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Juni 1999
MEDIENDOKUMENTATIONEN
MEDIENHAUSER BAUEN AB
Von Shraga Elam
Die Dokumentationen in den Medienhäusern werden immer stärker automatisiert. Doch ob die
Medienhäuser wirklich Zeit und Kosten sparen, wenn sie auf Personal verzichten und die
Recherche ganz auf die Journalisten übertragen, ist fraglich. Es scheint, dass sie das
journalistische und kommerzielle Potential nicht erkennen.
Die Mediendokumentalisten scheinen den Übergang vom Papier- zum EDV-Zeitalter nicht zu
schaffen. obwohl sie in Zeiten der Informationsflut Spezialisten in der Auswahl zwischen
relevanten und überflüssigen Meldungen wären. Die Schweizer Medienhäuser versuchen mit
dem Einsatz moderner Technologien Geld zu sparen, vor allem im Personalbereich. Statt dessen
könnten sie eine Qualitätssteigerung anstreben und in neue Märkte vorstossen mit dem Asset
von Millionen von archivierten Zeitungsartikeln. Zum Beispiel haben SF DRS. TA-Media
und Ringier, die seit 1996 an der Schweizer Mediendatenbank (S.MD) beteiligt sind, die
Recherchierarbeit immer mehr auf die Journalisten verlagert. In der Folge beschränkt sich die
dokumentalistische Arbeit nur noch auf den Input. Da dieser Bereich weiter automatisiert wird,
wird es vielleicht bald die Mediendokumentation ohne Dokumentalisten geben. Auch wenn
die dezentralen Zugriffsmöglichkeiten auf die SMD gut und die Zufriedenheit der Journalisten
hoch ist, so fallen seriöse Kosten-Nutzen-Analysen weg. Die Qualitätseinbussen, verursacht
durch den Einsatz mangelhafter technischer Lösungen und den Verzicht auf die Leistungen
erfahrener Rechercheure, werden nicht realisiert oder in Kauf genommen. Diese Entwicklung
überrascht nur zum Teil, denn nicht alle Medienhäuser pflegen überhaupt ein eigenes Archiv,
wo das eigene Produkt systematisch aufbewahrt wird oder Fremdpublikationen
(Dokumentation) ausgewertet werden. Erstaunlicherweise wird im Medienbereich keine
kausale Beziehung zwischen der dokumentalistischen Arbeit und der Qualität einer Zeitung
oder ei nes Journalisten wahrgenommen.
Die NZZ beispielsweise pflegte bis vor kurzem lediglich die Archivierung der eigenen
Publikation und verfügte über keinen systematischen Zugriff auf fremde Quellen.
Dass es auch sehr lohnende kommerzielle Perspektiven gibt, versucht der innovative
Medienwissenschaftler Christoph Glauser mit seiner 1998 gegründeten
Media Monitoring Switzerland (MMS) zu zeigen. Zwar befindet sich die MMS
immer noch in einer Investitionsphase. Sie hat bisher ausschliesslich Medienanalysen im
Auftrag von diversen Kunden durchgeführt. Nach Aussagen von Glauser werde sich mit
der elektronischen Mediendokumentation ein interes-santer Geschäftsbereich entwickeln.
Es stellt sielt die Frage. warum die Verleger diese Entwicklung verschlafen haben und jetzt
mit Besorgnis die Aktivitäten der MMS verfolgen müssten. Die Befürchtungen der
Verleger könnten sogar zunehmen, wenn in Einrichtungen wie der MMS ausgewählte
Hintergrundinformationen, besonders Nachrichten als elektronische Dossiers zu
bestimmten Themen von Dokumentalisten speziell markiert und sogar beschlagwortet
würden.
Damit wird nur eine kommerzielle Möglichkeit geschildert. Das Internet und im speziellen
die E-Mail bieten der Mediendokumentationsbranche die Möglichkeit, aktive
Informationsverteilung zu betreiben. Denn während der normale Medienkonsument
immer mehr Infotainment wünscht, gibt es bei bestimmten Gruppen Bedürfnisse nach
qualitativer Information. Es gilt. dieses Zielpublikum und seine spezifischen Bedürfnisse
nach altem und neuem Archivmaterial zu identifizieren und die Informationen zu vertreiben.