umfang und rechtliche Rahmenbedingungen der Wettbewerbsanalyse ......................... 9 

1.  Ausgangslage: Untersuchungsauftrag durch geänderte GSM-RL ............................... 9 


2.  Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur .................................................................. 10 
3.  Abgleich und Schlussfolgerungen .............................................................................. 12 
a)  Zielsetzungen ......................................................................................................... 13 
b)  Konkrete Nutzung der Flexibilisierung ist nicht maßgeblich ................................ 14 
c)  Kein Antrag der D-Netzbetreiber auf Refarming erforderlich .............................. 15 
d)  Chance auf 800-MHz-Spektrum kein hinreichender Ausgleich............................ 16 
e)  Dass E-Netzbetreiber bereits über 900-MHz-Spektrum verfügen, schließt
Wettbewerbsverzerrungen nicht aus ...................................................................... 17 
f)  Schlussfolgerungen für den Umfang der Wettbewerbsprüfung ............................ 18 

II.  Rechtsfolge: Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung ............... 18 

1.  Frequenzwechsel gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG ......................................... 20 


a)  Möglichkeit erheblicher Effizienzsteigerungen aufgrund einer
Weiterentwicklung der Technik nach Erteilung der Frequenzzuteilung ............... 21 
aa)  Weiterentwicklung der Technik nach Erteilung der Frequenzzuteilung ....... 21 
bb)  Möglichkeit erheblicher Effizienzsteigerung ................................................ 23 
b)  Formelle Anforderungen aus Art. 14 GenehmigungsRL ...................................... 25 
c)  Rechtsfolge ............................................................................................................ 25 
aa)  Frequenzwechsel von der Rechtsfolge des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG
grds. erfasst .................................................................................................. 25 
bb)  Ermessen und Verhältnismäßigkeit ............................................................... 26 
cc)  Kein Entgegenstehen der Nutzungsfristverlängerung ................................... 31 
2.  (Teil-)Widerruf der Frequenzzuteilung aufgrund Widerrufsvorbehalts ..................... 33 

- II -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

a)  Anwendbarkeit nur auf D1-Lizenz ........................................................................ 33 


b)  Vorliegen eines Widerrufsgrundes ........................................................................ 34 
c)  Formelle Anforderungen ....................................................................................... 35 
d)  Rechtsfolge ............................................................................................................ 35 
3.  (Teil-)Widerruf der Frequenzzuteilungen gemäß § 63 Abs. 2 TKG .......................... 36 
a)  Anwendbarkeit nur auf D1-Lizenz ........................................................................ 36 
b)  Vorliegen eines Widerrufsgrundes ........................................................................ 36 
aa)  Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung
(§ 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG) ................................................................... 36 
bb)  § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG ....................................................................... 38 
(1)  Frequenzknappheit nach Zuteilung .............................................................. 38 
(2)  Wettbewerb unzumutbar gestört .................................................................. 38 
(3)  Einführung frequenzeffizienter Techniken verhindert ................................. 39 
c)  Formelle Anforderungen und Rechtsfolge ............................................................ 39 
4.  Vertragsanpassung der D2-Lizenz gemäß § 60 Abs. 1 VwVfG ................................ 40 
a)  Anpassungsgrund gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG ............................................. 40 
b)  Anpassungsgrund gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVfG ............................................. 42 
c)  Formelle Anforderungen und Rechtsfolge ............................................................ 43 
5.  Zusammenfassung der Umverteilungsoptionen ......................................................... 43 

C.  Ergebnisse ........................................................................................................................ 45 

Literaturverzeichnis ................................................................................................................ 48

- III -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Executive Summary

1. Im Rahmen der durch die Bundesnetzagentur aufgrund der geänderten GSM-Richtlinie


durchzuführenden Marktuntersuchung ist ausschließlich auf die möglichen Wettbewerbsver-
zerrungen im 900-MHz-Band abzustellen. Eine Einbeziehung des 800-MHz-Bands in die Ab-
schätzung widerspricht den klaren Vorgaben der geänderten GSM-Richtlinie.

2. Nach der geänderten GSM-Richtlinie kommt es für die Beurteilung möglicher Wettbewerbs-
verzerrungen nicht auf die tatsächlich flexible Nutzung der 900-MHz-Frequenzen an. Die
wettbewerblichen Auswirkungen sind abstrakt im Vorfeld der Nutzung abzuschätzen. Ein
Rückzug der Bundesnetzagentur auf die Unmöglichkeit der Abschätzung von Wettbewerbs-
verzerrungen ohne eine konkret beantragte Flexibilisierung ist nicht zulässig und sachlich
auch nicht gerechtfertigt. Vielmehr verfolgt die geänderte GSM-Richtlinie einen „forward-
looking approach“. Die Bundesnetzagentur hat daher eine generelle, vorausschauende und in
die Zukunft gerichtete Analyse der Struktur und des Funktionierens des Wettbewerbs im fle-
xibilisierten 900-MHz-Bereich durchzuführen.

3. Bereits auf Grundlage der gegenwärtigen Rechtsgrundlagen kann eine Umverteilung des be-
stehenden 900-MHz-Spektrums zur Behebung der drohenden Wettbewerbsverzerrungen er-
folgen. Als Ermächtigungsgrundlagen für eine Umverteilung der 900-MHz-Frequenzen
kommt ein Frequenzwechsel gem. § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG und zudem für die D1-
Lizenz ein teilweiser Widerruf mit anschließender Neuzuteilung in Betracht. Der Widerruf
lässt sich entweder auf § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall VwVfG i.V.m. Ziff. 24.7 der D1-Lizenz oder
auf § 63 TKG stützen. Eine Umverteilung der D2-Lizenz kann auf Grundlage des § 60 Abs. 1
VwVfG bewirkt werden. Bei all diesen Optionen sind die gesetzlichen Voraussetzungen er-
füllt.

4. Eine Änderung der Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber durch Umverteilung der be-
stehenden Nutzungsrechte wäre gerechtfertigt und verhältnismäßig i.S.v. Art. 14 der Geneh-
migungsrichtlinie. Die Vorteile eines frühzeitigen Frequenzwechsels überwiegen gegenüber
den Interessen der D-Netzbetreiber. Zum einen dient der Frequenzwechsel der Schaffung ei-
nes chancengleichen Wettbewerbs i.S.d. § 2 Abs. 2 TKG. Ohne einen solchen wären die dro-
henden Wettbewerbsverzerrungen ganz erheblich. Zum anderen sind die Zielsetzungen der
europarechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Nicht nur die geänderte GenehmigungsRL
sieht vor, dass die flexiblere Frequenznutzung „wann immer möglich“ zu fördern ist. Auch
die Erwägungen zur GSM-Änderungsrichtlinie streben mit der Flexibilisierung des 900-MHz-

- IV -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Bands eine „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“ an. Ein effektiver Wettbewerb um
die Einführung „einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien“ ist aber nur dann
möglich, wenn allen Netzbetreibern genügend Frequenzen im 900-MHz-Band zur Verfügung
stehen, um UMTS-Dienste einzuführen, ohne dort den Betrieb von GSM einstellen zu müs-
sen. Schließlich dient die GSM-Änderungsrichtlinie im Interesse der Nutzer dazu, durch die
schnellstmögliche Flexibilisierung im 900-MHz-Band breitbandige Netzzugangstechniken
frühzeitig bedarfsgerecht und flächendeckend einzuführen. Denn durch chancengleichen
Wettbewerb um die Einführung multipler Dienste im 900-MHz-Band werden die Wettbe-
werbsbedingungen auf dem Endkundenmarkt gefördert. Dies wird wiederum attraktivere
Endkundenangebote ermöglichen, wodurch letztlich die Bedürfnisse aller Mobilfunknutzer
bestmöglich befriedigt werden können.

5. Ein regulatorisches Eingreifen wäre auch vor dem Hintergrund der bestehenden Frequenznut-
zungsrechte, die bis 2016 verlängert wurden, gerechtfertigt und verhältnismäßig. Dies ergibt
sich zum einen aus der Ratio des § 55 Abs. 8 TKG, wonach eine Frequenzzuteilung bzw.
-verlängerung nie unabhängig von den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 TKG bzw. des § 63
TKG (oder sonstiger Widerrufsgründe) gewährt werden kann. Daraus folgt, dass Bestandsver-
trauen hier nicht zu berücksichtigen ist. Die D-Netzbetreiber müssen als Betroffene aufgrund
der gesetzlichen Regelungen stets mit der Möglichkeit des Widerrufs rechnen. Zum anderen
folgt dies auch aus der Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG, der gerade die Möglichkeit ei-
nes Frequenzwechsels während des laufenden Genehmigungszeitraums vorsieht.

-V-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

A. Problemstellung

Am 20. Oktober 2009 ist die sog. GSM-Änderungsrichtlinie 2009/114/EG im Amtsblatt der Eu-
ropäischen Union verkündet worden.1 Darin wird die Richtlinie 87/372/EWG „über die Fre-
quenzbänder, die für die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen di-
gitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind“2 (GSM-
Richtlinie) in Bezug auf ihre Technologiespezifizierung teilweise abgeändert. Die neuen Vor-
schriften zielen insbesondere auf die Beseitigung der Beschränkung auf den GSM-Standard ab.
So formuliert Erwägungsgrund 4 der Richtlinie die Zielsetzung:

„Um zu den Zielen des Binnenmarkts […] beizutragen und gleichzeitig die europaweite
Verfügbarkeit des GSM aufrechtzuerhalten, sowie zur bestmöglichen Steigerung des Wett-
bewerbs durch Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien, sollte
die Nutzung des 900-MHz-Bands für andere Technologien erlaubt werden, damit zusätzli-
che kompatible europaweite Dienste bereitgestellt werden können“.

Gleichzeitig in Kraft getreten ist zudem die Entscheidung der Kommission „zur Harmonisierung
des 900-MHz-Bands und des 1800-MHz-Bands für terrestrische Systeme, die europaweite elekt-
ronische Kommunikationsdienste in der Gemeinschaft erbringen können“ (Harmonisierungsent-
scheidung).3 Gestützt ist diese auf die sog. Frequenzentscheidung,4 die es der Kommission er-
laubt, technische Umsetzungsmaßnahmen zu erlassen, um harmonisierte Bedingungen für die
Verfügbarkeit und die effiziente Nutzung der Frequenzen zu schaffen. Danach sollen die Fre-
quenzbereiche im 900- und 1800-MHz-Band weiterhin für GSM-Systeme bereitgestellt werden.
Zudem sollen die betroffenen Frequenzen aber auch für andere terrestrische Systeme, die elekt-

1
Richtlinie 2009/114/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 16.9.2009 zur Änderung der
Richtlinie 87/372/EWG des Rates über die Frequenzbänder, die für die koordinierte Einführung eines euro-
paweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustel-
len sind, ABl.EU L 274 vom 20.10.2009, 25-27.
2
Richtlinie 87/372/EWG des Rates vom 25.6.1987 über die Frequenzbänder, die für die koordinierte Einfüh-
rung eines europaweiten öffentlichen zellularen digitalen terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemein-
schaft bereitzustellen sind, ABl.EU L 196 vom 17.7.1987, 85-86.
3
Entscheidung der Kommission vom 16.10.2009 zur Harmonisierung des 900-MHz-Bands und des 1800-
MHz-Bands für terrestrische Systeme, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste in der Gemein-
schaft erbringen können, ABl.EU L 274 vom 20.10.2009, 32-35.
4
Entscheidung Nr. 676/2002/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7.3.2002 über einen
Rechtsrahmen für die Funkfrequenzpolitik in der Europäischen Gemeinschaft, ABl.EG L 108 vom
24.4.2002, 1.
-1-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

ronische Kommunikationsdienste in der Gemeinschaft erbringen können (z.B. UMTS5), gewid-


met und bereitgestellt werden.

Ergänzt werden diese beiden Rechtsakte durch die novellierten Vorgaben nach Art. 8a und Art. 9
bis 9b Rahmenrichtlinie (RRL) sowie nach Art. 5 und 6 der Genehmigungsrichtlinie (GRL).6
Danach wird die Frequenznutzung soweit wie möglich technologie- und dienstneutral gestaltet
und die Flexibilität der Frequenznutzung erhöht.

Gemeinsamer Hintergrund dieser neuen Vorgaben ist eine europaweit harmonisierte Strategie
zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte. Bereits am 23. November 2005 nahm die auf-
grund Beschlusses der Kommission vom 26. Juli 20027 eingerichtete Gruppe für Frequenzpolitik
(RSPG)8 eine Stellungnahme über die „Politik für den Drahtloszugang zu elektronischen Kom-
munikationsdiensten (WAPECS)“9 an.10 Hierin stellte die RSPG fest, dass Technologie- und
Diensteneutralität politische Ziele zur Erreichung einer flexibleren Frequenznutzung sind und
dass für die Nutzung der in der Stellungnahme genannten Frequenzbänder (u.a. die Frequenzbe-
reiche im 900- und 1800-MHz-Band) möglichst wenig einschränkende frequenztechnische Be-
dingungen gelten sollten.

Deutschland hat sich zur Umsetzung dieses Konzeptes bekannt.11 Um die Grundlage für die Fle-
xibilisierung der konkreten Nutzungsbedingungen zu setzen, wurden in einem ersten Schritt die
entsprechenden Widmungen im Frequenznutzungsplan angepasst. Unter Berücksichtigung des
WAPECS-Konzepts hat die Bundesnetzagentur daher den Frequenznutzungsplan für die betrof-

5
Vgl. den Anhang zur Entscheidung ABl.EU L 274 vom 20.10.2009 (Fn. 3).
6
Änderungsrichtlinie „Better Regulation“ (Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des
Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/21/EG über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für
elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, der Richtlinie 2002/19/EG über den Zugang zu elektroni-
schen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung und der
Richtlinie 2002/20/EG über die Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste, ABl.EU
Nr. L 337 vom 18.12.2009, 37 ff.) und Änderungsrichtlinie „Citizens’ Rights“ (Richtlinie 2009/136/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.11.2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den
Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie
2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektro-
nischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbrau-
cherschutz, ABl.EU Nr. L 337 vom 18.12.2009, 11 ff.).
7
ABl.EG Nr. L 198 vom 27.7.2002, 49.
8
Radio Spectrum Policy Group (RSPG).
9
Wireless Access Policy for Electronic Communications Services (WAPECS).
10
RSPG, Opinion No. 3.
11
Entscheidung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post
und Eisenbahnen vom 12.10.2009 zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte für drahtlose Netzzugän-
ge zum Angebot von Telekommunikationsdiensten in den Bereichen 450 MHz, 900 MHz, 1800 MHz, 2 GHz
und 3,5 GHz, Vfg. 58/2009, ABl.BNetzA Nr. 20/2009 vom 21.10.2009, 8.
-2-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

fenen Frequenzbereiche schrittweise flexibilisiert.12 Nach Abschluss des Verfahrens zur Ände-
rung des Frequenznutzungsplans13 sind die planungsrechtlichen Vorgaben der betroffenen Fre-
quenzbereiche nunmehr einheitlich und ohne Beschränkung auf einen bestimmten Standard ge-
widmet. Unter anderem für den 900 MHz-Bereich (Frequenzen 890-915 MHz und 925-960
MHz) sieht der nationale Frequenznutzungsplan eine Widmung nunmehr generell für „drahtlo-
sen Netzzugang zum Angebot von Telekommunikationsdiensten“ vor. Damit können seither
Nutzungsrechte an den betroffenen Frequenzen technologie- und anwendungsneutral erteilt bzw.
bestehende Frequenznutzungsrechte flexibilisiert werden.

Um die europarechtlich induzierte Flexibilisierung der Frequenznutzung zu verwirklichen, ist es


zwar notwendig, aber nicht hinreichend, den Widmungszweck der Frequenzbänder anzupassen.
Darüber hinaus ist es in einem zweiten Schritt erforderlich, die den Netzbetreibern auf Grundla-
ge des Plans erteilten Frequenznutzungsrechte (Lizenzen) zu flexibilisieren (sog. Refarming).
Vor diesem Hintergrund hat es die Bundesnetzagentur nach Abschluss der Flexibilisierung des
Frequenznutzungsplans bereits im Jahre 2008 für zweckmäßig erachtet, die Sach-, Rechts- und
Interessenlage zu ermitteln. Hierzu wurde zunächst ein Diskussionspapier mit fünf Kernfragen
des Flexibilisierungsvorhabens formuliert. Das Diskussionspapier zur Vorbereitung eines Kon-
zepts zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 MHz und 1800
MHz (sog. K 9|18-Diskussionspapier) wurde am 19. November 2008 auf der Internetseite14 und
im Amtsblatt der Bundesnetzagentur15 veröffentlicht und zur Kommentierung gestellt.

In etwa zeitgleich widmete sich auch die Europäische Union dem Thema der Flexibilisierung
von Frequenznutzungsrechten. Die Kommission stellte in ihrer Mitteilung KOM(2007) 50 fest,
dass Handlungsbedarf wegen der Einführung von Mobilfunkdiensten der dritten Generation und
wegen der fortbestehenden Beschränkungen durch die Richtlinie 87/372/EWG bestehe, und kün-
digte an, die Anwendbarkeit dieser Richtlinie überprüfen zu wollen. Vor diesem Hintergrund
legte die Kommission dem Europäischen Parlament und dem Rat am 25. Juli 2007 einen Vor-
schlag für eine Richtlinie zur Aufhebung der GSM-Richtlinie vor.16 Im Laufe der langwierigen
politischen Entscheidungsbildung, die mehr als zwei Jahre in Anspruch nahm, sah man schließ-

12
Zu den verschiedenen Stufen der Flexibilisierung vgl. BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 9 f.
13
Vfg. 33/2009, ABl.BNetzA 15/2009 vom 12.8.2009, 2985.
14
Abrufbar unter http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/90734/publicationFile/2746/Disk
ussionspapier.pdf (Stand: 9.9.2010).
15
BNetzA, Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 MHz und 1800 MHz, Mitteilung
663/2008, ABl.BNetzA 22/2008 vom 19.11.2008, 3649 ff.
16
KOM (2007) 367; ABl.EU Nr. C 191 vom 17.8.2007, 14; abrufbar unter http://eurlex.europa.eu/Lex
UriServ/LexUriServ.do?uri=COM:2007:0367:FIN:DE:PDF (Stand: 9.9.2010).
-3-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

lich von einer Aufhebung der GSM-Richtlinie ab und verständigte sich lediglich auf Änderungen
durch die Richtlinie 2009/114/EG.17

Die geänderte GSM-Richtlinie ordnet an, dass die Mitgliedstaaten das 900-MHz-Band für GSM-
und UMTS-Systeme sowie für andere elektronische Kommunikationssysteme verfügbar machen.
Dafür gibt Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL den Mitgliedstaaten auf, zu untersuchen, „ob
aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900-MHz-Bands an die in ihrem Gebiet im Wettbewerb
stehenden Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen auf den betreffenden Mobilfunkmärk-
ten wahrscheinlich sind“. Die Mitgliedstaaten „beheben solche Verzerrungen, soweit dies ge-
rechtfertigt und verhältnismäßig ist, in Übereinstimmung mit Artikel 14 der Richtlinie
2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmi-
gung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie)“. In Erwä-
gungsgrund (69) zur Änderungsrichtlinie 2009/140/EG heißt es dazu:

„[…] Angesichts der Frequenzknappheit sollten Unternehmen erteilte individuelle Rechte


regelmäßig überprüft werden. Bei der Durchführung dieser Überprüfung sollten die zu-
ständigen nationalen Behörden die Interessen der Rechteinhaber gegen die Notwendigkeit
abwägen, die Einführung des Frequenzhandels sowie die flexiblere Frequenznutzung
durch Allgemeingenehmigungen wann immer möglich zu fördern.“

Schließlich erlassen die Mitgliedstaaten gemäß Art. 3 der geänderten GSM-RL „die Rechts- und
Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie bis zum 9. Mai 2010 nach-
zukommen. Sie teilen der Kommission unverzüglich den Wortlaut dieser Vorschriften mit und
fügen eine Tabelle der Entsprechungen zwischen der Richtlinie und diesen innerstaatlichen Vor-
schriften bei.“

Die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur kam den Untersuchungsaufträgen der endgültigen


GSM-Änderungsrichtlinie in gewisser Hinsicht zuvor. So hat die Präsidentenkammer auf Grund-
lage der Stellungnahmen zu dem Diskussionspapier bereits am 12. Oktober 2009 – und mithin
vor in Kraft treten der GSM-Änderungsrichtlinie am 21. Oktober 2009 – eine Entscheidung „zur
Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte für drahtlose Netzzugänge zum Angebot von Tele-
kommunikationsdiensten in den Bereichen 450 MHz, 900 MHz, 1800 MHz, 2 GHz und 3,5
GHz“18 gefasst. Die Entscheidung war der Form nach nicht als Verwaltungsakt, sondern als sog.
„Entschließung“ verfasst. Sie entfaltete demnach keine Außenwirkung gegenüber den Marktteil-
nehmern, strukturierte jedoch die zukünftigen Rechtshandlungen der Behörde vor und bindet sie

17
Vgl. Fn. 1.
18
BNetzA, Entschließung (Fn. 11).
-4-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

insoweit im Rahmen und Umfang ihrer Ankündigungen.19 Zweck war die Schaffung von Investi-
tions- und Planungssicherheit für die Marktteilnehmer.

Inhaltlich nahm die Entscheidung indes unter ausdrücklicher Bezugnahme zu den Prüfaufträgen
der GSM-Änderungsrichtlinie Stellung, da diese bereits vom Europäischen Parlament am 6. Mai
2009 und vom Rat am 27. Juli 2009 beschlossen worden war und nur noch die Verkündung aus-
stand. So formuliert die Entschließung ausdrücklich in der ersten Fußnote:

„Diese Entscheidung dient der Umsetzung der Richtlinie des Europäischen Parlaments
und des Rates zur Änderung der Richtlinie 87/372/EWG des Rates über die Frequenzbän-
der, die für die koordinierte Einführung eines europaweiten öffentlichen zellularen digita-
len terrestrischen Mobilfunkdienstes in der Gemeinschaft bereitzustellen sind.“20

Offenbar sah die Bundesnetzagentur das Diskussionspapier und die darauf aufbauende Ent-
schließung der Präsidentenkammer zunächst als ausreichende Befassung mit möglichen Wettbe-
werbsverzerrungen i.S.v. Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL an. Sie kam darin zu dem Er-
gebnis, dass „gegenwärtig keine Anhaltspunkte für einen […] Fall einer Wettbewerbsverzerrung
erkennbar“21 seien. Ohnehin könnten Wettbewerbsverzerrungen erst dann mit hinreichender
Gewissheit festgestellt werden, wenn ein Netzbetreiber das Refarming beantrage.22 Erst dann
bestünde die Gefahr einer Diskriminierung der E-Netzbetreiber gegenüber den D-Netzbetreibern,
weil nur die D-Netzbetreiber aufgrund der Frequenzausstattung in der Lage seien, im 900-MHz-
Bereich sowohl GSM- als auch UMTS-Technik parallel zu betreiben.23 „Zumindest solange […]
die D-Netzbetreiber [aber] weiterhin ihr 900-MHz-Spektrum in vollem Umfang für GSM-
Dienstleistungen nutzen“24, sei eine Umverteilung der gegenwärtigen Frequenznutzungsrechte
nicht geboten. Eine Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte von Amts wegen lehnte die
Bundesnetzagentur demgegenüber ab. Schließlich sei „eine Umverteilung des 900-MHz-
Spektrums [auch] im Hinblick auf die Vergabe von Spektrum im Bereich 800 MHz nicht gebo-
ten […], weil hiermit die mit der Forderung nach einer Umverteilung verbundenen Ziele ebenso
effektiv verwirklicht werden können, ohne dass in den eingerichteten und ausgeübten Betrieb der
betroffenen Netzbetreiber eingegriffen werden müsste.“

19
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 16.
20
Ebd., 2, Fn. *.
21
Ebd., 32.
22
„Die Frage, ob aufgrund der jetzigen Frequenzverteilung im 900-MHz-Band nach tatsächlicher Flexibilisie-
rung der Nutzung Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sein werden, kann von der Kammer in dieser
Entscheidung nicht beurteilt werden.“ BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 33.
23
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 29.
24
Ebd., 33.
-5-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Nachdem sich innerhalb der Kommission allerdings Widerspruch gegen diese verkürzte Vorge-
hensweise regte,25 erklärte sich die Bundesnetzagentur bereit, eine ausführliche Marktuntersu-
chung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL nach Durchführung der Frequenzver-
steigerung im April/Mai 2010 einzuleiten. Dieses Untersuchungsverfahren hat sie im Juni 2010
eröffnet. Hierzu hat sie zunächst ein „Impulspapier“26 veröffentlicht und die interessierten Kreise
der Öffentlichkeit im Allgemeinen und die betroffenen Netzbetreiber im Besonderen zur Stel-
lungnahme zu den Kernfragen der Untersuchung aufgefordert. Die Kernfragen behandeln die
wesentlichen Eckpunkte der die Untersuchung abschließenden Entscheidungen der Bundesnetz-
agentur.

Die Behörde skizziert in dem Papier ihre Rechtsauffassung zum Umfang der anzustellenden Un-
tersuchung („Die Bundesnetzagentur legt daher die Richtlinienbestimmung dahingehend aus,
dass nicht nur die Zuteilungen im 900-MHz-Band, sondern sämtliche Frequenznutzungsrechte
von der Untersuchung betroffen sind, die aufgrund der Flexibilisierungsentscheidung für den
Nutzungszweck drahtloser Netzzugang für das Angebot von Telekommunikationsdiensten genutzt
werden können“) und gibt zu verstehen, dass sie bislang weitgehend an den Einschätzungen aus
ihrer Entschließung27 festhält. Dies betrifft insbesondere die Frage, ob mögliche Wettbewerbs-
verzerrungen bereits hinreichend konkret abschätzbar seien, bevor ein Netzbetreiber das Refar-
ming beantrage.28

25
Vgl. hierzu Bünder, FAZ v. 9.10.2009, abrufbar unter http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787
CDC274993E94C1/Doc~E3A6EDA6E026C44F796CF7D8479EF98D6~ATpl~Ecommon~Scontent.html
(Stand: 9.9.2010).
26
Mitteilung 457/2010, ABl.BNetzA Nr. 15/2010 vom 11.8.2010, 2715 ff., abrufbar unter
http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/159006/publicationFile/8295/ImpulspapierFreqVer
tUntersuchg_pdf.pdf (Stand: 9.9.2010).
27
BNetzA, Entschließung (Fn. 11).
28
BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 11, 13. Siehe hierzu im Einzelnen unter Gliederungspunkt B.I.2. auf S. 9 ff.
-6-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Die Auftraggeberin bittet vor diesem Hintergrund um eine auf der ökonomischen Analyse der
„Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung von Mobil-
funknetzbetreibern in Deutschland“ von Torsten J. Gerpott29 aufbauende rechtsgutachterliche
Prüfung folgender Fragen:

1. Welche Frequenzbereiche sind von der Wettbewerbsuntersuchung im Sinne der geänder-


ten GSM-Richtlinie betroffen?

2. Kommt es nach der geänderten GSM-Richtlinie für die Beurteilung von Wettbewerbs-
verzerrungen auf die tatsächlich flexible Nutzung der 900-MHz-Frequenzen an oder sind
die wettbewerblichen Auswirkungen abstrakt im Vorfeld der Nutzung abzuschätzen?

3. Auf Basis welcher gegenwärtigen Rechtsgrundlagen kann eine Umverteilung des 900-
MHz-Spektrums zur Behebung der drohenden Wettbewerbsverzerrungen erfolgen?

4. Unter welchen Umständen wäre die Ergreifung regulatorischer Maßnahmen nach Art. 14
der Genehmigungsrichtlinie gerechtfertigt und verhältnismäßig? Und wäre ein regulatori-
sches Eingreifen in die bis 2016 laufenden Frequenznutzungsrechte gerechtfertigt und
verhältnismäßig?

Zur Beantwortung der Fragen wird in einem ersten Schritt das rechtliche Erfordernis aus der
geänderten GSM-RL hergeleitet, eine inhaltlich erschöpfende und sachlich auf das 900-MHz-
Band beschränkte Wettbewerbsuntersuchung durch die Bundesnetzagentur vorzunehmen (hierzu
unter B.I.). Für den weiteren Gang der Untersuchung werden sodann die Ergebnisse der Wett-
bewerbsanalyse der 900-MHz-Frequenzausstattung der deutschen Mobilfunknetzbetreiber von
Gerpott als richtig unterstellt. Diese kommt zu dem Ergebnis, dass „in Deutschland die Ausstat-
tung […der D-Netzbetreiber…] mit Spektrum im 900 MHz-Bereich […] bis in die Gegenwart
deutliche wettbewerbsverzerrende Effekte zuungunsten der E-Netzbetreiber nach sich zieht.“30
Durch eine Flexibilisierung des 900-MHz-Bandes unter Beibehaltung der gegenwärtigen Fre-
quenzausstattung würden daher „die ohnehin vorhandenen Wettbewerbsstörungen [...] verstärkt.
Die Wettbewerbschancen der E-Netzbetreiber vor allem auf dem Markt für mobile Datendienste
würden durch [die Frequenzflexibilisierung] erheblich beeinträchtigt.“31 Eine Flexibilisierung

29
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung.
30
Ebd., IV.
31
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 41.
-7-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

ohne vorhergehende Frequenzumverteilung berge „deshalb die Gefahr, die Funktionsfähigkeit


des Wettbewerbs im deutschen Mobilfunkmarkt zu verschlechtern.“32

Vor diesem Hintergrund werden unter B.II. in einem zweiten Schritt die Rechtsfolgen der Wett-
bewerbsanalyse untersucht. Diese bestehen gemäß Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL in der
Behebung der Wettbewerbsverzerrungen, die beim Refarming mit „Wahrscheinlichkeit“ entste-
hen können. Als Maßnahme zur Behebung kommt grundsätzlich nur eine Um- bzw. Neuvertei-
lung der bestehenden Frequenznutzungsrechte im 900-MHz-Band in Betracht. Deren rechtliche
Voraussetzungen und Möglichkeiten werden untersucht. Die Darstellung schließt mit einer Zu-
sammenfassung der Ergebnisse (hierzu unter C.).

32
Ebd.
-8-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

B. Rechtliche Würdigung

I. Umfang und rechtliche Rahmenbedingungen der Wettbewerbsanalyse

1. Ausgangslage: Untersuchungsauftrag durch Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL

Ziel der GSM-Änderungsrichtlinie ist es ausweislich des Erwägungsgrundes (13), die Frequenz-
bewirtschaftung im Interesse des Binnenmarkts im Bereich der elektronischen Kommunikation
zu flexibilisieren und den Zugang zu den Frequenzen zu verbessern. Um dieses Ziel zu erreichen
und gleichzeitig die europaweite Verfügbarkeit des GSM aufrechtzuerhalten, sowie zur bestmög-
lichen Steigerung des Wettbewerbs durch Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und
Technologien, soll die Nutzung des 900-MHz-Bands für andere Technologien erlaubt werden,
damit zusätzliche kompatible europaweite Dienste bereitgestellt werden können, die störungsfrei
neben dem GSM betrieben werden können.33

Vor diesem Hintergrund ordnet Art. 1 Abs. 1 der geänderten GSM-RL an, dass die Mitgliedstaa-
ten das 900-MHz-Band für GSM und UMTS sowie für andere terrestrische Systeme verfügbar
machen, die europaweite elektronische Kommunikationsdienste erbringen und im Einklang mit
der Harmonisierungsentscheidung34 betrieben werden können.

Allerdings – so gibt Erwägungsgrund (6) zu bedenken – könnte die Liberalisierung der Nutzung
des 900-MHz-Bands möglicherweise zu Wettbewerbsverzerrungen führen. Insbesondere könn-
ten solche Mobilfunkbetreiber, denen keine oder zu wenige Frequenzen im 900-MHz-Band zu-
geteilt worden sind, um parallel UMTS und GSM zu betreiben, Kosten- und Effizienznachteile
gegenüber anderen Betreibern erleiden, die ohne Weiteres in der Lage wären, in diesem Band
sowohl GSM als auch Dienste der dritten Generation anzubieten.

Um diesem Missstand vorzubeugen, gibt Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL den Mitglied-
staaten verbindlich vor, dass sie „bei der Umsetzung dieser Richtlinie [untersuchen], ob aufgrund
der bestehenden Zuteilung des 900-MHz-Bands an die in ihrem Gebiet im Wettbewerb stehen-
den Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen auf den betreffenden Mobilfunkmärkten
wahrscheinlich sind“.

33
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (4).
34
Vgl. Fn. 3.
-9-
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Tabelle 1: Überblick über die Vorgaben der geänderten GSM-RL

Ziele   Flexibilisierung der Frequenzbewirtschaftung im 900‐MHz‐Band 
 Verbesserung des Zugangs zu den Frequenzen 
 Gleichzeitige Aufrechterhaltung der europaweiten Verfügbarkeit von GSM 
 Bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs durch Angebot einer großen Band‐
breite von Diensten und Technologien 

Untersuchungsauftrag   Sind aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900‐MHz‐Bands an die in Deutsch‐
land im Wettbewerb stehenden Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsverzerrungen 
auf den betreffenden Mobilfunkmärkten wahrscheinlich? 

Umfang   Bestehende Zuteilung des 900‐MHz‐Bands maßgeblich (Art. 1 Abs. 2 der geän‐
derten GSM‐RL) 

2. Rechtsauffassung der Bundesnetzagentur

Die Bundesnetzagentur hat ihre Rechtsauffassung zum Umfang des Untersuchungsauftrags ins-
besondere in ihrer Entschließung zur Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte und dem Im-
pulspapier deutlich gemacht. Inhaltlich nimmt die Bundesnetzagentur auf S. 29 ff. der Entschlie-
ßung zur Frage möglicher Wettbewerbsverzerrungen aufgrund des Refarming Stellung. „Die
Kammer [habe die Frage möglicher Wettbewerbsverzerrungen] sorgfältig ausgewertet.“35 Dabei
sei sie zu dem Ergebnis gelangt, dass gegenwärtig keine Wettbewerbsverzerrung im Sinne der
geänderten GSM-RL vorliege. Diese Einschätzung wird im Impulspapier zwar relativiert, indem
die Behörde nunmehr ausdrücklich und von Amts wegen ein Verfahren zur Wettbewerbsunter-
suchung eingeleitet hat. Jedoch zeigen die Ausführungen der Bundesnetzagentur, insbesondere
zu den Kernfragen 1 und 6, dass sie inhaltlich noch immer weitgehend an den Einschätzungen
aus der Entschließung festhält.

Diese Einschätzung fußt im Wesentlichen auf zwei Begründungssträngen:

Zum einen könne grundsätzlich „jedenfalls solange keine Wettbewerbsverzerrung im Sinne von
Art. 1 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 87/372/EWG zugunsten der D-Netzbetreiber auf Kosten
der E-Netzbetreiber vorliegen, wie die D-Netzbetreiber die 900-MHz-Frequenzen ausschließlich

35
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 29.
- 10 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

für GSM-Anwendungen nutzen.“36 Denn für diesen Zeitraum könne den D-Netzbetreibern ge-
genüber den E-Netzbetreibern kein Wettbewerbsvorsprung durch die Möglichkeit eines Parallel-
betriebs von GSM und UMTS erwachsen. Die Stellungnahmen hätten insoweit ergeben, dass die
D-Netzbetreiber aufgrund der großen Nachfrage nach GSM-Anwendungen noch auf Jahre, mög-
licherweise bis zum Ende der derzeitigen Laufzeit am 31. Dezember 2016, die bestehenden
GSM-Systeme weiternutzen würden. Eine Umstellung oder ein Parallelbetrieb von UMTS sei
auf absehbare Zeit nicht geplant.

Auch der Richtliniengeber gehe von der Wertung aus, dass mögliche Wettbewerbsverzerrungen
nicht bereits im Vorfeld der tatsächlich flexiblen Nutzung des 900-MHz-Bands zu begutachten
seien, sondern erst wenn tatsächlich eine solche Nutzung angestrebt werde.37 Dies werde aus der
Begründungserwägung (6) der GSM-Änderungsrichtlinie deutlich. Dort werde nämlich nicht
darauf abgestellt, dass die Liberalisierung des 900-MHz-Bands, sondern erst die Liberalisierung
der dortigen Nutzung zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Eine liberalisierte Nutzung
liege aber erst dann vor, wenn die betroffenen Unternehmen von dem liberalisierten Regulie-
rungsrahmen auch tatsächlich Gebrauch machen würden. Hierzu sei aber eine Änderung des In-
halts der Frequenzzuteilungsrechte erforderlich, was notwendig einen Antrag durch einen Fre-
quenzzuteilungsinhaber erfordere. Erst dann werde die Bundesnetzagentur untersuchen, ob auf-
grund der bestehenden Zuteilungen des 900-MHz-Bands Wettbewerbsverzerrungen auf den be-
treffenden Mobilfunkmärkten wahrscheinlich sind.38

Ohnedies sei der in Satz 2 der Begründungserwägung (6) genannte Fall für eine mögliche Wett-
bewerbsverzerrung („Insbesondere könnten bestimmte Mobilfunkbetreiber, denen keine Fre-
quenzen im 900-MHz-Band zugeteilt worden sind, Kosten- und Effizienznachteile gegenüber
anderen Betreibern erleiden […]“) in Deutschland infolge der Umsetzung des Handlungskom-
plexes I des GSM-Konzepts nicht gegeben. Denn alle gegenwärtigen GSM-Netzbetreiber wür-

36
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 31.
37
BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 13.
38
Zur Unterstreichung ihres Arguments führt die Kammer weiter aus, dass die Prüfung von möglichen Wett-
bewerbsverzerrungen auf den betreffenden Mobilfunkmärkten nach Art. 1 Abs. 2 der RL 87/372/EWG ihre
Grundlage auch auf nationaler Ebene finde. So habe die Bundesnetzagentur nach dem TKG bei der Wahr-
nehmung ihrer Aufgaben im Bereich der Frequenzordnung neben der Sicherstellung einer effizienten und
störungsfreien Nutzung von Frequenzen bei der Regulierung auch die weiteren Regulierungsziele des § 2
Abs. 2 Nr. 2 TKG zu berücksichtigen. Im Zusammenhang mit der Flexibilisierung bestehender Nutzungs-
rechte komme insbesondere dem Regulierungsziel der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs ei-
ne wesentliche Bedeutung zu. Dieses Ziel könne jedoch erst berührt sein, wenn ein konkreter Antrag auf Fle-
xibilisierung gestellt worden sei. Erst in diesem Fall könne eine konkrete wettbewerbliche Prüfung erfolgen
und eine mögliche Wettbewerbsverzerrung durch die Kammer beurteilt werden. Solange ein Antrag auf Fle-
xibilisierung nicht gestellt sei, wären Aussagen zu möglichen zukünftigen wettbewerblichen Auswirkungen
lediglich hypothetischer Natur. Konkrete Auswirkungen auf den Wettbewerb wären nicht abschätzbar.
- 11 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

den über Frequenznutzungsrechte im 900-MHz-Band verfügen. Darüber hinaus seien gegenwär-


tig keine Anhaltspunkte für einen sonstigen Fall einer Wettbewerbsverzerrung erkennbar. Insbe-
sondere sei zu bezweifeln, dass die von Art. 1 Abs. 2 der geänderten Richtlinie 87/372/EWG
erfassten Frequenzzuteilungen noch markante Kostenunterschiede zwischen den Netzbetreibern
begründeten.

Der andere Begründungsstrang stellt darauf ab, dass der Rahmen der vorzunehmenden Untersu-
chung nicht nur auf die Wettbewerbslage im 900-MHz-Band begrenzt sei, sondern sämtliche
Frequenznutzungsrechte von der Untersuchung betroffen seien, die aufgrund der Flexibilisie-
rungsentscheidung für den Nutzungszweck drahtloser Netzzugang für das Angebot von Tele-
kommunikationsdiensten genutzt werden können.39 Dies betreffe insbesondere die im April/Mai
2010 versteigerten Frequenzen im Bereich 800-MHz. Den E-Netzbetreibern sei die Chance ge-
boten worden, ausreichend 800-MHz-Frequenzen zu ersteigern, um GSM und UMTS zwar nicht
alleine im 900-MHz-Band, aber in einer Gesamtschau mit dem 800-MHz-Spektrum parallel an-
zubieten. Vor diesem Hintergrund seien mögliche Wettbewerbsverzerrungen abgefedert worden.

Tabelle 2: Ableitungen der BNetzA zur Frequenzflexibilisierung

Ziele   Abstrakte Möglichkeit einer flexiblen Frequenznutzung 
 Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) 

Untersuchungsauftrag   Kann die Liberalisierung der Nutzung des 900‐MHz‐Bands zu Wettbewerbsver‐


zerrungen im betreffenden Mobilfunkmarkt führen? 

Umfang   Sämtliche flexibilisierten Frequenznutzungsrechte einzubeziehen 

3. Abgleich und Schlussfolgerungen

Ein Vergleich der Vorgaben aus der geänderten GSM-RL mit den Ableitungen der Bundesnetz-
agentur ergibt offenkundige Abweichungen:

39
BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 5.
- 12 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Tabelle 3: Gegenüberstellung der Vorstellungen der geänderten GSM-RL und der BNetzA

  Geänderte GSM‐RL Entschließung BNetzA 

Ziele   Flexibilisierung der Frequenzbewirt‐  Abstrakte Möglichkeit einer flexiblen 


schaftung im 900‐MHz‐Band  Frequenznutzung 
 Verbesserung des Zugangs zu den Fre‐  Sicherstellung eines chancengleichen 
quenzen  Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) 
 Gleichzeitige Aufrechterhaltung der 
europaweiten Verfügbarkeit von GSM 
 Bestmögliche Steigerung des Wettbe‐
werbs durch Angebot einer großen 
Bandbreite von Diensten und Technolo‐
gien 

Untersuchungs-  Sind aufgrund der bestehenden Zutei‐  Kann die Liberalisierung der Nutzung


auftrag  lung des 900‐MHz‐Bands an die in  des 900‐MHz‐Bands zu Wettbewerbs‐
Deutschland im Wettbewerb stehenden  verzerrungen im betreffenden Mobil‐
Mobilfunkbetreiber Wettbewerbsver‐ funkmarkt führen? 
zerrungen auf den betreffenden Mobil‐
funkmärkten wahrscheinlich? 

Umfang   Bestehende Zuteilung des 900‐MHz‐  Sämtliche flexibilisierten Frequenznut‐


Bands maßgeblich (Art. 1 Abs. 2 geän‐ zungsrechte einzubeziehen 
derte GSM‐RL) 

a) Zielsetzungen

Bereits in den Zielen einer Umsetzung der Flexibilisierungsvorgaben setzt die Bundesnetzagen-
tur deutlich andere Schwerpunkte als der Richtliniengeber. Während sich die Bundesnetzagentur
ganz maßgeblich auf die Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs zurückzieht, rückt
die geänderte GSM-RL ein ganzes Zielbündel in den Vordergrund. Dieses ist nicht nur auf die
Sicherstellung sondern weitergehend u.a. auf die „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“
durch Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien gekennzeichnet. Beson-
dere Bedeutung nimmt für den Richtliniengeber auch das Ziel der gleichzeitigen Aufrechterhal-
tung der Verfügbarkeit von GSM neben UMTS in Anspruch. Mit ihrer einseitigen Fokussierung
auf die Wettbewerbssicherung verkürzt die Bundesnetzagentur damit die Zielsetzungen der ge-
änderten GSM-Richtlinie.

Unter diesen Vorzeichen gehen sodann auch die weiteren Ausführungen der Behörde zu Zeit-
rahmen und Umfang der aufgetragenen Wettbewerbsuntersuchung fehl.

- 13 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

b) Konkrete Nutzung der Flexibilisierung ist nicht maßgeblich

Die Bundesnetzagentur geht davon aus, dass eine vollumfassende und konkrete Untersuchung
der Wettbewerbsverzerrungen erst dann erfolgen könne, wenn ein Netzbetreiber die Flexibilisie-
rung seines 900-MHz-Spektrums konkret anstrebe.40 Zuvor seien die Auswirkungen eines (po-
tentiellen) Refarming auf die Wettbewerbssituation nicht hinreichend klar abschätzbar.41

Diese Einschätzung ist nicht nur sachlich unzutreffend,42 sondern sie steht auch in Widerspruch
zum verbindlichen Untersuchungsauftrag aus Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL und ist nicht
mit der Wertung der RL 2009/114/EG zu vereinbaren. Insbesondere folgt entsprechendes nicht
aus dem Erwägungsgrund (6). Indem die Bundesnetzagentur den Wortlaut („Liberalisierung der
Nutzung des 900-MHz-Bands“) isoliert und aus seinem Kontext gerissen betrachtet, verkennt sie
dessen Sinnzusammenhang. So beschreibt der Erwägungsgrund (6) lediglich ein Gefahrenszena-
rio, das bei einer flexibilisierten Nutzung des 900-MHz-Bands entstehen könnte. Dies wird ins-
besondere in der konjunktivischen Formulierung („könnten bestimmte Mobilfunkbetreiber […]
Effizienznachteile gegenüber anderen Betreibern erleiden, die in der Lage wären […]“) deutlich.
Demgegenüber ist damit aber keineswegs gemeint, dass eine entsprechende Untersuchung der
möglichen Wettbewerbsverzerrungen erst dann erfolgen solle, wenn ein Netzbetreiber die flexib-
le Nutzung anstrebe.

Vielmehr verfolgt die geänderte GSM-Richtlinie mit ihrem Ansatz das in der europäischen Tele-
kommunikationsregulierung bekannte Prinzip des „forward-looking approach“, das vor allem
bei der Marktdefinition und -analyse zur Anwendung kommt.43 Vergleichbar mit dem Untersu-
chungsauftrag der geänderten GSM-Richtlinie zur zukünftigen Entwicklung des Wettbewerbs im
900-MHz-Band werden auch im Rahmen der Marktdefinition „Märkte, die für die Zwecke der
bereichsspezifischen Regulierung definiert werden, stets vorausschauend bewertet, da die [Nati-
onalen Regulierungsbehörden] die künftige Entwicklung des Marktes in ihre Bewertungen ein-
beziehen.“44 Ausschlaggebend ist dabei nicht eine konkrete Wettbewerbsentwicklung, sondern

40
BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 13.
41
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 31.
42
Vgl. insoweit die Untersuchung von Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-
Frequenzausstattung.
43
Vgl. nur EC, Commission guidelines on market analysis and the assessment of significant market power
under the Community regulatory framework for electronic communications networks and services, 2002/C
165/03.
44
EC, Guidelines (Fn. 43), Nr. 27.
- 14 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

vielmehr „eine generelle vorausschauende Analyse der Struktur und des Funktionierens des in
Frage stehenden Marktes.“45

Ebenso wie die Marktdefinition, erfordert auch die Untersuchung „wahrscheinlicher“ Wettbe-
werbsverzerrungen eine vollumfänglich vorausschauende und in die Zukunft gerichtete Ana-
lyse bereits mit der Umsetzung der geänderten GSM-Richtlinie. Dies zeigt neben dem Wortlaut
des Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL auch die Einschätzung aus Erwägungsgrund (7): „Da-
bei [bei der Umsetzung der Richtlinie, Anm.d.Verf.] sollten sie insbesondere untersuchen, ob der
Wettbewerb auf den betroffenen Mobilfunkmärkten durch die Umsetzung dieser Richtlinie ver-
zerrt werden könnte.“ Auch hier verdeutlicht der Konjunktiv („ob der Wettbewerb […] verzerrt
werden könnte“), dass eine Untersuchung der hypothetischen Auswirkungen der flexiblen Nut-
zung des 900-MHz-Bands zu erfolgen hat.

Ein Rückzug der Bundesnetzagentur auf eine beschränkte Prüfung mit der Kernaussage, die Fol-
gen seien vor einem entsprechenden Antrag noch nicht abschätzbar, widerspricht damit der kla-
ren Ratio der GSM-RL. Schließlich kommt auch die ökonomische Untersuchung von Gerpott zu
dem Ergebnis, dass sich die Wettbewerbsverzerrungen bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt
tatsächlich hinreichend abschätzen lassen: Die Wettbewerbschancen der E-Netzbetreiber seien
bei einer Flexibilisierung des 900-MHz-Bandes aufgrund der gegenwärtigen Frequenzausstat-
tung „erheblich beeinträchtigt“.46

c) Kein Antrag der D-Netzbetreiber auf Refarming erforderlich

Unvereinbar mit den Vorgaben der Richtlinie ist ferner das Argument der Bundesnetzagentur, es
könne jedenfalls solange keine Wettbewerbsverzerrung im Sinne von Art. 1 Abs. 2 der geänder-
ten GSM-RL vorliegen, wie die D-Netzbetreiber die 900-MHz-Frequenzen ausschließlich für
GSM-Anwendungen nutzen, weil für diesen Zeitraum den D-Netzbetreibern gegenüber den E-
Netzbetreibern kein Wettbewerbsvorsprung durch die Möglichkeit eines Parallelbetriebs von
GSM und UMTS erwachsen könne.

Beim Wort genommen würde dies bedeuten, dass die Flexibilisierung des 900-MHz-Bands im
freien Belieben der D-Netzbetreiber stünde. Solange sie dies nicht beantragen, kann es nach der
Logik der Bundesnetzagentur keine Wettbewerbsverzerrungen im Sinne der geänderten GSM-
RL geben. Auch wenn ein E-Netzbetreiber die Flexibilisierung seiner Frequenzen im 900-MHz-

45
Ebd.
46
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 41 ff.
- 15 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Band beantragte, würde – sofern nicht gleichzeitig ein D-Netzbetreiber die flexible Nutzung an-
strebt – eine dann erfolgende Wettbewerbsüberprüfung (in sich) folgerichtig ergeben, dass keine
Wettbewerbsverzerrungen wahrscheinlich sind. Diese Situation könnte für die E-Netzbetreiber
zu dem Dilemma führen, dass für sie ein Flexibilisierungsantrag keinen Sinn ergibt. Denn selbst
wenn ihnen die flexible Nutzung gewährt wird, reicht ihr gegenwärtiges Spektrum ohne Zutei-
lung weiterer 900-MHz-Frequenzen nicht aus, um für einen Übergangszeitraum parallel UMTS
und GSM im 900-MHz-Band zu betreiben.

Dieses Ergebnis ergibt nur aus der auf die Sicherstellung chancengleichen Wettbewerbs be-
schränkten Perspektive der Bundesnetzagentur einen Sinn. Bezieht man demgegenüber die wei-
tergehenden Zielsetzungen der RL 2009/114/EG ein, ergibt sich ein anderes Bild. So ist es er-
klärtes Ziel der Richtlinie, zu einer bestmöglichen Steigerung des Wettbewerbs durch Angebot
einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien beizutragen. Besondere Bedeutung
nimmt für den Richtliniengeber dabei auch das Ziel der gleichzeitigen Aufrechterhaltung der
Verfügbarkeit von GSM neben UMTS in Anspruch. Diese beiden Ziele würden aber verfehlt,
wenn den E-Netzbetreibern faktisch die Möglichkeit versperrt wird, im 900-MHz-Band UMTS
und GSM parallel anzubieten. Zudem würde dadurch die Einführung von UMTS im 900-MHz-
Band faktisch auf absehbare Zeit verzögert, was im internationalen Vergleich mit spürbaren
Nachteilen für die deutschen Verbraucher einherginge. Die zeitnahe europäische Weiterentwick-
lung hin zur Informationsgesellschaft – das übergeordnete Ziel der harmonisierten Frequenzfle-
xibilisierung – kann nach den Ergebnissen der Studie von Gerpott nur durch eine Umverteilung
des 900-MHz-Bandes erreicht werden.

d) Chance auf 800-MHz-Spektrum kein hinreichender Ausgleich

Die Bundesnetzagentur versucht diesen Missstand dadurch abzumildern, dass sie erklärt, den
Marktteilnehmern sei durch die Versteigerung des 800-MHz-Spektrums die Chance eröffnet
worden, Flächenfrequenzen mit ähnlichen Ausbreitungseigenschaften wie im 900-MHz-Band zu
erwerben.47 Wenn die E-Netzbetreiber ausreichend 800-MHz-Frequenzen ersteigerten hätten, sei
es ihnen möglich, GSM und UMTS zwar nicht alleine im 900-MHz-Band, aber in einer Gesamt-
schau mit dem 800-MHz-Spektrum parallel anzubieten. Vor diesem Hintergrund würden mögli-
che Wettbewerbsverzerrungen abgefedert.

47
BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 32.
- 16 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Unabhängig von der Bewertung, ob die Vergabebedingungen für die Versteigerung des 800-
MHz-Spektrums geeignet waren, einen chancengleichen Zugang zu eröffnen, ist die von der
Bundesnetzagentur angestellte Gesamtschau des Spektrums „unterhalb von 1 GHz“ bereits nicht
mit der geänderten GSM-Richtlinie zu vereinbaren. Bereits Erwägungsgrund (4) stellt darauf ab,
dass die Nutzung für andere Technologien erlaubt werden sollte, damit zusätzliche kompatible
europaweite Dienste im 900-MHz-Band bereitgestellt werden können. Ebenso formuliert Art. 1
Abs. 2 der geänderten GSM-RL unmissverständlich, dass die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung
untersuchen, ob aufgrund der bestehenden Zuteilung des 900-MHz-Bands Wettbewerbsverzer-
rungen wahrscheinlich sind. Die Richtlinie ist damit eindeutig. Es kommt ausschließlich auf die
Frage an, ob die Frequenzausstattung im 900-MHz-Bereich Wettbewerbsverzerrungen befürch-
ten lässt. Eine Gesamtschau mit anderen Frequenzbereichen hat demgegenüber außenvorzublei-
ben. Dies liegt auch in der Ratio des Ziels der geänderten GSM-Richtlinie, gerade die flexible
Nutzung des 900-MHz-Spektrums (und nicht etwa des 800-MHz-Bands) zu ermöglichen,48 wie
es auch in der Harmonisierungsentscheidung49 der Kommission zum Ausdruck kommt.

e) Dass E-Netzbetreiber bereits über 900-MHz-Spektrum verfügen, schließt Wettbe-


werbsverzerrungen nicht aus

Ebenso ist auch das Argument unzutreffend, in Deutschland sei der in Satz 2 der Begründungs-
erwägung (6) genannte Fall für eine mögliche Wettbewerbsverzerrung infolge der Umsetzung
des Handlungskomplexes I des GSM-Konzepts nicht gegeben.

Nach dem betreffenden Satz könnten „insbesondere“ Mobilfunkbetreiber, denen keine Frequen-
zen im 900-MHz-Band zugeteilt worden sind, Kosten- und Effizienznachteile gegenüber anderen
Betreibern erleiden. Die Bundesnetzagentur behauptet, dies treffe auf die Bundesrepublik nicht
zu, da alle gegenwärtigen GSM-Netzbetreiber über Frequenznutzungsrechte im 900-MHz-Band
verfügten.

Damit verkennt sie aber, dass es sich nur um ein Regelbeispiel („insbesondere“) handelt. Der
Fall, dass ein Netzbetreiber nicht über ausreichend Frequenzen im 900-MHz-Band verfügt, um
UMTS und GSM parallel anzubieten, ist mit dem Regelbeispiel aber ohne Weiteres vergleichbar.
Er ist daher sehr wohl geeignet, Wettbewerbsverzerrungen im Sinne der Richtlinie zu begründen.

48
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (3).
49
Vgl. Fn. 3.
- 17 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

f) Schlussfolgerungen für den Umfang der vorzunehmenden Wettbewerbsprüfung

Die vorstehende Analyse hat deutlich gemacht, dass ein Rückzug der Bundesnetzagentur auf die
Unmöglichkeit der Abschätzung von Wettbewerbsverzerrungen nicht zulässig und sachlich auch
nicht gerechtfertigt wäre. Ferner ist im Rahmen der Untersuchung ausschließlich auf die mögli-
chen Wettbewerbsverzerrungen im 900-MHz-Band abzustellen. Eine Einbeziehung des 800-
MHz-Bands in die Abschätzung widerspricht den klaren Vorgaben der geänderten GSM-
Richtlinie.

Solange diese Umstände nicht hinreichend berücksichtigt werden, ist die Richtlinie noch nicht
ausreichend in nationales Recht umgesetzt. So führt die gegenwärtige Sichtweise der Bundes-
netzagentur letztlich dazu, dass zumindest für die E-Netzbetreiber die Frequenzen im 900-MHz-
Band gegenwärtig nicht für GSM- und UMTS-Systeme „verfügbar“ i.S.v. Art. 1 Abs. 1 der ge-
änderten GSM-RL sind. Selbst wenn sie eine Flexibilisierung beantragten, würde die auf diesen
Zeitpunkt verschobene Betrachtung der Wettbewerbslage nach der Logik der Bundesnetzagentur
notwendig ergeben, dass – mangels entsprechenden Antrags eines D-Netzbetreibers – keine
Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten sind. Dies hat wiederum zur Folge, dass eine Umvertei-
lung auf Basis der geänderten GSM-Richtlinie nicht stattfinden würde, sodass eine parallele Ver-
fügbarkeit von GSM- und UMTS im 900-MHz-Band (im Widerspruch zur GSM-Richtlinie)
nicht gewährleistet ist, sondern im Belieben der D-Netzbetreiber steht. Diese haben aber aus
ökonomischer Perspektive ein „Interesse an einer möglichst langen Aufrechterhaltung des Status
quo“50.

II. Rechtsfolge: Behebung der Wettbewerbsverzerrungen durch Umverteilung

Die Rechtsfolgen von Wettbewerbsverzerrungen, die im Rahmen einer Marktuntersuchung fest-


gestellt werden, ergeben sich aus Art. 1 Abs. 2, 2. HS der geänderten GSM-RL. Danach beheben
die Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit dem Refarming solche Verzerrungen, soweit dies
gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, in Übereinstimmung mit Art. 14 der Genehmigungsricht-
linie.51

50
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 41.
51
Richtlinie 2002/20/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über die Genehmigung
elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste (Genehmigungsrichtlinie), ABl.EG L 108 vom 24.4.2002,
21-32.
- 18 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Als Maßnahme zur Behebung kommt – auch nach Auffassung des Richtliniengebers52 – grund-
sätzlich nur eine Um- bzw. Neuverteilung der bestehenden Frequenznutzungsrechte im 900-
MHz-Band in Betracht. Die Bundesnetzagentur verweist zwar darauf, dass in der englischen
Fassung der geänderten GSM-Richtlinie anstelle des Wortes „beheben“ das Wort „address“ ver-
wendet wird. Dieses könne in die deutsche Sprache mit „etwas adressieren“, „etwas ansprechen“
oder „sich mit etwas befassen“ übersetzt werden.53 Soweit sie daraus aber den Schluss ziehen
möchte, dass eine bloße Befassung mit den Wettbewerbsverzerrungen den Anforderungen der
geänderten GSM-Richtlinie genügt, kann dem nicht gefolgt werden. Denn die dem Kontext ent-
sprechende Übersetzung von „address such distortions“ entspricht wohl eher der deutschen
Wendung „die Wettbewerbsverzerrungen bewältigen“.54 Dies wird auch aus der französischen
Fassung der Richtlinie deutlich, die davon spricht, dass die Mitgliedstaaten „remédient à ces dis-
torsions“. Die Bedeutung von „remédier“ ist im Französischen eindeutig mit „abhelfen“ bzw.
„beheben“ belegt. Die sprachvergleichende Auslegung erhärtet daher den Befund, dass eine blo-
ße Befassung mit den Wettbewerbsverzerrungen den Anforderungen der geänderten GSM-
Richtlinie nicht genügt, sondern vielmehr konkrete Maßnahmen zu ergreifen sind, um die wahr-
scheinlichen wettbewerblichen Missstände zu beheben. Hierzu kommt – soweit die übrigen Vo-
raussetzungen erfüllt sind – grundsätzlich eine Umverteilung der Frequenzen im 900-MHz-Band
in Betracht.

Die Rechtsgrundlage für eine solche Umverteilung ergibt sich dabei – in Übereinstimmung mit
dem Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung nach Art. 5 Abs. 2 EUV55 – nicht unmittelbar
aus Europarecht, sondern vielmehr aus dem nationalen Recht: „Die Mitgliedstaaten erlassen die
Rechts- und Verwaltungsvorschriften, die erforderlich sind, um dieser Richtlinie […] nachzu-
kommen.“56 So stellt auch Erwägungsgrund (7) klar, dass die Mitgliedstaaten seit der Umsetzung
des Rechtsrahmens für die elektronische Kommunikation und insbesondere der Genehmigungs-
richtlinie Frequenznutzungsrechte ändern oder überprüfen können und damit über geeignete In-

52
Vgl. RL 2009/114/EG Erwägungsgrund (6): „[…] so müssten [die Mitgliedstaaten] erwägen, ob es objektiv
gerechtfertigt und verhältnismäßig ist, die Frequenznutzungsrechte jener Betreiber, denen Nutzungsrechte im
900-MHz-Band erteilt wurden, zu ändern und diese Nutzungsrechte, sofern dies verhältnismäßig wäre, zu
überprüfen und neu zu verteilen“ (Hervorh.d.Verf.).
53
BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 15.
54
Nach dem Oxford Advanced Learner‘s Dictionary, 7. Aufl., Oxford 2005, entspricht “to address a problem”
in seiner Bedeutung u.a. der Wendung “to tackle a problem”, was im Deutschen die Bedeutung „ein Problem
bewältigen“ trägt.
55
Hierzu ausf. Frenz, Handbuch Europarecht, Bd. 3, Rn. 1741 ff.
56
Art. 3 Abs. 1 RL 2009/114/EG.
- 19 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

strumente verfügen, um solchen möglichen Wettbewerbsverzerrungen erforderlichenfalls zu be-


gegnen.

Die verschiedenen Möglichkeiten zur Umverteilung nach Bundesrecht und ihre rechtlichen Vo-
raussetzungen werden im Folgenden untersucht.

1. Frequenzwechsel gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG

Zunächst kommt ein sog. Frequenzwechsel auf Grundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG in
Betracht. Danach kann die Bundesnetzagentur Art und Umfang aufgrund einer Frequenzzutei-
lung gewährter Nutzungsrechte nachträglich ändern, wenn festgestellt wird, dass auf Grund einer
Weiterentwicklung der Technik erhebliche Effizienzsteigerungen möglich sind. Die Norm stellt
dabei nicht auf die Rechtsnatur der Frequenzzuteilung ab, sodass ihr Anwendungsbereich unab-
hängig davon eröffnet ist, ob das Nutzungsrecht – wie im Fall der DTAG57 – durch einen Ver-
waltungsakt auf Grundlage des § 2 FAG oder – wie im Fall von Vodafone58 – durch einen öffent-
lich-rechtlichen Vertrag gewährt wurde. Dies folgt auch aus § 150 Abs. 3 und Abs. 4 TKG. Da-
nach sind auf solche Frequenznutzungsrechte, die vor Geltung des TKG erteilt wurden, „die neu-
en Bestimmungen uneingeschränkt anwendbar.“59 Sie sind nunmehr wie eine Frequenzzuteilung
zu behandeln.60

Operational kann ein solcher Frequenzwechsel bspw. dadurch vollzogen werden, dass die auf
Grundlage der GSM-Lizenzen bestehenden Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber dahin-
gehend geändert werden, dass ihnen ein Teil ihrer 900-MHz-Frequenzen im Austausch gegen
1800 MHz-Frequenzen der E-Netzbetreiber entzogen wird. Im Gegenzug müssten den E-
Netzbetreibern die den D-Netzbetreibern entzogenen 900-MHz-Frequenzen zugeteilt werden.

Rechtliche Voraussetzung gem. § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG ist hierfür auf Tatbestandsseite,
dass auf Grund einer Weiterentwicklung der Technik nach Erteilung der Frequenzzuteilung er-
hebliche Effizienzsteigerungen möglich sind [dazu a)]. Die Rechtsfolge der Norm sieht ein Er-

57
Die D1-Lizenz wurde der DTAG durch Verwaltungsakt auf Grundlage des § 2 des Gesetzes über Fernmelde-
anlagen in der Fassung vom 3.7.1989 (BGBl. I, 1455) verliehen. Vgl. Anlage B zur Mitteilung 2007/1991,
ABl. des Bundesministers für Post und Telekommunikation 37/1990, 1689.
58
Die D2-Lizenz wurde urspr. der Mannesmann Mobilfunk GmbH durch den Vertrag „über die Lizenz zum
Errichten und Betreiben eines Netzes für Europaweite Digitale Zellulare Mobilfunkdienste (D2-Netz)“ vom
15.2.1990 in der Fassung des Vertrages „über eine Lizenz zum Errichten und Betreiben eines digitalen zellu-
laren Mobilfunknetzes (D2-Netz)“ vom 11.3.1994 erteilt. Vgl. Anlage A zur Mitteilung 2007/1991, ABl. des
Bundesministers für Post und Telekommunikation 37/1990, 1681.
59
Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG)
17.10.2003, BR-Drs. 755/03, 144.
60
Müller, in: Säcker, TKG, § 150 Rn. 36.
- 20 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

messen der Bundesnetzagentur vor. Dieses wird durch die übergeordnete GSM-Richtlinie kon-
kretisiert. So setzt eine Umverteilung gem. Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL und Art. 14
GenehmigungsRL voraus, dass diese im Lichte der Ziele der Richtlinie gerechtfertigt und ver-
hältnismäßig ist [dazu b)].

a) Möglichkeit erheblicher Effizienzsteigerungen aufgrund einer Weiterentwicklung der


Technik nach Erteilung der Frequenzzuteilung

aa) Weiterentwicklung der Technik nach Erteilung der Frequenzzuteilung


Voraussetzung für die Anwendbarkeit des § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG ist zunächst, dass eine
Weiterentwicklung der Technik vorliegt.

Historisch gesehen wurde das 900-MHz-Band für den Mobilfunkdienst GSM reserviert. In der
Folgezeit sind aber neue digitale Funktechnologien (u.a. UMTS) entwickelt worden, die inner-
halb technologieneutralerer regulatorischer Rahmenbedingungen als bisher störungsfrei neben
den GSM-Netzen im 900-MHz-Band betrieben werden können. So wurde die technische Mög-
lichkeit, 900-MHz-Frequenzen auf Grundlage der UMTS-Technologie (auch störungsfrei neben
GSM 900) zu nutzen, durch den Abschluss der diesbezüglichen Standardisierung im Jahr 2006
und die Verfügbarkeit von UMTS 900-tauglichen Endgeräten im Jahr 2007 realisiert. Dies stellt
eine Weiterentwicklung der Technik dar.

Diese Weiterentwicklung ist auch nach Erteilung der Frequenzzuteilung erfolgt. Die maßgebli-
che Zuteilung liegt insoweit in den Bestimmungen aus den D1- und D2-Lizenzen aus dem Jahr
1990, die im Rahmen eines Frequenzwechsels betroffen sind.61 Auf die Verlängerung der Fre-
quenzzuteilungslaufzeiten der D-Netzbetreiber am 31. Juli 2009 (DTAG)62 bzw. 24. August 2009
(Vodafone)63 ist demgegenüber nicht abzustellen. Denn diese stellen weder inhaltlich noch der
Form nach eine (Neu-)Zuteilung von Frequenzen dar, sondern verlängern lediglich den Zeitraum
der gewährten Nutzung.

Soweit es die der DTAG durch Verwaltungsakt erteilte Lizenz betrifft, ist zwar im allgemeinen
Verwaltungsrecht umstritten, ob die Verlängerung von Befristungen rechtstechnisch durch eine

61
Die beiden D-Lizenzen wurden zusammen mit der E1-Lizenz von E-Plus im Jahr 1994 erneut bekannt ge-
macht, Vfg. 259/1994, ABl. Bundesministerium für Post und Telekommunikation 23/1994, 866. Die E2-
Lizenz wurde 1997 an die E2-Mobilfunk GmbH & Co. KG, heute Telefónica O2 Germany, vergeben, Vfg.
128/1997, ABl. Bundesministerium für Post und Telekommunikation 14/1997, 679.
62
Vgl. Mitteilung 487/2009, ABl.BNetzA 18/2009 vom 23.9.2009, 3522.
63
Ebd.
- 21 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

vollständige Neugenehmigung oder einen Widerruf der alten Befristung zusammen mit dem Er-
lass einer neuen erfolgt.64 Im Telekommunikationsrecht gibt § 55 Abs. 8 TKG jedoch als Son-
derregelung ausdrücklich die Möglichkeit der Verlängerung der Befristung vor. Dass hiermit
keine vollständige Neugenehmigung gemeint sein kann, liegt auf der Hand, da die Regelung an-
sonsten überflüssig wäre. Eine Neugenehmigung ist immer bereits auf Grundlage des § 55
Abs. 1, 2 TKG möglich. Es liegt daher nahe, in der durch Ziff. 1 des Verwaltungsakts vom
31. Juli 2009 bewirkten Fristverlängerung einen konkludenten Widerruf der ursprünglichen Frist,
verbunden mit dem Erlass einer neuen Frist bis zum 31. Dezember 2016 zu sehen. Hierfür
spricht auch die Vorgehensweise der Bundesnetzagentur.65 Diese hat in dem Fristverlängerungs-
bescheid vom 31. Juli 2009 keine neue Lizenz erteilt, sondern lediglich den Punkt 33 („Laufzeit
der Lizenz“) der ursprünglichen Lizenz abgeändert und wie folgt neu gefasst: „Die Laufzeit der
Lizenz endet am 31. Dezember 2016.“ Zudem hat die Behörde keine erneute Veröffentlichung
der ganzen Lizenz im Amtsblatt vorgenommen. Dies wäre allerdings gemäß § 55 Abs. 2 Satz 2
TKG bei einer neuen Frequenzzuteilung zwingend gewesen. Daher handelt es sich bei der Vor-
gehensweise der Bundesnetzagentur um eine bloße Verlängerung der Nebenbestimmung im Sin-
ne von § 55 Abs. 8 TKG.

Dieses Ergebnis gilt auch für die Fristverlängerung der D2-Lizenz. Diese erfolgte zwar nicht
durch Verwaltungsakt. Vielmehr basiert die D2-Lizenz auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag
aus dem Jahr 1990, sodass auch die Verlängerung der betreffenden Laufzeit durch einen Ände-
rungsvertrag erfolgte. Auch hier hat die Bundesnetzagentur aber keinen vollständig neuen Li-
zenz-Vertrag mit Vodafone abgeschlossen, sondern die Parteien haben lediglich die Laufzeit-
klausel in Punkt 32 des Vertrags („Laufzeit der Lizenz“) geändert und wie folgt gefasst: „Die
Laufzeit dieses Vertrages endet am 31. Dezember 2016.“ Auch hierbei handelt es sich also nicht
um eine Neuzuteilung, sondern um eine bloße Verlängerung der Laufzeit.

Diese Vorgehensweise hat zur Folge, dass in beiden Fällen keine vollumfängliche Überprüfung
der Zuteilungsvoraussetzungen erfolgt ist; der Prüfungsumfang war vielmehr auf die Beurteilung
der Rechtmäßigkeit der neuen Befristung beschränkt.66 Daher kommt es auch für die Beurteilung

64
Für eine vollständige Neugenehmigung Kloepfer, DVBl. 1972, 371 ff.; Allesch, in: Obermayer, VwVfG, § 36
Rn. 6. Für die Möglichkeit einer isolierten Änderung der Befristung OVG Münster, NVwZ-RR 1998, 23;
Beschl. v. 26.9.1979 – XI B 1528/78 – Rn. 46 ff. [juris]; Schröder, NVwZ 2007, 532 (535); Stelkens, in:
Stelkens/Bonk/Sachs, a.a.O., § 36 Rn. 44 ff. Drittens ist jüngst vorgeschlagen worden, die Verlängerung ei-
ner Genehmigung als einen Änderungsverwaltungsakt aufzufassen. Die Änderung besteht dann darin, dass
die Frist nach hinten verschoben wird. Vgl. Schröder, NVwZ 2007, 532 (536 f).
65
Nach OVG Münster NVwZ-RR 1998, 23 (25) liegt es im Ermessen der Behörde zu entscheiden, ob sie insg.
eine Neugenehmigung erlässt (sog. Kettenverwaltungsakt) oder nur die Befristung ändert.
66
Für das allgemeine Verwaltungsrecht Schröder, NVwZ 2007, 532 (535 f).
- 22 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

des Tatbestandsmerkmals „Weiterentwicklung der Technik nach Frequenzzuteilung“ nicht auf


die Fristverlängerung, sondern weiterhin auf den Ursprungsverwaltungsakt an.

Die Lizenzen sehen nur eine Nutzung der 900-MHz-Frequenzen durch GSM-Technologie, nicht
jedoch durch UMTS-Technologie vor. So heißt es in den jeweiligen Punkten 1.1 der D1- und der
D2-Lizenz („Gegenstand der Lizenz“) wortgleich:

„Gegenstand der Lizenz ist die Errichtung und der Betrieb von für den öffentlichen Ver-
kehr bestimmten Fernmeldeanlagen für das Angebot von digitalen zellularen Mobilfunk-
diensten nach dem europäischen Telekommunikationsstandard GSM im Gebiet der Bun-
desrepublik Deutschland“.

Folglich ist die UMTS-Nutzung von den Lizenzen noch nicht erfasst, sodass sie in zeitlicher und
sachlicher Hinsicht eine Weiterentwicklung der darin ermöglichten Technik darstellen.

bb) Möglichkeit erheblicher Effizienzsteigerung

Des Weiteren müssten aufgrund dieser technischen Weiterentwicklung auch „erhebliche Effizi-
enzsteigerungen“ möglich sein. Dieses Tatbestandsmerkmal ist vor dem Hintergrund des Struk-
turprinzips der effizienten Frequenznutzung auszulegen.67 Das TKG zielt auf eine möglichst ef-
fiziente Ausnutzung des begrenzt nutzbaren Frequenzspektrums ab. Da sich die Effizienzmaß-
stäbe infolge technischen Fortschritts stetig verschieben, muss der das TKG ausführenden Bun-
desnetzagentur ein entsprechendes Reaktionsmittel zur Verfügung stehen.

Dazu setzt § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG zunächst voraus, dass eine Effizienzsteigerung „mög-
lich“ ist. Dabei kommt es nicht auf die konkret eingesetzte Technik an, sondern auf den jeweili-
gen Stand der Technik.68 Nachdem dies lange Zeit aufgrund auftretender Interferenzen technisch
nicht störungsfrei realisierbar war, erlaubt es der Stand der Technik nunmehr, innerhalb des 900-
MHz-Frequenzbands nicht alleine GSM, sondern daneben multiple Dienste (z.B. UMTS) parallel
zu betreiben.

Eine Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „erhebliche Effizienzsteigerung“ ergibt ferner,


dass die beschriebene Entwicklung auch von § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG erfasst ist. Bei der
Auslegung ist zunächst zu berücksichtigen, dass aufgrund der relativen Unbestimmtheit des Be-
griffs die Regulierungsziele des TKG ebenso wie der übergeordneten GSM-Richtlinie einfließen

67
Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, § 60 Rn. 7.
68
Ebd.
- 23 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

müssen.69 Eine zentrale Rolle unter den TKG-Zielen spielt neben der Wahrung der Verbraucher-
interessen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG) dabei die Sicherung einer effizienten und störungsfreien Fre-
quenznutzung (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG). Unter den Zielsetzungen der geänderten GSM-Richtlinie
ist das Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien im 900-MHz-Band
hervorzuheben.

Unter diesem Auslegungsrahmen stellt die neue technische Möglichkeit, UMTS und GSM flexi-
bel im 900-MHz-Band zu nutzen, eine erhebliche Effizienzsteigerung dar. Denn die Beschrän-
kung der Nutzung eines Frequenzbands auf einen bestimmten Standard (wie bspw. GSM) ist
stets eine Beschränkung der technischen Effizienz. Je weniger einschränkende frequenztechni-
sche Bedingungen gelten, desto effizienter ist das Frequenzspektrum für den Betreiber nutzbar,
soweit die einsetzbaren Technologien technisch störungsfrei nebeneinander im 900-MHz-Band
betrieben werden können.70

Auch aus Sicht der Kunden geht die parallele UMTS- und GSM-900-Nutzung mit ganz erhebli-
chen Effizienzsteigerungen einher. So wird durch die technische Liberalisierung das Angebot
einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien, insb. multiple Anwendungen ermög-
licht. Damit steigert sich für die Verbraucher die Tarif- und Optionenvielfalt exponentiell. Auch
der Richtliniengeber verspricht sich schließlich, durch die Steigerung der Angebotsvielfalt zur
europaweiten Informatisierung der Gesellschaft beizutragen.71

Schlussendlich bietet die neue Technik auch aus der Perspektive des Wettbewerbs erhebliche
Möglichkeiten zur Effizienzsteigerung. Dies folgt bereits aus der im Rang über dem TKG ste-
henden RL 2009/114/EG, die in Erwägungsgrund (4) als Ziel der Flexibilisierung die bestmögli-
che Steigerung des Wettbewerbs vorgibt. Um diese ökonomischen Effizienzpotentiale durch das
Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technologien aber voll auszuschöpfen, ist
anzustreben, dass möglichst viele Netzbetreiber mit dem parallelen Angebot von GSM und
UMTS im 900-MHz-Band konkurrieren. Vier Netzbetreiber, die im Wettbewerb einen Ausbau
von UMTS 900 anstreben, können erheblich besser eine „effiziente Nutzung“ sicherstellen, als
nur zwei Netzbetreiber, die – wenn überhaupt72 – nur untereinander dem Wettbewerb ausgesetzt
sind.

69
Zum ersten Punkt vgl. Marwinski, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 60 Rn. 11.
70
WIK, Flexibilisierung der Frequenzregulierung, S. 5.
71
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (4).
72
Das Bundeskartellamt hat in den vergangenen Jahren mehrfach die Frage einer gemeinsamen marktbeherr-
schenden Stellung von DTAG / Vodafone und des damit einhergehenden fehlenden Binnenwettbewerbs zwi-
- 24 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

b) Formelle Anforderungen aus Art. 14 GenehmigungsRL

In formeller Hinsicht sind im Rahmen des Frequenzwechsels die Anforderungen zu beachten, die
Art. 14 der Genehmigungsrichtlinie an die Änderung von Frequenznutzungsrechten stellt.73 So
ist die Änderungsabsicht gem. Absatz 1 in geeigneter Weise anzukündigen, und den interessier-
ten Kreisen, einschließlich Nutzern und Verbrauchern, eine ausreichende Frist einzuräumen, um
ihren Standpunkt zu den geplanten Änderungen darzulegen. Diese Frist beträgt in der Regel
mindestens vier Wochen.

Die dargelegte Vorgehensweise ist somit vorab transparent – z.B. im Rahmen einer Amtsblatt-
mitteilung – anzukündigen und zur öffentlichen Anhörung zu stellen.

c) Rechtsfolge

Vor diesem Hintergrund kann die Bundesnetzagentur gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG Art
und Umfang der Nutzungsmöglichkeit seitens der D-Netzbetreiber ändern.

aa) Frequenzwechsel von der Rechtsfolge des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG grds. erfasst

Zunächst erfordert es der Klarstellung, dass auf Grundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG ein Fre-
quenzwechsel (d.h. inhaltlich eine Wegnahme und Neuzuteilung der 900-MHz-Frequenzen) zu-
lässig ist. Dies ist von der beschriebenen Rechtsfolge („Änderung von Art und Umfang“) erfasst.

Zwar geht die Gesetzesbegründung zu § 60 TKG davon aus, dass nachträgliche Änderungen der
Parameter der Frequenzzuteilung nur erfolgen dürfen, „ohne das Vertrauen des Zuteilungsinha-
bers in den Fortbestand der Zuteilung zu gefährden.“74 Das Vertrauen der D-Netzbetreiber in
den „Fortbestand der Zuteilung“ ist vorliegend jedoch nicht gefährdet. Da die Zahl der Kanäle
gleich bleibt, ändert sich nur die „Art“ der Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber, nicht
jedoch der „Umfang“ dieser Nutzungsrechte.

Dass ein solches Vorgehen zulässig ist, ergibt sich ferner daraus, dass gemäß § 55 Abs. 5 Satz 2
TKG kein „Anspruch auf eine bestimmte Einzelfrequenz“ besteht. Einen Anspruch auf eine
„Wunschfrequenz“ sieht das TKG daher nicht vor. Dementsprechend sind auch bereits im Rah-

schen den beiden thematisiert. Vgl. Bundeskartellamt, Fallbericht B7 – 170/07 v. 2.2.2010 und dass., Be-
schluss B7 – 61/07 v. 13.8.2007. S. 43 ff.
73
Vgl. Wegmann, in: Säcker, TKG, § 60 Rn. 8.
74
BT-Drs. 15/2316, 80.
- 25 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

men der Umsetzung des GSM-Konzepts während der laufenden Frequenznutzungszeit 1800-
MHz-Frequenzen von E-Plus und Telefónica O2 auf DTAG und Vodafone verlagert worden.

Darüber hinaus dient die Vorschrift des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG nach der Gesetzesbegründung
gerade dazu, „den sonst vielfach notwendigen Widerruf der Zuteilung“75 zu vermeiden. Ist, wie
in der vorliegenden Konstellation, auch ein Widerruf möglich,76 muss es der Bundesnetzagentur
somit möglich sein, als „milderes Mittel“ eine Änderung von Art und Umfang durch die zwin-
gende Verbindung von Beseitigung und Neuerlass der Frequenzzuteilung im Wege eines Fre-
quenzwechsels herbeizuführen.77

Schlussendlich erhärten auch die – bei der Auslegung des nationalen Rechts stets zu berücksich-
tigenden78 – europarechtlichen Vorgaben diese Sichtweise. Bereits die geänderte GSM-RL geht
mit Verweis auf die GenehmigungsRL davon aus, dass die Mitgliedstaaten zur Behebung der
wahrscheinlichen Wettbewerbsverzerrungen die bestehenden Frequenzen „ändern“ können.79
Mit dieser Änderung ist – dies geht aus Erwägungsgrund (7) zur RL 2009/114/EG hervor – ge-
meint, dass die Frequenznutzungsrechte bei Vorliegen aller weiteren Voraussetzungen „neu ver-
teilt“ werden, um die Wettbewerbsverzerrungen zu beheben. Ebenso zeigt der Verweis der geän-
derten GSM-RL auf Art. 14 der GenehmigungsRL, dass die Änderung von Frequenznutzungs-
rechten auch einen Entzug derselben erfasst. So beschreibt die Norm in Absatz 2, dass das „ein-
schränken oder entziehen“ von Nutzungsrechten ebenfalls eine Änderung im Sinne von Absatz 1
darstellt.

Aus diesen Erwägungen folgt, dass der vorliegend begutachtete Frequenzwechsel durch Aus-
tausch von 900- und 1800-MHz-Frequenzen zwischen D- und E-Netzbetreibern von der Rechts-
folge des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG grundsätzlich erfasst ist.

bb) Ermessen und Verhältnismäßigkeit

Für den Fall einer notwendig gewordenen Anpassung einer Frequenzzuteilung räumt das Gesetz
in § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG der Bundesnetzagentur Ermessen ein. Eine Abwägung der betroffe-

75
BT-Drs. 15/2316, 80.
76
Hierzu im Einzelnen unter Gliederungspunkt B.II.2. auf S. 32 ff.
77
Göddel, in: Beck’scher TKG, § 60 Rn. 6; Hahn/Hartl, in: Scheurle/Mayen, TKG, § 60 Rn. 7; Marwinski, in:
Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 60 Rn. 12.
78
Grundlegend hierzu EuGHE 1984, 1891, 1901.
79
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (6).
- 26 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

nen Interessen ergibt dabei, dass die Vornahme eines Frequenzwechsels durch die Bundesnetz-
agentur nicht ermessensfehlerhaft wäre.

So hat die Behörde im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung insbesondere das Verhältnismäßig-


keitsprinzip zu berücksichtigen. Dies ergibt sich bereits aus § 40 VwVfG. Auch der vorliegend
zu beachtende Art. 1 Abs. 2 der geänderten GSM-RL sieht ebenso wie Art. 14 Abs. 1 Genehmi-
gungsRL vor, dass die Änderung von Nutzungsrechten nur erfolgt, „soweit dies gerechtfertigt
und verhältnismäßig“ ist.

Ein Frequenzwechsel dient der Umsetzung der europarechtlich induzierten „bestmöglichen Stei-
gerung des Wettbewerbs durch Angebot einer großen Bandbreite von Diensten und Technolo-
gien“80 sowie der Wahrung eines chancengleichen Wettbewerbs (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG) und der
Sicherstellung einer effizienten Nutzung von Frequenzen (§ 2 Abs. 2 Nr. 7 TKG). Diese Ziele
stellen unbestritten legitime öffentliche Zwecke dar.

Zu deren Erreichung ist der Frequenzwechsel auch geeignet und erforderlich. Der Frequenz-
wechsel als Ausprägung einer Nutzungsänderung stellt im Verhältnis zum Frequenzwiderruf
bereits das mildere Mittel dar. Die einzig verbleibenden Optionen, entweder bis zum Auslaufen
der bis 2016 laufenden Frequenznutzungsrechte überhaupt nicht aktiv zu werden oder erst dann,
wenn ein D-Netzbetreiber die Flexibilisierung beantragt, sind zur Erreichung des europarechtli-
chen Ziels, eine parallele Verfügbarkeit von GSM und UMTS im 900-MHz-Band schnellstmög-
lich verfügbar zu machen, nicht gleich geeignet.81

Die eigentliche Abwägungsleistung hat die Bundesnetzagentur im Rahmen der Angemessenheit


zu leisten. Hierbei ist die Schwere des Eingriffs in die bestehenden Frequenznutzungsrechte der
D-Netzbetreiber den Vorteilen gegenüberzustellen, die nicht nur den Wettbewerbern, sondern
auch den Verbrauchern dadurch entstehen, dass alle vier Netzbetreiber in der Einführung multip-
ler Dienste im 900-MHz-Netz konkurrieren. Dabei hat nicht nur eine pareto-optimale Gegen-

80
RL 2009/114/EG, Erwägungsgrund (4).
81
Lediglich angemerkt sei hier, dass § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG als milderes Mittel zur Inhaltsänderung
auch die Beifügung einer Nebenbestimmung, z.B. einer Auflage, zuließe. Obwohl § 60 Abs. 2 Satz TKG
sich ausdrücklich nur auf die Inhaltsänderung bezieht, beinhaltet die Norm – erst recht – die Möglichkeit der
nachträglichen Beifügung von Nebenbestimmungen (Göddel, in: Beck’scher TKG, § 60 Rn. 6). Es wäre da-
her z.B. ebenso denkbar, dass die Frequenzzuteilungen der D-Netzbetreiber gemäß § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall
TKG nachträglich mit einer Auflage dahingehend versehen werden, dass sich die D-Netzbetreiber vertraglich
mit den E-Netzbetreibern über einen Frequenztausch zu einigen haben. Dies wird in Art. 5 Abs. 6 Satz 3 der
neuen GenehmigungsRL sogar ausdrücklich als Option zugelassen. Inhaltlich ergibt die diesbezüglich ebenso
erforderliche Abwägung aber keine Unterschiede, sodass im Folgenden weiter vom gesetzlich in § 60 Abs. 2
Satz 2 TKG vorgesehenen Frequenztausch ausgegangen wird.
- 27 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

überstellung der Netzbetreiberinteressen zu erfolgen.82 Vielmehr müssen sowohl die Regulie-


rungsziele des § 2 Abs. 2 TKG, wie auch die Ziele der GSM-RL einfließen. Nicht zuletzt spielt
ferner der Erwägungsgrund (69) zur geänderten GenehmigungsRL eine bedeutende Rolle: „An-
gesichts der Frequenzknappheit sollten Unternehmen erteilte individuelle Rechte regelmäßig
überprüft werden. Bei der Durchführung dieser Überprüfung sollten die zuständigen nationalen
Behörden die Interessen der Rechteinhaber gegen die Notwendigkeit abwägen, […] die flexible-
re Frequenznutzung durch Allgemeingenehmigungen wann immer möglich zu fördern.“
(Hervorh.d.Verf.)

Der Eingriff in die bestehenden Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber ist dabei durchaus
erheblich. Einerseits würden DTAG und Vodafone aufgrund einer Umverteilung des 900-MHz-
Spektrums jährliche Kosteneinbußen im zweistelligen Millionenbereich erleiden. Dies liegt ins-
besondere darin begründet, dass ihnen zur Vermeidung von Verkehrsengpässen bei GSM-
Diensten im Ausgleich für die umverteilten 900-MHz-Frequenzen in dem vorliegend beurteilten
Szenario solche aus dem Bereich 1800-MHz zugeteilt würden.83 Um diese aber auch entspre-
chend nutzen zu können, müssten die D-Netzbetreiber ihre Basisstationen so umrüsten, dass die-
se auch das 1800-MHz-Spektrum nutzen können.84 Die Kosten, die sie für eine entsprechende
Umrüstung aufwenden müssten, liegen ökonomischen Untersuchungen zufolge bei jährlich ca.
27 Mio. Euro.85 Andererseits kann mit hoher Wahrscheinlichkeit erwartet werden, dass sich
durch die Vornahme eines Frequenzwechsels der Wettbewerbsvorsprung der D-Netzbetreiber
gegenüber den E-Netzbetreibern verringern würde.86 Aus der unternehmerischen Interessenlage
der D-Netzbetreiber heraus betrachtet, stellt auch dies einen nachteiligen Gesichtspunkt der Um-
verteilung dar.

Allerdings wird die Eingriffsintensität dadurch abgemildert, dass der grundsätzliche Fortbestand
der Zuteilung der Frequenzen an die D-Netzbetreiber durch den vorgesehenen Frequenzwechsel
vorliegend gerade nicht berührt ist. Da die Zahl der Kanäle durch die Zuweisung von 1800-
MHz-Spektrum gleich bleibt, ändert sich nur die „Art“ der Frequenznutzungsrechte der D-
Netzbetreiber. Hinsichtlich dieser Nutzungsänderung ist die Rechtsposition der D-Netzbetreiber
aber durch die Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG a priori relativiert. Denn aufgrund der

82
Unklar insoweit BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 15.
83
Vgl. hierzu WIK (Fn. 70), 36 sowie bereits oben unter Gliederungspunkt B.II.1. auf S. 20.
84
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der Öffnung von GSM-Frequenzen für den UMTS-
Markt in Deutschland, Duisburg 2007, 46 (unveröffentlicht).
85
E-Plus, Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte, 6.
86
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 44.
- 28 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Existenz dieser gesetzlichen Regelung, die gerade eine Änderung der Frequenznutzungsrechte
während des Genehmigungszeitraums vorsieht, darf der Inhaber einer Zuteilung nicht auf unver-
änderten Fortbestand seiner Zuteilung vertrauen.87

Hinzu kommt, dass Art. 14 Abs. 2 GenehmigungsRL auf die nationalen Vorschriften über Ent-
schädigungen verweist. Aus der Systematik des Gesetzes in Gestalt der Einräumung von Aus-
gleichsansprüchen folgt daraus für den Regelfall, dass der damit verbundene Vermögensschutz
als ausreichend anzusehen ist, um die berechtigten Bestandserwartungen der betroffenen Netzbe-
treiber zu befriedigen.88 Nur im Ausnahmefall kann eine Inhaltsänderung ermessensfehlerhaft
sein, wenn ein damit verbundener beachtlicher Schaden (z.B. immaterieller Art) auch durch die
Gewährung eines vermögensrechtlichen Ausgleichs nicht kompensiert werden kann.89 Dies ist in
der vorliegend begutachteten Situation allerdings nicht der Fall. Die Interessen der D-
Netzbetreiber an der Aufrechterhaltung der ihnen zugewiesenen Frequenzen sind finanzieller
und nicht ideeller Natur.

Gegenüber der vorstehend abgesteckten Interessenlage der D-Netzbetreiber überwiegen die Vor-
teile eines frühzeitigen Frequenzwechsels. Dies zeigt bereits ein Vergleich des Kostenaufwandes
von D- und E-Netzbetreibern in den verschiedenen Szenarien: So würden sich die Mehrkosten
eines E-Netzbetreibers, um bei bestehender Frequenzausstattung UMTS 1800 anstatt UMTS 900
anzubieten, auf 220 Mio. Euro pro Jahr belaufen.90 Verglichen hiermit erscheinen die Kosten
der D-Netzbetreiber für die Umrüstung ihrer 900-MHz-Basisstationen im Fall einer Umvertei-
lung in Höhe von jährlich 27 Mio. Euro moderat.

Darüber hinaus dient der Frequenzwechsel der Schaffung eines chancengleichen Wettbewerbs
im Sinne des § 2 Abs. 2 TKG. So kommt die ökonomische Untersuchung von Gerpott zu dem
Ergebnis, dass die drohenden Wettbewerbsverzerrungen „ohne einen von der Behörde angeord-
neten Frequenztausch zwischen D- und E-Netzbetreibern“91 ganz erheblich sind.92

Dies kann auch nicht der Umstand wett machen, dass die Bundesnetzagentur den Mobilfunkan-
bietern durch die Versteigerung der Digitalen Dividende die Möglichkeit der Ersteigerung ande-
rer Frequenzen im Bereich unter 1 GHz eröffnet hat, die ebenfalls flexibel genutzt werden kön-

87
Marwinski, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 60 Rn. 12; Göddel, in: Beck’scher TKG, § 60 Rn. 6.
88
Zur vergleichbaren allgemeinen Rechtsauffassung i.R.d. § 48 Abs. 3 VwVfG vgl. Müller, in: Ba-
der/Ronellenfitsch, VwVfG, § 48 Rn. 87.
89
Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG § 48 Rn. 182.
90
E-Plus, Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte, 6.
91
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, V.
92
Ebd., 42.
- 29 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

nen.93 Denn letztlich zeigt die ökonomische Analyse der Ergebnisse der Auktion durch Gerpott,
dass diese nicht zu einem Abbau der regulierungsbedingten Wettbewerbsverzerrungen beigetra-
gen hat.94 Vielmehr kommt die Untersuchung zu dem Ergebnis, dass die tatsächlichen „Ergeb-
nisse der Versteigerung der 800 MHz-Frequenzen […] die Beherrschung des deutschen Mobil-
funkmarktes durch die D-Netzbetreiber [verstärken] bzw. […] erheblich zur Verfesti-
gung/Ausweitung ihrer Dominanz bei mobilen Breitbandzugängen und Datendiensten
bei[tragen].“95 Die von der Bundesnetzagentur bezweckte Chance auf Ausgleich der Wettbe-
werbsnachteile der E-Netzbetreiber gegenüber den D-Netzbetreibern hat sich damit tatsächlich
nicht realisiert. Hieraus folgt für die Verhältnismäßigkeitsprüfung, dass der Gesichtspunkt der
Versteigerung nicht geeignet ist, die Abwägungsposition der E-Netzbetreiber in Bezug auf die
Gebotenheit einer Frequenzumverteilung abzuschwächen.

Demgegenüber ist es nach der Untersuchung von Gerpott zur Realisierung eines chancenglei-
chen Wettbewerbs im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 TKG aus ökonomischer Sicht „geboten, dass
die Bundesnetzagentur von sich aus ohne weitere Verzögerung die von der EU geforderte Nut-
zung von 900 MHz-Frequenzen für UMTS-Angebote durch einen von der Behörde angeordneten
Frequenztausch zwischen D- und E-Netzbetreibern sicherstellt.“96 Ohne eine solche Umvertei-
lung sei absehbar, „dass es voraussichtlich bis zum Auslaufen der derzeitigen GSM-Lizenzen der
vier Netzbetreiber am 31.12.2016 nicht zu einer Nutzung von 900 MHz-Frequenzen für UMTS-
Angebote kommen wird“ 97, worin eine ineffiziente Nutzung der betreffenden Frequenzen liegt.98
Die Regulierungsziele des § 2 Abs. 2 Nr. 2 und 7 TKG streiten somit im Rahmen der Abwägung
der Bundesnetzagentur für die Vornahme eines Frequenzwechsels.

Ebenso gilt dies für das an dieser Stelle hervorzuhebende Ziel der Wahrung der Nutzer- und
Verbraucherinteressen (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG). Denn durch die Ermöglichung eines chancen-
gleichen Wettbewerbs um die Einführung multipler Dienste im 900-MHz-Band werden die
Wettbewerbsbedingungen auf dem Endkundenmarkt gefördert. Dies wird wiederum attraktivere
Endkundenangebote ermöglichen, wodurch letztlich die Bedürfnisse aller Mobilfunknutzer
bestmöglich befriedigt werden können. Demgegenüber läuft die gegenwärtige Situation – ohne
eine Umverteilung – den Interessen der Endkunden zuwider. Die absehbare Reduktion der Wett-

93
In diese Richtung aber BNetzA, Impulspapier (Fn. 26), 11; dies., Entschließung (Fn. 11), 30.
94
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 40 ff.
95
Ebd., IV.
96
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, V.
97
Ebd., 41.
98
Vgl. hierzu auch oben unter Gliederungspunkt B.II.1.a)bb) auf S. 23 ff.
- 30 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

bewerbsintensität führt nach der ökonomischen Analyse dazu, „dass mobile Datendienste weni-
ger schnell für die gesamte Bevölkerung verfügbar sein werden und ihre Preise langsamer und
weniger stark sinken“99 als es in einem Umfeld der Fall wäre, in dem alle Mobilfunkbetreiber
über eine hinreichende Ausstattung mit Frequenzen im 900 MHz-Band verfügen.

Zum anderen sind die Zielsetzungen der europarechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Nicht
nur Erwägungsgrund (69) zur geänderten GenehmigungsRL sieht vor, dass die flexiblere Fre-
quenznutzung „wann immer möglich“ zu fördern ist. Auch die Erwägungen zur GSM-
ÄnderungsRL streben mit der Flexibilisierung des 900-MHz-Bands eine „bestmögliche Steige-
rung des Wettbewerbs“ an. Ein effektiver Wettbewerb um die Einführung „einer großen Band-
breite von Diensten und Technologien“ ist aber nur dann möglich, wenn allen Netzbetreibern
genügend Frequenzen im 900-MHz-Band zur Verfügung stehen, um UMTS-Dienste einzufüh-
ren, ohne dort den Betrieb von GSM einstellen zu müssen. Schließlich dient die GSM-
Änderungsrichtlinie ausweislich ihres Erwägungsgrundes (4) dazu, die europäische „i2010-
Initiative“ zur Förderung einer europaweiten Informationsgesellschaft für Wachstum und Be-
schäftigung zu unterstützen. Es geht im Interesse der Nutzer darum, durch die schnellstmögliche
Flexibilisierung der Frequenznutzung im 900-MHz-Band breitbandige Netzzugangstechniken
frühzeitig bedarfsgerecht und flächendeckend einzuführen. Die Verbesserung der Versorgung
der Nutzer mit breitbandigen Netzzugängen ist – wie im Übrigen auch die Bundesregierung in
ihrer Breitbandstrategie bekräftigt – ein überragendes Ziel der Telekommunikationspolitik.100

Insgesamt ist vor diesem Hintergrund davon auszugehen, dass die Vorteile eines frühzeitigen
Frequenzwechsels den Eingriff in die Nutzungsrechte der D-Netzbetreiber aufwiegen. Ein Fre-
quenzwechsel auf Grundlage des § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG entspricht daher dem Gebot
der Verhältnismäßigkeit und wäre auch objektiv gerechtfertigt.

cc) Kein Entgegenstehen der Nutzungsfristverlängerung

Die Zulässigkeit eines Frequenzwechsels wird auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass die Fre-
quenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber am 31. Juli 2009 bzw. 24. August 2009 von der Bun-
desnetzagentur bis Ende 2016 verlängert worden sind.

Die Bundesnetzagentur hat die Laufzeit der Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber zwar
durch Widerruf und Neuerlass der Zuteilungsbefristung gemäß § 55 Abs. 8 TKG (DTAG) bzw.

99
Im Einzelnen Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, V.
100
So auch BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 26 f.
- 31 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Änderungsvertrag (Vodafone) verlängert.101 Hierdurch ist den D-Netzbetreibern allerdings kein


Bestandsvertrauen entstanden, das die Bundesnetzagentur bis zum 31. Dezember 2016 an einer
Änderung der Frequenznutzungsrechte hindern würde.

Für die DTAG folgt das unmittelbar aus dem Sinn und Zweck des § 55 Abs. 8 TKG, der die
Rechtsgrundlage für die Laufzeitverlängerung darstellt. Aus dieser Vorschrift lässt sich eine der
Befristungsverlängerung immanente Beschränkung dergestalt ableiten, dass die Zuteilung bei
Vorliegen der Ermächtigung zu einer Inhaltsänderung oder Beifügung einer Nebenbestimmung
bzw. bei Vorliegen eines Widerrufsgrundes (teilweise) wieder entfällt. So geht § 55 Abs. 8 TKG
davon aus, dass die Zuteilung nicht unabhängig vom Vorliegen der Zuteilungsvoraussetzungen
nach dem TKG erfolgt. Vielmehr hat die Bundesnetzagentur bei der Verlängerung einer Befris-
tung gemäß § 55 Abs. 8 TKG nach der Gesetzesbegründung auch die „Regelungen des TKG
sowie ggf. bestehende Nebenbestimmungen der Zuteilung und die Gewährleistung eines wirk-
samen Wettbewerbs zu beachten.“102

Für Vodafone gilt diese Ratio des § 55 Abs. 8 TKG, dessen Geltungsbereich nicht auf durch
Verwaltungsakt zugeteilte Frequenznutzungsrechte beschränkt ist, entsprechend. Aus der Vor-
schrift lässt sich eine vertragsimmanente Beschränkung der Frequenzverlängerung im oben be-
schriebenen Sinne ableiten. Im Übrigen würde ansonsten auch der Regelungsgegenstand des
§ 60 Abs. 2 Satz 2 TKG leer laufen, der gerade die Möglichkeit eines Frequenzwechsels wäh-
rend des Genehmigungszeitraums vorsieht. Diese gesetzliche Regelung kann nicht dadurch un-
terlaufen werden, dass die Frequenzzuteilung durch öffentlich-rechtlichen Vertrag und nicht
durch Verwaltungsakt erteilt wurde.

Dementsprechend argumentiert auch das VG Köln, „dass der Klägerin […] ein Rechtsanspruch
auf Verlängerung zusteht, sofern die allgemeinen Voraussetzungen weiter vorliegen und keine
Gründe für einen Widerruf der Zuteilung gemäß § 63 TKG erkennbar sind.“103 Damit bringt das
Gericht zum Ausdruck, dass eine Frequenzverlängerung nie unabhängig von den Voraussetzun-
gen des § 55 Abs. 5 TKG bzw. des § 63 TKG (oder sonstiger Widerrufsgründe) gewährt werden
kann. Dies spricht dafür, dass auch im Falle des Vorgehens nach § 55 Abs. 8 TKG bzw. eines
Änderungsvertrags grundsätzlich die Zuteilungsvoraussetzungen des § 55 Abs. 5 TKG vorliegen
müssen bzw. keine Widerrufsgründe nach § 63 TKG oder die Voraussetzungen einer Vertrags-

101
Siehe hierzu bereits oben unter Gliederungspunkt B.II.1.a)aa) auf S. 21.
102
Marwinski, in: Arndt/Fetzer/Scherer, TKG, § 55 Rn. 41 unter Verweis auf die Regierungsbegründung, BR-
Drs. 755/03, 106.
103
VG Köln vom 15.6.2007, 11 K 572/07, Rn. 82 [juris].
- 32 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

anpassung gem. § 60 VwVfG vorliegen dürfen.104 Ist das Vorliegen der Voraussetzung des § 55
Abs. 5 TKG, d.h. insbesondere auch des § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG (Sicherstellung einer effizienten
Frequenznutzung) nur durch eine Inhaltsänderung zu erreichen, müssen der Bundesnetzagentur
diese Handlungsoptionen folglich auch eröffnet sein.

Ein Bestandsvertrauen der D-Netzbetreiber auf Nutzung der Frequenzen bis Ende 2016 konnte
vor dem Hintergrund dieser gesetzlichen Regelungssystematik nicht entstehen.

2. (Teil-)Widerruf der Frequenzzuteilung aufgrund Widerrufsvorbehalts

Eine weitere Option der Bundesnetzagentur zur Herbeiführung der Umverteilung besteht darin,
die bestehenden Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber im 900-MHz-Bereich auf Grund-
lage der Lizenzen teilweise zu widerrufen und die widerrufenen Frequenzen den E-
Netzbetreibern zuzuteilen. Im Gegenzug würden die E-Netzbetreiber auf Frequenzen in gleichem
Umfang im Bereich 1800-MHz verzichten, die wiederum den D-Netzbetreibern zur Verfügung
gestellt werden.

a) Anwendbarkeit nur auf D1-Lizenz


Der Widerruf aufgrund eines entsprechenden Widerrufsvorbehalts richtet sich aufgrund der
durch die Lizenzen gewährten Begünstigung grundsätzlich nach § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall
VwVfG.105 Die Anwendbarkeit dieser Ermächtigungsgrundlage ist zwar nicht durch die tele-
kommunikationsrechtliche Sondervorschrift des § 63 TKG ausgeschlossen (vgl. den ausdrückli-
chen Verweis in § 63 Abs. 2 Satz 1, 1. Hs. TKG), sie setzt allerdings weiterhin voraus, dass es
sich bei der zu widerrufenden Maßnahme um einen Verwaltungsakt handelt.106

Dies ist in der vorliegend untersuchten Fallgestaltung allerdings nur bei der auf Grundlage von
§ 2 FAG erteilten D1-Lizenz der Fall. Demgegenüber ist die D2-Lizenz durch einen öffentlich-

104
Zu den Widerrufsgründen siehe unter Gliederungspunkt B.II.2. auf S. 32 ff. Zu den Voraussetzungen der
Vertragsanpassung siehe Gliederungspunkt B.II.4. auf S. 43 ff.
105
Auf die Frage der Rechtmäßigkeit kommt es im Rahmen des § 49 Abs. 2 VwVfG demgegenüber nach allge-
meiner Auffassung nicht zwingend an. Denn ein rechtswidriger Verwaltungsakt soll keinen höheren Be-
standsschutz genießen als ein rechtmäßiger Verwaltungsakt (VGH Kassel NVwZ 1984, 382; VGH Mann-
heim ESVGH 41, 203 (205)). Die Behörde kann daher bei Zweifeln die Frage der Rechtswidrigkeit dahinge-
stellt sein lassen und sich für den Weg des Widerrufs entscheiden (Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG,
§ 49 Rn. 7).
106
Allg. Meinung, vgl. nur Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 49 Rn. 4. Eine Ausnahme wird nur für
fingierte Verwaltungsakte, einseitige schlichthoheitliche Handlungen von Behörden, Zusagen von anderen
Handlungen als Verwaltungsakte, sowie formlose Duldungen gemacht. Nicht demgegenüber für öffentlich-
rechtliche Verträge, Gayer, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 49 Rn. 3.
- 33 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

rechtlichen Vertrag begründet worden.107 Hierauf sind die Regeln über Rücknahme und Wider-
ruf von Verwaltungsakten gem. §§ 48, 49 VwVfG aber weder unmittelbar noch entsprechend
anwendbar.108 Denn für öffentlich-rechtliche Verträge halten §§ 59 f. VwVfG ein eigenständiges
Aufhebungs- und Anpassungsregime vor.

Vor diesem Hintergrund beschränkt sich die Möglichkeit teilweisen Widerrufs der Frequenznut-
zungsrechte auf die D1-Lizenz.

b) Vorliegen eines Widerrufsgrundes

Die D1-Lizenz109 enthält in Punkt 24.7 einen Widerrufsvorbehalt. Dort heißt es:

„Der LIZENZGEBER behält sich vor, Zuteilungen von Frequenzen einzeln oder insgesamt
nach Maßgabe des § 49 des Verwaltungsverfahrensgesetzes, insbesondere bei Frequenz-
änderungen aufgrund internationalen Rechts sowie bei Verletzungen von Verpflichtungen
aus dieser Lizenz zu widerrufen.“

Die eingangs beschriebenen110 und teilweise bereits abgeschlossenen Verfahrensschritte zur Fle-
xibilisierung des 900-MHz-Spektrums stellen eine Änderung dieses Frequenzspektrums dar.

Ob die von der Bundesnetzagentur vorgenommene Frequenzänderung eine solche „aufgrund


internationalen Rechts“ darstellt, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach Ziff. 24.7 ist ein
Widerruf nicht ausschließlich aufgrund internationalen Rechts, sondern nur „insbesondere“ in
diesem Fall vorbehalten. Daneben ist auch ein Widerruf aufgrund „europäischen Rechts“ zuläs-
sig. So lässt die Wendung „insbesondere“ erkennen, dass ein Widerruf immer dann zulässig sein
soll, wenn eine Rechtsentwicklung, die sich außerhalb der unmittelbaren Einflusssphäre des na-
tionalen Rechtskreises vollzieht, diesen erforderlich macht. Eine solche Rechtsentwicklung liegt
gerade auch in den europäischen Vorgaben des WAPECS-Konzeptes, der Harmonisierungsent-
scheidung111 und der genänderten GSM-Richtlinie, die der Frequenzänderung durch die Bundes-
netzagentur zugrunde liegen.

Es ist somit der Widerrufsgrund des § 49 Abs. 2 Nr. 2, 2. Fall VwVfG i.V.m. Punkt 24.7 der D1-
Lizenz einschlägig.

107
Vgl. Fn. 58.
108
Spieth, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 60 Rn. 4; Sanden, NVwZ 2009, 491 (494).
109
Siehe Fn. 57.
110
Gliederungspunkt A. auf S. 1 ff.
111
Siehe Fn. 3.
- 34 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

c) Formelle Anforderungen

Gemäß § 49 Abs. 2 Satz 2 VwVfG gilt die Jahresfrist des § 48 Abs. 4 VwVfG für den Widerruf
entsprechend. Ihr Lauf beginnt nach ständiger Rechtsprechung erst, wenn die Behörde die
Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes erkannt hat und ihr die für die Widerrufsentscheidung
erheblichen Tatsachen vollständig und zweifelsfrei bekannt sind.112 Folglich müssen der Bun-
desnetzagentur auch die für die Ermessensausübung wesentlichen Umstände bekannt sein. Die
Behörde muss ohne weitere Sachaufklärung objektiv in der Lage sein, unter sachgerechter Aus-
übung ihres Ermessens über die Rücknahme des Verwaltungsaktes zu entscheiden. Dies wird in
der vorliegend untersuchten Konstellation erst mit der Beendigung der behördlichen Marktunter-
suchung der Fall sein. Ab dann hat die Bundesnetzagentur ein Jahr Zeit, um die Frequenzzutei-
lung zu widerrufen.

Schließlich sind auch im Rahmen des Teilwiderrufs der Frequenzen die formellen Anforderun-
gen aus Art. 14 der Genehmigungsrichtlinie zu beachten.113

d) Rechtsfolge

Der Widerruf steht schließlich im Ermessen der Bundesnetzagentur.

Der hier vorgeschlagene teilweise Widerruf erfüllt den Zweck einer gleichmäßigen Verteilung
der 900-MHz-Frequenzen auf die D- und E-Netzbetreiber und stellt somit zum vollumfänglichen
Widerruf das gleich geeignete, aber mildere Mittel dar.

Der Gesichtspunkt des Bestandsvertrauens ist in den Fällen des § 49 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG vom
Ansatz her nicht zu berücksichtigen, da die DTAG als Betroffene aufgrund des Vorbehalts mit
der Möglichkeit des Widerrufs rechnen musste.114

Im Übrigen sei auf die obigen Ausführungen zum Ermessen im Rahmen des Frequenzwechsels
verwiesen.115

112
BVerwG NJW 1985, 819 ff..
113
Vgl. hierzu oben unter Gliederungspunkt B.II.1.b). auf S. 24.
114
BVerwG NVwZ 1992, S. 565; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 49 Rn. 33, 35; vgl. auch Göddel,
in: Beck’scher TKG, § 63 Rn. 1.
115
Gliederungspunkt B.II.1.c)bb) auf S. 25 ff.
- 35 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

3. (Teil-)Widerruf der Frequenzzuteilungen gemäß § 63 Abs. 2 TKG

Schlussendlich kommt ein Widerruf der Frequenzzuteilungen auf Grundlage eines der Wider-
rufsgründe in § 63 Abs. 2 TKG in Betracht.

a) Anwendbarkeit nur auf D1-Lizenz

Grundsätzlich bewirkt § 150 Abs. 3 und 4 TKG, dass auch Frequenznutzungsrechte, die bereits
vor Inkrafttreten des TKG gewährt wurden, nunmehr dem Regelungsregime der TKG-
Bestimmungen unterliegen.116 Dies bedeutet zunächst, dass die auf Grundlage des § 2 FAG in
Form eines Verwaltungsakts erteilte D1-Lizenz vom Anwendungsbereich des § 63 Abs. 2 TKG
erfasst ist.

Gleichwohl lässt sich aus § 150 Abs. 3, 4 TKG nicht schlussfolgern, dass ein Widerruf gemäß
§ 63 Abs. 2 TKG auch auf einen öffentlich-rechtlichen Vertrag wie die D2-Lizenz Anwendung
finden kann. Denn § 63 Abs. 2 TKG stellt eine Ergänzung der allgemeinen Bestimmungen in
§§ 48, 49 VwVfG dar und dient dazu, deren Gründe für einen Widerruf im Hinblick auf tele-
kommunikationsrechtliche Besonderheiten zu modifizieren.117 Dies zeigt insbesondere der Ver-
weis auf § 49 Abs. 2 VwVfG in § 63 Abs. 2, 1. Hs. TKG. Aus dieser systematischen Stellung
neben den § 49 VwVfG folgt, dass auch der Widerruf der Frequenzzuteilung gemäß § 63 Abs. 2
TKG nur dann anwendbar ist, wenn es sich bei der zu widerrufenden Lizenz um einen Verwal-
tungsakt handelt.118 Eine Durchbrechung des verwaltungsverfahrensrechtlichen Systems von
Aufhebungs- und Anpassungsfolgen der verschiedenen Handlungsformen wird durch § 150
Abs. 3, 4 TKG nicht bewirkt.

b) Vorliegen eines Widerrufsgrundes

aa) Sicherstellung einer effizienten Frequenznutzung (§ 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG)


Eine Frequenzzuteilung kann gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG widerrufen werden, wenn eine
der Voraussetzungen nach § 55 Abs. 5 TKG nicht mehr gegeben ist. Zu den Voraussetzungen
des § 55 Abs. 5 TKG zählt gem. § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG die Sicherstellung einer effizienten

116
Begründung zum Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Telekommunikationsgesetzes (TKG)
17.10.2003, BR-Drs. 755/03, 144.
117
Wegmann, in: Säcker, TKG, § 63 Rn. 1; Göddel, in: Beck’scher TKG, § 60 Rn. 1.
118
Siehe zur parallelen Situation im Rahmen von § 49 Abs. 2 VwVfG bereits oben unter Gliederungspunkt
B.II.2.a) auf S. 33.
- 36 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Frequenznutzung durch den Zuteilungsinhaber. Es handelt sich hierbei nach überwiegender


Auffassung um besondere Anforderungen an die Person des Zuteilungsinhabers, mithin um sub-
jektive Zuteilungsvoraussetzungen.119

In der vorliegend begutachteten Sachlage bieten die D-Netzbetreiber nicht die Gewähr für eine
effiziente Nutzung ihrer 900-MHz-Frequenzen. Dies ergibt sich aus ihrer Ankündigung, „noch
auf Jahre, möglicherweise bis zum Ende der derzeitigen Laufzeit am 31.12.2016“,120 das 900-
MHz-Band ausschließlich auf Basis des GSM-Standards nutzen zu wollen. Angesichts der er-
folgten und von der Bundesnetzagentur auf Antrag zu gewährenden Flexibilisierung des 900-
MHz-Bands stellt dies bereits aus technischer Sicht eine nicht effiziente Nutzung dar. Aber auch
über die rein technische Sichtweise hinaus ergibt eine Auslegung des Tatbestandsmerkmals der
„effizienten Frequenznutzung“ vor dem Hintergrund der europa- und verfassungsrechtlichen
Vorgaben, dass die D-Netzbetreiber nicht die erforderliche Gewähr hierfür bieten.

Wie bereits dargestellt, dient die GSM-Änderungsrichtlinie ausweislich Erwägungsgrund (4)


dazu, die europäische „i2010-Initiative“ zur Förderung einer europaweiten Informationsgesell-
schaft für Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen. Es geht im Interesse der Nutzer darum,
durch die schnellstmögliche Flexibilisierung der Frequenznutzung im 900-MHz-Band breitban-
dige Netzzugangstechniken frühzeitig bedarfsgerecht und flächendeckend einzuführen. Die Ver-
besserung der Versorgung der Nutzer mit breitbandigen Netzzugängen ist – wie im Übrigen auch
die Bundesregierung in ihrer Breitbandstrategie bekräftigt – ein überragendes Ziel der Tele-
kommunikationspolitik und trägt in erheblichem Maße zur Verwirklichung des Infrastrukturge-
währleistungsauftrags aus Art. 87f Abs. 1 GG bei.121

Gerade diese schnellstmögliche Einführung multipler Datendienste im 900-MHz-Band blockie-


ren die D-Netzbetreiber aber. Zum einen nutzen sie ihre bestehenden Frequenzen dadurch ineffi-
zient. Zum anderen bedingt ihr Hinauszögern der flexiblen Nutzung aber auch, dass die Einfüh-
rung einer technologieneutralen Nutzung des 900-MHz-Bandes für Breitbandzugänge generell
blockiert wird. Denn wie oben aufgezeigt, ist es den E-Netzbetreibern ohne eine entsprechende
Umverteilung technisch nicht möglich, einen parallelen Aufbau von UMTS und GSM in diesem
Band zu betreiben. Dies stellt in Anbetracht der benannten europa- und verfassungsrechtlichen
Vorgaben zur schnellstmöglichen Einführung breitbandiger Datendienste im 900-MHz-Band
einen strukturellen Missstand dar, der ebenfalls in die Auslegung des Merkmals der „effizienten

119
Wegmann, in: Säcker, TKG, § 55 Rn. 33; Göddel, in: Beck’scher TKG, § 55 Rn. 15.
120
Vgl. BNetzA, Entschließung (Fn. 11), 30.
121
Ebd., 26 f.
- 37 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Frequenznutzung“ im Sinne von § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG einfließen muss. Mithin ist der Tatbe-
stand des § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 TKG erfüllt.

bb) § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG


Im Übrigen ist ein Widerruf gem. § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG auch möglich, wenn „durch eine
nach der Frequenzzuteilung eintretende Frequenzknappheit der Wettbewerb oder die Einführung
neuer frequenzeffizienter Techniken verhindert oder unzumutbar gestört wird.“

(1) Frequenzknappheit nach Zuteilung


Aufgrund der Flexibilisierung des 900-MHz-Bandes ist es den Mobilfunkunternehmen nunmehr
gestattet, das Band nicht mehr nur für GSM, sondern darüber hinaus auch für UMTS sowie ent-
sprechende Nachfolgetechnologien zu nutzen. Während sich GSM noch mit einer relativ gerin-
gen Menge an Frequenzen im 900-MHz-Band betreiben ließ, bedingen die flexibilisierten Nut-
zungsmöglichkeiten, dass die bestehenden Frequenzzuteilungen nicht mehr ausreichen. So benö-
tigt ein Netzbetreiber bei dem parallelen Angebot mehrerer Standards nunmehr mindestens 8,4
MHz; die den E-Netzbetreibern gegenwärtig zugeteilten 2 x 5-MHz reichen dafür nicht aus. Da-
mit existiert aufgrund der technischen Spezifikationen der neuen Breitbandtechnologien eine
Frequenzknappheit im 900-MHz-Band.

(2) Wettbewerb unzumutbar gestört


Ferner müsste durch diese Frequenzknappheit der Wettbewerb unzumutbar gestört sein. Dass
grundsätzlich eine Wettbewerbsverzerrung droht, hat die ökonomische Untersuchung von
Gerpott herausgearbeitet.122 Darüber hinaus muss diese Wettbewerbsstörung auch „unzumutbar“
sein. Die Formulierung zeigt, dass im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit hohe
Anforderungen zu stellen sind.123

Vorliegend ist aber wiederum zu berücksichtigen, dass die Anforderungen an die Verhältnismä-
ßigkeit in Anbetracht des Effet Utile durch die europarechtlichen Vorgaben „überlagert“ werden.
Der Effe Utile-Grundsatz folgt im Wesentlichen aus Art. 4 Abs. 3, 3. UA EUV, wonach die Mit-
gliedstaaten die Union bei der Erfüllung ihrer Aufgabe unterstützen und alle Maßnahmen unter-

122
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 42.
123
Vgl. Göddel, in: Beck’scher TKG, § 63 Rn. 4.
- 38 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

lassen, die die Verwirklichung der Ziele der Union gefährden könnten.124 Das nationale Recht ist
nach diesem Grundsatz so auszulegen, dass das Gestaltungsziel des übergeordneten Europarechts
und sein Regelungszweck „bestmöglich erreicht werden“.125 Dementsprechend lehnt der EuGH
eine Auslegung nationaler Rechtsvorschriften ab, der zufolge die „volle Wirksamkeit“ des Ge-
meinschaftsrechts auch nur „abgeschwächt“126 wäre. Vor diesem Hintergrund sind unionsrechtli-
che Interessen, Zielsetzungen und Vorgaben – soweit möglich – zunächst durch unionsrechts-
konforme Auslegung der nationalen Bestimmungen in das nationale Recht zu übernehmen. So-
weit das nicht möglich ist, sind die nationalen Bestimmungen unangewendet zu lassen.127 Hin-
sichtlich der Erwägungen zur Verhältnismäßigkeit gelten daher die Ausführungen unter Punkt
B.II.1.c)bb) auf S. 26 ff. entsprechend.

(3) Einführung frequenzeffizienter Techniken verhindert


Alternativ zur unzumutbaren Wettbewerbsstörung erlaubt § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG den
Widerruf auch dann, wenn die Einführung frequenzeffizienter Techniken verhindert oder unzu-
mutbar gestört wird.

Genau dies ist der Fall, wenn die D-Netzbetreiber die Einführung multipler Datendienste im 900-
MHz-Band dadurch auf absehbare Zeit verhindern, dass sie sich der europarechtlich induzierten
flexiblen Nutzung verweigern. Dadurch blockieren sie aufgrund ihrer frequenzbedingten fakti-
schen Duopolstellung im 900-MHz-Band generell die flexible Einführung von nunmehr tech-
nisch störungsfrei betreibbaren breitbandigen Datendiensten neben GSM im 900-MHz-Band.128

c) Formelle Anforderungen und Rechtsfolge

Hinsichtlich der Widerrufsfrist und den Anforderungen aus Art. 14 GenehmigungsRL gelten die
obigen Ausführungen entsprechend.

Im Übrigen steht auch der Widerruf nach § 63 TKG im Ermessen der Bundesnetzagentur, das
diese entsprechend dem unter Punkt B.II.1.c)bb) auf S. 26 ff. skizzierten Rahmen auszuüben hat.

124
Ausf. zur methodischen Herleitung Potacs, EuR 2009, 465 ff.
125
Z.B. EuGH, Rs. C-360/96 (BFI-Holding), Slg. 1998, I-6821, Rn. 62; EuGH, Rs. C-331/06 (Chuck), Rn. 28.
Vgl. auch Ipsen, Völkerrecht, 120.
126
EuGH vom 19.6.1990, C-213/89 (Factortame), Rn. 21 [juris].
127
Vgl. Knack/Henneke, VwVfG, § 48 Rn. 19; BFH DStRE 2009, 496.
128
Hierzu ausf. Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, 41.
- 39 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

4. Vertragsanpassung der D2-Lizenz gemäß § 60 Abs. 1 VwVfG

Für die D2-Lizenz, die auf Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrages eingeräumt wurde,
gelten die Widerrufsgründe des § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall VwVfG und des § 63 Abs. 2 TKG wie
gesehen mangels Verwaltungsaktqualität nicht. Allerdings sieht das allgemeine Verwaltungsver-
fahrensrecht in § 60 Abs. 1 VwVfG ein spezielles Kündigungs- und Anpassungsregime für öf-
fentlich-rechtliche Verträge vor, welches hier zur Anwendung gelangt.

Nach § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVfG kann jede Vertragspartei eine Vertragsanpassung verlangen,
wenn sich die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen
sind, seit Abschluss des Vertrags so wesentlich geändert haben, dass ihr das Festhalten an der
ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist. Ist eine Anpassung nicht möglich
oder unzumutbar, kann der Vertrag auch gekündigt werden. Gemäß Satz 2 dieser Vorschrift kann
die Behörde den Vertrag auch kündigen, um schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten
oder zu beseitigen.

Operational kann eine solche Anpassung vollzogen werden, indem die auf Grundlage der D2-
Lizenz eingeräumten Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber dahingehend abgeändert wer-
den, dass Vodafone einen Teil seiner 900-MHz-Frequenzen im Austausch gegen 1800 MHz-
Frequenzen der E-Netzbetreiber entzogen wird. Im Gegenzug müssten den E-Netzbetreibern die
entzogenen 900-MHz-Frequenzen zugeteilt werden.

a) Anpassungsgrund gem. § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG

Zum einen ergibt sich die Berechtigung der Bundesnetzagentur zur Anpassung der öffentlich-
rechtlichen Verträge aus § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG. Denn die Verhältnisse, die für die Festset-
zung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, haben sich seit Abschluss des Vertrags so
wesentlich geändert, dass ihr das Festhalten am Vertrag nur bei einer Anpassung des Vertragsin-
halts zumutbar ist.129

In Betracht kommen solche Veränderungen von Verhältnissen, die bei objektiver Betrachtung so
erheblich sind, dass davon auszugehen ist, dass der Vertrag bei Kenntnis dieser Umstände nicht
mit demselben Inhalt geschlossen worden wäre.130 Auch Rechtsänderungen sind im Rahmen von

129
Allg. zu den Voraussetzungen Wolff/Kluth/Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, § 54 X Rn. 48, 48a.
130
Vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60 Rn. 8.
- 40 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

§ 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG zu berücksichtigen.131 Hier liegt ein solcher maßgeblich geänderter
Umstand in der geänderten GSM-Richtlinie und dem darin in Art. 2 Abs. 1 enthaltenen Gebot
zur Behebung von wahrscheinlichen Wettbewerbsverzerrungen im Rahmen der Flexibilisierung
des 900-MHz-Bandes.

Aufgrund des europarechtlichen Effet Utile-Grundsatzes ist dieser auch als erheblich im Sinne
der benannten Definition anzusehen. Wie bereits erläutert verlangt der Effet Utile-Grundsatz von
den Mitgliedstaaten, das nationale Recht so auszulegen, dass die Gestaltungsziele des überge-
ordneten Europarechts „bestmöglich erreicht werden“.132 Vor diesem Hintergrund sind unions-
rechtliche Zielsetzungen durch unionsrechtskonforme Auslegung der nationalen Bestimmungen
in das nationale Recht zu übernehmen. Soweit das nicht möglich ist, sind die nationalen Be-
stimmungen unangewendet zu lassen.133

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze liegt für die Bundesnetzagentur eine wesentliche
„Veränderung der Geschäftsgrundlage“ im Sinne des § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG vor. Denn wenn
die Voraussetzungen für eine Behebung der Wettbewerbsverzerrungen nach Art. 1 Abs. 2 der
geänderten GSM-Richtlinie i.V.m. Art. 14 Genehmigungsrichtlinie erfüllt sind, folgt daraus
zwingend, dass die Behörde in der Lage sein muss, die Rechtsfolgen nationalrechtlich umzuset-
zen. Dies erfordert eine europarechtskonforme Auslegung des Vertragsanpassungsgrundes da-
hingehend, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 1 Satz 1 VwVfG erfüllt sind. Dasselbe Er-
gebnis folgt auch aus der Überlegung, dass Einräumung der Lizenz durch Vertrag nicht dazu
führen kann, dass die Vorkehrungen des TKG zur Einziehung und Umverteilung umgangen
würden.

In Anbetracht dieser Sachlage kann auch die Frage dahinstehen, ob eine Anpassung gem. § 60
Abs. 1 Satz 1 VwVfG nur dann verlangt werden kann, wenn die Vertragspartner bei Abschluss
des Vertrages mit den veränderten Umständen nicht gerechnet haben oder diese sogar kannten.134
Zwar deutet der enge Zeitraum vor Verkündung der geänderten GSM-Richtlinie am 20. Oktober
2009 im Amtsblatt der Europäischen Union135 und dem Abschluss des Änderungsvertrags vom
24. August 2009 zur Verlängerung der D2-Lizenz auf Ende 2016 darauf hin, dass der Bundes-

131
BVerwG NVwZ 2002, 486 (488); VGH München BayVBl. 1988, 721 (722); VGH Kassel DÖV 1976, 357;
Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60 Rn. 9a.
132
Z.B. EuGH, Rs. C-360/96 (BFI-Holding), Slg. 1998, I-6821, Rn. 62; EuGH, Rs. C-331/06 (Chuck), Rn. 28.
Vgl. auch Ipsen, Völkerrecht, 120.
133
Vgl. Knack/Henneke, VwVfG, § 48 Rn 19; BFH DStRE 2009, 496.
134
BVerwGE 25, 299, 303; Spieth, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 60 Rn. 11; Kopp/Ramsauer, VwVfG,
§ 60 Rn. 8.
135
Vgl. Fn. 1.
- 41 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

netzagentur zum damaligen Zeitpunkt die europarechtlichen Entwicklungen durchaus bereits


bekannt waren. Allerdings kommt es angesichts des Umstandes, dass der Änderungsvertrag nur
die Fristverlängerung und nicht die Frequenzzuteilung als solches betraf, für die Frage der An-
passung des Lizenzvertrags bereits nicht auf diesen Zeitpunkt an. Zudem überlagert auch an die-
ser Stelle erneut das Vorrangprinzip bei der Anwendung des Europarechts die nationale Bestim-
mung. Da sich die Ziele der geänderten GSM-Richtlinie nur durch einen Frequenzwechsel errei-
chen lassen, der im Übrigen auch dem Verhältnismäßigkeitsprinzip gerecht würde,136 muss die
Auslegung des § 60 Abs. 1 VwVfG dieser Vorgabe Rechnung tragen.

b) Anpassungsgrund gem. § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVfG

Die Bundesnetzagentur kann gemäß § 60 Abs. 1 Satz 2 VwVfG den Vertrag auch anpassen, um
schwere Nachteile für das Gemeinwohl zu verhüten oder zu beseitigen.

Ein „schwerer Nachteil für das Gemeinwohl“ in diesem Sinne setzt eine Gefährdung bzw. Stö-
rung besonders wichtiger Interessen der Allgemeinheit voraus.137 Es muss sich um eine Situation
handeln, die unter Abwägung der Umstände des Einzelfalls das Eingreifen in den Vertrag vom
Standpunkt der Allgemeinheit für geboten erscheinen lässt.138

Die ökonomische Untersuchung von Gerpott hat diesbezüglich ergeben, dass eine Frequenzfle-
xibilisierung ohne vorhergehende Umverteilung des 900-MHz-Spektrums „die Funktionsfähig-
keit des Wettbewerbs im Mobilfunk insgesamt“ verschlechtern würde.139 Diese Auswirkungen
beträfen nicht nur finanzielle Interessen der E-Netzbetreiber, sondern laufen deutlich „den Inte-
ressen der Endkunden zuwider. Die absehbare Reduktion der Wettbewerbsintensität führt dazu,
dass mobile Datendienste weniger schnell und weniger stark sinken werden“140. Insgesamt wird
ein gesamtwirtschaftlicher Schaden von ca. 350 Mio. Euro pro Jahr prognostiziert.141 Zur Ver-
hinderung dieser Effekte sei es „geboten, dass die Bundesnetzagentur […] einen […] Frequenz-
tausch zwischen D- und E-Netzbetreibern sicherstellt.“ (Herf.d.Verf.)142

136
Hierzu Gliederungspunkt B.II.1.c)bb) auf S. 26 ff.
137
Spieth, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, § 60 Rn. 22; Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 60 Rn. 19; Bonk, in:
Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 60 Rn. 28.
138
Hennecke, in: Knack, VwVfG, § 60 Rn. 17.
139
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, V.
140
Ebd.
141
E-Plus, Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte, 4.
142
Gerpott, Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenzausstattung, V.
- 42 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Diese Umstände dürften bereits für sich genommen ausreichen, um das Vorliegen „schwerer
Nachteil für das Gemeinwohl“ anzunehmen. Jedenfalls hat aber auch an dieser Stelle eine euro-
parechtskonforme Auslegung vor dem Hintergrund des Effet Utile-Grundsatzes in Verbindung
mit der geänderten GSM-Richtlinie zu erfolgen, sodass die drohenden Nachteile als schwer ein-
zustufen sind.

c) Formelle Anforderungen und Rechtsfolge

Da es sich bei der Vertragsanpassung um eine Änderung der Frequenznutzungsrechte handelt,


sind in formeller Hinsicht die Anforderungen des Art. 14 der Genehmigungsrichtlinie zu beach-
ten.143

Im Übrigen steht auch das Recht auf Ausübung der Vertragsanpassung nach § 60 Abs. 1 VwVfG
im Ermessen der Bundesnetzagentur,144 das diese entsprechend dem unter Punkt B.II.1.c)bb) auf
S. 26 ff. skizzierten Rahmen auszuüben hat.

5. Zusammenfassung der Umverteilungsoptionen

Als Ermächtigungsgrundlage für eine Umverteilung der 900-MHz-Frequenzen kommt für die
D1- und D2-Lizenz übereinstimmend ein Frequenzwechsel gem. § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG
in Betracht. Die D1-Lizenz kann ferner teilweise widerrufen und neuverteilt werden. Der Wider-
ruf lässt sich entweder auf § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall VwVfG i.V.m. Ziff. 24.7 der D1-Lizenz
oder auf § 63 TKG stützen. Die teilweise Einziehung der D2-Lizenz mit anschließender Neuver-
teilung lässt sich auf § 60 Abs. 2 VwVfG stützen. Bei all diesen Optionen sind die gesetzlichen
Voraussetzungen erfüllt.

Maßgeblichen Einfluss auf dieses Ergebnis hat der Umstand, dass im Rahmen der Auslegung
unbestimmter Rechtsbegriffe und des Ermessens die Vorgaben der geänderten GSM-RL sowie
des neuen EU-Rechtsrahmens für elektronische Kommunikation einfließen. Dies spiegelt sich
auf Tatbestandsebene

- i.R.d. § 62 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG bei der „erheblichen Effizienzsteigerung“,


- bei Ziff. 24.7 der D1-Lizenz im Merkmal „insbesondere aufgrund internationalen Rechts“,

143
Vgl. Wegmann, in: Säcker, TKG, § 60 Rn. 8.
144
Vgl. zum Ermessensspielraum Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 53; Spieth, in: Ba-
der/Ronellenfitsch, VwVfG, § 60 Rn.14; Lorenz, DVBl. 1997, 865 (868); Erichsen, in: ders./Ehlers, Allge-
meines Verwaltungsrecht, § 26 IV Rn. 31.
- 43 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

- bei § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 55 Abs. 5 Nr. 4 TKG in der „Sicherstellung einer ef-
fizienten Frequenznutzung“,
- i.R.d. § 63 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 TKG bei der „unzumutbaren“ Beeinträchtigung des Wett-
bewerbs und „Verhinderung der Einführung frequenzeffizienter Technologien“ sowie
- bei § 60 Abs. 2 VwVfG in der „erheblichen Änderung der zugrundeliegenden Verhältnis-
se“ und den „schweren Nachteilen für das Gemeinwohl“

wider. Auf Rechtsfolgenseite sind ebenfalls das Ermessen und die Verhältnismäßigkeitsprüfung
maßgeblich durch die europarechtlichen Grundentscheidungen vorstrukturiert.

- 44 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

C. Ergebnisse

Zu Frage 1: Welche Frequenzbereiche sind von der Wettbewerbsuntersuchung im Sinne der


geänderten GSM-Richtlinie betroffen?

Im Rahmen der Untersuchung ist ausschließlich auf die möglichen Wettbewerbs-


verzerrungen im 900-MHz-Band abzustellen. Eine Einbeziehung des 800-MHz-
Bands in die Abschätzung widerspricht den klaren Vorgaben der geänderten GSM-
Richtlinie.

Zu Frage 2: Kommt es nach der geänderten GSM-Richtlinie für die Beurteilung von Wettbe-
werbsverzerrungen auf die tatsächlich flexible Nutzung der 900-MHz-Frequenzen
an oder sind die wettbewerblichen Auswirkungen abstrakt im Vorfeld der Nutzung
abzuschätzen?

Ein Rückzug der Bundesnetzagentur auf die Unmöglichkeit der Abschätzung von
Wettbewerbsverzerrungen ohne eine konkret beantragte Flexibilisierung ist nicht
zulässig und sachlich auch nicht gerechtfertigt. Vielmehr verfolgt die geänderte
GSM-Richtlinie einen „forward-looking approach“. Die Bundesnetzagentur hat
daher eine generelle, vorausschauende und in die Zukunft gerichtete Analyse der
Struktur und des Funktionierens des Wettbewerbs im flexibilisierten 900-MHz-
Bereich durchzuführen.

Zu Frage 3: Auf Basis welcher gegenwärtigen Rechtsgrundlagen kann eine Umverteilung des
900-MHz-Spektrums zur Behebung der drohenden Wettbewerbsverzerrungen erfol-
gen?

Als Ermächtigungsgrundlagen für eine Umverteilung der 900-MHz-Frequenzen


kommt ein Frequenzwechsel gem. § 60 Abs. 2 Satz 2, 2. Fall TKG und zudem für
die D1-Lizenz ein teilweiser Widerruf mit anschließender Neuzuteilung in Betracht.
Der Widerruf lässt sich entweder auf § 49 Abs. 2 Nr. 1, 2. Fall VwVfG i.V.m. Ziff.
24.7 der D1-Lizenz oder auf § 63 TKG stützen. Eine Umverteilung der D2-Lizenz
kann auf Grundlage des § 60 Abs. 1 VwVfG bewirkt werden. Bei all diesen Optio-
nen sind die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt.

- 45 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Zu Frage 4: Wäre die Ergreifung regulatorischer Maßnahmen nach Art. 14 der Genehmigungs-
richtlinie gerechtfertigt und verhältnismäßig? Und wäre ein regulatorisches Ein-
greifen in die bis 2016 laufenden Frequenznutzungsrechte gerechtfertigt und ver-
hältnismäßig?

a) Eine Änderung der Frequenznutzungsrechte der D-Netzbetreiber durch Umvertei-


lung der bestehenden Nutzungsrechte wäre gerechtfertigt und verhältnismäßig i.S.v.
Art. 14 GenehmigungsRL. Die Vorteile eines frühzeitigen Frequenzwechsels über-
wiegen gegenüber den Interessen der D-Netzbetreiber. Zum einen dient der Fre-
quenzwechsel der Schaffung eines chancengleichen Wettbewerbs i.S.d. § 2 Abs. 2
TKG. Ohne einen solchen wären die drohenden Wettbewerbsverzerrungen ganz er-
heblich. Zum anderen sind die Zielsetzungen der europarechtlichen Vorgaben zu
berücksichtigen. Nicht nur Erwägungsgrund (69) zur geänderten GenehmigungsRL
sieht vor, dass die flexiblere Frequenznutzung „wann immer möglich“ zu fördern
ist. Auch die Erwägungen zur GSM-ÄnderungsRL streben mit der Flexibilisierung
des 900-MHz-Bands eine „bestmögliche Steigerung des Wettbewerbs“ an. Ein ef-
fektiver Wettbewerb um die Einführung „einer großen Bandbreite von Diensten
und Technologien“ ist aber nur dann möglich, wenn allen Netzbetreibern genügend
Frequenzen im 900-MHz-Band zur Verfügung stehen, um UMTS-Dienste einzu-
führen, ohne dort den Betrieb von GSM einstellen zu müssen. Schließlich dient die
GSM-Änderungsrichtlinie ausweislich ihres Erwägungsgrundes (4) dazu, die euro-
päische „i2010-Initiative“ zur Förderung einer europaweiten Informationsgesell-
schaft für Wachstum und Beschäftigung zu unterstützen. Es geht im Interesse der
Nutzer darum, durch die schnellstmögliche Flexibilisierung der Frequenznutzung
im 900-MHz-Band breitbandige Netzzugangstechniken frühzeitig bedarfsgerecht
und flächendeckend einzuführen. Die Verbesserung der Versorgung der Nutzer mit
breitbandigen Netzzugängen ist ein überragendes Ziel der Telekommunikationspo-
litik. Durch die Ermöglichung eines chancengleichen Wettbewerbs um die Einfüh-
rung multipler Dienste im 900-MHz-Band werden die Wettbewerbsbedingungen
auf dem Endkundenmarkt gefördert. Dies wird wiederum attraktivere Endkunden-
angebote ermöglichen, wodurch letztlich die Bedürfnisse aller Mobilfunknutzer
bestmöglich befriedigt werden können.

b) Schließlich wäre ein regulatorisches Eingreifen auch vor dem Hintergrund der be-
stehenden Frequenznutzungsrechte, die von der Bundesnetzagentur bis 2016 ver-
längert wurden, gerechtfertigt und verhältnismäßig. Dies ergibt sich zum einen aus
- 46 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

der Ratio des § 55 Abs. 8 TKG, wonach eine Frequenzzuteilung bzw.


-verlängerung nie unabhängig von den Voraussetzungen des § 55 Abs. 5 TKG bzw.
des § 63 TKG (oder sonstiger Widerrufsgründe) gewährt werden kann. Daraus
folgt, dass der Gesichtspunkt des Bestandsvertrauens hier nicht zu berücksichtigen
ist, da die D-Netzbetreiber als Betroffene aufgrund der gesetzlichen Regelungen
stets mit der Möglichkeit des Widerrufs rechnen müssen. Zum anderen folgt dies
auch aus der Existenz der Regelung des § 60 Abs. 2 Satz 2 TKG, der gerade die
Möglichkeit eines Frequenzwechsels während des laufenden Genehmigungszeit-
raums vorsieht.

- 47 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Literaturverzeichnis

Allesch, Erwin, Kommentierung von § 36, in: Klaus Obermayer (Hrsg.), VwVfG, 3. Aufl., Neu-
wied u.a. 1999.

Bünder, Helmut, EU zweifelt an Frequenzvergabe, Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) vom


9.10.2009, http://www.faz.net/s/RubE2C6E0BCC2F04DD787CDC274993E94C1/Doc~E3
A6EDA6E026C44F796CF7D8479EF98D6~ATpl~Ecommon~Scontent.html (Stand:
9.9.2010).

Bundesnetzagentur, Diskussionspapier der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommu-


nikation, Post und Eisenbahnen zur Vorbereitung eines Konzepts zur Flexibilisierung der
Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 MHz und 1800 MHz (K 9|18 – Diskussi-
onspapier), Bonn 2008, http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/90734/
publicationFile/2746/Diskussionspapier.pdf (Stand: 9.9.2010).

Bundesnetzagentur, Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektri-


zität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009 über die Verbin-
dung der Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 790 bis 862 MHz sowie 1710 bis 1725
MHz und 1805 bis 1820 MHz mit dem Verfahren zur Vergabe von Frequenzen in den Be-
reichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von
Telekommunikationsdiensten (Entscheidung der Präsidentenkammer vom 7.4.2008, Az.:
BK1-07/003 über die Anordnung und die Wahl des Vergabeverfahrens sowie über die
Festlegungen und Regelungen im Einzelnen) sowie über die Festlegungen und Regelungen
für die Durchführung des Verfahrens zur Vergabe von Frequenzen in den Bereichen 800
MHz, 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang zum Angebot von Te-
lekommunikationsdiensten (Auktionsregeln); Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 9, 61
Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und 5, 132 Abs. 1 und 3 TKG, ABl.BNetzA 20/2009 vom
21.10.2009, 3623-3804.

Bundesnetzagentur, Entscheidungen der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur für Elektri-


zität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen vom 12.10.2009 zur Vergabe von
Frequenzen in den Bereichen 1,8 GHz, 2 GHz und 2,6 GHz für den drahtlosen Netzzugang
zum Angebot von Telekommunikationsdiensten; Entscheidung gemäß §§ 55 Abs. 9, 61
Abs. 1, Abs. 2, Abs. 4 und 5, 132 Abs. 1 und 2 TKG, ABl.BNetzA 5/2010 vom 17.3.2010,
900.

Bundesnetzagentur, Impulspapier der Bundesnetzagentur für Elektrizität. Gas, Telekommunika-


tion, Post und Eisenbahnen für die Untersuchung nach Art. 1 Abs. 2 der Richtlinie
87/372/EWG in der Fassung der Richtlinie 2009/114/EG („Frequenzverteilungsuntersu-
- 48 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

chung“), Bonn 2010, http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/159006/


publicationFile/8295/ImpulspapierFreqVertUntersuchg_pdf (Stand: 9.9.2010).

Bundesnetzagentur, Jahresbericht 2009, Bonn 2010, http://www.bundesnetzagentur.de/


cae/servlet/contentblob/152206/publicationFile/7883/Jahresbericht2009Id18409pdf.pdf
(Stand: 9.9.2010).

Bundesnetzagentur, Konzept der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,


Post und Eisenbahnen zur Vergabe weiteren Spektrums für den digitalen öffentlichen zel-
lularen Mobilfunk unterhalb von 1,9 GHz vom 21.11.2005, ABl.BNetzA 23/2005 vom
30.11.2005, 1852 ff., http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/85420/
publicationFile/2762/GSMKonzeptAmtsblattVfg88Id4284pdf.pdf (Stand: 9.9.2010).

Bundesnetzagentur, Tätigkeitsbericht 2008/2009 Telekommunikation, Bonn 2009,


http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/contentblob/143490/publicationFile/1111/Ta
etigkeitsberichtTK20082009_Id17897pdf.pdf (Stand: 9.9.2010).

E-Plus, Anforderungen an ein wettbewerbsförderndes Telekommunikationsgesetz, Düsseldorf


2010, http://www.scribd.com/doc/30228049/E-Plus-Stellungnahme-zum-TKG-2010
(Stand: 9.9.2010).

E-Plus, Flexibilisierung der Frequenznutzungsrechte in den Bereichen 900 MHz und 1800 MHz,
Stellungnahme der E-Plus Mobilfunk GmbH & Co. KG zum K 9|18-Diskussionspapier der
Bundesnetzagentur, Düsseldorf 2009, http://www.bundesnetzagentur.de/cae/servlet/
contentblob/90704/publicationFile/2757/EPlusMobilfunk15566pdf.pdf (Stand: 9.9.2010).

Erichsen, Hans-Uwe, § 26, in: ders./ Dirk Ehlers (Hrsg.), Allgemeines Verwaltungsrecht, 12.
Aufl. Berlin 2002.

Europäische Kommission, Empfehlung der Kommission vom 28. Oktober 2009 zur leichteren
Freisetzung der digitalen Dividende in der Europäischen Union (2009/848/EG), ABl.EU L
308 vom 24.11.2009, 24-26.

Europäische Kommission, Entscheidung der Kommission vom 16. Oktober 2009 zur Harmoni-
sierung des 900-MHz-Bands und des 1800-MHz-Bands für terrestrische Systeme, die eu-
ropaweite elektronische Kommunikationsdienste in der Gemeinschaft erbringen können
(2009/766/EG), ABl.EU L 274 vom 20.10.2009, 32-35.

Frenz, Walter, Handbuch Europarecht, Band 3: Beihilfe- und Vergaberecht, Berlin 2010.

Gayer, Bernhard, Kommentierung von § 49, in: Johann Bader/ Michael Ronellenfitsch (Hrsg.),
Verwaltungsverfahrensgesetz – Kommentar, München 2006.

- 49 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Gerpott, Torsten J., Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-


Frequenzausstattung von Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland, Duisburg 2010.

Gerpott, Torsten J., Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der Öffnung von GSM-
Frequenzen für den UMTS-Markt in Deutschland, Duisburg 2007, (unveröffentlicht).

Gerpott, Torsten J., Zwischen Bangen und Hoffen: Aktuelle Entwicklungen auf TK-
Dienstemärkten, net 63 (2009), 36-38.

Göddel, Guido, Kommentierung von § 63, in: Beck’scher TKG-Kommentar, 3. Auflage, Mün-
chen 2006.

Hahn, Rüdiger/ Andreas Hartl, Kommentierung von § 60, in: Klaus-Dieter Scheurle/ Thomas
Mayen (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz – Kommentar, 2. Aufl., München 2008.

Höffler, Felix, Versteigerung von Marktzutrittschancen in Netzindustrien am Beispiel der 800-


MHz-Mobilfunkaution, Netzwirtschaft und Recht (N&R) 2009, 230-235.

Ipsen, Knuth, Völkerrecht, 5. Aufl., München 2004.

Kloepfer, Michael, Kettenverwaltungsakte und Widerrufsvorbehalt – Zur Zulässigkeit befristeter


Verwaltungsakte, DVBl. 1972, 371-378.

Knack, Hans-Joachim/ Hans-Günter Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz – Kommentar, 9.


Aufl., Köln 2010.

Koenig, Christian/ Christopher Hasenkamp, Die verfahrensrechtlichen Anforderungen an die


Vergabe von Frequenzen aus der Digitalen Dividende, Kommunikation und Recht (K&R)
2009, 696-701.

Koenig, Christian/ Christopher Hasenkamp, Rechtsgutachten zu einer Präsidentenkammerent-


scheidung der Bundesnetzagentur betreffend die Verbindung eines Vergabeverfahrens für
die Frequenzen im Beriech 800 MHz mit dem bereits eingeleiteten Vergabeverfahren für
Frequenzen im Bereich von 1800 MHz, 2,0 und 2,6 GHz sowie die Auswahl der Vergabe-
verfahrensart nach § 61 TKG und die Absicherung der Diskriminierungsfreiheit von Fre-
quenzvergabeentscheidungen, Bonn 2009.

Kopp, Ferdinand/ Ulrich Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz – Kommentar, 11. Aufl.,


München 2010.

Korehnke, Stephan, 8. Abschnitt – Telekommunikationsrecht, in: Rolf Schwartmann (Hrsg.),


Praxishandbuch Medien-, IT- und Urheberrecht, 272-308, Heidelberg 2008.

- 50 -
Prof. Dr. Bernd Holznagel Rechtsgutachten Frequenzflexibilisierung, Sept. 2010

Lorenz, Dieter, Der Wegfall der Geschäftsgrundlage beim verwaltungsrechtlichen Vertrag,


DVBl. 1997, 865-873.

Marwinski, Klaus-Udo, Kommentierung der §§ § 60 und 55, in: Hans-Wolfgang Arndt/ Thomas
Fetzer/ Joachim Scherer (Hrsg.), Telekommunikationsgesetz – Kommentar, Berlin 2008.

Maurer, Hartmut, Allgemeines Verwaltungsrecht, 14. Aufl., München 2002.

Monopolkommission, Telekommunikation 2009: Klaren Wettbewerbskurs halten, Bonn 2009,


http://www.monopolkommission.de/sg_56/s56_volltext.pdf (Stand: 9.9.2010).

Müller, Jörg, Kommentierung von § 48, in: Johann Bader/ Michael Ronellenfitsch (Hrsg.), Ver-
waltungsverfahrensgesetz – Kommentar, München 2006.

Potacs, Michael, Effet utile als Auslegungsgrundsatz, EuR 2009, 465-488.

Radio Spectrum Policy Group (RSPG), Wireless Access Policy for Electronic Communications
Services (WAPECS) – A more flexible spectrum management approach, RPSG Opinion
No. 3 (RSPG05-102 final) v. 23.11.2005, http://rspg.groups.eu.int/_documents/documents/
opinions/rspg05_102_op_wapecs.pdf (Stand: 9.9.2010).

Sachs, Michael, Kommentierung von § 48, in: Paul Stelkens/ Heinz Bonk/ Michael Sachs
(Hrsg.), Verwaltungsverfahrensgesetz – Kommentar, 7. Auflage, München 2008.

Schröder, Meinhard, Verlängerungsverwaltungsakt und Änderungsverwaltungsakt, NVwZ 2007,


532-537.

Stelkens, Paul, Kommentierung von § 36, in: ders./ Heinz Bonk/ Michael Sachs (Hrsg.), Verwal-
tungsverfahrensgesetz – Kommentar, 7. Aufl., München 2008.

Wegmann, Winfried, Kommentierung von § 55, in: Franz Jürgen Säcker (Hrsg.), Berliner Kom-
mentar zum Telekommunikationsgesetz, 2. Auflage, Frankfurt a.M. 2009.

Wiesbeck, Werner, Vergleich der UMTS-Versorgung bei 900 und 1800 MHz, Karlsruhe 2007.

Wissenschaftliches Institut für Infrastruktur und Kommunikationsdienste GmbH (WIK), Flexibi-


lisierung der Frequenzregulierung – Studie für die Bundesnetzagentur, Bad Honnef 2005.

Wolff, Hans Julius/ Winfried Kluth/ Rolf Stober, Verwaltungsrecht, Bd. 2, 7. Aufl., München
2010.

- 51 -

You might also like