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Die Praxis des Brahmacharya

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Inhaltsverzeichnis
Anmerkung des Verlegers - 5
Gebet für Reinheit - 6
Abschnitt I. Das Phänomen der Sexualität - 6
1. Die heutige Entartung - 6
1.1 Die Welt ist so sexy - 7
1.2 Spirituelle Praxis ist die Antwort auf sex. Anziehungskraft - 9
1.3 Brahmacharya - die Notwendigkeit der Stunde - 10
2. Die Funktion des Geschlechtstriebs - 11
2.1 Der blumige Bogen des Amors - 12
2.2 Eindrücke im Unterbewusstsein - 13
2.3 Wie man seine geistige Reinheit misst - 15
2.4 Die Ausrottung der Lust - 16
3. Die Intensität der Begierden - 18
3.1 Leidensch. in der Kindheit, in der Jugend und im Alter - 18
3.2 Sexuelle Gedanken in Weisen, Spirituellen und Vätern - 19
3.3 Die Lust in Mann und Frau - 20
3.4 Die enthaltsam lebenden Dani - 21
4. Sex ist eine Einbildungskraft - 22
4.1 Schönheit ist ein Trick der Natur - 23
4.2 Irreführende Beschreibungen der Schönheit einer Frau - 24
4.3 Die Leidenschaft blendet den Intellekt - 25
5. Der verhängnisvolle Nachteil des sexuellen Genusses - 26
5.1 Feuchte Träume und normaler Geschlechtsverkehr - 27
5.2 Jugend mit blutleeren Gesichtern - 28
5.3 Das männliche Sperma (Energieverlust) - 32
5.4 Mantak Chia's taoistische Sexualpraktiken - 36
6. Der Wert des Samens - 38
6.1 Moderne medizinische Auffasungen - 40
6.2 Verstand, Prana und Samen - 40
6.3 Männliche Sterilisation (Vasektomie) - 41
Abschnitt II - Die Glorie des Brahmacharya - 43
7. Die Bedeutung des Brahmacharya - 43
7.1 Die acht Verstöße des Brahmacharya - 44
7.2 Körperliches und geistiges Brahmacharya - 45
7.3 Eine allgemeine Klage - 46

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8. Die Glorie des Brahmacharya - 47
8.1 Das Geheimnis der Gesundheit und Langlebigkeit - 48
8.2 Brahmacharya fördert die Konzentration - 49
9. Die Bedeutung von Brahmacharya im spirituellen Leben - 51
9.1 Das Zölibat in den verschiedenen Religionen - 53
9.2 Brahmacharya, die Grundlage des spirituellen Lebens - 56
9.3 Brahmacharya im fernöstlichen Mönchstum - 58
10. Brahmacharya für Familienväter - 62
10.1 Was bedeutet Brahmacharya in der Ehe? - 63
10.2 Wenn die Frau zur Mutter wird - 65
10.3 Das Leben in einer spirituellen Partnerschaft - 65
11. Frauen und Brahmacharya - 66
11.1 Brahmacharinis - einst und heute - 67
11.2 Ein lockeres Leben ist kein Freiheit - 69
11.3 Der Ruf zum spirituellen Leben - 69
12. Brahmacharya und die pädagogische Arbeit - 70
12.1 Die Nachteile der heutigen Erziehung - 71
12.2 Die Aufgabe der Lehrer und Eltern - 72
13. Einige ideale Brahmachrins - 74
13.1 Hanuman, der Affengott - 74
13.2 Sri Lakshmana - 75
13.3 Bhishma - 76
Abschnitt III: Die Technik der sexuellen Sublimation - 78
14 Unterdrückung und Sublimation - 78
14.1 Von sexueller Energie zu spiritueller Energie - 79
14.2 Das Geheimnis der sexuellen Sublimation - 80
14.3 Vollkommene Sublimation ist nicht unmöglich - 82
14.4 Umwandlung des Samens in spirituelle Energie? - 83
15. Heiraten oder nicht heiraten? - 89
15.1 Ist ein Zölibat möglich? - 89
15.2 Ein dummes Argument der Epikureer - 90
15.3 Die Natur der Liebe in der Ehe - 92
15.4 Mönch oder Familienvater? - 94
15.5 Der Akhanda Brahmachari - 95
16. Der Umgang mit dem anderen Geschlecht - 96
16.1 Die Gefahren einer ungezügelte Phantasie - 97
16.2 Der verbotenen Früchte Gottes für den Yogi - 99
17. Stoppe das lüsterne Schauen - 101
17.1 Kümmere dich um das Gefühl hinter den Blicken - 101

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17.2 Wie man unreine Gedanken beseitigt - 103
18. Ernährung und Sexualität - 104
18.1 Gesunde Lebensmittel - 104
18.2 Lebensmittel, die der Yogi meiden sollte - 105
18.3 Maßhalten bei der Ernährung - 106
18.4 Das Fasten - eine reinigende Übung - 106
19. Feuchte Träume und Samenverlust - 108
19.1 Normale und krankhafte Pollution - 109
19.2 Ursachen und Konsequenzen - 109
19.3 Masturbation und Zorn - 110
19.4 Eine gesunde Ernährung und Verdauung - 111
19.5 Stehe morgens um 4 Uhr auf - 111
19.6 Nimm Zuflucht zum Namen Gottes - 112
19.7 Heilung bei Krankheiten - 113
20. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Brahmacharya - 114
20.1 Die Kontrolle des Gaumens - 114
20.2 Meide schlechte Gesellschaft - 115
20.3 Beobachte die Gedanken - 116
20.4 Satsanga, das Zusammentreffen mit Weisen - 117
20.5 Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit - 118
20.6 Eine Klarstellung - 119
20.7 Ein Gelübde ist eine große Hilfe - 120
20.8 Willenskontrolle und Autosuggestion - 121
20.9 Ändere den Blickwinkel - 122
21. Hatha Yoga ist die Lösung - 124
21.1 Siddhasana (halber Lutussitz) - 124
21.2 Sirhasana, der Kopfstand - 125
21.3 Sarvangasana, der Schulterstand - 125
21.4 Matsyasana, der Fisch - 126
21.5 Padangushthasana, die Zehenspitzenstellung - 127
21.6 Anweisungen für die Yogapraxis - 129
21.7 Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels) - 130
21.8 Jalandhara Bandha (Kinnverschluss) 135
21.9 Uddiyana Bandha (Bauchverschluss) - 135
21.10 Nauli Kriya (Darmreinigung) - 138
21.11 Maha Mudra (Großes Siegel) - 139
21.12 Yoga Mudra, das Siegel des Yoga - 140
21.13 Anuloma Viloma (Wechselatmung) - 141
21.14 Bhastrika (Blasebalg) - 141
21.15 Tipps zu Atemübungen - 142
21.16 Vajroli Mudra (Aufsaugen des Samens m.d. Penis) - 142
22. Einige veranschaulichende Geschichten - 144

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22.1 Die Energie der Sinneslust - 144
22.2 Sokrates und seine Schüler - 145
22.3 Desires never dies - Wünsche sterben nie - 145
22.4 Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit - 146
22.5 Schönheit liegt im Auge des Betrachters - 148
22.6 Körperliche Schönheit ist keine Schönheit - 151
22.7Wie kontrolliert man die Lust? - 152
22.8 Ausgewählte Worte - 152
Abschnitt IV. Ein Symposium - 154
23. Kommentare von Swami Chidananda - 154
23.1 Die Aufrechterhaltung der Arten - 160
23.2 Die Kraft des Brahmacharya - 160
23.3 Die Aufgaben der Familienväter - 162
23.4 Brahmacharya in der modernen Gesellschaft - 163
23.5 Vorteile des Brahmacharya - 169
23.6 Bücher über Brahmacharya - 172
24. Die überragende Bedeutung des Brahmacharya (Sw. Chidananda) - 172
24.1 Die vier Ziele des Lebens - 172
24.2 Die Bedeutung des Dharma - 174
24.3 Energieerhaltung im spirituellen Leben - 175
24.4 Die sexuelle Energie - 177
24.5 Der menschliche Körper verglichen mit einer Villa - 178
24.6 Wie man über die Sexualität hinauswächst - 179
24.7 Freiwilliges Zölibat ist keine Unterdrückung - 180
25. Brahmacharya - Ausdruck des Bewusstseins (Sw.Krishnananda) - 181
25.1 Wie die sexuelle Energie vergeudet wird - 182
25.2 Brahmacharya und Brahma-Verwirklichung - 184
25.3 Das Individuum - Ein Zentrum des Drucks - 185
25.4 Stress und Spannung - Ursache und Heilung - 186
25.5 Durch die Sinne droht Verwüstung - 186
25.6 Wünschen - ein metaphysisches Übel - 187
25.7 Befreiung aus der Umklammerung der Natur - 188
26. Geburtenkontrolle (Swami Sivananda) - 190
26.1 Anweisungen für Familienväter - 190
26.2 Die Bevölkerungsentwickl. sollte kontrolliert werden - 191
26.3 Gefahr der künstlichen Verhütung - 193
27. Wird sexuelle Energie in Ojas Shakti umgewandelt? - 196
27.1 Das Sexualleben der Löwen und Tiger - 201
27.2 Erleuchtung = selbstinduzierte epilept. Mikroanfälle? - 202

Anmerkung des Verlegers Inhaltsverzeichnis

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Instinkte und der Hunger nach sinnlicher Lust sind Teil dieser Welt.
Sinnliche Impulse und biologische Antriebe sind sowohl beim Tier als auch
beim Menschen vorhanden. Die Sexualität ist eine der wesentlichsten
Aspekte im menschlichen, tierischen und pflanzlichen Leben. Während die
Sexualität bei den Pflanzen und Tieren weitgehend durch die Natur geregelt
wird (Brunftzeit, Pollenpflug), bleibt es dem Menschen selber überlassen,
sie zu regeln. Die umfangreichen und alten Heiligen Schriften der Welt
bieten der menschlicher Gesellschaft spezifische Richtlinien und
Regelungen in dieser Hinsicht an. In Indien folgten unsere Vorfahren den
vedischen Schriften, die ausführlich beschreiben, wie man sich eine gute
Gesundheit, ein langes Leben und geistiges Wohlergehen erhalten kann.
Aber leider werden in der heutigen Welt und besonders unter den gebildeten
Leuten, in allen Schichten der Gesellschaft und in allen Altersklassen, die
Normen der Führung der Heiligen Schriften abgelehnt, so dass die Zahl der
körperlich und geistig Erkrankten täglich zunimmt. Ein Grund für diese
traurige Sachlage, ist die Unwissenheit des modernen Menschen bezüglich
der Schätze seiner Heiligen Schriften.
Swami Sivananda kam in den frühen dreißiger Jahren aus Indien, um diese
Unwissenheit der Leute zu beenden, indem er die alten Weisheiten der
Menschen des Altertums durch seine Schriften verbreitete. Es ist weithin
bekannt, dass Sweami Sivananda, dessen Liebe für die Menschheit keine
Grenzen kannte, eine Anzahl von Büchern hinsichtlich der Gesundheit, der
Hygiene und der Medizin schrieb. Eines seiner Bücher war das vorliegende
Buch „Die Praxis des Brahmacharya“, das sich größtenteils mit dem Thema
von Ehelosigkeit (Zölibat) beschäftigt und dort, wo Ehelosigkeit nicht
möglich war, sich für ein reguliertes Sexualleben einsetz. Dieses Buch ist
seit der Veröffentlichung sehr populär. Die Gedanken über die Sexualität
und die sexuelle Sublimation (Umwandlung) sind in diesem Buch
ausführlich von Swami Sivananda beschrieben. Im vorliegenden Buch sind
alle Gedanken und Empfehlungen Swamijis bezüglich der Sexualität und
der Ehelosigkeit beschrieben und redigiert worden. Damit soll der
Öffentlichkeit und besonders der jüngeren Generation, ein Leitfaden zum
wichtigen Thema der sexuellen Sublimation in die Hand gegeben werden.
Dieses sollte als ein Akt der Nächstenliebe für die moderne Jugend
verstanden werden, die häufig tastend in der Dunkelheit von einer
verantwortungslosen Gesellschaft allein gelassen wird. Heutzutage hören
wir häufig von jugendlicher Gesetzesverletzung. Aber diese jugendliche
Gesetzesverletzung ist das Resultat der Verantwortungslosigkeit der
Erwachsenen. Die Jugend der Welt sehnt sich nach Anleitung, die häufig
aber nicht von den Eltern, von den Lehrern oder von der Gesellschaft
vermittelt wird. Wir hoffen, dass dieses Buch von Swami Sivananda die
oben erwähnte Wissenslücke schließen und der Jugend der Welt das Wissen
und die Anleitung bieten kann, die sie so reich in diesem lebenswichtigen
Bereich verdient, der ihr körperliches, geistiges und ethisches Wohl
beeinflusst. Wir beten, dass der Segen des heiligen Meisters sich auf alle
ergießen kann, die es wagen wollen, die folgenden Seiten durchzulesen und
ein neues Kapitel in ihrem Leben zu erschließen. Mögen alle gesund,
glücklich und spirituell gesegnet sein.
8th September, 1988. - The Divine Life Society

Gebet für Reinheit Inhaltsverzeichnis


O liebevoller Lord des Mitleids! He Prabhu! (Gott) Die Seele meiner Seele,

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das Leben meines Lebens, Verstand meines Verstandes, das Ohr meiner
Ohren, Licht der Lichter, Sonne der Sonnen! Schenk mir Licht und
Reinheit. Lass mich in körperliches und geistiges Brahmacharya fest
etabliert sein. Lass mich in Gedanken, Worten und in der Tat rein sein. Gib
mir die Kraft, meine sinnlichen Wünsche zu beherrschen und Brahmacharya
zu beachten. Schütze mich vor allen Versuchen dieser Welt. Lass alle meine
Sinne auf dich gerichtet sein. Lösche alle meine sexuellen Gewohnheiten
und Begierden, auch die geheimen subtilen Wünsche. Lösche das Begehren
aus meinem Verstand. Mach mich zu einem aufrechten Brahmachari. Lehre
mich, tugendhaft und rechtschaffend zu sein. Lehre mich die Reinheit, die
du anderen Swamis vor mir gelehrt hast. Verzeihe mir alle meine Vergehen.
Ich bin dein. Schütze mich, führe mich, erleuchte mich. Om.

Geweiht der Jugend der Welt

Abschnitt I: Das Phänomen der Sexualität Inhaltsverzeichnis


1. Die heutige Entartung Inhaltsverzeichnis
Es gibt eine große Verwirrung unter den Männern. Die Verwirrung liegt
darin, dass sie die Frauen nicht verstehen. Es gibt eine ebenso große
Verwirrung unter den Frauen. Sie liegt darin, dass sie die Männer nicht
verstehen. Gleichgültig wo du auch hingehst, ob nach Amsterdam, London
oder New York. überall auf der Welt wirst du die gleichen Erfahrungen
machen. Du wirst nur zwei Dinge finden, Sex und Ego. Der sexuelle
Instinkt ist der größte Antrieb im menschlichen Leben. Sexuelle Energie
oder Sinneslust, ist der am tiefsten im Menschen verwurzelte Instinkt. Die
sexuelle Energie fesselt vollständig den menschlichen Verstand, die Sinne,
den ganzen Körper. Es ist der älteste Faktor, der in das menschliche Dasein
eingegangen ist. Ein Mann hat viele Wünsche. Aber der stärkste Wunsch, ist
der Wunsch nach sexuellen Kontakten. Der grundlegendste Wunsch, ist der
Wunsch nach einer Partnerin. Alles hängt von diesem zentralen Wunsch ab.
Der Wunsch nach Geld, der Wunsch nach Nachkommen, der Wunsch nach
Eigentum, der Wunsch nach einem Haus, der Wunsch nach Viehhaltung
und andere Wünsche kommen später.
Damit die Schöpfung weiterhin aufrecht erhalten werden kann, hat Gott den
sexuellen Wunsch sehr stark ausgeprägt. Andernfalls würde es den
Verwirklichten, die die Verhaftung an die Sexualität überwunden haben,
nicht so leicht fallen, einen Universitätsabschluss zu erlangen. Es ist nicht
schwer, einen Universitätsabschluss zu erlangen. Es verlangt ein wenig
Geld, Gedächtnis, Intelligenz und ein wenig Fleiß. Aber es ist ein
schwieriges Unternehmen, den sexuellen Impuls zum Stillstand zu bringen.
Derjenige, der vollständig die Sinneslust abgelegt hat und geistiges
Brahmacharya verwirklicht hat, ist Brahman oder Gott selbst. Diese Welt ist
nichts als Sex und Ego. Ego ist die Hauptsache. Ego ist die Basis. Sex und
Ego hängen zusammen. Ist das Ego durch die Beantwortung der Frage "Wer
bin ich?" zerstört, nehmen die sexuellen Ideen reiß aus. Der Mensch, der
Meister seines Schicksals, hat seinen göttlichen Ruhm verloren und ist
durch Unwissenheit zum Sklaven, zum Werkzeug, in den Händen der
Sexualität und des Egoismus geworden. Sex und Ego sind das Produkt der
Unwissenheit. Der Beginn des Wissens des Selbst vernichtet diese zwei
Feinde von Atman (der Seele), die zwei Räuber Sex und Ego, die uns das
illusorische „Ich“ vortäuschen.

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Der Mensch hat sich in hohem Grade selbst degradiert, indem er zur
Marionette seiner Neigungen wurde. Leider! Er ist zu einer nachahmenden
Maschine geworden. Er hat seine Kraft zur Unterscheidung verloren. Er ist
in eine erniedrigende Form der Sklaverei gesunken. Was für ein trauriger
Zustand. In der Tat, eine beklagenswerte Lage. Wenn er sich wünscht,
seinen verlorenen göttlichen Zustand wieder zurück zu gewinnen, muss sein
vollständiges Sein, müssen seine sexuellen Wünsche, vollständig durch
göttliche Gedanken und regelmäßige Meditation umgewandelt werden. Die
vollständige Umwandlung der sexuellen Wünsche ist eine sehr starke,
wirkungsvolle und zufriedenstellende Weise, ewiges Glück zu
verwirklichen.

1.1 Die Welt ist so sexy Inhaltsverzeichnis


Leidenschaften regieren die Welt. Der Verstand der Leute ist mit sexuellen
Gedanken gefüllt. Die Welt ist so sexy. Die ganze Welt befindet sich in
einem enormen sexuellen Rauschzustand. Alle werden permanent getäuscht
und bewegen sich mit einem kollektiv pervertiertem Intellekt durch die
Welt. Es gibt keine Gedanken an Gott. Es gibt kein Reden über Gott. Statt
dessen wird über Mode, Restaurants, Hotels, Abendessen, Tanzen,
Autorennen und Kino geredet. Es wird über Essen, Trinken und Sex
gesprochen. Das ist schon fast alles, worüber die Menschen reden. Die
Leidenschaft nach äußerer Schönheit hat nicht nur in London, Paris und in
Lahore Einzug gehalten. Sie ist selbst in Madras unter den jungen
Brahmanenfrauen der orthodoxen Familien zu finden, die ihre Gesichter mit
Kirschblütenpuder und Hazeline-Schnee (Hautcreme) schminken, anstelle
mit heiligem Gelbwurzpuder und die ihr Haar wie die französischen
Mädchen tragen. Diese Art der Nachahmung ist in den Verstand unserer
Jungen und Mädchen in Indien gekrochen. Die heiligen Empfindungen und
Lehren der alten Weisen wurden total ignoriert. Was für ein
bedauernswerter Zustand!
Sie nehmen alles an, wenn nur ein Johnson oder Russel etwas über die
Theorie der Evolution, der Bewegung des Atoms, der Relativität oder die
Transzendentalphilosophie vortragen. Beschämend in der Tat! Ihre Gehirne
werden alle mit ausländischen Partikeln verstopft. Sie unterscheiden nicht
zwischen gut und schlecht. Sie saugen einfach alles auf. Dadurch gibt es
heutzutage eine Verkümmerung unter den jungen Leuten in Indien. Dieses
ist das Zeitalter, in dem man zu bequem ist, einen kurzen Weg, ohne eine
Rickschah, ein Auto, eine Straßenbahn, ein Fahrrad oder eine Kutsche, zu
Fuß zu gehen. Was für ein schreckliches künstliches Leben! Junge Männer
ahmen heutzutage wahllos den Westen nach. Dieses endet mitunter in ihrem
Ruin. Sie werden durch die Sinneslust beeinflusst. Sie verlieren den rechten
Sinn für Rechtschaffenheit. Sie unterscheiden nicht mehr zwischen richtig
und falsch. Sie verlieren jedes Schamgefühl.
Seht, wie die Kriminalität zugenommen hat. Raub, Entführung, Kidnapping,
Körperverletzungen, Morde. Das sind die Verbrechen, die immer öfter von
den Gerichten verurteilt werden. Die Sinneslust ist die Wurzel dieses Übels.
Es kann Sinneslust für Geld oder Sinneslust für sexuelles Vergnügen sein.
Sinneslust ruiniert das Leben, den Glanz, die Stärke, die Vitalität, das
Gedächtnis, den Reichtum, den Ruhm, die Heiligkeit, den Frieden, die
Klugheit und die Hingabe. Mit einem übermütigen Intellekt sollte man
vielleicht einige Lektionen von den Tieren lernen. Tiere haben oftmals mehr
Selbstkontrolle als der Mensch. Es ist nur der sogenannte Mensch, der sich

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durch seine sinnliche Schwäche verschlechtert hat. In der Hitze der
sexuellen Aufregung, wiederholt er die gleiche unwürdige Tat immer und
immer wieder. Er hat kein bisschen Selbstkontrolle. Er ist ein Sklave seiner
Leidenschaft. Er ist wie eine Puppe in der Hand der Leidenschaft. Wie ein
Kaninchen pflanzt er sich fort und zeugt dabei unzählige Kinder, so dass die
Zahl der Bettler auf der Erde immer weiter zunimmt.
Löwen, Elefanten, Stiere und andere Tiere haben oftmals eine bessere
Selbstkontrolle als Menschen. Löwen kopulieren nur einmal im Jahr. Die
weiblichen Tiere würden es niemals zulassen, dass die männlichen Tiere
sich ihnen nähern, bis die jungen Tiere abgestillt und gesund und stark sind.
(Anmerkung Übersetzer: Das gilt allerdings nur für weibliche Löwen, die
soeben Kinder bekommen haben. Bei ledigen Weibchen und bei männlichen
Löwen dagegen sieht es etwas anders aus. Ich gehe in Kapitel 27.1 näher
darauf ein. Ende Anmerkung). Nur der Mensch verletzt diese Naturgesetze
und leidet infolgedessen unter unzähligen Krankheiten. Er ist zu einem
Niveau degeneriert, das in dieser Hinsicht weit niedriger als das der Tiere
ist. Wie ein König kein König ist, ohne ein Finanzministerium, ohne
Untertanen und ohne eine Armee, eine Blume keine Blume ist, ohne Duft,
ein Fluss kein Fluss ist, ohne Wasser, so ist auch ein Mann kein Mann, ohne
Brahmacharya. Nahrung, Schlaf, Furcht und Geschlechtsverkehr sind für
Tiere und Menschen üblich. Das, was den Menschen von einem Tier
unterscheidet, ist die Lehre Buddhas, die Unterscheidungskraft und die
Kraft zur Selbsterforschung. Das Wissen und die Unterscheidungskraft
können nur durch die Bewahrung von Veerya, den männlichen Samen,
gesichert werden. Wenn ein Mann sich diese Qualifikation nicht erhalten
hat, kann man ihn eigentlich nur als ein Tier betrachten.
Wenn die Sinneslust, die die Quelle aller Genüsse in dieser Welt ist, aufhört,
dann hört alle weltliche Knechtschaft, die ihre Basis im Verstand hat, auf.
Sogar das bösartigste Gift ist kein Gift, wenn es mit der Sinneslust
verglichen wird. Der erste schändet nur seinen Körper, während der letzte
viele Körper in den aufeinanderfolgenden Geburten verdirbt. Du wirst zum
Sklaven deiner Leidenschaften, deiner Wünsche, Gefühle und von
erotischen Reizen. Wann wirst du dich aus diesem miserablen Zustand
erheben? Jene Personen, die trotz besseren Wissens, das Nichtvorhandsein
von Glück in der unheilvollen Sinneslust nicht erkennen, haben sich bereits
gedanklich tief in die Sinneslust verstrickt. Sie verdienen die Bezeichnung
eines Esels. Wenn du keine Unterscheidungskraft besitzt, wenn du nicht
versuchst, das Beste aus deinem Leben zu machen, wenn du dein Leben nur
mit Essen, Trinken und Schlafen verbringst, dann lebst du nicht spirituell
und solltest vielleicht einige Lektionen von jenen Tieren lernen, die weit
mehr Selbstbeherrschung besitzen.
Die sexuelle Entartung, die die Menschheit überkommen hat, liegt in der
Vorstellung der Leute, dass es so etwas wie einen natürlichen "sexuellen
Instinkt" im Menschen gibt. Den gibt es aber nicht. Der natürliche Instinkt
ist die Zeugungsfähigkeit. Wenn Männer und Frauen die sexuelle Hingabe
nur auf den Nachwuchs beschränken, dann ist dieses bereits die Befolgung
des Brahmacharya. Wird dieses als nicht möglich angesehen, wird denen,
die nach den höheren Werten des Lebens streben, empfohlen, sich
vollkommene Enthaltsamkeit aufzuerlegen. Wenn ein Suchender dieses
brennende Verlangen in sich spürt, ist Brahmacharya die notwendige
Vorraussetzung, da er es sich nicht leisten kann, seine lebenswichtige vitale
Energie für die kurzfristige sinnliche Lust zu vergeuden. Die Belohnung
aller weltlichen Wünsche ist sinnlich. Das Fleisch sollte aber nur der

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unterwürfige Sklave des Geistes sein, der sich an göttlichen Zielen
orientiert. Der Mensch wurde für die spirituelle Kommunion mit Gott
geboren. Er aber unterlag den Verführungen böser Dämonen, die seine
Sinnesfreude nutzten, um ihn von seinen göttlichen Betrachtungen
fortzulocken um ihn an ein irdisches Leben zu binden. Moralische Tugend
besteht darin, alle sinnlichen Vergnügen aufgeben, wenn man die Reinheit
des Geistes und die Reinheit Gottes anstrebt. Wollüstigkeit ist aber mit
Klugheit und Heiligkeit nicht vereinbar. Die Kunst des Lebens ist es,
Unreinheiten zu vermeiden.

1.2 Spirituelle Praxis ist die Antwort auf sexuelle Anziehungskraft


Inhaltsverzeichnis
Wirkliche Kultur besteht in der Verwirklichung von physischem und
geistigem Brahmacharya. Reale Kultur ist die Realisierung der Identität der
individuellen Seele und die Verbindung mit Gott durch direkte Erfahrung.
Für einen leidenschaftlichen, sinnlichen Menschen aber, haben die Begriffe
Selbstverwirklichung, Gott, Selbst, Leidenschaftslosigkeit, Entsagung, Tod
und Gräberfeld etwas abscheuliches, erschreckendes, weil er sich zu
Objekten hingezogen fühlt. Das Singen, Tanzen und das Sprechen über
Frauen empfindet er dagegen als angenehm. Die Anziehung für Objekte
wird allmählich verschwinden, wenn man ernsthaft beginnt, über die
unwirkliche Natur der Welt nachzudenken. Die Menschen verbrennen sich
am Feuer der Sinneslust. Alle Maßnahmen, die erforderlich sind, diese
entsetzliche Krankheit auszurotten, sollten eingeleitet und durchgeführt
werden. Alle Menschen sollten mit den unterschiedlichsten Methoden
ausgebildet werden, die ihnen helfen, die Sinneslust an den Wurzeln
auszumerzen. Versagt die eine Methode, so hilft vielleicht eine andere.
Sinneslust ist ein brutaler Instinkt in unverbesserlichen Menschen. Man
sollte beschämt sein, die sinnlichen Taten immer wieder zu wiederholen,
wenn man beachtet, dass das Ziel des Lebens Selbstverwirklichung, durch
die Erreichung der Reinheit und die Praxis der konstanten Meditation, ist.
Ein Gegner könnte beanstanden, dass diese Themen nicht öffentlich
behandelt werden sollten. Das halte ich nicht für richtig. Was ist der Sinn,
diese Themen zu verschweigen? Diese Themen zu verstecken, ist eine
Sünde.
In der heutigen Zeit, der Zeit der modernen Kultur und Zivilisation, in
dieser ära des wissenschaftlichen Fortschritts, finden solche Überlegungen
möglicherweise nicht bei allen Menschen Anklang. Sie könnten
beanstanden, dass einige dieser Begriffe anstößig, abscheuerregend,
verletzend und unanständig sind und gegen den guten Geschmack
verstoßen. Diese Vorstellung beruht aber auf einem Missverständnis.
Gerade diese Offenheit hinterlässt bei vielen Wissenshungrigen einen tiefen
Eindruck, die sich sehnlichst nach Befreiung sehnen. Ihre Ansichten ändern
sich zum Teil vollkommen. Es gibt nämlich keine reale spirituelle Kultur
unter den Leuten der modernen Gesellschaft. Die Etikette ist eine bloße
Show. Überall kannst du diesen äußeren Schein erkennen, diese
Scheinheiligkeit, diese vorgetäuschte Höflichkeit. Überall gibt es diese
bedeutungslosen Formalitäten und Versammlungen zu sehen. Nichts kommt
wirklich aus dem Herzen. Den Menschen mangelt es an Aufrichtigkeit. Die
äußerungen der Upanishaden und die wertvollen Lehren der Heiligen
Schriften hinterlassen keinen Eindruck im Verstand der leidenschaftlichen
und weltlich orientierten Menschen. Sie sind wie die Samen, die in felsigen
Boden geworfen werden, wie die Perlen, die man vor die Säue wirft.

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Wenn jemand wirklich erkennt, welcher Schaden durch ein unreines Leben
entsteht und sich entschließt, sein Leben an spirituellen Grundsätzen
auszurichten, um das Ziel eines reinen Lebens zu erreichen, so sollte er
seinen Geist mit göttlichen Gedanken beschäftigen, sich in die Meditation
vertiefen, die Heiligen Schriften studieren und sich um die Nächstenliebe
bemühen. Mangel an spiritueller Praxis ist der Hauptgrund für die sexuelle
Anziehungskraft. Theoretische Enthaltsamkeit von der Sinneslust wird
keine Erfolge bringen. Du musst gnadenlos alle sozialen Verbindungen
abschneiden und ein spirituelles Leben führen, wenn du dich von der
sinnlichen Verhaftung befreien möchtest. Nachgiebigkeit gegenüber
sinnlichen Tendenzen wird dir Leid bescheren. Entschuldigungen sind in
dieser Hinsicht nicht angebracht. Vielmehr wird Einsicht dir weiterhelfen.
Du musst bei deiner Suche nach einem spirituellen Leben unbedingt
aufrichtig sein. Halbherzigkeit belässt dich in dem alten Zustand deines
Elends.
Wacht auf, Freunde, aus diesem illusorischen Sumpf des Rades von Tod
und Wiedergeburt. Die Leidenschaft hat ebenso große Verwüstungen
hinterlassen, wie die Unwissenheit, von der wir manchmal fast ertränkt
wurden. Wie viele Millionen Väter, Mütter, Frauen und Söhne hast du in
den vorhergehenden Geburten gehabt? Dein Körper ist voller Unreinheiten.
Was für eine Schande ist es, diesen unreinen Körper zu umarmen. Es ist
eine bloße Dummheit. Gib die Illusion von deinem Körper auf. Löse dich
von der Identifikation mit deinem Körper und meditiere über den Ruhm des
Atman, des alldurchdringenden Geistes. Beende die Anbetung des Körpers.

1.3 Brahmacharya - die Notwendigkeit der Stunde Inhaltsverzeichnis


Meine lieben Brüder! Erinnert euch daran, dass ihr nicht dieser vergängliche
Körper aus Fleisch und Knochen seid. Ihr seid das unsterbliche, alles
durchdringende Sat-Chit-Ananda (Sein-Bewusstsein-Glückseligkeit), der
Atman (die Seele). Du bist der Atman. Du bist die verkörperte Wahrheit. Du
bist der Brahman (Gott). Du bist das absolute Bewusstsein. Du kannst
diesen höchsten Zustand aber nur durch ein Leben als echter Brahmachari
erreichen. Der Geist des Brahmacharya muss dein ganzes Leben
durchdringen. Es wird zwar über Brahmacharya gesprochen, aber
praktizieren tut es kaum einer. Ein Leben der Mäßigung ist wirklich
umgeben von Schwierigkeiten. Aber der Weg ebnet sich, für einen Mann
mit eiserner Entschlusskraft, Geduld und Ausdauer. Wir wünschen uns als
Brahmacharis Männer und Frauen, die durch ihre starke Konstitution, ihr
ideales Leben, ihren edlen Charakter und ihre spirituelle Stärke andere
Menschen beeindrucken können. Es gibt genügend Leute, die darüber reden,
es aber nicht verwirklicht haben. Mir sind die praktizierenden
Brahmacharins lieber. Sie kommen allmählich voran und sind später in der
Lage, die jungen Mönche durch ihr mustergültiges Vorbild und ihre
spirituelle Aura zu führen. Lasst mich noch an etwas erinnern. Das Vorbild
ist besser als ein Gebot.
Das durchschnittliche Lebensalter in Indien ist auf etwa vierzig Jahre
gesunken. Normal aber wäre ein Leben von hundert Jahren. Jeder Liebhaber
dieses Landes sollte über diese verhängnisvolle Sachlage sehr sorgfältig
nachdenken. Das zukünftige Wohl dieses Landes liegt vollkommen in den
Händen der Jugend. Darum ist es die Aufgabe der Sannyasins (der
Entsagenden), der Heiligen, der Lehrer, der Professoren und der Eltern, die
Jugend zum Brahmacharya zu ermuntern. Ich bete, dass die pädagogischen

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Behörden und die Autoritäten des Landes ihre besondere Aufmerksamkeit,
zum Wohle der zukünftigen Generationen, auf dieses lebenswichtige
Thema, auf das Brahmacharya, richten. Das zukünftige Wohl Indiens beruht
vollkommen auf Brahmacharya. Es ist die Aufgabe von Sannyasins und
Yogis, Studenten in Brahmacharya auszubilden, Unterricht in Asana
(Yogaübungen) und Pranayama (Atemübungen) zu geben und das Wissen
von Atman (Seele) zu verbreiten. Sie können viel tun, um die Situation zu
verbessern, da sie ganztätig tätig sind. Sie sollten zur Verbesserung der Welt
aus ihren Höhlen und Hütten herauskommen.
Wenn Indien in der Welt wieder einen bedeutenden Platz erringen möchte,
dann sollten Indiens Kinder, und zwar die Jungen und die Mädchen, das
wichtige Thema Brahmacharya in allen seinen Aspekten studieren, damit sie
seine enorme Bedeutung vollkommen verstehen und das Gelübde streng
befolgen. Als Schlussfolgerung bete ich inbrünstig, mit den gefalteten
Händen, dass alle sich aufrichtig bemühen, ihre Leidenschaften, die Feinde
des Friedens und Wohlstands, durch spirituelle Praxis zu kontrollieren. Ein
aufrechter Brahmachari ist der reale mächtige Kaiser dieser Welt. Meine
schweigende Verehrung für alle Brahmacharins! Mögest du wie der
Mahameru (Götterberg), ohne irgendeinen unreinen, lüsternen Gedanken,
fest im Brahmacharya verankert sein! Möge Gott die Brahmacharins mit
Stärke und Energie für das Aufrechterhalten von Brahmacharya segnen!
Mögest du, mit einem reinen, makellosen Verstand, die Herrlichkeit Atmans
unmittelbar erkennen! Mögest du, ohne weltliche Wünsche, in der Mitte von
Freude und Frieden ruhen! Möge der göttliche Glanz aus deinem Gesicht
erstrahlen! Möge die göttliche Flamme in euch allen heller erstrahlen! Möge
sich die göttliche Flamme und der Frieden für immer in dir ausbreiten! Om
Santi! Santi! Santi!

2. Die Funktion des Geschlechtstriebs Inhaltsverzeichnis


Der Mensch möchte u.a. Kinder haben, um seinen Stammbaum aufrecht zu
erhalten. Dies ist der Fortpflanzungstrieb. Der Wunsch, sich zu paaren,
beruht auf diesem sexuellen Instinkt. Die Stärke nach sexuellem Wunsch,
hängt vom sexuellen Antrieb ab. Entsprechend der Gita, der hinduistischen
"Bibel", entspricht dieser Trieb einem Verlangen, einer Kraft. Lord Krishna
sagte: „Derjenige, der von dem Wunsch getragen wird, sich von seinen
körperlichen Wünschen und Leidenschaften zu befreien, der wird
harmonisiert, er wird ein glücklicher Mann“. Der sexuelle Antrieb ist eine
mächtige Kraft. Er beeinflusst ebenfalls den Verstand. Es ist eine Kraft, die
mit dem Verstand kommuniziert. Wie der Treibstoff oder Dampf die
Maschine antreibt, so treiben die Instinkte und Antriebe unseren Körper an.
Instinkte sind die Primärkräfte des menschlichen Antriebes. Sie geben dem
Körper einen Stoß und treiben ihn voran. Die Instinkte verursachen
Gewohnheiten. Die instinktiven Impulse liefern die notwendige Energie,
durch die alle Geistestätigkeiten aufrecht erhalten werden. Dieser Impuls ist
eine mentale Kraft. Er wirkt durch den Intellekt. Er formt das Leben des
Menschen. Das Geheimnis des Lebens liegt in ihm.
Die Anziehung zwischen Mann und Frau beruht auf Leidenschaft. Diese
unbekannte Anziehung und das empfundene Glück des Mannes in
weiblicher Gesellschaft, ist der Samen des sexuellen Antriebes. Diese
Anziehung, ist zu Beginn wie eine Seifenblase. Später nimmt sie die Form
einer beeindruckenden, unkontrollierbaren, leidenschaftlichen Welle, mit
der starken Neigung eines ungezügelten sexuellen Appetits an. Vorsicht!

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Schütze dich mit einer spirituellen Welle der Hingabe durch Japa
(Mantrameditation), Satsanga (das Zusammensein mit Weisen), Meditation
und Selbsterforschung (Wer bin ich?) vor der leidenschaftlichen Welle und
vernichte das sinnliche Begehren in seinen Wurzeln. Du musst die
psychologische Funktion des sexuellen Impulses verstehen. Wenn sich ein
Jucken am Körper einstellt, ist Kratzen ein Vergnügen. Der Seximpuls ist
aber nur ein "Jucken". Die Befriedigung dieses Antriebs erzeugt ein
trügerisches Vergnügen, aber es hat einen verhängnisvollen Effekt auf das
geistige und körperliche Wohlbefinden der Person.

2.1 Der blumige Bogen des Amors Inhaltsverzeichnis


Sinneslust ist sehr mächtig. Sie trägt einen blumigen Bogen, der mit fünf
Pfeilen ausgerüstet ist: Faszination, Betäubung, Berauschtheit, Verzehrung
und Verbrennung. Der erste Pfeil verursacht in einem jungen Mann
Faszination, wenn er eine hübsche Frau sieht. Der zweite Pfeil erweckt seine
Aufmerksamkeit. Nach dem dritten Pfeil ist er berauscht von sinnlichem
Verlangen. Der vierte Pfeil verursacht intensive Anziehung in Richtung des
sinnlichen Objektes. Er verzehrt sich regelrecht danach. Der fünfte Pfeil
entflammt und verbrennt das Herz. Er durchbohrt das Herz tief. Niemand
auf dieser Erde hat die Kraft, dem Einfluss dieser Pfeile zu widerstehen.
Diese Pfeile durchbohrten sogar das Herz von Lords Shiva und vielen Rishis
(Weisen) von einst (und heute). Diese Pfeile erwogen sogar Indra (indischer
Sonnen- und Kriegsgott) Ahalya (Ahalya ist in der indischen Mythologie
die Ehefrau des Weisen Gautamas. Sie liebte einst Indra. Da verwandelte ihr
Ehemann sie zu Stein.) sexuell zu belästigen. Amor schoss sogar einen Pfeil
durch die bezaubernden Augenbrauen und die durchbohrenden flüchtigen
Blicke einer jungen Dame, mit einer zarten Taille, rosigen Pobacken und
roten Lippen. Eine romantische Nacht im Mondlicht, Gerüche und Düfte,
Blumen und Girlanden, Sandelholzpaste, Fleisch und Alkohol, Theater und
Romane sind seine mächtigen Waffen, um leidenschaftliche junge Männer
zu täuschen.
Verstand und Urteilsvermögen verabschieden sich augenblicklich in dem
Moment, in dem sich die Herzen mit brennender Leidenschaft füllen. Sie
werden vollkommen blind. Amor macht aus intellektuellen Personen, aus
großen Rednern, Ministern und Forschungsgelehrten, aus Doktoren und
Rechtsanwälten, Bambys oder Kuscheltiere in den Schößen junger Frauen.
Der Grund ist, dass Amor vorübergehend Platz im trockenen Intellekt eines
gelehrten Pandits (religiöser Gelehrter) oder eines Professors genommen
hat. Sie haben kein Stehvermögen, Amor zu widerstehen. Amor kennt seine
Stärke. Er regiert überall. Er dringt in die Herzen aller ein. Er kennt das
Kribbeln ihrer Nerven. Mit einem Augenaufschlag vernichtet er den Grund,
das Urteilsvermögen und das Verständnis, indem er einfach die Herzen der
jungen Männer entflammt. Sogar in den Träumen hat Amor vollen Einfluss,
selbst wenn alle Sinne leise sind. Frauen sind sein unfehlbares Mittel! Sie
folgen seinem Wink und Zuruf. Amor funktioniert durch ihr Lächeln, durch
ihre bezaubernden flüchtigen Blicke und ihre süßen Wörter, durch ihre
wohlklingenden Lieder und ihre verführerischen Tänze. Junge Frauen
können sehr schnell den Ruin der Männer herbeiführen und den Frieden
zerstören, sogar bei klugen Männern. Amor kann sogar das Nervensystem
von Brahmacharins ins Delirium treiben, selbst wenn sie nur an die
Abbildungen junger, hübscher Frauen denken, wenn sie die leichten Töne
ihrer Armreifen und Fußketten hören oder wenn sie nur an ihre hübschen

12
Gesichter denken. Würden sie manchmal nicht alles geben, um sie zu
berühren?

2.2 Eindrücke im Unterbewusstsein Inhaltsverzeichnis


Sexuelles Handeln hinterlässt, wie jedes andere Handeln, einen Eindruck im
Unterbewusstsein.Dieser Eindruck regt einen Gedanken an und dieser
Gedanke wiederum, verursacht wieder einen Eindruck im Unterbewusstsein.
Genuss verstärkt den Eindruck im Unterbewusstsein. Durch das Gedächtnis
und die Phantasie kommt eine Wiederbelebung des sexuellen Wunsches
zustande. Erinnerungen an das Bild einer Frau beunruhigen der Verstand.
Wenn ein Tiger einmal menschliches Blut geschmeckt hat, versucht er
immer wieder, Menschen zu töten. Er wird zum Menschenfresser. Genau so
ist es, wenn ein Mann einmal ein sexuelles Vergnügen mit einer Frau hatte.
Dann läuft er immer wieder den Frauen hinterher. Von den Eindrücken im
Unterbewusstsein und von den Wünschen im Verstand strömen Gedanken
und Phantasien aus. Dadurch entstehen Anhaftungen. Zusammen mit der
Phantasie, dem Gefühl und dem sinnlichen Antrieb werden sie offenkundig.
Gefühl und sinnlicher Antrieb gehen dabei immer Hand in Hand. Hinzu
kommen erotische Phantasien, Begierden und ein loderndes Feuer im
Verstand und im Körper. Die Irritationen und das Lodern der Flammen im
Gehirn, sickern allmählich in den Körper ein. Wenn du sehr aufmerksam
bist, kannst du die schädlichen Phantasien schon zu Beginn erkennen und
die drohende Gefahr abwenden.
Selbst wenn es dem sinnlichen Dieb gelingt, durch
das erste Tor zu schlüpfen, beobachte sorgfältig das
zweite Tor, an der er das lodernde Feuer entzünden
könnte. Hier kannst du das Feuer noch löschen. Du
kannst ebenso leicht den starken sexuellen Antrieb,
der von den Sinnen entfacht wird, stoppen. Ziehe die
sexuelle Energie durch Uddiyana (Bild links -
Hochziehen des Bauches nach der Ausatmung) und
Kumbhaka (Atemanhalten) wieder hinauf zum
Gehirn. Leite den Verstand um. Wiederhole
konzentriert das Manta OM oder irgendein anderes
Mantra. Bete, meditiere. Wenn es dir immer noch schwer fällt, dann suche
Kontakt zu Weisen und bleibe nicht allein. Wenn der starke Impuls
überraschend auftritt und bis zu den Geschlechtsorganen vordringt, vergisst
man oftmals alle guten Vorsätze. Du wirst ein Opfer des Begehrens. Später
wirst du es bereuen. Was auch immer du tust, was auch immer du denkst, ist
unauslöschlich in den Schichten deines Unterbewusstseins protokolliert.
Diese oftmals krankhaften Eindrücke können nur durch die Gnade des
Atman, durch deine Seele, wieder geheilt werden. Wenn die sexuellen
Wünsche vollständig den Verstand und den Körper füllen, nimmt das
Unterbewusstsein die Form von großen erotischen Wellen an, die den
Menschen immer und immer wieder bedrängen.
Er ist relativ einfach, den bewussten Verstand zu steuern. Aber es ist sehr
schwer, das Unterbewusstsein zu kontrollieren. Du magst ein Sannyasin
(Entsagender) sein. Du magst ein sehr moralischer Mensch sein. Aber
heimlich schleichen sich unsere Wünsche in unsere Träume ein. Plötzlich
beginnst du im Traum zu stehlen. Du begehst Ehebruch in deinen Träumen.
Der sexuelle Impuls, der Ehrgeiz und die niedrigen Wünsche sind alle tief
verwurzelt im Unterbewusstsein. Lösche die Eindrücke im

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Unterbewusstsein durch Unterscheidung, durch Brahma Bhavana (Liebe
zum Unendlichen) und durch Meditation. Ein Mann, der im geistigen
Brahmacharya fest verwurzelt ist, wird nicht durch einen einzigen bösen
Traum überrascht. Er wird niemals einen bösen Traum haben. Bei einem
normalen Menschen gibt es immer einen Mangel an Unterscheidungskraft in
den Träumen. Das ist der Grund für schlechte Träume, obwohl du im
Wachzustand durch die Kraft der Unterscheidung reine Gedanken hegst. Ein
Meditierender sagte zu mir: "Wenn ich meditiere, lösen sich allmählich die
Schichten der Verunreinigungen des Unterbewusstseins auf. Manchmal sind
sie so stark und furchteinflößend, dass ich so fassungslos bin, dass ich nicht
so recht weiß, wie ich damit umgehen soll. Ich habe Brahmacharya und die
Wahrheit noch nicht vollkommen verwirklicht. Die alten Gewohnheiten der
Sinneslust und der Unehrlichkeit lauern noch in mir. Die Lust bereitet mir
mitunter enorme Probleme. Das Denken an Frauen beunruhigt meinen
Verstand. Mein Verstand ist so empfindlich, dass ich nicht in der Lage bin,
auf ihn zu hören. Sobald sinnliche Gedanken aufkommen, sind alle meine
guten Vorsätze verschwunden, und der Frieden des ganzen Tages wird
verdorben. Ich rate meinem Verstand, blocke alle sinnlichen Gedanken ab,
erschrecke sie, aber es ist ohne Erfolg. Meine Sinne obsiegen. Ich weiß
nicht, wie ich diese Leidenschaft stoppen soll. Reizbarkeit, Egoismus, Zorn,
Habsucht, Hass und Verhaftungen lauern noch in mir. Die Lust aber ist
mein Hauptfeind und sie ist sehr stark. Ich frage dich, ob du so freundlich
bist und mir erklären kannst, wie ich diesen Feind besiegen kann."
Wenn die Verunreinigungen des Unterbewusstseins mit beeindruckender
Kraft zur Oberfläche des bewussten Verstandes kommen, dann versuche
nicht, ihnen zu widerstehen. Wiederhole dein persönliches Mantra. Denke
nicht an deine Fehler und deine schlechten Eigenschaften. Beobachte
einfach nur, sei ein aufmerksamer Zuschauer. Versuche nicht, deine
schlechten Eigenschaften zu bekämpfen. Denn die werden dir eine lange
Nase zeigen. Entwickle positive Tugenden. Mache dir nicht allzu oft große
Sorgen: "Ich habe so viele Fehler und Schwächen." Kultiviere reine
Tugenden. Durch Meditation und die Entwicklung positiver Eigenschaften
und durch die Pratipaksha Bhavana Methode (die Methode der Meditation
über das Gegenteil) lösen sich alle negativen Eigenschaften allmählich in
Wohlgefallen auf. Dies ist der richtige Weg. Du kannst alt werden, dein
Haar kann grau werden, aber dein Verstand bleibt immer jung. Die
Aufnahmefähigkeit kann nachlassen, aber die Begierde bleibt, selbst wenn
du bereits im Greisenalter bist. Die Begierden sind der wirkliche Same der
Geburt. Diese Begierden verursachen Gedanken, Wünsche, Träume und
Vorstellungen. Die Begierden halten das Rad von Tod und Wiedergeburt am
laufen. Ersticke sie im Keim. Nur dann wirst du in Frieden leben können.
Nur dann wirst du Erleuchtung erfahren.
Brahma-Bhavana (Liebe zum Unendlichen), Brahma-Chintana (Meditation
über Gott), Meditation auf OM und Hingabe reißen allmählich die Ursachen
der Begierden heraus, die tief verwurzelt sind. Du musst sie richtig
ausgraben, von verschiedenen Seiten aus, und sie verbrennen, damit sie
nicht wieder nachwachsen können. Nur dann werden deine Bemühungen
eines Tages die Früchte der Befreiung tragen. Ein Student schrieb mir: "Das
unreine Fleisch und die Haut erscheinen mir sehr rein und gut. Ich bin sehr
lüstern. Ich versuche, die Liebe einer Göttin in allen Frauen zu sehen. Ich
knie mich vor einer imaginären Frau nieder, von der ich denke, dass sie die
Göttin Kali ist. Doch mein Verstand ist extrem lüstern. Was soll ich tun? Ich
wünsche immer wieder, einen Blick auf eine hübsche Frau zu haben."
Offensichtlich haben Leidenschaftslosigkeit, Wunschlosigkeit und

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Unterscheidungskraft in seinem Geist nicht das geringste bewirkt. Die alten
lasterhaften Eindrücke im Unterbewusstsein und subtile Begierden sind
immer noch sehr stark. Sogar ein reiner Brahmacharin hat zu Beginn
Probleme mit der Neugier. Er ist neugierig und möchte immer noch wissen,
welche Art des Glücks der sexuelle Genuss gibt. Manchmal denkt er: "Lass
mich noch einmal das sinnliche Gefühl mit einer Frau erleben. Dann werde
ich in der Lage sein, diesen sexuellen Impuls für immer abzulegen." Der
Verstand aber, möchte den Brahmachari nur täuschen. Die Illusion richtet
durch Neugier nur neuen Schaden an. Die Neugier hat sich in einen starken
Wunsch verwandelt. Die Sinneslust kann diesen Wunsch aber nicht
befriedigen. Vielmehr ruft sie nur neue Wünsche hervor. Der Weise löscht
die Welle der Neugier durch die Unterscheidungskraft und das Nachdenken
über den reinen und sexlosen Atman (Seele). Er rottet den sexuellen
Wunsch durch Meditation, über das Nachdenken über den Segen des
Brahmacharya und die Seligkeit eines reinen Lebens, aus.

2.3 Wie man seine geistige Reinheit misst Inhaltsverzeichnis


Der Anblick eines jungen hübschen Mädchens erzeugt in einem
leidenschaftlichen jungen Mann sexuelle Anziehung und Aufregung in
seinem Verstand. Sie berührt sein Herz und der Gedanke an die junge Frau
berauscht ihn. Sind diese Symptome nicht bei einem Mann vorhanden, so ist
das ein Zeichen dafür, dass er Brahmacharya verwirklicht hat. Der Anblick
von balzenden oder paarenden Vögeln und Tieren oder der Anblick des
nackten Körpers einer Frau, sollte nicht die geringste Aufregung im Geiste
eines Brahmacharin hervorrufen. Wenn im Verstand eines Brahmachari der
Wunsch nach einem Zusammensein mit einer Frau entsteht, wenn es einen
starken Wunsch gibt, mit ihr zu sprechen, mit ihr zu spielen und zu
scherzen, wenn es einen Wunsch gibt, junge schöne Mädchen zu betrachten,
wenn der Blick lüstern und unkeusch ist und wenn es den Wunsch gibt, eine
Frau zu berühren, dann lauert die Sinneslust noch in seinem Verstand. Dann
gibt es noch sexuelle Begierden. Diese sollten ausgelöscht werden. Der alte
Dieb versteckt sich noch. Solch ein Brahmachari muss sehr achtsam sein.
Er befindet sich immer noch in einer Gefahrenzone. Er hat noch nicht den
Status der vollkommenen Reinheit erlangt. Selbst im Traum sollte nicht das
Verlangen entstehen, eine Frau berühren zu wollen oder mit einer Frau
zusammen sein zu wollen. Die Reinheit eines Brahmachari kann an der Art
seiner Träume gemessen werden. Wenn ein Brahmachari vollkommen frei
von sexuellen Träumen ist, dann hat er die höchste Stufe der Reinheit
erreicht. Selbstanalyse und Selbstbeobachtung sind unentbehrliche
Erfordernisse, um den Status der Reinheit zu ermitteln. Ein befreiter Weiser
wird nicht einen feuchten Traum haben. Derjenige, der Brahmacharya
verwirklicht hat, wird nicht einen schlechten Traum haben. Der Traum ist
das Kriterium, um den Status unserer geistigen Reinheit zu beurteilen. Hast
du keine unreinen Träume, dann nimmt deine Reinheit zu. Der Wunsch
nach Sex sollte vollkommen aus dem Verstand verschwinden. Sukadeva
(indischer Heiliger) hatte diese Erfahrung. Sukadeva heiratete nicht. Er
verließ sein Haus und wanderte splitternackt durch die Welt. Die Trennung
war für seinen Vater, Vyasa, sehr schmerzlich. Vyasa streifte umher, um
seinen Sohn zu suchen. Während er an einem Wasserbecken vorbei kam, in
dem weibliche Nymphen sich dem freien Spiel hingaben, erschraken diese
und zogen beschämt und eilig ihre Kleider wieder an. Vyasa sagte: „Sehr
merkwürdig in der Tat! Ich bin alt. Ich trage Kleidung. Aber wenn mein

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Sohn nackt hier vorbei kommt, dann bleibt ihr ruhig und lauft nicht davon."
Und die Feen antworteten: "Oh, ehrwürdiger Weiser, dein Sohn macht
keinen Unterschied zwischen einem Mann und einer Frau, du aber sehr
wohl."

2.4 Die Ausrottung der Lust Inhaltsverzeichnis


Du musst diesen entsetzlichen Feind, die Sinneslust, die die Lügen sehr
sorgfältig in den verschiedenen Ecken deines Herzens versteckt, sehr
aufmerksam suchen. So wie der Fuchs sich in den Büschen versteckt, so
versteckt die Lust sich in den Ecken des Geistes. Du kannst ihre
Anwesenheit nur ermitteln, wenn du aufmerksam bist. Intensive
Selbstbeobachtung ist daher sehr wichtig. Genau so wie mächtige Feinde
nur besiegt werden können, wenn man sie von allen Seiten angreift, genau
so kann man auch die mächtigen Sinne nur besiegen, wenn man sie
ebenfalls von allen Seiten angreift, von innen und von außen, von oben und
von unten. Die Sinne sind sehr unruhig. Das mächtige Virus, das Syphilis
verursacht, wird vom Arzt von allen Seiten in Angriff genommen. Dabei
werden die verschiedensten Methoden angewandt, wie Einölen oder lokales
Reiben, Spritzen, Mixturen und Puder. Genau so müssen auch die Sinne
durch verschiedene Methoden kontrolliert werden. Zu diesen Methoden
zählt das Fasten, das Einhalten einer Diät, Atemübungen, Mantrameditation,
das Singen religiöser Lieder, Selbsterforschung durch die Frage "Wer bin
ich?", Meditation, das Zurückziehen der Sinne von der Außenwelt,
Selbstbeherrschung, Yogaübungen, Bandhas (Muskelverschlüsse), Mudras
(Fingeryoga), Gedankenkontrolle und die Vernichtung der subtilen
Wünsche und Neigungen, helfen, die Leidenschaften zu besiegen.
Hüte dich vor der törichten Vorstellung, dass du die Lust ablegen könntest,
indem du ein paar Jahre alleine lebst oder in dem du für kurze Zeit das
Gefühl von Gelassenheit und Reinheit erfährst. Du solltest dich auch von
der Vorstellung lösen, dass du die Sinneslust vollständig ausrottest, indem
du ein wenig Diät einhälst, ein wenig Pranayama (Atemübungen) und ein
wenig Japa (Mantrameditation) praktizierst, und das es sonst nichts mehr zu
tun gibt. Die Versuchung kann dir jederzeit eine Falle stellen. Rigorose
Wachsamkeit und permanente spirituelle Praxis sind unbedingt erforderlich.
Durch begrenzte Bemühungen wirst du kein vollkommenes Brahmacharya
erlangen. So wie ein Maschinengewehr notwendig ist, um einen mächtigen
Feind zu besiegen, so ist auch eine konstante und sinnvolle spirituelle Praxis
notwendig, um die Lust zu besiegen. Du solltest mit deinen Erfolgen im
Zölibat zurückhaltend sein. Sollte dein Bestreben einem Test unterzogen
werden, könnte es leicht sein, dass alle deine guten Vorsätze schnell
dahinschwinden. Du solltest dir immer deiner Fehler bewusst sein, und du
solltest immer bemüht sein, sie abzulegen. Dazu sind enorme
Anstrengungen erforderlich. Nur dann wird sich Erfolg einstellen.
Es ist leicht, einen wilden Tiger, einen Löwen oder einen Elefanten zu
zähmen. Es ist leicht mit einer Kobra zu spielen. Es ist leicht, über glühende
Kohlen zu gehen. Es ist einfach, Feuer zu verschlingen und das Wasser des
Ozeans zu trinken. Es ist leicht, den Himalaya zu erklimmen. Es ist einfach,
einen Sieg in einem Schlachtfeld zu erlangen. Aber es ist sehr schwierig, die
Sinneslust auszurotten. Im Laufe der Evolution konnte die
Aufrechterhaltung der Arten nur durch die Energie der Sinneslust
ermöglicht werden. Aus diesem Grund ist sie bemüht, sich allen Versuchen
zu widersetzen, sie zu kontrollieren oder zu überwinden. Darum versucht

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die Sinneslust sich kraftvoll durchzusetzen und die Bestrebungen des
Brahmachari zu bekämpfen. Aber es gibt keinen Grund zu verzweifeln.
Vertraue auf Gott, in seinen Namen und auf seine Gnade. Die Lust kann nur
durch die Gnade Gottes vollständig entwurzelt werden. Wenn du auf Gott
vertraust, wird er dich zum Erfolg führen. Mit seiner Hilfe kannst du die
Lust mit einem Augenzwinkern besiegen. Er lässt Stumme wieder sprechen
und Lahme wieder steile Hügel aufsteigen. Menschliches Bemühen allein
genügt nicht. Die göttliche Anmut ist erforderlich. Gott hilft denen, die sich
selber helfen. Regelmäßige Meditation und Japa (Mantrameditation), eine
gesunde Ernährung, das Zusammensein mit Weisen, die Praxis von
Pranayama (Atemübungen), das Praktizieren des Kopfstandes und des
Schulterstandes, das Studieren spiritueller Literatur, Selbstergründung und
die Abgeschiedenheit für drei Monate an den Flussufern der heiligen Flüsse,
vernichten völlig die Sinneslust, gleichwohl wie mächtig die alten Wünsche
und Eindrücke im Unterbewusstsein auch sein mögen. Das Positive
überwindet immer das Negative. Du brauchst auf keinen Fall entmutigt zu
sein. Tauche ernsthaft in die Meditation ein, löse dich von falschen
Vorstellungen und komme siegreich aus dem Kampf hervor. Glänze wie ein
brillanter Yogi. Du bist immer reiner Atman. Vertraue darauf.
Sexuelle Impulse können nur sehr schwer kontrolliert werden. Es findet ein
Aufstand statt, wenn du versuchst, diesen sexuellen Impuls zu kontrollieren.
Konstantes Japa und Meditation während einer langen Periode sind
notwendig, um die sexuelle Energie in spirituelle Kanäle zu leiten. Eine
komplette Sublimation (Umwandlung) der sexuellen Energie in Ojas (Ojas
= spirituelle, sublimierte Energie - die Sublimation wird später noch
ausführlich erklärt) ist erforderlich. Nur dann kannst du vollkommen sicher
sein, dass die sexuelle Energie nicht durch irgendein Schlupfloch entweicht.
Nur dann wirst du in Samadhi (Erleuchtung) fest verankert sein, da der
Geschmack am sinnlichen Genuss völlig verschwindet. Geduld,
Wachsamkeit, Ausdauer und rigoroses Sadhana (spirituelle Praxis) sind
notwendig, um die sexuellen Antriebe auszurotten und vollkommene
Reinheit im Gedanken, Worten und in der Tat zu erreichen. Brahmacharya
und geistige Reinheit können nur durch konstante Bemühungen erreicht
werden. Sie können nicht an einem Tag oder in einer Woche erreicht
werden. Die Sinneslust ist zweifellos sehr mächtig. Sie ist gewissermaßen
dein Todfeind. Aber dein ebenso mächtiger Freund, ist der Name des Herrn.
Er wird die Lust mitsamt seiner Wurzeln ausrotten. Darum rezitiere und
singe: „Ram, Ram, Ram“. (Ram(a) ist der Name Gottes.)
Die yogische Praxis und Meditation vermindern oder verdünnen den
sexuellen Wunsch in einem sehr großen Ausmaß. Aber auch die
Selbstverwirklichung kann vollkommen die sexuellen Wünsche und
Eindrücke des Unterbewusstseins auslöschen. Wie die Bhagavat Gita
(hinduistische "Bibel") mit Recht unterstreicht: "Die Objekte der Sinne
wenden sich vom abstinent lebenden Mann ab, der das sinnliche Verlangen
hinter sich lässt. Aber das Verlangen verschwindet ebenso, wenn er
Selbstverwirklichung erreicht." Der sexuelle Drang ist eine kreative Kraft.
Wenn du nicht durch spirituelle Ideale angeleitet wirst, wird es schwierig,
den sexuellen Instinkt zu kontrollieren. Leite die sexuelle Energie in höhere
spirituelle Kanäle. Dieser Vorgang nennt sich Sublimation. Dabei wird
sexuelle Energie in göttliche Energie umgewandelt. Die komplette
Auslöschung der Sinneslust kann nicht nur durch persönliche Bemühungen
erfolgen. Sie kann nur durch die Anmut Gottes vollendet werden.

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3. Die Intensität der Begierden Inhaltsverzeichnis
Leidenschaft ist ein sehr starker Wunsch. Schon ein milder Wunsch wird
durch häufige Wiederholung oder durch häufigen Genuss zu einer starken
Leidenschaft. Im breitesten Sinne versteht man jeden starken Wunsch als
Leidenschaft. Religiöse Menschen haben eine Leidenschaft zu Gott.
Schriftsteller haben die Neigung, Romane zu schreiben. Sie tun das oft mit
großer Leidenschaft. Ebenso gibt es die Leidenschaft, religiöse Bücher zu
lesen. Aber im allgemeinen Sprachgebrauch, bedeutet Leidenschaft
Sinneslust oder einen starken sexuellen Appetit. Dies ist eine physische
Begierde nach sexueller oder sinnlicher Befriedigung. Wenn eine sexuelle
Handlung sehr häufig wiederholt wird, wird der Wunsch nach weiteren
sexuellen Handlungen sehr groß und stark. Der sexuelle Instinkt oder der
Fortpflanzungsinstinkt im Mann fordert ihn auf, sich durch sexuelle
Handlungen für den Fortbestand der menschlichen Rasse zu engagieren.
Leidenschaft ist das instinktive Drängen zur Artenerhaltung. Leidenschaft
ist aber ebenso ein Produkt der Unwissenheit. Sie ist eine negative Haltung
des Unbewusstseins. Atman, die Seele, dagegen, ist ewige Reinheit und
Vollkommenheit. Avidya Shakti, die göttliche Energie der Unwissenheit,
hat die Gestalt der Leidenschaft angenommen, um uns das Universum, der
aus göttlicher Sicht wie ein Spiel betrachtet wird, in seiner ganzen Vielfalt
zu zeigen. So findet man zum Beispiel in der heiligen Schrift des
"Chandipath" die Aussage: "Ich verbeuge mich vor der Göttin, die die
Gestalt der Leidenschaft in allen diesen Wesen angenommen hat."
Sogar Brahma, der Schöpfer, kennt offenbar nicht den genauen Sitz, der
Leidenschaft. In der Bhagavadgita findest du es erwähnt, dass die Sinne, der
Verstand und der Gedanke die Sitze der Leidenschaften sind. Die Wünsche
durchdringen offenbar den gesamten Körper. Jede Zelle, jedes Atom, jedes
Molekül, jedes Elektron ist offensichtlich von Leidenschaften
durchdrungen. Im Ozean der Leidenschaften sind offensichtlich
Unterströmungen, Gegenströme und Zwischenströme zu finden. Du musst
jeden von ihnen vollständig vernichten. Leidenschaft ist eine Neigung, die
aus dem Verstand entsteht, wenn die Unruhe vorherrscht. Ungesunde
Nahrung wie Fleisch, Fisch und Eier, aufreizende Kleider und eine unruhige
Art zu Leben, betörende Gerüche, erotische Romane, Filme, Gespräche und
andere sinnliche Dinge, schlechte Gesellschaft, Alkohol, Rauschmittel aller
Art und Tabak regen die Leidenschaften an.

3.1 Leidenschaften in der Kindheit, in der Jugend und im Alter


Inhaltsverzeichnis
Die Leidenschaften sind als Same in den Jungen und Mädchen bereits
angelegt. Aber er bereitet ihnen keine Sorgen. Genau so wie der Baum
bereits im Samen enthalten ist, so ist die Leidenschaft bereits in den Kindern
angelegt. In alten Männern und Frauen dagegen, wird die Leidenschaft
unterdrückt. So kann sie keinen Schaden anrichten. Nur den jungen
Männern und Frauen bereitet die Leidenschaft Probleme. Sie werden
vielfach zu Sklaven der Leidenschaft. Oft sind sie vollkommen hilflos dieser
Leidenschaft ausgeliefert. Es gibt keinen großen Unterschied in der
Sexualität zwischen einem Mann und einer Frau, einem Jungen und einem
Mädchen, wenn sie sehr jung sind. Kommen sie aber in die Pubertät, dann
gibt es eine bedeutende Veränderung. Gefühle, Gesten, Körper, Gang,
Gespräche, Blicke, Bewegungen, Stimme und Benehmen, alles verändert
sich. Der vollständige Mangobaum, mit allen seinen Zweigen, Blättern und

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Früchten, ist bereits in einer subtilen Form im Samen enthalten. Es dauert
seine Zeit, bis der Baum in voller Blütenpracht erblüht. Ebenso lauert die
Begierde der Sinneslust in einem jungen Mann von achtzehn Jahren, der
dann bis zu seinem fünfundvierzigsten Lebensjahr seinen Leidenschaften
nachgeht, um dann allmählich etwas kürzer zu treten. Verschiedene Formen
falschen und unverantwortlichen Handelns ist oft bei Menschen dieser
Altersgruppe anzutreffen. Dieses ist die kritischte Periode im Leben des
Menschen.
Anmerkung Übersetzer:
Wie früh bei jungen Männern offensichtlich die sexuelle Fixierung eintritt,
zeigt folgende Aussage: "Einige Untersuchungen ergaben, dass nur bei rund
13 Prozent aller untersuchten Pubertierenden eine erste Ejakulation als
nächtliche Pollution auftrat." (siehe: Vorpubertät) Mit anderen Worten,
schon vor der eigentlichen Geschlechtsreife, also quasi noch im Kindesalter
sind 87 Prozent aller Jungen sexuell aktiv. Man könnte auch sagen, die
Sexsucht beginnt bereits im Kindesalter und hält dann meistens ein Leben
lang an. Die meisten Menschen aber glauben, diese Fixierung auf die
Sexualität sei naturgegeben. Dabei haben sie sie erst durch ihr eigenes
Verhalten hervorgerufen. Ein Erleuchteter hat kein erotisches Begehren.
Pollution

3.2 Sexuelle Gedanken in Weisen, Spirituellen und Familienvätern


Inhaltsverzeichnis
In einem Jnani (Yogi des Wissens), einem befreiten Weisen, sind die
sexuellen Wünsche vollkommen beseitigt. Bei einem Sadhaka, einem
spirituellen Schüler, bleiben die sexuellen Wünsche sehr kontrolliert. Bei
einem Familienvater dagegen, können die sexuellen Wünsche großen
Schaden anrichten, wenn sie nicht kontrolliert werden. Die Leidenschaften
äußern sich beim Familienvater in einer verstärkte Begierde, der er nicht
immer widerstehen kann. Er fühlt sich immer wieder wegen seines
schwachen Willens und seiner Unentschlossenheit zur Sinnlichkeit
hingezogen. Bei einem Jnani, einem Weisen, treten keine sinnlichen
Gedanken auf. Bei ihm gibt es keinen Unterschied in seiner Empfindung,
egal ob er ein hübsches junges Mädchen, ein Kind oder eine alte Dame
sieht. Er sieht ein ewiges, unsterbliches Selbst in einer Frau und einem
Mann. Er hat kein unterschiedliches Empfinden, egal, ob er ein Buch, einen
Stapel Holz, einen Stein oder den Körper einer Frau berührt. Es gibt
keinerlei erotische Gedanken in einem Jnani. In dieser Verfassung sollte das
Bewusstsein eines Menschen sein, der Brahmacharya praktiziert. Bei einem
spirituellen Schüler gibt es gelegentliche sexuelle Gedanken, aber sie
werden unter Kontrolle gehalten. So können sie keinen Schaden bei ihm
anrichten.
Ein leidenschaftlicher Familienvater wird jedoch häufiger ein Opfer seiner
Sinneslust. Ein leidenschaftlicher Mann sehnt sich nach permanenter
Gesellschaft einer Frau. Der Wunsch nach Sex ist tief in ihm verwurzelt.
Dieser Wunsch ist normalerweise sehr stark. Er möchte, dass seine Frau ihm
alle Wünsche erfüllt. Nur dann ist er zufrieden. Dies ist das Ergebnis seiner
Leidenschaft. Solche Personen sind für spirituelle Wege normalerweise
vollkommen ungeeignet. Hat sich bei einem Mann Leidenschaftslosigkeit
eingestellt, dann wird er nicht mehr zum Opfer der Sinneslust. Wenn man
Zitronesaft oder Tamarindesaft in eine goldenen Schale füllt, dann
verderben sie nicht. Füllst man sie dagegen in einen Kupfer- oder

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Messingbehälter, dann verdirbt der Saft und wird giftig. Erwachen in einer
Person, die regelmäßig meditiert, sinnliche Gedanken, dann werden sie ihn
nicht beunruhigen oder in leidenschaftliche Aufregung versetzen. Wenn
solche Gedanken aber in einer Person mit unreinem Verstand auftreten,
dann herrscht dort sofort große Aufregung, sollten sie zufällig auf sinnliche
Objekte stoßen. In der großen Mehrheit der Menschen ist das sinnliche
Begehren sehr stark ausgeprägt. Sie haben extremes sexuelles Verlangen.
Bei einigem kommt der sexuelle Wunsch gelegentlich, klingt aber schnell
wieder ab. Dann entsteht nur eine kurze Aufregung. Mit der geeigneten
spirituellen Methode, kann auch diese Aufregung beseitigt werden.

3.3 Die Lust in Mann und Frau Inhaltsverzeichnis


Obwohl eine Frau sehr sanft und weich erscheint, kann sie dennoch sehr
grob und rauh und deutlich männlich sein, wenn sie verärgert wird. Die
weibliche Anmut verschwindet, wenn sie unter den Einfluss des Zorns, des
Protestes, der Wut und des Grolls kommt. Hast du jemals Frauen gesehen,
die in den Straßen miteinander kämpften? Frauen sind eifersüchtiger als
Männer. Sie besitzen eine stärkere Bindung und Leidenschaft. Sie sind viel
leidenschaftlicher als Männer. Frauen haben mehr Energie und Ausdauer.
Sie sind emotionaler. Männer sind dagegen rationaler. Obwohl Frauen
leidenschaftlicher sind als Männer, haben sie dennoch mehr Beherrschung
als Männer. Nachdem sie einen Mann angelockt haben, halten sie auf eine
Art still. Der wirklich Handelnde ist der Mann. Er ist aggressiv. Er ist es,
der die verbotene Frucht zuerst kosten darf. Er ist der Aktive. Er gerät außer
Kontrolle und verliert seinen Verstand und sein Urteilsvermögen, wenn er
unter dem Einfluss der Leidenschaft steht. Sobald ein Mann in die Falle
zappelt, in dem Netz, das von der Frau gesponnen wird, gibt es für ihn kein
Entweichen. Die Frau dagegen ist passiv. Sie reizt ihn und spielt mit seinen
Illusionen. Sie entflammt ihn und setzt sein Herz in brannt. Sie lächelt,
blickt ihn verliebt an und hält dann still. Sie wartet. Der Mann ist der
Angreifer. Er ist der wahre Schuldige.
Der Mann ist der wahre Verführer. Er übertritt die Regeln. Alle Frauen
würden zu Miras, Madalasas und Sulabhas, verehrten Persönlichkeiten der
Mythologie werden, gäbe es da nicht die gemeine Natur des Mannes. Er
muss zuerst verbessert und geformt werden. Er hat nicht soviel
Selbstbeherrschung, wie Frauen sie normalerweise besitzen. Man sagt,
Frauen sind achtmal leidenschaftlicher als Männer, aber sie besitzen achtmal
mehr Stärke in der Steuerung der sexuellen Antriebe. Dieses ist die
Schwäche des Mannes, obwohl er einer Frau physisch und intellektuell
überlegen sein kann. Frauen schmeicheln, überreden und verleiten dich. Sie
sind Expertinnen in der Kunst der Schmeichelei. Sie machen dich durch ihre
gewinnenden Redewendungen, Tätigkeiten, durch ihren jugendlichen
Charme, ihre koketten flüchtigen Blicke und Gesten und durch ihr Lächeln
zum Sklaven. Einen beträchtlichen Teil deines Lebens hast du mit der Jagd
nach der Sinneslust vergeudet. Frauen können für kurze Zeit ganz
bezaubernd aussehen. Diese Schönheit kann aber auch sehr schnell wieder
vergehen. Vor diesen Versuchungen, die dich durch ihre Schmeicheleien
einwickeln, solltest du aufpassen. Verbringe deine restlichen Tage lieber an
den heiligen Sandbänken des Ganges mit leisem Japa und in der Meditation.
Das Skorpion hat das Gift in seinem Schwanzende, die Kobra in ihren
Reißzähnen, der Moskito in seinem Speichel und der Phrasendrescher auf
seiner Zunge. Frauen können dich mit ihren Blicken verführen. Sie senden

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Botschaften der Zuneigung zu lüsternen jungen Männern und durchbohren
mit ihren verführerischen Blicken ihr Herz und entflammen die
Leidenschaften. Aber sie können keinen Schaden bei einem aufmerksamen
Weisen anrichten, dessen Aufmerksamkeit auf das Sat-Chit-Ananda (Sein-
Bewusstsein-Seligkeit) und die reine Natur des Atman gerichtet ist. Es gibt
Zungen und telegraphische Instrumente in den Augen junger
leidenschaftlicher Frauen. Sie schicken durch ihre lächelnden flüchtigen
Blicke leidenschaftlichen jungen Männern ihre Liebespfeile und
Liebesbotschaften, ziehen sie dadurch in ihren Bann und bezaubern sie.
Diese jungen Männer, die kein Unterscheidungsvermögen besitzen, werden
durch solche Liebesbotschaften zum Opfer ihrer Leidenschaften. Sie werden
zum Schoßhündchen junger Frauen, selbst wenn sie eine akademische
Ausbildung, eine hohe Position und einen Titel besitzen. Was für eine
Schande!
Der Grund für dieses Verhalten des Mannes liegt darin, dass sein Wille und
sein Intellekt offensichtlich versagen. Oh, ihr Yogaschüler, haltet euch von
den Frauen zurück, solange ihr nicht im Brahmacharya gefestigt seid. Ihr
solltet euer nobles ideales Leben nicht für die flüchtigen Momente mit einer
bezaubernden Frau opfern. Denkt an die Beschaffenheit des Körpers. Das,
was heute noch so begehrlich erscheint, kann morgen schon allen Glanz
verloren haben. Vergegenwärtigt euch das Bild des toten Körpers einer Frau
oder ihres Skeletts, wann immer euch die Leidenschaft überfällt. So werdet
ihr allmählich an Stärke gewinnen und die Leidenschaft besiegen. Die
Leidenschaftslosigkeit wird sich immer weiter ausbreiten. Die Ursache für
die sexuelle Anziehung zu den Frauen ist das Vorhandensein von
unbewussten subtilen Wünschen und von sinnlichen Begierden im Verstand.
Löscht sie aus. Dann haben sie keine Anziehungskraft mehr. Diejenigen, die
auf Frauen und Geld verzichtet haben, haben auf die Welt verzichtet.

3.4 Die enthaltsam lebenden Dani aus Neuguinea Inhaltsverzeichnis


Die Dani sind ein Volk aus Neuguinea (Nord-Zentral-Irian Jaya, Indonesien,
nördlich von Australien), mit 370.000 Einwohnern. Sie hatten in den ersten
beiden Jahren nach der Heirat keinen Geschlechtsverkehr und lebten für 4
bis 6 Jahre nach der Geburt eines Kindes vollkommen enthaltsam.
Vorehelicher und außerehelicher Geschlechtsverkehr sind praktisch
unbekannt, und es gibt scheinbar keine Homosexualität oder andere sexuelle
Formen der sexuellen Befriedigung (Onanie). Darüber hinaus scheint
niemand irgendwelche Anzeichen von Unglück oder Stress zu zeigen.
Übermenschen? Eine Erfindung, die der Phantasie eines Science Fiction
Autors entsprungen ist? Tatsächlich leben die Dani ziemlich schön, im
großartigen Tal von Westirian (früher West-Neuguinea), wo sie für 2 ½
Jahre von Karl Heider, einem Anthropologe von der Universität South
Carolina (USA), studiert wurden. Heider, der an den amerikanischen
Universitäten von Harvard, Brown und Stanford lehrte, beschreibt das
enthaltsame sexuelle Verhalten der 5.000 Mitglieder des Stammes in der
aktuellen Ausgabe des "The Journal of the Royal Anthropological Institute
of Great Britain".
Er fand keine starken Bestrafungen gegen sexuelle Betätigungen oder
irgendeine brauchbare Erklärung für eine unterentwickelte Libido (sexuelles
Verlangen) der Dani. Nach der Befragung, sagten die Stammesangehörigen,
die Verletzung der Enthaltsamkeit nach der Schwangerschaft würde
Probleme mit den Geistern des Stammes verursachen. Dennoch wirkten die

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Dani keineswegs gezwungen gegenüber ihren Geistern, und Heider stellt
fest, dass die Befolgung dieser übernatürlichen Bestimmungen als ziemlich
zwanglos verstanden werden muss. Das Dani scheinen einfach keinen
größeren Drang zu kennen, weder sexuell noch in anderer Weise. Es gibt
kaum starke Gefühle, wenig künstlerische Ambitionen und nur wenig Streit.
Anstatt seiner Wut Ausdruck zu verleihen, entfernt sich der Dani lieber von
der belastenden Situation. Kriege haben, laut Heider, den emotionalen
Charakter der Rotwildjagd in Amerika. Die Krieger unterhalten sich eine
längere Zeit, kämpfen dann eine Stunde lang, und setzen danach die
Unterhaltung fort. Wut und Rache spielen dabei nur selten eine Rolle. Die
Dani wollen einfach nur ihre Geister besänftigen und den Kampf so schnell
wie möglich beenden. Ihr einzig wirkliches Interesse gilt der
Schweinehaltung und dem Anbau der Süßkartoffel.
Heider kann es sich nicht erklären, warum das Energieniveau der Dani so
"niedrig" ist. Der Stamm scheint eine niedrige Kindsterblichkeitsrate, eine
ausreichende Ernährung und keine ernsten Krankheiten zu haben. Heider
glaubt nicht, dass genetische oder biologische Faktoren die Ursachen für
dieses "niedrige Energiesystem" der Dani sind, sondern dass sie kulturell
bedingt ist. Wenn das so ist, dann müsste die westliche Theorie über den
angeborenen sexuellen Trieb, der vor allen Dingen von Freud postuliert
wurde, neu überdacht werden.
Ein Bericht aus dem Time Magazine - Montag, Aug. 2, 1976
Time Magazine Time Magazine
Abschnitt 3.4 ist nicht aus dem Buch Swami Sivanandas. Ich habe ihn hier
zur allgemeinen Information eingefügt. Der Übersetzer.

4. Sex ist eine Einbildungskraft Inhaltsverzeichnis


Sex ist der Unterschied zwischen Mann und Frau. Es ist eine mentale
Schöpfung. Es ist eine Schöpfung des Geistes, eine Phantasie. In den fünf
Elementen, aus denen der Körper besteht, gibt es keinen Sex. Der
menschliche Körper besteht aus fünf Elementen (Erde, Wasser, Feuer, Luft
und Leere bzw. äther). Woher kommt also die Idee vom Sex? Die Sexualität
ist eine Illusion. Sie ist ein Trick des Geistes. Sie ist eine Gaukelei der
Maya, der Täuschung. Die Idee vom Sex ist tief in uns verwurzelt. Der
Mann wird niemals denken, dass er eine Frau ist. Und die Frau wird niemals
denken, dass sie ein Mann ist. Für einen befreiten Weisen, besteht die Welt
nur aus Brahman (Gott). Für einen leidenschaftlichen Mann ist diese Welt
voller Frauen, die erobert werden wollen. Er verliebt sich in einen hölzernen
Pfosten, um den ein seidenes Kleid oder ein hübsches Tuch mit einer
attraktiven Umrandung gewickelt wurde. Leidenschaft ist ein schrecklicher
Fluch. Steht ein Mann unter dem Einfluss der Leidenschaft, dann zerstören
der sexuelle Impuls und die Aufregung sein Verständnis und machen ihn
ziemlich hilflos.
Ein Familienvater, der das Leid des Samsara, des Rades von Tod und
Wiedergeburt, verstanden hat, ist bemüht, das samsarische Leben zu
beenden. Er wird zum Brahmachari. Ein Junggeselle dagegen, der sich
vorstellt, wie einsam das Leben ohne Frau und Kinder sein könnte, wird
versuchen, zu heiraten. Dahinter steht Maya, die Illusion, die uns zu
täuschen versucht. Es ist ein mentaler Trick. Man sollte sich davor hüten.
Ein leidenschaftlicher Junggeselle wird immer denken: "Wann kann ich
endlich mit einer Frau zusammen leben." Ein leidenschaftlicher

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Familienvater, in dem die Unterscheidungskraft gedämmert hat, denkt:
„Wann kann ich mich endlich ablösen von den sinnlichen Begierden zu
meiner Frau und mich in die Wälder zur Betrachtung des Atman
zurückziehen?“ Man sollte einmal über den Unterschied nachdenken.
Tausende von jungen Akademikern und jungen Doktoren kommen zu mir
mit Tontöpfen in ihren Händen, bekleidet in den orangefarbenen Roben, in
der Suche nach Höhlen in Uttarakashi und in Gangotri für tiefe Meditation
und in der Praxis von Pranayama. Und einige junge Studenten aus der
wissenschaftlichen Forschung gehen nach Punjab und Kaschmir in seidenen
Hosenanzügen mit steifem Kragen auf der Suche nach Mädchen für die
Heirat. Gibt es Vergnügen oder Schmerz in dieser Welt? Wenn es
Vergnügen gibt, warum ziehen sich dann die jungen gebildeten Männer in
Wälder zurück? Wenn es Schmerz gibt, warum laufen junge Männer dann
dem Wohlstand, den Frauen und beruflichen Position hinterher? Maya ist
wirklich geheimnisvoll. Versuche das Rätsel des Lebens und das Rätsel des
Universums zu verstehen.

4.1 Schönheit ist ein Trick der Natur Inhaltsverzeichnis


Maya, die Illusion, die Täuschung, führt den Verstand permanent in die
falsche Richtung. Die Frau ist nicht schön, aber in der Phantasie ist sie
schön. Der Zucker ist nicht süß, aber in der Phantasie ist er süß. Nahrung ist
nicht schmackhaft, aber in der Phantasie ist sie schmackhaft. Der Mann ist
nicht schwach, aber in der Phantasie ist er schwach. Verstehe die Natur der
Maya, der Täuschung und des Verstandes und lerne daraus. Zügele deine
Phantasie durch Unterscheidungskraft und rechtes Denken und Ruhe im
Brahman, wo es weder Phantasie noch Gedanken gibt. Schönheit und
Hässlichkeit sind falsche Phantasien des Verstandes. Der Verstand selbst ist
ein illusorisches Produkt. Auffassungen des Verstandes müssen folglich
auch falsch sein. Sie sind wie Trugbilder in der Wüste. Was für dich schön
ist, ist für andere hässlich. Schönheit und Hässlichkeit sind relative
Bezeichnungen. Schönheit ist nur ein Geisteskonzept, eine
Geistesprojektion. Sie ist wie ein zivilisierter Mann, der viel von der
Symmetrie der Form, den guten Eigenschaften des würdevollen Ganges
sowie der Eleganz von weisen und würdevollen Formen, spricht.
Ein Afrikaner hat bestimmt ganz andere Vorstellungen über Schönheit, als
ein Amerikaner, ein Europäer oder ein Asiate. Wahre Schönheit ist nur im
Selbst, in Gott. Schönheit liegt im Verstand und nicht in den Objekten.
Mangos sind nicht süß, die Idee von der Mango ist süß. Es sind alles nur
Gedanken. Es sind alles nur geistige Täuschungen, geistige Auffassungen,
geistige Kreationen, geistige Schöpfungen. Zerstöre die Gedanken und die
Schönheit verschwindet. Der Ehemann dehnt seine Idee der Schönheit auf
seine weniger hübsche Frau aus, und findet sie dank seiner Leidenschaft auf
einmal sehr attraktiv. Shakespeare hat dieses zu Recht in seinen „Mitt-
Sommer-Nachts-Träumen“ ausgedrückt: „Amor wird blind gemalt. Er findet
die Schönheit Helens in der Augenbraue von ägypten“. Die Wünsche und
der Verstand täuschen dich jeden Moment. Sie sind deine wirklichen
Feinde. Schönheit ist ein Produkt der geistigen Schöpfung. Schönheit ist ein
Produkt der Phantasie. Eine hässliche Frau sieht in den Augen ihres
Ehemanns vielleicht sehr schön aus. Wo ist die Schönheit, meine lieben
Freunde, in der verrunzelten Haut einer alten Frau geblieben? Wo ist die
Schönheit, wenn deine Frau krank und bettlägrig ist? Wo ist die Schönheit,
wenn deine Frau wütend oder ängstlich ist?

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Schönheit im Gesicht ist eine bloße Betrachtung. Die unverdorbene
Schönheit, der Jungbrunnen der Schönheit, kann nur im Atman gefunden
werden. Du hast den Ursprung der Schönheit vergessen und klammerst dich
an die Scherben eines zerbrochenen Glases. Was für ein Fehltritt hat dich
verleitet, das Leben durch deine unreinen Gedanken, deinen unreinen
Verstand, deinen unreinen Geist und deine unreine Lebensweise zu
betrachten? Hast du diesen Fehler mittlerweile erkannt? Bist du bereit, deine
Augen wenigstens jetzt zu öffnen? Eine schöne Frau ist sehr bezaubernd.
Sie ist sehr süß, wenn sie jung ist, wenn sie lächelt, wenn sie ein schönes
Kleid trägt, wenn sie singt und auf dem Klavier oder der Violine spielt oder
wenn sie tanzt. Aber sie ist schrecklich zu betrachten, wenn sie ihr
Temperament verliert, wenn sie mit ihrem Ehemann streitet und hysterisch
wird, weil sie keine seidenen Kleider und Goldketten bekommt, wenn sie an
einer Krankheit leidet oder wenn sie alt wird.
Für einige Jahre schenkt die Natur der Frau die Schönheit, den Charm und
die Eleganz, so dass sie die Herzen der Männer gefangen nehmen kann.
Schönheit ist nur oberflächlich. Sie wird schon bald verblassen, das Haar
wird Grau und die Haut wird bald mit Falten übersät sein. Der Schneider,
der Weber, der Sticker, der Frisör, der Kosmetiker und der Goldschmied
schenken uns äußere Attraktivität. In seiner Aufregung, Verliebtheit und
Verblendung, übersieht der Mann mitunter diesen Punkt. Dies ist Maya, die
Illusion. Vertraue niemals dieser Maya. Vorsicht, Mann, wach auf.
Entdecke die Schönheit der Schönheit, die in dir ist, die dein innerstes
Selbst ist. Hast du jemals darüber nachgedacht, von welcher grundlegenden
Beschaffenheit die Frauen sind, die die Sinneslust in dir wachrufen? Ein
Bündel Knochen, Fleisch, Blut, Urin, Fäkalien, sowie Schweiß, Schleim und
anderer Schmutz! Willst du es zulassen, dass solch ein Bündel der Meister
deiner Gedanken wird? Willst du dein Geburtsrecht auf ewigen Glück und
Frieden für solch eine flüchtige Sinnestäuschung verschenken? Schande
über dir, wenn du diese Torheit nicht erkennst. Sollten dein Wille, deine
Vernunft und dein mangelndes Unterscheidungsvermögen, dir solch ein
unrühmliches Ende bereiten? Hast du nicht verstanden, dass körperliche
Schönheit nur äußerlich ist und an der Gnade der Gesundheit und der
Jugend gebunden ist?

4.2 Irreführende Beschreibungen der Schönheit einer Frau


Inhaltsverzeichnis
Poeten haben die Schönheit der Frauen beschrieben. Aber diese Dichter sind
fehlgeleitete Menschen, die junge Männer auf den falschen Pfad führen.
Beschreibungen wie "Jungfrauen mit dem bezaubernden Blick", "ein
Gesicht wie der Mond" oder "rosige Wangen und Honiglippen" sind
irreführend. Wo bleibt die Schönheit im toten Körper, bei alten oder
kranken Frauen? Wo ist die Schönheit geblieben, wenn eine Frau wütend
ist? Du bist dir dessen bewusst und doch haftest du ihren Körpern an! Bist
du nicht ein unverbesserlicher Narr? Die Schönheit einer Frau ist falsch,
künstlich und vergänglich. Wirkliche Schönheit ist rein und ewig. Der
Atman ist die Quelle aller Schönheit. Seine Schönheit ist ewig und rein. Es
ist der Schmuck, die seidenen Kleider mit phantasievollen Spitzen und
Säumen, das Verzieren der Haare mit goldenen Haarnadeln oder Blumen,
der Gebrauch von Puder und Parfüm, der Lippenstift und die
Wimperntusche, die den Frauen eine vorübergehende Schönheit und ein
künstliches Glitzern verleihen. Beraube sie ihres Gesichtspuders, ihres
Schmuckes und ihrer farbenprächtigen Kleider und bitte sie, ein einfaches

24
weißes Tuch zu tragen. Wo bleibt dann die Schönheit? Die äußere
Schönheit ist nur eine Illusion.
Dichter beschreiben in ihren phantasievollen, leidenschaftlichen
Stimmungen, dass Honig von den Lippen einer jungen, schönen Frau fließt.
Entspricht das der Realität? Was siehst du wirklich? Die übelriechende
Zahnspange, den unangenehmen Gerüche des Rachen, das Sabbern des
Speichels in der Nacht. Ist es das, was die Poeten mit Honig und Nektar
beschreiben? Und doch, der leidenschaftliche, lüsterne und sexberauschte
Mann schluckt diese schmutzigen Ausscheidungen, wenn er unter dem
Einfluss der sexuellen Erregung ist! Gibt es etwas, das abscheulicher ist als
dieses? Sind diese Poeten nicht mit schuld, wenn sie solche falschen
Beschreibungen geben, die so große Zerstörungen bei den
leidenschaftlichen jungen Männern verursachen? Hinter der glänzenden
Haut gibt es das rohe Fleisch. Hinter dem Lächeln einer jungen Dame ist ein
verstecktes Stirnrunzeln und ärger. Hinter den rosigen Lippen lauern die
Mikroben der Krankheiten. Hinter der Sanftheit und den freundlichen
Worten stehen oftmals versteckte rauhe Wörter und Beschimpfungen. Das
Leben ist flüchtig und, O leidenschaftlicher Mann, unsicher! Lerne die
Schönheit des Atman im Herzen verwirklichen. Der Körper ist der Wohnsitz
für Krankheiten. Das Netz der Zuneigung wird durch Genuss verstärkt. Es
schlingt sich wie eine stark geknotete Schnur um deinen Nacken. Ohne ihre
Haut, ohne ihre bunten Kleider, ohne ihren Schmuck bleibt nicht viel von
der Frau. Stelle dir für einen Moment vor, sie hätte keine Haut. Du musst
mit einem Stock an ihrer Seite stehen, um die Krähen und Geier fortzujagen.
Körperliche Schönheit ist oberflächlich, illusorisch und vergänglich. Lass
dich nicht durch äußerlichkeiten blenden. Es ist eine Gaukelei der Maya.
Geh' zur Quelle, zu Atman, der Schönheit der Schönheiten, der ewigen
Schönheit.

4.3 Die Leidenschaft blendet den Intellekt Inhaltsverzeichnis


Sexuelles Vergnügen ist eine Illusion. Es ist eine Täuschung. Es ist nicht
wirklich ein Vergnügen. Es ist nur ein Nervenkitzel. Alle weltlichen
Vergnügen erscheinen am Anfang als Nektar. Aber am Ende werden sie zu
Gift. Denke darüber nach, O Saumya, mein geliebter Sohn! Lass dich nicht
von sinnlichen Impulsen und von der Leidenschaft entführen. Am Ende sind
die Menschen traurig. Frag' jeden Familienvater, ob er auch nur einen Jota
Glück in seinem Leben findet. Die Fliege fliegt zum Feuer oder zur Lampe,
denkt, dass es eine Blume ist, und verbrennt sich daran. Ebenso läuft der
leidenschaftliche Mann einer hübschen Frau nach, denkt, dass er dort das
wahre Glück findet, und verbrennt im Feuer der Leidenschaft. Ebenso, wie
die Seidenraupe sich in ihrem selbstgesponnenen Kokon einwickelt, so hast
auch du dich in die Maschen deiner sinnlichen Wünsche eingesponnen.
Zerschneide die Maschen durch das Messer der Unterscheidungskraft und
steige auf den Flügeln der Hingabe und des Wissens ins Reich des ewigen
Friedens.
Ein leidenschaftlicher Mann ist ein blinder Mann. Obwohl er ein
Intellektueller sein kann, wird er blind, wenn er unter dem Einfluss der
sexuellen Erregung steht. Sein Intellekt erweist sich als unbrauchbar, wenn
er unter dieser Art der Blindheit leidet. Er ist bemitleidenswert! Satsanga
(das Zusammensein mit Weisen), Gebet, Japa, Studium und Meditation
rotten diese entsetzliche Krankheit aus und schenken ihm das Licht der
Weisheit. Es gibt kein Sex in den Körpern. Aber es gibt den Verstand im

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Körper, der den Sex entstehen lässt. Es gibt Geistesschöpfungen, Wünsche
und Phantasien im Verstand. Und diese Phantasien, dieser Wunsch nach
Sinneslust ist ein sexueller Wunsch. Bringst du dieses Bündel an Phantasien
zum Schweigen, so schweigt auch die Sinneslust. Dann endet das sinnliche
Begehren. Du hast die Lust besiegt. Die Sexualität ist eine geistige
Schöpfung. Die Maya (Illusion) und die Unwissenheit sind nichts anderes
als die Täuschung der Verkörperung der Sexualität, der Vorstellung, die
Sexualität manifestiere sich im Körper. Die ganze spirituelle Praxis wird
ausgeführt, um diese eine Idee zu zerstören. Allein durch die Beseitigung
dieser einen Idee erlangt man Befreiung.

5. Der verhängnisvolle Nachteil des sexuellen Genusses Inhaltsverzeichnis


Das am stärksten entkräftende und entmutigende Vergnügen ist das sexuelle
Vergnügen. Es geht einher mit Schmerzen, Schwächen, Anhaftungen, mit
einem schwachen Willen, einer Sklavenmentalität, mit großer Anstrengung
im Kampf gegen die sinnliche Begierde und mit Nervosität. Aber sinnliche
Menschen kommen niemals zur Vernunft, obwohl sie harte Schläge, Tritte
und Prügel aus allen Richtungen beziehen. Der streunende Straßenhund
schleicht sich immer wieder in die Häuser, obwohl er dort jedes mal mit
Steinen beworfen wird. Bedeutende westliche Mediziner sagen, dass
verschiedene Arten von Krankheiten aus dem Verlust des Samens entstehen,
besonders im jungen Alter. Sie zeigen sich als Blutgeschwüre auf dem
Körper, Bläschen oder Akne auf dem Gesicht, als blaue Linien unter den
Augen, als Fehlen von Barthaaren, als eingefallene Augen, als Bleichgesicht
mit Blutarmut, als Gedächtnisverlust, als Verlust des Sehvermögens, als
Kurzsichtigkeit, als Verlust des Samens zusammen mit dem Urin, als
Vergrößerung der Hoden, als Schmerz im Hoden, als Erschöpfung,
Schläfrigkeit, Trägheit, Depression, Herzklopfen, als Atemnot oder
Schwierigkeit mit der Atmung, als Schwindsucht (Tuberkulose), als
Rückenschmerzen, Lendenschmerzen, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen,
als schwache Nieren, als Urinieren im Schlaf, als Wankelmütigkeit,
Denkfaulheit, als schlechte Träume, feuchte Träume (Pollutionen), als
Unruhe und Rastlosigkeit.
Du solltest dir die schlechten Nachwirkungen des Samenverlustes sorgfältig
merken! Die Menschen sind durch das Vergeuden der Samenenergie
physisch, geistig und moralisch geschwächt. Dem Körper und dem Verstand
fehlt dann die Energie um zu arbeiten. Man verfällt in physische und
mentale Lethargie. Du empfindest Schwäche und Erschöpfung. Du möchtest
am liebsten zu Milch, Früchten und Aphrodisiakum Zuflucht nehmen, um
den Verlust der Energie wieder auszugleichen. Du solltest daran denken,
dass diese Dinge diesen Energieverlust niemals ersetzen können. Einmal
verloren, ist für immer verloren. Du wirst in einem trostlosen und freudlosen
Leben dahinkriechen. Deine körperliche und geistige Stärke wird von Tag
zu Tag abnehmen. Die, die viel von ihrem Samen verlieren, werden sehr
reizbar. Schon Kleinigkeiten regen sie auf. Diejenigen, die nicht das
Gelöbnis des Brahmacharya beachtet haben, werden die Sklaven des
Zornes, der Eifersucht, der Trägheit und der Furcht. Wenn du deine Sinne
nicht unter Kontrolle hast, riskierst du, dumme Taten zu tun. Der, der diese
lebenswichtige Energie vergeudet, wird leicht erregbar, er verliert seine
Ausgeglichenheit und lebt in einen Zustand der explosiven Wut.
Wenn ein Mensch wütend wird, benimmt sich er sich unkontrolliert. Er
weiß nicht, was er genau tut, während er seine Energie in zornigen

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Wutausbrüchen und Vorwürfen vergeudet. Er tut alles, was er möchte, aber
ohne zu überlegen. Er beleidigt seine Eltern, seine Freunde und selbst
Respektspersonen. Es ist folglich erforderlich, dass der Brahmacharin, der
versucht, spirituelle Fortschritte zu erlangen, diese lebenswichtige Energie
konserviert. Die Bewahrung dieser göttlichen Energie führt zu Erreichung
eines starken Willens, eines vorbildlichen Verhaltens, zu spiritueller
Begeisterung und irgendwann zur Befreiung und Erleuchtung. übermäßiger
sexueller Verkehr vermindert diese Energie enorm. Junge Männer kennen
vielfach nicht den Wert dieser lebenswichtigen Flüssigkeit. Sie vergeuden
diese dynamische Energie durch übertriebene Selbstbefriedigung oder durch
übertriebenen Geschlechtsverkehr. Ihre Nerven sind köstlich darüber
amüsiert. Sie werden regelrecht berauscht davon. Was für einen Fehltritt sie
begehen! Es ist ein Verbrechen, das nach Bestrafung verlangt. Sie sind
Mörder des Atman.
Wird diese Energie einmal vergeudet, dann kann sie nie wieder ersetzt
werden. Sie ist die leistungsfähigste Energie der Welt. Eine sexuelle Tat
erschüttert vollständig das Gehirn und das Nervensystem. Die Menschen
glauben fälschlicherweise, dass sie die verlorene Energie zurückgewinnen
können, indem sie Milch, Mandeln und Potenzmittel zu sich nehmen. Dies
ist ein Irrtum. Du solltest dich bemühen, jeden Tropfen zu konservieren,
selbst wenn du ein verheirateter Mann bist. Selbstverwirklichung ist das
Ziel. Die Energie, die während eines sexuellen Aktes vergeudet wird, ist
gleichwertig mit der Energie, die in 10 Tagen für körperliche Schwerstarbeit
aufgewendet wird, oder mit der Energie, die in drei Tagen für Geistesarbeit
aufgebracht wird. Erkenne, wie kostbar diese lebenswichtige Flüssigkeit ist!
Verschwende diese Energie nicht sinnlos. Bewahre sie mit großer Sorgfalt.
Dann wirst du eine wunderbare Vitalität besitzen. Wenn der Samen nicht
vergeudet wird, wird er in Ojas Sakti oder geistige Energie umgewandelt
und im Gehirn gespeichert. Westliche Mediziner wissen wenig über diesen
bedeutsamen Punkt. Die meisten deiner Unpässlichkeiten liegen an der
übermäßigen Samenverschwendung.

5.1 Feuchte Träume und normaler Geschlechtsverkehr Inhaltsverzeichnis


Ein sexueller Akt erschüttert das Nervensystem. Das ganze Nervensystem
wird durcheinander gerüttelt und aufgewühlt. Es gibt einen enormen Verlust
von Energie. Sehr viel Energie wird während des Geschlechtsaktes
vergeudet. Dies ist aber nicht so, wenn der Samenerguss während des
Schlafes geschieht. In einem feuchten Traum kommt es im wesentlichen nur
zu einem Ausfluss der Prostataflüssigkeit.

Anmerkung des Übersetzers:

Ich bin mir nicht sicher, ob die Aussage Swami Sivanandas stimmt, dass bei
einer Pollution der größte Teil des Ejakulats aus Prostataflüssigkeit besteht.
Immerhin besteht beim normalen Orgasmus der größte Teil des Ejakulats
aus der Drüsenflüssigkeit der Samenbläschendrüse. Das Drüsensekret aus
der Samenbläschendrüse macht etwa 50 bis 70 Prozent des Ejakulats aus.
Die Prostata dagegen liefert nur etwa 10 bis 33 Prozent des Ejakulats (siehe:
Sperma). Vielleicht war dieses 1934, als das Buch von Swami Sivananda
geschrieben wurde, noch nicht bekannt. Ich habe bei wikipedia noch etwas
gefunden, was meine Vermutung bestätigt: Die Kapsel der Prostata zieht
sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so

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das die Flüssigkeit der beiden Organe vermischt und ausgestoßen wird.
Unter Punkt 5.2 und 5.3 wird noch ausführlich auf die männlichen
Geschlechtsorgane eingegangen.
Beim Orgasmus des Mannes steigt Samenflüssigkeit aus dem Hoden und
dem Nebenhoden (Spermien) über den Samenleiter aufwärts, wird dann mit
den Drüsensekreten aus der Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse,
der Prostata und der Bulbourethraldrüse (Cowpersche Drüse) vermischt und
anschließend durch die Harnröhre ausgeschieden (siehe Bilder unter 5.2 und
5.3). Die Prostata produziert ein milchig-klares Sekret, das gemeinsam mit
den Samenzellen, sowie mit den Drüsensekreten aus der
Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse und der Bulbourethraldrüse
das Ejakulat bildet. Die alkalische Flüssigkeit der Vorsteherdrüse (Prostata)
sorgt für die Beweglichkeit der Samenzellen. Ohne dieses Sekret könnten
diese die Scheide, in der ein saures Milieu vorherrscht, nicht passieren und
in die Gebärmutter aufsteigen.
Entschuldigt bitte, wenn ich zwischendurch einige Anmerkungen einfüge.
Aber ich brauchte sie, um mir selber Klarheit zu verschaffen. Vielleicht
erleichtert sie ja ebenfalls euer Verständnis. Darum werde ich später noch
etwas ausführlicher auf die unterschiedlichen Drüsensekrete eingehen.
Ende Anmerkung Übersetzer.
Selbst wenn es bei einem nächtlichen Orgasmus (Pollution) einen Verlust
der lebenswichtigen Flüssigkeit gibt, läuft nicht so viel aus. Es tritt also
während der feuchten Träume nicht viel Samenflüssigkeit aus. Es ist nur die
wässrige Prostataflüssigkeit mit ein wenig Samen, der während der
nächtlichen Pollution entladen wird. Wenn ein nächtlicher Samenerguss
stattfindet, arbeitet der Verstand auf Astralebene und entführt den
physischen Körper in ein aufregendes erotisches Abenteuer. Das ist der
Grund, warum der Samenerguss plötzlich stattfindet. Der nächtliche
Samenerguss kann möglicherweise nicht einmal einen sexuellen Wunsch
anregen. Ein freiwilliger Geschlechtsverkehr dagegen ist für einen
aufrichtigen Brahmacharya für seinen geistigen Fortschritt in hohem Grade
schädlich. Die Eindrücke durch den Geschlechtsakt dagegen sind
normalerweise sehr tief und sie beeinflussen die bereits bestehenden
Eindrücke im Unterbewusstsein und sie regen verstärkt die sexuelle
Phantasie an. Es ist wie öl, das ins Feuer gegossen wird. Jeder neue
Geschlechtsverkehr wird die Verhaftung an die Sexualität noch weiter
verstärken und die Arbeit erschweren, sich von diesen sinnlichen Begierden
zu befreien. Du solltest den Geschlechtsverkehr vollkommen aufgeben.
Dein Verstand wird versuchen, dich auf vielfältige Weise zu täuschen,
indem er dir falsche Ratschläge gibt. Sei alarmiert. Höre nicht auf seine
Stimme, höre auf die Stimme des Gewissens, die Stimme der Seele, die
Stimme der Unterscheidung.

5.2 Jugend mit blutleeren Gesichtern Inhaltsverzeichnis


Ein großer Anteil an Energie wird während des Geschlechtsaktes vergeudet.
Ein schlechtes Gedächtnis, vorzeitige Alterung, Impotenz, verschiedene
Augenkrankheiten, verschiedene Nervenkrankheiten, sind die Folgen von
schweren Verlust dieser lebenswichtigen Flüssigkeit. Es ist wirklich ein
Schock, viele Jugendliche zu sehen, wie sie mit torkelndem Schritt, mit
einem blassen und blutleeren Gesicht, infolge des Verlustes dieser
lebenswichtigen Samenflüssigkeit, daher gehen, anstelle mit agilen, flinken

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Schritten hierhin und dorthin, mit der Stärke und der Vitalität eines
Eichhörnchens, zu springen. Einige Männer sind so leidenschaftlich und
schwach, das sogar der Gedanke, der Anblick oder die Berührung einer Frau
einen Samenerguss bei ihnen verursacht. Ihr Los ist bemitleidenswert! Was
sehen wir aber in diesen Tagen? Jungen und Mädchen, Männer und Frauen,
ertrinken im Ozean unreiner Gedanken, lüsterner Wünsche und sinnlicher
Vergnügen. Es ist in der Tat in hohem Grade bedauernswert. Es ist wirklich
schockierend, die Geschichten von einigen dieser Jungen zu hören. Viele
Schüler und Studenten kommen persönlich zu mir und berichten mir von
ihrem bemitleidenswerten Leben, einem Leben aus Trübsinn und
Depression durch schweren Samenverlust, resultierend aus
Selbstbefriedigung und Geschlechtsverkehr. Ihre Energie der
Unterscheidung ist verloren gegangen, infolge von sexuellen
Ausschweifungen und lüsterner Berauschtheit. Warum verschwendest du
deine Energie für ein kurzes sinnliches Vergnügen, die viele Wochen und
Monate brauchte um zu wachsen?
Calcium- und Phosphormangel durch Samenerguss

Die wenigsten wissen um die chemischen Vorgänge beim


Geschlechtsverkehr, genauer gesagt, beim Samenerguss, sei er
willkürlich herbeigeführt oder als Pollution im Schlaf auftretend.
Man hat festgestellt, dass der menschliche Same nicht nur die
Hormone der Geschlechtsdrüsen enthält, sondern auch Nährstoffe
wie Lecithin, Phosphor, Calcium, Eisen und Vitamin E sowie
Cholesterin. Die chemische Zusammensetzung ist ähnlich wie die der
Nerven- und Hirngewebe

.Dr. Raymond Bernard schreibt darüber:

»Lorand weist darauf hin, dass überaktivität der Geschlechtsdrüse


mit starker Ausscheidung von Phosphor und Calcium verbunden ist.
Während der Pubertät entsteht ein ähnlicher Calcium- und
Phosphormangel im Blut, weil unter dem Einfluss des
Wachstumshormons die Knochen wachsen und das Skelett sich
streckt. Gerade diese beiden Stoffe werden dem Körper durch
Samenerguss entzogen.

Havelock Ellis hat die Beobachtung gemacht, daß frühzeitig und


ausgiebig Masturbierende im Wachstum zurückbleiben. Der junge
Organismus wird über Gebühr beansprucht, bevor er voll entwickelt
ist. Laut McCallum und Voegtlin führt Calciumentzug aus den
Nervenzellen zu übererregbarkeit, die nur durch erhöhte
Calciumzufuhr beigelegt werden kann. Da beim Samenerguß viel
Calcium verlorengeht, erklären sich einerseits die nervösen
Symptome und andererseits die schwere Müdigkeit nach dem
Orgasmus. Das gleiche gilt für den Phosphorverlust. Phosphor ist
wesentlich für die Ernährung der Nerven- und Hirngewebe, und
ausgesprochener Mangel kann Neurosen und Psychosen
verursachen.«

Lebensstrom

29
Energieverlust beim männlichen Orgasmus

Wie viel Energie bei einem männlichen Orgasmus verloren geht,


geht aus einem Artikel von Mantak Chia hervor: »Jedes mal, wenn
der Mann ejakuliert (einen Samenerguss hat), nimmt der Körper an,
dass er ein neues Leben zeugen soll. Dem Tao zufolge opfern
sämtliche Organe und Drüsen dafür ihre beste Energie. Ein
durchschnittliches Ejakulat enthält zwischen 50 und 250 Millionen
Spermien. Wenn der Körper diesen Spermavorrat nicht ständig
auffüllen muss, kann er der taoistischen Lehre zufolge, die
eingesparten Energien verwenden, um Körper und Geist zu stärken,
um Gesundheit, Kreativität und geistiges Wachstum zu fördern.«

Das, was die Männer als Orgasmus erfahren, sind die 5 bis 10
Kontraktionen der Prostata. Der Samen, der im Hoden produziert
wird, wird anschließend im Nebenhoden gelagert. Die Reifezeit der
Spermien im Hoden beträgt etwa 72 Tage. Der Nebenhoden dient im
wesentlichen zur Lagerung der vom Hoden produzierten Spermien
und geht in den Samenleiter über. Beim Samenerguss wird ein wenig
Sperma durch Kontraktion des Samenleiters von Hoden und
Nebenhoden hinaufgesaugt, wird dann mit den Drüsensekreten der
Samenleiterampulle, der Samenbläschendrüse, der Prostataflüssigkeit
und dem Sekret der Cowperschen Drüse vermischt und als Ejakulat
durch die Harnröhre ausgeschieden.

Bildliche Darstellung:

1. Hoden (paarig vorhanden)


2. Nebenhodengang (paarig)
3. Samenleiter (paarig)
4. Ampulla ductus deferentis (paarig)
5. Samenblase (paarig)
6. Ductus ejaculatorius (paarig)
7. Prostata (einfach)
8. Ausführungsgänge der Prostata
(mehrfach vorhanden)
9. Cowpersche Drüsen (paarig)
10. Littré Drüsen (mehrfach)
11. Harnröhre (einfach)
12. Harnblase (einfach)

Vorgänge im männlichen Genitaltrakt

Zum obigen Bild: Hoden (= Bildungsort der Spermien), Nebenhoden


(=Lagerplatz der Spermien). Der Ejakulationsweg der Spermien wird
durch beide Samenleiter (3), beide Ductus ejaculatorii (6) und die
Urethra (11) gebildet. Als Ductus ejaculatorius wird die Passage
durch die Prostata in die Urethra bezeichnet. Entlang des
Ejakulationsweges fügen verschiedene Drüsen (4+5+7+9+10) ihre

30
Sekrete dem Ejakulat bei. (embryology.ch)

1. Ductus deferens
2. Ampulla ductus deferentis
3. Vesicula seminalis
4. Ductus ejaculatorius
5. Prostata
6. Ausführungsgänge der Prostata
7. Cowper Drüsen
8. Littre Drüsen
9a.Pars prostatica Urethrae
9b.Pars membranacea Urethrae
9c.Pars spongiosa Urethrae

Männliche Urethra mit akzessorische Drüsen

01. Harnblase (Vesica urinae)


02. Schambein (Ospubis)
03. Penis
04. Schwellkörper (Corpus cavernosum)
05. Eichel (Glans penis)
06. Vorhaut (Präputium)
07. äußere Harnröhrenöffnung
08. Sigmoid
09. Mastdarm (Rectum)
10. Samenblase (Vesica seminalis)
11. Ductus ejaculatorius
12. Vorstehedrüse (Prostata)

31
13. Cowpersche Drüse
14. Anus
15. Samenleiter (Vas deferens)
16. Nebenhoden (Epididymis)
17. Hoden (Testis, orchis)
18. Hodensack (Scrotum)

Geschlechtsorgane Mann

Diese alkalische Flüssigkeit der Vorsteherdrüse (Prostata), ein


milchig-klares Sekret, sorgt für die Beweglichkeit der Samenzellen.
Ohne dieses Sekret könnten diese die Scheide, in der ein saures
Milieu vorherrscht, nicht passieren und in die Gebärmutter
aufsteigen. Die Prostata liefert etwa 10 bis 33 % am Volumen der
Samenflüssigkeit. Ihr Sekret fungiert dabei als Nährlösung für
Samenzellen und enthält alles, was diese auf ihrem beschwerlichen
Weg zur Eizelle brauchen: Fruchtzucker zur Verpflegung, Wasser,
um darin zu schwimmen, und Säure, welche die Spermien aus ihrer
Hodenstarre erweckt. Dazu erhalten Samenzellen die Mineralstoffe
Natrium, Kalium, Zink und Magnesium. Nur wenn die Prostata für
die richtige Mischung im Ejakulat sorgt, ist die Fruchtbarkeit des
Mannes gewährleistet.

Muskelkontraktionen beim männlichen Orgasmus

Bei der Ejakulation werden in der Regel ab Beginn der Pubertät ca. 2
bis 6 ml Sperma (Ejakulat) mit von Mann zu Mann oder Ejakulation
zu Ejakulation sehr unterschiedlicher Geschwindigkeit über
koordinierte Kontraktionen des Nebenhodengangs (ductus
epidedymidis), des Samenleiters (ductus deferens), der
Bläschendrüse (vesicula seminalis), Prostata und Harnröhre (urethra)
sowie über die Kontraktionen der Beckenbodenmuskulatur über die
äußere Harnröhrenöffnung meist in mehreren Fraktionen -
entsprechend der reflexgesteuerten Muskeltätigkeit - ausgestoßen.
Bei der Ejakulation sind mehrere Kontraktionswellen der Muskeln
dafür verantwortlich, dass die Ejakulation in mehreren Schüben
erfolgt.

Ejakulation

5.3 Das männliche Sperma (Energieverlust) Inhaltsverzeichnis


Weil immer wieder behauptet wird, ein Orgasmus stelle keinen
Energieverlust da, soll einmal der ungeheure Aufwand dargestellt werden,
der betrieben wird, um das männlichen Sperma zu produzieren. Das Sperma
ist geradezu ein kleines hormonelles Wunderwerk und mit einem Orgasmus
wird das Sperma, an deren Produktion sehr viele Drüsen und Organe
beteiligt sind, vergeudet. Der Körper muss nun alle seine Energien darauf
richten, neues Sperma zu produzieren. Diese Energie geht dem

32
Wohlbefinden, der Vitalität, verloren und der Mensch fühlt sich schlapp,
müde und ausgelaugt.
Das Sperma setzt sich aus Spermien, Epithelzellen der Hodenkanälchen und
der eigentlichen Samenflüssigkeit, dem Samenplasma, zusammen. Im
Schnitt beträgt das Volumen einer menschlichen Ejakulation 2 bis 6ml (ca.
5 Kilokalorien), wobei 1ml durchschnittlich 20 bis 30 Millionen Spermien
enthält (vgl. beim Hengst 22 Milliarden). Das sind 0,5% des gesamten
Ejakulats, der Rest ist Samenflüssigkeit. Die Samenflüssigkeit ist zudem
meist leicht salz- und proteinhaltig, (durch die Spermien) und enthält
Dopamin, Noradrenalin, Tyrosin, die Bindungshormone Oxytocin und
Vasopressin sowie verschiedene östrogene, Pheromone (Geruchsstoffe) und
ß-Endorphin. Es gibt Hinweise darauf, dass Bestandteile der
Samenflüssigkeit die Produktion von Zytokinen (zuckerhaltige
Wachstumsproteine) in der Gebärmutter anregen. Diese begünstigen die
Einnistung der befruchteten Eizelle in die Gebärmutterschleimhaut
Samenplasma
Das Samenplasma (Ejakulat) wird aus Sekreten der folgenden
Geschlechtsdrüsen:
1. Hoden und Nebenhoden
2. Samenleiterampulle
3. Samenbläschen
4. Vorsteherdrüse (Prostata)
5. Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse)
Hier die bildliche Darstellung: Männliche Geschlechtsorgane. Dort könnt
ihr die Details anschauen.

Männliche Geschlechtsorgane

Hoden und Nebenhoden (Testis): Der Hoden ist die männliche


Keimdrüse. Er besteht aus etwa 250 Läppchen, die durch Bindegewebe
voneinander getrennt sind. Jedes Läppchen besteht aus einigen stark
geschlängelten Hodenkanälchen. Im Hodenkanälchen erfolgt die
Entwicklung der Spermien. Bis zur vollständigen Reife der Spermien

33
(Spermatozoen) verbringen sie ungefähr 72 Tage im Hodenkanälchen, wo
sie über verschiedene Vorstufen im Keimepithel (Keim- und Stützzellen)
der Hodenkanälchen gebildet werden. Die reifen Spermien gelangen
anschließend in den Nebenhoden, ihrem Speicherplatz. Der Samenleiter hat
eine Länge von etwa 50 - 60 cm und führt vom Nebenhoden ausgehend, im
Samenstrang durch den Leistenkanal und mündet gemeinsam mit dem
Ausführungsgang der Samenbläschen innerhalb der Prostata in die
Harnröhre. Im Hoden und Nebenhoden, die nur 3–5% des gesamten
Volumens eines Samenergusses beisteuern, wird neben den Spermien unter
anderem auch Testosteron, das regulierend auf die Produktion der
Samenzellen wirkt und eine Flüssigkeit ist, die zum Reifen und Ruhigstellen
der Samenzellen beiträgt, produziert.
Netdoktor: Die Hoden - Thermoschrank für die Samenreife: Die Hoden
(in der medizinischen Fachsprachrache Testis genannt) sind die männlichen
Keimdrüsen. Das paarig angelegte, eier– oder pflaumenförmige Organ hat
ca. fünf Zentimeter Durchmesser und ein Gewicht von 25 bis 30 Gramm.
Die Hoden hängen am so genannten Samenstrang, einem Bündel aus
Muskeln, Gefäßen, Nerven und Samenleitern frei beweglich im Hodensack.
Sie produzieren Spermien (etwa 2.500 Stück pro Sekunde) und Testosteron.
Testosteron ist das männliche Sexualhormon, das für die Ausbildung der
sekundären Geschlechtsmerkmale, z.B. die männliche Stimmlage, den
Bartwuchs, die Achsel-, Kopf- und Schambehaarung sowie die
Muskelverteilung und den Knochenbau verantwortlich ist. Das Testosteron
reguliert auch die Samenproduktion. Die Spermien (Samen) reifen in etwa
250 Kammern (Hodenläppchen) heran, in die jeder Hoden unterteilt ist. Die
Hodenläppchen entstehen durch ein Knäuel von Hodenkanälchen, in denen
die Spermien gebildet werden. Insgesamt machen die Kanälchen eines
Hodens eine Länge von fast 200 Metern aus. Männliche Samenzellen sind
während der Reifephase sehr temperaturempfindlich, weshalb sie in kühlere
Regionen ausgelagert werden: Im Hodensack ist die Temperatur etwa zwei
bis zweieinhalb Grad niedriger als im Bauchraum.
Nebenhoden – Basislager vor dem Einsatz: Hinter den Hoden liegt der
Nebenhoden. Er besteht aus einem sechs Meter langen, zu einem engen
Knäuel gewickelten Röhrensystem, in dem die von den Hoden gebildeten
Spermien bis zu ihrem Einsatz aufbewahrt werden. Die Nebenhoden
produzieren für die Lagerung ein bestimmtes Sekret, durch das die sehr
bewegungsfreudigen Spermien vorübergehend "ruhig gestellt" werden.
Wird das Basislager zu voll, hilft sich die Natur durch einen
unkontrollierten Samenabgang (Pollution). Dies geschieht meist nachts im
Schlaf.
Samenleiterampullen: In die Wand des Endabschnitts des Samenleiters
(im Hoden) sind Drüsenpakete eingelagert. Beim Menschen führen diese
Drüseneinlagerungen auch zu einer äußerlich sichtbaren Auftreibung des
Samenleiters, die als Samenleiterampulle bezeichnet wird. Die
Samenleiterampulle bildet einen Teil der Samenflüssigkeit. (Trotz intensiver
Suche im Internet, habe ich nichts über die Funktion der Drüsensekrete der
Samenleiterampulle gefunden.)
Samenbläschen: Die Samenbläschen sind paarig angelegte Drüsen, die aus
einer verschlungenen Röhre besteht. Die Innenwand dieser Röhre besteht
aus sekretorischem Drüsengewebe. Das Sekret der Samenbläschen steuert
das meiste Volumen, ca. 50–70%, des Ejakulats bei. Sie dient der
Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere
Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen

34
an Prostaglandinen (Hormone mit hoher Wirkungsvielfalt,
schmerzbekämpfend, gerinnungshemmend, entzündungshemmend,
fiebersenkend) und Fibrinogen (gerinnungshemmendes Protein). Die
Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die
Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen,
und möglicherweise in dem sie die glatte Muskulatur in der
Gebärmutterwand zu peristaltischen (wellenförmige Einschnürungen von
Ringmuskeln) Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung
Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen
Geschlechtstrakt.
wikipedia: Ebenfalls als Samenblasen werden im Tierreich Behältnisse zur
Aufbewahrung der Spermien benannt, die sowohl beim Weibchen (etwa bei
Ameisen) als auch beim Männchen (etwa bei den Libellen) vorkommen
können. Beim Menschen scheint es aber so zu sein, dass die fertigen
Spermien ausschließlich im Nebenhoden gelagert werden.
Vorsteherdrüse (Prostata): Die Prostata ist ein etwa kastaniengroßes
Organ, das den Anfangsteil der Harnröhre unter der Harnblase umgibt.
Beim Orgasmus steuert die Prostata (Vorsteherdrüse) noch 10–33% in Form
einer dünnflüssigen, milchigen Flüssigkeit bei. Die Kapsel der Prostata zieht
sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation zusammen, so
das die Flüssigkeit der beiden Organe vermischt und ausgestoßen wird. Das
Sekret der Prostata enthält Ionen (Natrium, Kalium, Zink und Magnesium,
Kalzium, Citrationen (Zitronensäure), Phosphationen), ein
Gerinnungsenzym und Profibrinolysin (zur Blutgerinnung). Der pH-Wert
der Prostataflüssigkeit ist leicht basisch (pH 7,2) und dient als Ausgleich für
die leicht saure Flüssigkeit aus den Samenbläschen, metabolische
(stoffwechselbedingte) Abbauprodukte der Spermien, und die zu erwartende
Milchsäure der Scheide. Dies ist besonders bedeutsam, da Spermien erst bei
einem pH-Wert von 6.0 bis 6.5 optimal beweglich werden. Weiterhin ist
PSA (Prostataspezifisches Antigen) enthalten, um die Spermien beweglich
zu machen. Die Prostata entlässt außerdem weiße Blutkörperchen,
verschiedene Granulozyten (dienen zur Abwehr von Bakterien, Parasiten
und Pilzen) ins Samenplasma, normalerweise 1 (max. 2) Millionen pro 1ml.
Daher auch die Infektiösität (Anhaften und Vermehren von
Krankheitserregern) des Spermas (z. B. HIV, (Aids)).
Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse): Vorab, ausgelöst durch die
Erregung, innerviert (mit Nervenimpulsen versorgt) der Parasympathikus
(vegetatives Nervensystem) die Cowperschen Drüsen (beim Menschen etwa
5 cm lang, der Ausführungsgang mündet in die Harnröhre) und regt sie zur
Sekretion eines verhältnismäßig kleinen Anteils von 2–5% klaren Schleims,
auch Lusttropfen (auch Lusttröpfchen, Vorlusttropfen, Sehnsuchtstropfen,
Glückstropfen, liquor of love, medizinisch: Präejakulat, können in der
späten Plateauphase, kurz vor dem Orgasmus, aus dem männlichen Glied
schon vor der Ejakulation austreten.) genannt, an. Die Lusttropfen bestehen
aus einem klaren Schleim aus verschiedenartigen Drüsenzellen und können
schon mit Sperma vermischt sein. Deshalb können Frauen auch durch den
darin enthaltenen Samen schwanger werden. Das Sekret der
Bulbourethraldrüse wird meist vor der eigentlichen Ejakulation abgegeben
(Vorsekret des Spermas). Das schleimige Sekret dient vermutlich vor allem
der Neutralisierung von Harnresten, eventuell auch des sauren
Scheidenmilieus.

35
Das Ejakulat setzt sich wie folgt zusammen

Drüse Prozent
5
Hoden und Nebenhoden

?
Samenleiterampullen

45 - 80
Samenbläschen

10 - 30
Prostata

2-5
Cowpersche Drüsen

Sperma
Abschnitt 5.3 ist vom Übersetzer nicht von Swami Sivananda.

5.4 Mantak Chia's taoistische Sexualpraktiken Inhaltsverzeichnis


Mantak Chia stellt die Behauptung auf, die Menschen würden keine Energie
bei einem Orgasmus verlieren. Er spricht von einem Orgasmus ohne
Samenverlust und tut dabei so, als hätten die Menschen, die seine
taoistischen Sexualpraktiken anwenden, keinen Samenerguss. Dass dem
aber nicht so ist, werden wir noch sehen. Dazu solle man, laut Mantak Chia,
kurz vor dem Orgasmus den Zeige-, Mittel- und Ringfinger seiner stärkeren
Hand auf den Punkt der Million Goldstücke, auf jenen Punkt, an dem sich
der Samenleiter und der Harnleiter treffen (siehe Bild), so fest pressen, dass
der Samenfluss gestoppt wird. Sie müssen mit Ihrem Finger bis zum ersten
Fingergelenk hineinfahren, also etwa 1,5 bis zwei Zentimeter.

Weiter sagt Mantak Chia: Spannen Sie während des Orgasmus ihren PC-
Muskel (Pubo-Coccygeus-Muskel, Beckenbodenmuskel) an und ziehen Sie

36
den Damm (zwischen Penis und Po) hoch. Pumpen sie mit dem Pomuskel
und ziehen Sie die orgastische Energie gedanklich über das Rückgrat zum
Gehirn hinauf. Die Kombination aus dem gleichzeitigen Anspannen des PC-
Muskel, sowie dem Anspannen der Fuss- Faust- und Kiefermuskeln soll den
Genitalien das Blut und die Energie entziehen, die sie für den
unwillkürlichen Spasmus (ungewollte Muskelkontraktion während des
Orgamus') benötigen. Wird der Druck auf die richtige Stelle ausgeübt, so
tritt kein Samen aus.
Mantak Chias Theorie funktioniert zum einen nicht, weil durch das
gleichzeitige Anspannen von PC-Muskel, sowie dem Anspannen der Fuss-
Faust- und Kiefermuskeln, keinesfalls den Genitalien das Blut und die
Energie entzogen wird, die sie für den unwillkürlichen Spasmus benötigen.
Genau dieser Spasmus, den Mantak Chia eigentlich verhindern möchte,
findet aber statt. Es kommt ja zu einem Orgasmus. Das Lustgefühl des
Orgasmus beruht nämlich im wesentlichen aus den 5 bis 10
Muskelkontraktionen (Spasmen) der Prostata.

Dazu lesen wir bei wikipedia unter Injukalation:

"Durch den Druck auf den Punkt zwischen After und Hodensack vor dem
Stimulationshöhepunkt wird – bei konsequenter Anwendung der Methode –
der Samenleitereingang vor der Harnröhre abgedrückt, so dass das Sperma
nicht entweichen kann. Dabei wird die Samenflüssigkeit des Spermas von
der Prostata wieder aufgenommen. Das dann einsetzende wollüstige Gefühl
wird durch die Kontraktion diverser (Prostata-)Muskeln hervorgerufen, die
das Sperma herausstoßen wollen, was jedoch nicht geschieht. Durch diesen,
dem Körper "vorgegaukelten" Samenerguss entsteht zwar eine sexuelle
Befriedigung, jedoch wirkt diese Methode im Ganzen weiter stimulierend
und lusterhaltend, anstatt wie bei einer echten (sexuellen) Befriedigung
ermüdend. Es ist dabei wichtig, genau auf den Punkt zu drücken, nicht
etwas daneben. Ansonsten wird das Sperma rückwärts in die Harnblase
gespritzt, was sich durch getrübten Urin beim nächsten Wasserlassen äußert.
Der Hauptnutzen der Injakulation liegt in der Trennung von Orgasmus und
Ejakulation, wodurch die mit der Ejakulation verbundene Refraktionsphase
aus- und die Erektion erhalten bleibt. Dies ermöglicht es Männern multiple
Orgasmen zu erleben.
Die übersetzung fernöstlicher Begriffe und Vorstellungen in rational-
wissenschaftliche Terminologie ist immer problematisch. Den
lusterhaltenden Effekt (Taoismus) mit der in der Prostata verbleibenden
Samenflüssigkeit (Schulmedizin) erklären zu wollen, ist bestenfalls
unangebracht. Aus schulmedizinischer Sicht wird dem Körper kein
Samenerguss "vorgegaukelt". Es finden alle Muskelkontraktionen statt, die
mit einem Orgasmus verbunden sind, die Flüssigkeit wird lediglich nicht
ausgeschieden. über Energiefluss und Meridiane ist damit aber nichts
gesagt. Schulmedizinisch ist ein dauerhaftes Verbleiben der
Samenflüssigkeit im Samenleiter gesundheitsgefährdend. Da bei der
Injakulation aber keine funktionelle Störung vorliegt, wird die
zurückgehaltene Flüssigkeit mit dem nächsten Harn- oder Samenfluss
ausgeschieden. Eine "Wiederaufnahme" der Samenflüssigkeit durch die
Prostata ist zumindest zweifelhaft. Teilweise wird sogar behauptet, die
Flüssigkeit werde "durch das Blut wieder absorbiert", was völlig
ausgeschlossen ist. Nährstoffe resorbiert der Organismus im Darm über die
Schleimhäute, dort werden sie in die Blutbahn gelenkt. Auch die äußere

37
Haut ist zur Resorption fähig. Drüsen, Samenleiter und Harnröhre jedoch
nicht, sie produzieren und transportieren." Soweit also wikipedia.
Sämtliche Drüsen geben also, wie bei einem ganz normalen Orgasmus, ihre
Drüsensekrete, aus der das Ejakulat besteht, ab. Zu diesen Drüsen gehören:
1. Hoden und Nebenhoden, 2. Samenleiterampulle, 3. Samenbläschen, 4.
Vorsteherdrüse (Prostata), 5. Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse). Mit
anderen Worten, es findet ein ganz normaler Orgasmus statt. Das Ejakulat
kann allerdings nicht durch die Harnröhre abfließen, da sowohl der
Samenleiter als auch die Harnröhre durch den Druck auf den "Millionen-
Dollar-Punkt"versperrt ist. Daher gelangt das Ejakulat entweder in die
Harnblase oder in der Prostata. Wikipedia hat sich überwiegend an die
offizielle Sichtweise des Taoismus gehalten, was aber nicht heisst, dass
diese Sichtweise der Realität entspricht. So bezweifle ich, dass der
Orgasmus, bei dem der Samenausstoss mittels des Drückes auf den
Millionen-Dollar-Punkt verhindert wird, zu multiplen Orgasmen führt. Es
findet höchstens, wie beim Tantra, eine allmähliche Steigerung der
sexuellen Lust statt, die sich mit dem Orgasmus entlädt. Die
zwischenzeitliche Steigerung, das zwischenzeitliche Erklimmen neuer
sexueller Plateaus, sollte man aber nicht als einen Orgasmus betrachten.
Darum finden auch keine multiplen Orgasmen statt, sondern nur ein ganz
normaler Orgasmus, eventuell auf einem etwas höherem Niveuau, und
danach ist die Luft raus, ganz genau so, wie bei einem normalen Orgasmus.

Mittlerweile aber haben sich die verschiedenen Drüsensekrete in der


Prostata (falls sie nicht in der Harnblase gelandet sind) vermischt und sie
werden wohl keine Möglichkeit und keine Veranlassung mehr haben, in die
unterschiedlichen Drüsen zurückzuwandern. Das Hinaufleiten der Energie
über das Rückenmark zum Gehirn, welches Mantak Chia einerseits durch
das Pumpen des Pomuskels und andererseits gedanklich erreichen möchte,
geschieht ganz von selbst, wie bei jedem normalen Orgasmus. Da braucht
man überhaupt nicht nachzuhelfen. Mit anderen Worten, ich halte die
taoistischen Sexualpraktiken Mantak Chia's für nichts anderes als eine gute
Geschäftsidee, die sich bisher auch recht gut verkauft hat. Wie wir noch im
Laufe dieses Buches erfahren, war Mantak Chia keineswegs der erste, der
mit dieser Methode die Menschen auf die falsche Fährte lockte. Schon in
grauer Vorzeit gab es verantwortungslose Yogis, die mit dieser Methode
wohlhabenden Männern das Geld aus der Tasche zogen und sie in den
gesundheitlichen Ruin trieb.
Abschnitt 5.4 ist vom Übersetzer nicht von Swami Sivananda.

6. Der Wert des Samens Inhaltsverzeichnis


Meine lieben Brüder! Die vitale Energie, der Samen, der dein Leben
unterstützt, der in deinen funkelnden Augen erstrahlt, der sich in deinen
lachenden Wangen wiederspiegelt, ist ein großer Schatz für dich. Bedenke
diesen Punkt gut. Der Samen ist die Quintessenz des Blutes. Ein Tropfen
des Samens ist aus vierzig Tropfen des Blutes hergestellt. Daran kannst du
erkennen, wie wertvoll diese Flüssigkeit ist. Ein Baum bezieht seine
lebenswichtige Versorgung von der Erde. Diese lebensnotwendige Essenz
verteilt sich im ganzen Baum, in seinem Zweigen, Ästen, Blättern, Blüten
und Früchten. Die leuchtenden Farben und das Leben in den Blättern, in den
Blüten und in den Früchten sind Ausdruck göttlicher Ekstase. Der Samen,
der durch die Zellen des Hodens aus dem Blut erzeugt wird, verleiht dem

38
menschlichen Körper und seinen Organen Gesundheit, Schönheit und
Vitalität.

Entsprechend Ayurveda ist der Same das letzte Körpergewebe wie z.B.
Muskel- oder Fettgewebe, die aus Nahrung heraus gebildet werden. Aus der
Nahrung heraus wird ein Milchsaft produziert. Aus dem Milchsaft heraus
entwickelt sich Blut. Aus Blut heraus entwickelt sich Fleisch. Aus dem
Fleisch entwickelt sich Fett. Aus Fett heraus entstehen Knochen. Aus
Knochen heraus kommt Mark. Aus Mark heraus entsteht Samen. Dies sind
die sieben Dhatus (Körpergewebearten) des Ayurveda, die unser Leben und
unseren Körper unterstützen. Mark ist also ebenso wertvoll wie Samen.
Aber der Samen ist die letzte Essenz. Er entspricht der letzten
Umwandlungsstufe der Nahrung. Der Samen entwickelt sich aus dem Mark,
der geschützt innerhalb der Knochen verborgen ist. Es gibt drei Bereiche in
jedem Dhatu. Der Samen ernährt den physischen Körper, das Herz (die
Liebe) und den Intellekt. Nur derjenige, der den physischen Körper, das
Herz und den Intellekt benutzt, kann vollkommenes Brahmacharya
verwirklichen. Ein Catcher, der nur seinen physischen Körper benutzt, aber
seinen Intellekt und das Herz vernachlässigt, kann nicht erwarten,
Brahmacharya zu verwirklichen. Er kann gewissermaßen nur das
Brahmacharya des Körpers verwirklichen, nicht aber das Brahmacharya des
Herzens und des Verstandes. Der Samen, der zum Herzen und zum
Verstand gehört, fließt dabei allerdings heraus.
Praktiziert ein Schüler nur Japa (Mantrameditation) und Meditation,
entwickelt dabei allerdings nicht die Liebe und vernachlässigt den Körper,
so praktiziert er nur geistiges Brahmacharya. Der Teil des Samens, der
eigentlich das Herz und den Körper ernähren solle, fließt heraus. Aber ein
fortgeschrittener Yogi, der tief in die Meditation eintaucht, hat volles
Brahmacharya, selbst wenn er keine Yogaübungen macht. Samen ist die
Quintessenz der Nahrung oder des Blutes. Entsprechend der modernen
medizinischen Wissenschaft wird ein Tropfen Samen aus vierzig Tropfen
Blut hergestellt. Laut Ayurveda wird ein Tropfen Samen sogar aus achtzig
Tropfen Blut hergestellt. Die zwei Hoden, die im Hodensack angeordnet
sind, werden ausscheidende Drüsen genannt. Die Zellen dieser Hoden sind
mit der eigenartigen Eigenschaft des Absonderns des Samens aus dem Blut
ausgestattet. Gerade so wie Bienen Tropfen für Tropfen den Honig in
Bienenwaben sammeln, genau so sammeln die Zellen des Hodens Tropfen
für Tropfen des Samens aus dem Blut. Dann wird die Samenflüssigkeit
durch die zwei Samenleiter zu den vesiculae seminalis (Samenbläschen)
transportiert (und vermischt sich mit dem Drüsensekret des
Samenbläschens). Durch einen Ejakulationsreflex (Kontraktion des
Samenleiters) wird der Samen, nachdem er sich anschließend mit der
Prostataflüssigkeit vermischt hat, schließlich aus der Harnröhre heraus
geschleudert. Anmerkung Übersetzer: Hier erwähnt Swami Sivananda die
Drüsensekrete aus den Samenleiterampullen, aber aus der Cowperschen
Drüse nicht. Vielleicht hat er es vegessen. Ende Anmerkung.
Der Samen ist in einem subtilen Zustand in allen Zellen des Körpers zu
finden. Genau so wie Zucker im Zuckerrohr, Butter in der Milch, so ist auch
der Samen im ganzen Körper vorhanden. Gerade so wie die Buttermilch
dünnflüssig wird, nachdem man ihr den Butteranteil entzogen hat, so wird
auch der Samen verdünnt, wenn man ihn verschwendet. Um so mehr der
Samen verschwendet wird, um so schwächer wird man. Das heißt: Der
Verlust des Samens bringt den Tod; das Bewahrung des Samens schenkt das
Leben. Der Same beherbergt die wahre Vitalität der Männer. Es ist der

39
versteckte Schatz im Mann. Er verleiht dem Gesicht einen brahmischen
Glanz und dem Intellekt Stärke.

6.1 Moderne medizinische Auffasungen Inhaltsverzeichnis


Hervorragende europäische Mediziner stützen die Aussage der indischen
Yogis. Dr. Nicole sagt: "Es ist eine medizinische und physiologische
Tatsache, dass das beste Blut im Körper, die Elemente der Fortpflanzung
(Spermien, Eizellen) in beiden Geschlechtern bilden. In einem reinen und
geordneten Leben wird diese Substanz resorbiert. Es geht zurück in den
Blutkreislauf, bildet ein leistungsfähiges Gehirn, starke Nerven und ein
muskulöses Gewebe. Diese vitale Samenflüssigkeit diffundiert durch den
männlichen Körper, macht ihn männlich, stark, tapfer und heroisch. Wird er
vergeudet, macht es den Mann unmännlich, labil und physisch schwach,
anfällig für sexuelle Reize, verleiht ihm ein bemitleidenswertes
Nervensystem, Epilepsie, viele Krankheiten und letzten Endes den Tod. Die
Enthaltsamkeit sorgt für eine bemerkenswerte Zunahme der körperlichen
und geistigen Stärke.“
Wenn die Samenproduktion beim Mann kontinuierlich ist, muss er entweder
ausgeschieden oder resorbiert werden. Resultierend aus geduldigen und
beharrlichen wissenschaftlichen Untersuchungen kann gesagt werden, dass,
wann immer der Samen konserviert wird, er vom Körper resorbiert wird. Er
reichert das Blut an und stärkt das Gehirn. Dr. Dio Louis denkt, dass die
Erhaltung des Samens zur Stärke des Körpers, zur Stärke des Verstandes
und zur Schärfe des Intellekts beiträgt. Ein anderer Autor Dr. E. P. Miller
sagt: „Jede Vergeudung von Samen, ob freiwillig oder unfreiwillig, ist eine
direkte Vergeudung der Lebenskraft. Es wird allgemein zugestimmt, dass
die auserlesensten Elemente des Blutes am Aufbau des Spermas beteiligt
sind. Wenn diese Zusammenfassungen zutreffen, dann folgt daraus, dass ein
tugendhaftes Leben wesentlich zum Wohl des Mannes ist.“

6.2 Verstand, Prana und Samen Inhaltsverzeichnis


Verstand, Prana (Atmung) und Samen sind die drei Glieder einer Kette. Sie
sind die drei Pfeiler der Seele. Zerstöre einen der Pfeiler, Verstand, Prana
oder Samen und das Gebäude fällt in sich zusammen. Verstand, Prana und
Samen sind eins. Indem du den Verstand kontrollierst, kannst du das Prana
und den Samen steuern. Indem du Prana kontrollierst, kannst du den
Verstand und den Samen steuern. Kontrollierst du den Samen, dann kannst
du den Verstand und das Prana steuern. Verstand, Prana und Samen sind an
einem göttlichen Stromkreis angeschlossen. Wenn der Verstand kontrolliert
wird, dann wird auch die Atmung und der Samen automatisch gesteuert.
Derjenige, der seinen Atem zurückhält, beruhigt seinen Verstand und hält
ebenfalls seinen Samen zurück. Noch einmal. Wenn der Samen kontrolliert
wird und wenn er durch reine Gedanken, durch die Praxis von Viparita
Karani (Vorstufe zum Schulterstand), durch Sarvangasana (Schulterstand),
durch Sirshasana (Kopfstand), durch Pranayama (Atemübungen) und durch
Mudras (Fingeryoga) aufwärts ins Gehirn fließt, dann wird der Verstand und
das Prana automatisch gesteuert.
Der Verstand wird vor allem durch zwei Dinge beunruhigt, durch die
Erschütterungen des Prana und durch subtile Wünsche. Wo der Verstand
beruhigt wird, wird auch das Prana zurückgehalten; und wo das Prana
beruhigt ist, dort kommt auch der Verstand zur Ruhe. Verstand und Prana

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sind vertraute Begleiter, wie ein Mann und sein Schatten. Wenn der
Verstand und das Prana nicht zurückgehalten werden, werden alle Sinne
aktiviert und bringen Unruhe ins Leben. Macht sich bei einem Mann die
Leidenschaft breit, dann wird das Prana durch eine erhöhte Atemfrequenz
aktiv. Dann befolgt der ganze Körper die Befehle des Verstandes, genau so
wie der Soldat den Befehl seines Kommandanten befolgt. Der Atem, das
Prana, bewegt den Samen. Der Samen wird in Bewegung gesetzt. Er fällt
abwärts, so wie die Wolken als Regen herabfallen, oder wie die Früchte,
Blüten und Blätter der Bäume, durch die Kraft des tosenden Windes zu
Boden fallen.
Geht der Samen verloren, dann wird die Atmung unruhig. Das Prana wird
aufgewühlt. Der Mann wird nervös. Dann kann auch der Verstand nicht
richtig arbeiten. Der Mann wird wankelmütig. Es stellt sich geistige
Schwäche ein. Wird das Prana wieder beruhigt, dann kehrt auch wieder
Ruhe im Verstand ein. Wird der Same bewahrt, dann herrscht Ruhe im
Verstand. Wenn die Konzentration stetig ist, dann wird der Verstand ruhig.
Folglich kontrolliere das Prana, den Samen und die Konzentration. Gott ist
das Wesen der Freude. Gott ist der lebenswichtige Samen. Du kannst nur
durch Gott und durch die Bewahrung des Samens ewiges Glück erlangen.
Erfasse die volle Bedeutung dieser Lebensweisheit. Der Same ist eine
lebenswichtige Energie. Gott selber ist dieser Same. Der Same ist Sita
(Ehefrau von Rama, Sita gilt als Vorbild für eheliche Treue), Radha
(Geliebte des Krishna) und Durga (Göttin der Vollkommenheit). Der Same
ist dynamischer Wille, die Kraft der Seele, Gott in Bewegung, göttliche
Kraft. Gott sagt in der Gita: „Ich bin der Same, die Zeugungskraft in den
Männern“. Der Same ist das Wesentliche des Lebens, der Gedanken, der
Intelligenz und des Bewusstseins. Daher konserviere diese lebenswichtige
Flüssigkeit sehr, sehr sorgfältig!

6.3 Männliche Sterilisation (Vasektomie) Inhaltsverzeichnis


Abschnitt 6.3 gehört nicht zum Buch von Swami Sivananda. Er ergab sich
zufällig durch eine Diskussion in einem Forum und ich hielt es für
angebracht, diese Information hier einzufügen. Sie stellt gewissermaßen das
Ergebnis einer längeren Diskussion dar, die ich einfach einmal hier so
stehen lassen möchte.
Ich stellte im Forum folgende Frage: Ich bin da eben auf etwas gestoßen,
das besonders für Männer von Interesse sein könnte, die sich aus Gründen
der Familienplanung sterilisieren lassen wollen. Bei der Sterilisation wird
normalerweise der Samenleiter des Mannes durchtrennt, so dass der Samen
nicht mehr aus dem Hoden aufsteigen kann. Und damit ist der Mann nicht
mehr zeugungsfähig. Nun gibt es aber einen Umstand, der in der westlichen
Medizin scheinbar nicht so bekannt ist. Nämlich das die Erleuchtung im
wesentlichen auf der Umwandlung des sexuellen Energie, sprich des
männlichen Samens, beruht. Wenn aber die Samenproduktion infolge der
Sterilisation sich einstellt, dann wird natürlich kein Same mehr produziert.
Und damit ist auch die Erleuchtung nicht mehr möglich. Im folgenden gebe
ich einfach ein paar Informationen wieder, die ich über dieses Thema
gesammelt habe.

Bei der Sterilisation des Mannes durchtrennt der Chirurg nur die
Samenleiter, bei der Kastration dagegen werden die gesamten Hoden
entfernt. Noch mehrere Monate nach der Operation können

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befruchtungsfähige Spermien in der Samenflüssigkeit vorhanden sein. Sie
überleben beispielsweise in der Samenblase. Deshalb untersucht der Arzt
nach dem Eingriff mehrmals Proben des Ejakulats und überprüft den
Operationserfolg. Bis das Ejakulat frei von Spermien ist, müssen Paare
zusätzlich verhüten.

Lässt sich eine Sterilisation rückgängig machen?

Theoretisch lässt sich die Durchtrennung der Samenleiter durch eine


komplizierte mikrochirurgische Operation beheben. Je länger der Eingriff
zurückliegt, desto geringer sind allerdings die Chancen, den Mann wieder
fruchtbar zu machen. (netdoktor.de)

Vasektomie: Operatives Durchtrennen der Samenleiter bei Sterilisation des


Mannes. Wobei die endgültige Zeugungsunfähigkeit erst mit der Einstellung
der Samenproduktion nach neun Monaten eintritt. (Vasektomie)
So, ich habe noch einmal nachgeschaut. Es sieht einerseits so aus, als ob
normalerweise der Samenleiter durchtrennt wird. Aber natürlich ist auch das
Abbinden des etwa 50 bis 60 cm langen Samenleiters möglich. Andererseits
können sich durch die Sterilisation Antikörper gegen die Samen bilden, die
den Samen unfruchtbar machen. Dies kommt offensichtlich dadurch
zustande, dass bei der Sterilisation die Blut-Sperma-Schranke
(unbeabsichtigt) durchbrochen wird. Es gelangen also Spermien in die
Blutbahn, die daraufhin Antikörper gegen den Samen bilden.

Sterilisation beim Mann

Nach Desinfektion und örtlicher Betäubung wird die Haut an der Stelle
geöffnet, wo die beiden Samenleiter vom Hoden in den (inneren,
unsichtbaren Teil des) Penis übergehen (siehe Bild unter gyn.de). Aus den
Samenleitern wird ein kleines Stück herausgetrennt. Dann werden die
Enden zugenäht und/oder verschweißt und der winzige Schnitt in der Haut
geschlossen.

Folgen der Sterilisation

Es wird zwar kein Samen mehr abgegeben, aber es erfolgt dennoch beim
Orgasmus eine Ejakulation. Das Ejakulat besteht dann aus der in der
Prostata gebildeten Flüssigkeit. Insofern hat eine Sterilisation keinerlei
Auswirkung auf die Qualität der Sexualität und auf den Hormonhaushalt des
Mannes. Im Gegensatz zur Sterilisation der Frau ist die Möglichkeit, die
Samenleiter mikrochirurgisch irgendwann wieder zu vereinigen einfacher.
Allerdings sinkt die Erfolgsaussicht einer Refertilisation
(Wiederfruchtbarmachung), je länger die Sterilisation zurückliegt.
Dies liegt vor allem an der zunehmenden Bildung von Autoantikörpern
gegen Spermien, die bei 50-80 % der sterilisierten Männer nachgewiesen
werden können. Normalerweise sind Sperma und Blutkreislauf streng
getrennt (Blut-Hoden-Schranke). Gelangen jedoch nach einer Verletzung
der Blut-Hoden-Schranke (z.B. bei der Sterilisation, aber auch nach
Genitaltraktinfektionen, bei Hodenverletzungen oder Gefäßfehlbildungen)

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Spermabestandteile in den Blutkreislauf, kann dieses die Bildung von
Autoantikörpern veranlassen. Je nach Art der Antikörper können diese
entweder die Spermien direkt zerstören, unbeweglich machen oder die
Interaktion von Spermium und Eizelle blockieren. Je länger die Sterilisation
zurückliegt, umso höher ist der Antikörperspiegel und umso fraglicher der
Erfolg einer Refertilisation.
Leute, ich möchte mich bei euch bedanken. Dank eurer Kritik ist es mir
gelungen, das Thema Sterilisation aus mehreren Seiten zu betrachten.
Gerade durch die Einwände, das Kinder und Frauen nach der Menopause
(nach der letzten Menstruation) dann nämlich nicht erleuchtet sein könnten,
wenn der Same bzw. die weibliche Eizelle für die Sublimation zuständig
sein würden. Das aber kann nicht sein. Kinder sind im allgemeinen ohnehin
erleuchtet (jedenfalls nach meinen Vorstellungen von Erleuchtung), wenn
sie eine glückliche Kindheit hatten und die Gesellschaft keinen allzu
schädlichen Einfluss auf sie hatte. Und Frauen können nach der Menopause
selbstverständlich ebenfalls Erleuchtung erlangen. Davon gehe ich
jedenfalls aus. Oder?
Für mich stellt sich die Situation jetzt also so dar, dass die Sublimation also
nicht mittels des Samens bzw. der Eizelle geschieht, sondern durch sexuelle
Energie, wie sie zum Beispiel bei einen Orgasmus zu spüren ist. Und darum
halte ich auch die ganze taoistische Philosophie für falsch (Mantak Chia),
der mittels technischer Tricks den Samen zurückhält, aber den Orgasmus
zulässt. Der wesentliche Punkt, der für mich aber eigentlich von Bedeutung
war, ist wohl die Erkenntnis, dass man Samen und Eizelle bzw. deren
Sublimation nicht gleichsetzen darf. Hier gilt wohl eher die Formel sexuelle
Energie = spirituelle Energie = Erleuchtung.

Abschnitt 2 - Die Glorie des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


7. Die Bedeutung des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis
Brahmacharya setzt sich zusammen aus Achara, was Führung bedeutet, und
Brahman, also Gott. Brahmacharya ist also die Realisierung des Weges, der
zu Gott führt. Es bedeutet die Kontrolle des Samens, das Studium der Veden
(Heiligen Schriften) und das Nachsinnen über Gott. Die technische
Bedeutung von Brahmacharya ist Selbstverwirklichung, besonders die
vollkommene Beherrschung der Sexualität, die Freiheit von der Sinneslust
in Gedanken, im Wort und in der Tat. Brahmacharya heißt nicht nur
Enthaltsamkeit im Geschlechtsverkehr, sondern auch von den
Selbstbefriedigung, von homosexuellen Taten und von allen anderen
sexuellen Praktiken. Es bedeutet auch die Enthaltung von allen erotischen
Phantasien und lüsternen Träumen. Alle Art von erotischen Abnormalitäten
und sexuelle Gewohnheiten aller Art, wie Masturbation und Sodomie (Sex
mit Tieren), müssen vollständig überwunden werden. Sie führen am Ende
nur zu einem vollkommenen Zusammenbruch des Nervensystems und zu
unermesslichem Elend.
Brahmacharya ist Reinheit in Gedanken, im Wort und in der Tat. Es ist
Zölibat und das Gelübde der Keuschheit. Die Bezeichnung "Zölibat" kommt
vom lateinischen "caelebs", und bedeutet unverheiratet oder Single. Aber
Brahmacharya ist nicht nur ein Junggesellendasein. Es beinhaltet nicht nur
die Kontrolle über die Sexualität, sondern es umfasst die Kontrolle aller
Wünsche in Gedanken, im Wort und in der Tat. Dies ist die Bedeutung von
Brahmacharya im weitesten Sinne. Brahmacharya ist die Tür zum Nirwana,

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zur Erleuchtung. Zölibat ist der Schlüssel zum Himmelreich. Die Allee zum
Wohnsitz des höchsten Friedens fängt mit Brahmacharya und Reinheit an.
Brahmacharya ist absolute Freiheit von sexuellen Wünschen und Gedanken.
Ein Brahmachari macht keinem Unterschied, wenn er eine Frau, ein Stück
Papier oder einen Holzklotz berührt. Brahmacharya gilt sowohl für Männer
als auch für Frauen. Bloße Kontrolle der Leidenschaften allein, ist nicht für
Brahmacharya ausreichend. Dieses ist unvollständiges Brahmacharya. Du
musst alle Organe kontrollieren. Die Ohren, die lüsterne Geschichten hören
möchten, das wollüstige Auge, das fesselnde Bilder sehen möchte, die
Zunge, die erregende Dinge schmecken möchte und die Haut, die
aufregende Körper berühren möchte. Lüstern zu schauen, ist Ehebruch der
Augen; lüstern zu hören, ist Ehebruch der Ohren; lüstern zu sprechen, ist
Ehebruch der Zunge.

7.1 Die acht Verstöße des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Du solltest als Brahmachari folgende acht Verstöße vermeiden:
1. das Betrachtens der Frauen mit leidenschaftlichem Blicken (Darshan)
2. den Wunsch, sie zu berühren (Sparshan)
3. mit ihnen zu spielen (Keli)
4. das Preisen der Qualitäten des anderen Geschlechts (Kirtan)
5. sich mit ihnen privat zu unterhalten (Guhya-Bhashan)
6. Ermittlungen über sie anzustellen (Sankalpa)
7. sich dem anderen Geschlecht mit dem Wunsch nach käuflicher Liebe zu
nähern (Adhyavasaya)
8. den sexuelle Akt zu vollziehen (Kriyanivritti)
Diese acht Arten des Genusses sind acht Arten von Brüchen, die das
Keuschheitsgelübde verletzen. Du solltest diese acht Verstöße mit großer
Obacht, aufrichtiger Anstrengung und aufmerksamer Umsicht vermeiden.
Nur der, der frei von allen diesen Verstößen ist, kann als ein Brahmachari
angesehen werden. Ein Brahmachari sollte eine Frau nicht mit lüsternen
Augen betrachten. Er sollte nicht den Wunsch haben, sie zu berühren oder
neben ihr in sinnlicher Absicht zu gehen. Er sollte nicht mit ihr spielen,
keine unanständigen Witze machen und nicht mit ihr streiten. Er sollte nicht
die Qualitäten einer Frau preisen, auch nicht vor seinen Freunden. Er sollte
nicht heimlich mit einer Frau sprechen. Er sollte nicht einmal an Frauen
denken, solange er Brahmacharya nicht verwirklicht hat. Er sollte keinen
Wunsch nach sexuellem Vergnügen haben. Ein Brahmachari sollte jeglichen
sexuellen Verkehr vermeiden. Wenn er nur eine der oben genannten Regeln
bricht, verstößt er gegen das Gelübde des Brahmacharya.
Obwohl die ersten sieben Arten der Verstöße gegen das Gelübde des
Brahmacharya nicht zum Verlust des Samens führen, wird dennoch der
Samen vom Blut getrennt oder es versucht ihm zu entgehen, wenn sich dazu
die passende Gelegenheit bietet, entweder in Träumen oder auf andere
Weise. Die ersten sieben Arten entsprechen vielmehr geistigen Genüssen,
denen sich der Brahmachari ebenfalls enthalten sollte. Brahmachrins sollten
nicht über Sex reden. Sie sollten nicht an Frauen denken. Vergegenwärtige
dir das Bild deines persönlichen Gottes, wenn sich sinnliche Gedanken bei
dir einschleichen. Wiederhole unaufhaltsam dein Mantra. Lüsterne Blicke,
lüsternes Denken und feuchte Träume sind Verstöße gegen das Gebot des
Brahmacharya. Sei tugendhaft in deinem Blick. Durch lüsterne Blicke findet
eine interne Entladung statt. Samen wird aus dem System entfernt. Sieh
Mutter Kali, die schwarze Göttin, in allen Frauen. Kultiviere göttliche

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Gedanken. Praktiziere regelmäßig Japa und Meditation. Dann wirst du
Brahmacharya verwirklichen.

7.2 Körperliches und geistiges Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Es ist notwendig, dass dein Verstand rein ist, wenn du ein Brahmachari sein
möchtest. Geistiges Brahmacharya ist wichtiger als körperliches
Brahmacharya. Du solltest Erfolg in körperlichem Brahmacharya, aber auch
in geistigem Brahmacharya anstreben. Dieser Geisteszustand, bei dem kein
sexueller Gedanke mehr vorhanden ist, wird geistiges Brahmacharya
genannt. Wenn die Gedanken unrein sind, ist der Geschlechtantrieb sehr
stark. Brahmacharya hängt von der vollständigen Regulierung des ganzen
Lebens ab. Wenn du nicht die lüsternen Gedanken kontrollieren kannst,
dann kontrolliere zumindest den physischen Körper. Körperliches
Brahmacharya muss anfangs streng geübt werden. Kontrolliere den Körper,
wenn der sexuelle Impuls dich beunruhigt. Geistige Reinheit oder geistiges
Brahmacharya wird sich dann ebenfalls allmählich einstellen. Sicher ist es
besser, die Sinne zu kontrollieren, als sich dem sinnlichen Vergnügen
hinzugeben. Praktizierst du ausdauernd Japa und Meditation, dann werden
allmählich deine Gedanken gereinigt. Letztendlich wird auch der Verstand
klein beigeben und sich der Kontrolle unterziehen.
Ein sexueller Akt belebt alle sinnlichen Ideen wieder auf's neue und gibt
ihnen neue Nahrung. Darum sollte zuerst der Körper kontrolliert werden.
Körperliches Brahmacharya muss zuerst verwirklicht werden. Erst danach
kannst du mentale Reinheit, geistiges Brahmacharya verwirklichen. Du
solltest in der Lage sein, den Geschlechtsverkehr für Monate oder Jahre zu
stoppen. Aber es sollte kein sexuelles Verlangen mehr bestehen. Es sollten
keine erotischen Gedanken mehr entstehen, wenn du eine Frau betrachtest
oder wenn du in der Gesellschaft von Frauen bist. Hast du in dieser
Richtung Erfolg, dann hast du Brahmacharya vollkommen verwirklicht.
Dann hast du die Gefahrenzone durchquert. Man sollte seine Gedanken in
Zaum halten. Ein schlechter Wunsch ist fast einem Ehebruch
gleichzusetzen. Der Gedanke ist mitunter schlimmer als die Tat. Es ist aber
ein großer Unterschied, ob man einen Mann erschießt, oder ob man nur den
Gedanken hat, einen Mann zu erschießen. Genau so ist es natürlich ein
Unterschied, von einer erotische Begegnung mit einer Frau zu träumen oder
mit ihr realen Sexualkontakt zu haben. Wenn es auch nur einen einzelnen
unreinen sexuellen Gedanken im Verstand gibt, kannst du kaum erwarten,
strenges geistiges Brahmacharya zu verwirklichen.
Du kannst nicht als Oordhvaretas (ein Yogi, der die Samenenergie im
Gehirn gespeichert hat) benannt werden, wenn deine Samenenergie nicht
aufwärts zum Gehirn fließt, um dort als Ojas Shakti (spirituelle Energie)
gespeichert zu werden. Gibt es auch nur einen einzigen unreinen Gedanken,
dann hat der Samen die Tendenz, abwärts zu fließen. Der Zustand des
geistigen Brahmacharya sollte auch unter erotischen Versuchungen und
während einer Krankheit aufrecht erhalten werden. Nur dann bist du sicher.
Die Sinne fangen an, sich während der Zeiten der Krankheit aufzulehnen
und auch, wenn sie mit Sinnesobjekten in Berührung kommen. Wenn sich
sinnliche Gedanken in deinen Verstand einschleichen, liegt er an
unbewussten Leidenschaften. Der gerissene, diplomatische Verstand sucht
leise nach sinnlicher Befriedigung, indem er eine Frau betrachtet und mit ihr
spricht. Geistige Versuchungen finden heimlich und unbewusst statt. Die
sexuelle Energie ist dann nicht vollkommen sublimiert worden. Das vitale

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Sein oder das Pranamava Kosa (die energetische, astrale Hülle, die die
Emotionen und die intellektuellen Fähigkeiten des Menschen beinhaltet) ist
nicht tadellos gereinigt worden. Dies ist der Grund, warum unreine
Gedanken in deinen Verstand eindringen. Praktiziere mehr Japa und
Meditation. Praktiziere Nächstenliebe in Form von selbstlosem Dienst für
die Gesellschaft. Und schon bald wirst du geistige Reinheit erlangen.
Lerne deinen Verstand mit dem Wasser der Reinheit des Zölibats und mit
der Seife der göttlichen Liebe zu reinigen. Wie kannst du erwarten, innerlich
rein zu werden, wenn du bloß den äußeren Körper mit Wasser und Seife
wäscht? Innere Reinheit ist ebenso wichtig wie äußere Reinheit. Das Leben
eines Brahmachari fördert den spirituellen Fortschritt. Gib der Sinneslust
keine neue Bestätigung durch immerwährende Wiederholung sexueller
Befriedigung. Lenke den Verstand ab. Intensive Grübelei über
Sinnesobjekte schadet dem spirituellen Leben ebenso wie tatsächliche
Sinnesbefriedigung. Wenn der Verstand nicht durch spirituelle Praxis
gereinigt wird, bringt äußere Askese nicht den gewünschten Erfolg. Wenn
die äußeren Sinne kontrolliert werden, die inneren Sinne aber noch voller
Energie sind, dann nehmen sie Rache am Verstand und erzeugen intensive
geistige Störungen und wilde Phantasien.
Es ist der Verstand, der für diese Unruhe sorgt. Ein Wunsch entsteht in
deinem Verstand und die Phantasie bekommt Flügel. Dann beginnst du zu
handeln. Die Wünsche des Verstandes werden in die Tat umgesetzt. Zuerst
gibt es Sankalpa (den Gedanken, den Wunsch, die Vorstellung) und dann
kommt die Handlung. Darum erlaube dem sexuellen Gedanken nicht, in den
Verstand einzudringen. Kein Raum ist allzeit leer. Dies ist ein Naturgesetz.
Wenn eine Sache von einem Platz entfernt wird, nimmt unmittelbar eine
andere ihren Platz ein. Das gleiche Gesetz hat Gott für die geistige Welt
vorgesehen. Darum ist es notwendig, schlechte Gedanken durch reine
Gedanken zu ersetzen. Wie du denkst, so wirst du. Dieses ist ein
ungeschriebenes psychologische Gesetz. Der lüsterne Verstand wird
allmählich durch göttliche Gedanken gereinigt.

7.3 Eine allgemeine Klage Inhaltsverzeichnis


Es gibt immer wieder Klagen von Männern, die keinen rechten Erfolg im
Brahmacharya erlangen, obwohl sie sich ernsthaft um aufrichtiges
Brahmacharya bemühen. Sie sind unnötigerweise besorgt und entmutigt. Sie
unterliegen einem Irrtum. Es gibt auch im spirituellen Bereich
gewissermaßen eine sehr subtile thermische Registrierung. Das spirituelle
Thermometer registriert oder zeigt die geistige Reinheit sehr minuziös an.
Ein geläuterter Intellekt beinhaltet einen hohen Grad an Reinheit. Intensive
spirituelle Praxis, Leidenschaftslosigkeit und der brennende Wunsch nach
Befreiung und Erkenntnis, bringen den höchsten Grad an geistiger Reinheit.
Wenn jemand das Gayatri-Mantra oder die heilige Silbe OM für eine halbe
Stunde wiederholt, dann registriert das spirituelle Thermometer sofort einen
minuziösen Anstieg der geistigen Reinheit. Du wirst aber nicht imstande
sein, die Veränderung des unreinen Intellekts sofort zu erkennen. Übe für
ein oder zwei Jahre regelmäßig spirituelle Praktiken und vergleiche
anschließend deinen Geisteszustand mit dem der vorhergehenden Jahre. Du
wirst bestimmt eine beträchtliche Veränderung feststellen. Du wirst mehr
Stille, mehr Reinheit und eine größere moralische Kraft und Stärke
vorfinden. Daran gibt es keinen Zweifel.Sind die alten Gewohnheiten und
Begierden sehr stark, wird es einige Zeit dauern, um geistige Reinheit zu

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erlangen. Du brauchst darum nicht entmutigt zu sein. Verzweifle nicht. Mit
dem rechten Bemühen, kommt jeder ernsthafte Brahmacharya irgendwann
ans Ziel.

8. Die Glorie des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Es kann keine Sprache ohne Vokale geben. Du kannst kein Bild ohne eine
Leinwand malen. Du kannst kein Buch ohne Papier schreiben. Ebenso
kannst du keine Gesundheit und kein spirituelles Leben ohne Brahmacharya
verwirklichen. Brahmacharya bringt sozialen Aufstieg und gesundheitliche
Verbesserungen. Es ist die Grundlage für ein moralisches Leben. Es ist die
Grundlage für ein langes und gesundes Leben. Es ist eine Frühlingsblume,
die Unsterblichkeit von ihren Blütenblättern ausströmt. Es ist die Basis für
ein Leben des Friedens in Atman (Seele). Es ist der feste Rückhalt für
Brahmanishtha (Gotteskenner), der begeistert von Weisen und
Yogaschülern ersehnt wird.Brahmacharya ist das Schild für einen Kampf
gegen die Sinneslust, den Zorn und die Geldgier. Es dient als Tor zum
Glück. Es öffnet die Tür zur Befreiung. Es führt zur beständigen Freude,
zum ununterbrochenen und reinen Glück. Sogar Rishis (weise Ratgeber),
Devas (Halbgötter), Gandharvas (himmlischen Musikanten) und Kinnaras
(Astralwesen, halb Mensch, halb Vogelwesen) dienen zu Füßen des
Brahmachari. Sogar Isvara, der Gott des Raja Yoga, trägt auf seine Stirn den
Staub der Füße eines Brahmachari. Brahmacharya ist der einzige Schlüssel,
zum öffnen der Sushumna, des Hauptenergiekanals im Rückenmark, um die
Kundalini zu wecken. Brahmachari bringt Glorie, Ruhm, Tugend und
göttlichen Segen. Wer kann die Großherzigkeit, das Majestätische und die
Glorie eines verwirklichten Brahmachari beschreiben!
Die Veden, die indischen Heiligen Schriften, erklären, dass durch
Brahmacharya und die Buße der Götter der Tod besiegt wird. Wie wurde
Hanuman, der Affengott, ein Mahavir (großer Krieger)? Es geschah mit der
Waffe des Brahmacharya, die ihm unübertreffliche Stärke verlieh. In der
Bhagavadgita wird berichtet, dass der große Bhishma, der Großvater der
Pandavas und der Kauravas, den Tod durch Brahmacharya besiegte. Es ist
nur Lakshman (Bruder Ramas, Rama ist die siebte Inkarnation von Vishnu),
der ideale Brahmachari, ein Mann von unschätzbarer Tapferkeit, der
Eroberer der drei Welten (Hölle, Erde, Himmel), der Sohn von Ravana, der
Meghanada abwehrte. Sogar Gott Rama wagte nicht, sich ihm entgegen zu
stellen. Nur durch die Kraft des Brahmacharya, war Lakshman in der Lage,
den unbesiegbaren Meghanada zu besiegen. Der Mut und die Größe des
letzten Hindukaisers Prithviraj, lagen in der Kraft, die der Brahmacharya
ihm verlieh. Es gibt nichts in den drei Welten, das nicht durch einen
Brahmachari erreicht werden könnte. Die Rishis von einst wussten um den
Wert des Brahmacharya und das ist der Grund, warum sie in schönen
Versen über die Glorie von Brahmacharya sangen.
Genau so wie Öl den Docht herauffließt und und in einem glühendem Licht
verbrennt, so fließt auch der Samen (die sexuelle Energie) durch die
Yogapraxis aufwärts zum Gehirn und wird dort in Ojas (spirituelle Energie)
umgewandelt. Das Zölibat verleiht dem Brahmachari einen brahmischen
Glanz in seinen Gesicht. Brahmacharya ist das helle Licht, das aus seinen
Augen erstrahlt. Es ist die erblühte Blume des Lebens, um die die Bienen
der Stärke, der Geduld, des Wissen, der Reinheit und der Gelassenheit
summen, hierhin und dorthin fliegen. Mit anderen Worten, der, der
Brahmacharya beachtet, wird mit den oben genannten Qualitäten

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ausgestattet. Die Heiligen Schriften erklären es nachdrücklich: Durch die
Praxis von Brahmacharya nehmen Langlebigkeit, Ruhm, Stärke, Vitalität,
Wissen, Reichtum, Berühmtheit, Tugenden und Hingabe zur Wahrheit zu.

8.1 Das Geheimnis der Gesundheit und Langlebigkeit


Inhaltsverzeichnis

Reine Luft, reines Wasser, gesunde Nahrung, Yoga, Joggen, Sport, Spiele
im Freien, Wandern, Spazieren gehen, Fahrrad fahren, Rudern,
Schwimmen, leichte Spiele wie Tennis, alles dies trägt zur Erhaltung einer
guten Gesundheit bei und sorgt für eine hohe Vitalität. Es gibt in der Tat
viele Wege, Gesundheit und Kraft zu erlangen. Diese körperlichen
Betätigungen sind zweifellos ein unentbehrliches Erfordernis. Aber
Brahmacharya ist von allen das wichtigste. Ohne Brahmacharya bleiben alle
deine Übungen ohne Erfolg. Es ist das Sesamöffnedich zum öffnen der
Reiche von Gesundheit und Glück. Es ist der Eckstein zum Gebäudes des
Glücks und zur reinen Glückseligkeit. Brahmacharya ist das einzig
Besondere, das die Männlichkeit aufrechterhält. Die Bewahrung des Samens
ist das Geheimnis der Gesundheit und der Langlebigkeit. Es ist der Erfolg
im körperlichen, geistigen, intellektuellen und spirituellen Wohlbefinden.
Derjenige, der sogar nur ein wenig Brahmacharya praktiziert, wird über eine
Krise oder eine Krankheit leichter hinwegkommen. Leidet der normale
Mann beispielsweise einen Monat lang an einer Krise, so hat derjenige, der
wenigstens ein wenig Brahmacharya praktiziert, die Krise vielleicht bereits
nach einer Woche überwunden.
Die Srutis, die hinduistischen Schriften, halten ein Alter von 100 Jahren für
einen Mann für normal. Dieses Alter kannst du aber nur erreichen, wenn du
Brahmacharya praktizierst. Es gibt zwar Männer, die ein langes Leben und
eine hohe intellektuelle Leistungskraft, trotz ihrer unmoralischen
Lebensweise, erreichen. Aber sie wären noch leistungsfähiger und brillanter
gewesen, hätten sie einen besseren Charakter und etwas mehr Mäßigkeit
besessen. Nachdem Dhanvantari, der Vater des Ayurveda, seinen Schülern
alle Details über Ayurveda mitgeteilt hatte, erkundigten sie sich nach dem
Hauptgededanken seiner medizinischen Wissenschaft. Der Meister
antwortete: „Ich sage euch, dass Brahmacharya wirklich ein kostbarer Juwel
ist. Es ist in der Tat die wirkungsvollste Medizin, die Krankheit, Unglück
und Zerfall zerstört. Für das Erreichen des inneren Friedens, von
Freundlichkeit, Wissen, einem guten Gedächtnis, einer guten Gesundheit
und zum Erlangen der Selbstverwirklichung, sollte man Brahmacharya, das
höchste Dharma, die höchste Ethik, unbedingt beachten. Brahmacharya ist
das höchste Wissen; Brahmacharya ist die größte Stärke. Die Natur des
Brahmacharya entspricht der Natur des Atman. Atman, die Seele, hat ihren
Wohnsitz im Brahmacharya. Verneige dich vor dem Brahmacharya und
Heilung wird dir zuteil. Brahmacharya kann alle unheilvollen Leiden
auflösen.“
Die Praxis von Brahmacharya gibt eine gute Gesundheit, innere Stärke,
Frieden des Verstandes und ein langes Leben. Es kräftigt den Verstand und
die Nerven. Es hilft, körperliche und mentale Energie zu konservieren. Es
vergrößert das Gedächtnis, die Willenskraft und die Leistungsfähigkeit des
Gehirns. Es schenkt enorme Stärke, Tapferkeit und Vitalität. Das Auge ist
das Fenster der Seele. Wenn der Verstand rein und ruhig ist, ist das Auge
ruhig und sicher. Der, der im Brahmacharya ruht, hat glänzende Augen, eine

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wohlklingende Stimme und einen schönen Teint.

8.2 Brahmacharya fördert die Konzentration Inhaltsverzeichnis


Durch das Praktizieren von Brahmacharya, wird Vitalität erreicht. Der Yogi
erlangt Selbstverwirklichung durch das Erreichen von geistigem und
körperlichem Brahmacharya. Wenn der Verstand rein und klar ist, hilft
Brahmacharya ihm, göttliches Wissen und andere Fähigkeiten zu erlangen.
Dann wird die Fokussierung des Verstandes einfach. Konzentration und
Reinheit gehen dabei Hand in Hand. Selbst wenn ein Weiser nur einige
wenige Worte spricht, hinterlässt er meist einen tiefen Eindruck bei seinen
Zuhörern. Dieses liegt an seinem Ojas Shakti, seiner spirituellen Energie,
die durch die Bewahrung des Samens und seiner Umwandlung entsteht. Ein
aufrechter Brahmachari, der Enthaltsamkeit in Gedanken, im Wort und in
der Tat praktiziert, hat eine wundervolle Gedankenenergie. Er kann die
ganze Welt verändern. Wenn du strenges Zölibat entwickelt hast, entwickelt
sich eine starke Unterscheidungskraft und eine starke Konzentration. Die
Unterscheidungskraft ist die Energie, die die Wahrheit erforscht. Die
Konzentration ist die Energie, die die Wahrheit erfasst und sie festhält.
Wenn ein Mann im Zölibat lebt, wird die Samenenergie aufwärts zum
Gehirn gelenkt und wird als Ojas Shakti gespeichert. Dadurch wird die
Leistung des Intellekts um einen bemerkenswerten Grad verstärkt. Durch
das Zurückhalten des Samens wird der Intellekt scharf und klar. Wird der
Samen noch mehr zurückgehalten, so wird die Leistung des Gedächtnisses
noch weiter gesteigert. Das strenge Zölibat hat sogar im Alter ein
scharfsinniges und kühnes Gedächtnis zur Folge.
Ein Mann, der die Energie von Brahmacharya besitzt, kann unermessliche
geistige und physische Arbeit verrichten. Er hat eine strahlende Aura um
sein Gesicht. Er kann Leute beeinflussen, indem er nur ein paar Worte
spricht, oder sogar allein durch seine Anwesenheit. Er kann den Zorn lenken
und die ganze Welt verrücken. Betrachte Mahatma Gandhi! Er hat diese
Energie durch konstante und vorsichtige Praxis von Ahimsa
(Gewaltlosigkeit), Satyam (Wahrheit) und Brahmacharya erworben. Er
beeinflusste die Welt allein durch diese Energie. Durch Brahmacharya, nur
durch Brahmacharya alleine, kannst du körperlichen und geistigen Aufstieg
im Leben erlangen.Es ist wert, es zu wiederholen, dass ein wahrer
Brahmachari enorme Energie, einen klaren Verstand, gigantische
Willensenergie, ein mutiges Verständnis, ein gutes Gedächtnis und die Kraft
zur Selbsterforschung besitzt. Swami Dayananda stoppte das Massaker
eines Maharaja (indischer Fürst). Er zerbrach das Schwert mit seinen
Händen. Dieses war auf die Energie zurückzuführen, die Brahmacharya ihm
verlieh. Jesus, Sankara, Jnana Deva und Samarth Ramdas waren
Brahmacharins.
Vom Übersetzer eingefügt:
Hier einige Verse aus der Bibel, die darauf hindeuten, dass auch Jesus,
genau so wie Buddha, vermutlich enthaltsam lebte:
Matthäus 19,12 : 12Denn einige sind von Geburt an zur Ehe unfähig; andere
sind von Menschen zur Ehe unfähig gemacht; und wieder andere haben sich
selbst zur Ehe unfähig gemacht um des Himmelreichs willen. Wer es fassen
kann, der fasse es!
1.Korinther 7,7-9 : 7Ich wollte zwar lieber, alle Menschen wären, wie ich
bin, aber jeder hat seine eigene Gabe von Gott, der eine so, der andere so.

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8Den Ledigen und Witwen sage ich: Es ist gut für sie, wenn sie bleiben wie
ich. 9Wenn sie sich aber nicht enthalten können, sollen sie heiraten; denn es
ist besser, zu heiraten als sich in Begierde zu verzehren.
Römer 8,5-8 : 5Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die
aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. 6Aber fleischlich gesinnt sein
ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. 7Denn
fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch dem
Gesetz Gottes nicht untertan ist; denn es vermag's auch nicht. 8Die aber
fleischlich sind, können Gott nicht gefallen.
1 Korinther 7,29 : "Die da Weiber haben, daß sie seien, als hätten sie keine."
Wenn wir verheiratet sind, können wir es nicht vermeiden, in den Anliegen
der Welt verwickelt zu sein; es wird immer schwierig sein, sich rein von
weltlichen Dingen zu halten. Und dies ist der Grund, warum Jesus uns sagt,
andere haben auf Heirat verzichtet, wegen des Himmelreiches. Die Führung
die uns die Bibel also gibt, ist unverheiratet zu bleiben und so zu leben, als
ob wir keine Frau hätten.
Kolosser 3,1-2 : "Trachtet nach dem, was droben ist, nicht nach dem, was
auf Erden ist."
Lukas 20,34-36 : "Die Kinder dieser Welt freien und lassen sich freien;
welche aber würdig sein werden, jene Welt zu erlangen und die
Auferstehung von den Toten, die werden weder freien noch sich freien
lassen. Denn sie können hinfort nicht sterben; denn sie sind den Engeln
gleich und Gottes Kinder, dieweil sie Kinder sind der Auferstehung."

Matthäus 24,38 : "Denn gleichwie sie waren in den Tagen vor der Sintflut,
sie aßen, sie tranken, sie freiten und ließen sich freien, bis an den Tag, da
Noah zu der Arche einging".
Lukas 17,26-27 : "Und wie es geschah zu den Zeiten Noahs, so wird's auch
geschehen in den Tagen des Menschensohnes: sie aßen, sie tranken, sie
freiten, sie ließen freien bis auf den Tag, da Noah in die Arche ging und die
Sintflut kam und brachte sie alle um".
Hier beschreibt Jesus ein typisches weltliches Leben, ein Leben von Leuten
deren Sinn und Streben auf die Dinge hier drunten ausgerichtet sind. Ihre
Herzen sind bei den Dingen dieser Erde, bei weltlichen Dingen. Und freien
und sich freien lassen ist so sehr Teil dieser Art des Lebens.

Und Leute, die dieses Leben führen, werden das wirkliche Leben
versäumen. Im entscheidenden Augenblick wird das Verderben sie
überfallen. Sie werden das große Abendmahl verpassen. Wenn die
Einladung kommt, werden sie zu sehr mit ihren weltlichen Dingen
beschäftigt sein und sie werden Ausreden haben und sagen, "Ich habe ein
Weib genommen, darum kann ich nicht kommen" (Lukas 14,20). Das
beschäftigt sein mit dem Denken über Liebesabenteuer, mit der leiblichen
Anziehungskraft andere Menschen, mit dem Wunsch nach Freundschaft
zum anderen Geschlecht, mit Freien und mit dem Lesen und Sehen von
Liebesgeschichten, wird uns davon abhalten, die Dinge die droben sind zu
suchen. Diese Tätigkeiten werden uns daran hindern, Jesus zu folgen.

Offenbarungen des Johannes 14,3-5 : "3Und sie sangen ein neues Lied vor
dem Thron und vor den vier Gestalten und den Ältesten; und niemand

50
konnte das Lied lernen außer den Hundertvierundvierzigtausend, die erkauft
sind von der Erde. 4Diese sind's, die sich mit Frauen nicht befleckt haben,
denn sie sind jungfräulich; die folgen dem Lamm nach, wohin es geht.
Diese sind erkauft aus den Menschen als Erstlinge für Gott und das Lamm,
5und in ihrem Mund wurde kein Falsch gefunden; sie sind untadelig."

Wenn wir wirklich des Lammes Namen und den Namen seines Vaters
geschrieben an unserer Stirn haben wollen (Offenbarung 14,1), dann müssen
wir uns auf das Reich Gottes konzentrieren. Wenn wir wirklich unseren
Sinn und Verstand und unser Denken, das sich in unserer Stirn befindet, auf
geistige Dinge ausrichten wollen, dann müssen wir schon Abstand nehmen
von weltlichen Beschäftigungen und Interessen. Unser Denken muß in eine
Richtung gehen und sollte nicht gespalten sein.
Siehe auch: Was sagt die Bibel zur Enthaltsamkeit?
Ende Einfügung des Übersetzers.
Hast du, mein lieber Freund, die Bedeutung von Brahmacharya begriffen?
Habt ihr, meine lieben Brüder, die wahre Bedeutung und die Glorie von
Brahmacharya erkannt? Wie kannst du erwarten, stark und gesund zu sein,
wenn du die sexuelle Energie, die du mit großer Schwierigkeit und unter
einem hohen Preis erworben hast, täglich vergeudest? Es ist unmöglich,
gesund und stark zu sein, es sei denn, Männer und Frauen, Jungen und
Mädchen, praktizieren Brahmacharya oder legen das Gelübde des Zölibats
ab. Sogar unter Elektronen, gibt es Junggesellen-Elektronen und
verheiratete Elektronen. Verheiratete Elektronen offenbaren sich als Paare.
Junggesellen-Elektronen leben einzeln. Es sind allein die
Junggesellenelektronen, die magnetische Kraft erzeugen. Die Energie des
Brahmacharya ist ebenfalls in Elektronen zu finden. Liebe Freunde, ihr
solltet von diesen Elektronen eine Lektion lernen. Übst du Brahmacharya
und entwickelst du Energie und geistige Kraft? Die Natur ist dein bester
Lehrer und geistiger Führer. Erhebe dich durch Brahmacharya über das
Elend des weltlichen Lebens und erlange Gesundheit, Stärke, Frieden des
Verstandes, Ausdauer, Tapferkeit, materiellen Wohlstand, spirituellen
Fortschritt und ein langes Leben. Wer eine perfekte Kontrolle über die
sexuelle Energie hat, erreicht Energien, die durch andere Mittel unerreichbar
sind. Darum verschwende nicht deine sexuelle Energie durch sinnliche
Vergnügen. Bewahre die Energie. Führe ein nobles Leben und praktiziere
Meditation. Und schon bald wirst du ein Supermann sein. Du wirst
Göttlichkeit erreichen und mit Gott kommunizieren.

9. Die Bedeutung von Brahmacharya im spirituellen Leben


Inhaltsverzeichnis

Brahmacharya ist ein göttliches Wort. Es ist die Summe und der Kern des
Yoga. Durch Unwissenheit wurde es vergessen. Der Wert von
Brahmacharya wurde durch die großen Rishis (Weisen) bewahrt. Es ist das
höchste Yoga, das Lord Krishna wiederholt in seinem "Lied der
Unsterblichkeit“ in der Bhagavad Gita (der "Bibel" des Hinduismus), aus
dem ja letzten Endes der Buddhismus hervorging, besingt. Im Kapitel VI,
Vers 14, wird sehr deutlich gesagt, dass das Gelübde von Brahmacharya für
die Meditation unbedingt notwendig ist: "...ungestört im Geist, frei von
Furcht, im Gelübde des Zölibats befindlich...." (prasantatma vigata-bhir -
brahmacari-vrate sthitah).In Kapitel XVII, Vers 14 der Gita, sagt er, dass

51
Brahmacharya eins der Erfordernisse für die Askese des Körpers ist: "...
Brahmacharya und Gewaltlosigkeit sind ebenfalls Enthaltungen des
Körpers." (brahma-caryam ahimsa ca - sartram tapa ucyate). Wir haben eine
andere Aussage in Kapitel VIII, Vers 11, dass Yogis Brahmacharya
praktizieren, um das Ziel zu erreichen, das von den Kennern der Veden als
Ziel betrachtet wird: "Die mit den Veden vertraut sind, sagen, dass große
Weise im Lebensstandart der Entsagung Brahmacharya praktizieren." (yad
aksaram veda-vido vadanti - visanti yad yatayo vita-raga - yad icchanto
brahmacaryarh caranti). Eine ähnliche Aussage wird auch im Kathopanishad
(poetischer Text der Upanishaden, indische Heilige Schrift) gefunden. Im
Raja Yoga von Patanjali Maharshi wird die Bedeutung des Brahmacharya
ebenso betont. Yama ist der erste Schritt.Yama ist die Praxis von Ahimsa
(Nichtverletzen), Satya (Ehrlichkeit), Asteya (Nichtstehlen), Brahmacharya
(Enthaltsamkeit) und Aparigraha (Unbestechlichkeit). Unter diesen ist
Brahmacharya das wichtigste Gebot. Im Mahabharata, dem bedeutendsten
und umfangreichsten Epos der Hindus, findest man im Santi Parva: "Das
Dharma, hat viele Zweige, aber Dama, die Sinneskontrolle, ist die Basis von
allem." Im Jnana Yoga (Yoga des Wissens) gilt: Dama (Sinneskontrolle) ist
die Grundlage für den Yogaschüler. Brahmacharya ist das lebenswichtige
Thema für alle, die sich Erfolg im materiellen und geistigen Leben
wünschen. Ohne Brahmacharya ist ein Mensch für die spirituelle Praxis
absolut ungeeignet.
Anmerkung des Übersetzers:
Ich habe hier noch einmal die Aussagen der Bhagavat Gita, die Teil des
Mahabharatas ist, zusammengefasst. Dabei füge ich die Sanskrittexte mit
ein, weil man daraus sehr gut ersehen kann, dass die Bhagavat Gita auf das
Brahmachrya(m) verweist:
Kapitel 6, Vers 14
prasantatma vigata-bhir
brahmacari-vrate sthitah
manah samyamya mac-citto
yukta asita mat-parah

Übersetzung

Mit beherrschtem Geist, ohne Furcht und völlig frei von Sexualität (fest im
Gelübde des Brahmacharya) sollte man über mich meditieren und mich zum
endgültigen Ziel des Lebens machen.

Kapitel 8, Vers 11

yad aksaram veda-vido vadanti


visanti yad yatayo vita-ragah
yad icchanto brahmacaryam caranti
tat te padam sangrahena pravaksye

Übersetzung

In den Veden bewanderte Persönlichkeiten, die das Omkara (Om) chanten


und große Weise im Lebensstand der Entsagung sind, gehen in das Brahman
ein. Mit dem Wunsch nach dieser Vollkommenheit leben sie im Zölibat. Ich
werde dir jetzt diesen Vorgang erklären, durch den man Erlösung erlangen
kann.

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Kapitel 17, Vers 14

deva-dvija-guru-prajña
pujana. saucam arjavam
brahma-caryam ahimsa ca
sariram tapa ucyate

Übersetzung

Die Enthaltung des Körpers besteht in der Verehrung des Höchsten Herrn,
der Brahmanas (heiligen Schriften), des spirituellen Meisters und
Höherstehender wie Vater und Mutter. Sauberkeit, Einfachheit, sexuelle
Enthaltsamkeit und Gewaltlosigkeit sind ebenfalls Enthaltungen des
Körpers.
Nun sollen die Äusserungen Patanjalis etwas näher betrachtet werden. In
Kapitel 2, das sich mit der spirituellen Praxis beschäftigt, ist zu finden:
Vers 27: "Erleuchtung wird durch sieben Stufen erreicht. (Yama, Nyama,
Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana)." (Tasya saptadhâ prânta-
bhûmih prajnâ) - Hier ist das Brahmacharya im Yama, im Gebot der
Enthaltungen, der Selbstkontrolle, enthalten. (Yama setzt sich nämlich aus
folgenden Gliedern zusammen: Gewaltlosigkeit, Ehrlichkeit, Nichtstehlen,
Enthaltsamkeit, Unbestechlichkeit)
Vers 29: "Yama, Niyama, Asana, Pranayama, Pratyahara, Dharana, Dhyana
und Samadhi sind die acht Glieder." (Yama-niyamâsana-prânâyâma-
pratyâhâra -dhâranâ-dhyâna-samâdhayo ¢shtâv angâni) - Auch hier ist das
Brahmacharya im Yama enthalten.

Vers 30: "Die Yamas (Gebote der Enthaltung, Selbstkontrolle) bestehen aus
Ahimsa (Nichtverletzen), Satya (Wahrhaftigkeit), Asteya (Nichtstehlen),
Brahmacharya (Enthaltsamkeit) und Aparigraha (Aufgabe von
Gewinnsucht)." (Ahimsâ-satyâsteya-brahamacharyâparigrahâ yamah)

Vers 38: "Wenn Brahmacharya, sexuelle Enthaltsamkeit, fest begründet ist,


wird kraftvolle Lebenskraft (Vitalität) erlangt." (Brahmacharya-
pratishthâyâm vîrya-lâbhah)

Ende Anmerkung des Übersetzers

9.1 Das Zölibat in den verschiedenen Religionen Inhaltsverzeichnis

Durch die Jahrhunderte war das Gelübde auf sexuelle Enthaltsamkeit in


jeder Religion die schwerste Prüfung. In der volkstümlichen Folklore setze
sich die Idee durch, das Hellsehen und andere übernatürliche Fähigkeiten,
ausschließlich das Privileg von sexuell enthaltsam lebenden Menschen ist.
Edvard Alexander Westermack (1862-1939), ein finnischer Anthropologe
(Völkerkundler), Philosoph und Soziologe, bevorzugte die Erklärung, dass
Pollutionen (unbeabsichtigte nächtliche Samenergüsse im Schlaf) die
Heiligkeit zerstören. Ein Stamm auf dem Rio Negro (Nebenfluss des
Amazonas) erlegte ihren Schamanen (Medizinmännern) das Zölibat auf,
weil sie glaubten, dass die Medizin wirkungslos sein würde, wenn sie durch
einen verheirateten Mann verabreicht wird. In ihrer Autobiographie,

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schreibt die im mexikanischen Bundesstaat Oaxaca bei den Mazateken
lebende Schamanin, María Sabina (1894–1985), die sich selbst als Weise
bezeichnet, dass sie bereits mit vierzehn Jahren heiratete, aber enthaltsam
lebte, da eine Weise enthaltsam leben sollte. (Schamanismus in Südmexiko)

Lambichus (syrischer Philosoph?) gibt an, dass die Götter es nicht hören
können, wenn sie von jemanden angerufen werden, der durch sexuelle
Kontakte verunreinigt ist. Im Islam wird strenges Zölibat auf der Pilgerfahrt
nach Mekka gefordert. Das Zölibat ist ebenso für die hebräische (jüdische)
Versammlung während der göttlichen Erscheinung im Sinai (ägyptische
Halbinsel) erforderlich und bevor der Tempel betreten wird. Das antike
Indien, ägypten und Griechenland stellten die Regel auf, dass Kirchgänger
sich vor und während der Heiligen Messe sich jeglicher sinnlicher
Gedanken enthalten sollten. Im Christentum wurde das Zölibat als
Vorbereitung auf die Taufe und das Abendmahl gefordert. Die höchste
Form des Christentums findet sich im Zölibat. Christliche Lehrer priesen
immer schon das Zölibat. In ihren Augen ist die Ehe nur ein untergeordnetes
Gut, die für die bestimmt ist, die nicht imstande sind, im Zölibat zu leben.
Die Bischöfe der griechischen Kirche lebten immer zölibatär und wurden
aus dem Kreis der Mönche gewählt. Ein Mönch, der mit sinnlichen
Gedanken eine Frau berührt, der ihre Hand umklammert, ihr Haar oder
einen anderen Teil ihres Körpers in sinnlicher Absicht berührt, bringt
Schande und Erniedrigung auf den Orden. Bei der gegenwärtigen
Priesterweihe schwört der Priester (Mönch), sich lebenslang von jeglichem
sexuellen Verkehr zu enthalten.
Die Jains, eine in Indien beheimatete Religionsgemeinschaft, fordert von
ihrem Munis (Sadhu, Asket, Mönch, Einsiedler), sich aller sexuellen
Beziehungen zu enthalten; nicht über Frauen zu besprechen, und sich keine
Gedanken über die Schönheit der Frauen zu machen. Sinneslust wird
folglich verurteilt: "Von allen Lastern, ist Sinneslust die schlechteste." Es
gibt andere Regeln, die das Zölibat unterstützen. Sie sollen vor allem jene
Redensarten unterbinden, die zu einem Verstoß der Keuschheit führen
könnten.Ein Mönch sollte nicht mit einer Frau zusammen in einem Raum
schlafen oder ihr allein in ausführlicher Form die Worte der heiligen Schrift
übermitteln. Er sollte auch nicht zu den Nonnen sprechen, es sei denn, er ist
dazu besonders delegiert. Ebenso sollte er nicht allein mit einer Frau
verreisen. Auf seinem Bettelgang für Almosen, sollte er vorschriftsmäßig
gekleidet sein und mit gesenkten Augen gehen. Er sollte nur unter ganz
speziellen Bedingungen eine Robe von einer fremden Frau annehmen. Er
sollte nicht an einem abgeschiedenen Platz mit einer Frau sitzen, sie in
unreiner Absicht berühren oder mit ihr sprechen.
Der buddhistische "Orden der Bettelmönche" wurde durch 227 Regeln für
die Mönche geregelt. Von diesen waren die ersten vier von besonderer
Bedeutung. Ein Bruch einer der vier Regeln hatte den Ausschluss vom
Orden zur Folge; und sie wurden folglich als die Regeln über Vergehen, die
jegliches Erlösungsstreben vereiteln, bezeichnet.
Die erste Regel für die Mönche lautet:
1. Jeder Mönch, der die Übung und die Lebensweise der Mönche auf sich
genommen hat und der sich von dieser Übung nicht zurückgezogen und sein
Unvermögen kundgetan hat, obwohl er sich dem Geschlechtsverkehr, auch
mit einem Tier hingibt, dessen Erlösungsstreben ist vereitelt; er ist aus dem
Orden ausgestoßen.

54
Dazu sollte vielleicht erwähnt werden, dass alle Mönche an allen Vollmond-
und Neumondtagen, den sogenannten Uposatha-Tagen, zusammentreten,
um ihre Verfehlungen vor der versammelten Mönchsgemeinde kund zu tun.
Verschweigt ein Mönch dort seine Verfehlungen, dann kann das Folgen für
ihn haben. An diesen Tagen fasten die Bhikkhus (Mönche) und halten die
Patimokkha-Feier ab, d. h. sie rezitieren die 227 Mönchs-Regeln, wie
Buddha sie festgelegt hat. Die Laien beachten an den Uposatha-Tagen die
fünf Silas (sittliche Übungsregeln) und die acht Tugendregeln. Wenn
möglich, nutzen die Laien diese Tage, um ihr örtliches Kloster zu besuchen,
dort Dhamma-Vorträgen der Mönche anzuhören und mit Gleichgesinnten
bis spät in die Nacht hinein zu meditieren.
Die 5 Silas - sittliche Übungsregeln
1. Nichtverletzen
2. Nichtstehlen
3. Nichtlügen
4. Brahmacharya
5. keine berauschenden Mittel

Die acht Tugendregeln (Atthangasila) für den Uposatha-Feiertag ergänzen


die fünf Silas um folgende 3 Vorschriften:
Nach 12 Uhr nichts mehr essen (bis Sonnenaufgang ca. 5
6.
Uhr)
7. Keine Tanz-, Musik-, Gesangs-, und Theateraufführungen
besuchen, keine Blumen, keine Duftstoffe, keine Kosmetika,
kein Schmuck und andere Verschönerungsmittel benutzen
8. Nicht auf hohen und üppigen weichen Betten schlafen

König Numa Pompilius gründete im antiken Rom, den "Orden der


vestalischen Jungfrauen". Die Priesterschaft der Vestalinnen bestand aus
sechs jungfräulichen Priesterinnen, die im Alter von sechs bis zehn Jahren
für eine 30-jährige Dienstzeit berufen wurden. Ihre Hauptaufgabe war das
Hüten des Herdfeuers im Tempel der Vesta, der Göttin des Herdes, das
niemals erlöschen durfte, sowie das Wasserholen von der heiligen Quelle
der Nymphe Egeria, das zur Reinigung des Tempels verwendet wurde.
Daneben stellten sie die mola salsa (eine Mischung aus Salzwasser und
Getreideschrot) sowie das Suffimen (Asche ungeborener Kälber) her, die
bei bestimmten Kulthandlungen benötigt wurden.Während ihrer Dienstzeit
waren die Vestalinnen zu absoluter Keuschheit verpflichtet. Der Verlust der
Jungfräulichkeit einer Vestalin galt als schweres Unheil für das römische
Gemeinwesen. Eine unkeusche Vestalin wurde aus der Priesterschaft
entfernt und lebendig begraben.
Gelegentlich wurde in der Forschung angenommen, dass die Vestalinnen
ursprünglich für Menschenopfer bereitgehaltene Jungfrauen waren oder dass
sie in republikanischer Zeit die kultischen Pflichten übernahmen, die zuvor
die Töchter des Königs ausgeübt hatten. Diese Hypothesen werden heute
jedoch als überholte Spekulation angesehen.Bereits vor der Gründung Roms
existierten Vestalinnen in verschiedenen Gemeinwesen, zum Beispiel in
Alba Longa (etwa 20 Kilometer süd-östlich von Rom), und auch für die
historische Zeit liegen schriftliche Belege für ihre Existenz außerhalb Roms,
zum Beispiel in Tibur (ungefähr 20 km östlich vom Stadtrand Roms), vor.
Da keine Parallelen in nicht-italienischen Kulturen nachgewiesen werden

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konnten, war die Priesterschaft der Vestalinnen vermutlich eine in Italien,
wahrscheinlich in Latium, eine Region in Mittelitalien, wichtigste Stadt in
Latium ist die italienische Hauptstadt Rom, entstandene Institution.
In Darjeeling, im Vorder-Himalaya (Westbengalen), leben einige Hundert
Ex-Lamas, die als Kulis (Lastenträger) ihre Arbeit verrichten. Ein Lama ist
ein spiritueller Lehrer, ein Mönch, aus dem tibetischen Buddhismus. Die
Lamas sind entweder allein, oder zusammen mit ihrer Geliebten aus Tibet
geflohen, um den strengen Strafen zu entgehen, die der Bruch des Zölibats
mit sich bringt. Wird der Mönch bei einer sexuellen Verfehlung erwischt
oder wird er von anderen angezeigt, so fällt er in Ungnade, erfährt öffentlich
körperliche Züchtigung, wird zusätzlich mit einer schweren (Geld-)Strafe
bestraft und aus dem Orden entfernt.
Die peruanischen "Jungfrauen der Sonne", eine Art von Priesterinnen,
wurden mit lebender Beerdigung bestraft, wenn sie beim sexuellen Fehltritt
entdeckt wurden.

9.2 Brahmacharya, die Grundlage des spirituellen Lebens


Inhaltsverzeichnis

Brahmacharya ist eine notwendige Vorraussetzung des spirituellen Lebens.


Es ist von großer Bedeutung. Ohne vollkommenes Brahmacharya wirst du
keinen erheblichen spirituellen Fortschritt haben. Enthaltsamkeit ist die
Basis, auf der die Erleuchtung beruht. Wenn die Basis nicht stark genug ist,
dann wird der Überbau mit dem nächsten schweren Regen davon
geschwemmt. Wenn du allerdings nicht fest im Brahmacharya verankert
bist, wenn dein Verstand durch sinnliche Gedanken aufgeregt wird, dann
sind spirituelle Fortschritte kaum möglich. Du kannst nicht den Gipfel auf
der Leiter des Yoga erklimmen oder das höchste Samadhi (Erleuchtung)
erreichen. Es gibt keine Hoffnung für die Selbstverwirklichung oder das
Wissen um das Selbst, die Seele, wenn du nicht fest im Brahmacharya
verwurzelt bist. Brahmacharya ist der Schlüssel zum ewigen Glück.
Brahmacharya ist die Grundlage von Yoga. Geradezu wie ein Haus, das auf
einem morschen Fundament errichtet wurde, eines Tages in sich
zusammenfällt, so fällt man eines Tages von der Meditation ab, wenn keine
vernünftige Basis, wenn kein Brahmacharya, vorhanden ist. Selbst wenn du
zwölf Jahre meditiert hast, wirst du keinen Erfolg erlangen, wenn du nicht
die subtile Sinneslust besiegt hast, die sich im Innersten deines
Unterbewusstseins eingenistet hat.
Brahmacharya ist die Grundlage für körperliche Vollkommenheit. Dazu ist
allerdings vollkommenes Brahmacharya erforderlich. Sie ist von
überragender Bedeutung. Durch die Praxis von Yoga, wird der Samen in
Ojas Shakti, in spirituelle Energie, umgewandelt. Dadurch bekommt der
Yogi einen perfekten Körper. Dadurch bekommt er Charme und Anmut in
seinen Bewegungen und er wird ein langes, gesundes und zufriedenes Leben
führen. Die Praxis von Brahmacharya ist die wichtigste Qualifikation für
einen spirituellen Menschen, egal welchen Weg er eingeschlagen hat:
Karma Yoga, Bhakti Yoga, Raja Yoga, Hatha Yoga oder Vedanta. Die
Disziplin der kompletten Enthaltsamkeit wird von allen verlangt. Nur ein
aufrechter Brahmachari kann Bhakti, die Verehrung Gottes, richtig
kultivieren. Nur ein wahrer Brahmachari wird Yoga richtig praktizieren.
Nur ein echter Brahmachari kann Jnana, den Yoga des Wissens, erfassen.
Ohne Brahmacharya ist kein geistiger Fortschritt möglich. Die

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Leidenschaften führen einen tödlichen Krieg gegen die spirituellen
Bestrebungen des Menschen. Es ist nicht möglich auf dem spirituellen Pfad
voran zu kommen, der zu einer Vereinigung mit Gott führt, es sei denn, man
kontrolliert die Sinneslust und praktiziert Brahmacharya. Solange die
Sinneslust in deinen Nasenlöchern süß riecht, kannst du keine erhabenen,
göttliche Gedanken in deinem Verstand hegen. Der Mann, in dem die
Leidenschaften tief verwurzelt sind, wird immer nur davon träumen,
Vedanta zu verstehen, und er wird die reine Liebe Brahmans selbst in zehn
Millionen von Geburten nicht erfahren. Die Wahrheit kann nicht dort
verweilen, wo die Leidenschaften existieren.
Sexuelle Hingabe ist ein großes Hindernis im geistigen Weg. Sie verhindern
definitiv die spirituelle Praxis. Das sexuelle Drängen muss durch erhabene
Gedanken und regelmäßige Meditation kontrolliert werden. Es sollte
komplette Sublimation der sexuellen Energie stattfinden. Nur dann ist der
Yogaschüler absolut sicher. Die vollkommene Vernichtung des sexuellen
Wunsches ist das spirituelle Ideal. Sexuelle Anziehung, sexuelle Gedanken
und sexuelles Drängen sind die drei großen Hindernisse auf dem Weg zur
Gottrealisierung. Selbst wenn das sexuelle Drängen verschwindet, bleibt die
sexuelle Anziehung für eine lange Zeit bestehen und beunruhigt den
Yogaschüler. Die sexuelle Anziehung ist sehr, sehr stark. Die sexuelle
Anziehung bindet den Menschen an diese Welt. Jede Zelle im Körper eines
Mannes oder einer Frau beinhaltet ein sinnliches Begehren. Der Verstand
und die Sinne sind von einem sexuellen Fluidum durchtränkt.Ein Mann hat
immer den Wunsch, eine Frau zu bewundern, mit ihr zu sprechen, sie
kennen zu lernen. Er findet in ihrer Gesellschaft Vergnügen. Ebenso
schauen die Frauen den Männern nach und haben den Wunsch, einen Mann
kennen zu lernen. Sie fühlen sich in der Gesellschaft von Männern sehr
geborgen. Der ist der Grund, warum es für sie oder für ihn so schwierig ist,
die sexuelle Anziehung zu besiegen. Die Leidenschaften können nur durch
die Gnade Gottes besiegt werden. Keine menschliche Bemühung kann die
mächtige Kraft der sexuellen Anziehung besiegen. Das Sehorgan richtet
dabei großen Schaden an. Vermeide lüsterne Blicke, den Ehebruch des
Auges. Versuche, Gott in allen Gesichtern zu sehen. Konzentration,
Unterscheidungskraft und Selbsterforschung werden Fortschritte auf dem
spirituellen Wege ermöglichen. Schließlich wirst du mit Brahman, mit dem
Ewigen vereint. Entwickle erhabene göttliche Gedanken und praktiziere
Japa und Meditation und die sinnlichen Begierden werden allmählich
verschwinden.
Von welchem Nutzen ist das Wissen der Künste und der Wissenschaften,
von welchem Nutzen ist ein Titel oder das Ansehen, von welchem Nutzen
ist die Wiederholung des Namen Gottes, der Meditation oder die
Selbstergründung der Frage "Wer bin ich?", wenn du ein Sklave der
Sinneslust bist? Kontrolliere dieses starke Bedürfnis durch ein rigoroses
Zurückdrängen der Sinne. Du wirst nur in der Meditation Fortschritte
erzielen, wenn du ein strenges Zölibat erfüllst. Dann werden die
Bemühungen in der geistigen Keuschheit Vollkommenheit erlangen. Unter
uns allen kann sich ein versteckter Shakespeare, ein Kalidasa (indischer
Dichter des 4. Jahrhunderts), ein versteckter William Wordsworth
(englischer Dichter - 1770 bis 1850) oder ein Valmiki (indischer Dichter des
2. Jahrhunderts), ein möglicher Jesuit wie der Heilige Francis Xavier, ein
Akhanda Brahmachari (ein Brahmachari der 12 Jahre keinen Tropfen
Samen abgegeben hat) wie Bhishma Pitamaha (Person aus der Mahabrarata,
ein bedeutendes Epos der Hindus), ein Hanuman (Affengott) oder ein
Lakshman (Bruder des Hindugottes Rama), ein Visvamitra oder ein

57
Vasishtha (Heilige aus dem indischen Ramayana - das Ramayana ist nach
dem Mahabharata das zweite indische Nationalepos), ein großer indischer
Wissenschaftler wie Dr. J. C. Bose (Physiknobelpreisträger von 1977) oder
Sir Chandrasekhara Venkata Raman (indischer Physiknobelpreisträger von
1930), ein Yogi wie Jnana Deva oder Gorakhnath, ein Philosoph wie
Sankara oder Ramanuja, ein Bhakta (Yogi, der die Liebe zu Gott praktiziert)
wie Tulsidas, Ramdas oder Eknath, befinden.
Erwache und deine versteckten Fähigkeiten, das ganze Potential deiner
Möglichkeiten, wird durch Brahmacharya erweckt. So kannst du das
Gottesbewusstsein schnell erreichen und dich über das Elend des irdischen
Lebens mit seinen Begleitumständen wie Geburt, Tod und Leid erheben.
Gesegnet sei der Brahmachari, der das Gelübde des Zölibats bis ans Ende
seines Lebens auf sich genommen hat. Zweimal gesegnet sei der
Brahmachari, der sich aufrichtig bemüht, die Sinneslust zu besiegen, um
vollkommene Reinheit zu erreichen. Dreimal gesegnet sei der Brahmachari,
der vollständig die Wurzeln des Begehrens besiegt und
Selbstverwirklichung erreicht hat. Glorie solchen erhabenen Brahmacharins!
Sie sind die wahren Könige der Erde. Möge ihr Segen euch alle erreichen.

9.3 Brahmacharya im fernöstlichen Mönchstum Inhaltsverzeichnis

An dieser Stelle soll noch ein Blick auf fernöstliche Mönchstum geworfen
werden. In verschiedenen Religionen existieren verschiedene Ausprägungen
des Mönchtums. Beginnen wir mit dem Mönchstum im Hinduismus. Die
Mönche des Hinduismus sind die Sadhus (Sadhu = der Gute), die mit
Swami angeredet werden oder mit Baba, Vater. Sadhus, die heiligen Männer
Indiens, leben häufig als umherziehende, heimatlose Bettelmönche in
ständiger Askese und Heimatlosigkeit. Andere dagegen bilden
Gemeinschaften in einem Ashram oder einem Tempelkomplex. Sie treten in
verschiedenen religiösen Ausprägungen auf. Unter den verschiedenen
hinduistischen Orden gibt es z. B. Vaishnavas, die Anhänger Vishnus, nach
außen hin dadurch erkennbar, dass sie ihr Haar bis auf ein Büschel am
Hinterkopf rasieren, oder Shaivas, die Anhänger Shivas, die ihr Haar wild
wachsen lassen. Nach seinem Entschluss zur Entsagung schließt sich der
künftige Sadhu einem Guru an, der ihn in die spirituelle Lehre sowie in
Techniken der Askese und Meditation (Yoga) einführt und dem er als
Schüler dient. Diese Asketen werden auch Muni genannt, ein Wort, das mit
dem deutschen Mönch verwandt ist.
Ein Sadhu legt ein persönliches Gelübde ab, das je nach den Vorschriften
seines Gurus verschiedene Anforderungen auferlegt. Das kann
Heimatlosigkeit sein, Armut, sexuelle Enthaltsamkeit, Fasten sowie völlige
Bedürfnislosigkeit. Einige Sadhus dürfen keine sozialen Kontakte zu den
Mitmenschen pflegen, halten sich nie lange an einem Ort auf und leben von
dem, was sie von ihren Mitmenschen erhalten. Manche von ihnen fallen
durch bizarres Verhalten auf, durch extreme Formen der Askese und
Selbstquälung, andere sind für ihren Rauschgiftkonsum bekannt. Viele
Sadhus sehen die Welt als Trugbild, der man sich entsagt und der man sich
abtöten soll, um Erleuchtung in der transzendenten Wirklichkeit zu
erlangen. Sie suchen Erlösung aus dem ewigen Kreislauf von Leben, Tod
und Wiedergeburt.Lebten einige hinduistische Yogis zunächst bei ihrem
Guru in einem unabhängigen Ashram, einem klosterähnlichen
Meditationszentrum, so kamen im achten Jahrhundert die häufig mit einem

58
Tempel verbunden Klöster hinzu. Die ersten wurden unter Shankara, einem
großen Hindu-Philosophen, gegründet, der mit seinen Mönchen den
theistisch (religiös) orientierten Hinduismus dem wachsenden atheistisch
orientierten Buddhismus gegenüber stärken wollte. Die in den
hinduistischen Klöstern lebenden Sanyassin, die 'Entsagenden', folgen noch
heute dem alten Ideal der Askese, suchen spirituelles Wachstum, studieren
und lehren die Heiligen Schriften. Hindumönche, beschäftigen sich neben
spirituellen Aktivitäten auch mit philanthropischen (menschenfreundlichen)
und humanistischen Aufgaben (Schulen, Sanitätsstationen, Armenspeisung,
u.a.).
Im Buddhismus gab es die Mönchsgemeinde (Sangha) von Beginn an, also
etwa seit 500 v. Chr. Zunächst nur für Mönche und später auch für Nonnen.
Beide Orden wurden um 560 - 480 v. Chr. von Buddha selbst gegründet. In
den ersten Jahren wurden Anwärter nur vom Buddha selbst ordiniert.
Später, mit schnell wachsender Gemeinde, übertrug er das Recht, Mönche
aufzunehmen, seinen Jüngern. Das buddhistische Mönchs- und
Nonnenleben ist asketischer als das in christlichen Orden. Zunächst gab es
nur hauslose Wandermönche, erst später wurden Aufenthaltsstätten und
Unterkünfte gestiftet. Bis dahin wurden nur zur Regenzeit Hütten gebaut,
die am Ende wieder abgerissen wurden. Die große Verehrung, die den
buddhistischen Mönchen entgegen gebracht wird, gilt weniger der Person
selbst als vielmehr dem Respekt vor dem Dharma, der Lehre Buddhas, das
der Mönch oder die Nonne verkörpert bzw. repräsentiert.
In Thailand, einem Land in dem besonders der Theravada-Buddhismus
verbreitet ist, gibt es etwa 18.000 Wats (buddhistische Tempelanlagen), die
vor allem in ländlichen Gebieten nicht nur Zentrum des religiösen, sondern
auch des sozialen Lebens sind. Die Zahl der Mönche beträgt etwa 160.000.
Traditionell tritt fast jeder männliche Thai, aber nur wenige Frauen, einmal
im Leben für mehrere Wochen in ein Kloster ein, um sich in der Meditation
zu üben und den Regeln der Mönchs- bzw. Nonnengemeinschaft zu
unterziehen. Etwa ein Drittel der männlichen Jugendlichen zwischen 12 und
18 / 20 Jahren lebt für ein bis sechs Jahre als Novize (Ordensschüler) im
Tempel. Nach Beendigung der Schule legen die meisten von ihnen die Robe
ab und kehren als Laien in die Gesellschaft zurück, um zu studieren, eine
Lehre zu machen oder einen Job zu suchen. Sofern ein Novize mit 20 Jahren
noch im Tempel ist, muss er sich entscheiden auszutreten oder Mönch zu
werden. Stirbt jemand in der Familie, ist es üblich, dass ein
Familienmitglied, meist ein Sohn, Enkel oder Neffe, ordiniert wird, um die
Totenfeiern als Mitglied der Sangha (Mönchsgemeinschaft) zu begleiten;
meistens dauert dieser Tempelaufenthalt nur drei, fünf oder sieben Tage. Ist
jemand in einer persönlichen Krise, vom Geschäftsleben gestresst, hat er
seine Pflichten als Familienvater erfüllt oder ist Witwer geworden, kann er
bis zu dreimal Mönch auf Zeit sein, wobei er das Kloster und die Dauer
seiner Ordination frei wählen kann. Dieser Rückzug hat häufig die Dauer
einer Regenzeit (drei Monate) oder eines Jahres. Ältere nehmen damit auch
Abschied vom Berufsleben und bleiben Mönche für den Rest ihres Lebens.
Mönche, Novizen und Nonnen werden als Vorbilder gesehen und genießen
in der Gesellschaft hohen Respekt.
Auch im chinesischen Daoismus gibt es Klöster, die ab dem 12. Jahrhundert
nach Vorbild des Buddhismus eingerichtet wurden. Die Schule des
Daoismus, in der zölibatäre Mönche und Nonnen in Klöstern ein Leben der
Meditation und Askese leben, ist das Neidan (Quanzhen). Die Schule des
Quanzhen betont, dass das Ziel nicht die physische Unsterblichkeit ist, wie

59
in den früheren Schulen des Daoismus (z.B. der Himmelsmeister oder des
Shangqing), sondern dass es um rein innerliche Prozesse geht, die den Geist
über die Welt setzen. Die Quanzhen-Schule stellte die erste Schule des
Daoismus dar, die nach Vorbild des Chan-Buddhismus Klöster errichtete
und strenge Regeln des Zölibats, der Enthaltsamkeit von Alkohol, Fleisch,
Begierden, Zorn und Reichtümern einführte.
Das buddhistische Shaolin-Kloster in der chinesischen Provinz Henan
wurde um 500 n.Chr. gegründet. Im Jahr 527 n.Chr. kam der Legende nach
der indische Mönch Bodhidharma in das Kloster und begründete dort die
Lehre des Chan (japanisch: Zen)-Buddhismus. Es ist berühmt für seine
Kampfkunst sowie für Quigong, eine chinesische Meditations-,
Konzentrations- und Bewegungsform zur Kultivierung von Körper und
Geist und gilt außerdem als die Geburtsstätte des historischen Chan-
Buddhismus, dem Vorläufer des Zen-Buddhismus. Neben Meditation und
Buddhismus pflegen Shaolin-Mönche auch Kenntnisse in traditioneller
chinesischer Medizin, Qigong, Kalligrafie und natürlich Kung-Fu. Die
Lebensweise eines Mönches ist streng: kein Fleisch, kein Alkohol, kein Sex.
Entsprechend Letzterem gilt das Zölibat. In den häufigen Wirren der
dynastischen Kämpfe um den chinesischen Kaiserthron waren diese
Kampfmönche beliebte Verbündete, die sich nicht nur Überfällen von
Räubern auf ihr Kloster zu erwehren wussten, sondern auch aktiv in die
Kämpfe zu Gunsten ihrer kaiserlichen Förderer eingriffen. Zeitweise
unterhielt das Kloster eine Armee von 2.500 Mann. Das Kloster wurde mit
Landschenkungen bedacht, der Abt des Klosters wurde zum kaiserlichen
General ernannt, und die Kampfmönche genossen hohes Ansehen.
Der Zen-Buddhismus oder Zen ist eine in China ab dem 5. Jahrhundert nach
Christus entstandene Linie des Mahayana-Buddhismus, die wesentlich vom
Daoismus beeinflusst wurde. Der chinesische Name (Chan) stammt von
dem Sanskritwort Dhyana (Meditation). Ab dem 12. Jahrhundert wurde das
Zen nach Japan übertragen. Die im Westen verwendeten Begriff Zen kommt
aus dem Japanischen. Zentrales Element der Praxis des Zen ist die
Sitzmeditation Zazen, die im Lotussitz in strenger äußerer Disziplin vor
allem in Klöstern ausgeübt wird. Indem der Übende alle seine Gedanken zur
Ruhe bringt, ermöglicht er die mystische Erfahrung der Erleuchtung
(Satori), ein oft plötzlich eintretendes Erleben universeller Einheit und
Leere, das der gesamtbuddhistischen Erleuchtung entspricht. Satori ist die
plötzliche Erkenntnis vom universellen Wesen des Daseins. Es ist ein
Schlüsselkonzept des Zen-Buddhismus und kann nur in der persönlichen
Erfahrung verstanden werden. Satori steht im Gegensatz zum Nirvana, denn
es ist kein andauernder sondern nur ein vorübergehender Zustand. In diesem
Zusammenhang ist oft vom Buddha-Werden, oder der Verwirklichung der
eigenen Buddhanatur die Rede.
Der Zölibat ist in fast allen in Japan verbreiteten buddhistischen Richtungen
aufgehoben, die meisten Mönche haben Familie und betreiben ihre Tempel
wie einen Familienbetrieb, der später an die Kinder weitergegeben wird.
Solche Familientempel sind häufig von einem kleinen Friedhof umgeben
und versorgen eine lokale Gemeinde von Gläubigen mit religiösen
Dienstleistungen, vor allem bei Todesfällen. Eine Randstellung unter den
buddhistischen Mönchen nehmen die Bergasketen (Yamabushi) ein. Sie
besitzen eine eigene Tracht und eigene Riten, die stark vom esoterischen
Buddhismus beeinflusst sind. Nachdem die Yamabushi unter dem Einfluss
des Staatsshinto lange Zeit verboten waren, weil sie nicht eindeutig dem
Buddhismus oder dem Shinto zugeordnet werden konnten, erfreuen sie sich

60
in letzter Zeit wieder steigender Beliebtheit.
Ursprünglichen bestanden in den Zenklöstern allerdings monastische
(mönchische) Regeln, die jede Berührung mit weltlichen Dingen untersagte.
Allem voran stehen die beiden Hauptthemen: Besitz und Sexualität. So
leben die Mönche und Nonnen der alten Regeln gemäss nicht nur im
Zölibat, sondern sie vermeiden auch jede direkte Berührung mit Geld.
Garten und Küchenarbeit darf deshalb nicht gemacht werden, weil dabei
lebende Wesen zu schaden kommen könnten. Einige dieser Regeln wurden
schon im China des 8. Jahrhunderts von Zen-Meistern wie Pai-Chang
verändert, und von ihm stammt der Ausdruck: “Ein Tag ohne Arbeit – ein
Tag ohne Essen“. Weitere Reformen kamen später durch Zen-Meister wie
Hakuin in Japan, oder durch den japanischen Kaiser Mutsuhito, der das
Zölibat, infolge der Staatsshinto in der Zeit der Meiji-Restauration, für die
Zen-Mönche seines Landes aufhob. Es wird gesagt, dass der japanische
Kaiser Mutsuhito das Zölibat aufhob, weil er Angst vor den selbstbewussten
der enthaltsam lebenden Mönche hatte. Heute ist zwar in den Zenklöstern
das Zölibat nach wie vor offiziell aufgehoben, aber es wird vielfach
stillschweigend praktiziert. Genauere Kenntnisse fehlen mir allerdings.
Der Staatsshinto ist die tragende Ideologie der Regierungsform, die sich
nach der sogenannten Meiji Restauration (1868) bildete und bis zur
Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg (1945) Bestand hatte. Diese
Regierungsform rückte die Institution und die Figur des japanischen Tenno
(japanischer Kaiser) wieder ins Zentrum der politischen Macht und
versuchte, diese Rückkehr zu den politischen Verhältnissen des alten Japan
aus der japanischen "Urreligion", also aus dem Shinto, zu begründen. Die
Ideologie des Staatsshinto fußt auf den Ideen der Kokugaku (Nationale
Schule), die sich im Laufe des 19. Jh. zunehmend politisiert hatte und den
Umsturz des Shogunats (Anführer aus der Kriegerkaste der Samurai)
ideologisch vorbereitete. Mit der Machtübergabe an den zu dieser Zeit 15-
jährigen Tennō Mutsuhito lag die Zentralgewalt seit vielen Jahrhunderten
erstmals wieder in den Händen des Tennō.
Meiji-Restauration bezeichnet den politischen Umbruch im Jahr 1868 und
den Beginn einer neuen Regierungsform im Kaiserreich Japan. Sie stand am
Anfang einer Epoche der rasanten Modernisierung und Verwestlichung der
japanischen Gesellschaft, wiewohl sie zunächst die Rückkehr zu alten
japanischen Werten propagierte, insbesondere der Wiederherstellung des
Kaisertums. Die Meiji-Restauration beendete somit die über 250 Jahre
währende Herrschaft der Tokugawa-Shogun-Dynastie. Eine ihrer zentralen
Vorstellungen war die Wiederherstellung der Einheit von religiösem Ritus
und politischem System in der Person des Tenno, die den ursprünglichen
japanischen Staat des Altertums angeblich geprägt hätte. Tatsächlich wurde
zum ersten Mal in der japanischen Geschichte Shinto explizit zur
Staatsreligion erklärt. Jeder Bürger hatte im Tenno die vergöttlichte
Personifizierung des Staates anzuerkennen. War in alten Zeiten der Tenno
im Ritus als höchster Repräsentant der Menschen seinen göttlichen Ahnen
entgegengetreten, so sollte nun der einfache Bürger im shintoistischen Ritus
dem vergöttlichten Repräsentanten des Staates Reverenz erweisen.
Der Buddhismus passte sich der Diesseitsgläubigkeit des Shinto an, indem
die Askese und das Zölibat seiner Mönche aufgegeben wurde und der Weg
zur Erleuchtung durch Kunstübungen (Tuschemalerei, Schrift, Musik,
japanischer Garten), Teezeremonien, Bogenschießen, Kalligraphie und
Dichtungen möglich wurde. Der Staatsshinto wurde nach dem Zweiten
Weltkrieg unter amerikanischer Besatzung offiziell abgeschafft, die

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Trennung von Staat und Religion in der Verfassung verankert, sämtlichen
Shinto Schreine (religiöse Stätten), wurden ihre staatlichen Förderungen
entzogen. Dennoch blieb die Ideologie des Staatsshinto unaufgearbeitet.
Auch in Korea, das im zweiten Weltkrieg unter japanischer Besatzung war,
wurde das Zölibat verboten. Der unter japanischem Einfluss aufgehobene
Zölibat für Priester wurde nach dem Krieg, nicht ohne erhebliche
Diskussionen, wieder eingeführt.
Buddhistische Klöster scheinen im alten Japan bereits früh Zentren
homosexueller Aktivität gewesen zu sein; der Berg Koya, der Sitz von
Kukais Kloster, wurde zum Beinamen für gleichgeschlechtliche Liebe.
Hingegen enthalten weder Shinto noch die japanische Lesart des
Konfuzianismus irgendwelche Verbote. Genügend Mönche scheinen der
Ansicht gewesen zu sein, dass ihr Keuschheitsgelübde sich nicht auf
gleichgeschlechtliche Beziehungen erstreckte, so dass Geschichten, die von
den Affären zwischen Mönchen und jungen Akolythen (Begleitern)
erzählen. Solche Affären wurden milde bespöttelt, solange die
Leidenschaften nicht bis zu körperlicher Gewalt eskalierten, was durchaus
nicht ungewöhnlich war. Jesuiten berichteten entsetzt über die Verbreitung
der "Sodomie" (Sexualität mit Tieren) unter buddhistischen Mönchen.
Quellen:
Engagierter Buddhismus
Staatsshinto
Meiji-Restauration
Mönchstum
Homosexualität in Japan
Kapitel 9.3 ist vom Übersetzer.

10. Brahmacharya für Familienväter Inhaltsverzeichnis

Es ist über alle Zweifel erhaben, dass ein Leben im Brahmacharya erhaben
und wunderbar ist. Aber ebenso kann ein maßvolles Leben für das
spirituelle Wachstum eines Familienvaters gut und nützlich sein. Beide
haben ihre eigenen Vorteile. Du solltest die große Stärke haben, jedem
seinen Weg gehen zu lassen.Varnashrama Dharma, die Gliederung der
hinduistischen Gesellschaft in vier Kasten (Varna) und vier Lebensstadien
(Ashrama), ist jetzt praktisch ausgestorben. Heutzutage ist jeder ein Vaisya
(Kaste der Bauern, Kaufleute und Händler) oder ein Bania (Unterkaste der
Gewürz- und Getreidehändler) mit der Gier zur Anhäufung von Reichtum
durch Betteln, Leihen oder Stehlen. Fast alle Brahmanen (Kaste der Priester
und Gelehrten) und Kshatriyas (Kaste der Krieger, Fürsten und Könige) sind
heute Banias oder Vaisyas. Es gibt heutzutage keinen wirklichen
Brahmanen oder Kshatriya mehr. Heute dreht sich alles nur noch ums Geld.
Sie versuchen nicht mehr, das Dharma, die Lehre ihrer Kaste, in ihrem
Leben zu praktizieren.
Dies ist die grundlegende Ursache für den moralischen Absturz der
Menschen. Wenn der Familienvater seine Verpflichtungen erfüllt, wenn er
ein idealer Grihasthi (ein Mensch, der im Berufs- und Familienleben steht)
ist, dann besteht keine Notwendigkeit, ein Leben der Enthaltsamkeit zu
führen. Die Abnahme der Anzahl der Sannyasins (Mönche), in der heutigen
Zeit, ist auf das Versagen der Familienväter gegenüber ihren familiären
Verpflichtungen zurückzuführen. Das Leben eines idealen Familienvaters

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ist genau so schwierig und anstrengend wie das Leben eines idealen
Sannyasin. Der Weg des Karma-Yoga des Familienvaters, ist genau so
schwierig und anstrengend wie der Weg der Entsagung der Mönche.Wenn
ein Familienvater ein Leben im Zölibat führt, und nur gelegentlich, um der
Nachkommen willen, mit seiner Frau intim ist, dann bringt er gesunde,
intelligente, starke, schöne und selbstlose Kinder hervor. Die Asketen und
Gelehrten des alten Indiens, befolgten diese Regel sehr sorgfältig, wenn sie
verheiratet waren. Sie lehrten diese Regeln auch ihren Schülern und
praktizierten sie, durch ihr Vorbild als Familienväter und Brahmacharins.
Unsere Vorfahren folgten in der Tat den asketischen Regeln bei der
Erzeugung ihrer Nachkommen.
Diejenigen, die die Srimad Bhagavata, einen indischen episch-
philosophischen Klassiker, gelesen haben, kennen das Leben von Devahuti,
der Tochter von Manu, dem Urvater des Menschengeschlechts, und ihres
Ehemannes Kardama Rishi. Kapila Muni, der Gründer der Sankhya
Philosophie, wurde von Devahuti geboren, nachdem Kardama Rishi sie
einmal besuchte, um mit ihr einen Sohn zu zeugen. Der Weise Parasara
besuchte die Fischerstochter Matsyagandhi, die ihm darauf Sri Vyasa, den
Gründer der Vedanta Philosophie gebar.Viele große Weise von damals
waren verheiratet, aber sie führten nicht das Leben der Leidenschaft und
Sinneslust. Ihr Leben als Familienvater war ein Leben nach dem Dharma,
nach der Lehre ihrer Religion. Wenn es für dich nicht möglich ist, ihnen
nachzueifern, dann solltest du ihr Leben als ein Vorbild betrachten, als ein
Ideal zur Nachahmung, um ebenfalls dem Weg der Wahrheit zu folgen. Das
Leben als Familienvater sollte kein Leben der Sinneslust und des losen
Lebenswandels sein. Es sollte ein strenges Leben des selbstlosen Dharmas,
rein und einfach sein, von Nächstenliebe, Güte, Humanität, Freundlichkeit
und Selbsthilfe geprägt. Wenn du solch ein Leben führst, ist das Leben eines
Familienvaters genau so gut, wie das Leben eines Sannyasin.

10.1 Was bedeutet Brahmacharya in der Ehe? Inhaltsverzeichnis

Führe eine geordnete und gezügelte Ehe. Selbst als Familienvater kannst du
ein Brahmachari sein, indem du am Grihastha Dharma, den sozialen und
spirituellen Pflichten der Familienväter, festhälst, ein gemäßigtes Leben
führst und regelmäßig zu Gott betest. Die Ehe sollte dich auf keinen Fall in
deiner spirituellen Entwicklung behindern. Du solltest das spirituelle Feuer
immer am lodern halten. Deine Frau sollte ebenso vom Sinn eines
spirituellen Lebens überzeugt sein. Wenn beide Eheleute Brahmacharya
beachten, aber zur Zeugung von Kindern miteinander intim sind, ohne es zu
Ausschweifungen kommen zu lassen, dann werden sie robuste und gesunde
Kinder bekommen, die der Stolz des ganzen Landes sind. Die aufbewahrte
Energie kann für höhere spirituelle Zwecke verwendet werden. Die
Verhinderung einer häufigen Schwangerschaft erhält außerdem die
Gesundheit der Frau.Brahmacharya im Eheleben bedeutet eine absolute
Mäßigung im sexuellen Verkehr. Familienvätern sollte es gestattet sein,
einmal im Monat mit ihrer Frau intim zu sein, um Nachwuchs zu zeugen.
Dieses entspricht ebenfalls dem Gelübde des Brahmacharya. Deshalb kann
man die Eheleute, die diese Regeln einhalten, ebenfalls als Bramacharin
betrachten.
Die Eheleute sollten ebenso regelmäßig fasten und Japa, Meditation und
andere spirituelle Praktiken einhalten, die es ihnen ermöglichen, das
Gelübde des Brahmacharya aufrecht zu erhalten. Sie sollten vielleicht

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zusammen die Bhagavad Gita (hinduistische "Bibel"), die Upanishaden
(philosophische Schriften), die Bhagavata (ein hinduistischer Text
vishnuitischer Prägung) und das Ramayana (indisches Nationalepos)
studieren und die Regeln für eine gesunde Ernährung beachten.Wenn du
Brahmacharya beachten möchtest, dann stelle dir vor, dass deine Frau deine
Schwester ist. Legt die Idee von Ehemann und Ehefrau beiseite, und stellt
euch vor, ihr seid Bruder und Schwester. Ihr werdet eine reine und starke
Liebe entwickeln, weil die Unruhen, die die Sinneslust normalerweise mit
sich bringen, nicht vorhanden sind. Im Mittelpunkt eures Lebens sollte die
Ausrichtung auf gemeinsame spirituelle Ziele stehen. Unterhaltungen über
die Geschichten der Mahabharata oder der Bhagavata könnten euer Leben
bereichern. Lest an den Feiertagen und im Urlaub zusammen spirituelle
Bücher. So werdet ihr gemeinsame Interessen und Freuden für spirituelle
Themen entwickeln. Richtet euer Leben an gemeinsamen spirituellen Zielen
aus, um euch von den Verunreinigungen des Unterbewusstseins zu befreien
und die Göttlichkeit in euch zu entwickeln.
Die heutigen jungen Männer in Indien ahmen die westlichen Menschen
nach, und nehmen jedes mal ihre Frauen mit, wenn sie ausgehen. Dieses
Verhalten führt zu der Gewohnheit der Männern, ständig in der Gesellschaft
von Frauen zu sein. So ist selbst die kleinste Trennung bereits mit
Schmerzen verbunden. Darum sind viele Männer geschockt, wenn sie ihre
Frau verlieren. Weiter wird es sehr schwierig für sie, das Gelübde von
Brahmacharya für einen Monat auf sich zu nehmen. Armselige
Schwächlinge! Dies ist ein spiritueller Bankrott! Versuche, von deinem
Partner getrennt zu sein, so oft du kannst. Verbringe nicht die ganze Zeit nur
mit deiner Partnerin. Entwickle eigene Interessen. Und mache Abends einen
Spaziergang, damit du zur Ruhe kommst.
Persönliche Anmerkung des Übersetzers:
Einmal eine persönliche Anmerkung zu dem Text über Brahmacharya in der
Ehe. Zwar ist die sexuelle Vereinigung nur für die Zeugung von Kindern
gedacht. Aber ich glaube, viele Ehepaare wären mit dieser Forderung
überfordert. Darum würde ich es persönlich als einen großen Erfolg
betrachten, wenn man sich zunächst darauf verständigen würde, nur einmal
im Monat miteinander intim zu sein. Das würde ich als großen spirituellen
Erfolg betrachten. Die intimen Stunden werden dann natürlich zu etwas
ganz Besonderem.
In zweiter Linie sollte man vielleicht langfristig denken und das Gebot im
Hinterkopf haben, dass man ja eigentlich nur miteinander schlafen sollte,
wenn man Kinder zeugen möchte. Darum halte ich es für sinnvoll, sich
selber bis zur vollkommenen Verwirklichung dieses Ziels, vielleicht einen
Zeitrahmen von 12? (jeder sollte den Zeitrahmen wählen, den er für richtig
hält) Jahren zu setzen, wenn man wirklich keine Kinder mehr bekommen
möchte. Im ersten Jahr ist man dann nur einmal im Monat miteinander
intim, im zweiten Jahr nur alle zwei Monate und nach zwölf Jahren
vielleicht nur noch einmal im Jahr. So kann man vielleicht langsam
vollkommenes Brahmacharya verwirklichen. Ich bin mir sicher, am Ende ist
man stolz darauf, es verwirklicht zu haben.
Ende des Anmerkung.

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10.2 Wenn die Frau zur Mutter wird Inhaltsverzeichnis

Sobald ein Kind geboren wird, wird deine Frau zur Mutter. Im Kind
verkörpert sich die Liebe von Vater und Mutter. Nach der Geburt solltest du
deine Geisteshaltung ändern. Betrachte deine Frau fortan als Weltenmutter.
Beginne mit deiner spirituellen Praxis und besiege die Leidenschaften.
Jeden Morgen, sobald du aufstehst, berühre die Füße deiner Frau (indischer
Brauch), knie vor ihr nieder und verehre sie als Göttin Kali. Schäme dich
nicht. Diese Praxis entfernt die Idee der "Frau" aus deinem Verstand. Wenn
du dich nicht körperlich vor deiner Frau verneigen magst, dann tue es
geistig.Sobald ein Kind geboren ist, und ihr keine weiteren Kinder haben
möchtet, solltet ihr die Sinneslust einstellen. Dann solltet ihr vollkommenes
Brahmacharya beachten. Du solltest deine Frau wie deine Mutter behandeln.
Sobald sich dieser Gedanke gefestigt hat, wirst du deine Frau nicht mehr mit
lüsternen Blicken betrachten. Dies ist eine große spirituelle Herausforderung
für den Familienvater. Geht aus der Ehe kein Kind hervor, ist es nicht
ratsam, eine zweite Frau zu heiraten. Dann sollten sich die Eheleute auf den
spirituellen Weg konzentrieren und vollkommenes Brahmacharya
praktizieren. Eventuell könnten die Eheleute aber auch über eine Adoption
nachdenken.

Ende Anmerkung Übersetzer.

10.3 Das Leben in einer spirituellen Partnerschaft Inhaltsverzeichnis


Die Manu, das altindische Gesetzbuch, sagt: "Das erstgeborene Kind wird
durch Dharma und die folgen Kinder durch Karma, der Sinneslust, geboren.
Der sexuelle Akt zum bloßen Vergnügen ist nicht vertretbar." Familienväter,
die den Weg der Selbstverwirklichung beschreiten und älter als 40 Jahre
sind, sollten den sexuellen Kontakt zu ihrer Partnerin einstellen, da ein
sexueller Kontakt alle sinnlichen Ideen wiederbelebt und ihnen immer
wieder neue Nahrung gibt. Die Ehe sollte als ein gottgewolltes heiliges
Bündnis zweier Seelen betrachtet werden, deren Lebensziel die
Selbstverwirklichung ist. Die Eheleute sollten vollkommenes Brahmacharya
beachten, wenn sie schnelle spirituelle Fortschritte und
Selbstverwirklichung erreichen wollen.Bist du ein Familienvater von über
vierzig Jahren? Dann solltest du nun ein perfekter Brahmachari werden.
Deine Frau sollte am Ekadasi, am 11. Tag nach Vollmond und Neumond,
fasten. Du solltest nicht sagen: "Swami, was soll ich tun? Ich bin ein
Familienvater." Das ist eine faule Ausrede. Wie lange möchtest du noch wie
ein leidenschaftlicher Familienvater leben? Bis an dein Lebensende? Gibt es
keine edlere Mission in deinem Leben als Essen, Schlafen und sich
fortzupflanzen? Hast du nicht schon genug von diesem irdischen Vergnügen
gekostet? Du hast das Stadium des Familienvaters bereits überschritten.
Ich kann dich entschuldigen, wenn du ein junger Mann bist, aber jetzt nicht
mehr. Nun solltest du dich vom weltlichen lösen, in das Stadium eines
Vanaprastha (jemand, der sich darauf vorbereitet, allein als Sanyassin in der
Waldeinsamkeit zu leben) eintreten und dein Leben der Spiritualität
widmen. Bringe zuerst dein Herz zum leuchten. Es wird in der Tat ein edles
Leben sein. Bereite dich auf die Waldeinsamkeit als Sannyasin vor.
Diszipliniere deine Gedanken. Reales Sannyasa ist geistiges Nichtanhaften.
Reales Sannyasa bedeutet, das Erlöschen der Wünsche, des Egoismus, der
Anhaftung an die Kinder, an den Körper, an die Frau und an den Besitz.Du
brauchst dich nicht in die Himalajahöhlen zurückzuziehen. Du solltest aber

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einen höheren Geisteszustand entwickeln. Lebe mit der Familie und den
Kindern in Frieden und Wohlstand. Lebe in der Welt, aber lass dich nicht
von ihren Verlockungen verwirren. Löse dich von der Weltlichkeit. Das ist
wirkliches Sannyasa. Das ist es, was ich gerne sehen würde. Dann wirst du
zum König der Könige. Ich schreie diese Botschaft seit vielen Jahren in die
Welt hinaus, aber nur sehr wenige folgen meiner Bitte.
Ein wertvoller Juwel, die unendliche Anmut Gottes, ist eine Frau, die dich
auf diesem Weg begleitet. Harmonie auf jedem Schritt, ist ein seltenes
Geschenk Gottes für ein Ehepaar. Jeder Partner, sollte langfristig für den
anderen, in jedem Sinne, der passende Begleiter sein. Grihastha Ashrama
und das Führen eines spirituellen Lebens, im eigenen Haus (Wohnung), ist
eine sichere Sprosse auf der Strickleiter zur Entwicklung deiner
Göttlichkeit. Folge den religiösen Vorschriften und genieße dein Glück.
Göttliche Erkenntnis kann nur auf spiritueller Basis erlangt werden.Beide
Eheleute sollten das Ziel der Gottrealisierung anstreben. Wenn andere Paare
mit anderen, um ihrem Besitz und ihr Vermögen konkurieren, und sich
gegenseitig herunter ziehen, solltet ihr nicht miteinander um einen
schnelleren spirituellen Fortschritt konkurrieren. Macht daraus keinen
spirituellen Wettstreit. Was für ein Segen ist es, einen solchen
Lebenspartner an seiner Seite zu haben!

11. Frauen und Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Ein Yogaschüler schreibt: „Ich möchte gerne wissen, ob die gleiche Theorie
betreffs des männlichen Samens und der Verlust desselben, entsprechend
für die Frauen gilt. Sind Frauen wirklich im gleichen Umfang beeinflusst
wie Männer?“ Die ist eine wichtige und angemessene Frage. Ja, die Hingabe
beim sexuellen Akt erschöpft die Frau genauso wie den Mann, und führt
genau so zur Abnahme der Vitalität, wie beim Mann. Die nervliche
Belastung ist in der Tat sehr groß. Die weiblichen Eierstöcke, die dem
männlichen Hoden entsprechen, entwickeln reife, kostbare und vitale
Energie wie der männliche Samen. Das weibliche Ei, gelangt nach dem
Eisprung innerhalb von 3 bis 4 Tagen von den Eierstöcken über die Eileiter
zur Gebärmutter (Uterus). Obwohl die Frau dieses Ei nach dem Orgasmus
nicht aus ihrem Körper verliert, wie im Falle des männlichen Samens, so
verlässt es aber die Eierstöcke und wandert zur Gebärmutter und bereitet
sich auf die Empfängnis eines Embryos vor. Man weiß nur zu gut, was für
eine Belastung und Energieverbrauch die Schwangerschaft für eine Frau mit
sich bringt. Die wiederholte Auszehrung dieser Energie und die Belastung
der Geburt nagen an der Gesundheit der Frau, rauben ihr die Kraft, die
Schönheit, den Anmut ihrer Jugend und ihre geistige Energie. Die Augen,
die normalerweise auf die innere Stärke hindeuten, verlieren an Glanz und
Ausstrahlung.
Die intensive sinnliche Aufregung des Geschlechtsaktes erschüttert das
Nervensystem und verursacht Erschöpfung. Da der weibliche Körper
empfindlicher und nervöser ist als der männliche Körper, werden Frauen
durch den Orgasmus stärker beeinflusst als Männer. Darum sollten auch
Frauen ihre kostbare vitale Energie bewahren. Das Ei und die Hormone, die
durch die Eierstöcke abgesondert werden, sind für das maximale körperliche
und geistige Wohlbefinden der Frau sehr wichtig. Darum sollten Frauen
ebenfalls das Gelübde des Zölibats beachten. Sie können als lebenslange
Brahmacharinis, wie die indische Prinzessin, Mystikerin und Dichterin
Mirabai (1498 - 1546) ihr Leben dem Dienst und der Hingabe Gottes

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widmen. Oder sie können Brahmavichara (Gotteserforschung) wie die
Yoginis Gargi und Sulabha tun.Ehe- oder Hausfrauen sollten die eheliche
Moral oder das Gelübde der Keuschheit beachten. Sie sollten Lord Krishna
in ihren Ehemännern sehen und Gott verwirklichen. Sie sollten sowohl
Yogaübungen als auch Atemübungen praktizieren. Sie sollten häufig
Mantras singen, meditieren und täglich zu Hause beten. Durch Bhakti, den
Yoga der Hingabe, können sie allmählich die sinnlichen Leidenschaften
auslöschen.
Viele Frauen von damals hatten übernatürliche Fähigkeiten und offenbarten
so der Welt die Energie der Keuschheit. Nalayini, stoppte durch die Energie
der Keuschheit das Aufgehen der Sonne, um das Leben ihres Ehemannes zu
retten. Anasuya verwandelte die hinduistische Trinität, Brahma, den Gott
der Schöpfung, Vishnu, den Gott der Erhaltung und Shiva, den Gott der
Zerstörung, in Babys, als sie um Erleuchtung flehte. Nur durch die Energie
der Keuschheit, gelang es ihr, die großen Gottheiten in Babys zu
verwandeln. Savitri rettete durch ihre Keuschheit das Leben ihres
Ehemannes Satyavan (Erzählungen aus der Bhagavatam). Solch eine Kraft
besitzt nur das Brahmacharya. Hausfrauen und Mütter, die ein Leben in
Keuschheit führen, können ebensolche Fähigkeiten entwickeln, wie
Anasuya, Nalayini oder Savitri.
Zur Umwandlung sexueller Energie bei Frauen fand ich bei healingtao.org:
Die alten Taoistinnen, die einem strengen Übungsprogramm folgten, sich
ausgeglichen ernährten, ihre Emotionen harmonisierten und dadurch eine
tiefe innere Ruhe und Zentriertheit erreichten, erlebten als Resultat dieses
Lebenswandels ein Stoppen der Menstruation: "die Zähmung des roten
Drachens". Der Körper wird erst vollkommen geheilt, so dass schließlich
die Sexualenergie umgewandelt und von der Basis in die höheren Zentren
bewegt werden kann. Ich fand es sehr interessant, von einer katholischen
Nonne zu hören, dass im Kloster, hinter vorgehaltener Hand, eine Nonne die
noch im gebärfähigen Alter ihre Menstruation stoppt, als "erfolgreich mit
Jesus vermählt" gilt. Dies geschieht jedoch recht selten. Einerseits wird der
Weg dorthin nicht erklärt und auf der anderen Seite fehlen oft die
erforderlichen Lebensumstände. Notwendig sind genügend körperliche
Bewegung, ausreichende Ruhe für Körper und Geist, eine ausgewogene
Ernährung und als ganz wesentlicher Punkt, ausgeglichene Emotionen, die
auch im Kloster nicht immer leicht zu finden bzw. zu erreichen sind.

11.1 Brahmacharinis - einst und heute Inhaltsverzeichnis


Früher gab es Brahmacharinis in Indien. Sie waren Brahmavadinis; und am
Wissen über Brahman interessiert. Sie wollten nicht das Leben einer
Ehefrau führen und den ehelichen Pflichten nachkommen. Sie dienten den
Rishis und Weisen in ihren Einsiedeleien und praktizierten Brahmavichara,
das Einssein mit Gott. König Janasruti's Tochter diente Rishi Raikva. Du
findest diese Geschichte in den Chandogya Upanishaden, eine der
bekanntesten philosophischen und mystischen Schriften der indischen
Kultur.Die Brahmacharini Sulabha war eine sehr gelehrte Frau. Sie wurde in
einer königlichen Familie geboren. Sie wurde im Geist der Emanzipation
erzogen. Sie beachtete die Praxis der Askese. Sie beschritt ihren Weg sehr
konsequent und war in ihrem Gelübde sehr beharrlich. Sie äußerte nie ein
Wort, ohne es auf seine Verletzlichkeit zu reflektieren. Sie war eine Yogini
und führte das Leben einer Sanyassin. Sie erschien vor dem König und
Asketen Janaka, in seinem Gericht, und führte mit ihm eine Diskussion über

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Brahmavidya, dem Wissen über Brahman, über das Selbst.Gargi war ebenso
eine Brahmacharini. Sie war eine in hohem Grade kultivierte Frau. Sie hatte
mit Yajnavalkya eine langatmige Diskussion über Brahmavidya. Der Dialog
zwischen ihnen ist in der Brihadaranyaka Upanishad nachzulesen.
In Europa gab es viele Frauen, die zölibatär lebten und ihr Leben der
Askese, dem Gebet und der Meditation weihten. Sie lebten in ihrer eigenen
Einsiedelei. In Indien leben auch heute noch gebildete Frauen, die ein Leben
als Brahmacharinis führen. Sie möchten nicht heiraten. Sie unterrichten die
Mädchen in den Schulen, erteilen den armen Mädchen kostenlosen privaten
Unterricht und bilden sie im Nähen und in anderen Hausarbeiten aus.

Sie studieren religiöse Bücher, singen Mantren und meditieren morgens und
am Abend. Sie führen ein tägliches spirituelles Tagebuch, leiten spirituelle
Frauengruppen und unterrichten Mädchen im Yoga und in den
Atemübungen. Sie geben Darlegungen der Bhagavad-Gita und
Upanishaden. Sie halten Vorträge über religiöse Texte in Englisch, Sanskrit
und Hindi. Während der Feiertage und bei wichtigen Gelegenheiten halten
sie im großen Stil religiöse Tagungen für die spirituelle Erweckung von
Frauen ab.
Manchmal besuchen sie nahe gelegene Dörfer und verteilen kostenlos
Medizin für die Armen. Sie sind mit der Ersten Hilfe, der Homöopathie, der
Allopathie (Schulmedizin) und der Biochemie vertraut. Sie sind ebenfalls
darin ausgebildet, Kranke zu pflegen. Es gibt gut ausgebildete
Brahmacharinis, die Mädchenschulen leiten und die in Sanskrit, Englisch
und in Hindi sehr erfahren sind. Sie unterhalten auf eigene Kosten eine freie
private Schule für arme Mädchen. Das ist wirklich eine edle Tat.Solche
Mädchen und Frauen sind wirklich ein Segen für Indien. Sie führen ein
Leben in Reinheit und Nächstenliebe. Sie genießen Glück, Wohlstand und
Ansehen und werden einst mit Seligkeit belohnt werden. Indien könnte
mehr Brahmacharinis dieser Art gebrauchen, die ihr Leben dem Dienst am
Nächsten, der Meditation und dem Gebet widmen.Es gab eine Maharani,
eine weibliche Maharaja (Fürstin), in den einstigen vereinigten Provinzen,
die einfache Kleidung trug, einfache Nahrung aß, Sadhus (Bettelmöche) und
arme Leute bediente und unter Sannyasins (Entsagenden) lebte. Sie hatte ein
großes Wissen der Heiligen Schriften und praktizierte regelmäßig
Meditation und Gebet. Sie beachtete monatelang das Schweigegelübde und
verbrachte einige Zeit in Abgeschiedenheit, um zu sich zu finden.Es gibt
eine gebildete Frau, die eine Mennonitin (reformierte christliche
Konfession) ist. Ihr Ehemann hat eine gutbezahlte Stellung. Sie behandelt
die Patienten kostenlos und leistet einen sehr guten Dienst an der
Gesellschaft. Sie ist frei von Besitzgier und leistet medizinische Hilfe, um
ihr Herz zu reinigen, um Gott zu danken. Sie kümmert sich um das Haus,
dient ihrem Ehemann, studiert religiöse Bücher, meditiert und betet. Sie ist
eine ideale Frau, die ein prachtvolles und frommes Leben führt.

11.2 Ein lockeres Leben ist kein Freiheit Inhaltsverzeichnis


Die Welt hat solche idealen Frauen dringend nötig. Ich wünsche mir, die
Welt hätte solche wunderbaren Frauen im Überfluss. Ich verurteile keine
Frauen. Ich bin nicht dagegen, ihnen Ausbildung und Freiheit zu geben. Ich
habe große Achtung vor Frauen. Ich verehre sie als Göttinnen. Aber ich
befürworte nicht die Freiheit für Frauen, die sie ruiniert. Ich bin mit der
Ausbildung und Kultur einverstanden, die sie prachtvoll und unsterblich

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macht, so wie die idealen Frauen Sulabha, Mira und Maitreyi, wie Savitri
und Damayanti. Das ist es, was ich möchte. Das ist es, was jeder sich
wünscht. Ein lockeres Leben bedeutet keine Freiheit. Einige Frauen aus
Indien haben sich selbst ruiniert, indem sie diese falsche Freiheit nutzten. Es
gibt keine Grenzen in der Freiheit, die die sogenannte gebildete Frau jetzt
genießt. Diese Freiheit hat viele Familien zerstört. Sie hat viele Störungen in
der Gesellschaft verursacht. Sie hat Schande über viele angesehene Familien
gebracht. Die heutigen jungen Frauen, mit ihren unersättliches Begierden
nach Freiheit, haben die Begrenzung überschritten und den unbezahlbaren
Besitz der Reinheit, den die Frauen der Vergangenheit sich erhalten haben,
verloren.
Indem sie von einem Mann zum nächsten wechselt, verliert die Frau ihre
Würde, ihre Bescheidenheit, ihre weibliche Anmut und die Heiligkeit ihrer
Person und ihres Charakters. Eine Frau, die häufig den Partner wechselt,
kann ihre Keuschheit nicht lange aufrecht erhalten. Es kann und es wird
Ausnahmen geben. Eine Frau, die frei mit Männern in der Öffentlichkeit
verkehrt und dennoch rein bleiben möchte, muss zweifellos übermenschlich
sein. Eine gewöhnliche Frau mit ihrer natürlichen Neigung wird schon bald
den Verlockungen erliegen.Was gibt es noch im Leben einer Frau, wenn
ihre Reinheit verloren ist? Sie ist nur ein lebender Leichnam, wenn es keine
Reinheit in ihrem Leben gibt, obgleich sie sich im Reichtum sonnen und
sich in hohen gesellschaftlichen Kreisen bewegen mag. Häufiger
Partnerwechsel führt zu verheerenden Resultaten. Sogar Weise und Yoginis,
die in Lumpen gekleidet und in Abgeschiedenheit leben, würden durch die
dunklen Kräfte der Natur herunter gezogen werden, wenn sie unvorsichtig
wären. Was soll man über Frauen sagen, die täglich Leckereien und Konfekt
essen, die in parfümiertem Samt und Seide mit Spitzerändern gekleidet sind,
die häufig ihre Partner wechseln, die keine Selbstkontrolle haben, keine
religiöse Orientierung und Disziplin, die keine Idee des Seelenlebens und
der Gleichberechtigung haben? O kluger Leser! Ich überlasse dir die
Beantwortung.
Frauen sollten nichts tun, das Schmach oder Schande auf sie und ihre
Familie bringt. Ohne Charakter ist ein Mann oder eine Frau so gut wie tot.
Frauen sollten in der Öffentlichkeit sehr achtsam und vorsichtig sein. Sie
sollten zu viel reden, zu viele männliche Kontakte, zu viel schallendes
Gelächter und Gekichere vermeiden. Sie sollten sich in einer würdevollen
Weise bewegen und nicht mit den Hüften schwingen. Sie sollten nie Männer
mit einer musternden Geste betrachten. Ihre Kleidung sollte nicht zu eng
ansitzen oder halboffen getragen werden. Verzichte auf Schminke.

11.3 Der Ruf zum spirituellen Leben Inhaltsverzeichnis


O Göttinen! Verschwendet euer Leben nicht mit Mode und Leidenschaften.
Öffnet eure Augen und geht einen rechten Weg. Bewahrt die eheliche Moral
und seht die Göttlichkeit in euren Ehemännern. Studiert die Bhagavadgita,
die Upanishaden, die Bhagavata und das Ramayana. Werdet gute Ehefrauen
und Gottessucher und bringt viel Glück und Liebe hervor. Das Schicksal der
Welt liegt in euren Händen. Mit eurer Liebe könnt ihr die ganze Welt
verändern. Die Tür des himmlischen Glücks steht euch offen. Holt das
Paradies in euer Haus. Führt eure Kinder auf den spirituellen Weg. Sät den
spirituellen Samen, wenn sie noch jung sind.O, ihr Göttinnen dieser Welt!
Solltet ihr euch nicht um ein höheres, um ein großartiges, erhabenes, um das
einzig wahre Seelenleben bemühen? Stellen dich allein die materiellen

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Dinge des Lebens wirklich zufrieden? Erinnerst du dich, was Maitreyi, die
Ehefrau des Weisen Yajnavalkya, zu ihm sagte? Sie sagte zu ihm: "Was soll
ich mit dem Reichtum dieser ganzen Welt? Werde ich dadurch glücklich?"
Wie viele Frauen dieser Welt sind klug genug, diese weise Aussage
einzusehen?
Das Geburtsrecht der Frauen besteht darin, sich von den Ketten des
Samsara, den Ketten der Reinkarnation, zu befreien. Das Anhaften an die
Familie, die Kinder und Verwandte sollte nicht das Ideal der mutigen und
intelligenten Frauen sein. Jede Mutter dieser Welt sollte es als ihre Pflicht
empfinden, sich selbst, ihre Kinder, ihre Familie und ihren Ehemann, zum
wahren Licht, zum Glanz des spirituellen Lebens zu führen. Was für eine
wunderbare Mutter war Königin Madalasa (aus den alten Geschichten der
hinduistischen Puranas). Sagte sie ihren Kindern, sie sollten sich nach
beendetem Studium eine Beschäftigung suchen? "Ihr seid rein, Bewusstsein,
unbefleckt, ihr seid leer von Maya (Täuschungen, Illusionen), von
Samsara". Das war die Belehrung, die Madalasa ihren Kindern erteilte, als
sie sie in der Wiege schaukelte.Wie viele Mütter der heutigen Zeit haben
das Vermögen, ihren Kindern solch ein tiefsinniges Wissens beizubringen?
Die heutigen Mütter würden vielmehr versuchen, die spirituellen Tendenzen
ihrer Kinder zu unterbinden, selbst wenn sie nur gering vorhanden wären!
Was für ein trauriger und bemitleidenswerter Zustand! Wacht auf, ihr
Mütter und Schwestern! Wacht auf, aus eurem Tiefschlaf. Erkennt eure
Verantwortlichkeit. Lebt spirituell. Führt eure Kinder, eure Ehemänner zur
Spiritualität, wenn ihr in einer Familie lebt! Erinnert euch daran, wie
Königin Chudala ihren Ehemann, König Shikidwaja, erleuchtete (aus der
Yoga Vashishtha). Mütter, ihr seid die Schöpfer der Nation, die Schöpfer
der Welt! Darum lebt ein Leben in Spiritualität. Entwickelt euch im Geiste
Sulabhas, Maitreyis und Gargis. Seid mutig. Trennt euch von euren
Illusionen und Eitelkeiten!
Werdet zu wahren Sannyasinis und bereichert die Welt mir eurer Glorie, mit
eurer wahren Größe. Dafür braucht ihr Mut, Intelligenz und Einsicht. Eine
Frau ist keine Frau, wenn in ihr nicht das spirituelle Feuer brennt, wenn ihre
Seele nicht nach dem höheren Leben strebt. Die Mutter sollte es nicht nur
als ihre Aufgabe ansehen, die Familie materiell zu versorgen, sondern
ebenso spirituell. Ihr Interesse sollte nicht den Kleidern, dem Schmuck, den
Jacken, den Pudern und den Düften gelten. Ihre Aufgabe sollte darin
bestehen, das Selbst, den Atman (Seele), den Brahman, zu finden. Solch
eine Frau ist ein reales Symbol Gottes. Sie sollte verehrt und angebetet
werden!

12. Brahmacharya und die pädagogische Arbeit Inhaltsverzeichnis


Wenn du das heutige Schulsystem mit dem traditionellen
Ausbildungskonzept im alten Indien vergleichst, bei dem der Schüler die
Lehrinhalte seines Lehrers/Meisters dadurch verinnerlichte, indem er
längere Zeit in seiner Nähe lebte, gibt es einen klaffenden Abgrund
zwischen diesen zwei Unterrichtsmethoden. Das heutige Schulsystem ist
sehr teuer und die moralische Seite der Erziehung, wird vollkommen
vernachlässigt. Jeder Schüler im alten indischen Bildungssystem war
dagegen rein und hatte eine vollkommene moralische Schulung. Dieses war
eine vorherrschende Eigenschaft der alten Kultur. Jeder Schüler hatte ein
Wissen über Pranayama (Atemübungen), Meditation, Yogaübungen,
Verhaltensregeln, über die Bhagavad Gita, das Ramayana, das Mahabharata

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und die Upanishaden. Jeder Schüler besaß Bescheidenheit,
Selbstbeherrschung, Gehorsam, Hingabe, Nächstenliebe, gutes Benehmen,
Höflichkeit, Freundlichkeit und nicht zuletzt den Wunsch, göttliches Wissen
zu erwerben.

12.1 Die Nachteile der heutigen Erziehung Inhaltsverzeichnis


Die Schüler von heute besitzen keine der oben genannten Tugenden.
Selbstbeherrschung ist ihnen unbekannt. Das luxuriöse Leben und die
Genusssucht beginnen schon in der frühen Kindheit. Arroganz,
Unverschämtheit und Missachtung werden tief in ihnen verwurzelt. Sie
werden im Geist des Atheismus und Materialismus erzogen. Viele sind
beschämt, zu sagen, dass sie an einen Gott glauben. Sie haben kein Wissen
über Brahmacharya und keine Selbstkontrolle. Modische Kleidung,
ungesunde Ernährung, schlechte Gesellschaft, häufige Theater- und Kino-
Besuche und die übernahme westlicher Lebensweisen, haben sie schwach
und leidenschaftlich gemacht. Das Wissen über Brahmann (Gott), über die
Glorie der Erleuchtung, über die Leidenschaftslosigkeit, über den Frieden
und das Glück in Atman sind ihnen ziemlich fremd.Mode, moderner
Lebensstil, Genusssucht, Schlemmerei und Luxus beschäftigen ihren
Verstand. Es ist sehr bemitleidenswert die Lebensgeschichte einiger dieser
Schüler zu hören. Die Schüler an den alten indischen Schulen waren gesund
und stark und sie lebten lange. Es ist in der Tat ermittelt worden, dass sich
die Gesundheit der Schüler in Indien verschlechtert hat. Bewegungsmangel,
übergewicht und schlechte Gewohnheiten ruinieren zunehmend die
Gesundheit der Schüler. Es gibt keine ethische Kultur mehr in den
modernen Schulen und an den Hochschulen. Im heutigen Bildungssystem
wird die moralische Seite der Erziehung streng vernachlässigt.
Die moderne Zivilisation hat unsere Jungen und Mädchen moralisch
geschwächt. Sie führen ein künstliches Leben. Kinder zeugen Kinder. Das
Kino bringt nicht nur Segen. Es erweckt Emotionen und Leidenschaften.
Heutzutage werden im Kino vulgäre Szenen, Gewalt und unmoralische
Spiele gezeigt, selbst wenn sie Geschichten aus der Mahabharata (indisches
Epos) und vom Ramayana (bezüglich Rama) zeigen. Ich möchte mit
Nachdruck darauf hinweisen, dass das gegenwärtige indische Schulsystem
sofort vollständig überholt werden sollte. Jedes Bildungssystem, das nicht
auf den Grundregeln von Brahmacharya basiert und keine Lehrinhalte
religiöser Literatur in seinem Lehrplan hat, wird nicht gut für die Menschen
sein. Es ist zum Scheitern verurteilt! Die, die für das Bildungssystem
verantwortlich sind, sind in diesem wichtigen Punkt unwissend. Daraus
resultieren zahlreiche unglückliche Experimente in der Erziehung.
Einige Professoren an den Hochschulen erwarten von den Studenten eine
moderne Bekleidung. Sie lehnen sogar Kursteilnehmer ab, die eine saubere
aber einfache Kleidung tragen. Das ist eine Schande! Sauberkeit ist eine
Sache und Mode eine andere. Die sogenannte "Mode" schlägt Wurzeln im
Materialismus und in der Sinnlichkeit. Sauberkeit, Reinheit, sind aber für
das körperliche und spirituelle Wachstum erforderlich. Jungen und Mädchen
leiden wegen dieser Unwissenheit seelisch und körperlich still vor sich hin.
Dieses führt zu einem definitiven Abfluss ihrer Vitalität und Lebensfreude.
Es verzögert das normale geistige und körperliche Wachstum. Wird der
Mensch seiner Gesundheit beraubt, so hat darunter auch das Nervensystem
zu leiden. Aus diesem Grund, entwickeln sich immer mehr
Lernbehinderungen. Die Zahl seelischer und körperlicher Erkrankungen

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unter den Schülern nimmt zu.Junge Studenten leiden unter Anämie (Mangel
an roten Blutkörperchen), schlechtem Gedächtnis und Erschöpfung. Sie
müssen ihre Studien einstellen. Die Erkrankungen nehmen zu. Tausende
von Spritzen sind in die Apotheken, in die Krankenhäuser und in die
Armenapotheken gekommen. Tausende von Ärzten haben Kliniken und
Praxen eröffnet. Jedoch erhöht sich das Elend Tag für Tag. Die Menschen
haben keinen Erfolg in ihren Unternehmen und Geschäften. Was ist der
Grund dafür? Nach dem Grund braucht man nicht lange suchen. Es ist die
Verschwendung der vitalen Kraft, des Samens, durch schlechte
Gewohnheiten und übertriebenen sexuellen Verkehr. Es entsteht durch einen
unreinen Körper und durch einen unreinen Geist.

12.2 Die Aufgabe der Lehrer und Eltern Inhaltsverzeichnis


Eine große und schwere Aufgabe der Lehrer besteht darin, den Schülern und
Studenten einen spirituellen Weg und richtiges Benehmen zu vermitteln,
sowie ihren Charakter richtig zu formen. Brahmacharya beinhaltet die
Charakterbildung. Man sagt, Wissen ist Macht. Aber ich behaupte mutig,
dass Charakter Macht ist, und dass der Charakter dem Wissen sogar weit
überlegen ist. Jeder sollte sich bemühen, seinen Charakter richtig zu formen.
Das ganze Leben und der Erfolg im Leben, hängen vollkommen von der
Entwicklung des Charakters ab. Alle Großen dieser Welt haben ihre Größe
durch ihren Charakter, allein durch ihren Charakter erzielt. Die leuchtenden
Gestirne dieser Welt haben die Lorbeeren ihres Ruhmes, ihr Ansehen und
ihre Anerkennung, durch ihren Charakter, allein durch ihren Charakter,
gewonnen.Die Lehrer selbst sollten absolut moralisch und rein sein. Sie
sollten mit ethischer Vollkommenheit ausgestattet sein. Andernfalls wird es
so sein, als ob der Blinde die Blinden führt. Bevor man den Beruf eines
Lehrers ausübt, sollte sich jeder Lehrer der hohen pädagogischen
Verantwortung seiner Position bewusst sein. Bloßer intellektueller Erfolg
und der Besuch von Vorlesungen sind nicht ausreichend. Dies allein
überzeugt keinen Professor.
Wenn Schüler die Geschlechtsreife erreichen, finden verschiedene
Wachstumsprozesse und Veränderungen im Körper statt. Die Stimme
verändert sich. Neue Gefühle und Interessen erwachen. Natürlich werden
die jungen Menschen neugierig. Sie fragen ihre Freunde um Rat. Aber in
der Regel werden sie schlecht beraten. Sie ruinieren ihre Gesundheit durch
schlechte Gewohnheiten. Das Richtige Wissen über die sexuelle
Gesundheit, über die Hygiene und über Brahmacharya sollte ihnen
vermittelt werden. Sie sollten lernen, wie man ein langes glückliches Leben
führt und die Leidenschaften kontrolliert. Eltern sollten ihre Kinder in den
verschiedenen Geschichten der Mahabharata und Ramayana unterrichten,
die sich auf Brahmacharya und eine rechte Lebensführung beziehen.Eltern
sollten ihre Kinder, immer und immer wieder, bezüglich Brahmacharya
beraten. Das ist ihre Pflicht. Offene Gespräche zu den Jungen und Mädchen
sind notwendig, wenn sie beginnen, die ersten Zeichen der Pubertät zu
zeigen. Es macht keinen Sinn, um der heißen Brei herum zu reden. Das
Wissen über die Sexualität, sollte nicht versteckt gehalten werden. Es ist
falsche Bescheidenheit, wenn Eltern nicht offen mit ihren Kindern über
dieses wichtige Thema sprechen. Schweigen regt nur die Neugier der
Jugendlichen an. Verstehen die Jugendlichen dagegen allmählich diese
Dinge, können sie nicht von falschen Beratern irregeführt werden und
entwickeln keine schlechte Gewohnheiten.

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Eltern und Lehrer sollten den Jungen und Mädchen korrekte Ratschläge
erteilen, wie sie ein reines Leben in Brahmacharya führen sollten. Sie
sollten sie über die richtigen Vorstellungen von Scham und Bescheidenheit
aufklären. Sie sind für das Wissen der Jungen und Mädchen
mitverantwortlich. Es wurde mehr Leid durch Unwissenheit beim Thema
Sexualität verursacht, als bei irgendeinem anderen Thema. Du zahlst den
Preis der Unwissenheit und der falschen Scham, für die Fragen der
Sexualität und der sexuellen Physiologie, die nicht besprochen wurden.
Eltern und Lehrer sollten das Verhalten der jungen Leute sorgfältig
beobachten, sie auf die große Bedeutung eines Lebens im Brahmacharya
und die Gefahren eines zügellosen Lebens hinweisen. Aufklärungsschriften
über Brahmacharya sollten frei verteilt werden.Magische Lichtspiele (mit
Hilfe einer Lichtquelle, zum Beispiel einer Kerze, werden transparente
Bilder auf eine Fläche projiziert) aus den Leben der Brahmacharins von
einst, aus den Geschichten des Mahabharata und des Ramayana, sollten an
den Schulen und Hochschulen regelmäßig geleitet werden. Dieses wird den
Teilnehmern eine große Hilfe beim Ansporn zu einem hohen moralischen
Standard sein.
Ihr Lehrer und Professoren! Wacht auf! Leitet die Schüler und Studenten
auf dem Weg des Brahmacharya, der Rechtschaffenheit und Moral. Erzieht
sie zu wahren Brahmacharins. Vernachlässigt diese göttliche Arbeit nicht.
Ihr seid für diese schwere Aufgabe moralisch verantwortlich. Dies ist euer
Yoga. Ihr könnt Selbstverwirklichung erlangen, wenn ihr diese Arbeit mit
der rechten Aufrichtigkeit auf euch nehmt. Seid aufrichtig und
zuversichtlich. Erläutert den Jungen und Mädchen den Wert von
Brahmacharya und unterrichtet sie in den verschiedenen Methoden, wie sie
ihren Samen erhalten können.Lehrer, die selber Brahmacharya verwirklicht
haben, sollten private Gespräche mit Studenten führen und ihnen
regelmäßige praktische Lektionen über Brahmacharya geben. Der Geistliche
Packenham Walsh, der vor einigen Jahrzehnten Rektor an der SRG
Hochschule in Tiruchirapalli, der viertgrößten Stadt des indischen
Bundesstaats Tamil Nadue, war, und später dort Bischof wurde, hielt
regelmäßig mit seinen Studenten Gespräche über Brahmacharya und
Selbstkontrolle.Das zukünftige Schicksal der Welt untersteht vollkommen
den Lehrern und Studenten. Führen die Lehrer die Studenten auf den
rechten Weg, dann wird die Welt voller zuversichtlicher Bürger, Yogis und
Weiser sein, die Licht, Frieden, Glück und Freude ausstrahlen. Gesegnet sei
der Lehrer, der sich aufrichtig bemüht, seinen Schülern und Studenten
aufrichtiges Brahmacharya zu vermitteln. Zweimal gesegnet sei der, der
versucht, ein aufrichtiger Brahmachari zu werden. Möge der Segen Lord
Krishnas bei ihm sein. Glorie den Professoren, Lehrern, Studenten und
Schülern..

13. Einige ideale Brahmachrins Inhaltsverzeichnis


13.1 Hanuman, der Affengott Inhaltsverzeichnis
Hanuman ist eine Verkörperung Shivas. Er ist eine lebendige Verkörperung
der Verehrung des Namens Ramas, ein selbstloser Diener, ein wahrer
Karma-Yogi, der ohne Erwartungen dynamisch und kraftvoll handelte. Er
ist das Ideal eines großen Gottesverehrers und ein vorbildlicher
Brahmachari. Er diente Rama mit reiner Liebe und Hingabe, ohne
irgendeine Belohnung dafür zu erwarten. Er lebte, um Rama zu dienen. Er
war bescheiden, tapfer und weise und besaß alle göttlichen Eigenschaften.

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Er besaß Hingabe, Stärke, Wissen, den Geist des selbstlosen Dienens, die
Kraft der Enthaltsamkeit und der Wunschlosigkeit. Niemals prahlte er mit
seinem Mut und seiner Intelligenz.

Hanuman wurde als Sohn des Windgottes Pavana (Vayu) und seiner Mutter
Anjana Devi geboren. Andere Namen für Hanuman sind Pavanasuta (Sohn
des Windgottes), Marutsuta (Sohn des Windes), Pavankumar (Sohn des
Windgottes), Bajrangabali (Großer Held) und Mahavira (Großer Krieger).
Er wurde nach der Stadt Hanuman benannt, in der sein Onkel Parti Surya
herrschte. Hanumans Körper war so hart wie Stein. Darum nannte seine
Mutter Anjana ihn Vajranga (steinharte Glieder). Die Welt hat bisher keinen
größeren Helden als Sri Hanuman gesehen und wird dies auch zukünftig
nicht. Während seines Lebens bewirkte er Wunder und zeigte
übermenschliche Kräfte und Tapferkeit. Er hat in der Welt einen Eindruck
hinterlassen, der auch heute noch einen großen Einfluss auf Millionen
Menschen ausübt.
Hanuman ist einer der sieben Chiranjivis (ewig Lebenden) unter den Yogis.
Er ist der einzige Gelehrte, der die neun Vyakaranas (Grammatik der
Veden) kennt. Er lernte die Sastras (heiligen Schriften) vom Sonnegott. Er
ist die Personifizierung von Brahmacharya. Er ist der Weiseste der Weisen,
der Stärkste der Starken und der Tapferste der Tapferen. Er ist die Shakti,
die Energie von Rudra (ein vedischer Gott und wahrscheinlich der
Vorgänger von Shiva, außerdem Gott der Stürme). Wer auf Hanuman
meditiert und seinen Namen wiederholt erlangt Energie, Stärke, Ruhm,
Wohlstand und Erfolg im Leben. Hanuman wird in allen Teilen Indiens
angebetet, besonders im Maharashtra (Westindien).Hanuman, der weiße
Affengeneral von Affenkönig Sugrivas, der wie ein Vogel durch die Luft
fliegen kann, hatte die Kraft, alle Formen anzunehmen, die er wollte, seinen
Körper enormen anschwellen zu lassen oder ihn auf die Größe eines
Daumennagels zu verkleinern. Er besaß übernatürliche Kräfte. Er war der
Schrecken der Dämonen. Er war mit den vier Veden und anderen Heiligen
Schriften sehr vertraut. Sein Mut, seine Klugheit, sein Wissen über die
Heiligen Schriften und seine übermenschlichen Kräfte zogen jeden an, der
sich ihm näherte. Er hatte außerordentliche Fähigkeiten in der
Kriegsführung.
Hanuman war der auserkorene Kurier, Krieger und Diener von Sri Rama
(hinduistischen Gott). Er war ein Verehrer und eifriger Anhänger Ramas.
Rama war das Ziel seiner Verehrung. Er lebte in Rama, er lebte für Rama.
Er lebte, um Rama zu dienen. Er war ein Minister und ein vertrauter Freund
Sugrivas (Affenkönig). Hanuman wurde am Morgen des 8. Tages des
Mondmonats, an einem Dienstag geboren. Seit seiner Geburt besaß
Hanuman außerordentliche körperliche Stärke und bewirkte viele Wunder.
Als er ein Kind war, sprang er auf zur Sonne und hielt sie für etwas
Essbares. Alle Götter wurden sehr besorgt. Sie kamen mit gefalteten
Händen zum Kind und baten bescheiden, die Sonne wieder freizugeben.
Nach dieser Bitte, gab Hanuman die Sonne wieder frei.Darauf sprach ein
Weiser einen Fluch gegen Hanuman aus. Für sein falsches Handeln verlor
Hanuman seine große Kraft und seinen Mut solange, bis er Sri Rama traf
und ihm mit Hingabe diente. Hanuman traf Rama zum ersten Mal in
Kishkinda (Südindien). Sri Rama und sein treuer Bruder und Freund
Lakshmana kamen im Verlauf ihrer Suche nach Prinzessin Sita, der Frau
Ramas, die der Dämonenkönig Ravana entführt hatte, nach Kishkinda.
Sobald Hanuman Sri Rama erblickte, erlangte er wieder seine alten Kräfte
und seine Energie zurück.

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Hanuman brannte die Hauptstadt von Lanka (Ceylon) nieder und brachte
Rama Neuigkeiten von seiner entführten Frau Prinzessin Sita. Im großen
Krieg zwischen Rama und dem Dämonenkönig Ravana tötete Hanuman
viele Helden der Rakshasa Armee (böse Geister). Er vollbrachte viele
übermenschliche Taten. Das Forttragen eines großen Berges und andere
große Taten waren nichts für Hanuman. Alles dies war auf Brahmacharya
zurückzuführen. Als der große Krieg vorüber war, wurde Vibhishana
(Bruder des Dämonenkönigs Ravana; stand im Krieg auf Ramas Seite) auf
den Thron von Sri Lanka gesetzt. Die Zeit der Verbannung war vorrüber
(Rama hatte zusammen mit seiner Frau Prinzessin Sita und seinem Bruder
Lakshmana 14 Jahre lang in einer Waldeinsiedelei gelebt.). Sri Rama,
Lakshmana, Sita und Hanuman flogen mit einem Pushpaka Vimana
(Luftfahrzeug) und erreichten rechtzeitig Ayodhya, der Ort in dem Rama
wohnte, er zählt zu den sieben heiligen Orten des Hinduismus. Die
Krönungzeremonie von Lord Rama wurde mit großem Jubel und Pomp
gefeiert. Prinzessin Sita schenkte Hanuman eine Halskette aus wertvollen
Perlen. Aber Hanuman warf sie fort.Glorie für Hanuman, dem gesegneten
Anhänger Lord Ramas. Glorie, Glorie für Sri Anjaneya (Name für
Hanuman), dem mächtigen Helden, unerschrockenen Krieger und gelehrten
Brahmachari, einem Yogi, wie ihn die Welt noch nie gesehen hat und
niemals wieder sehen wird. Mögen wir Inspirationen aus Hanumans idealem
Leben für unser Brahmacharya beziehen!

13.2 Sri Lakshmana Inhaltsverzeichnis


König Dasaratha hatte drei Ehefrauen, Kausalya, Kaikeyi und Sumithra. Die
drei Ehefrauen des Königs Dasaratha bekamen vier Söhne. Kausalya gebar
Rama, Kaikeyi gebar Bharata und Sumitra schenkte dem König die
Zwillingsbrüder Lakshmana und Shathrughna. Lakshmana war der Avatar
(Inkarnation) von Adisesha (Adisesha ist die Schlange auf der Lord Vishnu
schlief).Lakshmana war der konstante Begleiter seines älteren Bruders
Rama in Freud und Leid. Rama und Lakshmana lebten, speisten, spielten
und studierten zusammen. Einer konnte die Trennung vom anderen nicht
ertragen. Lakshmana war ein liebevoller Diener Sri Ramas. Er führte die
Anweisungen Sri Ramas genau aus. Er lebte im vollkommener Ergebenheit
zu Sri Rama. Lakshmana empfand eine reine und makellose brüderliche
Liebe zu Rama. Der Sinn seines Lebens war der Dienst an seinem älteren
Bruder. Gehorsam zu den Befehlen seines Bruders war das Motto seines
Lebens. Er wollt nichts ohne Ramas Erlaubnis tun. Er betrachtete Sri Rama
als seinen Gott, seinen Guru, seinen Vater und seine Mutter. Er folgte Rama
wie ein Schatten.
Lakshmana war selbstlos im Herzen. Er verließ allen königlichen Komfort,
nur um in der Gesellschaft seines Bruders Rama zu sein. Er diente Rama auf
vielfältige Weise. Er machte Ramas Sache zu seiner eigenen. Er opferte
seine persönlichen Ansichten auf dem Altar brüderlicher Liebe. Sri Rama
war sein Ein und Alles. Lakshmana würde sogar sein Leben für Rama
opfern, wenn Rama dies wünschte. Lakshmana verließ von einem Moment
auf den anderen seine Mutter, seine Frau und seinen königlichen Besitz, nur
um Sri Rama und Ramas Frau Sita ins Exil zu folgen. Was für eine
großartige Seele! Was für ein großer Tyagi (Entsagter) er war! Hier ist ein
einmaliges Beispiel einer selbstlosen, edlen und ergebenen Seele aus der
Vergangenheit, die nur lebte, um seinem Bruder zu dienen. Das ist der
Grund, warum die Leser des Ramayana (indisches Epos), Lakshmana für

75
seine reine und einzigartige Liebe zu seinem Bruder preisen. Einige preisen
Bharata (Ramas Bruder), während andere in hohem Grade von Hanuman
sprechen, aber Lakshmana war keineswegs geringer als Bharata oder
Hanuman. Lakshmana folgte Sri Rama über eine lange Periode von vierzehn
Jahren, obwohl er sich der Gefahren des Waldes bewusst war. Er begleitete
Rama mit Pfeil und Bogen, obwohl seine Hilfe nicht von dem Weisen
Visvamitra angefordert wurde, der Rama in die Waldeinsiedeleien geführt
hatte. Es lag an seiner Hingabe und Liebe zu seinem Bruder Sri Rama. Sri
Rama liebte Lakshmana ebenso stark. Als Lakshmana bewusstlos durch den
tödlichen Pfeil von Meghanada hinfiel, war Ramas Herz gebrochen. Er
weinte bitterlich. Als er seinen geliebten Bruder verlor, fasste er den
Entschluss, Ayodhya nicht noch einmal zu besuchen. Er sagte, "eine Frau
wie Sita kann ersetzt werden, aber ein ergebener Bruder wie Lakshmana
kann nicht ersetzt werden. Die Welt bedeutet mir nichts, ohne meinen
Bruder."
Lakshmana war rein in Gedanken, im Wort und in der Tat. Er führte,
während der vierzehn Jahre des Exils, das Leben eines idealen Brahmachari.
Er betrachtete nie das Gesicht oder den Körper von Ramas Frau Sita. Seine
Augen waren immer auf ihre Lotosfüße gerichtet. Als der Affenkönig
Sugriva Sitas Umhang und Juwelen holte, und sie versehentlich auf die Erde
fallen ließ, sahen die Affen verschämt auf dem Berg. Rama zeigte sie
Lakshmana und fragte, ob er sie erkannte. Lakshmana sagte: „Ich kenne die
Armreifen und Ohrringe nicht; ich kenne nur die Fußketten, denn ich betete
allein ihre Füße an." Sieh, wie Lakshmana Sita als Mutter und Göttin
verehrte.Meghanada, der Sohn von Ravana, hatte sogar Indra, den König
der Götter besiegt. Wegen dieses Sieges, wurde Meghanada auch als Indrajit
bekannt. Er hatte über vierzehn Jahre die Gabe, für alle unbesiegbar zu sein,
bis auf die, die sich aller sinnlichen Genüsse enthielten. Er war
unbezwingbar. Aber Lakshmana besiegte ihn durch die Energie seiner
Reinheit, durch die Energie Brahmacharyas.O Lakshmana! Wir singen zu
deinem Ruhm und wiederholen "Ram Lakshman Janaki, Jai Bolo Hanuman
Ki!" Führe uns zu unserem geliebten Lord Rama, deinem lieben Bruder und
Meister. O Lakshmana, hilf uns, in Einklang mit Lord Rama zu kommen.
Sei mit jenen barmherzig, die noch in der Dunkelheit der Unwissenheit
herumtasten! Lehre uns das Geheimnis des Erfolges, und hilf uns, bis ans
Ende unserer Leben standhafte Brahmacharins zu werden. Noch einmal
Grüße an dich, O Lakshmana, der Liebling von Sumitra (Lakshmanas
Mutter) und der Augapfel Sri Ramas!

13.3 Bhishma Inhaltsverzeichnis


Bhishmas Vater König Santanu, war der Herrscher von Hastinapura (heute
Delhi). Seine Mutter war Ganga Devi (Ganges). Der frühere Name
Bhishmas war Devavrata. Er war eine Inkarnation von Vasu Devata. Eines
Tages ging König Santanu zum Jagen in die Wälder, nah bei den
Sandbänken des heiligen Stromes Yamuna (heute Yumna), der dem
Himalaya entspringt. Dort traf er zufällig eine hübsche Jungfrau. Er sagte zu
ihr: "Wer bist du? Was machst du hier?" Sie geantwortet, „Ich bin die
Tochter von Dasaraja, dem Oberfischer. Ich heiße Satyavati. Ich bin bei ihm
angestellt, um die Menschen mit dem Boot über den Fluss zu rudern." Sie
gefiel König Santanu so sehr, dass er sie heiraten wollte. Er ging zu ihrem
Vater Dasaraja und bat um seine Zustimmung. Der Fischer antwortete: "Ich
bin bereit, dir meine Tochter zur Heirat zu geben. Aber zuerst musst du mir

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ein Versprechen geben“. Der König antwortete: "O Dasaraja, was für ein
Versprechen? Ich tue alles, was in meiner Macht liegt." Der Fischer sagte:
"Der Sohn meiner Tochter soll dich beerben.“
König Santanu wollte dem Fischer dieses Versprechen aber nicht geben,
weil dann sein tapferer und intelligenter Sohn Devavrata, den er sehr liebte,
auf den Thron verzichten müsste. Er würde dann nicht mehr sein Erbe sein.
Aber das Feuer der Liebe zu der Jungfrau brannte in ihm. Er war in einem
großen Dilemma. Er wurde blass und vergaß alle Staatsangelegenheiten. Er
öffnete sein Herz seinem obersten Minister, dem er vertraute. Der aber sah
sich nicht in der Lage, ihn in dieser Angelegenheit zu beraten. König
Santanu versuchte, seine Liebe für die Jungfrau, vor seinem Sohn
Devavrata, dem späteren Bhishma, zu verbergen. Devavrata war klug und
sehr stark. Er ahnte etwas und vermutete, dass sein Vater unglücklich sei. Er
sagte zu seinem Vater: "O geliebter Vater! Du bist wohlhabend. Du hast
alles. Es sollte keinen Grund für deine Sorgen geben. Warum bist du so
betrübt? Du verlierst deine Vitalität und Stärke. Was ist der Grund für dein
Leid? Ich bin bereit, alles zu tun, um es zu beseitigen.“
Der König antwortete: "O geliebter Devavrata! Du bist mein einziger Sohn.
Wenn irgendein Unheil auf dich fällt, bin ich ohne Sohn. Dann werde ich
meines Himmels beraubt. Du bist hundert Söhnen gleich. Folglich möchte
ich nicht wieder heiraten. Aber ein Sohn ist kein Sohn, sagen die Weisen.
Diese Gedanken bereiten mir Sorgen." Darauf ging Devavrata, vom
Minister und einigen angesehenen Kshatriyas (Krieger und Adel) begleitet,
zum Fischer Dasaraja und plädierte im Namen seines Vaters. Er bat ihn,
dass Dasarajas Tochter seinen Vater heiraten möge. Der Fischer antwortete:
"O freundlicher Prinz! Ich habe bereits deinem Vater erklärt, unter welchen
Bedingungen meine Tochter deinen Vater heiraten kann.“ Devavrata
antwortete: "O Fischer! Ich gebe die feierliche Erklärung ab, dass der Sohn
deiner Tochter, meinem Vater auf dem Thron folgen soll. Ich werde alles
tun, was du wünscht." Darauf sagte der Fischer: "Ich schätze deinen edlen
Charakter und deine hohen Ideale. Aber deine Söhne könnten den Sohn
meiner Tochter jederzeit wieder vertreiben. Ich hege Zweifel an eurer
Aufrichtigkeit“.
Devavrata betete: "O Wahrheit! Verweile in mir für immer. Komm und
erfülle mein ganzes Sein! Gib mir innere Stärke um das Gelübde des
vollkommenen Brahmacharyas einzuhalten, das ich jetzt in Anwesenheit
dieser Leute ablegen möchte!“ Dann sagte er entschlossen zum Fischer: "O
Dasaraja! Höre, was ich zu sagen habe. Von heute an, bis zum Ende meines
Lebens, werde ich ein strenges Brahmacharya führen. Alle Frauen dieser
Welt sind von nun an meine Mütter. Ich bin der ergebenste und treueste
Untertan des Königs von Hastinapura. Sterbe ich ohne Sohn, dann werde ich
den Wohnsitz des ewigen Glücks und der Unsterblichkeit erreichen." Vom
Himmel ließen die himmlischen Jungfrauen, die Götter und die
Versammlung der Heiligen Blumen auf ihn nieder regnen und sagten:
"Dieses ist der wahrhaftige Bhishma, der Schreckliche!"
Der Fischer sagte: "O Prinz! Jetzt bin ich bereit, der Heirat meiner Tochter
mit deinem Vater zuzustimmen." Darauf begleiteten der Fischer und seine
Tochter Devavrata zum Palast von König Santanu. Der Minister informierte
den König über alles, was geschehen war. Die Monarchen, die in der Halle
versammelt waren, würdigten den außerordentlichen Geist der
Selbstaufopferung und Entsagung von Devavrata und sagten: "Devavrata ist
wirklich Bhishma, der Schreckliche." Seitdem trägt Devavrata den Namen
Bhishma. König Santanu war unermesslich erfreut über das großmütige

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Verhalten seines Sohns und verlieh ihm die Gabe, den Zeitpunkt seines
Todes nach seinem eigenen Willen zu bestimmen. Er sagte: "Mögen die
Götter dich beschützen! Der Tod soll nie zu dir kommen, solange du leben
möchtest." Was für eine erhabene Seele! Dieses prächtige Beispiel ist
einmalig in der Geschichte. Niemand hat in so jungen Jahren aus
Pflichtgefühl solch ein großes Opfer gebracht, wie Bhishma. Bhishmas
Kindespflicht und Frömmigkeit könnten mit der von Lord Rama verglichen
werden.
Bhishma war seinen Prinzipien treu. Er war absolut frei von Egoismus. Er
war eine Verkörperung von Selbstverleugnung und Selbstaufopferung.
Seine Kraft und Ausdauer und seine Geduld in schwierigen Lebenslagen
waren beispiellos. Er war unvergleichlich in seiner Tapferkeit und in seinem
Mut. Alle Männer verehrten ihn. Alle Kshatriya, die Krieger und der Adel,
erwiesen ihm ihre Ehrerbietung. Er war ein mächtiger Yogi und Weiser. Er
lebte über dem Körperbewusstsein und ruhte in seiner Glückseligkeit. Der
ist der Grund, warum er friedlich und gelassen war, obwohl er am ganzen
Körper von scharfen Pfeilen durchbohrt war. Liegend auf einem Bett aus
scharfen Pfeilen, das sich so weich wie ein Bett aus Blumen für ihn
anfühlte, gab er König Yudhishthira wundervolle Darlegungen über
politische, philosophische, religiöse, soziale und moralische Themen.
Hast du jemals von jemanden, außer von Bhishma, gehört, der in der Lage
war, vornehme und erhabene Reden auf seinem Sterbebett zu halten?
Bhishma lebte sein Leben für andere. Er lebte, um zu dienen und andere auf
ihrem spirituellen Weg zu unterstützen. Das edle Leben, welches Bhishma
durch seine starke Willenskraft führte, sollte alle die anspornen, die seine
Darlegungen in der Santi Parva (Mahabharata, indisches Epos) studieren.
Bhishma starb bereits vor langer, langer Zeit. Aber seine Stimme in der
Santi Parva und sein ideales und erhabenes Leben, ermuntern heute noch
schlummernde Gemüter zur Askese und Meditation. Ruhm für Bhishma,
dessen vorbildliches Leben im Brahmacharya, unsere Herzen und unseren
Verstand sogar heute noch zu den Höhen der göttlichen Glorie führen.

Abschnitt III: Die Technik der sexuellen Sublimation Inhaltsverzeichnis


14 Unterdrückung und Sublimation Inhaltsverzeichnis
In der Praxis von Brahmacharya ist es erwünscht, die sexuelle Lust zu
beseitigen, ohne sie zu unterdrücken. Das Unterdrücken führt nicht zur
Entwurzelung der sexuellen Begierde. Du wirst niemals frei sein, wenn du
diese Begierde unterdrückst. Der unterdrückte sexuelle Wunsch wird dich
immer wieder heraufordern, er wird dir feuchte Träume (Pollutionen,
nächtliche Orgasmen), Nervosität und Unruhe bescheren. Die Verdrängung
oder Unterdrückung des sexuellen Wunsches wird dir nicht helfen. Wird die
Sinneslust unterdrückt oder wird der Wille schwach, nimmt die
Leidenschaftslosigkeit ab oder lässt die Meditation bzw. die spirituelle
Praxis infolge einer Erkrankung nach, dann kehrt die Leidenschaft, sobald
sich dazu die Gelegenheit bietet, mit doppelter Kraft zurück.
Versuche nicht, vor den Frauen davon zu laufen. Dann wird Maya, die
Illusion dich verfolgen. Versuche, das Selbst (Gott) in allen Formen zu
sehen und wiederhole häufig das Mantra "Om Ek Sat-Chit-Ananda Atma".
Erinnere dich, dass der Atman, die Seele, geschlechtslos ist. Geistige
Wiederholung dieses Mantras gibt dir Stärke. Unwissende Leute wenden
unkluge Methoden an, um die sinnlichen Wünsche zu beseitigen. Sie

78
verfehlen oft das Ziel. Einige Unwissende amputieren sogar ihr
Geschlechtsorgan. Sie denken, dass die Sinneslust durch solch ein
Verfahren beseitigt werden kann. Was für eine unsinnige Tat! Die Lust sitzt
im Verstand. Wenn der Verstand besiegt ist, was können die
Geschlechtsorgane dann noch für einen Schaden anrichten? Einige
schlucken Tonnen von Nux Vomica (Brechnuss, giftige Pflanze), um ihre
sexuelle Begierde zu bekämpfen. Sie verfehlen das Bestreben, im
Brahmacharya zentriert zu sein. Der Zustand ihres Verstandes bleibt
derselbe, obwohl sie durch die Einnahme von Nux Vomica impotent
werden.
Was gewünscht wird, ist eine vernünftige Kontrolle der Sinne. Den
Wünschen sollte nicht erlaubt werden, sich in den sinnlichen Spurrillen
auszutoben. Es sollte ihnen nicht erlaubt werden, uns rücksichtslos in die
Tümpel der Weltlichkeit hinabzustoßen, wie ein stürmisches Pferd, das den
Reiter davonträgt, wohin es mag. Brahmacharya bedeutet Kontrolle, aber
nicht Unterdrückung der sexuellen Wünsche. Der Verstand sollte durch
Meditation, Japa (Mantrameditation), Kirtan (Mantrasingen) und Gebet
gereinigt werden. Wenn der Geist mit erhabenen göttlichen Gedanken,
durch Meditation, Japa, Gebet und dem Studium der heiligen Schriften,
erfüllt ist, dann werden die sexuellen Wünsche allmählich entkräftet und
abklingen. Der Verstand wird ausgedünnt.

14.1 Von sexueller Energie zu spiritueller Energie Inhaltsverzeichnis


Die sexuelle Energie muss durch die Praxis von Japa (Mantrameditation),
Gebet, Yogaübungen, Pranayama (Yogaatmung), Meditation und durch das
Studium heiliger Schriften, in spirituelle Energie (Ojas Shakti) umgewandelt
werden. Du musst Hingabe entwickeln und einen brennenden Wunsch nach
Befreiung in dir verspüren. Du musst ständig auf den reinen, unsterblichen,
geschlechtslosen, körperlosen und wunschlosen Atman (Seele) meditieren.
Nur dann wird der sexuelle Wunsch vernichtet. Der Vorgang der
Umwandlung sexueller Energie in spirituelle Energie wird in der westlichen
Psychologie als Sublimation bezeichnet. Sublimation ist keine Verdrängung
oder Unterdrückung, sondern ein positiver, dynamischer
Umwandlungsprozess. Es ist ein Prozess der Kontrolle und Konservierung
der sexuellen Energie, um sie in höhere Kanäle zu leiten und um sie
schließlich in spirituelle Energie umzuwandeln. Die materielle Energie wird
in spirituelle Energie umgewandelt, gerade so wie Hitze in Licht und in
Elektrizität umgewandelt wird. Genau so wie eine chemische Substanz
durch Verdampfen und anschließendes Kondensieren gereinigt wird, so
wird auch die sexuelle Energie durch die spirituelle Praxis gereinigt und in
göttliche Energie umgewandelt.
Ojas ist spirituelle Energie, die im Gehirn gespeichert wird. Durch erhabene
Gedanken über das Selbst und den Atman, durch Meditation, Japa, Beten
und Pranayama kann die sexuelle Energie in Ojas Shakti verwandelt und im
Gehirn gespeichert werden. Diese aufgespeicherte Energie kann für
göttliche Betrachtungen und spirituelle Fortschritte verwendet werden. Zorn
und Muskelenergie können ebenso in Ojas umgewandelt werden. Ein Mann,
der einen großen Betrag von Ojas in seinem Gehirn gespeichert hat, kann
immense Geistesarbeit leisten. Er ist sehr intelligent, hat glänzende Augen
und eine magnetische Aura in seinem Gesicht. Er kann Leute beeinflussen,
indem er nur einige Wörter spricht. Eine kurze Rede von ihm, kann einen
enormen Eindruck bei den Zuhörern hinterlassen. Seine Rede ist ergreifend.

79
Er hat eine mitreißende und beeindruckende Persönlichkeit. Sri Sankara
(indischer Advaita-Philosoph), ein Akhanda Brahmachari (ein Brahmachari,
der 12 Jahre keinen Tropfen Samen abgegeben hat), bewirkte Wunder durch
seine Energie von Ojas. Er eroberte die Welt und hielt dank seiner Ojas-
Energie in unterschiedlichen Teilen Indiens kontroverse und erhitzte
Debatten mit Gelehrten. Ein Yogi richtet seine Aufmerksamkeit immer auf
die Ansammlung dieser göttlichen Energie durch unversehrte Keuschheit.
Im Yoga werden diese Menschen Oordhvaretas genannt. Ein Oordhvareta
Yogi ist jemand, der seine Samenenergie als Ojas Shakti im Gehirn
gespeichert hat. Jetzt hat der Samen keine Möglichkeit mehr, durch sexuelle
Erregung abwärts zu fließen. (Anmerkung des Übersetzers: An dieser
Aussage habe ich so meine Zweifel, wenn ich bedenke, dass selbst einige
hochentwickelte Yogis, die bestimmt schon eine Menge Ojas in ihrem
Gehirn gespeichert hatten, wieder abgestürzt sind. Ende Anmerkung.)

14.2 Das Geheimnis der sexuellen Sublimation Inhaltsverzeichnis


Entsprechend der Yoga-Wissenschaft existiert der Same in einer subtilen
Form überall im ganzen Körper. Es ist in einem subtilen Zustand in allen
Zellen des Körpers zu finden. Es wird unter dem Einfluss der sexuellen
Begierde bzw. der sexuellen Betätigung dem Körper entzogen und den
Geschlechtsorganen in Form von Samen zur Verfügung gestellt. Ein
Oordhvareta Yogi, ein Yogi, der seine Samenenergie als Ojas Shakti
(spirituelle Energie) im Gehirn gespeichert hat, wandelt seinen Samen durch
seine yogische Kraft, durch die Reinheit seiner Gedanken, seiner Worte und
Taten, nur in Ojas um und hat damit die Kontrolle über die Samenerzeugung
der Hoden. Dies ist ein großes Geheimnis. Allopathen (Schulmediziner)
glauben, dass bei einem Oordhvareta Yogi, die Bildung des Samens
immerzu weiter geht und die Samenflüssigkeit vom Blut aufgenommen
wird. Aber dieses ist ein Irrtum. Sie verstehen die inneren yogischen
Geheimnisse nicht. Sie tappen im Dunkeln. Ihre Sichtweise wird durch ihre
grobe (materielle) Sicht getrübt. Der Yogi aber dringt durch das yogische
Auge der Weisheit in die subtile Natur der Dinge ein. Der Yogi erhält die
Kontrolle über der Astralnatur des Samens und verhindert dadurch die
Erzeugung des Samens selbst. Der Körper eines Mannes, der ein wirklicher
Oordhvaretas ist, hat den Geruch eines Lotos.
Anmerkung des Übersetzers:
Bevor ich mit dem Text weiter mache, möchte ich ein paar Worte über den
indischen Yogi und Heiligen Zipruanna aus Swami Muktanandas Buch
"Spiel des Bewusstseins" einfließen lassen. Muktananda schreibt über
Zipruanna: "Ich besuchte einen anderen großen Heiligen, den ich kannte. Er
hieß Zipruanna und war ein großer Siddha (Weiser). Er hatte die
Angewohnheit, unbekleidet herumzugehen, und er verbrachte seine Zeit
damit, ziellos durch die Gassen des Dorfes Nasirabad zu streifen. Er wurde
von allen als Heiliger verehrt und von jung und alt mit "Anna" angeredet. Er
wohnte normalerweise dort, wo keine Menschen waren, in verfallenen
Häusern und Hütten fern der Dorfbewohner. Er hatte einen sehr hohen
Zustand im Yoga erreicht. Er war hellsichtig und wusste um vergangene
und zukünftige Ereignisse. Sein Körper war vom Feuer des Yoga so rein
gebrannt, dass ihn kein Schmutz mehr berührte. Er hatte seinen Körper in
einen so hohen Zustand erhoben, dass ich ihn bewunderte. Das innere Selbst
der Yogis ist frei von jedem Makel, und selbst der Körper Zipruannas hatte
diese makellose Reinheit. Als ich ihn zum erstenmal besuchte, entleerte er

80
gerade seinen Darm in einer Ecke, und als ich mich näherte, rieb er seinen
ganzen Körper mit dem Kot ein. Ich setzte mich ziemlich nahe zu ihm und
stellte fest, dass von ihm ein süßer Duft ausging - er roch überhaupt nicht
schlecht. Als ich ihn das nächste Mal besuchte, saß er auf einem
Abfallhaufen. Selbst dann berührte ihn der Schmutz nicht. Ich hatte nicht
den Mut, nahe hinzugehen, also blieb ich in einiger Entfernung stehen. Nach
kurzer Zeit kam er von dem Abfallhaufen herunter. Ich wusch seine Füße.
Ein Duft wie Ashtagandha (Granatapfel) strömte von seinem Körper aus."

Ende Anmerkung Übersetzer.

Ein Mann, der kein Brahmachari ist, in dem grober Samen gebildet wird,
riecht dagegen mitunter wie ein Ziegenbock. Der Samen verdorrt bei denen,
die ernsthaft Pranayama (Atemübungen) praktizieren und die Samenenergie
steigt zum Gehirn hinauf. Es wird als Ojas Shakti oder geistige Energie
gespeichert und kommt als Nektar (Amrita) zurück. Der Prozess der
sexuellen Sublimation ist sehr kompliziert. Er erfordert eine konstante und
langwierige spirituelle Praxis und vollkommene Disziplin. Der Yogi, der
vollkommene Sublimation erzielt hat, hat vollkommene Kontrolle über
seine Sinneslust. Die komplette Sublimation wird durch konstante
Meditation auf Atman und durch Selbstverwirklichung erzielt. Der Yogi,
der das höchste Samadhi (Nirvikalpa) erreicht hat, in dem die unbewussten
Wünsche erloschen sind, kann als ein vollkommener Oordhvareta betrachtet
werden, der die komplette sexuelle Sublimation verwirklicht hat. Es ist nicht
zu befürchten, dass er einen Absturz erleiden könnte. Er befindet sich in
perfekter Sicherheit und ist vollkommen frei von Unreinheiten. Sein
Zustand ist ein sehr hoher Zustand. Nur eine mikroskopische Minderheit der
Menschheit hat diesen erhabenen Zustand jemals erreicht. Sankara,
Dattatreya, Jnana Deva von Alandi und andere erreichten dieses Stadium.
Es gibt eine Sekte, die sich "Dhiryaretas“ nennt. Das sind Yogis, die für
jeden lüsternen Gedanken ein Opfer darbringen und die sich sofort,
nachdem sie dies bemerkt haben, wieder dem Brahmacharya zuwenden.
Solch eine Person kann, wenn sie ein strenges Zölibat über zwölf Jahre
ausübt, übernatürliche Kräfte erwerben. Medha Nadi oder Buddhi Nadi wird
in ihm gebildet. (Der Medha Nadi ist ein Energiekanal, der laut Kirpal
Singh, nach sieben Jahren Enthaltsamkeit zu wachsen beginnt. Dadurch
gewinnt man die Kapazität in tiefere spirituelle Wahrheiten einzudringen
(infinityfoundation). Buddhi Nadi (Buddhi = Intelligenz) ist dann wohl die
intellektuelle Ausprägung davon.) Dies bedeutet, dass sein Gedächtnis, so
lange er lebt, über eine große Kapazität und Merkfähigkeit verfügt, die es
ihm ermöglicht, alles zu lernen. Durch Befolgung von Brahmacharya im
Gedanken, Worten und in der Tat, während einer Periode von zwölf Jahren,
wird einem sogar der Anblick Gottes geschenkt, wenn man danach strebt
(siehe auch: Die Biochemie der Meditation). Er ist in der Lage, selbst die
schwierigsten Probleme zu lösen. Aber diese Art der Befolgung sollte
möglichst vor dem zweiunddreißigsten oder vierunddreißigsten Lebensjahr
beginnen.
Der Yogi, der sich durch eine konstante spirituelle Praxis, ununterbrochene
Meditation, Pranayama (Atemübungen) und Erforschung des Atman
(Seele), die Praxis von Sama (Geisteskontrolle), von Dama
(Sinneskontrolle), von Yama (5 Enthaltungen: Nichtverletzen, Ehrlichkeit,
Nichtstehlen, Brahmacharya und Unbestechlichkeit) und von Niyama (5
Verhaltensregeln: Reinheit, Genügsamkeit, Disziplin, Selbsterforschung und
Hinwendung zu Gott) diszipliniert hat, ist auch sicher, obgleich er noch

81
nicht das Stadium der vollkommenen Sublimation erreicht hat. Frauen
haben auf ihn keine erotische Anziehung mehr. Er hat diese Gedanken
abgelegt.

14.3 Vollkommene Sublimation ist schwierig, aber nicht unmöglich


Inhaltsverzeichnis

Der Prozess der sexuellen Sublimation ist sehr schwierig, und dennoch ist er
für jeden, der höhere spirituelle Ziele anstrebt, unbedingt erforderlich. Es ist
die wichtigste Qualifikation für den Yogaschüler, egal ob er den Weg des
Karma-Yoga (Spiritualisierung des täglichen Lebens), des Bhakti-Yoga
(Hingabe an Gott), des Raja-Yoga (klassischer Yogaweg, Beherrschung des
Geistes) oder von Jnana-Yoga (Yoga des Wissens, Streben nach der
Erkenntnis "Ich bin Brahman" oder "Ich bin Er", Stichworte: Vedanta,
Ramana Maharshi, Selbsterforschung), beschreitet. Die Sublimation ist eine
grundlegende Vorbedingung für jeden Yogaschüler. Besitzt man diese
Qualifikation, dann folgen alle weiteren Erfolge und heften sich ihm an.
Alle guten Qualitäten stellen sich dann von selbst ein. Du solltest dieses Ziel
unbedingt erreichen. Bestimmt wirst du dieses Ziel in zukünftigen Geburten
erreichen. Aber warum versuchst du nicht, es bereits in diesem Leben zu
verwirklichen?
Die vollkommene Auflösung aller sexuellen Wunsche ist das ultimative
spirituelle Ideal. Nur die vollkommenen Sublimation schenkt dir Freiheit.
Aber die Verwirklichung vollkommener Sublimation braucht Zeit. Sie
erfordert für einige Zeit einen konsequenten Kampf mit Geduld und
Ausdauer. Auch Familienväter sollten sich um das oben genannte Ideal
bemühen und versuchen, es stufenweise zu verwirklichen. Ist der Zustand
der vollkommenen Sublimation erreicht, wird Reinheit in Gedanken, im
Wort und in der Tat einkehren. Dann wird kein sexueller Gedanke mehr in
den Verstand eindringen. Durch konstante Selbsterforschung und Brahma
Bhavana (Konzentration auf Brahman), löst sich der Verstand allmählich
von den lüsternen Gedanken. Du musst nicht nur die sexuellen Begierden
und Impulse, sondern auch die erotische Anziehungskraft besiegen. Denke
an das Leid, das die Ehe durch die unterschiedlichsten Verstrickungen und
Verpflichtungen mit sich bringt. Sieh ein, dass sexuelles Vergnügen falsch,
wertlos, illusorisch und die Ursache vieler Leiden ist. Überzeuge den
Verstand von den Vorteilen des Glücks, der Lebensfreude und dem
Reichtum des intellektuellen Schaffens, die ein spirituelles Leben mit sich
bringen.
Lass den Geist erkennen, dass ein erhabenes, langes Leben, Ausdruck des
unsterblichen Atman ist. Wenn er beständig diese Suggestionen vernimmt,
lässt er langsam ab von seinen alten Gewohnheiten. Die erotische Attraktion
wird langsam abklingen. Nur dann findet sexuelle Sublimation statt. Nur so
kannst du zum Oordhvareta werden, zum Yogi, der seine sexuelle Energie
vollkommen zum Gehirn leitet. Es gibt zwei Arten von Kräften im Geist,
nämlich feindliche und freundliche. Leidenschaft ist eine feindliche Kraft,
die dich nach unten zieht. Reine Gedanken sind vorteilhafte Kräfte, die dich
zum Göttlichen führen. Entwickle folglich reine Gedanken, um
vollkommenes Glück und oberstes brahmisches (göttliches) Wissen zu
erlangen. Dann werden die Leidenschaften von selbst verschwinden. Die
sexuelle Sublimation ist in greifbarer Nähe, wenn du sie erreichen möchtest.
Der Weg ist ziemlich klar, geradlinig und einfach, wenn du ihn verstehst

82
und wenn du ihn mit Geduld, Ausdauer, Beharrlichkeit und einem starkem
Willen beschreitest, wenn du die Sinnesorgane disziplinierst, rechtes
Benehmen, rechtes Denken, rechten Handeln, regelmäßige Meditation,
Willenskraft, Autosuggestion und Selbstergründung nach der Frage "Wer
bin ich?", praktizierst. Atman, die Seele, ist geschlechtslos. Atman ist
unveränderlich. Kann es irgendeine Spur der Sinneslust oder der
Verunreinigung im ewig reinen Atman geben? Glorie jenen Yogis die
vollkommene sexuelle Sublimation erreicht haben und in der wahren Natur
ihres Seins ruhen! Mögen wir alle vollkommenes Zölibat durch die Praxis
von Sama (Geisteskontrolle), Dama (Sinneskontrolle), Viveka
(Unterscheidungskraft), Vichara (Selbsterforschung), Vairagya
(Leidenschaftslosigkeit), Pranayama (Yogaatmung), Japa
(Mantrameditation) und Dhyana (Meditation) erreichen, das Ziel unseres
Lebens! Möge der Bewohner unserer Herzen uns geistige Stärke gewähren,
um die Sinnesorgane und den Verstand zu kontrollieren! Mögen wir alle
vollendete Oordhvareta Yogis wie Sankara und Jnana Dev werden! Möge
ihr Segen uns Mut, Kraft und Zuversicht schenken!

14.4 Umwandlung des Samens in spirituelle Energie? Inhaltsverzeichnis


Tabelle 1
Drüse Prozent
5
Hoden und Nebenhoden

?
Samenleiterampullen

45 - 80
Samenbläschen

10 - 30
Prostata

Cowpersche Drüsen 2-5


?
Littré Drüsen

Tabelle 2
Zusammensetzung des Seminalplasmas
Menge 2-6ml
pH Wert 7-8 (leicht alkalischer Puffer)
Samenblasensekret 75% des Volumens, alkalisches fructosereiches Sekret
(1,5-6,5mg/ml Fructose), Phosphorylcholin,
Ascorbinsäure

Das Sekret der Samenbläschen steuert das meiste


Volumen, ca. 50–70%, des Ejakulats bei. Sie dient der
Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose
(Fruchtzucker) und andere Stoffe die der Ernährung
der Samenzellen dient, ausserdem große Mengen an
Prostaglandinen und Fibrinogen. Die Prostaglandine
tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die

83
Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die
befruchtete Eizelle machen, und möglicherweise in
dem sie die glatte Muskulatur in der Gebärmutterwand
zu peristaltischen Bewegungen anregen, die die
Spermien in Richtung Eierstöcke bringen. Außerdem
verhindern sie Infektionen im männlichen
Geschlechtstrakt

Prostatasekret 20%-25% des Volumens, Biogene Amine (Spermidin,


Spermin), Zitronensäure, Cholesterin, Phospholipide,
Proteasen zur Verflüssigung des Ejakulats
(Fibrinolysin, Fibrinogenase)
Weitere Phosphat und Bikarbonat als Puffer, Prostaglandine,
Bestandteile Hyaluronidase, Zelldetritus aus Sertolizellen, Zellen
aus Vorstufen der Spermiogenese, Lymphozyten.

Das männliche Ejakulat wird von folgenden 6 Drüsen gebildet:


1. Hoden und Nebenhoden (Testosteron, die Spermien werden im Hoden
produziert und im Nebenhoden gelagert)
2. Samenleiterampulle (habe keine weiteren Informationen gefunden)
3. Samenbläschen (siehe Tabelle 2)
4. Vorsteherdrüse (Prostata, siehe Tabelle 2)
5. Cowpersche Drüse (Vorsekret des Spermas, Neutralisierung von
Harnresten und saurem Scheidenmilieu)
6. Littré Drüsen (bilden zusammen mit den Cowperschen Drüsen den
"Lusttropfen"
Bildliche Darstellung:
1. Hoden (paarig vorhanden)
2. Nebenhodengang (paarig)
3. Samenleiter (paarig)
4. Ampulla ductus deferentis =
Samenleiterampulle (paarig)
5. Samenblase (paarig)
6. Ductus ejaculatorius (paarig)
7. Prostata (einfach)
8. Ausführungsgänge der Prostata
(mehrfach vorhanden)
9. Cowpersche Drüsen (paarig)
10. Littré Drüsen (mehrfach)
11. Harnröhre (einfach)
12. Harnblase (einfach)

Vorgänge im männlichen Genitaltrakt


Zum obigen Bild: Hoden (= Bildungsort der Spermien), Nebenhoden
(=Lagerplatz der Spermien). Der Ejakulationsweg der Spermien wird durch
beide Samenleiter (3), beide Ductus ejaculatorii (6) und die Urethra (11)
gebildet. Als Ductus ejaculatorius wird die Passage durch die Prostata in die
Urethra bezeichnet. Entlang des Ejakulationsweges fügen verschiedene
Drüsen (4+5+7+9+10) ihre Sekrete dem Ejakulat bei. (embryology.ch)

84
1. Ductus deferens
2. Ampulla ductus deferentis
3. Vesicula seminalis
4. Ductus ejaculatorius
5. Prostata
6. Ausführungsgänge der Prostata
7. Cowper Drüsen
8. Littre Drüsen
9a.Pars prostatica Urethrae
9b.Pars membranacea Urethrae
9c.Pars spongiosa Urethrae

Männliche Urethra mit akzessorische Drüsen

01. Harnblase (Vesica urinae)


02. Schambein (Ospubis)
03. Penis
04. Schwellkörper (Corpus cavernosum)
05. Eichel (Glans penis)
06. Vorhaut (Präputium)
07. äußere Harnröhrenöffnung
08. Sigmoid
09. Mastdarm (Rectum)
10. Samenblase (Vesica seminalis)
11. Ductus ejaculatorius
12. Vorstehedrüse (Prostata)

85
13. Cowpersche Drüse
14. Anus
15. Samenleiter (Vas deferens)
16. Nebenhoden (Epididymis)
17. Hoden (Testis, orchis)
18. Hodensack (Scrotum)

Geschlechtsorgane Mann

Anmerkung des Übersetzers:

Die obige Darstellung zeigt zunächst einmal die anatomische Anordnung


der 6 Drüsen, die an der Produktion des männlichen Ejakulats beteiligt sind,
und welchen Anteil sie zum Ejakulat beitragen. Aus Tabelle 2 kann man
ersehen, dass das Ejakulat fast zu 95 Prozent aus dem Samenblasensekret
(75 %) und dem Prostatasekret (20 %) besteht. Die reifen Spermien, die ja
für die Befruchtung der weiblichen Eizelle zuständig sind, und die im
Nebenhoden aufbewahrt werden, stellen nur einen sehr geringen Teil des
Ejakulats dar. Nun wird von Swami Sivananda die Behauptung aufgestellt,
dass der Samen in Ojas-Shakti, also in spirituelle Energie umgewandelt
wird. Er stellt sich dieses wie folgt vor.

Entsprechend der Yoga-Wissenschaft existiert der Same (Spermien) in einer


subtilen Form überall im ganzen Körper. Es ist in einem subtilen Zustand in
allen Zellen des Körpers zu finden. Es wird unter dem Einfluss der
sexuellen Begierde bzw. der sexuellen Betätigung dem Körper entzogen und
den Geschlechtsorganen in Form von Samen zur Verfügung gestellt. Genau
so wie Zucker im Zuckerrohr, Butter in der Milch, so ist auch der Samen im
ganzen Körper vorhanden. Gerade so wie die Buttermilch dünnflüssig wird,
nachdem man ihr den Butteranteil entzogen hat, so wird auch der Samen
verdünnt, wenn man ihn verschwendet. Um so mehr der Samen
verschwendet wird, um so schwächer wird der Mann. Das heißt: Der Verlust
des Samens bringt den Tod; das Bewahrung des Samens schenkt das Leben.
Der Same beherbergt die wahre Vitalität der Männer. Es ist der versteckte
Schatz im Mann.

Diese vitale Samenflüssigkeit diffundiert durch den männlichen Körper,


macht ihn männlich, stark, tapfer und heroisch. Wird er vergeudet, macht es
den Mann unmännlich, labil und physisch schwach, anfällig für sexuelle
Reize, verleiht ihm ein bemitleidenswertes Nervensystem, viele Krankheiten
und letzten Endes den Tod. Die zwei Hoden sind mit der eigenartigen
Eigenschaft der Aufnahme des Samens aus dem Blut (aus den Zellen)
ausgestattet. So sammeln die Zellen des Hodens Tropfen für Tropfen des
Samens aus dem Blut. Wann immer der Samen bewahrt wird, wird er vom
Körper wieder resorbiert. Also wieder vom Blut (den Zellen) aufgenommen.
Es geht zurück in den Blutkreislauf, bildet ein leistungsfähiges Gehirn,
starke Nerven und ein muskulöses Gewebe.

Anmerkung des Übersetzers:

Der Samen wird nicht aus dem Blut aufgenommen. Hier irrt Swami

86
Sivananda. Aber das konnte er 1934, als dieses Buch geschrieben wurde,
wohl auch nicht wissen. Der Samen (Spermien) entsteht durch die
Spermatogenese. Die Urkeimzellen, die die geschlechtliche Fortpflanzung
erst ermöglichen, wandern vom primären Ektoderm ausgehend, in der
dritten Schwangerschaftswoche, entlang der Dottersackwand zum
Dottergang und in die Wand des Enddarms, um bis zur vierten bis sechsten
Woche zur Genitalleiste (Gonaden = Hoden bzw. Gebärmutter) zu gelangen.

Urkeimzellen

Wie werden Keimzellen (pränatal - vor der Geburt - resp. postnatal - nach
der Geburt) gebildet? Keimzellen (Geschlechtszellen, Gameten, Spermien)
entstehen aus Urkeimzellen. Diese Urkeimzellen wiederum werden im
Verlaufe der Embryogenese (von der Befruchtung bis zur
Organentwicklung, beim Menschen ist die Embryogenese nach 8
Enwicklungswochen beendet.) von den Körperzellen ausgesondert und in
einem speziellen Organ, der Keimdrüse (Keimstock, Gonade), gelagert, wo
sie sich prä- (vorgeburtlich) und insbesondere postnatal (nachgeburtlich) zu
funktionsfähigen Keimzellen (Spermien, Eizellen) weiterentwickeln.
Urkeimzellen sind ab etwa der dritten Woche post conceptionem (nach der
Empfängnis) in der Dottersackwand nachweisbar.

Mein Netdoktor meint: Ausgehend von einer Stammzellen-Teilung während


der Embryonalentwicklung werden bis zur Pubertät Vorstufen der
Spermien (Spermatogonien) gebildet. Mit Eintritt der Pubertät werden
durch Teilung und Differenzierung dieser Vorstufen schließlich die reifen
Spermien (Spermatozoen) entwickelt. Die Bildung der Spermien wird das
ganze Leben lang fortgesetzt, kann aber im Alter oder nach schweren
Krankheiten unterbrochen sein. Auch verschiedene Substanzen/Gifte
können die Spermienentwicklung unterdrücken.

Und jetzt noch ein wenig fachchinesisch. Es erklärt den Vorgang, wie die
Urkeimzellen zwischen der 4. und 6. Woche der Schwangerschaft vom
Dottergang zur Genitalleiste (Hoden, Gebärmutter) wandern: Durch die
kraniokaudale Krümmung und die laterale Abfaltung des Embryos
begünstigt, wandern die Urkeimzellen zwischen der vierten und sechsten
Woche wieder zurück in den Embryo. Sie bewegen sich entlang der
Dottersackwand zum Dottergang und in die Wand des Enddarms. Nach der
Durchquerung des dorsalen Mesenteriums treffen sie in der Genitalleiste
ein. Während ihrer Wanderung, aber auch noch in der Genitalleiste,
vermehren sich die Urkeimzellen durch mitotische Teilungen. Dieser
Vorgang ist auf der Seite über den Ursprung der Keimzelle und über die
Genitalleiste auch bildlich dargestellt.

Bei der Geburt enthalten die Eierstöcke der Frau etwa 1 bis 2 Millionen
weibliche Keimzellen (Eizellen); in der Pubertät sind davon nur noch
400.000-500.000 vorhanden. Nur 400-500 werden bis zum Eisprung
heranreifen, eine jeden Monat, bis zur Menopause. Alle anderen
degenerieren in verschiedenen Entwicklungsstadien.

aus: Keimzellen

87
Ende Der Anmerkung.
Der Samen verdorrt bei denen, die ernsthaft Pranayama (Atemübungen)
praktizieren und die Samenenergie steigt zum Gehirn hinauf. Es wird als
Ojas Shakti oder geistige Energie gespeichert und kommt als Nektar
(Amrita) zurück.Für Frauen gilt ähnliches. Hier übernehmen allerdings die
Eierstöcke die Aufnahme der Eizellen aus dem Blut.
Dann stelle ich mir allerdings die Frage, wie verhält es sich eigentlich mit
dem Samenbläschensekret, das ja selber keine Spermien enthält, sondern zur
Verflüssigung des Ejakulats, zur Ernährung der Samenzellen und für andere
Aufgaben vorgesehen ist, und welches immerhin 75 % des Ejakulats
ausmacht. Wird das Samenbläschensekret etwa auch in Ojas-Shakti
umgewandelt, obwohl es keine Samenzellen (Spermien) enthält oder wird es
doch regelmäßig mittels Pollutionen ausgestoßen? Die gleiche Frage betrifft
natürlich das Prostata-Sekret (immerhin 20 % des Ejakulats) und die
restlichen Drüsensekrete (Cowperschen Drüse, Samenleiterampulle,
Samenbläschen und Littredrüsen) die ebenfalls keine Samenzellen
enthalten.
Darum stelle ich mir die Frage, ob die Erzeugung spiritueller Energie nicht
eher eine Frage der sexuellen Energie, also eines elektrischen Potentials ist,
nämlich genau jenes elektrischen Potentials, welches beim Orgasmus die
Muskelreflexe auslöst und für die biochemischen Reaktionen verantwortlich
ist, die den sexuellen Rausch (Orgasmus) auslösen, als eine Umwandlung
des Samens. Abschnitt 14.4 ist nicht aus dem Buch Swami Sivanandas,
sondern beruht auf überlegungen des Übersetzers.
Ende Anmerkung Übersetzer.

15. Heiraten oder nicht heiraten? Inhaltsverzeichnis


15.1 Ist ein Zölibat möglich? Inhaltsverzeichnis
Es ist natürlich auch für einen Mann, der mitten im Leben steht und damit
den verschiedensten Versuchungen und Zerstreuungen unterliegt, möglich,
das Zölibat zu praktizieren. Früher haben dies viele Männer praktiziert.
Aber auch in der heutigen Zeit praktizieren es noch viele Männer. Ein
diszipliniertes Leben, eine gesunde Ernährung, das Studium heiliger
Schriften, Satsanga (das Zusammensein mit Weisen), Japa
(Mantrameditation), Dhyana (Meditation), Pranayama (Atemübungen),
tägliche Selbstergründung (Wer bin ich?), Selbstanalyse und
Selbstkorrektur, Sadachara (spirituelle Lebensführung), die Praxis von
Yama (5 Enthaltungen: Nichtverletzen, Ehrlichkeit, Nichtstehlen,
Brahmacharya und Unbestechlichkeit) und Niyama (5 Verhaltensregeln:
Reinheit, Genügsamkeit, Disziplin, Selbsterforschung und Hingabe an Gott)
physisches, verbales und geistiges Tapas (Askese), in übereinstimmung mit
dem 17. Kapitel der Bhagavad Gita (Verschiedene Arten des Glaubens.),
alles dies wird uns dem Ziel näher bringen.
Die Menschen haben ein unregelmäßiges, unredliches, maßloses,
unreligiöses und undiszipliniertes Leben. Folglich leiden sie und verlieren
das Ziels des Lebens aus den Augen. Gerade so, wie der Elefant, der sich
Sand auf seinem eigenen Kopf wirft, so bereiten sich die Menschen, durch
ihre Ignoranz und Unwissenheit selber Schwierigkeiten und Sorgen in ihren
Köpfen. Die, die Brahmacharya praktizieren, beklagen sich im Allgemeinen
darüber, dass sie sich infolge der Enthaltsamkeit geistig ermattet fühlen.

88
Dies ist aber nur eine Täuschung des Verstandes. Du bekommst manchmal
einen Pseudohunger, wenn du an einem reich gedeckten Tisch sitzt, aber
eigentlich keinen wirklichen Appetit hast und vorher auch eigentlich nichts
essen wolltest. So gibt es auch eine falsche geistige Ermattung. Wenn du
Brahmacharya praktizierst, musst du über riesige mentale Stärke verfügen.
Du wirst nicht immer imstande sein, darüber zu verfügen. Aber du wirst
diese Stärke entwickeln, sobald du sie benötigst, genauso wie ein
Ringkämpfer seine körperliche Stärke in der Arena entwickelt, obwohl er
sich im normalen Leben, wie ein normaler Mann empfindet.
Enthaltsamkeit ist nicht ungesund. Es bewahrt die Energie. Es gibt
unermessliche Stärke und Frieden. Sexuelle Hingabe dagegen führt zu
moralischen und spirituellem Bankrott, zu vorzeitigen Tod und zum Verlust
der Fähigkeiten, der Talente und der Kapazitäten. Die Praxis des Zölibats ist
nicht mit irgendeiner Gefahr oder irgendeiner Krankheit oder einem anderen
unerwünschten Nebeneffekten verbunden, wie man es gelegentlich von den
westlichen Psychologen zu hören bekommt. Genau das Gegenteil ist der
Fall. Das Zölibat wird sehr viele Krankheiten heilen. Die westlichen
Mediziner und Psychologen besitzen kein praktisches Wissen über das
Zölibat. Sie haben den falschen, unbegründeten Verdacht, die unbefriedigte
sexuelle Energie, würde sich in den verschiedenen Formen psychischer
Erkrankungen bemerkbar machen. Dabei ist es genau umgekehrt. Erst der
permanente Abfluss von sexueller Energie, vermindert die
Gesamtenergiebilanz des Menschen dramatisch und hat psychische und
somatische Erkrankungen zur Folge. Sexuelle Ausschweifungen haben
Eifersucht, Hass, Zorn, Leid und Depression zur Folge.
Umgekehrt ist ein wenig Selbstbeherrschung oder ein wenig Enthaltsamkeit
ein ideales Stärkungsmittel. Es schenkt innere Stärke und inneren Frieden.
Es stärkt den Verstand und die Nerven. Es hilft, die physische und geistige
Energie zu bewahren. Es vergrößert das Gedächtnis, die Willenskraft und
die Intelligenz. Es verleiht enorme Kraft und Vitalität. Es stärkt die
körperliche Verfassung, erfrischt die Zellen und das Gewebe, regt die
Verdauung an und schenkt Energie, um die Schwierigkeiten im täglichen
Leben zu meistern. Die Tugenden von Ausdauer und Tapferkeit entwickeln
sich mit einem Leben in Keuschheit. Ein vollkommener Brahmachary kann
die Welt bewegen, die Wellen des Ozeans stoppen, so wie Jesus es konnte,
er kann Berge fortblasen, und er kann die Natur und die fünf Elemente wie
der Yogi Jnana Dev beherrschen. Es gibt nichts in den drei Welten
(physikalische, astrale, kausale Welt), was er nicht erreichen könnte. Alle
übernatürlichen Kräfte liegen ihm zu Füßen.

15.2 Ein dummes Argument der Epikureer (Genussmenschen)


Inhaltsverzeichnis

Einige ignorante Menschen sagen: "Es ist nicht recht, die Leidenschaften zu
zähmen. Wir sollten nicht gegen die Natur angehen. Warum hat Gott junge
hübsche Frauen geschaffen? Seine Schöpfung muss doch einen Sinn haben.
Wir sollten uns daran erfreuen und uns fleißig fortpflanzen. Wir sollten
Nachkommen zeugen, damit unser Stammbaum erhalten bleibt. Wenn alle
Leute Sannyasins (Entsagende) werden und in die Wäldern gehen, was
würde dann aus dieser Welt werden? Dann würde unsere Rasse irgendwann
aussterben. Wenn wir die Leidenschaften kontrollieren, werden wir krank.
Wir müssen viele Kinder zeugen. Es gibt Glück im Haus, wenn wir viele

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Kinder haben. Das Glück einer Ehe kann nicht mit Worten beschrieben
werden, so sagen die Leute. Kinder sind ihr Ein-und-Alles im Leben. Ich
mag kein Vairagya (Leidenschaftslosigkeit), kein Tyaga (Entsagung), kein
Sannyasa (Gelübde der Entsagung) und kein Nivritti (Weg der Entsagung).“
Dies ist ihre simple Philosophie. Sie sind direkte Nachkommen von
Charvaka, dem Gründer der materialistischen Schule der Philosophie, und
von Virochana, dem vedantischen Anführer der Dämonen, der die
Philosophie der Fleischeslust vertritt. Sie sind Anhänger der epikureischen 1
Gedankenschule, die die Lust in den Mittelpunkt des Lebens stellte.
Konsum ist das Ziel ihres Lebens. Dieser gedankenlose Konsum hat eine
große Anhängerschaft. Sie sind Freunde Satans. Ihre Philosophie ist
bedauernswert! Wenn sie ihren Besitz, ihre Frau und ihre Kinder verlieren,
wenn sie an einer unheilbaren Krankheit leiden, sagen sie: "O Gott, befreie
mich von dieser schrecklichen Krankheit. Vergib mir meine Sünden. Ich bin
ein großer Sünder." Aber vorher verschwenden sie keinen Gedanken an
Gott.
Anmerkung Übersetzer:
1Ich stelle mir gerade die Frage, ob Swami Sivananda hier nicht den
Epikureismus mit dem Hedonismus verwechselt, denn Epikur ging es nicht
um den Konsum von oberflächlicher sinnlicher Lust, sondern um Genüsse,
die durch Erkenntnis, Gleichmut und Selbstdisziplin für eine heitere
Seelenruhe sorgen. Im Hedonismus dagegen steht die Lust für materielle
und sinnliche Genüsse im Vordergrund, die mit einer egoistischen
Lebenseinstellung verbunden sind.
Ende Anmerkung.
Die Leidenschaft sollte um jeden Preis kontrolliert werden. Nicht eine
einzige Krankheit entsteht, wenn die Leidenschaften kontrolliert werden.
Ganz im Gegenteil erhältst du durch die Sinneskontrolle, unermessliche
Energie, Freude und Frieden. Es gibt wirkungsvolle Methoden, die
Leidenschaften zu kontrollieren. Man sollte sich dem Atman (Seele)
zuwenden, wenn man seine Begierden besiegen möchte. Genau so wie ein
Fisch gegen den Strom schwimmt, so solltest auch du gegen die sinnlichen
Ströme angehen. Nur dann kannst du Selbstverwirklichung erreichen.
Leidenschaft ist eine sehr unangenehme Eigenschaft. Sie sollte kontrolliert
werden, wenn du das Glück des Atman genießen möchtest. Sexuelles
Vergnügen ist in Wirklichkeit kein Vergnügen. Es ist eine geistige
Täuschung. Es ist mit Gefahren, Schmerzen, Furcht, Anstrengung und Ekel
verbunden. Wenn du Yoga oder die Wissenschaft von Atman kennst, kannst
du die entsetzlichen Krankheiten, die durch die Leidenschaften entstehen,
leicht kontrollieren. Gott wünscht, dass du das Glück von Atman genießt,
das durch den Verzicht auf weltliche Vergnügen erlangt werden kann. Die
schönen Frauen und der Reichtum sind die Instrumente der Maya, der
Illusion, um dich zu täuschen und in ihre Netze zu verstricken. Wenn du
also ein weltlich orientierter Mensch mit niedriger Gesinnung und niederen
Wünschen bleiben möchtest, dann kannst du natürlich so handeln. Du hast
die Freiheit zu wählen.
Du kannst 350 Frauen heiraten und viele Kinder zeugen. Niemand wird dich
kontrollieren. Aber du wirst bald feststellen, dass dieses Leben dir keine
Zufriedenheit geben kann, weil alle Dinge in Zeit, Raum und in ihren
Ursachen voneinander abhängen. Es gibt Tod, Krankheit, Alter, Sorgen,
Ärger, Ängste, Furcht, Verluste, Enttäuschung, Misserfolge, Hitze, Kälte,
Schlangebisse, Skorpionstiche, Erdbeben und Unfälle. Du wirst nicht eine

90
ruhige Minute finden. Wenn dein Verstand mit Leidenschaften und
Unreinheiten besetzt ist, wird dein Verständnis bewölkt und dein Intellekt
verliert an Leistungskraft. Dann bist du nicht mehr in der Lage, die
illusorische Natur des Universums und das ewige Glück des Atman zu
erkennen. Die Leidenschaft kann effektiv geprüft werden. Es gibt wirksame
Methoden. Nach dem Sieg über deine Leidenschaften genießt du inneres
Glück durch Atman. Nicht alle Männer können Sannyasins (Mönche)
werden. Sie haben verschiedene Bindungen und Verpflichtungen. Sie sind
in ihren Leidenschaften gefangen und können daher nicht ihr Heim
verlassen. Sie sind an ihre Frauen, ihre Kinder und ihr Vermögen gebunden.
Hast du jemals in den Chroniken der Weltgeschichte gelesen, dass alle
Männer Sannyasins wurden? Das ist unmöglich. Warum glaubst du dann an
die absurde Idee, die Weltbevölkerung könnte schrumpfen, wenn einige
Sannyasins sich zur Meditation in die Waldeinsamkeit, in die Klöster oder
in die Höhlen des Himalaya zurückziehen? Dieses ist ein scharfsinniger
Trick deines Verstandes, um deine unsinnigen Argumente und deine
sinnlichen Begierden zu unterstützen, die die sexuelle Befriedigung als eine
Lebensnotwendigkeit betrachtet.
Dieses zeigt deine Unwissenheit und verdeutlicht deine leidenschaftliche
Natur. Rege dich nicht über diese Welt auf. Kümmere dich um deine
eigenen Angelegenheiten. Gott ist allmächtig. Und selbst wenn diese Welt
vollständig evakuiert ist, selbst wenn sich alle Leute in die Wälder
zurückziehen, wird Gott mit einem bloßen Augenzwinkern Millionen neue
Menschen erschaffen, um wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Darüber
solltest du dir keine Gedanken machen. Finde lieber Methoden um deine
Leidenschaften zu besiegen. Wir stehen heute vor dem Problem der
Überbevölkerung und nicht vor dem Problem einer abnehmenden
Bevölkerungsdichte. Außerdem haben die meisten Yogis, die sich in die
Einsamkeit einer Himalayahöhle, in ein Kloster, in die Wüste oder in einen
Wald zurückziehen, um dort zu sich und zu Gott zu finden, ihre familiären
Pflichten bereits hinter sich gebracht. Nicht jeder möchte sich ehelich
binden. Besonders ein Yogaschüler sollte sich von den ehelichen Fesseln
fern halten. Für den Yogaschüler bedeutet Heirat ein Fluch. Für einen Mann
mit einer lüsternen Einstellung, ist es extrem schwierig, seine sinnliche
Leidenschaften abzulegen, weil sie eine Art Gitter der schützenden
Wölbung seiner moralischen Rücksichtslosigkeit ist. Darum ist die Heirat
für die große Mehrheit der Menschheit sinnvoller, die für ein Leben in
absoluter Selbstbeherrschung noch nicht bereit sind. Von ihnen wird die Ehe
als ein Sakrament betrachtet. Aber sie sollte nicht als eine Lizenz zur
Genusssucht betrachtet werden.
Nicht jeder, der geboren wird, möchte sich binden. Die Heirat bedeutet, sein
Leben in einer gewissen Weise zu ordnen. Aber heute hat die Ehe in der
Gesellschaft einiges von der moralischen Haltung verloren, die sie einst
besaß. Dort, wo es keine Leidenschaften im Herzen gibt, wo der Wunsch
nach Gott vorhanden ist, wo es ein spirituelles Streben gibt, ist eine Ehe
nicht unbedingt erforderlich. Ein junger Mann, der sein Leben nach diesen
Zielen ausrichtet, kann das Leben eines Naishthik Brahmacharis führen,
eines Brahmachari, der das Brahmacharya bereits seit seiner Kindheit
praktiziert. Eltern sollten ihre Kinder nicht zur Heirat zwingen. Sie sollten
das spirituelle Interesse ihrer Kinder nicht unterbinden. Viele junge Männer,
in denen es ein spirituelles Erwachen gibt, schreiben zu mir in
bemitleidenswerten Wörtern: "Lieber Swamiji, mein Herz schlägt für höhere
spirituelle Dinge. Ich habe für weltliche Dinge kein Interesse. Der materielle
Leben interessiert mich nicht. Ich bin bereits in den Maschen einer Heirat

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verwickelt. Meine Eltern zwingen mich, gegen meinen Willen zu heiraten.
Eigentlich müsste ich dem Willen meiner Eltern folgen. Sie bedrohten mich
auf unterschiedlichste Weise. Nun weine ich. Was soll ich jetzt tun?"
Jungen, die kein Wissen über diese Welt und dieses Lebens haben, werden
mit 8 oder 10 Jahren verheiratet. Wir sehen Kinder, die Kinder zeugen. Die
Mütter sind Kindermütter. Ein junger Mann mit 18 Jahren hat 3 Kinder.
Was für ein schrecklicher Zustand! Frühe Heiraten führen zu einem frühen
Verlust des Samens. Das führt zu körperlichem und geistigem Abbau und
zum frühen Tod. Sie leben alle sehr kurz. Häufiges Gebären zerstört
außerdem die Gesundheit der Frauen und bringt eine Menge anderer
Nachteile mit sich. Wir haben in Indien verschiedene Gewohnheiten vom
Westen, in Bezug auf Kleidung und Mode übernommen. Dadurch sind wir
zu gemeinen Nachahmern verkommen. Aber im Westen heiraten die
Menschen erst, wenn sie in der Lage sind, eine Familie ordentlich zu
versorgen. Sie haben mehr Selbstbestimmung. Sie sichern sich zuerst eine
annehmbare berufliche Position, verdienen Geld, sparen etwas und denken
dann über eine Heirat nach. Wenn sie nicht genügend Geld verdienen,
bleiben sie mitunter ihr Leben lang Junggesellen. Sie möchten keine Bettler
in die Welt setzen, wie dies in Indien geschieht. Wer dieses menschliche
Leid verstanden hat, möchte kein Kind mehr in die Welt setzen.

15.3 Die Natur der Liebe in der Ehe Inhaltsverzeichnis


Die Liebe zwischen Eheleuten ist vor allem körperlich, egoistisch und
scheinheilig. Sie ist nicht konstant. Sie ist von einer kurzlebigen Natur und
wird von sinnlichen Leidenschaften und sexueller Begierde getragen. Sie ist
mit niedrigeren Gefühlen verbunden, mit einer lieblosen Natur. Und sie ist
sehr begrenzt. Aber göttliche Liebe ist endlos, rein, erfüllend und ewig. Hier
gibt es keine Scheidung. In der Wirklichkeit gibt es vielfach keine innere
Verbindung zwischen Eheleuten. Prinzessin Savitri und Prinz Satyavan aus
der Mahabharata (indisches Epos), sowie der gebildete aber gelähmte Weise
und Gelehrte Atri und seine Frau Anasuya, aus dem Ramayana, die sich
aufopferungsvoll um ihn kümmerte, sind sehr, sehr selten in diesen Tagen.
Viele Eheleute sind nur aus egoistischen Gründen miteinander vereint.
Selbst das Lächeln ist oft nicht echt. Was bleibt, sind die praktischen Dinge
des Lebens und die körperliche Liebe.
Wenn es keine Vereinigung zweier Herzen gibt, gibt es immer wieder
Reibereien und Trennungen, misstrauische Blicke und Streitereien. Wenn
der Ehemann seine Frau nicht ins Kino führt, gibt es Streit. Kann man dies
Liebe nennen? Es ist vielmehr ein kommerzielles Geschäft. Wegen der
Sinneslust haben die Männer ihren Stolz, ihre Unabhängigkeit und Würde
verloren. Sie werden zu Sklaven der Frauen. Was für ein bemitleidenswertes
Schauspiel! Der Schlüssel liegt bei der Frau. Aber für einen bestimmten
Geldbetrag zeigt sie Entgegenkommen. Und dennoch beteuert er, unter
Selbsttäuschung und der Berauschtheit seiner Sinne, was er für eine süße
und liebevolle Frau hat: "Sie ist wirklich anbetungswürdig, sie ist eine
Göttin!" In der käuflichen Liebe kann es kein wirkliches Glück zwischen
dem Liebhaber und seiner Geliebten geben. Liegt der Ehemann im sterben,
nimmt die Ehefrau das Sparbuch und geht damit ruhig zum Haus ihrer
Mutter. Wenn der Ehemann seinen Job verliert, ist sie böse mit ihm,
beschimpft ihn und verweigert ihm ihre Liebe. Das ist egoistische Liebe. Es
gibt keine wirkliche Zuneigung. So gibt es immer nur Streit, Kämpfe und
Ruhelosigkeit in der Ehe. Ehemann und Ehefrau sind nicht wirklich vereint.

92
Sie ziehen sich gegenseitig runter und führen eine freudlose und trostlose
Existenz.
Leidenschaft ist keine Liebe. Es ist ein animalischer Instinkt, sinnliche
Liebe, körperliche Liebe. Verliert die Frau ihre Schönheit, dann lässt der
Ehemann sich scheiden und heiratet eine zweite Frau. Diese Sachlage
charakterisiert die Welt. Ein Ehemann liebt seine Frau nicht um ihrer Selbst
willen, sondern um seines eigenen Selbst willen. Er ist egoistisch. Er
erwartet sinnliches Vergnügen von ihr. Wenn eine Krankheit ihre Schönheit
zerstört, endet seine Liebe zu ihr. Wenn die Frau stirbt, ertrinkt der
Ehemann in Sorgen. Aber nicht wegen des Verlustes seiner liebevollen
Partnerin, sondern weil er jetzt kein sexuelles Vergnügen mehr von ihr
bekommt.Wenn deine Frau jung und schön ist, bewunderst du ihr lockiges
Haar, ihre rosigen Wangen, ihre feine Nase, ihre glänzende Haut und ihre
strahlenden Zähne. Wenn sie ihre Schönheit aber wegen irgendeiner
chronisch unheilbaren Krankheit verliert, dann wendest du dich anderen
Frauen zu. Hättest du deine Frau aber mit dem Bewusstsein geheiratet, das
alles göttlich ist, hättest du verstanden, dass das Selbst in dir und in deiner
Frau dasselbe ist, dann wäre deine Liebe für sie rein, selbstlos, dauerhaft
und unzerstörbar. Genau so wie du alten Kandiszucker oder alten Reis
liebst, die erst mit einem gewissen Alter ihr Aroma entfalten, so würdest du
auch deine Frau immer mehr lieben, wenn sie älter wird. Das Wissen über
Gott verstärkt die Liebe und vereint sie für immer.
Körperliche Liebe ist animalisch. Liebe des Körpers oder der Haut sind nur
eine Leidenschaft. Sie ist nur eine überspannte sexuelle Leidenschaft. Sie ist
grob und sinnlich. Die Leidenschaft für das Fleisch oder den Körper ist
keine reine oder wirkliche Liebe. Es ist nur eine sexuelle Verhaftung, eine
Verliebtheit, die von der Unwissenheit getragen wird. Du frönst deinen
sexuellen Leidenschaften und tötest dabei deine Seele. Sogar berühmte
Popstars zeigen ihren Fans eine Zeit lang ihre Liebe im überfluss, ihr süßes
Lächeln und ihre honigsüßen Worte. Sie tun es so lange, wie sie damit Geld
verdienen können. Kannst du dies Liebe und wirkliches Glück nennen?
Erkläre es mir aufrichtig. Du wirst Klugheit, Diplomatie, Gerissenheit,
Unehrlichkeit und Scheinheiligkeit finden. Es wirst kein Element der
Aufopferung in dieser Liebe zu finden sein.

15.4 Mönch oder Familienvater? Inhaltsverzeichnis


Für leidenschaftliche Männer, die ihre Sinneslust nicht kontrollieren
können, ist es besser, ein Leben als Familienvater zu führen. Wird jemand
mit entsprechenden spirituellen Eigenschaften, mit einer angeborenen
Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit, wie die Yogis Sankara
oder Sadasiva Brahman geboren, so wird er kein Familienvater. Er wird
bereits als Kind nach den Regeln des Brahmacharya leben. Die Srutis
(indische Offenbarungen) unterstützen das. Sie sagen: "Verzichte von dem
Tag an auf die Welt, an dem du leidenschaftslos wirst“. Bei einigen
behindert eine Heirat den spirituellen Fortschritt; anderen hilft sie. Für den
Sanskrit Dichter Raja Bhartrihari, der "Hundert Gedichte über die Liebe und
über die Entsagung" schrieb, war es eine Behinderung. Für den heiligen
Dichter und reichen Kaufmann Tukaram, der während einer großen
Hungersnot seinen Besitz an Hungernde verschenkte, dadurch verarmte,
seine Familie verließ und in Tempeln lebte, war es eine Hilfe. Tukaram
erreichte langfristig das gleiche Ziel. Man sollte allerdings versuchen, den
kürzesten Weg zu finden.

93
Ein Leben im Zölibat ist hundertmal besser als das Leben eines Ehemannes.
Ich glaube an das Zölibat, weil es die versteckte Energie im Mann entfaltet.
Brahmacharya ist die Schnellstraße zur Gottesverwirklichung; Heirat ist der
gewundene Weg. Der erste Weg ist dem letzteren auf alle Fälle vorzuziehen.
Manch einer bevorzugt aber den zweiten Weg, um seine Leidenschaften zu
reduzieren. Natürlich ist es auch dem Verheirateten möglich,
Selbstverwirklichung zu erlangen, obwohl er die Last einer Familie auf
seinen Schultern trägt. Der Heilige Tukaram war zweimal verheiratet und
hatte Kinder. Er erreichte sein letztes Ziel, das Reich Gottes, in einem
Vimana (Raumfahrzeug). Wenn du bereit bist, ein einfaches Leben zu
führen, treu und ehrlich, und wenn dein Partner fromm ist und dich in allen
Angelegenheiten unterstützt, dann ist gegen eine Heirat nichts einzuwenden.
Fühlt sich aber jemand nicht vom Eheleben angezogen, dann sollte er nicht
heiraten.
Wenn du striktes Zölibat leben möchtest, dann solltest du nicht heiraten.
Tricks dich nicht selber aus, indem du sagst: "Ich praktiziere das Zölibat
nach der Ehe.“ Am Ende wirst du dann womöglich das Zölibat doch nicht
beachten. Du solltest es aber als deine Lebensaufgabe betrachten, dich selbst
in Gott zu verwirklichen. Hast du nicht schon ausreichend sexuelle
Erfahrungen gesammelt? Sexualität und Schlemmerei gehören zu den
animalischen Trieben des Menschen. Sollten wir uns nicht davon lösen und
spirituelle Ziele anstreben? Warum verbrennst du den edlen
Sandelholzbaum, um daraus Holzkohle zu machen? Unser Leben ist sehr
kostbar. Darum beneiden uns sogar die Götter. Ist das Leben einmal
verloren, dann ist auch die Chance vertan, seine eigene Göttlichkeit zu
verwirklichen. Sinnliches Vergnügen ist verlockend. Solange eine Person
nicht das Objekt der Begierde besitzt, solange ist er davon verzaubert.
Befindet sich dieses Objekt aber in seinem Besitz, schon hat er sich darin
verheddert. Der Junggeselle denkt tagein, tagaus, an eine Heirat. Aber
erotisches Vergnügen wird ihm keine Zufriedenheit schenken. Es
verschlimmert und intensiviert nur seine Wünsche und macht den Geist,
durch die Verstrickung in die Leidenschaft, noch ruheloser und begieriger.
Irgendwie hat er das Gefühl, in Gefangenschaft zu sein. Dies ist ein
Gaukelspiel der Maya, der Illusion, der Täuschung. Die Welt ist voller
Versuchungen.
Du kannst durch weltliche Objekte kein Glück erlangen. Es ist nur
materialistisches Gift. Außerdem ist die Heirat eine lebenslängliche
Gefangenschaft. Es ist die größte Knechtschaft auf der Erde. Der
Junggeselle, der einst frei war, liegt im Joch. Seine Hände und Füße liegen
in Ketten. Dies ist die Erfahrung vieler verheirateter Leute. überlege dir also
sehr genau, was du möchtest. Ein Entkommen ist nach der Heirat kaum
noch möglich. Erkenne den Glanz eines spirituellen Pfades und die großen
Schwierigkeiten, Probleme, Sorgen und Mühen, die eine Heirat mit sich
bringt. Darum intensiviere deine Leidenschaftslosigkeit. Du hast ein
Geburtsrecht auf göttliches Bewusstsein. Eine Heirat ist ein scharfer
Einschnitt im Leben eines Menschen. Folglich sei mit dem Frieden
vermählt. Die Leidenschaftslosigkeit sei dein ehrenwerter Sohn, die
Unterscheidungskraft, deine großartige Tochter. Iss die köstliche Frucht der
göttlichen Weisheit, die dir ein langes und glückliches Leben beschert.
Wenn du kannst, dann heirate nicht. Ein Entweichen ist nach der Heirat
nicht mehr möglich. Eine Heirat hat sehr angenehme Seiten, sie bringt aber
auch viele Verpflichtungen mit sich. Was aber taten Buddha, Pattinattu
Swami, Bhartrihari und Gopichand? Hatten sie nicht ein angenehmes und
friedliches Leben?

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Die Lust ist der größte Feind auf Erden. Sie verschlingt einen Mann. Nach
dem Geschlechtsakt folgt die Depression. Dein Intellekt ist dann nicht mehr
so leistungsfähig. Wegen des permanenten Samenverlustes, leidest du schon
bald unter Krankheiten, Depressionen, Schwächegefühl und dem Verlust
deiner Vitalität. Folglich wirst du einen frühen Tod erleiden. Darum rate ich
dir, praktiziere ein lebenslanges Zölibat. Befreie dich selbst aus deinem
Elend, von deinen Sorgen und Beschwerden. Dort, wo Licht ist, kann kein
Schatten sein. Dort, wo sinnliches Vergnügen herrscht, kann nicht das
Glück des Atman (Seele) sein. Weltliche Menschen wollen beides zugleich,
sinnliches Vergnügen und das Glück des Atman. Das ist aber absolut
unmöglich. Sie wollen nicht auf das sinnliche Vergnügen verzichten. Sie
besitzen keine Leidenschaftslosigkeit in ihrem Herzen. Weltliche Männer
glauben, dass sie glücklich sind, wenn sie einige Ingwerkekse, etwas Geld
und eine Frau besitzen. Alle weltlichen Vergnügungen sehen am Anfang
wie Nektar aus, aber werden am Ende zu Gift. Ist man erst einmal
verheiratet, dann kann es sehr schwer sein, sich von den Fesseln der
sinnlichen Verhaftung zu lösen. Sei furchtlos. Löse dich von diesen
Illusionen, löse dich von deinen sinnlichen Verhaftungen. Kontrolliere deine
Wünsche und deinen Verstand. Dann wirst du allmählich Wunschlosigkeit
entwickeln und ein perfekter Brahmachari sein.

15.5 Der Akhanda Brahmachari Inhaltsverzeichnis


Ein Akhanda Brahmachari, ist ein Brahmachari, der 12 Jahre keinen
Tropfen Samen abgegeben hat. Praktizierst du über 12 Jahre ununterbrochen
Brahmacharya, dann erfährst du, ohne weitere spirituelle Praktiken
Erleuchtung. Die Samenenergie ist ein starke Shakti (kosmische Kraft,
Kundalini). Der Samen ist Brahman (Gott) selbst. Ein Brahmachari, der
über zwölf Jahre das Zölibat praktiziert, erreicht Nirvikalpa (Erleuchtung) in
dem Moment, indem er das Mahavakya (vier wichtige vedantische Sätze)
hört: „Tat Tvam Asi“ (Das bist du), weil sein Verstand dann extrem rein,
stark und einpünktig ist.
Mahavakya
Vier Sätze der Upanishaden, die die höchste vedantische Wahrheit oder die
Identität von individueller Seele (Atman) und absoluter Seele (Brahman)
ausdrücken:
1. Prajnanam Brahma - Bewusstsein ist Brahman
2. Aham Brahmasmi - Ich bin Brahman
3. Tat Tvam Asi - DAS bist du
4. Ayam Atma Brahma - Dieses Selbst ist Brahman
Ein Akhanda Brahmachari, der während einer Periode von zwölf Jahren
nicht einen Tropfen Samen vergeudet, erreicht ohne weitere Bemühungen
Samadhi. Prana (Atmung) und Verstand sind unter seiner vollkommenen
Kontrolle. Akhanda Brahmacharya wird ebenfalls als Bala Brahmacharya
bezeichnet. Ein Akhanda Brahmachari hat eine starke Konzentrationskraft,
Erinnerungskraft und Unterscheidungskraft. Er braucht keine intellektuelle
Reflexion (Nachdenken) und keine tiefe Meditation zu üben. Selbst wenn er
das Mahavakya nur einmal hört, erfährt er sofort Selbstverwirklichung. Sein
Intellekt ist rein und sein Verständnis ist extrem klar. Akhanda
Brahmacharins sind sehr, sehr selten; aber es gibt einige. Du kannst
ebenfalls ein Akhanda Brahmachari werden, wenn du es ernsthaft versuchst.
Du musst sehr sorgfältig auf Gegenreaktionen achten. Die Sinne werden

95
einige Monate oder vielleicht auch ein oder zwei Jahre lang rebellieren,
wenn du nicht aufmerksam und vorsichtig bist. Sie rebellieren und leisten
Widerstand, wenn sich die Gelegenheit bietet. Schließlich wurde die
Sexualität meist über Jahrzehnte in Richtung sexueller Befriedigung
konditioniert. Einige Leute, die ein oder zwei Jahre lang Brahmacharya
praktizieren, begehen den Fehler, dass sie unachtsam werden, und
vergeuden am Ende wieder ihre ganze Energie. Verfilzte Haare und das
Auftragen von Asche auf der Stirn und dem Körper, wie es von Yogis
praktiziert wird, kennzeichnen keinen Akhanda Brahmachari. Der
Brahmachari, der den Körper und die Sinnesorgane kontrolliert, dabei aber
ständig sexuelle Gedanken in seinem Kopf hat, hat das Ziel noch nicht
erreicht. Er sollte seinen Weg weiter fortsetzen. Dann verschwinden auch
die sinnlichen Gedanken.

16. Der Umgang mit dem anderen Geschlecht Inhaltsverzeichnis


Sei nicht mit jedem gleich zu vertraut. Vertrautheit erzeugt Verachtung.
Habe nicht zu viele Freunde. Buhle als Sannyasin (Mönch) nicht um
Freundschaften mit Frauen und halte ein wenig Distanz, wenn du nicht frei
von lüsternen Gedanken bist. Es könnte sonst dein Untergang sein. Vergiss
niemals, aus "Freunde" werden mitunter die ärgsten Feinde. Verkehre
möglichst nicht mit Mitgliedern des anderen Geschlechts. Maya, die
Illusion, arbeitet sehr unterschwellig, so dass dir dein Sturz gar nicht
bewusst wird. Die subtilen sexuelle Begierden können sich mitunter ohne
Vorankündigung urplötzlich einstellen. Erst begehst du Ehebruch, und
danach bereust du es. Dann löst sich dein Charakter und dein guter Ruf in
Luft auf. Ein schlechter Ruf kann schlimme Folgen haben. Ehebruch
bedeutet eine tiefe Verletzung des Partners. Es gibt keine Buße, die dieses
Tat ungeschehen machen könnte. Pass also auf, sei vorsichtig. Bhagavan
Dattatreya, eine hinduistische Gottheit, der die drei Aspekte des Brahma
(Schöpfung), des Vishnu (Erhaltung) und des Shiva (Zerstörung) in sich
vereint, hat die Frau mit einer brennenden Grube aus Feuer und den Mann
mit einem Topf Büffelbutter verglichen. Wenn die Büffelbutter mit dem
Feuer in Berührung kommt, verbrennt sie. Folglich ist es besser, solche
Feuerspiele zu vermeiden. übernachtest du in einer öffentlichen
Wohlfahrtseinrichtung, und in einem benachbarten Raum übernachtet eine
alleinstehende Frau, dann übernachte woanders. Du weißt sonst nicht, was
geschehen wird. Es ist ratsam, die Gefahrenzone rechtzeitig zu verlassen,
gleichwohl wie stark du durch die Praxis von Tapas (Askese) und
Meditation sein magst. Setze dich nicht der Versuchung aus.
Prüfe deine spirituelle Stärke und Reinheit nicht, wenn du ein Anfänger auf
dem spirituellen Weg bist. Begib dich nicht in schlechte Gesellschaft, wenn
du ein spiritueller Anfänger bist, um zu zeigen, dass du den Mut hast, der
Sünde und Unreinheit entgegen zu treten. Es ist ein gravierender Fehler.
Sonst wirst du in eine Gefahr laufen. Du wirst einen schnellen Absturz
erleben. Ein kleines Feuer kann sehr leicht gelöscht werden. Sogar Yogis,
die große Fortschritte im Yoga gemacht haben, sollten sehr achtsam sein.
Sie sollten Frauen möglichst meiden. Sie sollten nicht so töricht sein, zu
glauben, sie seien bereits große Yogameister. Ein großer Heiliger erlebte
einmal einen Absturz. Er lebte mit Frauen zusammen und bildete
Schülerinnen aus, denen er erlaubte, seine Beine zu massieren. Da die
sexuelle Energie nicht vollständig sublimiert war, und die Sinneslust immer
noch in einer subtilen Form in seinem Verstand lauerte, wurde er ein Opfer

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seiner Leidenschaften. Er verlor sein Ansehen. Der sexuelle Wunsch war
immer noch bei ihm vorhanden und als eine passende Gelegenheit kam,
hatte er nicht die Stärke und Willenskraft, der Versuchung zu widerstehen.
Eine andere große Seele, die von seinen Schülern als ein Avatar angesehen
wurde, wurde ein Yoga Bhrashta, ein vom Yoga gefallener. Er vertrieb
seine Zeit mit Frauen und verübte einen Fehltritt. Er wurde ein Opfer seiner
Lust. Was für ein trauriges Unglück! Yogis klettern unter großen Mühen die
Sprossen des Yoga empor. Sie können aber sehr schnell wieder abstürzen,
wenn sie leichtsinnig, unachtsam oder überheblich sind.

16.1 Die Gefahren einer ungezügelten Phantasie Inhaltsverzeichnis


Die Anwesenheit einer Frau, oder die Erinnerung an eine Frau, sorgen
normalerweise beim Einsiedler, der diese Welt zur spirituellen Läuterung
verlassen hat, für sinnliche Gedanken und berauben ihn um die Früchte
seiner Entbehrungen. Es ist sehr schwer, das Vorhandensein der subtilen
Sinneslust im Verstand von anderen, besonders bei einem spirituellen
Einsiedler zu erkennen, aber der Blick, die Stimme, die Gesten, der Gang
und das Verhalten können einen Anhaltspunkt geben. Bedenke, wie Yogi
Bhartrihari weinend während seiner spirituellen Praxis zu Gott flehte: "O
mein Gott! Ich verließ meine Frau, mein Heim. Ich lebe von Blättern,
Früchten und Wurzeln. Die Erde ist mein Sofa. Der blaue Himmel ist mein
Baldachin. Die Unterkunft ist meine Bekleidung. Aber die Leidenschaft hat
mich nicht verlassen." So ist die Energie der Leidenschaft.
Einfügung vom Übersetzer.

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Die Heilige Julia Eustochium

Eustochium, Julia, Heilige, um 368 nach Christus in Rom aus


altadeligem Geschlecht, † 28.9. 420 nach Christus in Bethlehem.
Eustochium wurde von ihrer Mutter, der heiligen Paula, und deren
Freundin Marcella fromm erzogen. Sie fasste früh den Entschluß,
jungfräulich zu leben, und wurde darin bestärkt durch den Heiligen
Hieronymus, der während seines Aufenthalts in Rom (382-385
n.Chr.) in ihrem Haus wohnte und für sie seine Abhandlung »De
virginitate« schrieb. Als Hieronymus 385 nach Antiochia (heute:
Antakya in der Türkei) reiste, folgte ihm dorthin etwas später Paula
mit ihrer Tochter Eustochium.

Unter seiner Einwirkung hatten die beiden beschlossen, ihre


vornehme Umgebung in der Weltstadt des Westens ganz zu
verlassen und in der Nähe der heiligen Stätten (Bethlehem), wo der
Herr gelebt und gelitten hatte, ihre Tage zu beschließen. Mit
Hieronymus unternahmen sie 385/86 eine Pilgerfahrt in das Heilige
Land und nach Ägypten, wo sie die Einsiedler der nitrischen Wüste
aufsuchten. Paula und ihre Tochter Eustochium ließen sich für
dauernd in Bethlehem nieder und lebten dort in regem Umgang mit
ihrem geistlichen Berater Hieronymus. Paula gründete außer
mehreren Pilgerhospizen ein Mönchs- und drei Nonnenklöster, von
denen sie eines leitete. Als ihre Mutter 404 nach Christus starb,
übernahm Eustochium die Leitung der drei Nonnenklöster. Sie wird
als Heilige verehrt. Ihr Fest ist der 28. September.

Die Heilige Julia Eustochium

Der Heilige Hieronymus


Der Heilige Hieronymus (347 n. Chr. - 30. September 420
n.Chr.) wurde in Stridon (heute Kroatien) geboren, studierte in
Mailand und Rom Grammatik, Rhetorik und Philosophie und
setzte sein Studium in Trier fort, wo er das Klosterleben kennen
lernte, dann in Aquileia (Norditalien), wo er sich 373 n.Chr.
dem asketischen Bund "Chor der Seligen" anschloss. Eine
Wallfahrt ins Heilige Land führte ihn für fünf Jahre zu
Einsiedlern in die Wüste Chalkis bei Aleppo, dem heutigen
Halab in Syrien. 35 Jahre lang wirkte der Heilige Hieronymus
zurückgezogen als Mönch, aber mit intensiver
schriftstellerischer Tätigkeit. Er wurde zu einem der
bedeutendsten Theologen aller Zeiten, oft in seiner
Gelehrsamkeit mit Augustinus verglichen; seiner Briefe an
diesen sind erhalten. Auf Hieronymus zurück geht die
Unterscheidung der Mönche in Anachoreten - das sind die
urchristlichen Asketen, die sich aus allen menschlichen
Bindungen lösen, um allein in Askese und Gebet zu leben - und
Eremiten - das sind jene, die gemeinsam in einer
Mönchssiedlung leben und gewisse Regeln befolgen.

Der Heilige Hieronymus

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Jerome (Hieronymus, bürgerlicher Name: Eusebius Sophronius
Hieronymus, franz.: Jerome, Kirchenlehrer, Heiliger) schreibt über die
jungfräuliche Heilige Eustochium, über ihren Kampf mit der Enthaltsamkeit
und die Energie der Sinneslust: "Wie oft stellte ich mir in der Wüste, in
dieser unermesslichen Einsamkeit, die durch die Hitze der Sonne
verbrannte, in einem schrecklichen Kloster lebend vor, an den Wonnen
Roms teilzuhaben! Aber ich war allein. Meine Glieder wurden durch einen
erbärmlichen Sack bedeckt und meine Haut war so schwarz wie die der
Äthiopier (Ostafrika). Täglich weinte und stöhnte ich. Und wenn mich
wiederwillig der Schlaf überkam, lag mein magerer Körper auf der bloßen
Erde. Gar nicht zu sprechen erst von meiner Ernährung und den Getränken
in der Wüste. Auch Invaliden haben keine Getränke, aber sie haben kaltes
Wasser. Da ich mich aus Furcht vor der Hölle selbst zu diesem Gefängnis,
zu deren Gesellschaft Skorpione und wilden Tieren gehören, verurteilt hatte,
hatte ich häufig die Phantasie, mitten unter einer Gruppe Mädchen zu sein.
Mein Gesicht war blass vom Fasten und in meinem Verstand entflammte
das Feuer der Sinneslust, welches bereits tot zu sein schien.“ So ist die
Energie der Sinneslust.
Ende Einfügung Übersetzer.
Der Verstand ist der Same der Welt. Es ist der Verstand, der diese Welt
gestaltet. Die Welt existiert hauptsächlich innerhalb deines Verstandes. Die
Bilder der Objekte werden von deinem Verstand entworfen. Der Verstand
erzeugt Wünsche und Phantasien, wenn er diese Objekte nicht erhalten kann
und richtet damit großen Schaden an. Sind deine Gedanken aber vollständig
auf Gott gerichtet, dann stirbt die Verhaftung an alle sinnlichen Objekte.
Lebten die Yogis meist in den Wäldern, in den Höhlen des Himalaya oder in
Klöstern, so lebten Jesus und Mohammed zur Kontemplation und um zu
fasten für längere Zeit in der Wüste. Auch die ersten moslemischen Sufis
und frühchristlichen Mönche lebten meist in der Wüste. Die jüdischen
Rabbiner werden niemals müde, die Bedeutung dessen zu unterstreichen,
dass ihnen die Zehn Gebote und die Tora am Berge Sinai in der öden Wüste
geschenkt wurden.

16.2 Der verbotenen Früchte Gottes für den Yogi Inhaltsverzeichnis


Gott unterwirft dem spirituellen Aspiranten einige Versuchungen, um seine
spirituelle Stärke zu prüfen. Er gibt ihm aber auch die Stärke, diese
Versuchungen zu besiegen. Die stärkste Versuchung in der Welt ist die
Sinneslust. Alle Heiligen haben diesen Versuchungen widerstanden. Sogar
Buddha wurde auf seine geistige Reinheit geprüft. Er musste Versuchungen
jeder Art widerstehen. Und zwar nicht nur als er Erleuchtung unter dem
Bodhibaum in Gaya fand. Der Satan versuchte Jesus auf verschiedene
Weise. Die Leidenschaft ist sehr stark. Viele können ihr nicht widerstehen.
Man muss sehr acht geben. Der Yogaschüler muss einen sehr hohen
Standard an geistiger Reinheit entwickeln. Dann alleine wird er in der Lage
sein, solche Prüfungen zu bestehen. Gott versetzt den Yogi in sehr
ungünstige Umfelder, um ihn zu prüfen. Sie werden z. B. von jungen
Mädchen versucht. Ist der Yogi zu Ruhm gekommen, dann hat er oft
Kontakt mit normalen Menschen. Frauen fangen an, sie anzubeten. Sie
werden zu ihren Schülerinnen. Dann müssen die Yogis sehr achtsam sein,
um keine Fehler zu begehen. Solche Abstürze gab es leider schon viele.
Yogis sollten unauffällig leben und sich den normalen Leuten
anpassen.Obwohl sich der Weise Visvamitra in den Veden strengen

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Entbehrungen unterzog, wurde er durch seine unruhigen Sinne
davongetragen, als er zufällig auf eine himmlische Nymphe stieß, die ihm
vom Kriegsgott Indra gesandt wurde, um seine Askese zu stören.Wenn
selbst Visvamitra, der von Blättern, Luft und Wasser lebte, Opfer der
Sinneslust wurde, wie erst mag dann das Leben weltlich gesinnter
Menschen sein, die über ein reiches Nahrungsangebot verfügen? Bevor sie
ihre Leidenschaften kontrollieren, schwimmt das Vindhyagebirge
(Gebirgszug in Nordindien) auf den Ozean und Feuer brennt abwärts.
Der sexuelle Instinkt ist sehr stark. Der sexuelle Drang ist beeindruckend. Er
kann sich selbst in den hintersten Regionen des Verstandes verstecken und
dich überfallen. Bist du einmal nicht aufmerksam, dann greift er dich mit
doppelter Kraft an. Visvamitra wurde ein Opfer der Nymphe Menaka, einer
himmlischen Tänzerin aus dem Palast des Kriegsgottes Indra. Ein anderer
großer Rishi (Weiser) wurde ein Opfer der Nymphe Rambha. Die Asparas
sind Nymphen aus der hinduistischen Mythologie. Unter allen Nymphen
nehmen Rambha, Urvashi, Menaka und Tilottama eine besondere Stellung
ein. Diese vier Nymphen werden von Indra wiederholt zu den Menschen auf
der Erde gesandt, um Weise, die mit ihrer Enthaltsamkeit und ihrem Streben
nach spiritueller Perfektion eine Gefahr für Indras oder anderer Götter
Vormachtstellung zu werden drohen, zu verführen, und sie von ihrem Weg
abzubringen. Der Gelehrte Jaimini (2./3. Jh. n.Chr.), der Verfasser der
Mimansa-Sutren, die sich mit vedischen Opferritualen beschäftigt, wurde
durch die unaufrichtige Masa versucht. Ein anderer mächtiger Weiser wurde
durch den Anblick des Paarungsverhaltens von Fischen ermuntert. Ein
Yogaschüler wurde gar von der Frau seines Gurus mitgerissen. Viele Yogis
sind sich dieser geheimen Bedrängnis, dieses heimtückischen Feindes, nicht
bewusst. Sie denken, dass sie sicher und rein sind. Werden sie aber
versucht, dann werden sie zu hoffnungslosen Opfern. Darum bleibe lieber
alleine, meditiere und beseitige dieses Verlangen.
Geld und Frauen glänzen heller als Gott für einen unwissenden,
leidenschaftlichen Mann. Maya, die Illusion ist sehr stark. Adam verfiel
wegen eines unachtsamen Augenblicks der Versuchung. Die verbotene
Frucht sah in den Augen der Menschen immer schon sehr verführerisch aus.
Eine Säule sieht wie eine himmlische Göttin aus und veranlasst dich, in
Ehrfurcht vor ihr zu verneigen. Die Ketten aus Gold können zerschnitten
werden, aber nicht die seidenen Maschen der Illusion. Ein einzelner
unachtsamer Moment reicht aus, das ganze Schmuckkästchen der Perlen der
guten Vorsätze, in den dunklen Abgrund der Leidenschaften und der
Sinneslust zu stoßen.Verschiebt man Moos in einem Blumenkübel ein
wenig, so hat es schon nach einem winzig kleinen Moment seine
Ausgangsposition wieder eingenommen. So ähnlich wickelt die Illusion
selbst den Klügsten ein, wenn er auch nur eine Minute unachtsam ist.
Darum ist stete Wachsamkeit auf dem spirituellen Pfad erforderlich. Ein
Sprichwort sagt: "Zwischen Glas und Lippe gibt’s manche Klippe.“ Bevor
du anfängst, die Frucht der Weisheit zu essen, hat der Affe der Täuschung
(Maya) sie dir schon aus der Hand geschnappt. Selbst wenn du sie
schluckst, kann sie dir im Halse stecken bleiben. Darum solltest du
wachsam und vorsichtig sein, bis du die höchste Erkenntnis erlangt hast. Du
solltest deine spirituelle Praxis, nicht unter der falschen Annahme beenden,
dass du das Ziel bereits erreicht hast.
Der, der in Abgeschiedenheit lebt, ist Versuchungen und Gefahren stärker
ausgesetzt. Er muss sehr vorsichtig und aufmerksam sein. Der Verstand
wird versuchen, ihn zu verführen, da es niemanden gibt, der ihn zur

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Besinnung ermahnt. Alle unterdrückten und verdrängten Gedanken warten
nur auf eine Gelegenheit, um mit doppelter Kraft anzugreifen. Er ist wie ein
Mann, der sich mit einem Tiger, einer Schlange und einem Bären in einem
Käfig befindet. Die Feinde Wut, Sinneslust und Geldgier werden listig
versuchen, dich zu besiegen. Wenn du den spirituellen Weg allein
beschreitest, dann werden sie versuchen, dich zu überfallen, so wie der Dieb
den einsamen Reisenden im dichten Wald überfällt. Darum lebe lieber in
der Gesellschaft von Weisen. So kannst du dich nicht verirren.

17. Stoppe das lüsterne Schauen Inhaltsverzeichnis


Ein Mann, der das Rauchen und das Trinken aufgegeben hatte, wollte
Brahmacharya praktizieren, obwohl er verheiratet war. Seine Frau hatte
nichts dagegen einzuwenden, aber er selbst hatte einige Mühe damit.
Besonders schwer fiel es ihm, seine Blicke zu kontrollieren. "Die Straße ist
mein Hauptfeind", sagte er vor kurzem zu mir. Das heißt, dass der Blick von
hübschen Frauen angezogen wird. Ein anderer Yogaschüler sagte:
"Während ich Pranayama (Atemübungen), Japa (Mantrameditation) und
Meditation übte, war mein Verstand rein, selbst wenn ich halbnackte junge
Frauen sah. Aber als ich die Praxis nachließ, war ich nicht in der Lage, mein
Schauen zu kontrollieren. Dann wurde mein Blick magisch von hübschen
Frauen und den erotischen Bildern in den Straßen angezogen. Der Strand
und die Einkaufsstraßen sind meine Feinde.“ Die, die Brahmacharya üben,
sollten ihre Blicke kontrollieren. Dieser Impuls kann sonst zu einer Gefahr
werden, da er die Neugier und die sexuellen Wünsche anregt. Durch
lüsterne Blicke erwachen subtile Begierden. Das Betrachten einer hübschen
Frau verursacht den Wunsch, mit ihr zu sprechen. Die Unterhaltung mit
einer hübschen Frau verursacht den Wunsch, sie zu berühren. Vielleicht hast
du unreine Gedanken und wirst zum Opfer deiner Lust. Darum betrachte
keine Frau mit lüsternen Blicken. Sprich mit ihr nicht über intime Dinge.
Sei nicht zu vertraut.

17.1 Kümmere dich um das Gefühl hinter den Blicken Inhaltsverzeichnis


Es hat keinen Nachteil, wenn man einen schönen Gegenstand betrachtet;
aber du musst ein göttliches Gefühl entwickeln. Du solltest glauben, dass
alles eine Erscheinungsform Gottes ist. Reinige deine Gedanken und
Gefühle. Reinheit ist Brahman, Reinheit ist Gott. Sei eine Verkörperung der
Reinheit. Wiederhole geistig das Mantra: "Reinheit, Reinheit. Ich bin
Reinheit, ich bin Reinheit" und versuche diesen unvergleichlichen Zustand
der Reinheit zu erreichen. Du hast keinen lüsternen Blick, wenn du deine
Mutter oder deine Schwester siehst, obwohl sie hübsch, gut gekleidet und
mit Blumen geschmückt sind. Du betrachtest sie mit Zuneigung und Liebe.
In deinem Kopf sind keine lustvollen Gedanken. Du solltest solche reinen
Gedanken auch entwickeln, wenn du andere Frauen betrachtest. Gibt es
Unreinheiten hinter deinen Blicken, dann gleicht dies einem Ehebruch. Eine
Frau mit lüsternem Herzen zu betrachten, gleicht einem sexuellem
Vergnügen. Es ist eine Art Geschlechtsverkehr. Dies ist der Grund, warum
Jesus sagte: "Wenn du eine Frau mit lüsternem Blick betrachtest, hast du
bereits Ehebruch in deinem Herzen begangen."
Du wirst keinen Schaden haben, wenn du eine Frau mit tugendhaftem Blick
betrachtest. Wenn du eine junge Dame betrachtest, dann solltest du denken:
"Ich verneige mich vor dir, O Mutter". Betrachte sie als eine Erscheinung

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der Göttin Kali. Wer hat diesen hübschen Körper geschaffen? Dahinter gibt
es einen allmächtigen, alles durchdringenden und barmherzigen Schöpfer.
Der Körper aber besitzt nur eine vorübergehende Schönheit. Gott der
Schöpfer ist ewige Schönheit. Er ist die Verkörperung der wahren
Schönheit. Er ist die Urquelle der Schönheit. Erkenne seine Schönheit durch
Meditation. Du solltest Gefühle der Hingabe, der Bewunderung und der
Ehrfurcht entwickeln, wenn du auf den Schöpfer dieser Schönheiten
schaust. So kommst du nicht in Versuchung. Studierst du die Vedanta, die
wichtigste Schrift der indischen Philosophie, dann weißt du: "Alles ist das
Selbst (Gott). Die Namen und Formen der äußeren Dinge sind nur
Illusionen. Sie haben keine unabhängige Existenz neben dem Selbst." Wie
sollten die Weisen von einst, den Frauen das Wissen über Atman (Seele)
vermitteln, wenn sie die Frauen nicht anschauten? Viele Frauen betrachteten
es außerdem als eine Ehre, einem Yogi zu dienen. Die Maxime, betrachte
kein Bild von einer Frau, gilt für leidenschaftliche Männer, die keine
Selbstkontrolle besitzen. Der Weise Yajnavalkya lehrte seiner Frau Maitreyi
das Wissen über Atman. Die Tochter von König Janasruti diente dem
Weisen Raikva. Raikva war ein Naishthik Brahmachari, ein Brahmachari,
der das Brahmacharya bereits seit seiner Kindheit praktizierte.
Sogar der befreite Weise, richtet seine Augen aus Gewohnheit auf die
Objekte. Er betrachtet das Innere der Frau als Ausdruck des Atman. Er
empfindet kein sinnliches Verlangen. Der weltliche Mann dagegen
betrachtet das äußere der Frau und entwickelt lustvolle Gedanken. Er denkt
nicht an den Atman, der hinter der äußeren Schönheit ist. Der normale
Mann fühlt sich von der Schönheit der Frau angezogen. Das ist der
Unterschied zwischen einem weltlich orientierten Mann und einem Weisen.
Bei einem Weisen gibt es keine Voreingenommenheit und keine sinnlichen
Gedanken, wenn er eine Frau betrachtet. Der Weise bewundert die
Schönheit einer Frau genau so, wie die Schönheit einer Rose, die Schönheit
des Meeres, der Sterne oder die Schönheit einer Landschaft. Denke daran,
dass die Schönheit einer Frau zur Schönheit der Natur gehört, einer Natur,
die Ausdruck Gottes ist. Wann immer du eine Frau siehst, stelle dir die
Frage: "Wer ist der Schöpfer dieser hübschen Frau?" Und sofort stellt sich
Bewunderung, Demut und Hingabe bei dir ein. Wirfst du aber lüsterne
Blicke auf die Frau, dann beginnt es in dir zu brodeln. Du begehst Ehebruch
im Herzen. Lüsterne Gedanken haben Knechtschaft und Elend zur Folge.
Die Schönheit in den Gesichtern der Frauen, ist die Schönheit Gottes. In
dieser Weise solltest du sie bewundern. Dann wirst du keinen Schaden
nehmen. Frauen sind ein Symbol der Schönheit. Sie sind ein Symbol der
Stärke. Sie sprechen zu dir in der Sprache des Schweigens: "Ich bin eine
Repräsentantin der Adi Sakti, der göttlichen Energie. Sieh Gott in mir. Sieh
die göttliche Mutter Kali in mir. Verwirkliche Gott durch mich. Bete Gott
als Verkörperung der Schönheit an. Verehre ihn als Verkörperung der
Energie. Erkenne seine Allmacht." Denke immer und immer wieder daran,
dass die Schönheit eines Gesichtes, die Schönheit Gottes ist. Göttliche
Gefühle sollten in dir aufsteigen, wenn du in das hübsche Gesicht einer Frau
blickst. Studiere das zehnte Kapitel der Bhagavad Gita, Vibhuti Yoga (Der
erhabene Schatz des Absoluten), immer und immer wieder.

17.2 Wie man unreine Gedanken beseitigt Inhaltsverzeichnis


Unreine Gedanken, die beim Anblick einer Frau entstehen, verschwinden
allmählich, wenn deine Reinheit durch regelmäßiges Japa und Meditation

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wächst. Es dauert einige Zeit, bis die alten lüsternen Eindrücke im
Unterbewusstsein beseitigt sind und sich ein neues Bewusstsein gebildet
hat. Dann steigen allmählich reine Gedanken auf. Richte deinen Blick auf
Gott. Versuche immer wieder, die Frauen als Göttinnen zu betrachten, dich
von der sexuellen Vorstellung zu lösen und nicht im Körperlichen zu
verhaften.Wann immer sich lüsterne Gedanken einstellen, dann denke
daran, dass selbst die hübscheste Frau nur aus Fleisch, Knochen, Urin,
Schweiß und Fäkalien besteht. Dieses verursacht Abscheu und
Leidenschaftslosigkeit. Dann wirst du nie wieder einen unkeuschen Blick
auf eine Frau richten. Frauen, die ebenfalls das Brahmacharya praktizieren,
sollten in ähnlicher Weise vorgehen.
Du solltest nicht nur Abscheu entwickeln, sondern dich auch von der
sexuellen Verhaftung befreien. Bist du nicht extrem erschrocken, wenn eine
Kobra direkt auf dich zukommt? Die gleiche Einstellung solltest du
besitzen, wenn lüsterne Gedanken in deinen Verstand eindringen. Dann nur
wird die sexuelle Anziehung allmählich nachlassen. Selbst auferlegte Bußen
sollen helfen, sich lüsternen Gedanken hinzugeben. Verzichte auf das
Abendessen, wenn du dich lüsternen Gedanken hingegeben hast. Mache
zwanzig Japas (Mantrameditation) mehr auf der Mala (Gebetskette). Trage
einen Lendenschurz oder ein Langoti (eine Art Tanga) um Buße zu tun.
Betrachte eine Frau nicht mit lüsternem Auge. Wenn sie alt ist, betrachte sie
als deine Mutter. Wenn sie jung ist, als deine Schwester. Und wenn sie sehr
jung, als dein Kind. Du kannst das Gefühl entwickeln, das alle Frauen deine
Mütter und Schwestern sind. Befolge eisern diese Praxis. Wenn du auf der
Straße gehst, dann schaue nicht wie ein Affe hierhin und dorthin. Gehe in
dich gekehrt mit würdigen Schritten durch die Straße, in der Haltung eines
Guru. Dies wird es dir erleichtern, nicht gegen die Gebote des
Brahmacharya zu verstoßen.
O Kind von unsterblichem Wesen! Du bist lange Zeit mit lüsternen Augen
durch die Welt gegangen. Kultiviere dein Urteilsvermögen und lerne die
Kunst der Unterscheidung. So gewinnst du ein großmütiges Sehvermögen.
Dann wird dir die ganze Welt als eine Masse kristallisierten Glücks
erscheinen. Dann wirst du kein Übel und keine Hässlichkeit finden. Es ist
nicht zu leugnen, dass die Sinneslust die mächtigste Kraft ist, die man
überwinden sollte. Äußerlich kannst du sagen: "Ich sehe die Frau als meine
Mutter, ich betrachte sie als meine Schwester." Aber selbst wenn du dich
bemühst, alle guten Vorsätze zu beachten, so spielt dir dein Geist doch
immer wieder einen Streich. Es zieht ihn immer wieder in die falsche
Richtung. Immer wieder schleichen sich sinnliche Wünsche und Gedanken
in den Verstand. Sie sind fast ebenso schlimm wie die Tat. Solltest du
einmal auf die Probe gestellt werden, dann wirst du vielleicht hoffnungslos
versagen, da du keine Kontrolle über deine Sinne hast.
Es gibt nichts, was der Yogi nicht erreichen könnte, wenn er seinen
Verstand kontrolliert. Je größer die Schwierigkeit, desto größer ist der Glanz
des Erfolges. Versuche es immer wieder. Betrachte die Frau nicht als
Sexualobjekt. Wenn du dazu nicht in der Lage bist, und die Frauen
weiterhin mit lüsternem Blicken betrachtest, dann stelle dir in deiner
Phantasie das Bild einer Leiche, eines Skeletts oder einer verrunzelten,
kranken und alten Frau vor und behalte es solange in deinem Gedächtnis,
bis du mit Ekel erfüllt bist. Dieses wird dir ermöglichen, deine
Leidenschaften zu überwinden. Gleichzeitig nimm Zuflucht zu den
Lotosfüßen der Göttin Devi, die alle anderen Göttinnen in sich vereint. Bete
zu ihr und bitte sie um die Stärke, den Versuchungen der Leidenschaft zu

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widerstehen und sie zu besiegen. Durch eine aufmerksame und konstante
spirituelle Praxis, wird es dir gelingen, allmählich Fortschritte zu erzielen.
Anmerkung des Übersetzers:
Die Betrachtung der Frau als Leiche oder Skelett, sowie als alte, verrunzelte
und kranke Frau, geht vermutlich auf Buddha zurück. Buddha ersann
insgesamt 40 Meditationsmethoden, wobei sich zehn Meditationsmethoden
auf die Unreinheiten des Körpers bezogen. Detailliert kann man dies im
Palikanon unter "Der Weg zur Erlösung" nachlesen.
Ende Anmerkung Übersetzer.

18. Ernährung und Sexualität Inhaltsverzeichnis


Die Ernährung spielt beim Brahmacharya eine wichtige Rolle. Eine reine
und gesunde Ernährung hat einen reinen Geist zur Folge. Verschiedene
Arten der Ernährung haben unterschiedliche Auswirkungen auf dem
Verstand. Es gibt bestimmte Arten der Nahrung, die den Verstand und den
Körper sehr stark machen. Darum ist es sehr wichtig, dass wir reine und
natürliche Nahrung zu uns nehmen. Die Ernährung und das Brahmacharya
stehen in sehr enger Verbindung. Schenkt man einer gesunden Ernährung
die rechte Aufmerksamkeit, so kann dies das Zölibat erleichtern. Der
Einfluss der Nahrungsmittel auf die Gehirnzellen, das Gefühl und die
Leidenschaften ist bemerkenswert. Es gibt unterschiedliche Bereiche im
Gehirn. Jede Nahrung erzeugt in jedem Bereich des Gehirns seine eigene
Wirkung und einen Einfluss auf den gesamten Körper. Eine Praline hat eine
aphrodisierende Wirkung. Sie stimuliert die Fortpflanzungsorgane.
Knoblauch, Zwiebeln, Fleisch, Fisch, Eier und scharfe Gewürze regen
ebenfalls die Leidenschaften an.
Es ist bezeichnend, wie ruhig und friedlich Elefanten und Kühe sind, die nur
vom Gras leben. Tiger und andere fleischfressende Tiere sind dagegen sehr
wild und unruhig. (Anmerkung des Übersetzers: Löwen und Tiger schlafen
16 bis 20 Stunden am Tag. Ende Anmerkung.) Dein Instinkt und deine
innere Stimme werden dir helfen, die Nahrungsmittel auszuwählen, die für
das Brahmacharya förderlich sind. Setzt man sich mit der gesunden
Ernährung ein wenig auseinander, so weiß man nach einiger Zeit, welche
Lebensmittel das Brahmacharya unterstützen und welche eher die
Leidenschaften entfachen. Dabei kann man sich auch von erfahrenen
Personen beraten lassen.

18.1 Gesunde Lebensmittel Inhaltsverzeichnis


Cheru (gekochter weißer Reis mit Büffelbutter, Zucker und Milch), Havis
Annam (gekochter weißer Reis nur mit Büffelbutter), Milch, Weizen,
Gerste, Brot, Büffelbutter, Butter, getrockneter Ingwer, grüne Sojabohnen,
Kartoffeln, Datteln, Bananen, Quark, Mandeln und Früchte sind gesunde
Lebensmittel. Diese Lebensmittel sind für Yogaschüler sehr hilfreich. Milch
ist eine vollkommene Nahrung. Sie enthält die unterschiedlichsten
nahrhaften Bestandteile in sehr ausgewogenen Anteilen. Früchte sind sehr
gute Energielieferanten. Bananen, Trauben, Orangen, Äpfel, Granatäpfel
und Mangos sind gesund und nahrhaft. Trockene Früchte wie Trauben,
Rosinen, Datteln und Feigen, süße frische Früchte wie Bananen, Mangos,
Breiäpfel (Sapotilla-Äpfel oder Manilafrucht), Melonen, Zitronen
(Limetten), Ananas, Äpfel, Holzäpfel (Wildäpfel, Stammform des

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Kulturapfels), süße Granatäpfel, Zucker und Süßigkeiten, Honig, Sago,
Pfeilwurz (Mehl), Milch, Butter und Büffelbutter, zartes Kokosnusswasser,
Kokosnuss, Mandeln, Pistazien, Erbsen, Hirse, Gerste, Mais, Weizen, Reis
des roten Paddys (ungeschälter Reis), dessen Kleie nur teilweise entfernt
wurde, gut riechender Reis mit süßem Geschmack, alle Zubereitungen von
irgendwelchen Getreidekörnern (Müsli) und weißer Kürbis sind reine
Lebensmittel, die dem Aufrechterhalten des Brahmacharya dienen.

18.2 Lebensmittel, die der Yogi meiden sollte Inhaltsverzeichnis


Vor allem stark gewürzte Gerichte, wie heiße Currygerichte mit Gemüse,
Fleisch und Reis, Chutney (eine würzige süß-saure Soße, häufig werden
Mango, Tomaten oder Zwiebeln als Hauptzutaten verwendet), Paprika,
Fleisch, Fisch, Eier, Tabak, Alkohol, saure Lebensmittel (Brathering, Mixed
Pickles), Öle jeder Art, Knoblauch, Zwiebeln, bittere Lebensmittel, saurer
Quark, veraltete Lebensmittel, Säuren (Essig, Zitronensaft), Schleimhäute
zusammenziehende Lebensmittel (saure Früchtetees, Soda mit Zitronensaft),
scharfe oder gebratene Lebensmittel, überreife und unausgereifte Früchte,
schweres Gemüse und Salz sind für den Brahmachari nicht zu empfehlen.
Zwiebeln und Knoblauch sind schlimmer als Fleisch. Salz ist der
schlimmste Feind. Zu viel Salz regt die Leidenschaft an. Viele Lebensmittel
enthalten Salz. Selbst wenn du keinen Salz nimmst, holt der Körper sich das
notwendige Salz von anderen Lebensmitteln. Der Verzicht auf Salz hilft dir,
deinen Gaumen zu kontrollieren. Dadurch kannst du auch besser deinen
Verstand und deine Sinne kontrollieren.
Alle Arten Erbsen und Bohnen, frisch und gekocht, Urdbohne
(Linsenbohne), Kichererbse, Pferdebohne (Ackerbohne), gekeimtes
Getreide (Weizen, Dinkel, Karmut), Senf, alle Sorten Paprika, Asant
(Gewürz, wegen seines Geruchs auch Teufelsdreck genannt), Linsen,
Auberginen, Okra (Gemüse), Gurken, Malabar Spinat (Basellaceae, weiß
und rot), Bambusspossen, Papaya (Melonen), Moringabaum, alle Arten von
Kürbissen, auch weißer Kürbis und Schlangenkürbis, Rettich, Lauch, Pilze
aller Arten, in öl oder in Büffelbutter gebratene Lebensmittel, Essiggurken
aller Art, gebratener Reis, Sesamsamen, Tee, Kaffee und Kakao sollten
gemieden werden.Weiter sollten alle Arten von Gemüse, Blätter, Wurzeln,
Früchte und Nahrungsmittel, die Blähungen oder Verdauungsbeschwerden,
Leid, Schmerz, Verstopfung oder andere Krankheiten hervorrufen,
vermieden werden. Ebenfalls abzuraten ist von Gebäckzutaten (Füllungen,
Zuckergüssen, Desserts), von Nahrungsmitteln, die trocken und brennend,
bitter, scharf, sauer, salzig, und heiß sind. Von Tabak sowie
Nahrungsmitteln und Getränken, die Alkohol oder narkotische Drogen wie
Opium oder Haschisch enthalten. Lebensmittel, die verjährt sind, die
übermäßig der Kälte ausgesetzt waren, sowie aufgewärmte Speisen, die
ihren natürlichen Geschmack und Geruch, ihre natürliche Farbe oder Form
verloren haben, sollte man nicht essen. Essensreste, die bereits von anderen
Personen, Tieren, Vögeln oder Insekten gegessen wurden, die staubig sind,
die Haare, Stroh oder anderen Abfall enthalten, sowie die Milch des Büffels,
der Ziege oder der Schafe sollten vermieden werden. Zitronesaft, Steinsalz,
Ingwer und weißer Pfeffer sollte nur in Maßen benutzt werden.

18.3 Maßhalten bei der Ernährung Inhaltsverzeichnis


Der Magen sollte zur Hälfte mit gesunden Lebensmitteln gefüllt werden.

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Ein Viertel sollte mit reinem Wasser gefüllt werden. Das letzte Viertel sollte
frei bleiben. Brahmacharins sollten diese Regel streng beachten. Sie sollten
besonders abends wenig Essen und den Magen nicht überlasten. Man
bedenke, dass in den Klöstern bereits um 10.30 zu Mittag gegessen wird.
Nach 12 Uhr mittags sollten die Mönche den ganzen Tag nichts mehr essen.
Gegen 17 Uhr gibt es eventuell noch einen Saft zu trinken. Ein Vielfraß
kann nur davon träumen, ein Brahmachari zu werden. Die Kontrolle des
Gaumens ist eine notwendige Voraussetzung, die Sinneslust zu
kontrollieren, wenn man das Gelübde des Brahmacharya beachten möchte.
Zuerst muss der Gaumen kontrolliert werden. Dann wird es leicht, die
Leidenschaft zu kontrollieren. Es gibt einen Zusammenhang zwischen dem
Gaumen und den Geschlechtsorganen.
Der Gaumen ist das Organ des Wissens. Er wird getragen vom reinen Teil
des Urelements Wassers. Das Zeugungsorgan dagegen ist ein Organ der
Tätigkeit. Es wird getragen vom belebenden Teil des Urelements Wasser.
Sie sind verschwisterte Organe, die derselben Quelle entspringen. Wenn der
Gaumen mit anregender Nahrung stimuliert wird, werden auch die
Geschlechtsorgane angeregt. Darum sollte bei der Ernährung eine bewusste
Auswahl und Begrenzung getroffen werden. Die Nahrung eines
Brahmachari sollte einfach, schonend, ungewürzt und nicht anregend sein.
Das Maßhalten bei der Ernährung ist sehr wichtig. Den Magen zu überfüllen
ist in hohem Grade gesundheitsschädlich. Besonders der Verzehr von
Früchten ist sehr vorteilhaft. Man sollte nur Essen, wenn man wirklich
Hunger hat. Der Magen neigt mitunter dazu, dich zu überlisten. Dann hast
du das Gefühl, du hättest Hunger. Setzt du dich dann aber hin, um etwas zu
essen, hast du keinen Appetit mehr. Das Fasten kann ein sehr nützlicher
Helfer bei einer gesunden Ernährung und bei der Praktizierung von
Brahmacharya sein. Du solltest das Fasten nicht ignorieren und dich einmal
damit auseinander setzen.

18.4 Das Fasten - eine reinigende Übung Inhaltsverzeichnis


Das Fasten kontrolliert die Leidenschaft. Es beseitigt die sexuelle Erregung,
beruhigt die Emotionen und kontrolliert die Sinne. Leidenschaftliche junge
Männer und Frauen sollten gelegentlich Zuflucht zum Fasten nehmen. Es
erweist sich als sehr vorteilhaft. Das Fasten ist eine gute Bußübung. Es
reinigt den Verstand und vernichtet sehr viele Sünden. Die Shastras, die
heiligen Schriften, schreiben Chandrayana Vrata (Vrata = Gelübde),
Krichara Vrata, Ekadasi Vrata und Pradosha Vrata für die Reinigung des
Verstandes vor. Chandrayana Vrata ist eine Essensregel, die mit fünfzehn
Bissen Nahrung am Tage des Vollmondes beginnt. Von da an soll das Essen
tagtäglich bis zum Neumond um einen Bissen verringert, ab dem Neumond
täglich wieder um einen Bissen vermehrt werden, bis die fünfzehn Bissen
zum Vollmond wieder erreicht sind. Unter dem Ekadasi Vrata versteht man
das Fasten am Ekadasi-Tag: Das ist der 11. Tag nach Vollmond und der 11.
Tag nach Neumond. An diesen Tagen sollten man sich nur von Obst und
Milch ernähren. Das Pradosha Vrata ist die Anrufung Shivas mit der Bitte
um Erfolg in allen Unternehmungen und die Erfüllung aller
Herzenswünsche, in der Abenddämmerung des 13. Tages jeder Mondhälfte.
Auch am Pradosha-Tag sollte man fasten.
Das Fasten kontrolliert den Gaumen, den großen Feind der Enthaltsamkeit.
Wenn du fastest, dann erlaube dem Verstand nicht, an köstliche Gerichte zu
denken, weil du sonst keinen Erfolg beim Fasten haben wirst. Das Fasten

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regeneriert die Atemwege, den Kreislauf, das Verdauungssystem und die
Harnwege. Es scheidet alle Verunreinigungen, Harnsäuren und Gifte des
Körpers aus. So wie unreines Gold durch Schmelzen gereinigt wird, so wird
der unreine Verstand durch Fasten gereinigt. Junge und robuste
Brahmacharins sollten fasten, wenn sie von der Leidenschaft bedrängt
werden. Du kannst während des Fastens sehr gut meditieren, da der
Verstand ruhig und gelassen ist. Du solltest die Fastenperiode für eine
konsequente Meditation nutzen, da die Sinne sehr ruhig sind. Du solltest alle
Sinne zurückziehen und den Verstand auf Gott richten. Bete zu Gott und
bitte ihn um seine Führung, dass er deinen Weg mit seinem Licht erleuchte.
Bitte in Andacht: "O Gott! Mögest du mich erleuchten. Führe mich, schütze
mich. Ich bin dein, mein Gott!“ Du wirst Reinheit, Licht, Stärke und Wissen
erhalten. Das Fasten ist eine der 10 religiösen Vorschriften des Yoga.
Vermeide übertriebenes Fasten. Es erzeugt Schwäche. Benutze deinen
gesunden Menschenverstand. Die, die nicht in der Lage sind, einen ganzen
Tag zu fasten, sollten neun oder zwölf Stunden lang fasten. Abends oder
Nachts können sie dann Milch und Früchte zu sich nehmen.
Während des Fastens haben die Verdauungsorgane wie der Magen, die
Leber und die Bauchspeicheldrüse Ruhe. Schlemmerer und unermüdliche
Esser erlauben diesen Organen nicht, wenigstens einmal für ein paar
Minuten zu ruhen. Folglich sind diese Organe häufiger krank. Diabetes
(gestörte Insulinproduktion), Verdauungsstörungen und Hepatitis
(Leberentzündungen) haben ihre Ursachen in der Überfettung. Neunzig
Prozent aller Menschen essen mehr, als der Körper eigentlich braucht. Das
Überessen ist zu ihrer Gewohnheit geworden. Das hat sehr viele
Krankheiten zur Folge. Gelegentliches Fasten ist sehr sinnvoll, um eine gute
Gesundheit zu erhalten, die inneren Organe zu entlasten und Brahmacharya
zu praktizieren. Krankheiten, die von den Medizinern mitunter als unheilbar
eingestuft wurden, wurden oft durch Fasten kuriert. Das Fasten erzeugt
Willensenergie und Ausdauer. Manu, das hinduistische Gesetzbuch,
betrachtet das Fasten als Hilfsmittel, um sich von den fünf Todsünden (Gier,
Hass, Nichtwissen, Stolz und Neid) zu befreien.
Es ist besser, während des Fastens, entsprechend der Temperatur und
Neigung, eine große Menge kaltes oder lauwarmes Wasser zu trinken. Es
spült die Nieren, entfernt das Gift und alle Verunreinigungen des Körpers.
Du kannst dem Wasser auch einen halben Teelöffel Backpulver (Natron,
Soda Bicarbonat) hinzufügen. Natron wirkt entgiftend. Die, die zwei oder
drei Tage fasten, sollten ihr Fasten nicht durch eine feste Nahrung
unterbrechen. Sie sollten einen Fruchtsaft nehmen, entweder Orangensaft
oder Granatapfelsaft. Sie sollten den Saft in kleinen Schlücken trinken. Das
Reinigen des Darmes bringt alle Giftstoffe, die sich seit Jahren im Darm
abgelagert haben, nach außen. Ein reiner Darm nimmt dann die Vitamine
und Mineralien wesentlich besser auf. Beginne am Anfang an einem Tag zu
fasten. Dann erhöhe langsam die Anzahl der Tage, entsprechend deiner
inneren Stärke. Es kann sein, dass du am Anfang eine leichte Schwäche
fühlst. Der erste Tag kann sehr ermüdend sein. Am zweiten oder dritten Tag
fühlst du dich sehr glücklich. Der Körper fühlt sich sehr leicht an.

Während des Fastens fällt das geistige Arbeiten dir leichter. Die, die
häufiger fasten, haben ihre Freude daran. Am ersten Tag möchte der
Verstand dich auf vielfältige Art verleiten, etwas zu essen. Bleibe standhaft
und trotze der Versuchung. Praktiziere während des Fastens mehr Japa
(Mantrameditation) mit dem Gayatri-Mantra oder einem anderen Mantra.
Fasten ist eher ein geistiges als ein körperliches Handeln. Du solltest das

107
Fasten für höhere spirituelle Zwecke nutzen. Richte deine Gedanken auf
Gott und denke über den Sinn des Lebens nach. Stelle dir die Fragen "Wer
bin ich?" und "Was ist Atman (Seele) oder Brahman (Gott)?" Was sind die
Mittel und Wege, um Gott zu erreichen? Seid ohne Furcht und Sorgen und
ruht in der Reinheit für immer und ewig. Meine lieben Brüder! Haben dich
diese Zeilen zum Fasten ermutigt? Dann beginne sofort damit. Friede euch
allen!

19. Feuchte Träume und Samenverlust Inhaltsverzeichnis


Viele junge Männer sind mit feuchten Träumen (nächtliche Orgasmen,
Pollutionen) und unfreiwilligem Samenverlust ohne Orgasmus
(Spermatorrhoe) konfrontiert. Zu Spermatorrhoe kommt es bei Menschen,
die statt natürlicher Nahrung Nüsse, Cerealien (Müsli, Frucht- und
Müsliriegel, Extrudaten (Snack- oder Frühstückserzeugnisse aus Maisgrieß,
Maismehl, Reis-, Hafer-, Hirse-, Roggen-, Weizenmehl und Kartoffelstärke,
z.B. Erdnussflips, Kleieflips), Loops, Crisps und Cornflakes), Fleisch,
Fisch, Milchprodukte, Salz, Tee, Kaffee und alkoholische Getränke zu sich
nehmen und die rauchen. Die erste Wirkung dieser Reizmittel besteht darin,
dass der Mann seine Geschlechtskraft überschätzt, da er aufgeputscht ist.
Das führt zu übertriebenem Sexualverkehr oder zu Masturbation
(Selbstbefriedigung), mit dem Ergebnis, dass die Organe geschwächt
werden. Anfangs treten Pollutionen durch wollüstige Träume und
Erektionen auf; doch mit der fortschreitenden Schwächung kommt es auch
beim Urinieren und beim Stuhlgang zur ungewollten Samenabgabe. Infolge
der unnatürlichen Reiznahrung hat sich Spermatorrhoe entwickelt. Aus all
dem ist zu ersehen, wie wichtig eine natürliche Ernährung für das
Geschlechtsleben des Mannes ist.
Die Spermatorrhoe, diese entsetzliche Krankheit, hat viele brillante
Jugendliche unglücklich gemacht, die einst gute Schüler waren und denen
sonst eine glänzende akademische Laufbahn bevorgestanden hätte. Diese
schreckliche Krankheit hat vielen Schülern und auch Erwachsenen die
Vitalität geraubt, sie ausgelaugt und sie körperlich, moralisch und geistig zu
Grunde gerichtet. Sie hat das Wachstum vieler junger Leute gehemmt und
sie zu unwissenden und lasterhaften Menschen werden lassen. Diese
bemitleidenswerte Krankheit hat die Hoffnungen vieler junger Männer
vereitelt und Verzweiflung, Trübsinn, eine zerrüttete Gesundheit und eine
ruinierte seelische Verfassung hinterlassen. Ich erhalte zahlreiche Briefe mit
mitleiderregenden Geschichten von ausschweifenden und verlorenen
Jugendlichen. Die kulturelle Entwicklung besteht in der Zunahme von
billiger pornographischer und erotischer Literatur und von obszönen Filmen,
die zum seelischen und gesundheitlichen Ruin der fehlgeleiteten Jugend
beitragen. Der Verlust der lebenswichtigen Energie erzeugt große Angst.
Der Körper wird schwach, das Gedächtnis lässt nach, das Gesicht verliert an
Ausstrahlung und der junge Mann ist irgendwann nicht mehr in der Lage,
seinen bemitleidenswerten Zustand zu beenden. Aber es gibt keinen Anlass
zum Verzweifeln. Wenn du die Tipps der folgenden Seiten beachtest,
entwickelst du eine vernünftige Haltung zum Leben, führst ein
diszipliniertes, spirituelles Leben und erreichst schließlich höchstes Glück.

19.1 Normale und krankhafte Pollution Inhaltsverzeichnis


Spermatorrhoe ist eine ungewollte Samenabgabe. Der Patient führt den

108
Samen zusammen mit dem Urin während der Harnentleerung ab. Wenn es
gelegentlich zu einer ungewollten Samenabgabe kommt, dann brauchst man
nicht weiter beunruhigt zu sein. Die ungewollte Samenabgabe kann auf eine
erhöhte Körperwärme, auf den Druck der gefüllten Därme oder auf eine
gefüllte Blase zurück zu führen sein, die auf die Prostata bzw. auf die
Samenbläschen drückt. Dieses sind keine krankhaften Zustände. Nächtliche
Orgasmen, Pollutionen und feuchte Träume sind synonyme Bezeichnungen.
In einigen Fällen findet auch tagsüber ein Samenerguss statt. Ein Orgasmus
kann auch in körperlichen Extremsituationen auftreten, verursacht etwa
durch exzessives Beten oder Hungern, extreme körperliche Betätigung
(Leistungssport), bei körperlichen Schmerzen (auch außerhalb sexuell
betonter Sado/Maso-Praktiken), in massiven Angst- oder
Bedrohungssituation, oder durch Gewalterlebnisse bei Opfern oder Tätern.
Der Orgasmus könnte hierbei die Funktion haben, eine Überreizung des
Nervensystems vorzubeugen und emotional aus der überfordernden
Situation auszusteigen (Orgasmus).
Es gibt zwei Arten von Pollutionen, nämlich normale und krankhafte. Bei
der normalen Pollution findet eine Auffrischung statt. Du solltest über
diesen Vorgang nicht weiter besorgt sein, wenn die Samenentleerung nur
gelegentlich geschieht. Dies ist ein geringfügiger periodischer Abfluss des
Samens, um die Vorratsspeicher, in der das Ejakulat aufbewahrt wird, zu
reinigen und vor dem Überlauf zu schützen. Wegen dieses Vorganges
braucht man kein schlechtes Gewissen zu haben. Möglicherweise bemerkt
man den nächtlichen Orgasmus, der ja im Schlaf geschieht, nicht einmal.
Bei krankhaften Pollutionen allerdings, wird der Samenerguss von sexuellen
Gedanken begleitet. Depressionen sind die Folge. Es stellen sich
Reizbarkeit, Trägheit, Faulheit, und die Unfähigkeit zu arbeiten und sich zu
konzentrieren, ein. Gelegentliche Pollutionen dieser Art sind ohne
Konsequenz. Aber häufige Pollutionen dieser Art verursachen
Depressionen, Erschöpfung, Verdauungsstörungen, Niedergeschlagenheit,
Vergesslichkeit, Rückenschmerzen, Kopfschmerzen, Augenbrennen,
Schläfrigkeit und ein brennenden Empfinden beim Harnlassen und beim
Samenfluss. Der Samen wird außerdem dünnflüssig.

19.2 Ursachen und Konsequenzen Inhaltsverzeichnis


Feuchte Träume und ungewollter Samenverlust können die verschiedensten
Ursachen haben: Verstopfung, ein überfüllter Magen, Lebensmittel, die zu
stark reizen (scharfe Gewürze) oder Gase erzeugen, unreine Gedanken und
häufige Selbstbefriedigung aus Unwissenheit und Gewohnheit.
Samenverlust, nächtliche Orgasmen, wollüstige Träume und alle anderen
Auswirkungen eines unsittlichen Lebenswandels, führen zum
Unglücklichsein, wenn sie nicht durch eine verantwortungsbewusste
Medizin erkannt wird. Aber die Medizin kann dem Patienten keine
dauerhafte Heilung bescheren. Ein Patient kann eine vorübergehende
Erleichterung erfahren, wenn er eine Medizin nimmt. Selbst westliche Ärzte
sagen, dass solch eine Medizin keine dauerhafte Heilung bewirken kann.
Von dem Moment an, wo die Medizin wieder abgesetzt wird, treten die
alten Leiden wieder auf.
In einigen Fällen wird der Patient durch den Gebrauch von Medikamenten
sogar impotent. Die einzig erfolgversprechende und dauerhafte Heilung
kann nur durch Yoga erreicht werden. Nasti Yogat Param Balam (Keine
Kraft ist größer als Yoga.) Die unterschiedlichen Methoden, die in diesem

109
Buch beschrieben werden, führen zum Erfolg, wenn du sie regelmäßig
praktizierst. Lass dich nicht durch die bombastischen Anzeigen beirren, die
von den Wunderdoktoren und Scharlatanen veröffentlicht werden. Führe ein
einfaches natürliches Leben. Und bald wird es dir wieder gut gehen. Gib
dein Geld nicht für sogenannte Wundermedizin oder irgendwelche
Besonderheiten aus. Sie sind wertlos. Die Wunderdoktoren versuchen nur
die Leichtgläubigen und Unwissenden auszunutzen. Gehe nicht zu solchen
Ärzten. Trachte danach, dein eigener Arzt zu sein. Bemühe dich darum, die
Naturgesetze, die Grundregeln der Hygiene und Gesundheit zu verstehen.
Verstoße nicht gegen die Gesetze der Gesundheit.

19.3 Masturbation und Zorn Inhaltsverzeichnis


Vermeide alle Arten von Selbstbefriedigung. Sie berauben dich deiner
lebenswichtigen Energien. Hinterher fühlst du dich wie ein toter Mann oder
wie ein ausgepresstes Zuckerrohr. Der Samen ist in der Tat ein
unbezahlbarer Schatz. Vergeude ihn nicht für eine momentare Erregung und
Sinneslust.Beende sofort diese schlechten Gewohnheiten. Du wirst dich
sonst nur selber ruinieren, wenn du diese Praxis weiter fortsetzt. Öffne deine
Augen. Wache auf. Werde weise. Meide schlechte Gesellschaft und lerne
tugendhaft zu sein. Bis heute warst du blind und unwissend, in der
Dunkelheit gefangen. Du hattest keine Ahnung von den unheilvollen
Auswirkungen der Masturbation (masturbieren = selbstbefriedigen). Du
verlierst dein Sehvermögen. Deine Sehkraft wird getrübt. Du bekommst
zerrüttete Nerven. Richte deine Aufmerksamkeit nicht immer wieder auf die
Sexualorgane. Berühre sie nicht immer wieder mit den Händen. Dieses wird
nur immer wieder deine Leidenschaften erwecken. Hast du eine Erektion,
dann praktiziere Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels) und
Uddiyana Bandha (Bauchverschluss).
Unter Mula Bandha versteht man das Zusammenziehen der
Anusschließmuskeln. Es zieht das Prana nach oben und öffnet den
Sushumna, den feinstoffliches Energiekanal in der Wirbelsäule. Uddiyana
Bandha besteht aus einem Einsaugen des unteren Bauchs. Dazu atme
vollständig aus und presse auch das letzte bisschen Luft aus deinen Lungen.
Nun stütze deine Hände auf deine leicht gebeugten Knie, die Arme sind
gerade und ziehe den Unterbauch mehrmals ein. Uddhiyana Bandha hilft,
das Prana in die Sushumna zu bringen und das Prana in der Sushumna über
das Manipura Chakra (Solarplexus, Sonnengeflecht, Sitz der Emotionen)
hinaus nach oben fließen zu lassen. Wiederhole mehrmals aufmerksam das
Mantra "OM". Denke an die Reinheit. Mache zwanzig Atemübungen. Und
die lüsterne Wolke wird sich bald verzogen haben. Sexuelle
Ausschweifungen und Zornesausbrüche sind eng miteinander verwandt.
Beendet man die sexuellen Ausschweifungen, dann legen sich allmählich
auch die Wutausbrüche. Ist der Verstand ruhig und ausgeglichen, dann hast
du eine wundervolle Gesundheit, Kraft und Potenz. Durch den Zorn wird
die Energie nur unnötig verbraucht und die Zellen und das Gewebe mit
krankhaften Giftstoffen belastet. Das wird verschiedene Arten von
Unpässlichkeiten zur Folge haben. Das Blut wird heiß und dünnflüssig. Das
kann nächtliche Pollutionen zur Folge haben. Verschiedene Arten von
nervösen Krankheiten sind auf den Verlust der Samenenergie
zurückzuführen. Es ist häufig die Ursache von Wut und Zorn.

110
19.4 Eine gesunde Ernährung und Verdauung Inhaltsverzeichnis
Die meisten Krankheiten haben ihren Ursprung in der Völlerei. Darum achte
auf eine maßvolle Ernährung. Vermeide vor allem späte Abendessen. Die
Abendmahlzeit sollte leicht verdaulich sein und zwischen 18 und 19 Uhr
eingenommen werden. Wenn möglich, nimm Abends nur Milch und Früchte
zu dir. Nach dem Sonnenuntergang sollte man möglichst keine feste oder
flüssige Nahrung mehr zu sich nehmen. Wenn du Milch trinkst, mische
etwas Ingwer (Gewürz) unter. Oder koche etwas frisch zerdrücktes Ingwer
mit Milch, bevor du sie trinkst. Iss möglichst kein Chutney (eine würzige
süß-saure Soße), kein Knoblauch, keine Zwiebel und keine scharfen
Gewürze. Heißer Curry, Chili (scharfe Paprika) und Chutney machen den
Samen wässrig und führen häufig zu feuchten Träumen. Iss milde,
beruhigende, nichtreizende, einfache Nahrung. Gib das Rauchen und den
Alkohol auf. Trink weder schwarzen Tee noch Kaffee. Iss weder Fleisch
noch Fisch. Hast du nachts den Drang zur Harnentleerung, dann stehe sofort
auf, um die Blase zu leeren. Eine gefüllte Blase kann eine Ursache für
feuchte Träume sein. Darum sollte man, bevor man zu Bett geht, die Blase
entleeren. Bei einer Verstopfung und gefüllten Därmen, findet ein Druck auf
die Samenbläschen statt, die sich zwischen der Blase und dem Darm
befinden und in denen sich etwa 45 bis 80 % des Ejakulats befindet.
Dadurch kann es zu einer Pollution kommen.
Einer Verstopfung kann mit einer Darmspülung am wirkungsvollsten
begegnet werden. Der Gebrauch von Abführmitteln ist bei einer
Verstopfung nicht zu empfehlen, da es Hitze im Körper erzeugt. Hitze
begünstigt ebenfalls Pollutionen. Darum ignoriere nicht das Drängen der
Natur, wenn der Körper sich entleeren möchte. Sind Würmer im Darm,
dann entferne sie durch eine Wurmkur, einem Abführmittel oder durch
Rizinusöl. Dies hält die Därme gesund. Manchmal geschehen Pollutionen
auch durch einen überfluss an Wärme im Körper. Dieses kann durch langes
Gehen oder Reisen geschehen, durch das Essen großer Mengen Konfekts
oder durch den Genuss von Chili und Salz. Verzichte auf Tee, Kaffee, Chili
und nimm nur wenig Bonbons und Zucker zu dir. Vermeide leckere
Gerichte, Soßen, Käsetörtchen, kleine Toasts oder kleine Pastetchen (die
besonders in Großbritannien und den USA als Vorspeise oder als Ende einer
Hauptmahlzeit statt der sonst üblichen Käseplatte gereicht werden) und
Gebäck. Faste gelegentlich, sagen wir einmal wöchentlich. Trinke am
Fastentag nicht einmal Wasser. Und fahre nicht zu viel Fahrrad. Kaue
häufig Stücke der gelben Arura (Terminalia chebula, Myrobalanenbaum).
Kommt es nachts häufiger zu Pollutionen, dann solltest du zwei zerdrückte
Campfer (Campherbaum, auch Campherlorbeer genannt, Cinnamomum
camphora, die Früchte sind erbsengross, oval und schwarz) in einer Schale
Milch auflösen und sie nachts gelegentlich nehmen. Trink davon die eine
Hälfte in der Nacht und die andere Hälfte am frühen Morgen.

19.5 Stehe morgens um 4 Uhr auf Inhaltsverzeichnis


Nächtliche Pollutionen treten im Allgemeinen im vierten Viertel der Nacht
auf. Die, die es gewohnt sind, zwischen 3 und 4 Uhr morgens aufzustehen,
und die, die ihren Tag mit Japa (Mantrameditation) und Meditation
beginnen, können daher kein Opfer von nächtlichen Pollutionen werden.
Mache es dir zur Angewohnheit, jeden Morgen um 4 Uhr aufzustehen.
Schlafe möglichst auf einer rauhen Unterlage. Benutze am besten rauhe
Matten. Schlafe auf der linken Seite. Erlaube dem Sonnen-Nadi, Pingala,

111
während der Nacht durch das rechte Nasenloch zu atmen. In medizinisch
bedingten Fällen, schlafe bis zur Genesung auf dem Rücken. Es gibt auf
jeder Seite der Wirbelsäule einen Energiekanal. Der linke wird als Ida
bezeichnet und der rechte als Pingala. Diese sind zwei der drei wichtigsten
Energiekanäle (Nadis), subtile Kanäle, die das Prana (Lebensenergie) leiten.
Im Ida Nadi bewegt sich die Mondenergie, im Pingala Nadi die
Sonnenenergie. Ida (Mondenergie) ist kühlend, Pingala (Sonnenenergie) ist
erhitzend. Ida fließt durch das linke Nasenloch und Pingala durch das rechte
Nasenloch. Der Mond (Ida, links) hat die Natur des Tamas (Trägheit oder
Faulheit) und die Sonne (Pingala, rechts) die Natur von Rajas (Leidenschaft
oder Aktivität). Gift hat Eigenschaften der Sonne und Nektar solche des
Mondes.
Der Atem fließt 1-2 Stunden lang überwiegend durch das rechte Nasenloch.
Dann ist Pingala Nadi (Sonne, Leidenschaft) aktiv. Anschließend fließt der
Atem 1-2 Stunden lang überwiegend durch das linke Nasenloch. Dann ist
Ida Nadi (Mond, Trägheit) aktiv. Man ist emsig mit weltlichen Dingen
beschäftigt, wenn das Prana durch Ida und Pingala fließt. Wenn die
Sushumna (Zentralkanal in der Wirbelsäule) aktiv wird, ist man wie tot für
die Welt und tritt in Samadhi (Überbewußtsein) ein. Ein Yogi gibt sein
Bestes, um das Prana in der Sushumna, die auch als das zentrale Brahman
Nadi bekannt ist, zum Fließen zu bringen. Bist du verheiratetet, dann schlafe
in einem getrennten Raum. Du solltest deiner Frau niemals erlauben, nachts
deine Beine zu massieren. Das wäre eine unvorsichtige Praxis. Um den
Samen zu schützen, ist es unerlässlich, die Geschlechtsteile nachts zu
bekleiden. So vermeidet man nächtliche Samenergüsse und den Wachstum
der Hoden. Darum trage immer ein Langoti (eine Art Tanga) oder ein
Kaupin (Lendenschurz). So bekommst du keine Blasenentzündung oder eine
Hodenerkrankung. Dies hilft dir, das Brahmacharya aufrecht zu erhalten.
Lege dich mit einem nassen Lendenschurz ins Bett, wenn die Krankheit sehr
unangenehm ist. Die Feuchtigkeit saugt die Gifte aus dem Körper.Es ist für
den Brahmachari sinnvoll, hölzerne Sandalen zu tragen. Dadurch wird der
Samen konserviert, das Sehvermögen gefördert, das Leben verlängert und
die Heiligkeit und der Glanz werden erhöht.

19.6 Nimm Zuflucht zum Namen Gottes Inhaltsverzeichnis


Sobald du morgens aufgestanden bist, praktiziere für eine oder zwei
Stunden Japa (Mantrameditation) und Meditation. Mache dies auch, bevor
du um 22 Uhr Abends schlafen gehst. Dies ist eine gute Reinigungsübung.
Dieses wird den Verstand und die Nerven stärken. Es bewirkt die beste
Heilung. Wiederhole das Mantra: "Punarmamaitu Indriyam" (Stelle meine
verlorene Stärke wieder her.). Bete am frühen Morgen vor Sonnenaufgang
zur Sonne: "Oh Gott, Suryanarayana, Auge der Welt, Auge der universellen
Seele, gib mir Gesundheit, Stärke, Kraft und Lebensenergie." Wiederhole
diese Mantras und Anrufungen der Sonne bei Sonnenaufgang früh am
Morgen. Du wirst gesund, stark und vital sein und sehr gut sehen.
Gebet zu Gott
Oh anbetungswürdiger, mitleidiger Gott. Gegrüßt seist Du. Gib’ mir innere
Kraft, Versuchungen zu widerstehen. Lass dieses Ego, das härter ist als
Granit oder Diamanten, schmelzen und in Dir aufgehen. Lass mich immer
Dein auserwählter Spielgefährte sein in Deinem wundervollen Spiel des
Universums. Lass mich Dein geheimnisvolles Spiel verstehen. Mache mich
immer zu einem Kanal Deiner Liebe zu allen Deinen Kindern. Benutze

112
meinen Körper, meine Sinne und meinen Geist als Instrumente für Dein
ungehindertes Spiel. Oh heimliche Liebe! Oh unvergängliche Schönheit!
Lass meine Seele friedvoll in Dir ruhen in alle Ewigkeit.
Oh Licht der Lichter! Oh Strahlender! Ich lebe für Dich. Ich sehe Dich im
Lächeln der Kinder, in den Tränen der Betrübten, in meinen Gedanken und
Gefühlen, im Morgentau des Himalaya und in den Strahlen der Sonne. Mein
Zimmer ist erfüllt von Deiner süßen Gegenwart. Ich nehme Deine gütige
Gnade mit meiner täglichen Nahrung zu mir. Ich koste Deine strahlende
Liebe mit meinen täglichen Getränken. Du bist ein Ozean voll Liebe und
Mitleid. Lass meine Liebe zu Dir eine stürmische Flamme werden. Nimm
jedes Übel von mir. Erfülle mein Herz mit Reinheit, Güte, Liebe und
höchsten Tugenden. Mache mich unsterblich.
Oh Gott! Enthülle mir Deine bezaubernde Form. Lass mich Deine lebendige
Gegenwart spüren. Erfülle mein Herz mit Liebe. Lass mich in Dir aufgehen.
Lass mich auf dem Pfad der Rechtschaffenheit wandeln. Reinige meinen
Geist von allen schlechten Gedanken. Hilf mir, meinen Geist auf Deine
Lotusfüße zu richten. Umarme mich und mache mich rein. Lehre mich, in
die Stille zu gehen und Deine Herrlichkeit zu genießen. Erleuchte meinen
Geist mit dem Licht wahrer Erkenntnis. Bringe mein versteinertes Herz zum
Schmelzen und lasse es Dir zufließen.

19.7 Heilung bei Krankheiten Inhaltsverzeichnis


Bei schwereren Erkrankungen dauert die Heilung mindestens einen bis
sechs Monate, entsprechend der schwere der Krankheit. Ist die Krankheit
langjährig, kann die Heilung länger dauern. Die Natur arbeitet langsam, aber
sicher. Wann immer du durch sinnliche Gedanken verfolgt wirst, solltest du
versuchen, sie durch heilige Gedanken zu ersetzen. Beachte die Krankheit
einfach nicht. Ignoriere sie. Leugne sie. Denke und meditiere über das reine
Selbst. Suche dir eine Beschäftigung, die dich ausfüllt. Gib dem Verstand
keine Gelegenheit, sich mit der Krankheit zu beschäftigen. So sollte man
alle Krankheiten behandeln. Singe Gottes Namen auf verschiedene Art und
Weise oder lies ein wenig in den heiligen Schriften. Hilf selbstlos anderen
Menschen. Jogge in der frischen Luft. Schwimme im See. Schreibe dein
persönliches Mantra eine Stunde lang in dein Notizbuch.
Reinige deinen Verstand, indem du Hingabe zu Gott kultivierst. Praktiziere
Japa und meditiere. Lies religiöse Bücher. Bete zu Gott und beachte das
Brahmacharya. Halte dich nicht unnötigerweise mit Frauen auf. Sieh' in
allen Frauen die heilige Mutter. Richte deine Aufmerksamkeit auf das
Selbst: "Ich bin Dein, mein Herr. Alles ist Dein. Dein Wille geschehe."
Vermeide Kinos, Romane, Zeitungen, schlechte Gesellschaft, oberflächliche
Gespräche. Sei nicht eitel und schaue nicht unentwegt in den Spiegel.
Benutze keine Parfüms und verzichte auf extravagante Mode. Vermeide
Tanz- und Musikveranstaltungen. Schaue keinen Tieren bei der Paarung zu.
Vermeide Faulheit, Trägheit und Bequemlichkeit. Überwinde die
Denkfaulheit und beschäftige den Verstand mit nützlicher Arbeit. Halte den
Verstand mit den großen Geheimnisse des Brahmacharya beschäftigt. Führe
ein diszipliniertes Leben und denke nicht zu viel über deine Krankheit nach.
Dann wird sie bald verschwinden. Wenn sich schlechte Gedanken
einschleichen, dann wiederhole den Namen Gottes und bete zu ihm.
Schließlich ist die Gnade Gottes, seine helfende Hand, die sicherste Heilung
von allen Krankheiten. Vertraue auf Gott. Ergebe dich in Liebe der Reinheit
und Frömmigkeit. Pflege erhabene Gedanken und lies in den heiligen

113
Schriften. Und nichts wird dir Kummer bereiten.
Bald wird deine Krankheit verschwunden sein. Sei darum nicht ängstlich,
besorgt und deprimiert. Deprimierende Gedanken sind gefährlich. Die Sorge
belastet dich nur noch mehr. Brüte nicht zu sehr über Vergangenes. Ändere
deinen Blickwinkel. Meditiere über die Vorteile des Zölibats. Denke über
das Leben der Akhanda Brahmacharins, wie Hanuman, Bhishma und
anderer nach, die während einer Periode von zwölf Jahren nicht einen
Tropfen Samen vergeudet haben. Denke über die Nachteile eines sinnlichen
Lebens nach, an den Verlust der Gesundheit, das Schamgefühl, die
Krankheiten und den frühen Tod. Entwickle Unterscheidungsvermögen. Du
bist ein Kind Gottes im Universum. Das Glück ist in dir. Es gibt in Wahrheit
kein Körnchen Vergnügen in sinnlichen Objekten. Identifiziere dich nicht
mit deinem Körper, identifiziere dich mit Gott. Wenn dein Verstand rein
und gesund ist, wird auch dein Körper rein und gesund sein. Darum vergiss
die Vergangenheit und nimm Zuflucht zu einem neuem Leben der
Keuschheit und der Spiritualität, der Liebe zu Gott und dem Streben nach
einem göttlichen Leben. Lerne Geschmack am göttlichen Leben zu finden.
Intensiviere deine spirituelle Praxis. Und du wirst zu einem vollständig
geänderten und gesegneten Menschen.

20. Voraussetzungen für ein erfolgreiches Brahmacharya


Inhaltsverzeichnis
Du wirst beim Brahmacharya keinen Erfolg haben, wenn du nicht die
Rahmenbedingungen beachtest. Du solltest auf deine Ernährung und die
Gesellschaft achten, in der du verkehrst. Eine schlechte Gesellschaft
verseucht den Verstand mit unreinen Gedanken. Entferne dich schleunigst
von diesen weltlich gesinnten Menschen. Entferne dich aus der hektischen
Stadt, aus der aufgeregten Welt. Die, die immer nur über weltliche
Angelegenheiten reden, werden dich sonst verunreinigen. Dein Verstand
wird zaudern und zu wandern beginnen. Lies keine erotischen Geschichten
oder Romane. Besuche kein Kino und kein Theater. Pflege keinen Umgang
mit falschen Freunden. Was du benötigst, ist eine komplette Veränderung
deines Blickwinkels, deiner Einstellung gegenüber dem anderen Geschlecht.
Erblicke in jeder Frau die göttliche Mutter und betrachte jede Frau als deine
eigene Mutter.

20.1 Die Kontrolle des Gaumens Inhaltsverzeichnis


Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der sexuellen Selbstkontrolle
und der Kontrolle des Gaumens. Derjenige, der den Gaumen kontrolliert,
hat damit bereits alle anderen Sinne kontrolliert. Köstliche und belebende
Nahrung regt die Zeugungsorgane an. Verzichte auf Fleisch, Fisch, Kaffee,
schwarzem Tee, Alkohol und auf das Rauchen. Fleisch kann aus dir einen
Wissenschaftler, aber keinen Philosophen, keinen Weisen, machen. Fleisch
regt die Leidenschaften an. Salz und Tamarinde (auch indische Dattel oder
Sauerdattel genannt, erinnert an Zitronensaft) sollte man möglichst meiden.
Salz erregt die Leidenschaften, die Sinne und die Emotionen. Der Verzicht
auf Salz beruhigt den Verstand und die Nerven. Dies hilft bei der
Meditation. Zu Beginn wird dir der Verzicht auf Salz vielleicht noch schwer
fallen. Später solltest die vollkommen salzlos leben. Probiere es einmal
sechs Monate lang. So wirst du die wahre Natur des Seins schnell
verwirklichen. Alles, was von dir erwartet wird, ist das aufrichtige und

114
ernsthafte Bemühen. Möge Sri Krishna dir Mut und Kraft geben, den
spirituellen Weg zu beschreiten, um das Ziel des Lebens zu erreichen!
Überlaste deinen Magen nachts nicht. Das Abendessen sollte sehr leicht
sein. Ein halber Liter Milch und einige Früchte sind ein gutes Abendessen.
Für das Brahmacharya und zur Kontrolle des Gaumens, nimm morgens
einige Basilikum-Blätter und abends einige Blätter des Niembaums.
Beginne mit einem Blatt und erhöhe sie bis auf zehn. Nimm jeden Tag eins
mehr. Nimm einige Monate lang jeden Tag 10 Blätter. Dann kannst du es
auf zwanzig Blätter am Tag erhöhen. Das ist sehr gut.

20.2 Meide schlechte Gesellschaft Inhaltsverzeichnis


Obszöne Bilder, vulgäre Worte und erotische Literatur, regen die
Leidenschaften an und erwecken niedrige, unerwünschte Empfindungen.
Dagegen erzeugt der Anblick eines Bildes von Krishna, Rama oder Jesus
und das Hören eines erhabenen Liedes von Surdas (indischer Poet und
Musiker, 1479 - 1581), Tulasidas (indischer Heiliger und Dichter, 1532-
1623) und Thyagaraja (indischer Musiker, 1767 - 1847) edle Gefühle und
aufrichtige Hingabe im Herzen, göttliche Wonneschauer, Freudentränen und
Gottesliebe und erhebt den Geist augenblicklich zur Vereinigung mit Gott.
Erkennst du den Unterschied? In welchem Zustand bist du, wenn du an
einem Ballspiel oder an einer Tanzparty teilnimmst oder wenn du einen
Kriminalroman liest? In was für einen Geisteszustand bist du dagegen, wenn
du an einem Treffen mit Swami Jayendrapuriji Maharaj von Benares
teilnimmst, wenn du bei Rishikesh an den Sandbänken des Ganges an einem
abgelegenen Platz bist, oder wenn du die, die Seele beflügelnden,
klassischen Upanishaden studierst? Erkenne den Gegensatz in deinem
geistigen Zustand.
Erinnere dich daran, mein Freund, dass es nichts gibt, was die Seele so sehr
verdirbt, wie eine schlechte Gesellschaft. Yogis sollten schlechte
Gesellschaft unbedingt meiden. Sie sollten nicht den Geschichten über die
Frauen, über den luxuriösen Lebenswandel der Reichen, über scharfe
Gerichte, Autos, Politik, seidene Kleidung, Blumen, Parfüms usw. zuhören,
weil der Verstand sonst in die falsche Richtung gelenkt wird. Er fängt sonst
an, die Weisen der reichen Leute nachzuahmen. Wünsche und Erwartungen
werden geweckt. Das Kino erweckt falsche Hoffnungen. Am liebsten
möchtest du jeden Tag ins Kino gehen. Deine Augen möchten halbnackte
Frauen und viele bunte Farben sehen, und deine Ohren möchten sich an der
Musik berauschen. In jungen Mädchen und Jungen wird die Leidenschaft
geweckt, wenn die Schauspieler in den Filmen sich umarmen und küssen.
Die, die sich spirituell entwickeln möchten, sollten das Kino meiden. Sie
sollten selbst die sogenannten religiösen Filme nicht ansehen. Sie sind nicht
wirklich religiös. Es ist ein Trick, um den Leuten das Geld aus der Tasche
zu ziehen. Welches spirituelle Format besitzen die Schauspieler? Nur
spirituelle Menschen können eindrucksvolle Geschichten mit einer guten
Moral darstellen, die den Geist der Zuschauer inspiriert.
Du solltest nicht mehr zu diesen aufregenden Filmen gehen, wenn du es dir
zur Gewohnheit gemacht hast. Meide diese ordinären, sinnlichen Szenen,
wo immer sie auch zu sehen sind. Vermeide es, Bilder von nackten Frauen
zu betrachten. Dieses weckt nur die Leidenschaften und führt zum Verlust
des Samens. Das solltest du unbedingt vermeiden. Das Lesen von erotischen
Romanen ist eine andere schlechte Angewohnheit. Die, die gerne erotische
Romane lesen, verbringen jede freie Minute damit. Sie wollen ihre Nerven

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mit diesem sensationell prickelndem Gefühl erfreuen. Das Lesen erotischer
Romane füllt den Geist mit niedrigen, lüsternen Gedanken und erweckt die
Leidenschaft. Es ist ein großer Feind des Friedens. Viele Leute betreiben
Wanderbüchereien, um Romane gegen ein kleines Entgeld zu verleihen. Sie
wissen gar nicht, wie viel Schaden sie dem Land zufügen. Es wäre besser,
sie würden ihren Lebensunterhalt auf andere Weise verdienen. Sie
verderben die Moral der jungen Leute, durch die Verteilung dieser
wertlosen Romane, die nur die Leidenschaften anregen. Die ganze
Atmosphäre dieser Romane ist verunreinigend. Strenge Bestrafung erwartet
sie im Yama Loka, dem Königreich des Todes, aus welchem sie
wiedergeboren werden.
Lies keine erotischen Romane. Sie verderben den Charakter. Erotische
Romane sind die Ketten der westlichen Zivilisation, die ihre ahnungslosen
Opfer in den glitzernden Fesseln der Leidenschaft gefangen hält. Lies nicht
jene Zeitschriften, die die niederen Instinkte anregen. Auch unmoralische
Lieder hinterlassen einen negativen Eindruck. Begib dich nicht an Orte, an
denen solche Lieder gesungen werden. Bemühe dich, dich von Orten fern zu
halten, die die sexuellen Wünsche anregen. Lass deine Phantasie nicht durch
erotische Romane, lüsterne Gespräche oder durch eine schlechte
Gesellschaft verunreinigen. Verkehre nicht mit denen, die deinen Geist mit
erotischen Irritationen vergiften. Pflege Umgang mit spirituell
fortgeschrittenen Menschen und lies nur Bücher, die deinen spirituellen
Fortschritt begünstigen. Stellt sich die Sinneslust ein, dann versuche nicht,
sie nieder zu ringen. Das beste ist, sie einfach zu ignorieren. Das muss man
natürlich erst einmal lernen. Wirst du aber von der Leidenschaft bedrängt
und beherrscht du diese Technik noch nicht, dann hole dir bei jemandem
Hilfe, der diese Technik beherrscht. Gehst du in die Einsamkeit, dann wird
der Verstand dich quälen und dich mit sinnlichen Gedanken nieder werfen.
Du wirst dein Gleichgewicht verlieren. Sei vorsichtig. Die sinnlichen
Gedanken werden aber mit ein wenig Wachsamkeit von dir weichen.

20.3 Beobachte die Gedanken Inhaltsverzeichnis


Durch schlechte Gedanken werden die Sinne angeregt. Ist das ein Wunder?
Weil dir das sehr oft passiert, ist es dir schon zur Gewohnheit geworden. Du
hast diesen wichtigen Punkt wegen deiner Unachtsamkeit einfach ignoriert.
Der Verstand ist eine große elektrische Batterie, er ist ein großer Dynamo,
ein Elektrizitätswerk. Die Nerven sind die isolierten Leitungen, die den
elektrischen Strom als Nervenimpuls zu den verschiedenen Organen, dem
Gewebe, und zu den Händen, Beinen und Füßen übermitteln. Infolge einer
Schwingung des psychischen Pranas, der psychischen Lebensenergie, einer
Schwingung des Unterbewusstseins, ergibt sich eine Schwingung in den
Gedanken. Diese Schwingung der Gedanken wird mit Lichtgeschwindigkeit
über die Nerven an die Organe übermittelt. Die Eindrücke und Wünsche des
Unterbewusstseins, drücken sich im physischen Körper als Lust und
Verlangen aus. Der Verstand eines undisziplinierten und leidenschaftlichen
Menschen beeinflusst seine Zeugungsorgane. Der fortgeschrittene Yogi
wird nicht mehr von seinem Unterbewusstsein beherrscht.
Ein aufmerksamer Brahmachari sollte seine Gedanken immer sehr sorgfältig
beobachten. Er sollte in seinem Geist nicht einen schlechten Gedanken
passieren lassen.Wenn sein Verstand auf die Meditation konzentriert ist,
dann ist dort kein Raum für einen schlechten Gedanken. Selbst wenn ein
schlechter Gedanke die Falltür des Verstandes überwunden hat, sollte man

116
ihm nicht erlauben, von einem Besitz zu ergreifen. Wird man allerdings zum
Opfer dieses Gedankens, dann reagiert augenblicklich der Körper darauf.
Die Sinne und das Nervensystem entwickeln ein brennendes Verlangen. Der
schlechte Gedanke sollte wie eine Knospe geknickt werden, indem man
göttliche Gedanken entwickelt. Es sollte ihm nicht erlaubt werden, sich
auszubreiten. Wenn dein Wille stark ist, kannst du den schlechten Gedanken
augenblicklich vertreiben. Pranayama (Atemübungen), intensives Beten,
Unterscheidungskraft, das Nachsinnen über den Atman (Seele), Meditation
über Gott, und das Beisammensein mit Weisen, können die schlechten
Gedanken im Keim ersticken.
Die innere Auseinandersetzung wird dir am Anfang vielleicht noch schwer
fallen. Aber wenn du im Laufe der Zeit immer reiner und reiner wirst, wenn
deine Willensenergie sich allmählich entwickelt, und sich Fortschritte in der
Meditation einstellen, dann wird sich auch die rechte Einstellung zum
körperlichen und mentalen Brahmacharya entwickeln. Erkenne die Macht
der Gedanken und nutze sie in deinem Sinne. Sei ein wachsamer Beobachter
deiner Gedanken. Bändige sie, bevor sie von dir Besitz ergreifen. Es ist
unser Verstand, der unser Handeln lenkt. Ein Wunsch entsteht in deinem
Verstand und dann denkst du darüber nach, wie du diesen Wunsch
befriedigen kannst. Du beginnst zu Handeln. Die überlegungen des
Verstandes werden in die Tat umgesetzt. Zuerst entsteht ein Gedanke, ein
Wunsch, eine Vorstellung und dann folgt die Handlung. Darum erlaube dem
sexuellen Gedanken nicht, in deinen Verstand einzudringen. Das, was vom
Verstand gedacht wird, wird durch die Zunge ausgesprochen. Die Zunge
spricht das Verlangen der Zeugungsorgane aus. Der ist der Grund, warum in
den Veden gesagt wird: "Lass meinen Verstand erhabene Dinge denken."
Entwickle erhabene göttliche Gedanken. Dann werden die alten sexuellen
Gedanken und Gewohnheiten allmählich verschwinden.

20.4 Satsanga, das Zusammentreffen mit Weisen Inhaltsverzeichnis


Unter Satsanga versteht man das Zusammensein mit Weisen, Heiligen,
Yogis, Sannyasins (der Welt Entsagende) und Mahatmas (Großen Seelen).
Das Zusammensein mit solchen Menschen ist unbeschreiblich. Die Glorie
und die Energie solcher Zusammenkünfte wurde verschiedentlich in der
Bhagavata (18.000 Verse, auf 12 Bücher aufgeteilt), im Ramayana
(indisches Nationalepos, auf Gott Rama bezogen) und in anderen Heiligen
Schriften beschrieben. Sogar ein kurzes Beisammensein mit solchen weisen
Menschen kann ausreichen, die alten lasterhaften Eindrücke des
Unterbewusstseins der weltlich gesinnten Menschen zu verändern. Die
magnetische Aura, die spirituellen Schwingungen und die leistungsfähigen
Gedankenströme dieser entwickelten Menschen bewirken einen enormen
Einfluss auf den Verstand ihrer Zuhörer.
Der persönliche Kontakt mit Mahatmas sollte von jedem als ein Segen
betrachtet werden. Einem Heiligen zu dienen, reinigt den Verstand von
leidenschaftlichen Männern sehr schnell. Das Satsanga erhöht den Verstand
zu segensreichen Höhen. So wie ein Streichholz große Bündel Baumwolle
in Sekunden entflammen kann, so kann das Zusammensein mit Heiligen, die
Unwissenheit, die negativen Eindrücke des Unterbewusstseins, die
Leidenschaften und die Sünde innerhalb kurzer Zeit auslöschen. Dies ist der
Grund, warum der Philosoph Sankara (auch Shankaracharya genannt), der
die Philosophie des Advaita Vedanta systematisierte, und andere, in so
hohem Grade in allen ihren Büchern von Satsanga sprachen.Wenn ein

117
Satsanga an deinem Wohnort nicht möglich ist, dann kannst du Pilgerreisen
nach Rishikesh, Benares, Nasik, Prayag und Haridwar unternehmen. Das
Lesen der Bücher, die von verwirklichten Personen geschrieben wurden, ist
mit einem Satsanga gleichwertig. Satsanga kann eine erfolgreiche Hilfe
sein, brennende Leidenschaftslosigkeit und den Wunsch nach Befreiung zu
entwickeln.

20.5 Kultiviere Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit


Inhaltsverzeichnis

Man sollte versuchen, Unterscheidungskraft zwischen dem göttlichem


Selbst und dem unreinen Körper zu entwickeln. Der Yogi sollte die
Nachteile der Sexualität erkennen, speziell den Energieverlust, die
Schwächung des Nervensystems, die Krankheiten, das vorzeitige Altern, die
sexuelle Verhaftung und anderes Unheil, das damit verbunden ist. Er sollte
sich immer und immer wieder daran erinnern, dass der Körper einer Frau
aus Fleisch und Blut, aus Knochen und Exkrementen, aus Urin, Eiter und
Schleim besteht. Diese Idee sollte er sich in seinen Verstand einhämmern.
Der Yogi sollte an den reinen unsterblichen Atman denken und den Glanz
des spirituellen Lebens, an das Erreichen der Unsterblichkeit, des ewigen
Glücks und des höchsten Friedens. Allmählich wird dann die erotische
Leidenschaft beim Betrachten einer Frau verschwinden, egal wie attraktiv
sie ist. Der Verstand hat sich dann abgewöhnt, beim Anblick einer Frau,
erotische Phantasien zu entwickeln. Weibliche Brahmacharinis sollten die
gleiche Praxis anwenden, um innere Reinheit zu erlangen.
Jemand, der Unterscheidungskraft besitzt, merkt keinen Unterschied
zwischen einem Mann und einer Frau. Die gleichen Elemente, Leidenschaft,
Zorn, Habsucht und Verhaftung, sind sowohl im Mann als auch in der Frau
vorhanden. Nur ein lüsterner Mann, der mit brennender Leidenschaft erfüllt
ist, meint eingebildete Unterschiede zu erkennen. Die Unterschiede sind
aber nur mentale Einbildungen. Nichts in dieser Welt kann dich reizen,
wenn du Unterscheidungskraft entwickelt hast, wenn du deine Sinne
überwindest und wenn du die unwirklichen sinnlichen Genüsse und die
flüchtigen Vergnügungen dieser Welt als Gift erkennst. Frauen und
weltliche Dinge haben auf dich keine Anziehung mehr. Die Lust wird nicht
imstande sein, von dir Besitz zu nehmen. Du wirst ewigen Frieden und
endloses Glück besitzen.
Erinnere dich immer daran: "Durch die Gnade Gottes, werde ich jeden Tag
reiner und reiner. Das Vergnügen kommt, aber nicht um zu bleiben. Der
sterbliche Körper ist nur aus Lehm. Alles wird vergehen. Brahmacharya ist
der einzige Weg zu Gott." Yogis sollten Bhartriharis (indischer Poet)
"Vairagya Satakam" und andere Arbeiten über Vairagya
(Leidenschaftslosigkeit) studieren. Dieses entwickelt Leidenschaftslosigkeit
im Verstand. Die Erinnerung an den Tod und den Schmerz der
Wiedergeburt wird euch dabei helfen. Es sei daran erinnert, dass genau aus
diesem Grunde, einige buddhistische Mönche, einen Totenschädel bei sich
haben. Ein Philosoph hielt den Totenschädel einer Frau in den Händen und
fing an zu philosophieren: "O Schädel! Noch vor einiger Zeit, da begehrte
ich dich, mit deiner glänzenden Haut und deinen rosigen Wangen. Wo ist
jetzt dein Charm? Wo sind deine Honiglippen, deine Lotusaugen
geblieben?" Darum entwickelte er intensive Leidenschaftslosigkeit. Wenn
du den menschlichen Körper analysierst und ein Bild aus Fleisch und

118
Knochen in deinem Bewusstsein verankerst, dann wird dir der Körper einer
Frau nicht mehr begehrlich erscheinen. Versuche es einmal mit dieser
Methode.
Die Erinnerung an den toten Körper einer Frau wird die
Leidenschaftslosigkeit in dir erwecken. Der Körper besteht aus vielen
Unreinheiten. Und am Ende wird er wieder zu Asche. Wenn du dich daran
erinnerst, beginnt in dir die Leidenschaftslosigkeit zu wachsen. Die
erotische Anziehung der Frauen auf dich wird allmählich nachlassen. Wenn
du eine hübsche Frau siehst, dann stelle dir vor, wie sie aussieht, wenn sie
alt und hässlich ist. Das wird die Leidenschaftslosigkeit festigen. Erinnere
dich an den Schmerz der Wiedergeburt, an die Unwirklichkeit der Objekte
und an die Knechtschaft, die eine Ehe mit sich bringt. Wähle die Methode,
die dir am besten gefällt. Setze dich hin und denke ruhig und ehrlich darüber
nach, welche Schönheit wirklich in einer Frau aus Fleisch und Blut, Nerven,
Fett, Mark und Knochen zu finden ist. Wo bleibt die Schönheit der gleichen
Frau, wenn sie alt wird? Betrachte dir den Zustand der Augen und des
Körpers einer Frau, wenn sie sieben Tage lang krank war! Was ist aus ihrer
Schönheit geworden? So schnell kann die Schönheit verfallen. Wo bleibt
ihre Schönheit, wenn sie eine Woche lang nicht gebadet hat? Der Geruch ist
entsetzlich. Schau dir die senile alte Frau von 85 Jahren an, wie sie mit
müden Augen, eingefallenen Wangen und faltiger Haut in der Ecke sitzt.
Analysiere ihren menschlichen Körper und erkenne ihre wahre Natur.
Frauen sind die größte Ursache für die Verwirrung des Mannes. Sie sind die
Flammen der männlichen Laster. Sie sind die lodernden Flammen, die den
Mann wie trockenes Stroh verbrennen. Die reizende junge Frau ist wie eine
giftige Droge, die durch ihre lüsterne Verführung das Leben der Männer
zerstört. Ohne den Verzicht auf die Frauen, wirst du niemals das ewige
Glück des Brahman erreichen. Die Körper der attraktiven jungen Frauen,
die so viel von unwissenden Männern gehätschelt werden, werden zum
Friedhof getragen, nachdem sie ihre Lebensenergie verloren haben. Maden
und Würmer werden ihren Körper zerfressen. Ohne Brahmacharya wird es
keine Selbstverwirklichung geben.

20.6 Eine Klarstellung Inhaltsverzeichnis


Die Frauen sollten keinesfalls beleidigt sein, wenn sie diese Zeilen lesen.
Ich habe nur die Lehren der Philosophen Sankaracharya und Dattatreya
wiedergegeben. Ich habe großen Respekt und Bewunderung für die Frauen.
Ich möchte beide Geschlechter auf die Kraft des Brahmacharya und auf die
Nachteile der Lust hinweisen. Brahmacharya sollte von den Männern und
von den Frauen geübt werden. Das bloße Verurteilen der Sinneslust ist nicht
ausreichend, um den Verstand von sexuellen Begierden zu entwöhnen. An
diesen Punkt sollte man sich erinnern. Die Sinneslust ist sehr stark,
hinterlistig und eindrucksvoll. Die Sinneslust ist durch Personen mit
schwachem Willen nicht kontrollierbar. Man sollte die Tricks der Maya, der
Illusion, durchschauen, mit der sie versucht, dich in den Schlingen ihres
Netzes einzufangen. Eine Frau sollte den Charme eines Mannes
berücksichtigen, der sie verführen möchte, und ein Mann sollte den Charme
einer Frau berücksichtigen, die ihn verführen möchte. Ein Mann besitzt sehr
viel Charme, um eine Frau zu verführen. Der Mann versucht die Frau durch
seine Kleidung, seine Schlipse, seine tiefen Verbeugungen, durch sein
Lächeln, seine Zuneigung, seine flüchtigen Gesten und Blicke, seine
blumigen Worte, durch seine Frisur und auf andere Weise zu beeindrucken.

119
Die Sinneslust ist eine starke Kraft. Es ist sehr schwierig, sich davon zu
befreien. Der ist der Grund warum die Shastras (Bücher des Wissens) und
die Heiligen die Frauen tadeln. Sie wollen bei den Männern Sachlichkeit
und Unterscheidungsvermögen entwickeln, um sie von lüsternen Tendenzen
und ihrem draufgängerischen Verhalten abzuhalten. Sri Sankara, Sri
Dattatreya, Sri Rama, Sri Tulasidas, haben die Frauen nicht aus Hass, aus
Voreingenommenheit oder aus Ablehnung kritisiert, sondern aus Mitgefühl,
um die Menschen aus dem Sumpf des Rades von Tod und Wiedergeburt zu
befreien. Ihre Kritik an den Frauen, beinhaltete ebenso die Kritik an den
Männern. Ihre Kritik hat das Ziel, den Verstand der weltlich gesinnten
Menschen, durch die Erzeugung von Abscheu, vom sexuell orientierten
Verhalten abzuhalten. Dieses ist von einigen missverstanden worden. Die
gleichen Schriften und Heiligen, die die Frauen kritisierten, lobten sie im
gleichen Maße. Sie sagten: "Frauen sollten verehrt werden. Sie sind
Ardhanginis, Ehefrauen, die andere Hälfte des Mannes. Sie sind die
Verkörperung der Shakti, der Energie Lord Shivas. Nur die, die Frauen
ehren, können Wohlstand erlangen." Darum ihr Frauen, versucht das Herz
der Schriften und die Worte der Heiligen zu verstehen und weise zu werden.
Der Verstand junger Leute ist häufig mit unreinem Eindrücken und
sinnlichen Erwartungen durchtränkt, infolge falschen Umgangs und den
negativen Einflüssen der modernen Zivilisation. Sogar die Gesellschaft
einer Frau oder das Gespräch über eine Frau, kann genügen, den Verstand in
eine schädliche Richtung zu lenken. Darum versuche ich, im Verstand der
Brahmacharins ein geistiges Bild zu platzieren, dass sie vor den erotischen
Versuchungen beschützt. Wenn ich sage, dass eine Frau nur ein lederner
Sack ist, so heißt das nicht, dass ich die Frauen verachte. Es geschieht, um
Leidenschaftslosigkeit zu entwickeln. In Wirklichkeit sollte eine Frau als
Mutter Shakti verehrt werden. Sie ist die Mutter, Erzeugerin und Ernährerin
des Universums. Sie sollte verehrt werden. In Indien wird die Religion vor
allen Dingen durch die aufopferungsvolle Hingabe der Frauen gepflegt und
erhalten. Hingabe ist eine fundamentale Eigenschaft hinduistischer Frauen.
Hasse die Lust, aber nicht die Frauen. Am Anfang, bis du die
Leidenschaftslosigkeit und die Unterscheidungskraft erworben hast, solltest
du die Gesellschaft der Frau wie Gift behandeln. Wenn du die
Unterscheidungskraft und die Leidenschaftslosigkeit erreichst, dann kann
die Sinneslust keinen Einfluss auf dich nehmen. Du wirst sehen und
erkennen: "Sarvam Khalvidam Brahma. (Alles ist Brahman)." Die sexuelle
Verhaftung wird verschwinden. Und irgendwann wirst du eins mit Gott.

20.7 Ein Gelübde ist eine große Hilfe Inhaltsverzeichnis


Das Gelübde des Zölibats gibt dir einen sicheren Schutz gegen
Versuchungen. Es ist eine starke Waffe gegen die Sinneslust. Praktizierst du
nicht das Gelübde des Zölibats, dann wird der Verstand dich jederzeit
reizen. Du wirst keine Stärke besitzen, der Versuchung zu widerstehen und
du wirst ein sicheres Opfer der Versuchung. Der, der schwach und
unmännlich ist, hat Angst vor dem Zölibat. Er flüchtet sich in viele
Ausreden und sagt: "Warum sollte ich das Gelübde ablegen? Mein Wille ist
stark und kraftvoll, ich kann jeder Versuchung widerstehen. Ich lebe züchtig
und verehre Gott." Er wird es langfristig bereuen, weil er langfristig keine
Kontrolle über seine Sinne hat. In diesem Mann, der vorgibt, auf den
subtilen Wunsch nach Lüsternheit verzichtet zu haben, lauert sie weiterhin
in den Ecken seines Unterbewusstseins. Seine Beteuerungen sind nichts als

120
unglaubwürdige Ausreden. Du solltest rechtes Verständnis,
Urteilsvermögen und Sachlichkeit entwickeln, denn nur das Zölibat ist
dauerhaft und beständig. Wenn deine Entsagung nicht das Resultat deines
Unterscheidungsvermögens und deiner sachlichen überlegungen ist, dann
wird der Verstand einfach die Gelegenheit abwarten, bis sich die
Gelegenheit ergibt, in die alten lüsternen Gewohnheiten zurückzufallen.
Fühlst du dich nicht so stark, dann übe das Zölibat für einen Monat und
versuche es auf drei Monate auszudehnen. Du wirst in dieser Zeit an Stärke
zunehmen. Dann kannst du versuchen, das Zölibat auf sechs Monate
auszudehnen. Allmählich wirst du in der Lage sein, das Gelübde auf ein,
zwei oder drei Jahre auszudehnen. Schlafe getrennt, übe fleißig Japa
(Mantrameditation), Kirtan (das Singen religiöser Lieder) und meditiere
täglich. Dann wird die Lust an der Sinnlichkeit langsam vergehen. Du wirst
Freiheit und unbeschreibliche Freude erfahren. Solltest du verheiratet sein,
dann wäre es schön, wenn du diesen Weg gemeinsam mit deinem
Lebenspartner beschreitest. O Mohan, du hast ein unverzeihliches
Verbrechen begangen, als du das Gelübde des Zölibats gebrochen hast. Wie
kann es Religion oder Spiritualität geben, wenn es Leidenschaft gibt? Du
bist ein alter Mann. Warum wiederholst du so schamlos dieses alte
unwürdige Verhalten mit der Ausrede: "Gelegenheit macht Liebe."
Niemand möchte deine Ausreden hören. Du solltest deine Leidenschaften
bändigen, wann immer die Sinne sich regen. Möge Shiva dir die Stärke
geben, diesen entsetzlichen Feind zu kontrollieren, damit du deine
spirituelle Praxis fortsetzen kannst.

20.8 Willenskontrolle und Autosuggestion Inhaltsverzeichnis


Wenn du deinen Geist rein machen kannst, stark und unwiderstehlich,
indem du die Wünsche beseitigst, indem du Freude und Leid ausrottest,
indem du Geduld und Gleichmut übst, stirbt die Leidenschaft. Der Wille ist
ein großer Feind der Leidenschaften. Die Sinneslust hat ihren Ursprung in
der Unwissenheit und den fehlenden Vorsätzen. Nachsicht und
Unachtsamkeit verstärkt sie. Wenn du dich entschlossen von der
Leidenschaft abwendest, verschwindet sie und stirbt. Setze dich allein in
deinen Meditationsraum und schließe deine Augen. Wiederhole langsam
immer und immer wieder folgende Formeln. Lass den Geist mit der
Bedeutung der Formeln verschmelzen. Tränke den Verstand und den
Intellekt mit diesen Ideen. Dein vollständiger Körper, dein Blut, deine
Knochen, deine Nerven und Zellen sollten mit den folgenden Ideen im
Gleichklang schwingen:
Ich bin Reinheit Om Om Om
Ich bin der sexlose Atman Om Om Om
Es gibt weder Lust noch sexuelle Wünsche im Atman Om Om Om
Lust ist geistige Unreinheit. Ich bin Zeuge dieser
Om Om Om
Unreinheit
Ich löse mich vom materiellen Bewusstsein Om Om Om
Mein Wille ist rein, stark und unwiderstehlich Om Om Om
Ich bin vollkommen im geistigen und physischen
Om Om Om
Brahmacharya gefestigt
Ich fühle in mir die Reinheit Om Om Om

121
Du kannst auch nachts meditieren. Meditiere am Anfang nur 10 Minuten.
Dann erhöhe die Zeit langsam auf eine halbe Stunde. Behalte diese
Einstellung auch während der Arbeit bei. Schreibe in großer Schrift sechs
mal "Om Reinheit" auf einem Blatt Papier und stecke das Papier in deine
Hosentasche. Lies dir die Worte so oft am Tage durch, wie du kannst.
Hänge solch einen Zettel auch in deinem Haus auf. Vergegenwärtige dir die
Worte "Om Reinheit" deutlich in deinem Verstand. Erinnere dich mehrmals
täglich an die Heiligen Brahmacharins. Denke über die vielfältigen Vorteile
des Lebens im Brahmacharya, und über die vielfältigen Nachteile und Übel
eines unreinen Lebens, nach. Hör nicht auf zu praktizieren. Übe regelmäßig.
Allmählich wirst du reiner und reiner und schließlich wirst du ein
Oordhvareta Yogi, ein Yogi, der die Samenenergie im Gehirn gespeichert
hat. Sei geduldig. Dein tägliches Gebet könnte lauten: "Durch die Gnade
Gottes, geht es mir jeden Tag besser und besser." Das ist Autosuggestion,
eine sehr effektive Methode.

20.9 ändere den Blickwinkel Inhaltsverzeichnis


Der Mann sollte die Frau als Mutter, Shakti (weibliche Energie), oder
Atman betrachten. Die Frau sollte den Mann als Vater, als Shiva, oder
ebenfalls als Atman betrachten. Es reicht nicht, wenn der Mann die Frau als
Schwester betrachtet. Das könnte misslingen. Betrachtet der Mann die Frau
als Schwester und die Frau, den Mann, als Bruder, so wird dies nicht
ausreichen, die sexuelle Anziehung und die Unreinheit in den Gedanken
vollkommen abzulegen. Die schwesterlichen Gefühle zu einer Frau haben
schon viele Männer getäuscht und betrogen. Reine Liebe kann jederzeit in
Leidenschaft entarten, wenn man unvorsichtig und unachtsam ist. Das
Gefühl, von einer Kobra angegriffen zu werden, verlangt vom Yogi höchste
Konzentration. Nach dem Gefühl, von einer Kobra bedroht zu werden,
erfordert das Gefühl, die Frau als Mutter zu betrachten, vom Mann die
höchste Aufmerksamkeit. Betrachtet man die Frau dagegen als Atman
(Seele), dann ist die Gefahr nicht so groß, dass die Leidenschaften
erwachen. Mit sich selbst ringende Yogis können dieses besser
verwirklichen, als trockene Philosophen.
Die Kultivierung der Gefühle ist sehr schwierig. Du kannst das Gefühl, dass
alle Frauen deine Mütter und Schwestern sind, hundertmal verfehlen. Aber
auch wenn du das Ziel mitunter verfehlst, verfolge deswegen trotzdem
weiter hartnäckig deine Praxis. Diese Abgrenzung wird dich schließlich
zum Erfolg führen. Du musst die alten Ansichten zerstören und neue
Ansichten kultivieren. Dennoch musst du es tun, wenn du Unsterblichkeit
und ewiges Glück erreichen möchtest. Du hast Erfolg, wenn du dein Ziel
konsequent verfolgst und über eine eiserne Entschlossenheit verfügst. Die
Einstellung wird sich Schritt für Schritt, durch eine konstante Praxis,
festigen. Bald wird sich diese Einstellung etabliert haben. Dann bist du in
Sicherheit. Der Mann und die Frau sollten Selbstanalyse machen. Sie sollten
das rechte Wissen über die Art und Weise, wie Sinneslust funktioniert, und
über die Gefühle, die die Leidenschaften entfachen, besitzen. Nur die
Kontrolle der Lust führt zum Erfolg.
Aber der Verstand wird immer wieder versuchen, innerlich Unheil
anzurichten. Er kann sehr diplomatisch sein. Es ist sehr schwierig, seine
überlegungen und seine geheimen Untergrundoperationen zu durchschauen.
Es verlangt einen subtilen Intellekt und eine sehr sorgfältige

122
Selbstbeobachtung. Wann immer ein erotisches Bild in deinem Kopf
entsteht, wiederhole geistig das Mantra: "Om Durga Devyai Namah" (Om.
Ehre der erleuchteten Göttin Durga) und mache eine geistige Verbeugung
vor der göttlichen Mutter Durga. Langsam aber sicher werden die alten
Gedanken verschwinden. Wann immer du eine Frau siehst, übe diese
Einstellung und wiederhole geistig das Mantra. Dann wird dein Blick rein.
Alle Frauen sind Erscheinungsformen der Weltmutter. Vernichte die Idee,
dass eine Frau ein Gegenstand der Lust ist, und ersetze sie durch die Idee,
dass sie ein Gegenstand der Anbetung und der Verkörperung der göttlichen
Mutter Durga oder Kali ist.
Ändere deine Einstellung, ändere deine geistige Haltung. Und du wirst den
Himmel auf Erden erleben. Der Wunsch nach Brahmacharya wird sich in
dir weiter festigen. Dieses ist ein wichtiger Schritt, um ein aufrechter
Brahmachari zu werden. Siehe den Atman (Seele) in allen Frauen.
Konzentriere dich nicht auf äußere Namen und Formen, sondern auf die
göttliche Essenz, die dahinter steht, auf das immer währende Sat-Chit-
Ananda (Sein, Wissen und Glückseligkeit). Alle äußeren Namen und
Formen sind unreal. Sie sind so unwirklich wie Schatten, wie eine Fata
Morgana und das Blau des Himmels. Für den Wissenschaftler ist die Frau
nur eine Ansammlung von Protonen, Neutronen und Elektronen. Für einen
Vaiseshika (indisches Philosophiesystem) stellt sie sich als eine
Ansammlung von Atomen, als Dualität (Atman - Brahman) und in
unterschiedlichen Substanzen (Erde, Wasser, Feuer, Luft, Äther, Zeit,
Raum, Seele und psychisches Organ) dar. Der Tiger betrachtet sie als gute
Mahlzeit. Für einen Ehemann ist sie ein Objekt der sinnlichen Begierde, und
für ein schreiendes Kind ist sie eine liebevolle Mutter, die Milch, Bonbons
und Liebe schenkt. Für eine eifersüchtige Schwägerin oder Schwiegermutter
ist sie eine Feindin. Für einen leidenschaftslosen Yogi, ist sie eine
Kombination aus Fleisch, Knochen, Urin, Fäkalien, Eiter, Schweiß, Blut
und Schleim. Und für einen vollerblühten Jnani (Yogi des Wissens) ist sie
das göttlche Sat-Chit-Ananda.
Die Leidenschaften entstehen, wenn du an den Körper einer Frau denkst.
Bist du in der Gesellschaft von Frauen, dann denke an das eine unsterbliche
reine Selbst des Atman, das im Körper der Frau zu finden ist. Das sexuelle
Begehren wird langsam verschwinden und mit ihr die Leidenschaft. Dieses
ist die stärkste Methode, die Leidenschaft und die sexuelle Fixierung
auszurotten. Wiederhole geistig das Mantra: "Sat Chit Ananda". Dieses
führt zur Vernichtung der Sinneslust und zur vedantischen Erkenntnis der
Einheit mit Gott. Es gibt weder Sex noch sexuelle Wünsche in Brahman
(Gott). Brahman ist ewig rein. Denke konstant an den sexlosen Atman und
du erlangst Festigkeit im Brahmacharya. Dieses ist die
erfolgversprechendste Methode. Dieses ist die beste Art der spirituellen
Praxis für die, die die Technik der Unterscheidung beherrschen. Aber nur
fortgeschrittene Jnana-Yogis (Jnana = Wissen) sind in der Lage, allein durch
Brahma Vichara (Unterscheidungskraft) die Leidenschaften zu besiegen.
Für die beträchtliche Mehrheit der spirituellen Menschen, ist eine
kombinierte Methode angemessen und empfehlenswert. Wenn die Feinde
sehr stark sind, dann wird eine kombinierte Methode aus Schlagstöcken,
Pistolen, Schrotflinten, Maschinengewehren, Unterseebooten, Torpedos,
Bomben und giftigen Gasen die Feinde besiegen. So ist ebenso, bei der
Vernichtung der Leidenschaft, eine kombinierte Methode absolut
notwendig.

123
21. Hatha Yoga ist die Lösung Inhaltsverzeichnis
Die regelmäßige Praxis von Yoga- und Atemübungen hilft beträchtlich bei
der Bemühung, den sexuellen Impuls zu kontrollieren. Der Schulterstand
und Kopfstand helfen dir, zu einem Oordhvaretas, zu einem Yogi, der seine
Samenenergie als Ojas Shakti (spirituelle Energie) im Gehirn gespeichert
hat, zu werden. Sie werden auch als umgekehrte Haltungen bezeichnet. Sie
sind von Yogis entwickelt worden, die uns ermuntern wollten, selber
Oordhvaretas zu werden. Durch Atemübungen werden die groben
Schwingungen des Verstandes immer mehr verfeinert.
Dadurch wird der Verstand in die Lage versetzt, immer
besser zu differenzieren und neue Einsichten zu
gewinnen, die ein grober Verstand nicht erkennen kann.
Dadurch übt er eine bessere Kontrolle über sexuelle Reize
aus. Wenn dich also ein lüsterner Gedanke stört, dann
praktiziere den Lotussitz (Padmasana, Bild links), den
halben Lotussitz (Siddhasana) oder den Schneidersitz und
mache einige Atemübungen. Und der lüsterne Gedanke
wird dich bald wieder verlassen.

21.1 Siddhasana (halber Lutussitz) Inhaltsverzeichnis


Der halbe Lotussitz wird von den Yogis für die Praxis des
Brahmacharya sehr empfohlen. Er hilft dem Yogi, seine
Leidenschaften und seine nächtlichen Orgasmen
(Pollutionen) besser zu kontrollieren. Der halbe Lotussitz
ist besonders für die Praktizierung von Japa
(Mantrameditation) und Meditation zu empfehlen. Lege
die linke Ferse so nahe wie möglich an den Anus / Beckenboden. Dann lege
den rechten Fuß auf den linken Unterschenkel, so dass sich die Fußknöchel
gegenseitig berühren. Die rechte Ferse liegt dabei am Schambein an. Halte
den Körper, den Hals und den Kopf gerade. Du kannst die linke Hand auf
das linke Knie und die rechte Hand auf das rechte Knie mit den
Handflächen nach oben legen, wobei der Zeigefinger den mittleren Teil des
Daumens oder die Daumenspitze berührt (Chinmudra). Schließe die Augen.
Beginne mit einer halbe Stunde und verlängere langsam die Zeit bis auf drei
Stunden. Gelingt es dir, den halben Lotussitz 3 Stunden lang zu
praktizieren, dann sagt man, du beherrscht ihn vollkommen.
21.2 Sirhasana, der Kopfstand Inhaltsverzeichnis
Sirshasana, der Kopfstand, ist der König der Yogaübungen. Die
Vorteile, die von dieser Yogaübung abgeleitet werden, sind
unvorhersehbar und unbeschreibbar. Dieses gilt besonders für das
Stoppen der nächtlichen Pollutionen. Der Kopfstand hilft, den
Samen in Richtung zum Gehirn zu leiten, damit er in Ojas Shakti,
geistige Energie, umgewandelt werden kann. Lege eine gefaltete
Decke auf die Erde. Knie dich mit beiden Unterschenkeln auf die
Decke und setze dich auf deine Unterschenkel. Dann verschränke
deine beiden Hände, wie beim Falten zum Gebet und lege deine
gefalteten Hände vor dir auf die Decke. Stütze dich dabei auf deine
Unterarme und halte die gefalteten Hände vertikal. Die Hände
sollen beim Kopfstand am Hinterkopf anliegen und den Hinterkopf stützen.
Dann stelle die Oberseite deines Kopfes zwischen beide Hände. Nun hebe
langsam, aber ohne irgendeinen Ruck deine Beine an, bis sie vertikal stehen.
Übe am Anfang an einer Wand oder bitte einen Freund um Hilfe. Nach

124
einiger Übung wird es dir gelingen, das Gleichgewicht zu halten. Solange
du den Kopfstand übst, atme nur durch die Nase. Wenn du den Kopfstand
beendest, dann senke langsam wieder die Beine. Unregelmäßiges
Atemanhalten, Ausatmen und Einatmen führt zu Schwankungen. Übe den
Kopfstand möglichst nicht mit vollem Magen. Viele chronische, unheilbare
Krankheiten des Magens, des Darms, der Lungen, des Herzens, der Nieren,
der Harnwege, der Ohren und der Augen werden durch die regelmäßige
Praxis des Kopfstandes geheilt. Fangen die Beine an zu torkeln, dann halte
für einen kurzen Moment die Luft an.

21.3 Sarvangasana, der Schulterstand Inhaltsverzeichnis


Der Schulterstand ist eine wichtige Yogaübung, der
dir in der Praxis von Brahmacharya behilflich sein
kann. Die Verdauung, der Kreislauf und das
Nervensystem werden in einer geheimnisvollen
Weise durch den Schulterstand beeinflusst. Dieses ist
keine übertriebene Verherrlichung oder eine Lobrede,
meine lieben Freunde! Übt den Schulterstand und
spürt den heilsamen Einfluss am eigenen Körper.
Dieses ist das beste Hilfsmittel gegen feuchte Träume
und viele andere Krankheiten. Es ergibt ein gesundes
Funkeln in den Augen, einen einzigartigen Glanz,
Charme, Schönheit und eine magnetische Aura in
deinem Gesicht. Breite eine Decke auf dem Fußboden
aus. Lege dich flach auf den Rücken und hebe
langsam den Rumpf, die Hüften und die Beine an.
Unterstütze dabei auf beiden Seiten den Rücken mit
den Händen. Das ganze Gewicht des Körpers ruht nun
auf den Schultern und den Ellbogen (Unterarmen). Halte die Beine gerade.
Presse das Kinn fest gegen die Brust und atme langsam durch die Nase.
Beginne mit fünf Minuten und versuche den Schulterstand so lange zu üben,
wie du kannst.

21.4 Matsyasana, der Fisch Inhaltsverzeichnis


Der Fisch sollte nach dem Schulterstand geübt werden. Es lindert die
Steifheit des Nackens und alle Verkrampfungen der Halsregion, die
eventuell durch den Schulterstand verursacht werden. Dies ist eine
natürliche Massage für die verkrampften Muskeln des Halses und der
Schultern. Weiter garantiert es dem Yogaübenden, dass er den maximalen
Erfolg aus dem Schulterstand erlangen kann.

125
Fisch

Setze dich im Lotussitz (Bild links) auf eine Decke,


indem Sie den rechten Fuß über dem linken
Oberschenkel und den linken Fuß über dem rechten
Oberschenkel legst. (Manche üben den Fisch auch
ohne Lutussitz) Dann lege dich flach auf den
Rücken. Hebe den Rücken an und strecke den Kopf
so weit zurück in den Nacken bis die Kopfoberseite
(Fontanelle) auf der einen, und der Hintern auf der
anderen Seite, auf dem Fußboden ruhen. Der Rumpf
bildet dabei gewissermaßen eine Brücke. Für den
Anfänger ist es sinnvoll, wenn er die Hände dabei
neben den Körper legt und sich auf den Unterarmen abstützt.
Fortgeschrittene legen die Hände auf die Oberschenkel oder ergreifen die
Zehen. Du wirst den Rücken dabei gut zurück biegen. Die Yogaübung
"Fisch" beseitigt viele Krankheiten. Sie ist sehr nützlich für die allgemeine
Gesundheit.

Fisch aus dem Lotussitz

126
Fisch ohne Lotussitz

21.5 Padangushthasana, die Zehenspitzenstellung Inhaltsverzeichnis


Die Zehenspitzenstellung sollte nur geübt werden, wenn die Kniegelenke
gesund sind, und wenn sich die Stellung in den Knien angenehm anfühlt.
Hocke dich dazu hin und stütze dich dabei mit beiden Händen auf dem
Fußboden ab. Dann richte die linke (rechte) Ferse aufwärts, so dass der
linke Fuß nur noch auf den Zehen steht. Nun platziere die linke Ferse in die
Mitte des Perineums, das ist der Raum zwischen dem Anus (Po) und dem
Geschlechtsorgan. Dann verlagere das vollständige Gewicht des Körpers auf
die Zehen des linken Fußes, insbesondere auf die linke große Zehe, indem
du dich gewissermaßen auf die Ferse setzt. Nun lege den rechten Fuß in der
Nähe des linken Knies auf den linken Oberschenkel.

Zehenspitzenstellung

Dann nimm die Hände vom Fußboden, hebe die Arme an und halte sie weit
auseinander, damit du mit den Armen balancieren kannst. Mache erst
weiter, wenn Du in dieser Stellung sicher bist. Es kann sein, dass du diese
Stellung einige Tage oder Wochen üben musst, bevor du weiter gehen

127
kannst. Wenn es dir schwer fällt, diese Übung freihändig auszuüben, dann
halte dich anfangs irgendwo fest oder stütze dich an einer Wand ab.
Beherrscht du das Gleichgewicht, dann stütze die Hände in die Hüften. Dies
ist eine mögliche Endstellung. Du kannst aber auch die Hände vor der Brust
zusammenlegen, Handinnenfläche an Handinnenfläche (wie bei Albrecht
Dürers "Betende Hände"), oder die Arme gestreckt über den Kopf halten
und die Hände in eben beschriebener Weise aneinander legen.

Geschlechtsorgane des Mannes

1 Harnblase
2 Urethra, pars prostatica
3 Ductus ejaculatorius
4 Prostata

128
5 Urethra, pars membranacea
6 Urethra, pars spongiosa

Der perineale Raum ist etwa vier Zoll (10 cm) breit. Oberhalb des
Perineums liegt der Veerya Nadi, der Samenkanal, durch den u.a. der Samen
aus dem (Neben-)Hoden transportiert wird. (Wenn man sich die beiden
oberen Bilder anschaut, so kann er eigentlich nur den Punkt in der Prostata
gemeint haben, in dem die beiden Samenleiter und die Urethra, die
Harnröhre, zusammentreffen. Das ist genau derselbe Punkt, den Taoisten,
wie Mantak Chia als den "Eine Millionen Dollar Punkt" bezeichnen.) Indem
man dieses Nadi mit der Ferse zusammenpresst, kann man den
Samenabfluss kontrollieren. Eine unveränderliche Praxis dieser Yogaübung
vermeidet feuchte Träume, ungewollten Sperma-Abluss (Spermatorrhoe)
und macht dich zu einen Oordhvareta Yogi, dessen Samenenergie
vollkommen zum Gehirn fließt. Eine Kombination von Asanas
(Yogaübungen) wie Kopfstand, Schulterstand und Siddhasana (halber
Lotussitz) ist zum Aufrechterhalten des Brahmacharya sehr förderlich. Jede
Übung hat ihre speziellen Wirkungen. Siddhasana wirkt auf die Hoden und
die Samenzellen und verhindert die Entwicklung des Samens. Der
Kopfstand und der Schulterstand helfen dem Samen, zum Gehirn zu fließen.
Die Zehenspitzenstellung wirkt speziell auf den Samenleiter.

21.6 Anweisungen für die Yogapraxis Inhaltsverzeichnis


Körperliche Tätigkeiten entziehen uns die Lebensenergie, das Prana.
Yogaübungen dagegen bringen es zurück. Yogaübungen wirken nicht nur
physisch, sondern auch spirituell. Sie helfen langfristig, die Sinne, den
Verstand und den Körper zu kontrollieren und den Körper, die Nerven und
die Muskeln zu reinigen. Übst du Liegestützen und Klimmzüge
fünfhundertmal am Tag, und machst du das fünf Jahre lang, dann wirst du in
keinster Weise irgendeine spirituelle Erfahrung produzieren. Normale
körperliche Übungen entwickeln nur die Muskeln des Körpers. Du kannst
zwar durch körperliche Übungen einen athletischen Körper, den Körper
eines Bodybuilders bekommen. Aber Yogaübungen beeinflussen sowohl die
körperliche als auch die spirituelle Entwicklung. Legt eine Decke oder
Yogamatte auf den Fußboden und praktiziert dort die Yogaübungen. Wenn
ihr den Kopfstand macht, dann legt ein dünnes Kissen unter den Kopf.
Trage ein Langoti (eine Art Tanga) oder ein Kaupin (Lendetuch), wenn du
Asanas (Yogaübungen) praktizierst. Trage während der Yogaübungen
möglichst keine Brille und nicht zu viel Kleidung. Diejenigen, die den
Kopfstand längere Zeit praktizieren, sollten nach der Beendigung der Übung
etwas leichtes Essen oder etwas Milch trinken. Mache möglichst täglich
deine Yogaübungen. Die, die üben, bleiben gesund und profitieren
allmählich von den spirituellen Fortschritten. Regelmäßigkeit in der Praxis
ist absolut erforderlich, wenn man den maximalen Nutzen der Übungen
erzielen möchte. Vielfach üben die Leute am Anfang mit großer
Begeisterung zwei Monate lang und verlieren dann die Lust. Das ist eine
falsche Einstellung.
Yogaübungen sollten möglichst mit leerem oder leichtem Magen getan
werden, also etwa drei Stunden nach einer Mahlzeit. Es ist vorteilhaft, wenn
du sowohl Japa (Mantrameditation) als auch Pranayama (Atemübungen)
praktizierst. Dann genießt du die Vorteile beider Übungen. Yogaübungen

129
können an den Sandbänken der Flüsse, an luftigen Plätzen und am Strand
der offenen See praktiziert werden. Selbstverständlich kann man Yoga auch
zu Hause üben. Der Raum sollte sauber und gut belüftet sein. Am Anfang
der Praxis, mache jede Yogaübung nur eine oder zwei Minuten lang. Dann
erhöhe langsam die Zeit, solange du kannst. Vermeide zu viel
Anstrengungen, wenn du die Yogaübungen machst. Du solltest die
Yogaübungen mit Freude und Heiterkeit praktizieren. Ich habe euch einige
Yogaübungen gezeigt, die für das Aufrechterhalten von Brahmacharya sehr
nützlich sind. Ausführliche Anweisungen für fast neunzig Yogaübungen,
findest du in meinem Buch "Yoga Asanas“ (Englisch). Ich empfehle:
Kostenlose Onlinebücher von Swami Sivananda in Deutsch.

21.7 Mula Bandha (Zusammenziehen des Schließmuskels)


Inhaltsverzeichnis
Die Hatha-Yoga-Bücher sagen, dass man sich beim Mula Bandha auf den
Anus, den Schließmuskel konzentrieren soll. Das ist korrekt. Das
Zusammenziehen der Enddarmöffnung ist Mula Bandha, wie es von den
Anfängern beim Hatha Yoga aufgefasst wird. Mula Bandha ist ein
Zusammenziehen des Damms, dem "Sitz" des Kundalini Muladhara
Chakras (Wurzelchakra). Es ist der Bereich zwischen dem Enddarm und den
Geschlechtsorganen, der zusammengezogen werden soll. Mula Bandha ist
leicht differenziert bei Frauen und Männern. Bei Frauen ist es mehr die
Damm- bzw. die Scheidenmuskulatur. Bei den Männern ist es jener PC-
Muskel (Pubococcygeus, Schambein-Steißbein-Muskel oder
Beckenbodenmuskel) zwischen Anus und den Genitalien. Diese Muskeln
sind leicht zu spüren, wenn man uriniert, währenddessen den Urinstrahl
stoppt und anschließend wieder löst. Beim Zusammenziehen der
Anusschließmuskeln wird das Prana nach oben gepresst und man öffnet den
Sushumna (feinstofflicher Nadi = Haupt-Energiekanal in der Wirbelsäule).
Dies kann beim Atem-Anhalten gemacht werden, bei vielen Pranayamas
(Atemübungen) und auch beim Einatmen.
Ausführung
Im aufrechten Sitz, wird die untere (linke Ferse) fest gegen
den Damm, zwischen dem Schließmuskel und den
Geschlechtsorganen, dieser Bereich wird Perineum
genannt, und die obere (rechte) Ferse gegen den
Geschlechtsbereich (im Bereich der Schambehaarung, also
oberhalb des Penis) gedrückt. (Man setzt sich
gewissermaßen mit dem Perineum auf die linke Ferse und
legt dann die rechten Ferse an den Unterleib, oberhalb des Penis. Früher
meditierten die Yogis sehr lange und diese Yogahaltung sollte
gewissermaßen das Brahmacharya symbolisieren, da die beiden Fersen
symbolisch die Sexualität einsperrten). Lege die Handflächen auf die Knie.
Lenke die Wahrnehmung auf den Damm/Vaginalbereich
(Beckenbodenmuskel). Kontrahiere diesen Bereich, indem du den Mastdarm
nach innen und nach oben ziehst und dann wieder löst. Bei dieser
Kontraktion bewegt sich der Damm mit. Mit wachsender Achtsamkeit und
Kontrolle jedoch vermindert sich die Kontraktion oder hört sogar auf. Das
Ziel dieser Übung liegt darin, einen einzigen Punkt der Bewegung gegen die
Fersen zu fühlen. Verharre so lange, wie du bequem den Atem anhalten
kannst.
Wirkungen

130
Mula Bandha hat ernorme körperliche, mentale und spirituelle Wirkungen.
Die Beckennerven, das Urogenital- und das Ausscheidungssystem werden
angeregt. Die innere Peristaltik (Muskeltätigkeit von Magen und Darm)
wird stimuliert und löst Verstopfung und Hämorrhoiden. Hilfreich ist die
Übung bei Rissen oder Geschwüren in der Analgegend. Bei Entzündung der
Prostata, in einigen Fällen von Hypertrophie (Vergrößerung eines Organs
oder Gewebes durch Vergrößerung der Zellen) der Prostata und bei
chronischer Beckenentzündung. Die Ausstrahlung der freigesetzten Energie
geht bis in das Gehirn und in das endokrine System (Gesamtheit aller
hormonbildenden Organe und Zellen) hinein. Daher ist die Übung auch
hilfreich bei Asthma, Bronchitis und Arthritis (Gelenkerkrankungen).
Depressionen werden gelindert. Das Apana Vaju, die Energie, die für die
Ausscheidung von Kot und Urin verantwortlich ist, hat die natürliche
Tendenz abwärts zu fließen. Durch die Praxis von Mula Bandha, wird das
Apana Vayu gezwungen, sich durch das Zusammenziehen des
Schließmuskels, aufwärts zu bewegen. Mula Bandha ist eine Yogaübung,
die dem Yogi hilft, das Apana und die sexuelle Energie aufwärts fließen zu
lassen. Der Yogi sitzt im Siddhasana (halber Lotussitz) und läßt das Apana
und die sexuelle Energie durch die Kontraktion des Schließmuskels und
durch Kumbhaka (Atemanhalten), aufwärts fließen. Bei längerer Praxis wird
der abwärts fließende Samenfluss kontrolliert und der Samen in Ojas Shakti
(geistige Energie) umgewandelt. Dieses Bandha verhindert feuchte Träume
und hilft das Brahmacharya aufrecht zu erhalten.
Kritik an der modernen Praxis
Solch eine vorteilhafte Yogaübung, die von den Weisen und Yogis von einst
vorgeschrieben wurde, wird heute mitunter durch unerfahrene und
unwissende Yogis falsch angewendet. Sie unterrichten diese Yogaübung,
aus egoistischen Zwecken, um ein bequemes Leben zu haben. Sie betreiben
prunkvolle Werbung, dass die Leute die lebenswichtige Samenflüssigkeit
für lange Zeit behalten können und in dieser Zeit intensiven sexuellen
Genuss haben können (taoistische Sexualpraktiken). Sie unterrichten das
Mula Bandha für reiche Familienväter. Einige der getäuschten
Familienväter werden durch solche falschen Aussagen, dieser yogischen
Scharlatane, deren Ziel Geldverdienen für ein bequemes Leben ist,
angelockt. Sie verlieren ihre Vitalität und ruinieren ihre Gesundheit in
kürzester Zeit. Durch unüberlegte Praxis dieser Yogaübung, wird das
Apana, die Ausscheidungsenergie, durcheinander gebracht. Daraus
resultieren verschiedene Krankheiten wie Koliken (krampfartige
Schmerzen), Verstopfung und Hämorrhoiden.
Anmerkung des Übersetzers:
Der taoistischen Philosophie zufolge, hat die Kontraktion, das
Zusammenziehen, des PC-Muskels folgende Wirkung: Wie bekannt ist,
umgibt der PC-Muskel die Prostata, die der Samen während des Orgasmus'
passieren muss. Es wird behauptet, dass man dann, wenn man während der
Kontraktionsphase, also in der Zeit, in der sich während eines Orgasmus',
die Prostatata unwillkürlich zusammenzieht, um die Prostataflüssigkeit, dem
Ejakulat beizumischen, zusammenpresst (indem man also die PC-Muskeln
anspannt), dann könne man es vermeiden, von der Kontraktionsphase in den
Samenerguss zu schliddern. Man könne also den berüchtigten "Point of no
return" vermeiden. Es wird gesagt, man solle den Orgasmus verhindern und
statt dessen die sexuelle Energie, bevor es zur Ejakulation kommt, zum
Gehirn hinauf zu leiten, um mehrere Ganzkörperorgasmen (multiple
Orgasmen) zu erlangen. Weiter wird behauptet, dass man dann, sollte es zur

131
Ejakulation kommen, die sexuelle Energie dadurch bewahren könne, indem
man mit dem Fingerverschluss, bei dem man mittels des Zeige-, Mittel- und
Ring-Fingers der stärkeren Hand, kräftig auf den "Millionen-Dollar-Punkt",
das ist der Punkt direkt unter der Prostata, dort wo die Harnröhre die
Prostata verlässt, drückt. Angeblich soll nun die sexuelle Energie nicht mehr
verloren gehen. In Wirklichkeit findet aber ein ganz normaler Orgasmus
statt, nur das das Ejakulat (Samen), wegen des Druckes der drei Finger auf
den "Punkt der Millionen Goldstücke", bei der der Samenleiter und der
Harnleiter, die in der Prostata zusammenlaufen, versperrt werden, nicht, wie
bei einem normalen Orgasmus, durch die Harnröhre entweicht, sondern wie
bei der Injakulation in die Harnblase gelangt. Es wird also keineswegs die
sexuelle Energie erhalten.
Kommt es aber nicht zum Orgasmus, indem man die Spasmen, die
unwillkürlichen Kontraktionen der Prostata, mittels des Anspannens des
PC-Muskels unter Kontrolle bringt, und gleichzeitig die sexuelle Energie,
mittels wiederholter Kontraktionen des PC-Muskels, zum Gehirn hinauf
leitet, so soll man ein wenig abwarten, bis sich die sexuelle Erregung ein
wenig gesenkt hat. Ist das Erregungsniveau ein wenig gesunken, so soll man
die Erregung wieder bis an den Punkt des nächsten Höhepunktes steigern,
der nun ein höheres Energieniveau als beim ersten Höhepunkt (den man
vermeiden sollte) hat. In diesem Sinne solle man weiter verfahren, so dass
sich die sexuelle Energie zu immer neueren Gipfelpunkten hinaufschwingt,
ohne dass es zum Orgasmus kommt. Beim multiplen Orgasmen verläuft die
Erregungskurve, wie eine sich zeitlich steigernde Welle der sexuellen
Energie, die einen "Höhepunkt" erreicht und dann, anstatt zu kippen und in
sich zusammenzustürzen (in den Orgasmus zu fallen), in eine höhere Welle
übergeht, um auf einen noch höheren Gipfelpunkt hinaufgetragen zu
werden.
Die Idee ist also, dem Punkt, an dem die Ejakulation unvermeidlich wird,
so nah wie möglich zu kommen, ohne in die Ejakulation abzurutschen. So
soll man den Geschlechtsverkehr schliesslich beenden, ohne es zum
Orgasmus kommen zu lassen. Dadurch soll die sexuelle Energie den ganzen
Körper durchströmen und mit sexueller Energie bereichern. Im Prinzip
entspricht dieses der tantrischen Technik. Die Zwischenhöhepunkte werden
gewissermaßen als multiple Orgasmen ohne Ejakulation betrachtet, obwohl
ja eigentlich kein Orgasmus stattfindet, sondern ganz bewusst der Orgasmus
vermieden wird. Darum halte ich es für falsch, von multiplen Orgasmen zu
sprechen. Der springende Punkt sowohl an der taoistischen, als auch an der
tantrischen Philosophie ist allerdings, dass eigentlich niemand die Disziplin
besitzt, diese Techniken über einen längeren Zeitraum aufrecht zu erhalten.
Möchte man seine sexuellen Energien nämlich für das spirituelles
Wachstum nutzen, so müsste man diese Techniken so lange praktizieren, bis
die sexuelle Verhaftung von einem abfällt. Das aber kann durchaus einige
Jahre dauern.
Wollte man also taoistische oder tantrische Sexualpraktiken anwenden, so
müsste man schon fast über eine übermenschliche Disziplin verfügen. Die
Realität sieht wohl eher so aus, dass man es vielleicht einige Male schafft,
den Orgasmus zu vermeiden, aber dass am Ende doch wieder die Sinneslust
siegt und die sexuelle Energie vergeudet wird. So tritt man am Ende auf der
Stelle und bewegt sich spirituell keinen Millimeter weiter. Darum halte ich
sowohl die taoistischen als auch die tantrischen Sexualpraktiken für
ungeeignete Methoden, um spirituelle Fortschritte zu erzielen. Die einzig
wirksamen Tantratechniken praktizieren für mich die Tantralinien, die wie

132
die Gelugpa-Schule, der auch der Dalai Lama angehört, von vornherein auf
jegliche Sexualpraktiken verzichten und das Zölibat praktizieren. Um
einmal zu sehen, dass die taoistischen und die tantrischen Techniken im
Grunde genommen identisch sind, sollen die Tantratechniken aus Oshos
Buch „Tantrische Liebeskunst“ dargestellt werden:
Osho beschreibt die Tantrapraxis wie folgt: „Euer (gewöhnlicher)
Geschlechtsverkehr unterscheidet sich grundsätzlich von dem der Tantriker.
Ihr schlaft mit jemandem, um euch zu erleichtern. Es ist mehr oder minder
so, als ob ihr einen Niesreiz spürt und einmal kräftig niest. Dadurch wird die
Energie ausgestossen und ihr fühlt euch erleichtert, aber das ist das
Gegenteil von Kreativität, es ist ein Akt der Vernichtung. Das hat seine
guten Seiten, es ist eine Art Entspannungstherapie. Der Geschlechtsakt der
Tantriker ist diesem Verhalten grundsätzlich und absolut entgegengesetzt.
Er dient nicht euer Erleichterung, er gibt euch keine Gelegenheit, eure
Energie loszuwerden, sondern es geht darum, im Liebesakt zu bleiben, ohne
zu ejakulieren, ohne Energie auszustossen. Man soll vollkommen
verschmelzen und immer in der Anfangsphase bleiben, nicht zum
Höhepunkt kommen. Das gibt dem ganzen eine völlig andere und
grundverschiedene Qualität. Versucht, diese beiden Dinge zu verstehen. Es
gibt zwei Arten von Orgasmen. Die eine Art kennt ihr: ihr gelangt zu einem
Höhepunkt der Erregung, an dem es nicht mehr weitergeht, das ist das Ende.
Die Erregung wird auf eine derartige Spitze getrieben, dass der Akt
unfreiwillig wird; die Energie fährt in euch hinein und entlädt sich. Dann
seid ihr erleichtert, von einer Last befreit; ihr entspannt euch und flüchtet
euch in eure Traumwelt zurück. Sex wird als Beruhigungsmittel benutzt.
Zu einem Gipfel der Erregung zu kommen ist eine Art, den Orgasmus zu
erfahren. Das Schwergewicht der tantrischen Lehre liegt aber auf der
anderen Art. Die erste Art von Orgasmus kann man einen Gipfel-Orgasmus
nennen und die tantrische Art einen Talorgasmus. Dabei kommt man nicht
zu einem Gipfel der Erregung, sondern gleitet ins tiefste Tal der
Entspannung. Bei beiden Arten wird die sexuelle Erregung der
Anfangsphase benutzt. Deshalb sagte ich, dass beide Arten sich am Anfang
genau gleichen, aber das Ende ist völlig verschieden. Die anfängliche
Erregung wird auf zwei völlig verschiedene Arten benutzt: entweder
erklimmt man damit den Gipfel seiner Leidenschaft oder fällt ins tiefste Tal
der Entspannung. Bei der ersten Art muss die Erregung immer mehr
gesteigert werden, man muss dazu beitragen, dass sie immer intensiver dem
Höhepunkt entgegenstrebt. Bei der zweiten Art ist man nur beim Vorspiel
erregt. Sobald der Mann in die Frau eingedrungen ist, entspannen sich
beide. Sie bewegen sich überhaupt nicht mehr und gehen völlig in der
Umarmung auf. Und nur, wenn einer von beiden spürt, dass die Erektion
nachlässt, bewegen sie sich ein wenig, um das Feuer wieder zu entfachen;
dann sinken sie wieder in einen Zustand vollkommener Entspannung.

Diese Art von tiefer, zärtlicher Vereinigung kann stundenlang dauern, ohne
dass es zum Samenerguss kommt. Danach fallen beide in einen tiefen
Schlaf. Das nennt man einen Talorgasmus. Nach einem tantrischen
Liebesakt seid ihr mit Energie aufgeladen, ihr seid lebendiger und frischer
als je zuvor. Und dieser ekstatische Zustand kann stundenlang, ja tagelang
anhalten. Das hängt davon ab, wie sehr ihr darin aufgegangen seid. Wenn
ihr tief in diese Art Sex hineingehen könnt, wird euch früher oder später
klar, dass ein Samenerguss reine Energieverschwendung ist. Man braucht
nicht zu ejakulieren, es sei denn, man will ein Kind zeugen. Nach einem
tantrischen Sex-Erlebnis seid ihr den ganzen nächsten Tag zutiefst

133
entspannt, selbst viele Tage lang fühlt ihr euch ruhig und gelassen, in euch
selbst zentriert. aus: „Tantrische Liebeskunst“ (Seite 208) von Osho.
Ende Anmerkung Übersetzer.
Diese unwissenden Yogis haben dem Yoga im Ansehen der öffentlichkeit
großen Schaden zugefügt. Anstatt dass sie diese nützliche Yogaübung zum
Erreichen des Brahmacharya empfehlen, haben diese irregeführten Seelen,
die Leidenschaften der Familienväter entfacht. Sie haben die Wissenschaft
des Yoga und die Yogis verunglimpft. Sie argumentieren: "Wir müssen uns
den modernen Zeiten anpassen. Die Leute wollen das. Sie lieben solche
Übungen. Solche Übungen werden gefordert. Sie sind glücklicher, wenn sie
diese Übungen praktizieren dürfen." Eine wundervolle Philosophie, in der
Tat! Dies ist die Philosophie der Genussmenschen und Charvakas, die in der
Sinneslust den Sinn ihres Lebens sehen. Ihr ignoranten Leute, öffnet eure
Augen. Erwacht aus eurem Tiefschlaf und aus eurer Unwissenheit. Vertraut
nicht den süßen Worten und den unanständigen Demonstrationen dieser
yogischen Scharlatane und Pseudo-Gurus. Sie werden euch ruinieren.
Enthaltet euch solcher Praktiken und bewahrt eure Lebensenergie.
Verwandelt sie durch Japa (Mantrameditation), Kirtan (Singen religiöser
Lieder), Pranayama (Atemübungen) und Vichara (Selbsterforschung) in
spirituelle Energie. Führt ein frommes Leben. Das Leben ist für einen
höheren Zweck bestimmt. Es ist bestimmt, um Selbstverwirklichung zu
finden.
Ihr unwissenden Yogis. Führt die Menschen nicht auf den falschen Weg.
Erweist euch als würdige Nachfolger der verehrungswürdigen Weisen der
Vergangenheit. Opfert diese edle Yogaübung nicht den niederen Trieben.
Seid vorbildlich. Habt edle Ziele und erweist euch eines Yogi als würdig.
Sonst werden die vernünftigen und kultivierten Leute euch auslachen, wenn
ihr solche Ansichten verbreitet. Zeigt den Leuten, wie man Brahmacharya
praktiziert. Sei ein wahrhafter Yogi. Dann werden die Leute dich und deine
selbstlose Arbeit schätzen. (Wie man also sieht, war Mantak Chia nicht der
erste, der solche Theorien verbreitete.)
Vorsichtsregeln und Gegenanzeigen
Schwangere sollten das Halten von Mula Bandha nicht übertreiben: Sind die
Muskeln des Beckenbodens zu fest und damit unnachgiebig geworden, wird
der Vorgang der Geburt enorm erschwert, da das Kind nicht losgelassen
werden kann. Mula Bandha sollte nicht während akuter Entzündungen im
kleinen Becken gehalten werden. (Den oberen Teil der Beckenhöhle
bezeichnet man als das "große Becken", den unteren Anteil, der von den
Scham- und Sitzbeinen gebildet wird, wird als "kleines Becken" bezeichnet.
Im kleinen Becken liegen der Mastdarm, die Harnblase und alle inneren
Geschlechtsorgane.) Da es bei der Kontraktion der Beckenbodenmuskulatur
zu einem starken Zug der Bänder auf das Steißbein kommt, sollte es einige
Zeit nicht geübt werden, nachdem man sich das Steißbein geprellt oder
gebrochen hat. Mula Bandha

134
21.8 Jalandhara Bandha (Kinnverschluss) Inhaltsverzeichnis
Jalandhara Bandha ist der Kinnverschluss und somit das
energetische Gegenstück zum Mula Bandha (Verschließen
des Schließmuskels). Während letztere das Entweichen der
Energie aus der Körperunterhälfte verhindert, vermag
Jalandhara Bandha dies für die obere Körperhälfte zu
leisten. Atme zunächst ein und halte dann den Atem an.
Dann verschließe der Hals, indem du das Kinn fest gegen
die Brust drückst. Der Kinnverschluss wird ausgeführt,
indem man das Kinn zum Brustbein senkt und damit den
Hals zusammenzieht. Dadurch wird der Nacken stark gedehnt. Achte
darauf, dabei die Wirbelsäule weiterhin gerade zu halten. Der
Kinnverschluss stimuliert auch die drei Nerven, die von der Halswirbelsäule
ausgehen und das Zwerchfell beherrschen. Es wird am meisten eingesetzt
bei einigen Umkehrstellungen wie Schulterstand, Kopfstand usw.
Zugeordnete Drüse: Schilddrüse
Die Schilddrüse spielt eine wichtige Rolle beim Wachstum des Skeletts und
der inneren Organe. Sie sorgt für den Ausgleich zwischen dem körperlichen
und geistigen Wachstum und reguliert den Stoffwechsel und damit die Art
und Weise sowie die Geschwindigkeit, in der wir unsere Nahrung in
Energie umwandeln und diese Energie verbrauchen. Darüber hinaus regelt
sie den Jodstoffwechsel sowie den Kalkhaushalt in Blut und Gewebe. Im
Hals-Chakra finden wir das Zentrum der menschlichen Ausdrucksfähigkeit,
Kommunikation und Inspiration. Es stellt eine wichtige Verbindung
zwischen Denken und Fühlen, zwischen unseren Impulsen und den
Reaktionen darauf. Jalandhara Bandha

21.9 Uddiyana Bandha (Bauchverschluss) Inhaltsverzeichnis


Uddiyana-Bandha heißt wörtlich hinauffliegen und bezeichnet das Ein- und
Hochziehen des Nabels. Dies bewirkt eine entsprechende Bewegung in den
Bauchmuskeln und erzeugt einen Hohlraum unter dem Brustkorb. Die
Ausführung geschieht, indem man bei leerer Lunge, nachdem man
vollkommen ausgeatmet hat, die Bauchdecke so weit wie möglich in
Richtung Wirbelsäule ein und hochzieht. Wenn man mit Visualisierung
arbeitet, kann man sich einen Faden vorstellen, der vom Nabel ausgehend,
die Wirbelsäule hoch wandert. Dies alles verlangt langes und intensives
Arbeiten und benötigt oft Jahre um die Dynamik richtig zu spüren.
Uddiyana-Bandha soll den grossen Vogel Prana zwingen, durch Sushumna-
Nadi, den Hauptenergiekanal für den Strom der Nervenenergie, empor zu
fliegen. Man sagt, dass Uddiyana-Bandha das Beste aller Bandhas sei. Es
heißt, dass dieses Bandha der Löwe sei, der den Elefanten namens Tod
besiegt. Man sollte es nur während Bahya Kumbhaka (Atemanhalten nach
dem Ausatmen) üben. Wird es während Antara Kumbhaka (Atemanhalten
nach dem Einatmen) ausgeführt, werden Herz und Zwerchfell zu stark
angestrengt und die Augen schwellen an.

135
Uddiyana-Bandha im Sitzen

Im aufrechten Sitz, die Wirbelsäule ist aufrecht und die Knie berühren den
Boden. Lege die Handflächen auf die Knie. Atme aus und leere die Lungen
so weit wie möglich. Halte den Atem nach dem Ausatmen an. Hebe die
Schultern und gib damit der Wirbelsäule eine weitere Dehnung. Drücke die
Handflächen kräftig gegen die Knie, strecke die Ellbogen. Nimm spontan
Jalandhara-Bandha (Kinnverschluss) ein und presse das Kinn gegen die
Brust. Kontrahiere die Bauchmuskeln nach innen und oben. Halte den
Bauchverschluss mit angehaltenem Atem so lange wie möglich, ohne dich
zu überfordern. Löse den Bauchverschluss, beuge die Ellbogen und senke
die Schultern. Hebe den Kopf, atme noch ein wenig mehr aus und erst dann
langsam ein.

Uddiyana-Bandha im Stehen

Im Stehen (vorbereitende)
Stehe aufrecht, die Füße etwa einen halben Meter auseinander. Atme tief
durch die Nase ein. Beuge dich aus der Taille nach vorn und atme alle Luft
durch den Mund aus. Versuche, die Lungen so weit wie möglich zu leeren.
Halte die Wirbelsäule gerade und beuge ein wenig die Knie. Lege die
Handflächen auf die Oberschenkel, direkt über den Knien, so dass die Knie

136
das Gewicht des Oberkörpers tragen. Die Finger zeigen nach unten oder
zueinander. Stelle sicher, dass die Arme gestreckt sind. In dieser Haltung
wird sich der Bauchbereich automatisch zusammenziehen. Ziehe den Bauch
nach oben und nach innen zur Wirbelsäule. Leichter ist Uddiyana-Bandha
im Stehen auszuführen. Es sollte aber nur mit leerem Magen und Gedärmen
geübt werden! Auf der physiologischen Ebene massiert, kräftigt und reinigt
Uddiyana die Bauchorgane und macht sie stark und gesund. Durch das
Einziehen des Leibes in den Brustkorb stellt es auch die Elastizität der
Lunge wieder her und massiert das Herz. Das Zwerchfell wird immer
wieder nach oben und nach unten gepresst, wobei auf beiden Seiten Druck
entsteht. Durch diese Spannung in den verschiedenen Verdauungsorganen,
Leber und Magen im unteren und mittleren Bereich, Herz und Lunge im
oberen Bereich, entsteht nach loslassen der Kontraktion eine bessere
Durchblutung der genannten Organe. Es heißt dass Uddiyana Bandha die
Jugendlichkeit zurück bringt.
Zugeordnete Drüse: Bauchspeicheldrüse
Sie spielt eine entscheidende Rolle bei der Verarbeitung und Verdauung der
Nahrung. Sie schüttet das Hormon Insulin aus, das für das
Blutzuckergleichgewicht und den Kohlehydratstoffwechsel von
ausschlaggebender Bedeutung ist. Die von der Bauchspeicheldrüse
abgesonderten Enzyme sind für den Fett- und Proteinstoffwechsel wichtig.
Das Solar-Plexus-Chakra ist unser Kraftzentrum. Es ist jener Bereich von
dem aus unsere emotionale Energie nach außen dringt. Unsere
zwischenmenschlichen Beziehungen, Sympathien und Antipathien sowie
die Fähigkeit, dauerhafte emotionale Verbindungen einzugehen, werden
weitgehend von diesem Zentrum aus gesteuert. Es ist der Sitz der
Persönlichkeit. Es ist der Ort, an dem er seine gesellschaftliche
Identifikation findet und die durch persönliche Kraft, Leistungswillen und
Machtstreben, oder auch durch Anpassung an die gesellschaftlichen Normen
zu bestätigen sucht.
Wirkungen
Uddiyana Bandha ist ein Allheilmittel bei vielen Bauch- und
Magenerkrankungen, z.B. Verstopfung, Verdauungsstörungen, Würmern
und Diabetes, vorausgesetzt, alle diese Störungen sind nicht chronisch. Das
Verdauungsfeuer wird angeregt, die Bauchorgane werden massiert und
belebt. Die Adrenalindrüsen werden harmonisiert, wodurch Trägheit und
Lethargie verschwinden. Angst und Anspannungen lösen sich auf. Der
Blutkreislauf im ganzen Rumpf wird angeregt und alle inneren Organe
werden gekräftigt. Uddiyana-Bandha ist eine sehr gute Übung, um das
Zwerchfell bewusst wahrzunehmen. In der aktiven Phase, in der der Bauch
nach innen und oben gezogen wird, werden die Muskelfasern des
Zwerchfells und der oberflächlichen Bauchmuskulatur (besonders des
queren Bauchmuskels) gestärkt.
Vorsichtsregeln und Gegenanzeigen
Uddiyana-Bandha ist bei allen akuten entzündlichen Prozessen im Körper,
insbesondere jedoch im Bereich des Rumpfes (Magen- oder
Darmentzündungen oder Geschwüre, Leberentzündungen und –
schwellungen, Entzündungen der Bauchspeicheldrüse usw.) verboten,
ebenso bei schwerem Asthma, schwerer Bronchitis, stark erhöhtem
Blutdruck, in der Schwangerschaft und längere Zeit nach Operationen (weil
sich die Narben verziehen könnten) und bei Brüchen im Bauchraum
(Hernien). Vorsicht ist bei leichten Störungen des Kreislaufs und der

137
Verdauung geboten, außerdem bei der Tendenz zu einer starken
Regelblutung und beim Tragen älterer, t-förmigen Verhütungsspiralen.
Menschen mit großen Operationsnarben sollen sehr achtsam auf Reaktionen
dieser Narben sein, da Schmerzen auftreten können, wenn Verwachsungen
des Narbengewebes vorliegen.
Uddiyana Bandha 1
Uddiyana Bandha 2

21.10 Nauli Kriya (Darmreinigung) Inhaltsverzeichnis


Nauli ist eines der Kriyas (Reinigungsübungen) aus dem Yoga. Die Übung
soll den Dünndarm reinigen, Verdauungsprobleme beseitigen und basiert
auf einer Massage der inneren Bauchorgane durch die kreisförmige
Bewegung der Bauchmuskulatur. Uddiyana Bandha, die Bauchkontraktion,
kann sowohl im Sitzen als auch im Stehen geübt werden. Nauli aber wird im
Allgemeinen im Stehen geübt. Stelle die Beine etwa einen Fuß breit
auseinander, beuge den Rücken vor und lege deine Hände auf die
Oberschenkel. Dann praktiziere Uddiyana Bandha, die Bauchkontraktion.
Nun drücke die Bauchmuskeln als zentralen Bauchmuskelwulst nach vorne
und schiebe diesen Wulst nach rechts und nach links.

Nauli (Darmreinigung)

Zu Beginn der Übung sollten die mittleren Bauchmuskeln entspannt und nur
die rechten und linken Bauchmuskeln angespannt sein. Die Muskeln sollten
in der Mitte einer vertikalen Linie verlaufen. Praktiziere die Übung so lange,
wie du sie bequem ausüben kannst. Übe sie am Anfang ein paar Tage lang,
bis du sie vollkommen beherrscht. Nach etwas Praxis solltest du die rechten
Bauchmuskeln anspannen und die linke Seite entspannt lassen. Dann
verlaufen alle Muskeln auf der linken Seite in einer vertikalen Linie. Dann
spanne die linken Bauchmuskeln an und lasse die rechten Bauchmuskeln
entspannt. Durch diese stufenweise Praxis, lernst du es, die Muskeln in der
Mitte und auf der linken und rechten Seite des Bauches anzuspannen. Jetzt
kommt die Krönung von Nauli Kriya. Spanne die Muskeln in der Mitte des
Bauches an und lass sie dann langsam zur rechten Seite und dann zur linken

138
Seite wandern. Lass sie sich mehrmals von rechts nach links bewegen und
anschließend mehrmals von links nach rechts. Du solltest die Muskeln
langsam in einer kreisförmigen Bewegung von rechts nach links oder von
links nach rechts rotieren lassen. Du wirst nicht ausreichend von dieser
Übung profitieren, wenn du sie nicht langsam und sorgfältig ausübst.
Anfänger werden bei den ersten Versuchen einen geringfügigen Schmerz im
Bauch verspüren. Sie brauchen keine Angst zu haben. Der Schmerz wird
nach zwei oder drei Tagen regelmäßiger Übung verschwinden.

21.11 Maha Mudra (Großes Siegel) Inhaltsverzeichnis


Das Sanskrit Wort Maha bedeutet groß. Das Maha Mudra ist ein großes
Mudra im Sinne seiner grossen Wirkung! Setze dich beim Maha Mudra auf
dem Fußboden mit dem Anus (Po) auf deine linke Ferse. Das linke Bein ist
dabei nach hinten gestreckt. Strecke das rechte Bein nach vorne vor deinen
Körper. Nun beuge dich nach vorne und ergreife mit beiden Händen die
Zehen des rechten Fußes. Atme ein, halte die Luft an und presse das Kinn
fest gegen die Brust. Richte nun deine ganze Aufmerksamkeit auf das
"Dritte Auge", auf den Punkt zwischen den Augenbrauen, und halte die
Stellung so lange wie du kannst.

Maha Mudra

Dann wiederhole die Übung, indem du die rechte Ferse unter den Anus setzt
und das linke Bein nach vorn ausstreckst. Nun ergreife mit beiden Händen
das linke Bein, presse das Kinn wieder fest gegen die Brust, richte die
Aufmerksamkeit wieder auf das dritte Auge und halte die Stellung so lange,
wie du kannst. Danach setze dich hin, strecke beide Beine nach vorne,
beuge dich nach vorne und ergreife mit beiden Händen beide Füße (sitzende
Vorwärtsbeuge). Du solltest die Übungen, mit den drei verschiedenen
Positionen, insgesamt drei mal wiederholen.

139
21.12 Yoga Mudra, das Siegel des Yoga Inhaltsverzeichnis
Yoga Mudra (auch als Yoga Mudrasana,
Yoga Mudrasan, Yoga Mudra Asana, Yoga
Mudra Asan bezeichnet) bedeutet "Symbol
des Yoga" bzw. "Siegel des Yoga". Diese
Yogaübung gilt in besonderem Maße als
Symbol für die Vereinigung der
individuelle Seele mit der Kosmischen
Seele und damit für "Yoga" im Sinne von
Yoga Mudra "Vereinigung". Alle Asanas
(Yogaübungen) sind letztlich Hingabe und
Verehrung an das Kosmische, das auch als Gott, kosmische Intelligenz,
Schöpfer aller Dinge, kosmische Energie, höhere Wirklichkeit oder
göttliche Mutter bezeichnet wird. Auf der physischen Ebene ist Yoga Mudra
sehr gut für die Flexibilität von Hüften und Wirbelsäule und ist eine gute
Übung für die Verdauungsorgane. Längere Zeit in Yoga Mudra führt zur
Erfahrung tiefen geistigen Friedens. Yoga Mudra kann immer vor und/oder
nach Meditation und Pranayama geübt werden.

Lotussitz Halber Lotussitz

Setze dich in den Lotussitz (Anfänger sollten vielleicht den halben Lotussitz
bevorzugen - weitere Meditationshaltungen hier). Lege die Handflächen auf
die Fersen. Atme langsam aus und beuge den Oberkörper so weit nach
vorne, bis die Stirn den Fußboden berührt. Wenn du die Haltung für längere
Zeit beibehältst, kannst du ganz normal ein- und ausatmen. Verweilst du
aber nur kurze Zeit in dieser Stellung, dann halte den Atem so lange an, bis
du den Kopf wieder anhebst und in deine Ausgangsstellung zurückkommst.
Dann atme wieder ein. Anstatt die Hände auf die Fersen zu legen, kannst sie
auch hinter den Rücken legen und das linke Handgelenk mit der rechten
Hand festhalten. Das Yoga Mudra ist nützlich, um Brahmacharya aufrecht
zu erhalten. Es verringert übermäßiges Fett im Bauch und entfernt alle
Störungen des Magens und der Därme. Verstopfungen werden beseitigt und
das Verdauungsfeuer geschürt. Der Appetit und die Verdauung werden
dadurch verbessert. Wenn du die Haltung nicht über eine längere Zeit halten
kannst (1 bis 2 Minuten), dann wiederhole die Übung mehrmals. Lege
zwischen den Übungen eine kleine Pause ein.

140
21.13 Anuloma Viloma (Wechselatmung) Inhaltsverzeichnis
Setze dich zur Wechselatmung mit leerem Magen in deinem
Meditationsraum in den Lotussitz oder in den halben Lotussitz und schließe
deine Augen. Verschließe mit dem rechten Daumen das rechte Nasenloch
und atme 4 Sekunden die Luft durch das linke Nasenloch ein. Fülle die
Lungen etwa zu 3/4. Dann verschließe mit dem rechten Ringfinger und dem
kleinen Finger der rechten Hand das linke Nasenloch und halte den Atem
etwa 4 Sekunden lang an. Dann nimm den rechten Daumen vom rechten
Nasenloch, die beiden anderen Finger bleiben aber auf dem linken
Nasenloch, und atme langsam 8 Sekunden lang durch das rechte Nasenloch
aus und dann wieder 4 Sekunden lang ein. Dann lege den rechten Daumen
wieder auf das rechte Nasenloch und halte die Luft wieder 4 Sekunden lang
an. Nun nimm die beiden Finger vom linken Nasenloch und atme 8
Sekunden lang aus und wieder 4 Sekunden lang ein und verschließe das
linke Nasenloch wieder mit den beiden Fingern der rechten Hand (kleiner
Finger, Ringfinger).
Dieser Prozess stellt einen Atemzyklus dar. Wiederhole diese Übung 20 mal
am Morgen und 20 mal am Abend. Langsam und behutsam erhöhe die Zeit,
in der du den Atem anhälst und die Anzahl der Atemübungen. Wenn du
Fortschritte in der Praxis gemacht hast, kannst du drei oder vier Sitzungen
am Tag machen und jedes mal achtzig Pranayamas üben. übe mindestens 3
bis 8 Runden. Du kannst die Atemübungen bis auf 20 oder 30 Minuten
steigern, wenn Du willst. Beginne mit dem Verhältnis Einatmen : Anhalten :
Ausatmen mit 4:4:8. Steigere es langsam auf 4:8:8, dann auf 4:12:8,
schließlich 4:16:8. Auf die Frage ob es gefährlich ist Atemübungen ohne die
Hilfe eines Gurus zu praktizieren antwortet Swami Sivananda: Zögere nicht.
Warte nicht darauf, einen Guru zu finden, der an Deiner Seite sitzt und nach
Dir schaut. Wenn Du ernsthaft, regelmäßig und systematisch bist und den
Regeln und Anweisungen dieses Buches sehr sorgfältig folgst, wird es
keinerlei Schwierigkeiten geben.

21.14 Bhastrika (Blasebalg) Inhaltsverzeichnis


In Sanskrit bedeutet Bhastrika Blasebalg. Das charakteristische Merkmal
von Bhastrika ist die rasche Folge von forcierten Ein- und Ausatmungen. So
wie ein Schmied seinen Blasebalg rasch auf und ab bewegt, so solltest auch
du deinen Atem rasch rein und raus bewegen. Setze dich für den Blasebalg
aufrecht in den Lotussitz und schließe den Mund. Anfänger wählen den
halben Lotussitz oder den Schneidersitz. Atme zwanzig Mal schnell wie ein
Blasebalg durch die Nase ein und aus. Spanne dafür rhythmisch deine
Bauchmuskeln an und entspanne sie wieder. Man sollte mit dem Ausstoßen
des Atmens beginnen. Dann sollte das Ein- und Ausatmen in schneller
Reihenfolge erfolgen. Hat man die erforderliche Zahl von Ausatmungen
erreicht, sagen wir einmal zwanzig für eine Runde, dann sollte der letzten
Ausatmung eine tiefe Einatmung folgen. Nun halte die Luft so lange an, wie
es dir bequem erscheint, und dann atme sehr, sehr langsam wieder aus.
Dann ist eine Runde Bhastrika beendet. Mach eine kleine Pause und lass
eine zweite Runde folgen. Mache drei Runden am Morgen und drei Runden
am Abend. Dies ist eine sehr nützliche Übung für Brahmacharins. Du kannst
die Übung auch im Stehen ausüben.

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21.15 Tipps zu Atemübungen Inhaltsverzeichnis
Bade nicht unmittelbar nach Atemübungen. Sondern ruhe dich zunächst
einmal eine halbe Stunde aus. Mache im Sommer morgens nur einmal
Atemübungen. Atme stets langsam ein und aus. Vermeide beim Einatmen
jedes Geräusch. Vermeide auch beim Bhastrika (Blasebalg) jedes
gewaltsame Geräusch. Atme nur durch die Nase. Ein Anfänger sollte einige
Tage lang nur die Einatmung und die Ausatmung üben, ohne den Atem
anzuhalten. Du musst das Einatmen, das Ausatmen und das Atemanhalten
so praktizieren, dass du zu keiner Zeit ein Gefühl von Atemnot oder
Unannehmlichkeit empfindest. Du solltest die Ausatmung nicht
unnötigerweise verlängern. Wenn du die Zeit der Ausatmung verlängerst,
dann ist die folgende Einatmung beschleunigt und der Rhythmus wird
unterbrochen. Erhöhe allmählich die Periode des Atemanhaltens. Halte den
Atem in der ersten Woche für 4 Sekunden, in der zweiten Woche für 8
Sekunden, in der dritten Woche für 12 Sekunden an und fahre fort, bis du in
der Lage bist, den Atem so lange an zuhalten, wie du kannst. Wiederhole
während der Atemübung geistig das Mantra "Om", das Gayatri-Mantra oder
irgendein anderes Mantra. Kultiviere Barmherzigkeit, Frieden,
Nachsichtigkeit, Toleranz mit der Einatmung und verjage Arroganz,
Egoismus, Stolz, Zorn und Lust mit der Ausatmung. Wenn du einatmest,
dann stelle dir vor, dass du Energie von einer göttlichen Quelle einatmest,
kosmisches Prana, und dass dein ganzer Körper vom Kopf bis zu den Zehen
mit frischer Energie gesättigt wird. Mache keine Atemübungen, wenn du
ernsthaft krank bist.

21.16 Vajroli Mudra (Aufsaugen des Samens mit dem Penis)


Inhaltsverzeichnis
Dies ist eine wichtige Yogaübung im Hatha Yoga. Du musst hart arbeiten,
um vollen Erfolg in dieser Yogaübung zu erhalten. Es gibt nur sehr wenige
Leute, die Experten in dieser Übung sind. Der Yogaschüler saugt zuerst
Wasser durch einen silbernen Schlauch, ein besonders angefertigter
Katheter (Röhrchen), der etwa 12 Zoll (30 Zentimeter) in die Harnröhre
eingeführt wird, durch den Penis ein. Nach einiger Übung saugen sie Milch,
dann Öl und dann Honig ein. Zum Schluss saugen sie Quecksilber (kann
Quecksilber nicht zu Vergiftungserscheinungen führen?) mit ihrem Penis
ein. Später sind sie in der Lage, diese Flüssigkeiten direkt durch die
Harnröhre, ohne die Hilfe eines Schlauches, aufzusaugen. Diese Übung ist
für das Aufrechterhalten eines vollkommenem Brahmacharya von enormer
Bedeutung. Am ersten Tag solltest du den Katheter nur etwa einen Zoll (2,5
cm) in die Harnröhre einführen, am zweite Tag zwei Zoll, am dritten Tag
drei Zoll, und so weiter. Du solltest so lange üben, bis du in der Lage bist,
zwölf Zoll (30 cm) des Katheters in die Harnröhre zu schieben. Raja
Bhartrihari, ein indischer Sanskritdichter des 7. Jahrhunderts, war in dieser
Yogaübung sehr geschickt.
Der Yogi, der diese Yogaübung beherrscht, kann nicht einen Tropfen
Samen verlieren. Selbst wenn er einen Orgasmus hatte, kann er den Samen
durch diese Übung wieder aufsaugen (Anmerkung Übersetzer: Irrtum - Er
saugt nämlich das Ejakulat, das aus einer Mischung von mehreren
Drüsenflüssigkeiten besteht, - siehe: Das männliche Sperma - in die Blase
ein und transportiert sie nicht zurück in die Drüsen). Der Yogi, der in der
Lage ist, seinen Samen aufwärts zu ziehen und ihn zu konservieren, besiegt
den Tod (Anmerkung Übersetzer: Butter bleib bei die Fische - oder wie sagt

142
man?). Ein guter Geruch entströmt seinem Körper. Der ehemalige Trailinga
Swami von Benares war ein Experte im Vairoli Mudra, also im Aufsaugen
seines eigenen Ejakulats. Sri Swami Kuvalayanandaji von Lonavala
unterrichtete diese Übung. Die Praxis von Mula Bandha (Zusammenziehen
der Schließmuskeln), von Uddiyana Bandha (Bauchverschluss), von Maha
Mudra (Großes Siegel), von Asanas (Yogaübungen) und Pranayamas
(Atemübungen) ermöglichen es einem, Vajroli zu verstehen und Erfolg in
seiner Praxis zu erhalten. Dieses sollte allerdings unter der Anleitung eines
Gurus geschehen.
Der Sinn der Vajroli Mudra besteht darin, Perfektion im Brahmacharya zu
erlangen. Wenn der Yogaschüler dieses Mudra übt, lenkt er seine
Aufmerksamkeit unbewusst zum Sexualzentrum. Dadurch aber könnte der
Erfolg der Übung gefährdet werden. Darum ist strenges Brahmacharya für
diese Übung absolut erforderlich. Daher solltest du bei der Ausführung
dieser Übung, weder an eine Frau, noch an den Sexualverkehr, denken. Da
viele Ehemänner denken, dass Vajroli Mudra gut für die Geburtenkontrolle
ist, haben sie den verstärkten Wunsch, dieses Mudra zu üben. Es ist alles
nur eine Torheit und Täuschung. Sie haben den Sinn dieser wichtigen
Yogaübung nicht richtig verstanden. Dein Motiv, das Vajroli Mudra zu
lernen, sollte rein sein. Du solltest von der Idee der Selbstverwirklichung
und vom absoluten Brahmacharya geleitet sein. Strebe die sexuelle
Sublimation an. Du solltest die Energie, die du durch diese Yogaübung
gewinnst, nicht missbrauchen. Analysiere und hinterfrage deine Motive
sorgfältig. Es lauern sehr viele Versuchungen und Gefahren auf dem
yogischen Weg. Vorsicht und göttliche Liebe auf deinem spirituellen Weg!
Anmerkung des Übersetzers: Swami Sivananda hält das Vairoli Mudra für
solch eine bedeutende Yogaübung, weil er das männliche Sperma mit Ojas
Shakti gleich setzt. Das Sperma setzt sich aber aus insgesamt sechs
unterschiedlichen Drüsensekreten zusammen. So könnten die Spermien also
gar nicht zum Nebenhoden zurückwandern, wo sie normalerweise
aufbewahrt werden, weil sie sich mittlerweile mit den anderen
Drüsensekreten vermischt haben. Außerdem werden sie durch die Vajroli-
Praxis in die Harnblase eingesogen. Boris Sacharow, der über eine
mindestens 42jährige Yogapraxis verfügt, zählt in seinem Buch "Kriya
Yoga" sowohl das Vairoli Madra, als auch das Khechara Mudra
(Verlängerung der Zunge), das Viparitakarani Mudra (man legt sich auf den
Rücken, hebt die Beine dabei vertikal an und stützt dabei das Gesäß mit den
Händen und Ellbogen - und das täglich 3 Stunden lang) und das Trataka
Mudra (Schauen in die Sonne) zu den falsch verstandenen Auswüchsen
einer falsch verstandenen Yogalehre. Und ich fürchte, er hat recht. Einige
Yogis benutzen das Vajroli Mudra auch zu Showzwecken. Zunächst saugen
sie Öl mit dem Penis ein und pumpen dann wie ein feuerspeiender Drache
das Öl wieder durch die Harnröhre heraus und zünden es dabei an. Es würde
mich gar nicht wundern, wenn es dabei schon den einen oder anderen leicht
gegrillten Penis gegeben hat

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22. Einige veranschaulichende Geschichten Inhaltsverzeichnis

22.1 Die Energie der Sinneslust Inhaltsverzeichnis


Einst hielt Sri Vedavyasa inmitten seiner Schüler seinen Vedanta Unterricht.
Im Rahmen eines Vortrags, erwähnte er, dass junge Brahmacharins acht
geben sollten und nicht mit jungen Damen verkehren sollten, da sie sonst,
trotz ihrer Wachsamkeit und Umsicht, leicht ein Opfer ihrer Sinneslust
werden könnten. Einer seiner Schüler, Jaimini, der Autor der Purva-
Mimamsa, einer Schrift, die sich mit den vedischen Opferritualen
beschäftigt, war ein wenig vorlaut und sagte: "Guruji Maharaj! Deine
Behauptung ist falsch. Keine Frau kann mich erregen. Ich bin fest im
Brahmacharya verankert." Der Lehrer Vyasa sagte: "Jaimini, du wird es
bald wissen. Ich gehe nach Benares und komme innerhalb von drei Monaten
zurück. Sei vorsichtig und lass dich nicht vom Stolz beherrschen."
Sri Vyasa, nahm, durch seine yogische Kraft, die Form eines schönen
jungen Mädchens an, mit durchdringenden Augen, einem bezauberndem
Gesicht und bekleidet mit einem dünnen seidenen Kleid. Die junge Frau
stand im Sonnenuntergang unter einem Baum. Die Wolken zogen sich
zusammen und es begann zu regnen. Durch einen Zufall stand Jaimini
plötzlich neben ihr unter dem Baum. Er sah das Mädchen, hatte Mitleid mit
ihr und sprach: "Oh, junge Frau, wenn sie möchten, können sie mit in
meinen Ashram kommen und dort bleiben, bis es aufgehört hat zu regnen.
Ich werde ihnen Schutz geben." Die junge Frau fragte: "Leben sie allein
oder leben sie mit einer Frau zusammen?" Jaimini antwortete: "Ich lebe
ganz alleine dort. Aber ich bin ein perfekter Brahmachari. Die Lust kann
mir nichts anhaben. Ich betrachte Männer und Frauen als heilige Wesen. Sie
können bei mir übernachten." Die junge Frau aber wendete ein: "Es ist nicht
recht, für ein jungfräuliches Mädchen, mit einem Brahmachari allein die
Nacht zu verbringen." Aber Jaimini sagte: "Junge Frau, haben sie keine
Angst. Ich verspreche ihnen, ein perfekter Brahmachari zu sein." Dann
stimmte sie zu und verbrachte die Nacht in seinem Ashram.
Die junge Frau schlief im Haus und Jaimini legte sich vor dem Haus nieder.
Mitten in der Nacht, fühlte Jaimini plötzlich, wie die Sinneslust in seinen
Verstand eindrang. Eine sexuelle Begierde entstand in ihm. Als er die junge
Frau am Baum getroffen hatte, war er noch absolut rein. Nun aber klopfte er
an die Tür und sagte: "Draußen ist es sehr stürmisch. Ich kann die kalten
Windböen nicht ertragen. Ich möchte gerne im Haus schlafen." Dann
öffnete sie die Tür und Jaimini schlief im Haus. Aber diesmal, als er der
jungen Frau so nahe war und den Klang ihrer Armreifen vernahm, erwachte
seine sexuelle Begierde ein wenig intensiver und leidenschaftlicher. Er
näherte sich ihr und umarmte sie. Sofort nahm Sri Vyasa seine
ursprüngliche Gestalt mit seinem langen Bart an und sagte: "Mein lieber
Jaimini, wo ist nun die Stärke deines Brahmacharya? Hast du das Zölibat
wirklich perfekt verinnerlicht? Was hast du geantwortet, als ich über dieses
Thema unterrichtete?" Jaimini senkte beschämt seinen Kopf und sagte:
"Guruji! Ich redete unüberlegt. Ich bitte um Verzeihung." Dieses Beispiel
zeigt, dass selbst große Menschen durch den Einfluss der aufbegehrenden
sinnlichen Lust verleitet werden. Brahmacharins sollten sehr vorsichtig sein

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22.2 Sokrates und seine Schüler Inhaltsverzeichnis
Einer der Schüler von Sokrates fragte: "Mein ehrwürdiger Meister, wie oft
sollte ein verheirateter Mann mit seiner Frau schlafen." Sokrates antwortete:
"Nur einmal in seinem Leben." Darauf antwortete der Schüler: "Oh, mein
Gott! Das ist für einen weltlichen Mann absolut unmöglich. Die
Leidenschaften sind schrecklich und unangenehm. und die Welt ist voller
Versuchungen. Familienväter haben nicht die Kraft, diesen Versuchungen
zu widerstehen. Dagegen lehnen sich die Sinne auf. Sie sind sehr stark. Der
Verstand ist erfüllt mit Leidenschaften. Du bist ein Philosoph und Yogi und
verstehst es, diese Leidenschaften zu kontrollieren. Wir bitten dich, sei so
freundlich und beschreibe uns einen einfachen Weg, es dir gleich zu tun."
Darauf antwortete Sokrates: "Ein Familienvater sollte nur einmal im Jahr
mit seiner Frau intim sein.“ Der Schüler antwortet: „O ehrwürdiger
Sokrates, dies ist auch eine zu harte Prüfung für sie. Du solltest ihnen einen
leichteren Weg vorschreiben." Sokrates antwortete: "Gut, mein lieber
Schüler, einmal im Monat. Dies ist angemessen. Es ist ziemlich einfach. Ich
denke, dass du nun zufrieden bist." Der Schüler antwortete: "Dies ist auch
unmöglich, mein verehrter Meister. Familienväter sind sehr wankelmütig.
Ihr Verstand ist voll von sexuellen Wünschen und Begierden. Sie können es
nicht einmal für einen einzigen Tag ohne sexuellen Verkehr aushalten. Du
hast keine Vorstellung von ihrer Mentalität."
Darauf erwiderte Sokrates: "Gut beobachtet, mein liebes Kind. Nun tue
folgendes. Gehe zu einem Friedhof. Kaufe einen Sarg und ein Leinentuch
für die Leiche und grabe von Hand ein Grab. Jetzt kannst du dich so oft
selber befriedigen, wie du möchtest. Dies ist mein abschließender Rat für
dich." Dieser letzte Rat durchbohrte das Herz des Schülers. Er fühlte es sehr
heftig. Er dachte ernsthaft darüber nach und verstand plötzlich den Wert und
den Sinn von Brahmacharya. Von nun an betrieb er seine spirituelle Praxis
mit der notwendigen Ernsthaftigkeit. Er praktizierte das lebenslange
Gelübde des Zölibats. Er wurde zum Oordhvareta Yogi, zu einem Yogi, der
seine Samenenergie vollkommen in spirituelle Energie umwandelt, und
hatte Selbstverwirklichung. Er wurde einer von Sokrates' Lieblingsschülern.

22.3 Desires never dies - Wünsche sterben nie Inhaltsverzeichnis


Es lebte einmal der weise König Yayati. Er genoss für volle tausend Jahre
alle Vergnügen, die ein König seiner Position haben konnte. Als das Alter
ihn angriff, er aber immer noch den Wunsch hatte, seine königlichen
Vergnügen für weitere Jahre zu genießen, fragte er jeden seiner Söhne,
einen nach dem anderen, ob sie ihm etwas von seinem Alter abnehmen und
ihm dafür etwas von ihrer Jugend abgeben würden. Er versicherte seinen
Söhnen, dass er ihnen nach eintausend Jahren ihre Jugend zurück geben und
sie wieder gegen sein Alter eintauschen werde. Aber nicht einer seiner
Söhne war bereit, das Angebot anzunehmen, ausgenommen sein jüngster
Sohn Puru. Puru sagte mit aller Bescheidenheit, dass er bereit sei, den
Wunsch seines Vaters zu erfüllen. Dementsprechend gab er seinem Vater
seine Jugend und bekam im Gegenzug vom Vater das hohe Alter und
infolge dessen auch seine Gebrechlichkeit. König Yayati war
außerordentlich erfreut über seine neue Jugend und fing wieder an, sich
sinnlichen Vergnügungen hinzugeben. Er erfüllte sich alle seine Wünsche
und vergeudete dabei alle seine Energien, ohne dabei allerdings die Gebote
der Religion zu verletzen. Er war dabei sehr glücklich. Nur ein Gedanke
besorgte ihn. Und das war der Gedanke, dass die tausend Jahre bald zu

145
einem Ende gehen würden.
Als die tausend Jahre vorüber waren, ging er zu seinem Sohn Puru und
sprach zu ihm: "Mein Sohn. Ich habe mit deiner Jugend alle meine Wünsche
ohne Begrenzung auf meine Energien genossen. Aber die Wünsche sterben
niemals. Sie werden niemals durch Schwäche und Nachgiebigkeit gesättigt.
Durch Nachsicht lodern sie wie ein Feuer auf, in welches man Öl gegossen
hat. Wenn man allein nach irdischen Gütern strebt, nach Reichtum,
Sinnlichkeit, Ruhm und Ehre, so hat man immer das Gefühl, nie genug zu
bekommen. Folglich sollte der Wunsch nach Genuss vermieden werden.
Das Verlangen nach Genüssen, das schwer abzulegen ist, ist eine
unverzeihliche Schwäche des Menschen. Dieses Verlangen abzulegen, ist
wahres Glück. Tausend Jahre lang hatte ich die Möglichkeit, alle
Vergnügungen kennen zu lernen. Mein Verlangen aber, hat dadurch nicht
abgenommen, sondern täglich zugenommen. Folglich sollte ich mich von
meinem Verlangen befreien. Ich sollte mich bemühen, wunschlos und
friedlich zu werden, mich zurückziehen, und mich auf Brahman (Gott)
konzentrieren." Nachdem er das gesagt hatte, gab er Puru seine Jugend
zurück, setzte Puru auf den Thron und zog sich in den Wald zurück, um das
Leben eines Asketen zu führen.

22.4 Unterscheidungskraft und Leidenschaftslosigkeit Inhaltsverzeichnis

Der Poet Vemana wurde 1820 in einem kleinen Dorf im Bezirk von
Godavari in Andhra Desa geboren. Er hatte einen Bruder namens Anu
Verna Reddy. Seine Eltern, die der Bauernkaste angehörten und sehr
vermögend waren, zogen fort, als er noch ein kleiner Junge war. Vemana
wurde zur Grundschule geschickt. Aber er war nicht in der Lage, weiterhin
die Schule zu besuchen. So kam er in schlechte Gesellschaft und wurde ein
Rowdy. Aber er war sehr attraktiv und aktiv. Trotzdem mochten sein Bruder
und dessen Frau Narasamma Vemana sehr gerne. Im Alter von fünfzehn,
wurde Vemana zum Lüstling. Er gab viel Geld für Frauen aus. Trotzdem
war er sehr beliebt. Sein Bruder und dessen Frau wollten Vemana wieder
auf den rechten Weg bringen. Sie gaben ihm kein Geld mehr. Deshalb stahl
Vemana eines nachts den Schmuck seiner Schwägerin und gab ihn einer
Prostituierten. Als seine Schwägerin den Diebstahl bemerkte, fragte sie
Vemana: "Wo ist mein Schmuck?" Vemana antwortete: "Da du mir kein
Geld gabst, nahm ich ihn und gab ihn meiner Geliebten." Seine Schwägerin
Narasamma sagte nicht ein Wort. Sie informierte auch ihren Ehemann nicht
über den Verlust des Schmucks. Sie mochte Vemana immer noch sehr
gerne. Aber sie verschloss fortan ihren Schmuck in den Safe.
Die Prostituierte drängte Vemana, noch mehr Geld oder Schmuck zu
bringen. Mitten in der Nacht wachte Vemana auf und versuchte, einige der
Schmuckstücke vom Hals seiner Schwägerin zu stehlen. Sie trug nur das
heilige Mangala Sutra, welches sie seit ihrer Heirat um ihren Hals getragen
hatte. Ihren anderen Schmuck hatte sie in den Safe gelegt. Als er versuchte,
den Schmuck zu stehlen, wachte Narasamma auf, hielt ihn an der Hand fest
und fragte ihn, warum er um Mitternacht zu ihr ins Schlafzimmer käme. Er
antwortete in verwegener Weise: "Meine Geliebte bat mich, ihr noch mehr
Schmuck zu bringen. Darum kam ich, um ihn zu holen." Narasamma bat
ihn, ihr Schlafzimmer sofort zu verlassen. Dann fing Vemana an zu weinen
und fiel zu ihren Füßen. Narasamma aber betete zu Gott, er möge Vemana
Unterscheidungskraft schenken und aus ihm eine reine, tugendhafte Seele

146
machen. Dann versprach sie, Vemana ein Schmuckstück zu geben, sofern er
strikt ihre Anweisungen befolgen würde. Vemana gab ihr sein Ehrenwort.
Narasamma sagte: "Vemana! Bitte die Frau, sich nackt vor dir zu stellen.
Dann soll sie sich mit dem Rücken zu dir drehen. Dann bitte sie, sich nach
vorne zu beugen und den Schmuck aus deinen Händen zu nehmen, indem
sie ihre Hände durch ihre Schenkel führt." Vemana versprach ihr dies zu tun
und legte einen Eid auf die Göttin Kali ab.
Vemana fuhr direkt zum Haus der Prostituierten und bat sie, den Schmuck
so entgegen zu nehmen, wie seine Schwägerin ihn gebeten hatte. Während
die Prostituierte sich vorbeugte, sah er sehr deutlich die intimen Stellen
seiner Geliebten. Plötzlich erwachte in ihm die Leidenschaftslosigkeit. Er
trat den Rückzug zu seinem Haus an. Den Schmuck hielt er immer noch in
seiner Hand. Er sagte: "Meine liebe Schwägerin! Danke für deine
freundliche Hilfe. Nun bin ich ein veränderter Mensch. Es gibt kein
wirkliches Glück auf dieser Welt. Es ist alles nur ein Spiel der Maya, eine
Täuschung, eine Illusion. Ich werde jetzt das wahre Glück suchen." Er
verließ das Haus, ging zum Kali-Tempel und setzte sich vor das Bild der
Göttin Kali. So geschah es eines Tages, dass ein Mann namens
Abhiramayya im Tempel zur Göttin Kali um eine göttliche Vision betete.
Eines Nachts erschien sie in seinem Traum und sagte: "Komme Morgen um
Mitternacht. Dann will ich dir erscheinen." Aber der unglückliche Kali-
Verehrer konnte am nächsten Tag nicht kommen. Als Kali kam, war aber
Vemana dort. Kali bat Vemana, er möge ihr einen Wunsch nennen. Vemana
sagte: "O Mutter! Gib mir Brahma-Jnana, das Wissen über Gott." Dann
weihte Mutter Kali ihn in die Geheimnisse des Brahma-Jnana ein. Von
diesem Tag an, wurde Vemana ein tugendhafter Mann mit großer Hingabe,
yogischer Stärke und Wissen.
Im Folge seiner Wanderungen, kam Vemana nach Cuddapah im
Bundesstaat Andhra Pradesh in Südostindien. Er lebte in der Nähe von
Cuddapah in einem Wald. Dort pflanzte er verschiedene früchtetragende
Bäume wie Melonen und Gurken. Die Gurken waren alle mit Gold gefüllt.
Mit diesem Gold errichtete Vemana einen Tempel bei Sri Sailam. Noch
heute enthält dieser Tempel das berühmte Jyotirlingam von Mallikarjuna.
(Jyotirlingams, ein konisches Symbol Shivas, welches oft als Phallus
dargestellt wird, sind die heiligsten Shiva-Tempel Indiens. Es exisitieren
genau 12 Jyotirlingas, die sich über ganz Indien verteilen.) Es ist ein
berühmter Pilgerort.

Weißer Jyotirlingam

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Eines Tag kamen einige Diebe, um die goldenen Gurken zu rauben. Aber
sie wurden, infolge der yogischen Kräfte Vemanas bewusstlos. Einst betrat
Vemana um Mitternacht die Hütte eines armen Brahmanen, um auf seinem
Bett zu schlafen. Während der Nacht hatte er das Gefühl, auf die Toilette zu
müssen. Aber die Natur war schneller. Der Teil des Bettes, der verunreinigt
war, wandelte sich in Gold. Vemana starb 1865 in Katarupalli im Bezirk
Cuddapah. Er schrieb einige Bücher auf Telugu (indische Sprache) über
Yoga.

22.5 Schönheit liegt im Auge des Betrachters Inhaltsverzeichnis


Es gab in den alten Zeiten einen König, der Muktachuda genannt wurde. Er
regierte das Königreich von Dasarna. Er hatte zwei Söhne, Hemachuda und
Manichuda. Sie waren beide sehr ansehnlich und tugendhaft und besaßen
ein vorbildliches Benehmen. Sie waren auch in den Künsten sehr
bewandert. Sie gingen beide mit Begleitern und Waffen für die Jagd zum
Berg Sahya. Sie schossen viele Tiger und wilde Tiere. Doch plötzlich tobte
ein schrecklicher Sandsturm und eine unermessliche Dunkelheit brach
herein. Man konnte nicht einmal seinen Nebenmann erkennen. Hemachuda
schaffte es irgendwie, die Einsiedlerei eines Weisen zu erreichen, in der
viele Obstbäume standen. Er sah in dem Ashram eine schöne Jungfrau. Er
fragte die junge Frau: "Wer bist du? Wer ist dein Vater? Warum bist du so
alleine hier? Woher hast du so viel Mut?" Sie antwortete höflich:
"Willkommen, O Prinz! Nimm Platz und ruhe dich ein bisschen aus. Du
siehst etwas müde aus. Sei so freundlich und nimm etwas von diesen
Früchten und Nüssen. Ich werde dir meine Geschichte erzählen." Der Prinz
aß von den Früchten und Nüssen und ruhte sich eine Weile aus.
Dann fing die junge Frau an zu erzählen: "O Prinz! Höre meine Geschichte
mit der rechten Aufmerksamkeit. Ich bin das Patenkind des Weisen
Vyaghrapada, der von allem verehrt wird, der die Welt durch seine Askese
erobert und Selbstverwirklichung erreicht hat. Mein Name ist Hemalekha.
Vidyutprabha, eine himmlische Nymphe von unvergleichlicher Schönheit,
kam eines Tages zum Fluss Veena um zu baden. Sushena, der König von
Vengas, kam ebenfalls. Sushena war von der bezaubernden Schönheit
Vidyutprabha's sehr fasziniert. Die himmlische Nymphe war ebenso von der
attraktiven Erscheinung König Sushena's fasziniert. Sushena bekundete
seine Liebe zu Vidyutprabha. Sie erwiderte sie. Der König verbrachte einige
Zeit mit ihr. Danach kehrte er in seine Hauptstadt zurück. Bald gebar
Vidyutprabha ein Kind. Sie ging zu ihrem Ehemann Da sie aber Angst vor
ihm hatte, nahm sie das Kind nicht mit. Ich bin dieses Kind. Der Weise
Vyaghrapada kam für seine Waschungen täglich zum Fluss. Er sah mich
und hatte Mitleid mit mir. Er kümmerte sich um mich, wie eine Mutter. Ich
betrachte ihn als meinen Vater und begegne ihm mit Ehrerbietung. Durch
seine Anmut bin ich furchtlos geworden. Mein Vater wird bald
zurückkehren. Warte bitte einen Moment. Erweise ihm deinen Respekt und
empfange seinen Segen." Die intelligente junge Frau verstand das Herz des
Prinzen und sagte: "O Prinz! Sei nicht entmutigt. Deine Wünsche werden
mehr als zufrieden gestellt. Mein Vater wird dir einen Wunsch erfüllen."
Unmittelbar darauf kam der Weise Vyaghrapada mit Blumen für den
Gottesdienst zurück. Der Prinz stand auf und warf sich vor dem Weisen
nieder. Der Weise verstand, dass der Prinz in die junge Frau verliebt war. Er
gab Hemalekha zur Heirat mit dem Prinzen frei. Der Prinz ging mit ihr in
seine Stadt zurück. Sein Vater war sehr erfreut. Er richtete die Hochzeit mit

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Prunk und Pracht aus. Der Prinz liebte Hemalekha sehr und verbrachte viel
Zeit mit ihr. Aber er beobachtete, dass ihr sinnliche Vergnügungen nichts
bedeuteten. Eines Tages fragte er sie: "O liebe Hemalekha, was ist los mit
dir? Ich fühle mich sehr zu dir hingezogen. Warum erwiderst du meine
Liebe nicht? Du bist so leidenschaftslos und nichts scheint dich umstimmen
zu können. Wie kann ich genießen, wenn du solch eine Einstellung hast? Du
sitzt immer nur mit geschlossenen Augen da, wie einer Statue. Du lachst,
spielst und scherzt nicht mit mir. Sei bitte so nett und erkläre mir dein
Verhalten. Sei bitte ehrlich." Hemalekha antwortete respektvoll: "O Prinz!
Höre mich. Was ist Liebe? Was ist Abneigung? Auf diese Fragen habe ich
keine klare Antwort. Ich denke sehr viel darüber nach. Ich bin bisher noch
zu keiner endgültigen Entscheidung gekommen. Hilf mir bitte, eine Lösung
zu finden." Hemachuda (der Prinz) antwortete mit einem Lächeln: "Es ist
wahr, dass Frauen einen unschuldigen Verstand besitzen. Selbst Tiere
verstehen, was Zuneigung und Abneigung ist. Wir sehen, dass sie
angenehme Dinge mögen und unangenehme ablehnen. Schönheit bereitet
uns Vergnügen. Hässlichkeit bereitet uns Schmerz. Warum verschwendest
du deine Zeit mit solchen Fragen?"
Hemalekha antwortete: "Es ist wahr, dass Frauen nicht so oft über solche
Dinge nachdenken. Ist es also nicht deine Aufgabe, meine Zweifel
auszuräumen? Würdest du also dein Licht auf mich werfen, dann würde ich
bestimmt aufhören zu zweifeln und mich von dir angezogen fühlen, mein
Prinz. Du sagtest, dass Zuneigung und Abneigung oder Liebe und Hass aus
Vergnügen und Schmerz entstehen. Das gleiche Objekt kann uns Vergnügen
und Schmerz bereiten, je nachdem, zu welcher Zeit, unter welchen
Umständen und in welcher Umgebung man ihn antrifft. Feuer ist im Winter
ein Vergnügen, im Sommer eine Qual. Dasselbe Feuer bereitet Vergnügen
in kalten Ländern und Qual in warmen Ländern. Feuer hat also unter
unterschiedlichen Umständen unterschiedliche Qualitäten. Ähnlich verhält
es sich mit Reichtum, Frau, Mutter, Kind und anderen Dingen. Sie
verursachen Freude und Kummer. Warum ist dein Vater, Muktachuda, trotz
seines unermesslichen Reichtums, trotz seiner Söhne und seiner Frau immer
so traurig? Andere, die all das nicht besitzen, sind sehr glücklich. Weltliches
Glück ist mit Elend, Schmerz, Furcht und Angst gemischt. Es kann nicht als
wirkliches Glück betrachtet werden. Das Elend ist persönlich und
unpersönlich, intern und extern. Das externe Elend wird durch die äußeren
Erkrankungen des Körpers verursacht. Das innere Elend zeigt sich im
nimmermüden Strom der Wünsche. Die Wünsche stehen in Verbindung mit
dem Verstand. Aus diesem Grund ist das innere Leid größer als das äußere.
Es ist der Same für alles Leid.
Die ganze Welt ist in diesem inneren Elend ertrunken. Der Baum des Elends
trägt Wünsche als nie versagenden Samen. Sogar Indra und andere Götter
wurden durch diese Wunsche genötigt. Sie wurden Tag und Nacht von
ihnen beeinflusst. Wenn es keine Wünsche gibt, dann kann allmählich
Frieden einkehren. Im Menschen ist, inmitten von Tausenden von
unbefriedigten Wünschen, nur sehr wenig Zufriedenheit anzutreffen. Dieser
Zustand kann nicht als Glück bezeichnet werden. Und wenn du sagst, dass
du glücklich bist, wenn du meine körperliche Schönheit betrachtest, ist
dieses Glück genau so illusorisch, wie das Umarmen einer hübschen Frau in
einem Traum. Hemalekha erzählte weiter: "Ein schöner Prinz hatte eine sehr
attraktive Frau. Er war sehr von ihr angetan. Sie aber, war in den Diener des
Prinzen verliebt. Sie betrog den Prinzen hinterlistig. Der Diener mischte
eine berauschende Droge in den Wein, der dem Prinzen gegeben wurde.
Dann schickte er dem Prinzen ein hässliches Dienstmädchen. Er selbst

149
amüsierte sich mit der Frau des Prinzen. Der Prinz dachte in seiner
Berauschtheit: "Ich bin sehr glücklich. Ich habe die hübscheste Frau der
Welt." Viele Tage vergingen auf diese Weise.
Eines Tages vergaß der Diener, das Narkotikum in den Wein zu tun.
Außerdem trank der Prinz an diesem Tag nicht so viel. Er rief die Frau, als
er ein Opfer seiner Leidenschaften wurde. Dann aber bemerkte er, dass die
Dienstmagd kam. Er fragte sie, wo seine geliebte Frau sei? Zuerst schwieg
sie. Dann aber bedrohte der Prinz sie mit dem Schwert. Er sagte, er werde
sie töten, wenn sie nicht die ganze Wahrheit sage. Sie erklärte ihm alles und
zeigte ihm den Platz, wo seine schöne Frau mit dem Diener war. Der Prinz
sagte: "Was für ein Narr war ich. Ich habe mich selbst erniedrigt, indem ich
trank. Wer auch immer eine Frau zu sehr liebt, ist verachtenswert. So wie
ein Vogel nicht auf einen bestimmten Baum fixiert ist, so ist auch eine Frau
nicht auf einen Mann fixiert. Sie hat einen unbeständigen, unsteten
Verstand. Ich habe ein Biest bekommen. Außerdem habe ich meine
Unterscheidungskraft verloren. Ich hielt meine Frau für wertvoller, als mein
eigenes Leben. Ein Mann, der einer Frau zugetan und ihr ergeben ist, ist in
der Tat ein wahrhaftiger Esel. Frauen schwinden dahin, wie der herbstliche
Himmel. Bis heute verstehe ich die Natur der Frauen nicht. Sie verlässt
mich, der ich mich immer so zuverlässig um sie gekümmert habe und geht
zu dem Diener. Sie täuschte mir, wie eine dramatische Schauspielerin, Liebe
vor. Ich wurde betrogen. Dabei ist der Diener äußerst unattraktiv. Was mag
sie bloß an ihm finden? Der Prinz war von allem angeekelt. Er verließ das
Königreich und ging in den Wald."
Hemalekha fuhr fort: "Schönheit ist nur eine geistige Schöpfung. Schönheit
ist eine Geistesgeburt. Gerade so wie du Schönheit in mir erblickst, finden
andere sogar mehr Charme in hässlichen Frauen. Sieht ein Mann eine Frau,
so wird ihr Spiegelbild im Geiste eines Mannes abgebildet. Wenn ein Mann
ständig an die Schönheit einer Frau denkt, dann werden auch die
Leidenschaften angeregt. Der Mann, in dem die Wünsche erwacht sind,
erfährt sinnliches Begehren, während der, dessen Wünsche nicht angeregt
sind, nicht an hübschen Frauen interessiert ist. Die Ursache, für das
Erwecken der Leidenschaften, ist das konstante Denken über die Schönheit
der Frauen. Jungen und Asketen denken nicht daran. Demzufolge haben sie
keinen Wunsch nach sinnlichen Vergnügen. Die, die Vergnügen an der
Gesellschaft einer bestimmten Frau haben, erzeugen in ihrem Verstand ein
Bild von der Schönheit der Frau, egal ob sie schön oder hässlich ist. Sie
übertragen ihre Vorstellung von Schönheit auf die Frau. Ein
leidenschaftlicher Mann ist in seiner Verliebtheit blind. Er empfindet selbst
die hässlichste Frau als hübsch. Auch Amor wird oft mit verbundenen
Augen gemalt. Der leidenschaftliche Mann findet die Schönheit der
himmlischen Nymphe Rambha selbst in der hässlichsten Frau.
"Die Menschen sind in die Schönheit des Körpers vernarrt. Sie vergessen
dabei, dass er aus Fleisch und Blut, Nerven, Haut, Knochen, Haaren, Galle,
Schleim, Urin und Exkrementen besteht! Wie können solche Menschen, die
so sehr am körperlichen Vergnügen orientiert sind, sich den Würmern
überlegen fühlen? O Prinz, du findest meinen Körper so attraktiv. Jetzt
analysiere einmal meinen Körper, Teil für Teil, und denke darüber nach.
Alle Dinge, die wir essen, werden in Kot umgewandelt. Wo sind also all die
Dinge, die so lieblich, entzückend und lustvoll sind?" Hemachuda hörte den
nektargleichen Äußerungen Hemalekha's mit großer Aufmerksamkeit und
Interesse zu. Er entwickelte Leidenschaftslosigkeit und
Unterscheidungsvermögen, meditierte über den alles-durchdringenden,

150
reinen und unsterblichen Atman und wurde ein Jivanmukta, ein befreiter
Weiser. Manichuda lernte die Wahrheit von seinem Bruder, Muktachuda
von seinem Sohn, und seine Frau von ihrer Schwiegertochter. Die Minister
und Bürger dieser Stadt wurden weise. Sogar die Vögel dieser Stadt,
zwitscherten weise von den Dächern. Der weise Vamadeva und andere
beobachteten, dass alle in dieser Stadt, einschließlich der Tiere und Vögel,
lernten und weise wurden. Darum wurde die Stadt Vidyanagar (heute
Hampi) in Südwestindien, Stadt der Weisheit, genannt.
Hampi liegt mitten in Indien im Staat Karnataka und war vor ungefähr 800
Jahren die Hauptstadt des hinduistischen Königreichs Vijayanagar und
angeblich von ca. 1 Millionen Menschen bewohnt. Durch einen Einfall
muslimischer Soldaten wurde die Stadt nach mehreren Kriegen dem
Erdboden gleich gemacht. Die Bewohner flüchteten, und der Legende nach
soll ein portugiesischer Reisender an seinen König berichtet haben, "hier
leben nur noch Tiger". Heute sind der Haupttempel und die zuführende
Hampi-Bazaar-Straße wieder von Einheimischen und Händlern aus anderen
Bundesstaaten belebt. In einem Gebiet von 30 km² sind überall kleine
Tempel und hinduistische Statuen verstreut. Die Kulturdenkmäler sind in
eine außergewöhnliche Felsenlandschaft eingebettet, die von fruchtbaren
Bananenplantagen und Reisfeldern durchschnitten ist. Die Region lebt vom
Fluss (Viannagara oder Tunghabhadra), der die paradiesisch anmutende
Landschaft im natürlichen Flusslauf begrünt.

22.6 Körperliche Schönheit ist keine Schönheit Inhaltsverzeichnis


Einst, als ein junger Prinz auf der Jagd war, sah er auf den Sandbank eines
Flusses, eine schöne Prinzessin. Die Prinzessin hatte Interesse an der
Philosophie gefunden. Sie hatte einige vedantische Bücher studiert und
praktizierte tiefe Meditation auf Atman. Der Prinz näherte sich ihr und
wünschte sie zu heiraten. Sie aber lehnte ab. Der Prinz bat sie immer und
immer wieder. Schließlich erklärte sie ihm: "Besuche mich bitte in 10
Tagen. Dann werde ich dich heiraten." Der Prinz war auch ein
Vedantaschüler, aber er besaß keine Leidenschaftslosigkeit. Er verbrachte
schlaflose Nächte und am Morgen des zehnten Tages fuhr er sehnsüchtig
zum Palast der Prinzessin. Die junge Prinzessin aber hatte bereits einen Plan
ersonnen, einer Heirat zu entkommen. Sie hatte 10 Tage lang ein
Abführmittel aus Krotonöl (Krebsblume) genommen. Den Durchfall dieser
10 Tage hatte sie in 10 separaten Nachttöpfen gesammelt, die sie alle fein
säuberlich in einem großen Raum aufbewahrte. Die Nachttöpfe bedeckte sie
mit hübschen seidenen Kleidern. Dann schaute sie auf ihre Haut und ihre
Knochen. Ihre Augen waren eingefallen und sie legte sich auf das Bett.
Der Prinz kam, um sie mit großer Freude zu treffen. Die Dienstmagd führte
den Prinzen in den Raum, in dem die Prinzessin lag. Der Prinz aber konnte
sie nicht erkennen. Er fragte das Dienstmädchen: "Wo ist die hübsche junge
Frau? Das ist nicht die Frau, die ich vor 10 Tagen traf!" Aber die Prinzessin
antwortete: "Lieber Prinz, ich bin dieselbe Frau, die du vor 10 Tagen
getroffen hast. Ich habe sorgfältig meine Schönheit im jenem Raum dort
aufbewahrt. Sei so freundlich und geh mit mir, um die gesammelte
Schönheit zu bewundern. Komm mit mir. Ich werde sie dir zeigen." Sie ging
zusammen mit dem Prinzen in den Raum, entfernt die seidenen Kleider, und
fragte den Prinzen, ob er ihre Schönheit bewundern wollte. Sie fügte hinzu:
"Dies ist die Schönheit meiner Haut und meines Fleisches." Der Prinz war
fassungslos. Er sprach nicht ein Wort zu ihr. Er warf sich zu ihren Füßen

151
und betrachtete sie als seine Mutter. Er warf seine fürstlichen Gewänder fort
und zog sich in die Wälder zurück. Nun war sein Herz mit intensiver
Leidenschaftslosigkeit erfüllt. Er suchte den Schutz eines Weisen, der ihm
Anweisungen erteilte, praktizierte Meditation und erreichte schließlich
Selbstverwirklichung.

22.7 Wie kontrolliert man die Lust? Inhaltsverzeichnis


Der Verstand ist wie ein Geist. Er ist immer rastlos. Einst hatte ein
brahmanischer Gelehrter durch Mantrameditation die Kontrolle über seinen
Geist erlangt. Der Geist sagte zum Gelehrten: "Ich kann jede Arbeit für dich
in einer Minute erledigen, denn ich besitze übernatürliche Kräfte. Du kannst
mir jederzeit die verschiedensten Arbeiten auftragen. Wenn du mich aber
nur für eine Sekunde ohne Arbeit lässt, dann verschlinge ich dich sofort."
Der Brahmane stimmte zu. Der Geist grub einen Graben, pflügte die Felder
und erledigte verschiedene Arbeiten in kurzer Zeit. Für weitere Arbeiten
aber war der Geist nicht mehr erforderlich. Der Geist drohte ihm: "Es gibt
keine Arbeit mehr für mich. Ich werde dich verschlingen." Der Brahmane
war ein wenig verwirrt. Er wusste nicht, was er tun sollte. Er ging zu seinem
Guru und erklärte ihm seine Situation. Sein Lehrer sagte zu ihm: "Benutze
deinen gesunden Menschenverstand. Lasse einen großen, starken, hölzernen
Pfosten vor deinem Haus anbringen, trage Rizinusöl, Wachs und andere
schmierige Substanzen auf dem Pfahl und bitte den Geist, den Pfahl den
ganzen Tag hinauf und hinab zu klettern." Der Brahmane tat, was ihm sein
Guru sagte und kontrollierte damit den Geist ohne irgendwelche
Schwierigkeiten. Der Geist war ihm hilflos ausgeliefert. Genau so solltest
du den Verstand beschäftigt halten, damit er sich nicht permanent mit
sinnlichen Gedanken beschäftigt: Japa, Meditation, Selbsterforschung,
Nächstenliebe, Kirtan (Mantrasingen), Beten und so weiter. Du musst ihn
vollkommen beschäftigt halten. Nur dann kann er vollkommen kontrolliert
werden. Nur dann schleichen sich keine schlechten Gedanken ein. Dann bist
du sowohl im psychischen wie auch im physischen Brahmacharya gefestigt.
Hat man erst einmal psychisches und physisches Brahmacharya
verwirklicht, dann kann man etwas lockerer an die Sache herangehen, da der
Verstand nicht mehr das Bedürfnis hat abzuschweifen. Dann fühlt er sich
nämlich am wohlsten, wenn er Einpünktigkeit praktiziert.

22.8 Ausgewählte Worte Inhaltsverzeichnis


Yajnavalkya (bedeutender klassischer Yogatext): Brahmacharya heißt
enthaltsam leben von allen Arten des Geschlechtsverkehrs, sowie von
jeglichem sexuellen Genuss, an allen Plätzen und unter allen Umständen,
physikalisch, geistlich und verbal.
Daksha Smriti (die Smriti sind spätere Erklärungsversuche der Veden):

1. An eine Frau oder ihr Bild zu denken


2. eine Frau oder ihr Bild zu loben
3. etwas mit einer Frau oder ihrem Bild zu unternehmen
4. flüchtig auf eine Frau oder ihr Bild zu blicken
5. geheim mit einer Frau zu reden
6. an sündhaftes Tun mit einer Frau zu denken
7. das Besprechen sinnlichen Tuns und
8. das Ausüben sinnlichen Tuns

152
- mit dem Ergebnis des Samenverlustes - sind die acht Eigenschaften des
Geschlechtsverkehrs. Brahmacharya ist allen diesen acht Tätigkeiten
entgegengesetzt.
Mahabharata (hinduistisches Epos): Wisse, dass es in dieser Welt nichts
gibt, das nicht durch einen Yogi erreicht werden kann, der von der Geburt
bis zum Tod ein vollkommenes Zölibat praktiziert hat. Der eine, erlangt das
Wissen der vier Veden und der andere, erlangt das perfekte Zölibat der
Veden. Der zweite ist dem ersten, der das Zölibat anstrebt, überlegen.
Shankaracharya (Vedante-Philosoph): Brahmacharya oder fleckenlose
Keuschheit ist die beste aller Bußen. Ein Brahmachari solch fleckenloser
Keuschheit ist kein menschliches Wesen, sondern in der Tat ein Gott. Für
einen Brahmachari, der seinen Samen mit großen Bemühungen bewahrt,
gibt es in der Welt nichts unerreichbares. Durch das Vermeiden des
Samenverlustes, wird jemand so wie ich.
Chhandogya Upanishad (philosophische Schrift): Jenen Yogis, die die
Welt Gottes durch Keuschheit finden, gehört dieses himmlische Land. Ihnen
gehört die Welt des Friedens.
Buddha: Ein kluger Mann sollte die Heirat meiden, als ob sie eine Grube
glühender Kohle wäre. Vom Kontakt kommt die Empfindung, von der
Empfindung kommt die Lust, von der Lust kommt das Anhaften. Indem
man sich von dieser Verhaftung löst, wird die Seele von allem sündhaften
Dasein befreit.
Narada (altindischer Weiser): Die sexuellen Neigungen, obwohl sie
anfangs wie kleine Wellen sind, erlangen die Dimensionen eines Meeres,
wenn man in schlechter Gesellschaft ist.
Krishna: Die Sinneslust zerstört das Leben, den Glanz, die Stärke, die
Vitalität, das Gedächtnis, den Reichtum, den Ruhm, die Heiligkeit und die
Hingabe zu Gott.
Siva Samhita (Quellentext des Hathayoga): Der Tod wird beschleunigt,
indem man seinen Samen verausgabt. Das Leben wird verlängert, indem
man ihn bewahrt. Es gibt keinen Zweifel, dass Leute vorzeitig sterben,
indem sie ihren Samen verausgaben. Dieses wissend, sollte der Yogi seinen
Samen bewahren und im Zölibat leben.
Atreya (indischer Philosoph): Vorsicht in der Diät ist vom dreifachen Wert,
aber Enthaltsamkeit vom sexuellen Verkehr ist vom vierfachen Wert. Der
Sanyassin (Mönch) hatte und hat die Regel, niemals nach einer Frau zu
sehen.
Manu (Gesetzbuch des Hinduismus): Lass einen Brahmanen keine nackte
Frau sehen.

153
Abschnitt IV. Ein Symposium Inhaltsverzeichnis
23. Kommentar von Swami Chidananda Inhaltsverzeichnis
Spirituelle Anweisung: Bewahre die lebenswichtige Kraft, den männlichen
Samen, sehr sehr sorgfältig. Der Same ist Ausdruck Gottes, göttliche Kraft.
Der Same ist Energie, er ist die Quelle des Lebens, der Gedanken und der
Intelligenz. Brahmacharya ist die dritte der fünf Verhaltensregeln in den
Yogasutras von Maharshi Patanjali. Brahmacharya wird in praktisch allen
Heiligen Schrift der Veden, der Bhagavata, des Ramayana und in allen
Puranas erwähnt. Es ist ebenso in allen Yogas enthalten, im Bhakti Yoga,
im Jnana Yoga, im Hatha Yoga und im Raja Yoga. In der hinduistischen
Tradition sind drei grundlegende Regeln für die Praxis der spirituellen
Entwicklung festgelegt. Sie sind Nichtverletzen, Ehrlichkeit und
Keuschheit. "Wenn du höchste Glückseligkeit wünschst, dann gib den
Wunsch nach sinnlichen Genüssen auf, und wie Nektar werden die
dreifachen Tugenden der Keuschheit, des Nichtverletzens und der
Ehrlichkeit dich mit Seligkeit erfüllen." Durch die Jahrhunderte bestimmte
diese Lehre das Streben nach höherer Spiritualität.
Im Rahmen des christlichen Glaubens, der durch Jesus von Nazareth gelehrt
wurde, sind Glaube, Hoffnung und Nächstenliebe die Kardinaltugenden.
Innerhalb des Christentums sind die Mönchsorden eine christliche
klösterliche Tradition. In dieser klösterlichen Tradition sind drei Gelübde
unentbehrlich. Dies sind Armut, Keuschheit und Gehorsam. Es ist das
Gelübde der Mönche. Es ist das Gelübde der Mönche und Priester in den
Priesterseminaren, als auch das Gelübde der Nonnen in den Nonnenklöstern.
Es bestand auch in der vorchristlichen Zeit, für die mystischen Orakel von
Delphi in Griechenland. Nur keusche Priesterinnen waren qualifiziert, in
Trance den Willen Gottes zu erbitten, der dann von den Oberpriestern
interpretiert wurde. Diese keuschen Priesterinnen hatten ihr Leben Gott und
ihrer Aufgabe gewidmet. Man war davon überzeugt, dass Gott seinen
heiligen Willen, nur solchen Jungfrauen mit reinem Geist und reinem
Herzen offenbaren würde. Sie wurden die unberührten Jungfrauen von
Delphi genannt. So begann die Tradition des Brahmacharya, der
Keuschheit, der Selbstkontrolle, der sexuellen Reinheit, nicht erst im
Christentum, es gab sie bereits innerhalb der Tradition des Judentums.
Anmerkungen des Übersetzers:

Priester im alten Testament

In den alttestamentlichen Büchern Exodus (2. Buch Mose) und Levitikus (3.
Buch Mose) ist die Rede von Reinheitsvorschriften. Bei bestimmten
Festlichkeiten und heiligen Handlungen übten die Juden sexuelle
Enthaltsamkeit, aber auch Enthaltsamkeit von der Arbeit, von Speisen usw.
Vor Christus breitete sich die jüdische Essenerbewegung (die Frommen)
aus. Die Essener sagten sich vom Tempel und seinem Opferdienst los. Sie
lebten meist ehelos in Klostergemeinschaften zusammen und mussten sich
vielen Reinheitsvorschriften unterziehen. Voll Eifer in einem Leben des
Gebetes, der Enthaltsamkeit und der Arbeit erwarteten sie die nahe Ankunft
des Messias.

Die Essener

154
Jesus und die Essener
Heute ist es unter Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Theologie eine
allgemein akzeptierte Tatsache, dass Jesus Christus der Gemeinschaft der
Nazarener angehörte, welche ein Zweig der Essener Glaubensgemeinschaft
war (aus diesem Grunde müsste sein Beiname "Jesus von Nazareth"
korrigiert werden zur wohl richtigeren Bezeichnung "Jesus der Nazarener",
da zudem keinerlei Hinweise gefunden werden können, dass ein Dorf
namens Nazareth in Jesus' Tagen existierte). 1974 wurden in den Höhlen der
Quaratania-Bergen über dem Toten Meer Pergamenthandschriften und
Papyrusrollen entdeckt, welche nachweisliche Überreste einer großen
Schriftensammlung dieser religiösen Gemeinschaft der Essener sind.
Obwohl die Schriften bis heute noch nicht vollständig übersetzt und
ausgewertet worden sind, kann man eine große Ähnlichkeit zwischen der
Lehre der Essener und der Lehre Jesu finden. Besonders interessant ist, dass
sich die meisten der Jesus Christus in der Bergpredigt zugeschriebenen
Seligpreisungen schon in diesen Schriftrollen vom Toten Meer finden,
welche teilweise schon mehrere Generationen vor Jesus Leben verfasst
worden sind! Hier stellt sich die Frage nach dem Ursprung dieser Lehren.
Lassen sie sich noch weiter zurückführen als bis zur Glaubensgemeinschaft
der Essener? War Jesus also einer der ersten jüdischen Mönche (Yogis)?

yoga-vidya journal

Priester im Heidentum
Ebenso ist uns die Weihe der Ehelosigkeit heidnischer Priester bekannt,
sowie ihre freiwillige Entmannung als Ausdruck der Götzenhuldigung und
ihres priesterlichen Götzenkultes:

»Damit sie nicht durch Geschlechtsverkehr befleckt würden, sondern reine


und heilige Mittler zwischen den Menschen und dem Gott oder der Göttin
sein könnten, haben sich viele heidnische Priester entmannt. Kultische
Entmannung findet sich z.B. in Babylonien, im Libanon, in Phönizien, auf
Cypern, in Syrien, beim Artemiskult in Ephesus, im Osiriskult in ägypten,
im phrygischen Kybele-Attiskult, der sich im Morgen- und Abendland weit
verbreitete. . . «

Pflichtzölibat

Zölibat im Judentum - Jesus Sirach


Das Buch Jesus Sirach ist ein Buch der Weisheitsliteratur, das ungefähr 180
v.Chr. von dem in Jerusalem lebenden Juden Jesus ben Eleazar ben Sira auf
hebräisch verfasst wurde. Obwohl das Buch nicht in den jüdischen Kanon
aufgenommen wurde, wird es im Talmud zitiert, was die Hochschätzung des
Buches durch die Rabbiner bezeugt. Es ist Teil der Septuaginta, der
altgriechischen Übersetzung des hebräischen Alten Testaments und die
älteste durchgehende Bibelübersetzung überhaupt, und wird von Katholiken
und orthodoxen Christen, jedoch nicht von Protestanten und den meisten
freikirchlichen Christen, als Teil der Bibel angesehen. Jesus Sirach schreibt
u.a.:
Jesus Sirach 23, 16-18 : 16Zwei Gruppen von Menschen häufen die Sünden,
drei ziehen den Zorn herbei: Leidenschaftliche Begierde, sie brennt wie

155
Feuer und erlischt nicht, bis sie sich verzehrt hat; der Mensch, der am
eigenen Leib Unzucht treibt und nicht aufhört, bis das Feuer verglüht; 17der
Wollüstige, dem jedes Brot süß schmeckt, der nicht aufhört, bis er tot ist;
18der Mensch, der Ehebruch treibt auf seinem Lager, der bei sich denkt: Wer

sieht mich?
An diesem Beispiel kann man sehr gut erkennen, wie die Heiligen Schriften
oftmals durch den Zufall entstehen. Hätte man die Weisheiten des Jesus
Sirach mit in den jüdischen Kanon aufgenommen, dann sähe der Talmud
und wahrscheinlich auch die Bibel heute anders aus. Dann wäre die
Enthaltsamkeit ein selbstverständlicher Bestandteil dieser heiligen Schriften.
Es wäre also interessant, zu erfahren, warum man diese Weisheiten nicht
mit in den jüdischen Kanon aufgenommen hat.

Spiritualität und Sexualität im Judentum


Frage: Sie stammen aus einer weit zurückreichenden chassidischen
Tradition (einer osteuropäischen orthodoxen Gruppe), und daher wollte ich
mit Ihnen darüber sprechen, wie Sexualität im traditionellen Judentum
gesehen wird. Was ist Ihrer Meinung nach die allgemeine jüdische
Sichtweise von Sexualität?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Im Judentum wird vom Moment der
Eheschließung an "Ja" zur Sexualität gesagt, nachdem es so viele Jahre lang
"Nein" dazu geheißen hatte. Die Hochzeit heißt "Kedushin", aus der Wurzel
"kadosh", und das bedeutet heilig. Wenn der Ring gereicht wird, sagen sie:
"Harai, at mekudeshet", was bedeutet: "Du bist angetraut." Es herrscht also
eine ganz besondere Einstellung dazu.
Frage: Können Sie mehr darüber sagen, was in der Jeschiwa (in den
Tagesschulen oder den orthodoxen jüdischen Schulen) gelernt wird?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Als ich etwa zwölf war, studierte ich den
Talmud, und es gab Fragen, die damit zu tun hatten, ob der Geschlechtsakt
vollzogen werden soll oder nicht. Das war eines der Dinge, die wir im
Talmud studierten, also beschäftigten wir uns damit. Dieses Material wurde
nicht versteckt, aber andererseits durften wir nichts dergleichen tun, Sie
verstehen, was ich meine? Es gibt zum Beispiel eine sehr klare orthodoxe
Lehre, die besagt, daß der Penis durch die Beschneidung heilig geworden ist
und vor der Ehe nicht berührt werden darf.
Frage: Weil er Gott geweiht ist?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Das war der Ausgangspunkt. Denn er wurde mit
dem Zeichen des Bündnisses versehen. Und traditionellerweise durfte vor
der Ehe natürlich nichts geschehen, und Masturbation wurde als Sünde
betrachtet.
Frage: Gab es jemals Rabbis, die im Zölibat lebten?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Es gab einige, und sie wurden schief angesehen.

Frage: Gab es welche, die Schüler hatten, obwohl sie im Zölibat lebten?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Nein, es gab nicht so viele Menschen in dieser
Situation. Sie waren irgendwie suspekt. Vor langer Zeit, in den Zeiten des
Talmud, gab es einen Rabbi, der von Feuer umgeben war, wenn er die
Torah las; es hieß, es war so, als ob Engel um ihn herum wären. Er hieß Ben
Azzai. Ben Azzai sagte: "Ich möchte nicht heiraten, denn meine Seele sehnt

156
sich nach der Torah", was soviel hieß wie: Ich habe keinen Platz für eine
Beziehung. Aber im großen und ganzen runzelte man die Stirn darüber.
Zum Beispiel wenn jemand Kinder unterrichten wollte, ließ man es nicht zu,
wenn er unverheiratet war.
Rabbi Schlachter-Shalomi: Es steht in den Rollen vom Toten Meer
geschrieben, daß es eine jüdische Sekte abseits der anderen gab, wo das
Zölibat praktiziert wurde und man sich anscheinend nur mittels Adoption
fortpflanzte. Man kann bei Philo und Josephus darüber lesen.
Frage: Was geschah mit ihnen?
Rabbi Schlachter-Shalomi: Wir wissen nicht genau, was mit ihnen passierte,
denn sie mußten fliehen, aber es ist ganz klar, daß die frühen Kirchenväter,
die in der Wüste lebten, aus dieser jüdischen Gruppe von Mönchen und
Eremiten stammten. Sie trugen den Namen "Abba", Vater. Wenn man die
Wüstenväter liest, sieht man, daß sie Abba Poemen, Abba Ephraim und
Abba Soundso genannt wurden. Und die Frauen, die großen Mütter dieser
Zeit, hießen "Ima", Mutter.
Frage: Das ist faszinierend. Es gab tatsächlich eine ganze Sekte von
asketischen und zölibatären Juden?

Rabbi Schlachter-Shalomi: Ja.


Spiritualität und Sexualität im Judentum
Ende Anmerkung des Übersetzers

Bereits 500 Jahre vor Jesus hatte Buddha die Lehre der Keuschheit als eine
notwendige Vorbereitung für die Suche nach Weisheit und Erleuchtung
gelehrt. Buddha lebte als junger Prinz mit seiner Frau und seinem Sohn
Rahul in einem Palast. Eines Tages verließ er seine Familie und ging als
Mönch für 7 Jahre in den Wald. Die Abkehr von der Welt, eine große
Entsagung, wurde wundervoll von Edwin Arnold in seinem Buch "Die
Leuchte Asiens", eine poetische Darstellung von Buddhas Leben,
beschrieben. Daher ist das Zölibat etwas, dass der Menschheit vor
undenklichen Zeit übergeben wurde. Es ist ein Teil des globalen Erbes aus
unterschiedlichen Kulturen. Noch weiter zurück, bevor Zarathustra
(altiranischer Prophet) und Buddha lebten, verkündeten die Propheten der
Upanishaden (hinduistische philosophische Schriften, 700 v. Chr.) die
gleichen Lehren. In den Veden (heilige Schriften des Hinduismus - 1200 v.
Chr. bis 900 v. Chr.) befragten Indra (Kriegsgott) und Virochana (ein
dämonischer Prinz, der sich der Sinneslust verschrieben hatte) einen der drei
Hauptgötter Brahma (die anderen Hauptgötter sind Vishnu und Shiva) nach
dem Weg zur Erleuchtung. Brahma schickte sie zurück und empfahl ihnen,
für einige Jahre Brahmacharya zu praktizieren.
Brahma sagte zu ihnen: "Dann kommt zurück und fragt mich nach dem
weiteren Weg. Ich werde euch mein Wissen übermitteln." Dann gingen sie,
befolgten für einige Jahre das Zölibat und kehrten zu Brahma zurück.
Brahma offenbarte ihnen einen weiteren Teil der Wahrheit. Er sagte: "Kehrt
zurück und beachtet für weitere Jahre das Zölibat." Es ist notwendig, das
Konzept zu erfassen, da es über die Reichweite des Verstandes und der
Sinne, über Rede und Gedanken hinaus geht. Aber Indra und Virochana
waren nicht in der Lage, es zu erfassen. Ein grober Verstand, der sich mit

157
dem Körper, mit den Sinnen identifiziert, der dem Lustprinzip verfallen ist,
ist unfähig, über theoretische Konzepte nachzudenken. Ein Verstand, der
sich wegen der fortschreitenden Zunahme von unreinen und trägen
Gedanken nur grob entwickeln konnte, ist nicht in der Lage, dem Ruf nach
einem spirituellen Leben zu folgen. Erst müssen die Unreinheiten beseitigt
und der Verstand verfeinert werden. Es sollten keine Grobheiten, keine
Wünsche, keine Verhaftungen und keine sinnlichen Begierden mehr
vorhanden sein. Eine bestimmte psychische Feinheit des Geistes ist dafür
unerlässlich. Dadurch kann der Geist sich zu erhabenen Ideen, Gedanken
und Prozessen aufsteigen, er kann Unterscheidungskraft entwickeln und
Atman (die Seele) erforschen. Dieser Prozess der Reinigung, das Aufsteigen
vom groben zum feinsinnigen, ist das wesentliche Konzept des
Brahmacharya.
Der Weise, Rishya Sringa, war ein erfahrener Brahmacharya. Als das ganze
Königreich durch eine Dürre von einer Hungersnot bedroht war, war der
König tief beunruhigt und die Menschen des Landes waren in großer Furcht
und Sorge. Darum rieten einige Weise, man solle diesen heiligen Mann, der
das Gelübde des Zölibats abgelegt hatte, in das Königreich, in die
königliche Stadt, holen. Dann würden die Himmel sie mit Regen segnen. So
baten sie ihn, zu kommen. So wurde der Hunger und der mögliche
Hungertod von vielen Menschen abgewendet. Vor langer, langer Zeit hatten
die Puranas, die heiligen Schriften der Hindus, die primär der Anbetung der
Gottheiten Brahma, Vishnu und Shiva dienen, und das Srimad Bhagavata
Mahapurana, ein Text vishnuitischer Prägung, den höchsten Stellenwert für
eine Frau, die ein Vorbild der Tugend, der Keuschheit und der Treue zu
ihrem Ehemann war. Niemals dachte sie auch nur in Gedanken an einen
anderen Mann, selbst nicht in ihren Träumen oder in ihrer Phantasie. Sie
war so rein, dass die drei großen kosmischen Gottheiten, der Schöpfer, der
Bewahrer und der Zerstörer, Brahma, Vishnu und Shiva ihre Größe
anerkennen mussten.
Aber die drei Götter wollten die Frau auf die Probe stellen, um
herausfinden, ob sie unter allen Umständen an ihrer Keuschheit festhielt. Sie
aber bestand die Probe und erlangte Unsterblichkeit. Sati Anasuya, die
Mutter des Trimurti, der göttlichen Dreigestalt (Brahma, Vishnu, Shiva), die
alle drei göttlichen Aspekte, das Erzeugende, das Erhaltende und das
Zerstörende in sich vereinigt hatte, inkarnierte später als Avatar Sri
Dattatreya, eine hinduistische Gottheit, eine Verkörperung der Dreigestalt
(Trimurti) Brahmas, Vishnus und Shivas. Er wird dargestellt als eine
dreiköpfige männliche Gestalt in safrangelben Asketengewändern. Die
große Weltenmutter Sita Janaki, die Königin und Frau des Gottes Rama,
wurde durch ihre Tugenden als treue Ehefrau unsterblich. Ebenso die Paare,
Maryada Purushottam und Bhagavan Sri Ramachandra sowie Jagan Mata
und Sita Janaki. Sie werden von allen, die an den Veden und der vedischen
Lebensart interessiert sind, als Ideale für das zweite Lebensstadium (es gibt
insgesamt 4 Lebensstadien: 1. Brahmacharya = Schüler, 2. Grihasta =
Eheleben, 3. Vanaprastha = die Kinder sind erwachsen, 4. Sannyasin =
Mönch), dem Grihastashrama, betrachtet.
14 Jahre lang beachtete Laxmana, der Bruder des Gottes Rama, das Gelübde
des Zölibats. Das gab ihm schließlich die Kraft, den Dämonen Indrajit, den
unsichtbaren und unverwundbaren Sohn von Ravana, zu besiegen. In der
Kulturgeschichte Indiens, erweckt der Name Bhishma's Ehrfurcht und
Bewunderung im Herzen eines jeden, der von ihn gehört und vom Gelübde,
das Bhisma auf sich genommen hat, um den Wunsch seines Vaters zu

158
erfüllen. Es ist in die Geschichte als Bhishma-Gelübde eingegangen. Er
beachtete lebenslang das Brahmacharya und war einer der unbesiegbarsten
Krieger in der Erzählung der Mahabharata, dem bekanntestes indische Epos.
Man nimmt an, dass das Mahabharata erstmals zwischen 400 v. Chr. bis 400
n. Chr. niedergeschrieben wurde, aber auf älteren Traditionen beruht. Es
umfasst etwa 100.000 Doppelverse. Ebenso ist die Entschlossenheit
Bhagirath's, ein anderer Nachkomme der königlichen Familie, der einst den
Ganges vom Himalaya auf die Erde gebracht haben soll, beispiellos in die
Geschichte eingegangen. Man spricht von den Bemühungen Bhagirathas!
Wir können diese Tatsachen nicht einfach als Torheiten oder als
bedeutungslos beiseite schieben. Dies waren keine normalen Menschen. Es
waren überdurchschnittliche, außerordentliche Persönlichkeiten mit großer
Weisheit, großer Intuition und überragender Größe, die
Selbstverwirklichung erreicht hatten. Heilige wie Vyasa (Autor der
Mahabharata/Bhagavad Gita) und Valmiki (Autor des Ramayana), waren
keine kindlichen, unvernünftigen Idealisten. Sie waren Brahma-Jnanis,
Weise, die fähig waren, die Wirklichkeit des Brahman zu erkennen, und die
uns damit unsere Unwissenheit, und unsere Unfähigkeit,
Unterscheidungskraft zu entwickeln, demonstrierten. So scheint es wichtig
zu sein, dass es nicht nur im Rahmen der vedischen Philosophie, sondern in
allen großen Religionen der Welt, heute etwas gibt, das zutiefst
wissenschaftlich und sinnvoll erscheint, und deren Einhaltung als äußerst
bedeutend angesehen wird. Zarathustra, Sokrates, Jesus und Buddha,
propagierten keinen Yogaweg, sondern sie lehrten einen Weg, um die
höchste Seligkeit zu erlangen, indem sie das höchste Ziel der menschlichen
Liebe, die Vereinigung mit Gott, anstrebten.
Dieses sind Anzeichen für das Konzept zur Bewahrung einer bestimmten
dynamischen Energie im menschlichen biologischen Sein und dem
Umwandeln dieser Energie während des Lebens. Ich bin hier, Chidananda,
sitze und unterhalte mich mit euch, durch die Gnade Swami Sivanandas.
Dies ist möglich, weil meine Eltern diesen Körper zeugten, in dem ich zum
Zeitpunkt der vorbestimmten Geburt geboren wurde. Ebenso wie die Eltern
Buddhas, von Raja Shuddhodana und Mutter Yasodhara ihren Körper auf
die Geburt eines göttlichen Kindes vorbereiteten, haben wir die
inspirierende Aufgabe, die Lehren unseres großen Meisters, Swami
Sivananda, der viele Anhänger hat, der uns eine große Religion, eine
Philosophie lehrte, und der einen Yoga-Ashram aufbaute, weiter zu tragen.
Brahmacharya ist das Konzept des Bewahrens einer dynamischen
biologischen Energie innerhalb des menschlichen Systems um es durch
Sublimation in eine höhere und feinere Energie umzuwandeln. Diese
veredelte und erhabene physische Energie wird als Ojas-Shakti bezeichnet.
Ojas-Shakti bedeutet, das was leuchtet, das was strahlt. Diese intelligente
Technik, eine wissenschaftliche Methode des Umwandelns von grober in
feiner, von physischer in spiritueller Energie, wurde uns von erleuchteten
Heiligen übermittelt.

23.1 Die Aufrechterhaltung der Arten Inhaltsverzeichnis


Durch die Fürsorge der kosmischen Intelligenz, die wir Para-Brahman und
der kosmische Energie, die wir Para-Shakti, Adi-Shakti und Maha-Shakti
nennen, ist es möglich gewesen, dass sich unterschiedliche Arten von
Lebewesen, unterschiedliche Pflanzen und botanisches Leben, entwickeln
konnte. Die Aufrechterhaltung der Arten ist das Gesetz des Lebens im

159
gesamten Universum, in jeder Form des Lebens. Sie gilt nicht nur für den
Menschen, sondern auch für die Tiere, für die Insekten, die Reptilien, die
Fische, aber auch für die botanische Welt. Bei den Blumen gibt es die
Bestäubung. Sie ist ein kompliziertes und geheimnisvolles Wunder und
ermöglicht die Fortpflanzung der Blume. Diejenigen, die diese wundervolle
Wissenschaft studieren, sind erstaunt über diese unbekannte und
geheimnisvolle kosmische Intelligenz, die diesen Prozess hervorgebracht
hat. Sie sind voller Bewunderung, wenn sie tiefer in die verewigten Prozesse
des Lebens eindringen, angefangen beim rudimentären Leben einer
Einzellzelle, die sich aufteilt und vervielfacht.
Wie wundervoll, dass selbst ein kleiner, zarter Same fähig ist zu keimen, so
dass die Energie sogar die Kraft entwickelt, schweren Erdboden zu
durchdringen oder gar einen Felsen zu durchbrechen. Was für ein Wunder!
Welch große Kraft! Er spaltet die Erde, die zehn mal härter als sein weicher
Sprössling ist, und dringt an die Oberfläche. Wenn zufällig ein keimender
Same auf einer Betonterasse abgelegt wurde, dann bricht er sogar durch
Ziegelsteine und Zementwände, verdrängt sie, und beginnt zu blühen. Diese
Akt der Artenerhaltung und der Fortpflanzung ist überall anzutreffen. Es
erfüllt und durchdringt das ganze Universum. Das gesamte Universum ist
das Resultat eines ursprünglichen Wunsches nach Vermehrung. "Ich bin
eins, kann ich mich vermehren?" Darum sagen die Veden, dass dort ein
unabwägbares, geheimnisvolles Sein existiert. Was dieses geheimnisvolle
Sein ist, mag niemand zu sagen. Ein zweites Sein scheint nicht zu bestehen.
Wer dieses Sein erfahren hat erkennt, dass Gott allein existiert.
Und in diesem geheimnisvolles Sein, entsprang der Keim einer Idee. Es
entstand der Wunsch: "Ich möchte mich vermehren. Ich bin allein. Ich hätte
gerne Kinder." Das ist der Versuch, die Schöpfungsgeschichte zu erklären.
Das Konzept der Fortpflanzung, ist das Herz und der Kern der Existenz. Es
wurde aus Brahman geboren und ist überall anzutreffen. In der Bibel wird
sie auf verschiedene Weise dargestellt. Gott erschuf den Mann und sagte
ihm: "Gehe hin und vermehre dich." Und wenn du in den Heiligen Schriften
anderer Religionen forscht, dann findest du dort den gleichen Sachverhalt
beschrieben. Die kosmische Intelligenz wird als Gott oder Paramatman
bezeichnet, als oberste Seele oder Universalgeist und beinhaltet alles, was
besteht. Und wenn in einer bestimmten Periode des Lebens eine
Entscheidung getroffen wird, dann entspringt sie der Natur nach einem
heiligen Akt. Der Atman ist kein Kind, der von Eltern gezeugt wurde. Er ist
ein spiritueller Kern, ein Bewusstsein, der das ganze Universum
durchdringt. Die Erschaffung neuen Lebens ist eine Akt, bei dem die
Ehepartner mit dem Schöpfer Brahman kooperieren. Sie übernehmen einen
Teil der Aufgabe Brahmans. Darum ist die Zeugung ein heiliger Akt.

23.2 Die Kraft des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Es ist die unschätzbare Kraft des Brahmacharya, die Erfolg im Hören und
Verstehen des Wortes Gottes, im Betrachten und in der Konzentration auf
Gott, gibt. Sie gibt Erfolg in der Praxis der neun Methoden des Bhakti Yoga
(dem Weg der liebenden Hingabe an Gott): 1. Sravana (das Hören von
Gottes Wort), 2.Kirtana (das Singen oder Sprechen des Namen Gottes), 3.
Smarana (das Erinnern an Gott), 4. Archana (das Opfern von Reis oder
Blumen), 5. Vandana (Verehrung, Lobpreis), 6. Pada-Sevana (Liebe zu
Gott, durch den Dienst am Nächsten), 7. Dasya (liebevolle Hingabe zu Gott
als sein Diener), 8. Sakhya (freundschaftliche Liebe) und 9. Atma-Nivedana

160
(Selbsthingabe). Es ermöglicht die erfolgreiche Praxis vom Raja Yoga, dem
Königsweg, der die Herrschaft über den Geist anstrebt, und der aus Yama
(die 5 Enthaltungen = Nichtverletzen, Nichtstehlen, Ehrlichkeit,
Brahmacharya und Unbestechlichkeit), Niyama (5 Verhaltensregel =
Reinheit, Zufriedenheit, Disziplin, Selbsterforschung und Hinwendung zu
Gott), Asana (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Pratyahara
(Zurückziehung der Sinne), Dharana (Konzentration), Dhyana (Meditation)
und Samadhi (Erleuchtung), besteht.
Die Praxis von Asana (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen), Mudra
(Fingeryoga, symbolische Handgesten), Bandha (Energieverschlüsse =
Muskelkontraktion die wie eine Sperre wirkt und dazu dient, den Fluss der
Lebensenergien zu lenken), Kriya (Atemübungen, Zurückziehen der Sinne,
Meditation - auf der Grundlage von Yama und Niyama) führen zu Samadhi
(Erleuchtung). Es ist diese Kraft, die Ravindranath Tagore (bengalischer
Dichter, Philosoph, Maler, Komponist, Musiker, der 1913 den Nobelpreis
für Literatur erhielt), Bhagat Singh (indischer Revolutionär), Mahatma
Gandhi, Beethoven, Bach, Albert Schweitzer, Jeanne d'Arc (die Jungfrau
von Orléans, französische Nationalheldin) und Mutter Theresa (katholische
Nonne albanischer Herkunft, Gründerin des Ordens "Missionarinnen der
Nächstenliebe" und Trägerin des Friedensnobelpreises) zu etwas
Besonderem machten. Es ist diese erstaunliche Kraft, die den Weisen
Valmiki und viele andere überragenden Menschen der Geschichte hervor
brachte. Ihr Geheimnis bestand in der der Bewahrung und Sublimation der
sexuellen Energie für einen höheren spirituellen Zweck.
Die lasterhaften Menschen, die diese lebenswichtigen Energien vergeuden,
werden zu Nervenbündeln und zu Opfern verschiedener Krankheiten. Sie
sind wie der törichte Sohn eines Multimillionärs, der sein Geld für Trinken,
Spielen, Autos, Häuser und Land in Deutschland, in der Schweiz, in Italien,
für Inseln auf Capri und Monte Carlo ausgibt, um irgendwann bankrott zu
gehen und ein Leben als Bettler zu führen. Was auch immer ihm gegeben
wurde, es wurde verschwendet. Er erkannte den Wert des Reichtums nicht,
und wurde zu erbärmlicher Armut verurteilt. Was für ein bedauernswerter,
bemitleidenswerter Zustand! Energie und Stärke sind für alle Prozesse und
alle Tätigkeiten erforderlich. Um so intensiver die Aktivität ist, um so
größer ist der Energiebedarf. Diesel kann Dieselmotoren antreiben. Benzin
dagegen treibt Benzinmotoren an. Weder Diesel noch Benzin können ein
Flugzeug zum fliegen bringen. Ein Flugzeug benötigt einen Treibstoff mit
einer höheren Oktanzahl. Darum ist eine grobe Energie für körperliche
Funktionen ausreichend. Eine feinere Energie ist für die intellektuelle
Arbeit, für das Studium der Rechtswissenschaften oder der Kernphysik an
der Universität erforderlich. Eine im hohem Grade veredelte und extrem
feine Energie ist notwendig, um dich von der normalen Ebene in die
göttliche Ebene zu tragen.
Meditation erfordert die feinste Energie. Es ist ein Läuterungsprozess, der
dich persönlich mit der göttlichen Realität vertraut macht. Es ist die Stufe
des Yoga, die dich zur Erleuchtung führt, in dem der Geist das Bewusstsein
seiner vollkommenen Freiheit, Unabhängigkeit und seiner göttlichen Natur
erfährt. Vielleicht kannst du dir jetzt vorstellen, wie feinsinnig und veredelt
der Geist für diesen Prozess sein muss. Darum muss das grobe Bewusstsein
zuerst verfeinert werden. Es ist wie bei der Erzgewinnung. Das Erz enthält
Gold, aber es ist noch kein Gold. Es muss erst verfeinert, gesiebt und
geschmolzen werden, bis es zu reinem Gold veredelt ist. So muss auch die
biologische sexuelle Energie in eine subtile psychische, spirituelle Energie,

161
die Ojas genannt wird, umgewandelt werden.

23.3 Die Aufgaben der Familienväter Inhaltsverzeichnis


Alles Reden über Brahmacharya sollte in uns nicht den Eindruck erwecken,
dass die Sexualität in der hinduistischen Religion keinen Platz hätte, und
dass das Zölibat die einzige Sache ist, auf der, als die höchste Tugend,
beharrt wird. Das wäre ein Fehler, ein Missverständnis. Im Varnashrama
Dharma, den vier Lebensstadien des Hinduismus (1. Schüler, 2.
Familienvater, 3. Waldasket, 4. Sanyassin), in dem die Richtlinien für das
Leben nach dem hinduistischen Glauben formuliert sind, wird das
Brahmacharya als vollkommenen sexuelle Enthaltsamkeit, in der
physischen, als auch in der mentalen Form, für drei der vier Lebensstadien,
verlangt. Im Leben eines Familienvaters, wird die Sexualität als heilig
betrachtet. Dafür wurden wohl durchdachte Regeln aufgestellt. Ein großes
Abkommen an Ratschlägen, Anleitungen und Hinweisen sind für die zweite
Lebensphase, für die Familienväter, erteilt worden, in dem die Sexualität
nicht nur ein Recht, sondern als eine heilige Aufgabe betrachtet wird.
Es wird als eine wichtige und heilige Aufgabe betrachtet, Kinder zu zeugen,
um für den familiären Nachwuchs und den Fortbestand der Generationen, zu
sorgen. Dies wird als eine wichtige Funktion einer lebenslangen
Partnerschaft, und als einer der heiligsten Aspekte des menschlichen
Lebens, angesehen. Im Lebensstadium der Familie wird die Geburt eines
Kindes einerseits als Freude, andererseits aber auch als Opfer betrachtet.
Ebenso wie das Essen als ein Opfer betrachtet werden kann, nicht als eine
Opfergabe, die man einem äußeren Feuer, sondern als eine Opfergabe, die
dem inneren gastrischem Feuer angeboten wird; so wird auch der
Zeugungsakt als ein heiliges Opfer angesehen, um die Ehepartner in ihren
Kindern zu verewigen. Daraus entwickelte sich eine seriöse, gesetzmäßige
Pflicht. Wenn die Eltern diese Pflicht nicht erfüllen, werden in den heiligen
Schriften schreckliche Konsequenzen vorausgesagt. Wenn die Eltern keine
Nachkommen haben und besonders, wenn sie keine männlichen
Nachkommen haben, dann werden sie zur Hölle fahren. Eine spezielle Hölle
ist für sie reserviert. Und darum sagen die vedischen Schriften, dass ein
Brahmane sich eine andere Frau nehmen darf, wenn seine Frau kein
männliches Kind bekommt. Er kann sogar vier Frauen heiraten. Da der
männliche Nachwuchs besonders in einem königlichen Haushalt von
Bedeutung ist, darf der König mehrere Frauen heiraten. Der Hinduismus hat
also keineswegs eine sexualfeindliche Einstellung.
Anmerkung des Übersetzers: Zum einen sollte betont werden, dass die
Sexualität in der Ehe ausschließlich zur Zeugung des Nachwuchses
vorgesehen ist. Ich meine, dieses geht aus Swami Sivanandas Beitrag "Was
bedeutet Brahmacharya in der Ehe?" etwas deutlicher hervor. Außerdem
gefällt es mir nicht so sehr, dass Swami Chidananda nicht weiter auf die
Polygamie (Vielweiberei) und auf die Strafen eingeht, die einem Ehepaar
drohen, falls sie keinen männlichen Nachwuchs bekommen. Ende
Anmerkung.

23.4 Brahmacharya in der modernen Gesellschaft Inhaltsverzeichnis


Unter Brahmacharya versteht man, sein Leben in der Art und Weise zu
führen, dass man langsam aber sicher das Wissen über Brahman erlangt. In
besonderer Weise, ist darunter die Enthaltsamkeit im Sexualleben zu

162
verstehen. Aber dies ist ein unzureichendes Verständnis. Mahatma Gandhi
sagte, dass kein Versuch, die sexuelle Leidenschaft unter Kontrolle zu
bringen, erfolgreich sein wird, wenn man nicht gleichzeitig versucht, alle
anderen Sinne ebenfalls zu kontrollieren. Vollkommenes Brahmacharya und
vollkommene sexuelle Reinheit sind nur dann möglich, wenn man
Selbstbeherrschung verinnerlicht hat. Du musst deine Ohren unter Kontrolle
haben. Du musst deine Augen unter Kontrolle haben. Du musst deine Hände
und Füße unter Kontrolle haben. Und du musst auch deine Zunge bzw.
deinen Gaumen unter Kontrolle haben. Dann besteht die Möglichkeit, die
sexuelle Reinheit zu verwirklichen. Swami Sivanandas Konzept des
Brahmacharya beschränkt sich darum nicht nur auf die physische
Zurückhaltung, auf die körperlichen Leidenschaften, sonders es schließt das
geistige Brahmacharya mit ein. Er sagte: "Du musst sowohl das physische
als auch das geistige Brahmacharya verinnerlicht haben, damit selbst im
Traum kein sinnlicher Gedanke in deinem Verstand entstehen kann."
Wie kommt es, dass in der heutigen modernen, materialistischen
Gesellschaft die Sexualität solch einen bedeutenden Stellenwert einnimmt?
Die Menschen sind von ihr besessen und werden von ihr beherrscht. Dies ist
eine menschliche Perversion. Die Upanishaden, die philosophischen
Schriften des Hinduismus, sprechen von der Stadt mit den neun Toren, die
der geheimnisvolle Aufenthaltsort des Brahman ist. Diese Stadt ist unser
Körper. Jede medizinisch bewanderte Person wird dir erklären, dass die
Tätigkeit der Körperprozesse durch Anabolismus (Aufbau) und
Katabolismus (Abbau) geschieht. Zusammengenommen werden sie als
Stoffwechsel bezeichnet. Der Anabolismus ist ein Aufbauprozess, der
Katabolismus ist ein Abbauprozess. Der Abbauprozess führt normalerweise
zur Ansammlung von Rückständen. Angehäufte Rückstände sind
unerwünscht und sie bedrohen, falls sie nicht entfernt werden, die
Gesundheit oder gar das Leben des Menschen. Sie müssen also entfernt
werden. Der Mensch kann diese Stoffwechselprodukte aufnehmen, indem er
isst und trinkt. Weil das Leben Sauerstoff benötigt, atmet der Mensch durch
die Nase. Möchtest du dagegen Wissen aufnehmen, dann geschieht das
durch sehen, sprechen und hören.
Der Mensch besitzt zwei Ausscheidungsausgänge, durch die er seine
Rückstände beseitigt. Die wichtigste Funktion der Ausscheidungsorgane ist
die Beseitigung von Kot und Urin, die mit der Geburt beginnt und im
Augenblick des Todes endet. Vom ersten Atemzug an, in dem die
individuelle Seele in den Körper eintritt, bis zum letzten Atemzug, in dem
die individuelle Seele den Körper wieder verlässt, bleibt die
Ausscheidungsfunktion erhalten. Auf die gesamte Lebensdauer bezogen, ist
dagegen die Fortpflanzungsfunktion nur in einer kurzen Periode
erforderlich. Wenn wir die Anweisungen der Veden streng befolgen, beträgt
diese Periode etwa ein Zehntel der Lebensdauer. In der restlichen Zeit,
morgens, mittags, abends und nachts, wird dieser Ausgang nur zur
Harnentleerung benutzt. Man kann sich keinen Architekten vorstellen, der
ein Haus oder ein Gebäude entwirft, ohne Entwässerungskanäle für die
Küche und das Bad einzuplanen. Andernfalls wird sich der Schmutz im
Haus ansammeln, und man ist irgendwann notgedrungen gezwungen, das
Haus zu verlassen. Werden die Giftstoffe also nicht vom Körper beseitigt,
dann sammeln sie sich an, es kommt zu einer Blutvergiftung und schon bald
wird die Person sterben.
Vor langer Zeit, als ich noch ein Student war, erklärte mir jemand, dass die
unteren Körperöffnungen hauptsächlich für die Ausscheidung vorhanden

163
sind. Aber anstatt, dass man den Penis als ein Ausscheidungsorgan
betrachtet, der nur für eine sehr kurze Zeit als Fortpflanzungsorgan benötigt
wird, damit die menschliche Rasse weiter bestehen kann, verleitet uns
unsere Phantasie dazu, ihn viel stärker als ein sexuelles Lustorgan zu
betrachten, als es seiner natürlichen Funktion eigentlich zugedacht ist. Das
führt dazu, dass die Menschen sexbesessen und zu Sklaven ihrer Sexualität
werden. Warum ist die Sexualität mit so viel Lust verbunden? Es ist absolut
notwendig. Denn wenn es dieses sexuelle Vergnügen nicht geben würde,
würde niemand daran denken, Kinder zu zeugen. Ein großes Problem der
modernen Gesellschaft, ist allerdings das sexuelle Verhalten der Menschen.
Dieses hat sich in den vergangenen Jahrzehnten vom Schlechtem zum noch
Schlechteren entwickelt. Die, die in Kontakt mit der westlichen Gesellschaft
gekommen sind wissen, welche Veränderungen dies, besonders im
Eheleben, mit sich brachte.
Es kam zu Ehescheidungen ohne Begrenzung, eine Sache, die in der
viktorianischen Zeit mit großer Empörung betrachtet wurde. Die Menschen
waren empört, wenn ein Mann seine Frau verließ, um mit einer anderen
Frau zusammen zu leben, oder wenn eine Frau ihren Ehemann für einen
anderen Mann verließ. Es war ein Riesenskandal. Es war eine Schande!
Heutzutage ist es die Regel. Spezielle Gerichte sind sogar nur für
Scheidungsfälle zuständig. Anmerkung des Übersetzers: Man sollte nicht
vergessen, dass das viktorianische Zeitalter, eine Zeit des Umbruchs war, in
der natürlich viele traditionelle Werte an Bedeutung verloren. Als Beispiel
für die viktorianische Doppelmoral wird oft die ausufernde Prostitution
genannt, die scheinbar der oftmals gepriesenen Selbstbeherrschung und
ehelichen Treue widersprach. Tatsächlich tendierten viele Männer des
Mittelstands dazu, die Heirat bis zum Aufbau einer gewissen finanziellen
Sicherheit aufzuschieben und Zuflucht bei Prostituierten – deren
tatsächliche Gesamtzahl schwer zu ermitteln ist – zu suchen. Umgekehrt
erschien die Prostitution vielen Frauen, hauptsächlich aus der Unterschicht,
als Möglichkeit zur Aufbesserung des Einkommens. Ende Anmerkung.
Warum verloren die traditionellen Werte so rapide an Bedeutung? Das
Geheimnis liegt darin, mit welchen Augen man das andere Geschlecht
betrachtet. Wie sieht ein Mann eine Frau und wie sieht eine Frau einen
Mann? Swami Vivekananda, ein Schüler Ramakrishnas, wurde gefragt, was
der entscheidende Unterschied zwischen der indischen Gesellschaft und der
westlichem Gesellschaft ist. Er hatte Indien kreuz und quer zu Fuß
durchwandert und das Leben der indischen Gesellschaft studiert. Er
durchwanderte die Dörfer, die Städte und war bei vielen Familien zu Gast.
Darum war ihm die indische Gesellschaft sehr vertraut. Er sagte zwei
Sachen: "Ein Unterschied besteht in der Beziehung zwischen einem Guru
und seinem Schüler. Der zweite Unterschied ist die Stellung der Frau. In der
westlichen Gesellschaft, ist die Frau eine Frau (Dame), sie ist Frau so und
so. In der westlichen Gesellschaft wird die Frau als Frau betrachtet, während
die Frau in der indischen Gesellschaft hauptsächlich als Mutter angesehen
wird. Darum wird die indische Ehefrau von allen, außer von ihrem
Ehemann, als Mutter betrachtet.
Die allgemeine Anrede für eine Frau in ganz Indien, von Kap Comorin am
südlichsten Punkt Indiens, bis zum Himalaja im Norden Indiens, ist Mutter.
In der Öffentlichkeit wird sie immer als Mutter angesehen. Wenn ein
Ehemann etwas von seiner Frau möchte, ruft er sie nicht mit ihrem Namen,
sondern er spricht sie als die Mutter seines Sohns oder als die Mutter seiner
Tochter an. Wenn Besucher im Haus sind, stellt er seine Frau als die Mutter

164
seiner Kinder vor. In diesem Punkt unterscheidet sich die indische
Gesellschaft also von der westlichen Gesellschaft. Dieses gibt uns einen
Hinweis, wie die normale und natürliche Beziehung eines Mannes zu einer
Frau aussehen sollte. Ein Mann, der über eine kultivierte Psyche verfügt,
wird sich, wenn er eine Frau sieht, sie als ein menschliches Wesen
betrachten und dabei keinerlei sinnliche Gedanken hegen. Folglich ist ein
Mann für eine Frau entweder ein Bruder, ein Vetter, ein Neffe, ein Onkel,
ein Vater oder ein Ehemann und eine Frau ist für einen Mann entweder eine
Schwester, eine Cousine, eine Tante, eine Nichte oder eine Mutter.
Wenn aber ein Mann auf eine Frau trifft und das bei ihm sinnliche
Gedanken auslöst, dann ist etwas grundlegend falsch in der Einstellung des
Mannes gegenüber Frauen. Wenn eine Frau einen Mann sieht und sagt:
"Was für ein Mannsbild.“ und dies die einzige Idee ist, die hinsichtlich des
anderen Geschlechtes erwähnt wird, dann deutet auch dieses Verhalten auf
ein fehlendes Bewusstsein hin. Wie kann solch eine falsche Haltung, der
Fehler in der Betrachtung, in der Einstellung, in der Annäherung, im Gefühl,
erklärt werden? Der Fehler liegt in der Reduzierung des jeweils anderen
Geschlechts auf seine körperlichen Merkmale, auf seine äußere
Beschaffenheit. Ein Mensch ist aber nicht nur ein körperliches und
biologisches Wesen, er ist ebenfalls ein geistiges, intellektuelles und
psychologisches Wesen. Er ist ein lebendiges Lebewesen, das sowohl
physisch als auch psychisch existiert. Er hat eine pranische Ebene, wo er
Hunger und Durst verspürt und Gefühle von Hitze und Kälte empfindet. Er
hat eine psychologische Ebene, auf der sich spontan Gedanken,
Erinnerungen, Phantasien, Meinungen, Gefühle, Haltungen und
Stimmungen einstellen, über die er keine Kontrolle hat. Und es gibt einen
anderen Teil, das sein inneres göttliches Sein verkörpert.
Die unterschiedliche Wahrnehmung auf der psychologischen Ebene
einerseits und auf der spirituellen Ebene andererseits, kann durch
Selbstbeobachtung, durch bewusste Wahrnehmung und
Unterscheidungskraft verfeinert werden. Es ist ein intellektueller Prozess,
der logisches Denken, Unterscheidungskraft, Wissbegierigkeit sowie
Reflexions- und Wahrnehmungsvermögen erfordert. Dies ist ein Vorgang
höherer Natur, ein Vorgang des Intellekts. Beide zusammen bilden das
innere psychologische Niveau unseres Seins. In einem verfeinerten Intellekt
arbeitet ein Bewusstsein, dass uns vermittelt, was uns als Menschen erlaubt
und was uns nicht erlaubt ist. "Wir haben alle eine Kultur geerbt. Wir leben
nicht als isolierte Wesen, sondern sind unmittelbar mit unserer
Vergangenheit verbunden. Viele unserer Vorstellungen haben ihre Wurzeln
in der Vergangenheit: unsere Ideale, unsere Meinungen, unsere
Verhaltensweisen und unsere Ansichten von richtig und falsch. Diese ganze
bunte Vielfalt arbeitet in uns. Und so hat jeder ein anderes Bewusstsein
davon, was schön oder hässlich, was edel oder verwerflich, was angemessen
oder unangemessen, was richtig oder falsch ist, und darüber, was getan
werden sollte oder was man lieber unterlassen sollte. Dieses Gefühl von
einem Ideal, was richtig und falsch ist, wird als Ethik und Moral bezeichnet.
Dies ist ein Handeln, das auf einer spirituellen Ebene stattfindet, die über
das intellektuelle Niveau hinausgeht.
Wenn dein Bewusstsein eine bestimmte Verfeinerung erlangt hat, und diese
Verfeinerung dein Bewusstsein mit deinem ethischen Niveau, mit deiner
ethischen Individualität, in Verbindung bringt, dann findet dein Leben auf
einer anderen Ebene statt. Herrscht allerdings noch eine gewisse Grobheit in
deinem Bewusstsein und tendiert es gewohnheitsmäßig dazu, sich mit den

165
gröberen Aspekten der menschlichen Persönlichkeit, mit dem physischen
Körper, zu identifizieren, dann ist auch die gesamte menschliche
Aufmerksamkeit auf den physischen und biologischen Aspekt gerichtet. In
erster Linie ist es die biologische Ebene, die diese falschen Vorstellungen in
uns weckt. Sie betrachtet das andere Geschlecht hauptsächlich unter einem
physischen, sinnlichen Aspekt. Wenn du in dem Bewusstsein verwurzelt
bist: "Ich bin dieser physische Körper", dann betrachtet dein Bewusstsein
ebenso alle anderen Menschen mit dem gleichen Bewusstsein. Lebst du in
diesem Bewusstsein, und begegnest einer Frau, dann betrachtest du sie in
erster Linie unter einem körperlichen Aspekt und reagierst aus einem
animalischen, biologischen Empfinden heraus. Das weckt auf physischer
Ebene Begehrlichkeiten und macht dich zum Sklave deiner Sinnlichkeit.
Es benötigt darum eine Verfeinerung des Bewusstseins. Du musst dich
selbst erziehen. So wie man einen alten, losen Pantoffel abschüttelt und ihn
durch einen neuen ersetzt, so solltest du deine alten Gewohnheiten
abschütteln und sie durch neue ersetzen. Vor einigen Tausenden von Jahren,
als es noch keine intellektuelle Entwicklung, noch keine Evolution gab,
lebte eine menschlichen Rasse, die kaum durch eine spirituelle Entwicklung
geprägt war. Diese Menschen lebten in einem Zustand von
hundertprozentigem Körperbewusstsein, gerade so wie die meisten Tiere.
Das Bewusstsein der Tiere ist total auf den Körper reduziert. Und wenn das
Bewusstsein des Menschen sich überwiegend auf dem Niveau eines
animalischen Bewusstseins befindet, dann ist es weit entfernt vom
spirituellen Bewusstsein, und alles Reden über Yoga, über spirituelle
Praktiken, über Ekstase und Erleuchtung ist vergebens. Wenn du die Kunst
der Rede beherrscht und über gute Ideen verfügst, wird es dir vielleicht
gelingen, die Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Triffst du aber auf
Menschen, die in einem Netz aus einem groben körperlichen Bewusstseins
gefangen sind, dann wird es sehr schwer, sie zu überzeugen.
Die Hauptfunktion der unteren Extremitäten ist die Entwässerung, die
Reinigung und die Beseitigung der Ausscheidungen. Das ist ihre eigentliche
Funktion. Wenn aber diese Funktion, aus Gründen der sinnlichen Lust,
beiseite geschoben wird, und die Sexualität in den Vordergrund rückt, weil
der Verstand süchtig nach der sexuellen Befriedigung ist, dann verursacht
das Probleme. Die kosmische Intelligenz und ihr offenkundiges Gegenstück,
die Natur, hat innerhalb aller lebenden Geschöpfe einen biologischen
Mechanismus errichtet, der einen Zeitpunkt vorgibt, an dem die Sexualität
erwacht. Vorher zeigt sie nur sehr selten ihr Gesicht. In einem Kleinkind
und in einem Kind erwacht sie nur äußerst selten. In ihrer Freude am Leben
sind sie vollkommen nach außen gewandt. Kinder haben weniger
Körperbewusstsein als Erwachsene. In dieser Beziehung haben die
Erwachsenen ein gröberes Bewusstsein als Kinder. Folglich gibt es eine
ausgeprägte Periode, in der dieses innere Element, dies innere sexuelle
Prinzip, nicht empfunden wird. Es ist abwesend. Aber dann, von einem
bestimmten Alter an, entwickelt sich allmählich die Sexualität. Zuerst äußert
sie sich rein physisch. Verschiedene Symptome stellen sich ein.
Kleine Oberlippenbärte fangen an zu sprießen, die Stimme beginnt sich zu
verändern und innerhalb des Körpers entwickelt sich ein erotisches
Empfinden, das vorher in dieser Form nicht vorhanden war. Das sind
vorpubertäre Veränderungen. Es ist eine Periode, in der der Mensch
allmählich in die Pubertät kommt und erwachsen wird. Es ist die
empfindlichste Zeit im Leben des Menschen und sie erfordert eine weise
Führung, eine gute Atmosphäre, gute Ideen und ein gutes soziales Umfeld.

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Leider ist vieles in der modernen Welt, sozialschädlich, gefährlich und nicht
wünschenswert. Dadurch wirken sehr viele negative Einflüsse auf die
Jugendlichen ein. Im alten Indien entzogen sich die Menschen diesen
negativen Einflüssen. Sie lebten in einer Gesellschaft, die das individuelle
Wachstum, in allen Belangen förderte. Für dieses Lebensstadium
entwickelten sie ein Erziehungsmodell, das den Namen Brahmacharya
Ashrama trug. In diesem ersten Lebensviertel, lebten sie nicht mehr in der
Stadt bei ihren Familien. Dadurch waren sie den negativen Einflüssen,
sowie den vielfältigen Versuchungen und Verlockungen der Städte
entzogen. Statt dessen lebten sie als Schüler in einer für sie förderlichen,
erhebenden und natürlichen Umgebung.
Die Schüler standen mit dem ersten Sonnenstrahl auf, wenn der Wind sanft
wehte und die Vögel zu zwitschern begannen. Sie atmeten unverschmutzte
Luft, tranken sauberes Wasser und waren von einer herrlich blühenden
Pflanzenwelt umgeben. Sie lebten im Haus eines Gurus, bei einem Weisen
und seiner Frau, die in den heiligen Schriften bewandert waren. Der Guru
und seine Frau führten ein Leben der Mäßigung, der Selbstkontrolle, hatten
einen edlen Charakter und innere Reinheit verwirklicht. Die Schüler lebten
in einer Familie mit einem vorbildlichen Tagesablauf. Dies war eine
sinnvolle Basis, die ein Leben lang Früchte trug. In dieser wundervollen
Atmosphäre, gediehen die Schüler hervorragend und sie entwickelten sich
zu vorbildlichen Menschen. Sie glänzten durch ihre innere Reinheit, hatten
starke, robuste Glieder und einen wohlgeformten Körper. Sie waren
Frühaufsteher, machten ihre täglichen Yogaübungen und badeten in den
Waldbächen. Im Laufe des Tages erledigten sie allerlei Arbeiten. Sie
sammelten Brennholz für den Guru und für die Küche seiner Frau, sie
schnitten Gras und sammelten Blätter für den Kuhstall des Gurus und
arbeiteten auf dem Feld. Gleichzeitig studierten sie morgens und
nachmittags zwei oder drei Stunden und wurden in den Abendstunden vom
Guru unterrichtet. So wuchsen sie auf und waren von allen erniedrigenden
Einflüssen geschützt.
Dieses Erziehungsmodell ist vollkommen anders, als das heutige
Erziehungssystem, in der ein Schüler, eventuell sogar schon vom ersten
Schuljahr an, mit ungünstigen Einflüssen zu kämpfen hat. Alles um sie
herum, die Leute, der Anblick, der Lärm, der Schmutz, das Umfeld und die
schlechten Einflüsse, alles ist negativ. Darum ist es notwendig, seine
Stimme zu erheben und die Botschaft des Brahmacharya, der
Selbstkontrolle und der Mäßigung, von den Hausdächern zu schreien, damit
Reinheit in Gedanken, Worten und Werken wieder in die Seelen der
Menschen einziehen kann. Die Menschen sollten alles menschenunwürdige
vermeiden und lieber reine und aufbauende Literatur lesen, statt der
entwürdigenden Schundromane. Sie sollten Pornofilme und Filme mit
gewaltverherrlichenden Darstellungen meiden. Alle diese negativen
Einflüsse haben eine negative innere Entwicklung zur Folge. Schließlich ist
der menschliche Verstand eine erstaunliche Kamera. Was auch immer er
sieht, prägt sich ihm ein. Er ist wie ein Supercomputer. Man brauchst keine
Daten einzugeben, er nimmt sie von selber auf. Die ganze Welt ist seine
Quelle und dieser menschliche Computer wird, durch die gesellschaftliche
Atmosphäre, wie ein Abfalleimer, mit Schmutz gefüttert. Darum ist es
notwendig, den Menschen die rechten Anweisungen zu erteilen, ihnen die
Augen zu öffnen. Die Lektion sollte beinhalten, wie man inmitten dieser
vergifteten gesellschaftlichen Atmosphäre, von all dem Schmutz unberührt
bleibt.

167
Dafür aber ist eine Neuorientierung des eigenen Bewusstseins erforderlich.
Es reicht nicht, die Missstände lediglich aufzuzeigen. Will man die
Menschen zu einer Verhaltensänderung motivieren, dann sollte man mit
gutem Beispiel voran gehen. Du bist eine Person, die in diesem Universum
lebt. Du solltest nicht versuchen, dich aus Verzweiflung in dein inneres
Schneckenhaus zurückzuziehen. Es sollte ein Austausch mit anderen
Menschen statt finden, andernfalls wirst du innerlich krank. Du wirst
neurotisch und egozentrisch. Das ist keine gesunde Sache und sollte
vermieden werden. Es sollte einen normalen menschlichen Umgang auf
einer freundlichen Basis geben. Solch eine unerschütterliche, gesunde
Grundlage kann nur auf einem hohen Niveau des eigenen Bewusstseins
Früchte tragen. Wenn das Niveau deines Bewusstseins grob ist, unwissend,
körperorientiert, dann bekommst du natürlich Schwierigkeiten, weil du dann
auch nur diese Schwingungen bei anderen Menschen wahrnimmst. Du
siehst andere, verstehst andere und stellst Beziehungen zu anderen her, die
durch dein grobes körperorientiertes Bewusstsein bestimmt sind. Wenn du
das ändern möchtest, dann musst du das Niveau deines Bewusstseins auf
eine höhere Stufe bringen. Du musst dir darüber klar werden, dass du nicht
nur der physische Körper bist, mit geistigen und intellektuellen Fähigkeiten,
sondern dass du ebenfalls ein spirituelles Sein besitzt.
Dieser Wechsel in deinem Bewusstsein, sollte entwickelt und gefestigt
werden. Dies ist der Schlüssel zum Erfolg im Brahmacharya, die Grundlage
aller Errungenschaften. Wenn du dich selbst als einen groben biologischen
und physischen Körper empfindest, dann wird deine ganze Beziehung zur
äußeren physikalischen Welt nach demselben Muster abgewickelt, und du
kannst dir vorstellen, wie das Resultat für dich aussehen wird. Jedes
menschliche Wesen wird für dich nur ein grober physischer Körper sein.
Diese Vorstellung wird dich Tag und Nacht begleiten. Du wirst besessen
sein von einem körperlichen Bewusstsein. Und solange du dich nicht selbst
von diesem groben körperlichen Bewusstsein befreit hast, wird dir kein
Lesen, kein Weiser, kein Glaube, in irgendeiner Hinsicht weiterhelfen. Du
musst den Schlüssel um drehen und plötzlich verändert sich das Niveau.
Sobald dieses Niveau überschritten ist, bekommt das Thema Brahmacharya
eine ganz neue Bedeutung für dich.
Die Ursache aller Sünden ist das Körperbewusstsein. Wenn du dich vom
Körperbewusstsein befreien möchtest, dann beginne auf körperlicher Ebene.
Sei fest im Brahmacharya verwurzelt. Brahmacharya führt zur
Beherrschung aller anderen Sinne. Selbstbeherrschung, eine gesunde
Ernährung, eine gute Gesellschaft, aufbauende Literatur und edle Gedanken
fördern dieses Vorhaben. Kommt irgendein negativer Gedanke auf, dann
sollte er sofort hinaus geworfen werden. Es sollte ihm nicht erlaubt werden,
auch nur für einen kleinen Moment, nicht für den Bruchteil einer Sekunde,
zu verbleiben. Diese Art der Selbstbeherrschung, sollte kultiviert, in deinem
inneren Sein entwickelt werden. Wenn eine Person versucht, einen
exklusiven Club zu betreten, dann muss sie zunächst am Türsteher vorbei.
Ist die Person in dem Club unerwünscht, dann wird ihr der Zugang
verweigert. Notfalls packt der Türsteher sie am Kragen und wirft sie zur Tür
hinaus. Sie erhält keinen Zutritt. Genau so solltest du in deinem Kopf deinen
eigenen psychologischen und ethischen Türsteher haben, der allen falschen
Gedanken den Zutritt verwehrt. In gleicher Weise gibt es in hoch
entwickelten Nahrungsmittel-Fabriken Maschinen, in denen Früchte und
Nüsse für den Export ausgewählt werden. Sie laufen über ein Förderband
und werden nach unterschiedlichen Größen sortiert. Die Nüsse und Früchte
von schlechter Qualität werden aussortiert. Nur die gute Qualität wird weiter

168
verarbeitet.
In der gleichen Weise sollte in deinem Verstand eine Auswahl getroffen
werden, die die Ausschussware, die deinem spirituellen und ethischen
Idealen widerspricht, automatisch beseitigt, sie hinaus wirft. Brahmacharya
bedeutet vollkommene Reinheit, eine differenzierte Betrachtung von
Dingen, Menschen und Erfahrungen, eine differenzierte und schonungslose
Selbstanalyse. Das führt dazu, dass du dein Bild von dir selber, vielleicht
korrigieren musst. Die erste Veränderung sollte also in dir selber stattfinden.
In einem sehr wichtigen Teil seiner Lehren über Brahmacharya sagte Swami
Sivananda: "Ändere deinen Blickwinkel." Das ist eine psychologische
Einstellung. Er hat an einigen Beispielen aufgezeigt, wie eine Änderung des
Blickwinkels, zur vollkommenen Veränderung der Sichtweise und des
Verhaltens führen kann. Ändert sich die Einstellung, dann verändert sich
auch das Verhalten. Wir sollten Gott und uns selbst das Versprechen geben,
über ein neues Leben mit einem neuen Bewusstsein nachzudenken. Dies
sollte ein inneres Erwachen sein, das ein neues Licht und ein spirituelles
Bewusstsein in uns entzündet. Wir sind die Erben einer großen ethischen
Tradition, einer großen ethischen Kultur. Wir sollten die lebende
Verkörperung dieser großartigen Kultur sein. Wir sollten versuchen, diese
ethische Lebensanschauung, diese Lebensart, zu verwirklichen. Gott segne
dich, um die Klugheit zu gebrauchen, dieses Erbe anzutreten, das wir aus
der Vergangenheit empfangen haben. Meine Gebete sind mit euch. Möget
ihr diese edle und erhabene Aufgabe der Selbstkultivierung bis zur
Vervollkommnung anstreben.

23.5 Vorteile des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis


Brahmacharya ist ein magisches Wort, ein Schlüssel zum Erfolg in allen
Bereichen des Lebens. Es ist ein Glanz, der durch jeden Gedanken, jede
Rede und durch alle Aktivitäten hindurchscheint. Es ist Tejas (inneres
Feuer) und Ojas (spirituelle Energie). Es ist Para Shakti, die höchste Energie
und Bhagavati, die Verkörperung der göttlichen Mutter. Es ist dynamische
Göttlichkeit, Gott in der Bewegung. Es ist göttliche Kraft. Gott ist in diesem
Kosmos, in diesem phänomenalen Prozess, als Brahma, Vishnu und Shiva
vorhanden. Er ist in der menschlichen Gesellschaft in Form ihrer jeweiliges
Energie vorhanden, als Parvati, Lakshmi und Saraswati, die wir jedes Jahr
während der neun Nächte von Navaratri verehren. Im Herbst wird Navaratri
gefeiert. Dies ist das Neuntagefest für drei Göttinnen. Die erste Göttin ist
Lakshmi, die Spenderin des materiellen Wohlergehens. Die zweite ist
Parvati. Sie ist Shivas Frau und wird auch Amma oder Mutter genannt. Als
dritte und letzte wird Sarasvati verehrt. Diese Göttin ist für die Weisheit,
den Intellekt, die Musik, die Sprache und Poesie und für die Schrift
zuständig. Das gleiche kosmische Sein, das sich als Brahma, Vishnu und
Shiva offenbart, das ebenso in diesem phänomenalen Universum als die
Göttinnen Sarasvati, Lakshmi und Parvati agiert, wohnt in uns als die große
Kundalini Shakti. Der wichtigste Aspekte der Kundalini Shakti ist seine
Energie, eine kreative Kraft, eine kreative Energie. Man sagt, diese kreative
Energie ist Gott in der Bewegung, göttliche Kraft.
Es ist eine Erscheinungsform von Para Shakti, der kosmischen Energie. Die
Kontrolle der Sinne verwandelt die grobe physische Kraft in eine feine
geistige und spirituelle Kraft. Es entwickelt sich eine intensive spirituelle
Sehnsucht, die als Konzentrationskraft für positive Gedanken und zur
Meditation genutzt werden kann. Sie kann uns zur Selbstverwirklichung

169
führen. Dies alles und noch mehr kann die Kraft der Enthaltsamkeit für den
Menschen tun. Die meisten den großen intellektuellen Genies waren
Personen von großen Charakter, großer Selbstkontrolle und Konzentration:
Vivekananda, Dayananda Saraswati, Mahatma Gandhi. "Samyam!"
(Selbstkontrolle) sagen die Upanishaden (philosophische Schriften). Der,
der seine Sinne nicht beherrschen kann, wird kaum die feineren Energien
und spirituelles Wissen erlangen. Die Selbstkontrolle ist nichts für
Schwache. Darum betonte Swami Vivekananda die Geistesstärke, die
Charakterstärke, die Stärke der Selbstkontrolle, sowie die Stärke des
Körpers und des Verstandes.
Die Basis einer durchdringenden Reinheit im Leben, die Reinheit der
Gedanken, der Phantasie, der Handlungen und von Brahmacharya ist der
Charakter. Hat jemand einen erhabenen Charakter, dann ermöglicht die
Stärke seines Charakters es ihm, ein erhabenes Leben zu führen. Die Basis
des Charakters ist die Selbstkontrolle. Die Basis der Selbstkontrolle ist ein
kluges Leben, das alles vermeidet, was sich negativ auf die Selbstkontrolle
auswirkt. Unterscheidungskraft, Selbsterforschung, das Vermeiden von
ungünstigen Umgebungen und sinnlichen Versuchungen, helfen dabei. Man
sagt: "Diskretion ist besser als Heldenmut." Folglich sollte man wissen,
wann man tapfer und stark sein sollte und wann man es vermeiden sollte,
tollkühn zu sein, und wann man lieber diskret sein sollte. Es gibt ein
Sprichwort: "Narren eilen, wo Engel sich fürchten, zu schreiten." Darum ist
Diskretion besser als Heldenmut. Diese Diskretion, diese Selbstkontrolle,
diese einsichtige Lebensweise kann nur aus Wachsamkeit, einer
aufmerksamen Wachsamkeit, einer inneren Wachsamkeit, entstehen. Sie
bedenkt, wohin man geht, und was geschieht, wenn man diesen Weg
beschreitet. Sie bewahrt sich auch die Möglichkeit einer Umkehr, wenn sie
erkennt, dass man in die falsche Richtung gegangen ist und geht dann in die
richtige Richtung.
Die Basis solch einer Selbstkontrolle sind Grundregeln für das Leben, die
nach vielerlei Betrachtung angenommen werden. Die Basis solcher
Richtlinien ist das Erstreben eines erhabenen Ideals: "Ich möchte gerne
dieses und jenes Ziel erreichen." Dieser erhabenen Idealismus kann es
ermöglichen, jeden möglichen Sieg zu erringen. Die Grundlage dieses
Idealismus ist eine heftige Sehnsucht. Zuerst einmal muss diese Sehnsucht
in einem erwachen. Die Grundlage einer erfolgreichen akademischen
Laufbahn an der Universität ist die Fähigkeit zu hoher Unterscheidungskraft
bei seiner wissenschaftlichen Arbeit. Die Basis einer hohen
Unterscheidungskraft ist studieren, studieren und noch einmal studieren.
Das Licht zu mitternächtlicher Stunde, sowie das Vermeiden aller
kostspieligen und zeitraubenden Aktivitäten, das Vermeiden einer frivolen
und hedonistischen Gesellschaft, sind Kennzeichen eines erfolgreichen
Studiums. Stattdessen sollte man den Umgang mit positiv gesinnten
Menschen pflegen und begeisterte Aufmerksamkeit im Hörsaal zeigen,
wenn der Professor seine Vorlesungen hält und fleißig seine Hausaufgaben
erledigen. Das bedeutet Unterscheidung.
Die Grundlage eines Studiums, einer wissenschaftlichen Ausbildung
gegenüber einer schulischen Ausbildung ist Ernsthaftigkeit. Es muss der
Wunsch nach Erfolg vorhanden sein: "Ich möchte die besten Zensuren
haben. Ich möchte zu den Besten gehören." So wird dieses Drängen, dieser
begeisterte Anspruch zu etwas instinktivem. Er ist gesund und richtig. Eifer,
Begeisterung, Wissbegierigkeit und Streben sind in hohem Grade
lobenswert. Dieses ist ein positives, kreatives und konstruktives Drängen.

170
Dies sollte angestrebt werden. Solch ein Streben kommt vom Verstehen.
Man strebt nach etwas, das wertvoll ist. Wenn es lediglich eine äußere
Erscheinung ist, der ich nachlaufe, dann mache ich mich zum Narren. Jedes
Glitzern, jedes äußere Funkeln, eine flüchtige, angenehme Empfindung, ein
kurzer Nervenkitzel, sollte einen beschämen. Jede Nachgiebigkeit ist eine
Bankrotterklärung der Weisheit, der Verstandesschärfe und des Mangels an
tiefem Nachdenken. Dieses begeisterte Streben entsteht, wenn wir wissen,
dass allein das Göttliche die Erfüllung aller Wünsche und Begierden in
unserer Suche nach Glück ist. Das ist Ananda, das Glück. Es ist süßer als
die Nektarine oder sonst etwas auf der Welt. Es ist die Schönheit der
Schönheiten, unvergleichbar! Du entwickelst einen tiefen Glauben in diese
Wahrheit, in diese zentrale Erkenntnis, dass allein das Göttliche Erfüllung,
das Erreichen des höchsten Glücks, bringen kann.
Wenn du wüsstest, dass der Kontakt mit sinnlichen Sensationen und
Vergnügungen nur der Schoß des Schmerzes ist, würdest du ihnen nicht
erliegen. Dieses Wissen entsteht durch den Kontakt mit weisen Menschen,
durch die Worte eines Gurus oder durch das Studium der heiligen Schriften.
Erfolgreiches Svadhyaya, das tägliche Studium der heiligen Schriften,
entsteht dort, wo es einen tiefen Glauben gibt. Es kann niemals falsch sein,
wenn du tiefes Guru Bhakti praktizierst, wenn du tiefe Liebe für deinen
Guru empfindest, absolutes Vertrauen zu den Worten deines Gurus hast. Es
ist die rechte Annäherung zum Leben. Darum wird in der Gita gesagt, eine
Person ist, was ihr Glaube ist. "Erzähl mir, was er glaubt, und ich werde dir
sagen, was er ist. Zeige mir, was er für Freunde hat, und ich werde dir
erzählen, was er für eine Person ist." Darum entwickle festen Glauben an
die Lehren des Gurus und an die heiligen Schriften. Immer wieder wird dein
Guru dir sagen, sei überzeugt von der Leere der flüchtigen Namen und
Formen. Flüchtige Dinge, die dich anziehen, erscheinen dir real, sie sind es
aber nicht. Und sei überzeugt, du wirst weise und aufgeweckt, du wirst
entflammt mit Idealismus. Ein großes Verlangen wird sich bei dir einstellen:
"Ich möchte das höchste Wesen, die höchste Erfahrung kennen lernen. Ich
wünsche Gotterkenntnis, Selbstverwirklichung."
Wenn dieses Verlangen mit diesem Idealismus von dir Besitz ergreift,
kannst du kein planloses, zufälliges und charakterloses Leben führen.
Idealismus kann sich nur dort bilden, wo edle und erhabene Leitsätze
beachtet werden. Ein moralisches Leben ist die Grundlage für
Selbstbeherrschung. Selbstbeherrschung ist die Basis für einen edlen
Charakter. Ein edler Charakter ist die Basis von Brahmacharya.
Brahmacharya ist die Basis göttlicher Vollkommenheit und der Befreiung
vom Leid. Brahmacharya ist die Grundlage eines göttlichen Lebens mit
großer Begeisterung und Leidenschaft. Solch ein göttliches Leben ist das
Herz von Swami Sivanandas Evangelium, seiner Lehre, seiner Botschaft an
die Menschheit. Gott segnen dich, wenn er diese grundlegenden Wahrheiten
über dich selbst, über dein Leben, deinen Charakter, dein Verhalten, über
die Ideale, die du aus der Vergangenheit geerbt hast und über den erhabenen
Weg, den du zukünftig beschreiten wirst. So wird dein kluger und
praktischer Weg, den du heute beschreitest, durch das Erbe aus der
Vergangenheit gestützt und veredelt. Wenn die Gegenwart klug genutzt
wird, kann deine Zukunft eine Sache der Schönheit, der Freude für dich und
für andere sein und eine Genugtuung für deine Bemühungen. Mögest du ein
glückliches Leben führen. Die Weisen sagten, genieße nicht für eine kurze
Zeit, um danach dauerhaft als Nervenbündel ins Krankenhaus eingeliefert
zu werden. Aber sie sagten genieße und lebe 100 Jahre. Du kannst das
Leben 100 Jahre lang genießen, wenn du klug und gemäßigt lebst.

171
23.6 Bücher über Brahmacharya Inhaltsverzeichnis
Swami Sivananda hat ein Buch über Brahmacharya geschrieben. Ein
anderer heiliger Mann der spirituelle Lebensart verbreitete,
Charakterbildung, Ethik, Moral, Körperkultur, Gesundheitskultur und der
den gleichen Namen wie Swami Sivananda trägt, ist Swami Sivananda aus
Amaravati, nahe Nagpur im Maharashtra. Er hat ebenfalls ein Buch über
Brahmacharya mit dem Titel "Brahmacharya Hechi Jeevan" (Brahmacharya
alone is Real life) geschrieben. Es wurde in Marathi (indoiranisch)
geschrieben und wurde in viele Sprachen, in Kanarese (Südindien), Hindi
(Nord und Zentralindien) und in Englisch übersetzt. (Hat jemand dieses
Buch?) Swami Jagadishananda von der Sri Ramakrishna Mission hat auch
ein Buch über Brahmacharya mit dem Titel "The Creative Power of
Continence" geschrieben. Ein anderer Lehrer, der später sehr bekannt wurde
und die skandinavischen Länder regelmäßig besuchte, war Sri Swami
Narayanananda Saraswati, der seinen Ashram auf der Dehradun Road in
Rishikesh hatte, hat ein Buch über Brahmacharya geschrieben:
Brahmacharya für Jungen und Mädchen.

24. Die überragende Bedeutung des Brahmacharya Inhaltsverzeichnis

24.1 Die vier Ziele des Lebens Inhaltsverzeichnis


von Swami Chidananda
Vier große Werte sind von unseren Vorfahren als Ziele gesetzt worden, die
zu erreichen, sich jeder Mensch bemühen sollte. Diese vier großen Ziele
werden Purushartha Chathushtaya genannt. (Purushartha Chathushtaya = die
vier Ziele des Menschen:
1. Dharma (richtiges Handeln)
2. Artha (Wohlstand)
3. Karma (Wunsch-/Sinneserfüllung)
4. Moksha (Befreiung)
Purushartha bedeutet rechte Anstrengung oder Bemühung. Was sind nun
diese vier großen Ziele? Man gab ihnen eine führende Bedeutung, einen
wichtigen Platz, in der Ethik und Moral. Das erste Ziel wird Dharma,
richtiges Handeln, genannt. Was immer du auch tust, sollte korrekt getan
werden. Es sollte das sein, das richtig, das rein, das moralisch und ethisch
korrekt ist. Du solltest nichts tun, das dem Gesetz von Ethik und Moral
widerspricht. Warum? Weil im ethischen Verhalten dein höchstes Gut liegt.
Im ethischen Verhalten liegt dein höchstes Wohlergehen. Wenn deine
Gedanken, dein Reden und dein Handeln moralisch und rechtschaffen ist,
dann erfolgt daraus Glück. Andernfalls erntest du Bitterkeit. Dies ist ein
Gesetzes, das dieses ganze Universum durchdringt. Es ist das Gesetz von
Ursache und Wirkung. Dieses Gesetz besagt: "Woran ein Mensch denkt, das
bekommt er." Dieses Gesetz kann auch in einer anderen Weise verstanden
werden, nämlich: "Wie du säest, so wirst du ernten". Dieses Gesetz von
Ursache und Wirkung wird auch als das Gesetz des Karmas oder als
Karmaphala (karmische Reaktionen) bezeichnet. Wenn du dich in einer
gerechten Sache engagierst, wirst du mit Glück und Seligkeit belohnt. Das
Resultat ist dein Wohlergehen, deine Zufriedenheit. Wenn du dieses Gesetz
ignorierst oder vernachlässigst und deine Handlungen sind nicht richtig, was
geschieht dann?
Du erntest eine Reaktion, die bitter ist, eine Reaktion, die nicht gut für dich,

172
für dein Wohlergehen ist. Anstatt dass du dich um deine göttliche
Vervollkommnung bemühst, sitzt du da und verursachst Hindernisse. Du
bremst deinen Fortschritt in Richtung auf dieses große Ziel. Du erzeugst
dein eigenes Elend. Um das höchste Wohlbefinden im Leben zu erfahren,
setzten unsere Vorfahren die Ethik an die erste Stelle. Die Ethik sichert
mehr als alles andere, den größten Gewinn für die individuelle Seele. Darum
befolge die moralischen und ethischen Werte im Leben. Weiche nie vom
ethischen Standard ab. Dann wirst du glücklich sein. Du kannst
Schwierigkeiten haben. Die Leute können dir einige Schwierigkeiten
bereiten; dennoch wirst du glücklich sein. In deinem Innern wirst du Glück
und Frieden finden. Ich sage "innerlich", weil körperliche Mühen und
geistige Schwierigkeiten und Qualen durchaus vorhanden sein können. Die,
die du entsprechend deinem Karma erleiden musst. Aber wenn du dich für
das rechte Leben engagierst, wird es dir unermessliche Stärke geben. Nimm
dir an den Pandavas (eine Fürstenfamilie aus der Mahabharata) ein Beispiel.
Was für Schwierigkeiten, Versuchungen, Widerwärtigkeiten und Leiden sie
durchmachten mussten!
Dennoch fanden sie innere Zufriedenheit, weil sie nicht vom rechten Weg
abwichen. Das gab ihnen innere Stärke. Sie gaben ihren inneren Kampf
niemals auf. Sie brachen niemals zusammen. Nichts konnte sie erschüttern.
Sie befolgten immer die Tugenden. Darum besiegten die fünf Pandavas, die
die Tugenden stets befolgten, die hundert Kauravas, denen es an innerer
Stärke mangelte. Darum unterstützt das Dharma, die Lehre der Tugend, die,
die das Dharma unterstützen. Und diejenigen, die das Dharma nicht
unterstützen, fallen. Darum ist es unsere wichtigste Aufgabe, unser Leben
nach ethischen und moralischen Werten auszurichten. Dies sind die
ethischen und moralischen Verpflichtungen des Dharma. Nun kommen wir
zum zweiten Wert, zu Artha, dem Wohlstand. Du hast den Körper. Du
empfindest Hunger und Durst, Hitze und Kälte. Du wünschst dir Nahrung
und Kleidung und Schutz vor dem Wetter. Und du wünscht dir andere
lebensnotwendige Güter. Für alles dieses, brauchst du Geld. Folglich musst
du einen Job haben, einem Geschäft nachgehen oder einen Beruf ausüben.
Diesen Aspekt des Lebens ignorierten die Menschen des Altertums
keinesfalls. Sie sagten: "Jawohl, dies ist ein unumgänglicher Wert, der aus
der Tatsache heraus entsteht, dass du in dieser Welt lebst." Sie nannten
diesen Wert Artha, den Wohlstand.
Artha ist Geld, der ökonomische Wert. Geld ist unvermeidlich, es ist
notwendig. Darum musst du dich bemühen. Aber du solltest dich auf der
Grundlage von Dharma, auf der Grundlage der Rechtschaffenheit, darum
bemühen. Deine Bemühungen, deinen Lebensunterhalt zu erwerben, sollte
nicht unmoralisch, unethisch oder unrecht sein. Das Dharma, das richtige
Handeln, sollte die Grundlage deiner Berufstätigkeiten oder deiner
Geschäftstätigkeiten sein. Alles, was du im Leben tust, sollte auf Dharma
basieren. Dharma sollte die Basis sein. Und nun zum dritten Wert, dem
Karma, der Wunsch- und Sinneserfüllung. Jedes Tier, sei es ein Hund, ein
Esel, eine Kuh oder ein Büffel, ist zufrieden, wenn es Nahrung, Trinken und
einen Platz zum Ausruhen hat. Aber der Mensch ist anders. Er hat viele
Sehnsüchte, viele Wünsche und Ansprüche. Der Mensch ist ein
psychologisches Lebewesen. Er hat Sehnsüchte, Wünsche, Ehrgeiz und
große Pläne. Darum hat das Karma einen Platz unter den vier Lebenszielen
bekommen. Der dritte Platz der lebenswichtigen Ziele, gilt den Wünschen
des Menschen. Die Tiere haben kaum andere Wünsche. Sie haben nur ihren
Instinkt, nach dem sie leben. Sie wünschen sich Nahrung, Trinken und einen
Platz zum Ausruhen. Und darum sind sie zufrieden, wenn sie dies gefunden

173
haben. Aber der Mensch ist nicht zufrieden. Er sind die unerfüllte Wünsche,
die ihm die Zufriedenheit rauben. Man nennt dies Karma.

24.2 Die Bedeutung des Dharma Inhaltsverzeichnis


Unter Karma versteht man Wünsche jeder Art. Besonders sind damit
Wünsche gemeint, die im Gegensatz zu Ethik und Moral stehen und
eigentlich vermieden werden sollten. Diese Wünsche sollten nicht weiter
beachtet werden und keinen Platz in deinem Leben haben, weil sie deinen
Entwicklungsprozess stoppen, deinen Fortschritt, der dich zum
Gottesbewusstsein führt. Es sollten nur jene Wünsche in deinem Verstand
beherbergt werden, die mit den Regeln der Rechtschaffenheit, mit den
Regeln des Dharma, übereinstimmen. Darum ist das Dharma das
allumfassende und dauerhafte Fundament für alles menschliche Streben.
Auch deine beruflichen und sozialen Tätigkeiten, sollten mit dem Dharma
übereinstimmen. Das Dharma sollte deine Gedanken, dein Reden und
Handeln leiten. Darum sollte dein ökonomisches und privates Streben, dein
äußeres weltliches Leben, vom Dharma beseelt sein. Dann wird es dich zur
Zufriedenheit führen. Wird das Dharma missachtet, dann führt das zu Leid.
Das ist die einfache Wahrheit.
Ein anderer wichtiger Grund, warum alle Bestrebungen nach weltlichen
Dingen vom Dharma getragen sein sollten, ist die Tatsache, dass nur dann
dein Leben höchstes Glück erfahren kann. Was ist dieses höchste Glück? Es
ist Gottrealisierung, Befreiung, göttliche Vervollkommnung, höchstes
spirituelles Bewusstsein, Erleuchtung. Nur dafür sind wir geboren. Das
allein macht das Leben lebenswert. Egal wie hoffnungslos das Leben sein
mag, wenn du nur dieses eine Ziel hast, göttliches Bewusstsein zu erreichen,
dann erhälst du die Stärke, alle Wechselfälle des Lebens zu ertragen und sie
zu überwinden. "Ich bin göttlich. Vorübergehend hatte ich es vergessen.
Und bis ich göttliches Bewusstsein erreicht habe, ist mein Leben nicht
zufriedenstellend." Wenn dieses dein Ziel ist, egal was dir geschieht, wird
alles andere zweitrangig und weniger wichtig. Wenn dein oberstes Ziel, die
Verwirklichung deiner göttlichen Natur ist, dann wird es dein Leben
beherrschen, und dich über alles Unglück hinwegtragen. Es gibt dir Stärke
und bestimmt die Richtung in der sich dein Leben bewegt. Von diesem
Moment an, bewegt sich dein Leben in der von dir bestimmten Richtung.
Dieses Leben kann durch kein Unglück berührt werden. Hat man einmal
Kraft und Energie gewonnen, dann reitet man triumphierend über alle
Höhen und Tiefen des Lebens zum göttlichen Selbst.
Das höchste spirituelle Ziel sollte also darin bestehen, das Leben so
lebenswert zu machen, das es eine tiefen Sinn erfüllt. Worin besteht der
Sinn des Lebens? Besteht der Sinn des Lebens darin, zu Essen, zu Trinken,
zu Schlafen und eines Tages zu Sterben? Sollte das Leben daraus bestehen,
ein paar unbedeutende und verrückte Sachen zu machen und dann zu
sterben? Am Ende wartet der Tod auf uns. Was ist es, das das Leben
sinnvoll macht? Durch dieses Leben, das von Geburt, Kindheit, Alter,
Krankheit und Tod gekennzeichnet ist, solltest du ein göttliches, ein
spirituelles Element hineintragen. Du bist hier, um göttliches Bewusstsein
zu erlangen. Du solltest beschließen: "Ich werde unsterblich. Ich
verwirkliche meine unsterbliche Natur. Ich sollte einsehen, dass ich eine
unsterbliche, göttliche Seele besitze“. Und du musst dich bis zum äußersten
anstrengen, um dieses Ziel zu erreichen. Dieser höchste Wert ist der
wichtigste Wert, der dem Leben Tiefe, wahrhafte Bedeutung und

174
Zielstrebigkeit gibt. Er macht das Leben bedeutend, wichtig, heilig und
sinnvoll. Darum ist die unsterbliche Seele der wichtigste Wert im Leben.
Wenn das göttliche Bewusstsein vorhanden ist, erhältst du die Stärke, alle
Schwierigkeiten, alle Spannungen und Belastungen des Lebens zu
überwinden.
Das Dharma, die ethischen, moralischen und religiösen Verpflichtungen, ist
aus zwei Gründen wichtig. Erstens, wenn du es in deinem weltlichen Leben
aus Wohlstand und Karma, in deinem ökonomischen und spirituellen
Handeln, praktizierst, führt es zu Glück. Ist es dort nicht vorhanden, dann
führt es zu Sorge und Elend. Darum solltest du Dharma praktizieren. Dies
ist der Sinn des Dharma. Wenn das Dharma dein Leben ausfüllt, dann führt
es dein Leben zur Befreiung, zur Erreichung der höchsten geistigen Werte
im Leben. Es befreit dich ein für allemal vom Rad des Lebens und des
Todes. Dann gibt es keine Wünsche, keine Sorgen, keine Tränen, kein
Wehklagen, keine Schwierigkeiten und keine Probleme mehr. Dann
überschreitest du alles Leiden. Du erreichst einen Zustand absoluten
Friedens, absoluter Seligkeit, absoluter Freude. Du erreichst höchste
Zufriedenheit, wirst furchtlos und frei. Diese höchste Erfahrung, dieses
höchste Bestreben, das Parama Purushartha (die vier Bestrebungen des
Menschen: Karma, Wohlstand, Dharma, Erleuchtung), verwirklicht
göttliches Bewusstsein. So hat Dharma eine direkte Verbindung zur
Erleuchtung. Darum mache das Dharma zur Grundlage deines gesamten
Lebens. Im Rahmen eines dharmischen Lebens, trägt die spirituelle Praxis
schnell Früchte. Wann immer du Japa (Mantrameditation), Gebet, spirituelle
Studien oder Meditation praktizierst, wird es sich wie beim Reiben eines
trockenen Streichholzes an einer Streichholzschachtel, schnell wie ein
spirituelles Feuer ausbreiten.
Dort, wo das Dharma dein Leben belebt und durchdringt, wird die
spirituelle Praxis schnell fruchtbar und erzielt Fortschritte. Dieses ist das
große Ideal Indiens. Es ist unvermeidlich, sich um die ökonomischen Werte
zu bemühen, um die irdischen Belange zufrieden zu stellen. Aber es ist der
spirituelle Wert, der das Leben erfolgreich und glücklich macht, der dich
von Sorge und Knechtschaft befreit. Und es ist der ethische Wert, der von
allen der wichtigste ist, weil er dir ein Leben in Glück und Zufriedenheit
garantiert.

24.3 Energieerhaltung im spirituellen Leben Inhaltsverzeichnis


Um die vier Ziele des Menschen (Dharma, Wohlstand, Karma, Befreiung)
zu erreichen, benötigen wir Stärke. Wir benötigen Energie. Jede Bemühung,
jede Anstrengung, erfordert Stärke und Energie. Die Energie kann nur
transformiert werden, wenn sie bewahrt wird. Aber wenn sie vergeudet
wird, ist sie für immer verloren. Gerade so, als wenn man ein Haus bauen
oder ein Geschäft beginnen möchtest, beginnt man zu sparen. Man spart und
legt das Geld z.B. auf einem Festgeldkonto einer Bank an. Und nach 5 oder
10 Jahren, wenn man genug gespart hat, beginnt man mit dem Geschäft oder
mit dem Bau des Hauses. Aber wenn du jeden Monat mehr ausgibst, als du
verdienst, wenn jeden Monat deine Ausgaben höher als dein Einkommen
ist, wie kannst du dann von einem Haus oder einem eigenen Geschäft
träumen? Für dieses Verhalten, trägst du allein die Schuld. Du wirst dich
hoch verschulden. Deine Situation wird im Laufe der Zeit immer miserabler
werden. Genau so sparsam, wie man mit dem Geld umgehen sollte, sollte
man mit seinen Energien umgehen. Die Erhaltung der sexuellen Energie,

175
um sie für höhere spirituelle Zwecke zu nutzen, ist das zentrale Prinzip von
Brahmacharya.
Was Brahmacharya genannt wird, ist eine kluge Empfehlung unserer
Vorfahren, die individuellen spirituellen Bemühungen erfolgreich
abzuschließen. Sie kamen zu der Erkenntnis: "Du solltest deine Energie
bewahren." Denn, wenn du ausreichend Energie bewahrt hast, kannst du
alles erreichen, was du erreichen möchtest. Aber wenn du deine Energie
verschwenderisch verausgabst, wird es sehr schwierig, höhere spirituelle
Ziele zu erreichen. Es wird ein langwieriger, schwerer und fast
aussichtsloser Kampf. Darum ist die Bewahrung von Energie das
Wesentliche von Brahmacharya. Energie wird in einem Dutzend
unterschiedlicher Richtungen vergeudet. Zu viel Unterhaltung, zu viel
Sorgen, zu viel Wünsche, bringen Wut, Zorn, Kampf, Streitlust und
Esszwang mit sich. Alle diese Dinge rauben uns unsere Energie. Alle
Ausschweifungen, alle extremen Gewohnheiten, die Verschwendung der
nervösen und emotionalen Energie durch Gedanken des Hasses, des Neids
und der Eifersucht und alle gesundheitsschädlichen Gewohnheiten, wie das
Rauchen und Trinken, rauben uns unsere Energie. Darum ist die
Sinneskontrolle ein unvermeidlicher Teil von Brahmacharya.
Das Arbeiten der Sinne verbraucht ebenfalls Energie. Das sollte klug
beachtet werden. Und eine, der am stärksten verfeinerten, am stärksten
konzentrierten Energien, ist die sexuelle Energie. Die sexuelle Energie,
können wir als die Quintessenz der Energien bezeichnen. Es ist das
Energiepotential in einer hochkarätigen Form. Es ist die Quintessenz all
dessen, was wir essen, was wir zu uns nehmen. Genauso wie Honig die
Quintessenz der Blumen und Butter die Quintessenz von Milch ist.
Tausende von Bienen sammeln Nektar von Millionen von Blumen und
bringen ihn in einem großen Bienenstock. Und wie durch ein biochemisches
Wunder entsteht daraus Honig. Aus vielen Litern Milch entsteht Butter. In
der gleichen Weise ist die sexuelle Energie die reinste Form der
menschlichen Energie. Wenn die sexuelle Energie klug konserviert wird,
dann kann sie in viele andere Formen umgewandelt werden. Wenn du z.B.
fleißig studierst und ein brillanter Studierender mit einem wundervollen
Gedächtnis werden möchtest, dann kann die sexuelle Energie dir dabei eine
große Hilfe sein. Wenn du ein brillanter Chirurg oder ein hervorragender
Musiker werden möchtest, kommt die sexuelle Energie dir dabei ebenfalls
zur Hilfe. Dieses ist möglich, weil sexuelle Energie, wenn sie bewahrt wird,
allmählich in subtilere Energie umgewandelt wird. Selbstverständlich gibt
es Yogaprozesse, wie Asanas (Yogaübungen), Pranayama (Atemübungen),
Surya-Namaskar (der Sonnengruß - eine Abfolge von 12 Yogahaltungen),
hohe Gefühle, erhabene Gefühle und spirituelle Gefühle, die bei der Arbeit
der Umwandlung helfen. So geht die Arbeit der Umwandlung weiter und
weiter und die verfeinerte Energie wird für höhere intellektuelle Arbeiten,
für Forschungen, Erfindungen und Meditationen genutzt. Und darum hat
eine kluge Bewahrung dieser lebenswichtigen Energie, immer einen
wichtigen Platz in allen Religionen dieser Welt gehabt.

24.4 Die sexuelle Energie Inhaltsverzeichnis


Was ist sexuelle Energie? Sexuelle Energie ist ein Ausdruck Gottes. Es ist
der dynamische Ausdruck Brahmans. Es ist Shakti, die weibliche Energie
des göttlichen Universums. Wir alle wissen, dass dieses phänomenale
Universum Ausdruck der grenzenlosen und unbeschreiblichen kosmischen

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Energie ist. Wir benennen diese kosmische Energie Para Shakti (Höchste
Energie), Maha Shakti (Größte Energie), Maha Maya oder Prakriti (Natur).
Milliarden von Universen entstehen und vergehen durch die Aktivität dieser
großen kosmischen Energie. Es ist diese kosmische Energie, die die Sonne
und die Planeten mit einer unglaublichen Geschwindigkeit auf ihrer
Umlaufbahn dahinwirbelt. Es ist die kosmische Energie, die als
Schwerkraft, als die Energie der Sonnenstrahlen, als Energie aller großen
Planeten und Himmelskörper und als Windenergie in Erscheinung tritt.
Manchmal, wenn der Wind besonders wütet, trägt er sogar Hausdächer
davon. Es ist die kosmische Energie, die sich manchmal als die Energie des
Feuers, der Vulkane, der Wasserfluten, der Erdbeben, der Berge, Flüsse und
Meere ausdrückt. Darum sind Erde, Luft, Wasser und Äther, alles
Ausdrucksweisen dieser Energie. Es ist die gleiche Energie innerhalb des
Samens, die den Samen wachsen lässt und ihn in einen großen Baum
verwandelt.
Es ist die Kraft hinter Blitz und Donner. Jede Energie, die du in diesem
Universum siehst, ist die Energie dieser kosmischen Kraft. Es ist die gleiche
Energie, die alle Lebewesen, Bäume, Pflanzen, Insekten, Vögel, Bienen,
Reptilien, Fische und Tiere belebt. Es ist die Energie des Löwen, des
Elefanten und es ist die Energie des leuchtenden Intellekts eines Genies wie
Michael Faraday (englischer Physiker und Chemiker, 1791), Venkata
Raman (indischer Physiker und Nobelpreisträger von 1930) oder Albert
Einsteins. Dieselbe Energie weilt in uns und belebt unseren Körper. Es ist
die Energie, die unsere Nahrung verdaut, die unser Herz dazu bringt, Blut
durch die Adern zu pumpen, die unsere Lungen atmen lässt, unsere Muskeln
und Gelenke arbeiten lässt, die unsere Zunge sprechen und unser Ohr hören
lässt. Es ist die Energie, die auch in unserer sexuellen Energie vorhanden ist.
Darum ist die sexuelle Energie Teil der unteilbaren kosmischen Energie, die
im Menschen vorhanden ist. In ihrem groben biologischen Aspekt wird sie
als sexuelle Energie bezeichnet. In einem feinerem Aspekt ist sie die
Unterscheidungskraft, die Energie des Intellekts, der analysiert, forscht und
nachdenkt. In einem noch feinerem Aspekt, in einem psychischen Aspekt,
ist sie die Energie der Kundalini. Und in ihrem höchstem Aspekt, ist sie
nichts anderes als Atma Shakti, göttliche Energie.
Brahman (Gott) und Shakti sind nicht zwei. Sie sind der statische und der
dynamische Aspekt desselben Prinzips. Darum ist die sexuelle Energie
nichts anderes als die Anwesenheit der göttlichen Mutter in allen Menschen.
Es ist etwas Göttliches, etwas Heiliges, das der Schöpfung entspringt, und
das ganze Universum durchdringt. Es ist ein Fortpflanzungsprozess, der in
der ganzen Natur vorhanden ist, in jeder Form des Lebens. Ohne diese
Fortpflanzung, würden alle Arten bald aussterben. Darum ist die
Verausgabung der sexuellen Energie zur Zeugung ein heiliger Prozess in
Zusammenarbeit mit Brahman, dem Schöpfer. Jede andere Verausgabung
der sexuellen Energie, ist ein zweitrangiger, weniger bedeutender Aspekt.
Und wenn diese Energie in einer zurückhaltenden Weise verwendet wird,
kann sie für die höhere spirituelle Zwecke genutzt werden. Wenn diese
grobe biologische Energie durch die Yogapraxis in eine subtilere Form
umgewandelt wird, steht sie für tiefe Kontemplationen, Betrachtungen und
Meditationen zur Verfügung. Kontemplation, Meditation und Erleuchtung
wird erst durch die Bewahrung dieser Energie ermöglicht. Dies alles
geschieht durch Brahmacharya.
Darum bewahren alle Yogapraktiken die sexuelle Energie und wandeln sie
erfolgreich in spirituelle Energie um. Darum ist Brahmacharya nicht nur

177
eine Zurückhaltung der sexuellen Energie, sondern eine andere Lebensart.
Es ist eine Lebensweise, die uns göttliches Wissen, göttliche Erfahrungen,
näher bringt. Und darum empfiehlt Yoga Mäßigung in allen unseren
Tätigkeiten und eine kluge Begrenzung aller sinnlichen Begierden. In der
indischen Kultur wurde das Brahmacharya in drei Lebensstadien, nämlich
als Schüler (die ersten 25 Lebensjahre), als Vanaprashta (Ruheständler, etwa
ab dem 50. Lebensjahr) und als Sannyasin (Waldasket, etwa ab dem 75.
Lebensjahr), empfohlen. Nur in der Ehe (etwa zwischen dem 25. und 50.
Lebensjahr) galt die Sexualität als legitim. In der Ehe bedeutete das
Brahmacharya sexuelle Mäßigung, ein kluger und zurückhaltender
Gebrauch der sexuellen Energie für die Zeugung. Mäßigung, Keuschheit
und Treue zum verheirateten Partner, wurden in der Ehe empfohlen. Es
wurde dem verheirateten Mann vorgeschrieben, keiner anderen Frau mit
unreinen Blicken nachzuschauen. Durch dieses erhabene Konzept des
Brahmacharya, entstanden zwei große Ideale, das Pativrata Dharma
(Grundgesetze der Ehe) und die Monogamie.
Der Mann durfte nur noch eine Frau heiraten. Sie war dann seine gesetzlich
angetraute Ehefrau. Er sollte keine lüsternen, leidenschaftlichen und
sinnlichen Blicke auf andere Frauen werfen. Die tugendhafte Frau konnte
nur einen Mann heiraten und dieser Mann war ihr Ehemann, dem sie mit
Achtung und Verehrung begegnen sollte. Allen anderen Männern gegenüber
sollte sie sich wie eine Mutter verhalten. Es gab nur einen Mann, dem sie
das Gefühl geben sollte: "Ich bin eine Frau", und dieser eine Mann war ihr
gesetzlich angetrauter Ehemann. Dies ist ein Ideal, das aus dem
Brahmacharya heraus entstanden ist. Insofern war die klassische Haltung
gegenüber der sexuellen Energie, durch die Zustimmung des Brahmacharya
gekennzeichnet. Die alten Meister betrachteten die sexuelle Energie nicht
als hässlich, schlecht, sündhaft oder unmoralisch. Solche falschen
Vorstellungen über die sexuelle Energie, sind das Resultat eines
Missverständnisses in der Erhabenheit dieser besonderen Energie. Es ist ein
weitverbreiteter Aberglaube und ein Mangel im Verständnis der Menschen,
denen es am rechten Wissen mangelt. Solche Menschen fangen plötzlich an,
die sexuelle Energie als etwas Schlechtes zu betrachten. Ein Grund für die
Entwicklung einer solchen Haltung, ist die allgemeine menschliche
Schwäche für die Sexualität. Dadurch sind einige moralische Tabus in
Bezug auf die Sexualität entstanden. Andererseits geht der Mensch häufig
den Weg des geringsten Widerstandes. Darum sagten einige: "Nein, Nein.
Dieses sollte nicht getan werden. Es sollte nicht in dieser und jener Weise
getan werden, weil die heiligen Schriften es so sagen." Sie entwickelten ihre
eigenen Vorstellungen.

24.5 Der menschliche Körper verglichen mit einer Villa Inhaltsverzeichnis

Ein Punkt sollte hier betont werden. Der Körper ist wie eine Villa. Egal wie
wundervoll die Villa ist, so möchte jedoch niemand in dieser Villa leben,
wenn sie keine Küche, kein Badezimmer und keine Toilette hat. Was immer
du dieser Villa, dem menschlichen Körper, an Energie zuführst, davon wird
ein Teil benötigt, um den Verstand zu bilden, ein anderer Teil wird benötigt,
um den Körper zu bilden, und die restliche Energie muss als Abfall wieder
beseitigt werden. Abfall ist immer übelriechend. Die Verunreinigungen des
Körpers riechen ebenfalls sehr unangenehm. In einer realen Villa braucht
man eine Toilette und eine Küche. Ist dort keine Küche, dann möchte dort
niemand leben. Du kannst irgendeinen Palast konstruieren, aber wenn es

178
dort keine Nahrung, kein Mittagessen, kein Frühstück und kein Abendessen
gibt, dann wird dort niemand einziehen. Und wenn eine Küche da ist, sollte
auch eine Entwässerung vorhanden sein. Eine Küche bedeutet Abfall,
übriggebliebene Essensreste, Gemüseabfälle, Kartoffelschalen und all das.
Wenn diese Abfälle aufbewahrt werden, beginnen sie zu verfaulen. Und
darum musst du dich um die Abfallbeseitigung kümmern. Du musst eine
Entwässerung und Kanalisation haben. Ohne Entwässerung und
Kanalisation, ist ein Leben in einer Villa nicht möglich.
Ebenso im menschlichen Körper, in dieser Villa mit neun Toren, gibt es
einen Eingangsweg und Fenster für Licht, Luft und Wissen. Für die
Entwässerung und Abfallbeseitigung hat Gott zwei Öffnungen vorgesehen.
Ihre Aufgabe gilt der Abfallbeseitigung. Es sind zwei Abflüsse. Kein
Zweifel, die Funktion der Fortpflanzung ist ebenso vorhanden. Aber sie
übertrieben zu nutzen, dazu neigt nur der Unkluge. Es verrät einen Mangel
an Wissen. Von der Geburt bis zum Tod, Tag für Tag, an einunddreißig
Tagen im Monat und an 365 Tagen im Jahr, ist die konstante Funktion, die
dieses Ausgangstor erfüllen muss, die Harnentleerung. Und die
gelegentliche Funktion, die sie als Zeugungsorgan erfüllen soll, ist eine
Zusammenarbeit mit der göttlichen Natur. Aber dieses ist eine äußerst
seltene Gelegenheit, die nur während der Ehe praktiziert werden sollte. Im
ersten Lebensabschnitt als Schüler, hat es keinen Platz; im dritten
Lebensabschnitt als Waldeinsiedler (Vanaprashta), hat es keinen Platz; und
im vierten Lebensabschnitt als Mönch (Sannyasin), hat es ebenfalls keinen
Platz. Es gibt im Leben des Menschen eigentlich nur einen Lebensabschnitt,
in dem die Fortpflanzungsfunktion genutzt werden sollte, nämlich in der
Ehe. In der restlichen Zeit des Lebens, ist die Hauptfunktion des männlichen
Gliedes, die Harnentleerung.
Änderst du deinen Blickwinkel und betrachtest du deinen Körper und deine
Sexualität aus der rechten Perspektive, dann hast du das Problem gelöst.
Betrachtest du deine Sexualität dagegen aus der falschen Perspektive, dann
ergeben sich daraus allerlei Schwierigkeiten. Zweitens betrachte die
Sexualität einmal aus einem vedantischem Gesichtspunkt. Das Vedanta
sagt, dass du in Wirklichkeit nicht dieser Körper bist, sondern die göttliche
Seele. Und wenn du dich nicht mit deinem Körper identifizierst, dann ist
deine Aufmerksamkeit auf Gott gerichtet und nicht auf deine Sexualität.
Und wenn dein Glaube in Vedanta fest ist, dann hast du die Lösung bereits
in deiner Hand.

24.6 Wie man über die Sexualität hinauswächst Inhaltsverzeichnis


Es gibt eine andere wichtige Betrachtungsweise beim Brahmacharya. Und
das betrifft dein Ziel und dein Streben im Leben. Was möchtest du in
deinem Leben erreichen? Welcher große Wunsch beherrscht dein Leben?
Gibt es einen Konsumhunger in dir? Möchtest du gerne das größte
musikalische Genie oder der schnellste olympische Läufer dieser Welt
werden? Egal, wie dein Ehrgeiz aussieht, wenn dein hauptsächliches Ziel
der Konsumhunger ist, dann treten alle anderen Probleme in den
Hintergrund. Sie stellen kein größeres Problem mehr dar. Wenn du kein
ehrgeiziges Ziel hast, dann wird alles zum Problem, besonders die
Sexualität. Darum ist die rechte Weise, das sexuelle Problem zu lösen,
indem man über die Sexualität hinauswächst. Damit verliert sie ihre
Bedeutung. Du musst über die Sexualität hinauswachsen, nicht mit ihr
ringen, sondern sie besiegen. Wenn du kein umfassend konzentriertes

179
Vorwärtsstreben und keinen Ehrgeiz in deinem Leben hast, dann bekommt
das stürmische Verlangen nach sinnlichen Genüssen eine übergroße
Bedeutung in deinem Leben. Dein ganzes Leben wird zum sinnlichen
Begehren, zu einer Sucht nach Sex. Aber wenn du in deinem Leben deinen
spirituellen Idealen folgst, dann erreicht der sinnliche Lärm nicht mehr
deine Aufmerksamkeit. Dann ist nämlich deine ganze Aufmerksamkeit auf
dein spirituelles Ziel, auf Gott, ausgerichtet.
Darum ist die rechte Weise, sich von der sexuellen Bedrängnis zu befreien,
sich über sie hinaus zu entwickeln. Dieses geschieht durch das Entwickeln
einer großen Liebe zu Gott und zu spirituellen Idealen und durch das
Entwickeln eines reinen, moralischen und ethischen Lebens, um Befreiung
zu erlangen. Wenn der intensive Wunsch nach Befreiung und Erkenntnis
vorhanden ist, dann treten alle anderen Dinge in den Hintergrund. Wenn du
den Sieg über dem Lärm der Sinne erringen möchtest, dann musst du in dir
ein loderndes Feuer nach höheren Zielen entzünden. Was geschieht dann?
Um das zu erreichen, wonach dein Herz begehrt, verfolge das von dir
angestrebte Ziel so intensiv, dass keine Zeit mehr für unnötige Dinge bleibt.
Verschwende deine Zeit nicht mit nutzlosen Angelegenheiten. Große
Wissenschaftler haben dieses Problem nicht. Sie werden die ganze Zeit von
ihrer wissenschaftlichen Arbeit aufgesogen. Ihre ganze Konzentration gilt
ihrer Arbeit. Da bleibt nicht mehr viel Zeit, um sich über die Kleidung, die
Sinnlichkeit oder andere weltliche Dinge Gedanken zu machen. Warum ist
das so? Weil sie von ihrer Arbeit vollkommen aufgesogen und mitgerissen
werden. Die ist die rechte Weise, erfolgreich Brahmacharya zu praktizieren.

24.7 Freiwilliges Zölibat ist keine Unterdrückung Inhaltsverzeichnis


Es gibt in der westlichen Welt die Vorstellung, dass die Sexualität ein
natürlicher Trieb ist, dem man freien Ausdruck verleihen sollte. Es wird
gesagt, wenn man diesem sexuellen Trieb keinen freien Ausdruck verleiht,
dann kommt das einer sexuellen Unterdrückung gleich. Und wenn die
Sexualität unterdrückt wird, dann verursacht sie alle möglichen
Abnormalitäten und Neurosen. Dieses entspricht sogar teilweise der
Wahrheit. Es entspricht insofern der Wahrheit, dass dann, wenn die sexuelle
Unterdrückung auf äußere Umstände zurückzuführen ist, die sich deiner
Kontrolle entziehen, es wirklich zu psychischen Problemen kommen
könnte. Lebt man z.B. in einem sozialen Umfeld, das durch Tabus,
eingefleischte Vorurteile, Zwänge und Verbote gekennzeichnet ist, dann
kann das die persönliche Entwicklung sehr behindern. Dieser Zwang kann
auf den Einfluss des Vaters, auf die Dominanz der Mutter oder der Familie
ganz allgemein, zurückzuführen sein. Dieser Zwang ist auch teilweise in
religiösen und spirituellen Gemeinschaften anzutreffen. Das kann
unerwünschte innere Konflikte verursachen. Dabei sollte man allerdings
bedenken, dass es in Klöstern das Noviziat gibt, eine zwei bis sechsjährige
Probezeit, in der der Novize sich für oder gegen das Zölibat entscheiden
kann. Niemand wird gezwungen, Mönch, Nonne oder Priester zu werden.
Wenn du ein höheres Ziel anstrebst, dann bist du gerne bereit, freiwillig die
spirituelle Übung der Selbstkontrolle auf dich zu nehmen, um dieses Ziel zu
erreichen. Du bist gerne bereit, das Zölibat freiwillig auf dich zu nehmen.
Dann ist das Zölibat keine Frage der Unterdrückung. Wenn du mit bereitem
Herzen diese Selbstdisziplin, diese Enthaltsamkeit auf dich nimmst, dann
hat es nichts mit Unterdrückung zu tun. Niemand bat dich, es zu tun. Es
geschieht vollkommen freiwillig, auf eigenem Wunsch. Geschieht es aus

180
Bereitwilligkeit und erfolgt es mit großer Begeisterung, dann geschieht es
aus freiem Entschluss. Dann entstehen auch keine psychologischen
Probleme. Ganz das Gegenteil ist der Fall. Jedes mal, wenn du das Gefühl
hast, die Triebe besiegt zu haben, erfährst du ein inneres Hochgefühl, innere
Zufriedenheit über deine Erfolge. Du findest etwas, dass dir innere
Genugtuung und ein Gefühl des Triumphes bereitet. Dieses ist ein sehr
kreativer und positiver Prozess und keineswegs ein negativer Prozess, der
etwas mit Unterdrückung zu tun hätte. Wenn du das Zölibat also mit diesen
Augen betrachtest, wenn du dich in dieser Form dem Brahmacharya näherst,
dann ist es einfach. Es ist eine Frage des Bewahrens von sexuellen
Energien, damit sie für höhere spirituelle Zwecke verwendet werden
können, die man gerne erreichen möchte.
Diese Energie in dir, ist Teil der kosmischen Energie. Kosmische Energie,
die sich im menschlichen Individuum auf unterschiedliche Weise
ausdrücken kann. Ein sehr wichtiger Ausdruck der kosmischen Energie ist
der körperlich-biologische Aspekt. Das ist die sexuelle Energie. Ein höherer
Ausdruck ist der geistige, kulturelle und okkulte Aspekt. Geistige, kulturelle
und okkulte Energie, wird als Medhas, als geistige und intellektuelle
Leistungsfähigkeit, bezeichnet. Dann gibt es noch einen individuellen
psychischen Aspekt der kosmischen Energie. Dieses ist die Kundalini-
Shakti. Und über allem, glänzt die kosmische Energie in ihrem höchsten
Aspekt, als das Strahlen des Atman, der Seele. Denke darüber nach. Dies ist
der Same, der dein zukünftiges Handeln bestimmen sollte.

25. Brahmacharya - Ausdruck des Bewusstseins (Swami Krisnananda)


Inhaltsverzeichnis
Brahmacharya ist einer der 5 Begriffe der Yamas, der Selbstkontrolle, der
Yogaphilosophie. Brahmacharya bedeutet, die "Führung zum Absoluten".
"Brahman" ist das höchste Wesen, Gott. "Charya" ist Führung oder Leitung.
Sich wie Gott benehmen. Das kann schließlich als Brahmacharya bezeichnet
werden. Es ist für uns sehr schwer zu verstehen, da wir nicht wissen, wie
Gott sich benimmt und wie das Absolute leitet. Das Verhalten Gottes
gegenüber dem Universum und allem Sein ist Brahmacharya. Und da wir
ein Teil dieses Universums sind, kann es gesagt werden, dass wir Teil dieser
göttlichen Regel sind. Unsere Mitwirkung an dieser göttlichen Weisheit,
kann winzig klein sein, aber sie sollte zumindest dieselbe Tendenz wie die
göttliche Weisheit besitzen. Darum ist Brahmacharya ein Ausdruck des
Bewusstseins, eine individuelle Einstellung und Interpretation. Dieses sind
die wesentlichen Grundprinzipien des Brahmacharya. Und ohne diese
Grundregeln, bekommt die Bezeichnung Brahmacharya nur eine chaotische
Bedeutung, die uns nicht weiter hilft.
Im der Anu-Gita (Kommentar zur Bhagavat Gita) des Mahabharata, wird
Arjuna, nach der Instruktion durch Sri Krishna, eine ausgedehnte und
majestätische Interpretation über Brahmacharya erteilt. Die Idee hinter
dieser bedeutenden Bezeichnung Brahmacharya, übersetzt als Führung des
Absoluten, ist, dass es eine allmähliche Veränderung der Energien der
menschlichen Persönlichkeit in Richtung einer unpersönlichen Gottheit ist,
weil das Absolute oder der Brahman das höchste denkbare und existente
Unpersönliche ist. Es gibt keine äußeren Zeichen des Absoluten und darum
kann es äußerlich nicht erfahren werden. Es steht in keiner erkennbaren
Beziehung zur Welt, obwohl es mit allem in der Welt zusammenhängt. Es
kann nicht gesagt werden, dass Gott nicht mit der Welt in Verbindung steht.

181
Er steht sogar bis ins kleinste Detail mit der Welt in Verbindung. Selbst
jedes Sandkörnchen ist ein Ausdruck Gottes. Die Idee ist, dass der höchste
Geist eine universelle Beziehung zu allen Dingen hat, frei von persönlichen
oder wertenden Interessen.

25.1 Wie die sexuelle Energie vergeudet wird Inhaltsverzeichnis


Wann immer es ein Interesse auf ein Objekt oder eine Gruppe lebendiger
oder lebloser Objekte gibt, wandert unser Bewusstsein in diese Richtung.
Dabei ist es gleichgültig, ob unser Interesse in diese Richtung geht, denn
unser Bewusstsein bewegt sich dorthin. Wechselt die Aufmerksamkeit ihre
Richtung, dann bewegt sich auch das Prana, die Lebensenergie, in eine
andere Richtung. Wenn sich das Prana bewegt, bewegt sich ebenfalls die
Energie. So folgt eins dem anderen. Unser mentales Interesse an einer
bestimmten Richtung zieht die Energie des Prana in dieselbe Richtung.
Unsere Neugierde zieht die Macht des Pranas in dieselbe Richtung, und
dadurch wird sie, wie eine elektrische Entladung vergeudet. Jedes
psychologische Interesse in eine bestimmte Richtung, leitet die Energie
genau in diesen Kanal der Aufmerksamkeit. Das psychologische oder
emotionale Interesse zeichnet sich dadurch aus, dass ein Teil der Energie,
wenn nicht vielleicht sogar die gesamte Energie, in das Zentrum der
Aufmerksamkeit gelenkt wird, auf das sich die Aufmerksamkeit
konzentriert. Darum hören wir auf, wir selbst zu sein, wenn wir etwas
bewundern, etwas lieben oder von irgend etwas angezogen werden.
Manchmal, wenn wir uns beispielsweise bei der Betrachtung eines
Gemäldes oder beim Lesen eines Buches vollkommen versenken, verlieren
wir uns gänzlich. Dieses kann geschehen, wenn wir ein Bild betrachten, eine
schöne Landschaft genießen oder eine erhabene Literatur lesen.
Es macht keinen Unterschied, ob der Gegenstand ideell, sichtbar oder
hörbar ist. Die Energie wird immer in Richtung unserer Aufmerksamkeit
gelenkt. Wenn wir einem entzückenden Lied lauschen, wird unser Sein
vollkommen durch die Stimme oder die Melodie aufgesogen. Wenn wir ein
schönes Kunstwerk, eine Landschaft, ein Gemälde, oder ein anderes Objekt
betrachten, richtet sich unser ganzes Bewusstsein darauf. Das gleiche
geschieht, wenn wir ein fesselndes Buch lesen. In allen diesen Prozessen der
sinnlichen oder intellektuellen Absorption, findet eine Kanalisierung der
Energie statt. Solange wir nicht unser Selbst in diese äußeren Objekte
verlieren, bleiben wir uns selber treu. Andernfalls hören wir von einem
bestimmten Prozentsatz auf, wir selbst zu sein und zu jemand anderem zu
werden. Wenn man nicht mehr seiner selbst ist und zu jemand anderem
wird, dann gibt man sein Selbst auf. So identifiziert sich der Mensch mit
dem Gegenstand seiner Aufmerksamkeit. Das Subjekt wird zum Objekt und
übernimmt als solches, dessen geistige Interessen. Dieses sollte nicht
geschehen, hält Patanjali, der Autor der Raja Yoga Sutras, für wesentlich.
Wenn dieses geschieht, dann wird die Energie, die für die Meditation
benötigt wird, vergeudet. Im selben Umfang, verlieren wir an innerer
Stärke.
Der launische, unruhige Geist und die sprunghaften Gefühle, über die wir
häufig klagen, sind dem Energieverlust zuzuschreiben. Es ist genauso, als
würde "Mutter Ganges" in ihrer Wellenbewegung mächtig tosend
aufschäumen, und nicht wie ein ruhiges klares Gewässer dahingleiten.
Wenn unsere Energien in Aufruhr sind, fühlen wir dieses im Geist. Unser
ganzes System ist in Unruhe, und wir möchten uns wieder davon befreien.

182
Genauso wie Milch durch Schütteln langsam zu Quark wird, so verwandelt
sich das Subjekt (der Mensch, sein Verstand) zum Objekt. Und jede Art von
Liebe ist nichts weiter als die graduierte Umwandlung des Subjekts in ein
Objekt, egal ob dieses Objekt wahrnehmbar oder bloß eine Idee ist. Allein
der Gedanke an das Objekt stört den Geist. Dieses wird auch in einem
berühmten Abschnitt von Bhishma im Shanti Parva des Mahabharata
erwähnt. Wie wir bereits früher bemerkt haben, geschieht das Denken an
einen Gegenstand, auf zweierlei Arten, die als Klishta Vritti (Vritti =
Gedanken) und Aklishta Vritti von Patanjali benannt werden. Klishta nennt
man das, was Schmerzen bereitet; Aklishta nennt man das, was keine
Schmerzen bereitet. Die Bedeutung des Wortes Klishta ist Schmerz, Leid,
Sorge. Unter Klishta Vrittis versteht man Bewegungen, die einem jeden Tag
unaufhörlich Sorgen bereiten, und Aklishta Vrittis hingegen sind
Bewegungen des Geistes, die nicht unmittelbar einen Schmerz verursachen,
sondern vielmehr wie eine chronische Krankheit wirken.
Es besteht ein eindeutiger Unterschied zwischen einer akuten und einer
chronischen Erkrankung. Eine akute Erkrankung befällt jemanden
urplötzlich und verursacht heftige Schmerzen bzw. hohes Fieber,
wohingegen eine chronische Erkrankung, sich wie ein Ekzem verhält, das
den Menschen andauernd ärgert. Doch der Mensch beachtet es nicht, denn
er hat sich daran gewöhnt. Unter Verstopfung, Ekzemen und anderen
Erkrankungen leiden viele Menschen. Und doch sind es die akuten
Erkrankungen, wie Fieber oder plötzlich auftretende Kopfschmerzen, die
sofortiger Behandlung bedürfen, weil sie hochgradig qualvoll sind. Genauso
verhält es sich bei akuten und chronischen psychologischen Problemen, den
Klishta Vrittis beziehungsweise den Aklishta Vrittis. Wir können an ein
Objekt durch Aklishta Vrittis (schmerzfrei) oder durch Klishta Vrittis (von
akuten Schmerzen begleitet) denken. Wenn ihr euch im Wald einen Baum
anschaut, wird der Baum in eurem Geist geformt. Es entsteht im Verstand
ein Aklishta Vritti, ein schmerzfreies Abbild des Baumes. Man empfindet
durch die Betrachtung des Baumes keine innere Erregung. Es findet eine
Veränderung im Verstand statt, weil der Verstand selbst die Form des
Baums annimmt, den wir erblicken. Aber die Betrachtung des Baumes,
berührt unser Gefühl nicht unangenehm. Er nimmt unsere Aufmerksamkeit
nicht allzu sehr in Anspruch. Wir werden uns nur dieses Baumes bewusst.
Unser Geist wird nur insoweit transformiert, wie wir uns des äußeren
Objektes bewusst werden; der Geist hat für den Augenblick der
Wahrnehmung, aufgehört er selbst zu sein, obgleich dieser Zustand keinerlei
Sorgen bereitet. Der Baum hat uns weder angezogen noch abgestoßen. Aber
wenn wir eine Kobra mit ihrem gespreizten Nackenschild sehen, dann ist
die Veränderung des Verstandes in diesem Moment nicht nur Aklishta, es
ist kein beschauliches Betrachten eines Objektes ohne emotionale
Beteiligung. Unsere Gefühle reagieren beim Anblick einer Schlange heftig.
Aber sie reagieren nicht in gleicher Weise, wenn wir einen Baum oder einen
Berg betrachten. Genau so, wie es beim Anblick einer Kobra zu einer ganz
bestimmten emotionalen Reaktion kommt, kommt es zu einer ähnlich
intensiven emotionalen Reaktion, wenn wir Dinge betrachten, die unserer
Meinung nach, in hohem Grade wertvoll sind. Das kann eine Schatzkiste
sein oder etwas anderes, das wir als wertvoll empfinden. So wird alles, was
wir mögen oder nicht mögen, durch die Eindrücke, die diese Dinge im
Verstand hervorrufen, bestimmt. Eine Sache, die uns nicht besonders
interessiert, hinterlässt Aklishta Vritti (keine Schmerzen) im Verstand. Das
Ziel des Yoga sollte sein, beide Vrittis (Gedanken), Klishta und Aklishta, zu
überwinden.

183
Die Objekte sprechen eine Sprache, die wir nur auf unsere individuelle
Weise verstehen. Wenn die Objekte in unseren Geist kommen, erhalten sie
eine bestimmte Bedeutung; und jeder Einzelne von uns hat seine
individuelle Lesart. Jedes Objekt singt sein Lied, und wir lauschen der
Musik; doch die Auslegung der Bedeutung ist von Mensch zu Mensch
verschieden. Derselbe Begriff führt bei den Menschen aufgrund der
individuellen Assoziationen zu unterschiedlichen Interpretationen. Alle
Objekte in der Welt sprechen zu uns in einer psychologischen Sprache oder
mit einer philosophischen Bedeutsamkeit. Doch die Assoziation ruft bei
allen Menschen unterschiedliche Reaktionen hervor. Diese individuelle
Interpretation, als Antwort auf den allgemeinen Aufruf der Objekte, sind
seine Liebe oder sein Hass. Die Objekte haben jedoch keinerlei Absicht,
geliebt oder gehasst zu werden, sondern sie existieren ebenso wie wir.
Äußeren Dingen gegenüber entwickeln wir Liebe und Hass. Wir können
diese Logik ebenfalls auf andere Menschen ausdehnen. Wenn wir also die
Dinge unparteiisch beurteilen, bleiben Liebe und Hass außen vor. Sie sind
nicht Teil der Natur, denn sie kommen dort nicht vor. Doch wir selbst haben
nur Lieben und Hassen im Kopf! Wir sind in dieses tumulthafte Chaos oder
dieses Protestgeschrei der Sinne bezüglich Mögen und Ablehnen verwickelt.

25.2 Brahmacharya und Brahma-Verwirklichung Inhaltsverzeichnis


Allgemein versteht man unter Brahmacharya, im Zölibat zu leben. Doch
dieses ist eine armselige übersetzung des Wortes und ebenso falsch
verstanden. Unter Zölibat versteht man, dass man nicht heiraten darf und
wir assoziieren damit, dass Yoga Brahmacharya oder Enthaltsamkeit
erfordert. Doch nichts dergleichen ist Brahmacharya. Es ist weder
Ehelosigkeit noch ist es Zölibat in seiner heutigen Bedeutung. Jemand, der
nicht verheiratet ist, muss nicht zwangsläufig ein Brahmacharin sein und
umgekehrt. Wir müssen sehr sorgfältig die Absicht hinter dieser Anweisung
und nicht bloß den gesellschaftlichen Sprachgebrauch beachten. Die Absicht
liegt in der Konservierung von Energie und darin, die eigene Persönlichkeit
vollkommen in Richtung auf das große Ziel - das universale Bewusstsein -
auszurichten. Die Energie des menschlichen Systems ist für jede Art von
Konzentration erforderlich, und nicht nur zur Gottverwirklichung. Wir
brauchen beispielsweise Energie, um ein mathematisches Problem zu lösen,
eine Brücke zu bauen oder die Bausteine der Natur im Labor zu
untersuchen.
Selbst ein Drahtseilakt erfordert Konzentration. Immer dort, wo es gilt den
Atem anzuhalten und sich zu konzentrieren, ist viel Energie erforderlich.
Eine zwei Fuß breite Brücke ohne Geländer über einen Abgrund lässt uns
den Atem anhalten und ausschließlich an diese Gefahrenstelle denken.
Sicherlich denken wir in einer solchen Situation an nichts anderes. Genauso
erfordert das große ideelle Yoga unsere ganze Aufmerksamkeit,
Konzentration und vollkommene Hingabe mit unserem ganzen Wesen.
Dieses, so heißt es im Yoga, kann nicht geschehen, wenn andere Interessen
vorherrschen. Wenn Brahmacharya nicht ausgeübt wird, bedeutet dies, dass
andere Interessen als Yoga vorliegen. Es kann sich bei den ablenkenden
Objekten um alles mögliche handeln. Wenn irgend etwas anderes unsere
Aufmerksamkeit ablenkt, verschwenden wir unsere Energie. Jede Art von
Energieschwächung, die durch irgendein Objekt oder Ereignis
hervorgerufen wurde, bedeutet ein Bruch im Brahmacharya. Ein
Wutausbruch ist ein Bruch im Brahmacharya, obwohl niemand daran denkt.

184
Niemand verdammt einen Menschen, weil er wütend ist.
Wir mögen glauben, dass jemand aufgrund seines Wutausbruches ein
wundervoller Mensch sei, doch in Wahrheit hat er im Brahmacharya
vollkommen versagt. Er ist völlig zusammengebrochen. Da die meisten
Menschen traditionsbewusst sind, folgen sie den gesellschaftlichen
Traditionen und Gewohnheiten, und glauben, dass Religionen nichts weiter
sind, als etwas, was die Gesellschaft erlaubt. Doch dies ist nicht richtig.
Religion ist nicht bloß etwas, was eine hinduistische oder christliche
Organisation fordert. Es hat damit überhaupt nichts zu tun. Das, was das
Universum als Respekt von uns erwartet, ist die große Religion der
Menschheit, die Religion Gottes oder die Religion des Universums.
Niemand wird uns retten, bloß weil wir in den Augen der Menschen religiös
sind. In diesem Fall können wir mit all unseren Religionen getrost vor die
Hunde gehen. Was hilft uns, was führt uns, was wird uns an die Hand
nehmen und auf dem Pfad des großen Gesetzes führen, dem wir in der Art
und Weise gehorchen, wie es von uns unter den Bedingungen unserer
Beziehungen zu allem im Universum erwartet wird? Darum müssen wir
jegliche Möglichkeit nutzen, unsere Energie - ohne jede Ablenkung - zu
konservieren.

25.3 Das Individuum - Ein Zentrum des Drucks Inhaltsverzeichnis


Die Philosophen, die Mystiker, die Heiligen und Weisen haben eine
sorgfältige Analyse der Energien des menschlichen Geistes, dem psycho-
physikalischen Organismus als Ganzes, durchgeführt. Es scheint so, dass
wir Zentren des Drucks oder Stresses sind. Jedes Individuum stellt ein
solches Zentrum des Drucks oder Stresses dar, dem jeder, mit den
Umständen entsprechenden geeigneten Mitteln, zu entkommen sucht. Doch
das Verständnis darüber, wie dieser Stress überwunden werden könnte,
hängt von der persönlichen Entwicklungsstufe ab. Jeder weiß, dass Stress
und Spannung nicht gut sind, doch nicht alle wissen, wie man sich davon
befreien kann, weil die kausalen Zusammenhänge nicht richtig verstanden
oder analysiert werden. Wir wissen vielleicht, dass wir krank sind, doch wir
wissen nicht, warum wir krank sind. Und solange wir die Krankheit nicht
kennen, die hinter dem psychologischen Stress, der Spannung, der Störung,
dem Mögen oder der Ablehnung stecken, können wir nicht wissen, wie wir
damit richtig umgehen sollen. Die sogenannten Wünsche sind der äußere
Ausdruck der Persönlichkeit, um sich von Stress und Spannung zu befreien.
Wir sind von Kindheit an, bis hin zum Jüngsten Gericht, andauernd in
einem Zustand des mentalen Stresses und nervöser Spannung, und das
ganze Leben lang versuchen wir einen Ausweg zu finden und uns, mit
unserer gedanklich von uns selbst entwickelten Methode, davon zu befreien.
Dieser Weg der persönlichen Befreiung, wird als "Ausdruck der Wünsche"
bezeichnet. Wünschen ist die Methode, mit der wir uns von Spannungen
und Nervosität befreien wollen. Auf diese Weise versucht jeder, sich mit
seiner eigenen Methode von seinen Spannungen, - entsprechend seines
Verständnisses - zu befreien. Doch meistens führen diese Wege in die
falsche Richtung. Aufgrund von Unwissenheit erhöhen sich die
Spannungen, weil der Grund nicht erkannt wird.

185
25.4 Stress und Spannung - Ursache und Heilung Inhaltsverzeichnis
Stress und Spannungen stellen sich aufgrund der Trennung des Einzelnen
von der Natur ein. Die Welt hat uns ins Exil geschickt. Wir wurden aus dem
Reich der Natur, wie unerwünschte Kinder, entfernt. Unser innerer Wunsch
ist letztendlich, uns selbst mit der Natur, die unsere Mutter ist, zu vereinen.
Die Zuflucht, nach der wir als Erleichterung von Stress und Spannungen
suchen, ist letztendlich nichts weiter, als der Wunsch wieder mit unseren
Eltern vereinigt zu werden, von denen wir getrennt oder isoliert wurden.
Unser Wunsch ist es, alles zu besitzen. Und diesen Wunsch nennt man
Liebe. Mit Liebe ist in dieser Welt der Wunsch nach Besitz verbunden, und
dieses Besitzen wird als Instrument betrachtet, was Stress und Spannungen
überwinden soll. Ob wir die Situation richtig interpretieren, steht auf einem
anderen Blatt. Doch geringfügiges Kratzen an einem Ekzem gibt dem
Leidenden ein wenig Entlastung, wobei er die Spannungen und den Stress
für kurze Zeit in dem Glauben vergisst, als hätte er sich von dem Leiden
befreit. Wenn uns ein größerer Schlag trifft, werden die kleineren Übel
einfach vergessen. Angenommen, wir haben ein paar Probleme, und wir
denken über sie nach. Dann strömen größere Problem auf uns ein, und wir
vergessen darüber die kleineren Übel. All unsere Schmerzen, Sorgen und
Nöte sind in dem Augenblick vergessen, wo wir plötzlich in einem Fluss zu
ertrinken drohen. Dann vergessen wir alles Klagen. Alles scheint in
Ordnung zu sein, wenn wir doch bloß vor dem Ertrinken bewahrt werden.
Dieses Problem hat eine weit höhere Priorität als alle anderen Probleme des
Lebens. So verhält es sich mit dem Erfüllen unserer Wünsche, wenn wir mit
den Dingen in Berührung kommen.

25.5 Durch die Sinne droht Verwüstung Inhaltsverzeichnis


In einer der Sutras von Patanjali heißt es, dass es durch Berührung der
Dinge mit den Sinnen nicht möglich ist, Spannungen, die durch Wünsche
verursacht wurden, aufzulösen, denn Wünsche können durch keinerlei
Berührung der Sinne beseitigt werden. Das ist die ganze Wahrheit, obwohl
es so scheint, dass die Sinne uns Glauben machen wollen, dass unsere
Spannungen durch die Berührung mit verschiedenen Dingen in dieser Welt
gelöst würden. Wir bitten nicht um die Dinge. Niemand möchte letztendlich
irgend etwas in dieser Welt, obwohl es so aussieht. Die Situation wird durch
unsere Sinne falsch interpretiert, indem wir unser Sehnen nach Vereinigung
mit allen Dingen als etwas äußerliches ansehen. Alle Liebe, alles Wünschen,
sind das Verlangen nach Vereinigung mit den Dingen. Während es unser
innigster Wunsch ist, mit allen Dingen in Einklang zu kommen, mit der
ganzen Natur EINS zu sein, wird dieser Impuls durch die Macht der Sinne
nach außen in Richtung auf "Raum und Zeit" gerichtet. Worin liegt das
Ergebnis? Das Verlangen in eine bestimmte Richtung nimmt aufgrund der
Reflexion der Sinne eine andere Gestalt an.
Obwohl unser Gesicht mit dem Körper verbunden ist, sieht es
spiegelbildlich so aus, als wäre es außerhalb von uns. Doch erscheint es nur
im Spiegelbild so. Der Fehler wird durch den Spiegel verursacht. Wenn
unsere Liebe, Vorlieben, Gefühle und Wünsche in den Schlamm der Sinne
geworfen werden, findet eine ähnliche Katastrophe statt. Die Sinne haben
nämlich nur eine Aufgabe, alles nach außen zu tragen. Auf diese Weise
werden unsere Wünsche nach außen befördert, obwohl dieses Wünschen
etwas völlig anderes betrifft. Das ist die Ursache, warum wir nicht zufrieden
sind, und egal welches Objekt vor uns erscheint, wir sind letztendlich immer

186
unzufrieden. Welchen Besitz wir unser Eigen nennen, er befriedigt uns
nicht, denn unsere Fragestellung betrifft etwas ganz Bestimmtes. Doch wir
erhalten durch die Umtriebe unserer Sinne etwas völlig anderes. Sehr
fremdartig ist das Phänomen, wenn der Geist sich selbst ausdehnt, sich bei
dieser eigenen vorübergehenden Aktivität mit den Aktivitäten der Sinne
verbindet, und seine eigenen Wünsche, die er verloren hat, anscheinend für
jene Wünsche nach äußeren Dingen hält. Dieses ist eine sehr bedeutsame
Situation, in der sich jeder befindet, - etwas, was sich immer der eigenen
Aufmerksamkeit entzieht, ein sehr gefährlicher Zustand, über den man nicht
viele Worte verlieren muss. Und man braucht auch nicht immer wieder zu
erwähnen, dass der Weg unserer Wunscherfüllung nicht richtig ist.
Zum einen ist da der grundlegende Fehler im Verhalten unseres Geistes in
der Erfüllung äußerlicher Wunschvorstellungen. Zum anderen liegt der
Fehler in seiner nach außen gerichteten Bewegung, wobei er seine Energie
verliert, was ihn schwächt. Wenn das Selbst zum Nicht-Selbst wird, dann
wird es körperlich und führt zum Tode. Auf diese Weise wird der Mensch
zum Schwächling und verliert alle Kräfte. Er hat weder körperliche noch
mentale Kräfte. Je mehr unerfüllte Wünsche er hat, desto schwächer wird
sein Körper und Geist. Er kann sich nicht einmal mehr bewegen, nichts
essen, nicht denken und verliert sein Gedächtnis. Dies geschieht, wenn man
zu viele unerfüllte Wünsche hat. Doch, was sollte man unter solchen
Umständen tun?

25.6 Wünschen - ein metaphysisches Übel Inhaltsverzeichnis


Da wir als Yogaschüler an dem aufrichtigen Wohlergehen unserer Seelen
interessiert sind, müssen wir in der Lage sein zu erkennen, was wirklich mit
uns geschehen ist. Wir sollten uns nicht wie die Wollsammler bei einer
Schafherde oder im Namen von Religion oder Spiritualität wie in einem
Narrenhaus aufführen. Keine zur Schau getragene rituelle Handlung, auch
nicht im Namen einer Religion, ist letztendlich in der Lage, uns zu retten,
weil dieses Übel des Wünschens, ein metaphysisches Übel und kein
gesellschaftliches oder körperliches Übel ist. Es ist ein metaphysisches
Übel, wie die Philosophen es bezeichnen. Es ist eine kosmische
Katastrophe, und darum erfordert es all unsere analytischen Fähigkeiten, um
herauszufinden, was mit uns geschah, und zu erkennen, wie wir uns
schrittweise von diesem Impuls befreien können, der uns in Richtung der
Sinnesobjekte treibt und dabei aus uns selbst herauszieht. Dieses Entwöhnen
von den Objekten geht nur sehr langsam vonstatten. Doch das Erfüllen von
Wünschen wird besonders in der indischen Religion nicht verdammt,
obwohl es klar ist, dass das Wünschen früher oder später vollkommen
ausgemerzt werden muss; weil diese Wünsche Bindungen darstellen, die die
Seele an den Körper und dessen physische Assoziationen bindet.
Das große lebendige Sozialsystem und die persönliche Lebendigkeit, wie es
in Indien eingepflanzt ist, und auch von Philosophen anderer Länder
akzeptiert wird, ist als das Varnashrama-System (das Konzept der 4
Lebensstadien) (die vier Lebensstadien: 1. Schüler - 2. Ehepaar - 3.
Waldeinsiedler - 4. Sanyasin (Mönch)) bekannt, eine hoch wissenschaftliche
Analyse des menschlichen Daseins, sowie dessen Wünsche und
Erfordernisse zu unterschiedlichen Zeiten. Wir haben verschiedene
Bedürfnisse, obwohl man alle Bedürfnisse als Wünsche bezeichnen und
letztendlich als nicht wünschenswerte Dinge ansehen kann. Doch, wenn sie
für die Sinne und den Geist als etwas Wirkliches existieren, und nicht

187
weniger real als unsere Körper sind, müssen wir sie mit größter Vorsicht
angreifen. Wir müssen sie als genauso realistisch betrachten wie uns selbst.
Die Objekte sind ebenso wirklich wie unwirklich, so wie wir selbst sind.
Insoweit wie wir real sind, sind die Dinge, die mit uns verbunden sind,
ebenso real und umgekehrt. Subjekt und Objekt entwickeln sich
gleichermaßen. Die Entwicklung ist nicht ausschließlich individuell und
subjektiv. Auf diese Weise ist das Varnashrama-System eine systematische
Prozedur uns selbst den Umständen entsprechend, gesellschaftlich
(horizontal) und in unserer eigenen Persönlichkeit (vertikal) anzuordnen und
anzunehmen. Die horizontale Anordnung ist Varna (4 Kasten):
• Brahmanen (Priester, Gelehrter)
• Kshatriya (König, Prinz, Krieger, höherer Beamter)
• Vaishya (Landwirt, Kaufmann, Händler)
• Shudra (Knecht, Dienstleistender)
Die vertikale Anordnung Ashrama (4 Lebensstadien)
• Brahmacharya - Schüler, Enthaltsamkeit ist Pflicht
• Grihastha - Eheleute, Sexualität zur Kinderzeugung erlaubt
• Vanapratha - man bereitet sich auf die Zeit als Mönch vor
• Sannyasin - Mönch, man trennt sich von der Frau und lebt allein im
Wald
Wir müssen die Gesellschaft durch unsere Beziehung zu den Menschen
vervollkommnen, und wir müssen in uns selbst, durch eine annehmbare
harmonische Ausrichtung der verschiedenen Ebenen unserer Persönlichkeit,
vervollkommnen. Solch eine Ausrichtung wird durch folgende große
Grundlagen des Varna (4 Kasten) und des Ashrama (4 Lebensstadien)
erreicht.

25.7 Befreiung aus der Umklammerung der Natur Inhaltsverzeichnis


Die Menschen glauben im allgemeinen, daß Varna soviel wie Kaste
bedeutet, doch das ist nicht richtig. Im eigentlichen Sinne wird die
Klassifizierung der Gesellschaft als Varna-Dharma bezeichnet. Varna ist der
falsche Name und die falsche Interpretation für den Begriff "Kaste".
Niemand ist vollkommen, und darum ist niemand, der nicht mit anderen
kooperiert, mit sich selbst zufrieden. Der Mensch befindet sich inmitten von
anderen Dingen, wie Intellekt, Willen, Gefühlen und Energien. Einige
Menschen verfügen über enorme physische Reserven, doch sind es
armselige Intelligenzen. Andere Menschen sind wiederum intellektuelle
Genies, doch körperlich schwach. Die anderen beiden Aspekte, d.h. Gefühl
und Willen, sind unter den Menschen ebenfalls ungleichmäßig verteilt.
Insoweit, wie die Absicht im Wohlergehen der Menschheit liegt, gibt es eine
allgemeine Solidarität, denn es ist notwendig, unsere Annehmlichkeiten
untereinander zu teilen. Diese Annehmlichkeiten müssen nicht unbedingt
gegenständlicher, sondern können auch von psychischer Natur sein. Wenn
jemand intelligent ist und spirituellen Scharfsinn hat, was für das
Wohlergehen der Bevölkerung notwendig ist, doch keine anderen
Fähigkeiten hat, wird er sein Wissen, seine Weisheit und richtungsweisende
Intelligenz mit anderen, die diese Fähigkeiten nicht haben, teilen. Diese
gegenseitige Zusammenarbeit in der Gesellschaft bezüglich Spiritualität,
Administration, Wirtschaft und Handwerk bildet das Wesen des
Varnasystems, des Kastensystems.
Die Klassifizierung in Brahmanen (Priester und Gelehrte), Kshatriyas

188
(König, Prinz, Krieger, höherer Beamter), Vaisyas (Landwirt, Kaufmann,
Händler) und Sudras (Knecht, Dienstleistender) ist keine Einordnung der
Menschen in Nieder- und Höherwertige, wie Bosse und Untergebene,
sondern es ist eine Klassifizierung in die Funktionsfähigkeit des Einzelnen
entsprechend seinem Wissen und seiner Fähigkeiten, mit der ehrenwerten
Absicht und zum Zweck einer vollkommenen, zusammenarbeitenden
Organisation der Menschheit. Dieses ist ein Weg, auf der Welt glücklich zu
werden, sonst werden wir uns immer in einem elenden Zustand befinden.
Unsere Wünsche werden auf diese Weise klassifiziert, und sie geben so,
durch eine beiderseitige horizontale Kooperation, Gelegenheit zu einer
entsprechenden Zufriedenheit. Es gibt noch die andere, vertikale Seite, was
als Subjekt - Ashrama-Dharma - oder die Pflichten bekannt ist, die mit den
verschiedenen Ashramas oder den Stufen des Lebens verbunden sind. Wir
haben nicht nur das Kastensystem, sondern auch die Bedeutung der 4
Lebensstadien missverstanden. So, wie wir die Klassifizierung des Varna als
Kastenstufen verdammt haben, so haben wir auch die Klassifizierung der
eigenen Lebensstufen, den Weg des Ashrama, durch eine Art von leblosen
religiösen Routinen ersetzt. Weder Varna noch Ashrama sind Routinen.
Varnashrama ist so wohl eine Einteilung in innere, als auch äußere
Lebensabschnitte. äußerliche Lebensabschnitte werden als Varna und
innerliche als Ashrama bezeichnet.
Die Idee dahinter ist, den Erfordernissen des Menschen, auf eine bestimmte
Art zu dem Zweck gerecht zu werden, alle Begrenzungen mit dem Ziel der
Befreiung des Geistes zu überschreiten. Was für eine ehrenwerte
psychologische Organisation dieses Varnashrama ist! Kein einziger Punkt in
dieser Klassifikation ist unwichtig, denn die Natur packt uns mit einem
derartig festen Griff am Hals, dass wir uns selbst nicht ohne die Hilfe von
Varnashrama-Dharma aus dieser Umklammerung befreien können. Wir sind
förmlich durch die Natur, gesellschaftlich, körperlich, psychologisch,
rational und sogar spirituell gefangen. Darum müssen wir uns selbst durch
schrittweises Zurückziehen von der Natur aus dieser Umklammerung
befreien, so als würden wir alle Knoten nacheinander lösen.
Wenn wir einen Strick dutzendweise verknoten, und wir wollen diesen
Knoten anschließend wieder auflösen, fangen wir nicht mit dem innersten,
sondern mit den äußersten Knoten an. Der äußerste Knoten muss zuerst,
dann der vorhergehende usw. gelöst werden, bis der erste erreicht ist.
ähnlich verhält es sich im spirituellen Leben, wo das erste Problem zuletzt
behandelt werden muss, denn dieses Problem ist feiner und den Dingen viel
näher als das letzte Problem, was in der Entwicklung von der Ursache viel
weiter entfernt ist. Die Auswirkungen müssen zuerst betrachtet werden, und
die Ursachen wesentlich später. Darum bereiten diese Organisationssysteme
des Varna und Ashrama jedem Menschen innerlich und äußerlich viel
Freude, wenn aufgrund der individuellen, gesellschaftlichen, körperlichen,
lebensnotwendigen, emotionalen und intellektuellen Bedürfnisse usw., die
verschiedenen Knoten der Verwicklungen im Leben aufgelöst werden.
Ein solch weites Feld ist mit dieser kleinen Angelegenheit Brahmacharya
verbunden, durch dessen Praxis wir nicht nur unsere Lebensführung und
unsere Einbindung in die Gesellschaft beeinflussen, sondern uns in einen
Zustand der Stärke versetzen, wobei wir auf die Dinge so eingestellt sind,
dass wir unsere Energie nicht in alle Richtungen verschwenden, sondern auf
eine gewisse Weise unterstützt werden, so dass es keinen Grund gibt, unsere
Energien an äußerlichem zur Erfüllung von Wünschen zu vergeuden.
Wünsche müssen sowohl erfüllt wie auch nicht erfüllt werden. Beide

189
Aussagen sind richtig. Doch die Aussagen müssen in ihrer wahren
Bedeutung verstanden werden. Hunger muss beispielsweise gestillt werden,
obwohl Hunger eine Krankheit des Körpers ist, obwohl es das Tier im
lebenswichtigen Körper des Menschen ist, das jeden zwingt, sich seines
Körpers immer wieder zu erinnern. Kann es irgend etwas Schlimmeres
geben, als das Gefühl, ein Gefangener seines Körpers zu sein? Man mag im
Gefängnis eingesperrt sein, doch warum muss man tagtäglich daran erinnert
werden? Doch genau dies ist es, was der Hunger tut. Andauernd erinnert
Hunger an das Körperbewusstsein. Solch eine üble Angelegenheit ist das
Hungergefühl, doch wie kann man sich davon befreien?
Indem man den Bedürfnissen des Körpers nachkommt, während man
gleichzeitig größte Vorsicht walten lässt. Darum ziehen wir uns warm an,
wenn es kalt ist; wir gehen schlafen, wenn wir müde sind; wir essen, wenn
wir hungrig sind. Wir gehen spazieren und machen viele andere Dinge. All
diese Dinge sind so weit vom Ziel des Lebens entfernt, und doch sind sie
notwendig. Wir können sie als notwendiges Übel bezeichnen. Es sind ohne
Zweifel Übel, doch sind sie notwendig. Darum müssen sie zufriedengestellt
werden, selbst wenn wir uns zu diesem Zweck vom Absoluten trennen. Die
Absicht hinter der grundlegenden und schrittweisen Praxis von Varna und
Ashrama ist nicht die Wunscherfüllung als schlechte Angewohnheit, doch
ihre schrittweise, wissenschaftliche, systematische und vorsichtige
Erfüllung in einem Maße, wie sie den Umständen entsprechend zulässig ist,
um sich letztendlich selbst davon zu befreien. Darum essen wir nicht, weil
wir essen wollen, sondern weil es notwendig ist, um eine Stufe zu erreichen,
wo Essen nicht mehr notwendig ist. Dafür ist ein Hintergrundwissen über
die Psychologie der Grundlagen von Yamas notwendig, und ein klares
Verständnis dieses Hintergrundes wird uns helfen, diese Grundlagen besser
zu praktizieren.
Anmerkung des Übersetzers: Mir ist die Einstellung, die Swami
Krishnananda zu den Kasten hat, etwas zu unkritisch. Darum möchte ich auf
das Buch Die Bhagavad Gita und Yoga hinweisen, das sich etwas kritischer
mit dem Kastenwesen auseinander setzt.. Ende Anmerkung Übersetzer.

26. Geburtenkontrolle Inhaltsverzeichnis


26.1 Anweisungen für Familienväter Inhaltsverzeichnis
Eine strenge Regelung des sexuellen Lebens und absolute Gewaltlosigkeit
sind notwendig, wenn du Fortschritte auf dem spirituellen Weg machen
möchtest. Wenn du empfängnisverhütende Mittel benutzt, lernst du niemals
Selbstbeherrschung zu üben. Wer empfängnisverhütende Mittel benutzt, ist
ein unmoralischer Mensch. Lerne die Tugend der Selbstbeherrschung. Der
Gebrauch von Verhütungsmitteln kann deine Energie schwächen. Es
schwächt alle Zurückhaltungen. Es gibt einen engen Zusammenhang
zwischen dem sexuellen Verlangen und der Kontrolle des Gaumens. Der,
der den Gaumen kontrolliert, kontrolliert auch alle anderen Organe. Reine
(sattvische) Nahrung, macht die Praxis des Brahmacharya einfach.
Keuschheit ist nicht schädlich. Andererseits bewahrt es die Nervenstärke. Es
gibt große Geistesstärke und Frieden des Verstandes. Sexuelle
Nachgiebigkeit führt zu moralischem und spirituellem Bankrott, zu
vorzeitigem Tod, nervöser Schwäche und Verlust der Fähigkeiten, der
Talente und des Leistungsvermögens. Das indische Gesetzbuch der Manu,
das als ein von den Weisen gehörter Text gilt, sagt: "Das erstgeborene Kind
wird vom Dharma, die anderen Kinder vom Karma, von der Sinneslust,

190
gezeugt. Der sexuelle Akt allein zum Vergnügen ist nicht vertretbar."
Sinnliche Leidenschaft ist keine wirkliche Liebe. Es ist nur eine
Verblendung, die von der Unwissenheit getragen wird. Du tust gottlose
Handlungen und tötest deine Seele wegen deiner Leidenschaften.
Anmerkung des Übersetzers: Swami Sivananda schrieb dieses Buch 1934.
Für die damalige Zeit mögen diese Aussagen vielleicht ihre Richtigkeit
gehabt haben. Es wäre natürlich schön, wenn jeder so viel Disziplin hätte,
das Brahmacharya zu beachten. Aber die Realität sieht leider anders aus.
Sieht man sich besonders die Sexualpraktiken in den ärmeren Ländern der
Welt an, so ist es häufig der ärmere Teil der Bevölkerung, darunter
besonders viele junge Mütter, die gerade eben der Pubertät entwachsen sind,
die Kinder gebären. So werden immer wieder neue Kinder in die Armut
hineingeboren. Von diesen jungen Müttern zu erwarten, sie würden das
Brahmacharya praktizieren, wäre unrealistisch. Vielfach wird die sexuelle
Handlung aus einer finanziellen Not heraus geboren. Diese jungen Frauen,
eigentlich noch Kinder, verkaufen ihren Körper, damit die Familie
überleben kann. Für Verhütungsmittel ist weder das Geld, noch das
Bewusstsein vorhanden. Außerdem gab es 1934 noch keine Anzeichen der
Krankheit Aids. Sie ist ein weiterer Grund, nicht auf Verhütungsmittel zu
verzichten, da alle Menschen davon bedroht werden können. Wenn jemand
bewusst Brahmacharya praktiziert, dann ist er natürlich nicht diesen
Gefahren ausgesetzt. Aber wir sollten erkennen, dass das Bewusstsein des
Brahmacharya vielfach nicht vorhanden ist und erst geweckt werden muss.
Ende der Anmerkung.

26.2 Die Bevölkerungsentwicklung sollte kontrolliert werden


Inhaltsverzeichnis
Wer in der Welt ernährt alle die Millionen von Menschen? Trotz der
modernen landwirtschaftlichen Methoden und einer teilweisen
Übererzeugung von landwirtschaftlichen Produkten, war es bisher nicht
unmöglich, eine Balance zwischen der Nahrungsmittelproduktion und der
Bevölkerungszunahme zu halten. Darum muss das Bevölkerungswachstum
beschränkt werden, wenn der Lebensstandart der Menschen nicht gesenkt
werden soll. Wird dieses nicht getan, dann kommt es zu Hungersnöten und
zum Zerfall der Moral. Spezielle Agenturen der "Vereinten Nationen" sind
damit beschäftigt, langfristige Lösungen dafür zu entwickeln. Die
Kommission für Bevölkerung und Entwicklung der Vereinten Nationen hat
sich an die Arbeit gemacht. Sie wird dabei vom Wirtschaftsrat für Asien und
dem Fernen Osten unterstützt. Kein Zweifel, prinzipiell ist es sinnvoll, das
Bevölkerungswachstum zu beschränken. Aber wie? Durch die
fortschrittlichen Methoden der Familienplanung. Was aber bedeutet dies?
Rajkumari Amrit Kaur, die indische Gesundheitsministerin, antwortete
darauf: "Ich brauche kaum zu betonen, dass heutzutage hauptsächlich die
gebildete Oberschicht an eine Familienplanung denkt. Es gibt aber auch
unter den ärmeren Leuten viele Menschen, die durch die Sozialarbeiter der
Städte erreicht werden, in denen die sozialen Organisationen arbeiten. Aber
auch sie denken unveränderlich an eine Geburtenkontrolle durch künstliche
Methoden der Empfängnisverhütung, die sich in der westlichen Welt
durchgesetzt hat. Ich bin wirklich nicht imstande, mich mit dieser Ansicht
zu versöhnen."
In der Tat ist die einstimmige Antwort hinsichtlich der Familienplanung, der
Gebrauch empfängnisverhütender Mittel gewesen. Es ist schade, dass die

191
meisten unseren gelehrten Führer, mit sehr wenigen Ausnahmen, wie die
indische Gesundheitsministerin Amrit Kaur, sich dazu herabließen, den
Westen nachzuäffen, und das eigene kulturelle Erbe komplett zu ignorieren.
Die vedischen Schriften schrieben den Menschen die Praxis des Zölibats
vor. Heirateten die Menschen, dann wurden sie nicht um des körperlichen
Vergnügens intim, sondern um der Nachkommen willen.
Selbstbeherrschung gab ihnen moralische Stärke und ermöglichte
spirituellen Fortschritt. Durch Selbstbeherrschung erzielten sie ethische
Vervollkommnung und verbesserten ihren Intellekt. Anmerkung Übersetzer:
Das indische Schulsystem wurde dadurch bestimmt, dass die Schüler bei
einem Guru unterrichtet wurden. Jungen und Mädchen der drei oberen
Kasten praktizierten bereits im Kindesalter Brahmacharya und wuchsen mit
dem Bewusstsein der 4 Lebensstadien auf. (1. Schüler (Brahmacharya), 2.
Verheirateter (Sexualität nur zur Kinderzeugung), 3. Waldasket
(Vorbereitung auf das Sannyasin, lebte meist noch mit seiner Frau
zusammen), 4. Sannyasin (Mönch, lebt allein im Wald)). Es wurden etwa 30
Prozent aller Kinder von einem Guru im spirituellen Sinne erzogen.
Dadurch dass diese Entwicklung über viele Jahrhunderte praktiziert wurde,
wurde das Brahmacharya in der ganzen Bevölkerung praktiziert oder
zumindest in sehr großen Teilen der Bevölkerung. Das Brahmacharya
wurde zudem in den vedischen Schriften beschrieben und von den
Brahmanen (Priestern) gelehrt. Ende Anmerkung Übersetzer.
Es gibt keine sicherere und bessere Lösung für die Bevölkerungskontrolle
als die Praxis der Selbstbeherrschung. Keine Geburtskliniken und keine
Anwendung der künstlichen Verhütungsmethoden können die
Bevölkerungsentwicklung so effektiv regeln, wie das durch seinen
traditionellen Hintergrund in Spiritualität getränkte Brahmacharya. Keine
andere Methode der Empfängnisverhütung kann moralisch und spirituell so
erfolgreich sein, wie die Selbstbeherrschung. Weder in Indien noch
anderswo in der Welt. In Indien war es Mahatma Gandhi, der zum ersten
Mal eine unbeugsame Opposition gegen den Gebrauch der
empfängnisverhütenden Mittel für die Familienplanung organisierte, als
künstliche Verhütungsmethoden für Verheiratete frei gegeben wurden, und
Unverheiratete ermutigt wurden, den Weg der Selbstbeherrschung zu
verlassen, um ihren vulgären Leidenschaften zu frönen.
Gandhi sagte: "Wenn die ländliche Bevölkerung Brahmacharya praktiziert,
dann kann sie dadurch die Größe ihrer Familie besser kontrollieren, als
durch den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel. Künstliche Verhütung
ist wie das Aussetzen einer Prämie auf das Laster der Wollust." Als Gandhi
dieses sagte, antworteten viele hervorragende Führer, Doktoren,
Rechtsanwälte und Erzieher, sogar einige seiner Schüler: "Die Begrenzung
des natürlichen Antriebs in den Männern und in den Frauen würde zu
ernsten Konsequenzen führen. Es wird Massenneurosen geben. Ihre Lust am
Leben und ihre geistigen Fähigkeiten würden verebben, ihr Leben würde
düster und glanzlos werden." Und so weiter und so weiter. Alle diese
Behauptungen waren unbegründet und ein Eingeständnis der Geilheit von
Seiten der Kreuzfahrer gegen die Selbstbeherrschung. Dieses ist ausreichend
durch bemerkenswerte Wissenschaftler und Doktoren und durch zahlreiche
Heilige Schriften nachgewiesen worden. Einige solcher bemerkenswerten
Aussprüche, die von einigen westlichen Sprechern getan wurden, vor denen
sich unsere gebildete Intelligenz genau so verneigte, wie vor unseren
Heiligen Schriften, sollen einmal zitiert werden.
Sir Lionel Beale, Professor der königlichen Hochschule in London:

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"Sexuelle Enthaltsamkeit hat bislang noch keinem Mann Schaden zugefügt.
Keuschheit ist nicht so schwer zu beachten, wenn man über den
entsprechenden Geisteszustand verfügt."
Professor Cesterbu stimmt mit Beale überein, indem er sagt: "Der sexuelle
Instinkt ist nicht so allmächtig, dass er nicht durch moralische Stärke
kontrolliert und bezwungen werden kann. Wir sollten wissen, dass eine
robuste Gesundheit und eine stets erneuerte Vitalität die Belohnung der
freiwilligen Enthaltsamkeit sind."
Sir Andrew Clark stimmt darin überein, dass "Enthaltsamkeit nicht schädigt.
Es behindert keinesfalls die Entwicklung und erhöht die geistige
Wahrnehmung und die Energie."
Dass die Praxis der Enthaltsamkeit ein geeignetes Mittel zur
Geburtenkontrolle ist, ist vom Amerikaner Joseph H. J. Spenglar
hervorgehoben worden. Er sagte: "Moralische Selbstbeherrschung bietet
eine sinnvolle Lösung zum Problem der Überbevölkerung."
Mahatma Gandhi beantwortete die Fragen seiner Kritiker durch das Beispiel
seines persönlichen Lebens. In seiner Autobiographie schrieb er: "Ich nahm
1906 das Gelübde des Brahmacharya auf mich. Mit der unterstützenden
Kraft Gottes, vertiefte ich meinen Glauben. Die praktische Erfahrung der
Selbstkontrolle hat sich seit dem noch weiter vertieft."
Gandhi war ein Mann mit Erfahrungen. Und was auch immer er sprach,
entsprang seiner persönlichen Erfahrung. Er war kein Polstersessel-
Philosoph. Er hob hervor, dass die Enthaltsamkeit die Hauptqualifikation für
alle Erfolge im Leben ist.
"Ich halte daran fest, dass ein Leben der vollkommenen Enthaltsamkeit im
Gedanken, Worten und Werken, notwendig ist, um spirituelle Perfektion zu
erreichen. Brahmacharya bedeutet, die vollkommene Kontrolle aller
Sinnesorgane. Für einen aufrechten Brahmachari ist nichts unmöglich."
Es ist ersichtlich, dass strenges Zölibat, wie es von Bhishma, Lakshmana
und Hanuman geübt wurde, nicht für die Massen möglich ist. Aber es ist für
ihr körperliches, moralisches und geistiges Wachstum notwendig. Sie sollte
eine zurückhaltende und heilige eheliche Beziehung anstreben.
George Bernard Shaw (1856), ein irischer Dramatiker, Satiriker und
Literaturnobelpreisträger von 1925, eine in hohem Grade intellektuelle und
tiefgründige geistige Persönlichkeit, aber ein Atheist, der von seinen Lesern
bewundert wurde, äußerte die allgemeingültig geltende Wahrheit, dass wir
uns selbst zerstören, wenn wie unsere sinnlichen Wünsche nicht zurück
halten.

26.3 Gefahren der künstlichen Verhütung Inhaltsverzeichnis


In der Zeitung "Harijan" sagte die indische Gesundheitsministerin
Rajkumari Amrit Kaur: "Meiner Meinung nach, sollte unser Land, nur die
Wege und Mittel zur Geburtenkontrolle zulassen, die der Tradition unserer
Zivilisation entspringen. Möglicherweise ist in keinem anderen Land der
Welt die Praxis der Enthaltsamkeit mit solch einer Gewichtung wie in
Indien von den Heiligen und Weisen befürwortet worden. Künstliche
Verhütungsmethoden scheinen dem normalen Mann leichter zu erreichen zu
sein. Folglich werden sie von jedermann befürwortet. Ich betrachte diese
Entwicklung als ein gefährliches Signal, weil nur der gerade und enge Weg

193
der Enthaltsamkeit, uns zur Rettung führt." Darum repräsentierte die
indische Gesundheitsministerin, das wahre Gefühl der Mehrheit unseres
Landes. Die Frauen Indiens spielen eine große Rolle, wenn es darum geht,
die Angriffe des Materialismus zu vereiteln. Durch die Zeitalter waren es
die Frauen, die den spirituellen Charakter unserer Gesellschaft bewahrt
haben, ihre natürlichen Instinkte blieben religiös. Es ist unehrenhaft, dass sie
die Philosophie der modernen Abtrünnigen unterzeichnen sollten. Gandhi
schrieb über das vergangene Jahrzehnt: "Meiner Meinung nach ist es eine
Beleidigung für den partnerschaftlichen Sex, die Geburtenkontrolle durch
künstliche Verhütungsmethoden zu ersetzen. Ich habe keinen Zweifel daran,
dass die große Mehrheit der Frauen, sie als unvereinbar mit ihrer Würde
ablehnen."
Es ist höchste Zeit, nun, wo den Führern unseres Landes die schändlichen
Konsequenzen der Geburtenkontrolle durch künstliche Verhütungsmittel
bewusst werden. Sie sollten eine landesweite Kampagne starten, besonders
in den Dörfern. Sie sollten Selbstbeherrschung, die Aufhebung der
Kinderehe und ein sauberes und gesundes Leben einfordern. Indien sollte
glücklich sein, dass es eine Gesundheitsministerin wie Amrit Kaur hat.
Obwohl die Befürworter der Enthaltsamkeit, den Befürwortern
empfängnisverhütender Mittel, weit unterlegen waren, betonte sie noch
einmal: "Künstliche Verhütungsmethoden sind wegen der Unwissenheit der
Menschen, wegen des Mangels an wissenschaftlicher und medizinischer
Hilfe und wegen ihrer hohen Kosten, in unserem Land gänzlich ungeeignet.
Ich bestreite, dass die Praxis der Geburtenkontrolle durch den Gebrauch
empfängnisverhütender Mittel, weder körperlich, noch geistig oder
moralisch, für die Leute des Westens, die sie über eine Anzahl von Jahren
angewendet haben, einen Erfolg nachweisen konnten." "Einerseits hat es
enorm zur Senkung des Sittlichkeitsgefühls und zu einer Missachtung der
Verantwortlichkeit für die menschlichen Art der Zeugung beigetragen. Die
Geburtenkontrolle ist für Indien unentbehrlich, um das
Bevölkerungswachstum zu beschränken. Je länger ich der Gesundheit diene
und um so enger der Kontakt mit kranken und leidenden Menschen ist, in
der Stadt und auf dem Dorf, bin ich davon überzeugt, dass es ein
verhängnisvoller Schritt für unser Land war, auf künstliche
Verhütungsmittel zurück zu greifen."
Gandhi schrieb im "Harijan", einer seiner Zeitungen, die in mehreren
Sprachen erschien: "Es gibt gegenwärtig nichts in unserer Gesellschaft, das
so förderlich wie die Selbstbeherrschung ist. Unsere Erziehung spricht sich
leider dagegen aus. Das primäre Interesse der Eltern ist es, ihre Kinder
irgendwie zu verheiraten, damit sie sich wie die Kaninchen fortpflanzen
können. Sind sie Mädchen, dann werden sie zweckdienlich im frühesten
Alter verheiratet, ungeachtet ihres moralischen Wohlergehens. Die
Hochzeits-Zeremonie ist eine langgezogene Qual aus Feier und Frivolität.
Das Leben der Ehemänner ändert sich durch die Hochzeit nicht sehr. Es ist
eine Verlängerung der Zügellosigkeit. Erholungsurlaube und Feiertage sind
so angeordnet, dass sie den größten Spielraum für ein sinnliches Leben
erlauben. Die Literatur, die am meisten gelesen wird, begünstigt die
animalischen Leidenschaften. Die moderne Literatur lehrt oft, dass sinnliche
Nachgiebigkeit eine Pflicht und Enthaltsamkeit eine Sünde ist."
Ist es ein Wunder, dass die Kontrolle des sexuellen Appetits sehr schwierig
geworden ist, wenn nicht sogar unmöglich? Wenn die Praxis der
Geburtenkontrolle durch Enthaltsamkeit die wünschenswerteste,
vernünftigste, erfolgreichste und ungefährlichste Methode ist, sollten wir

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dann das gesellschaftliche und soziale Klima nicht unverzüglich ändern?
Die einzige Weise, die gewünschten Resultate zu erzielen, besteht darin,
dass diejenigen, die an die Methode der Enthaltsamkeit glauben, den
Anfang machen und ihre Mitmenschen von der Methode überzeugen. Ein
angemessenes Verständnis hierfür zu entwickeln, bedeutet eine geistige
Revolution. Es geht nicht nur darum, einige wenige Individuen zu
überzeugen. Es sollte als ein natürliches Gesetz der menschlichen
Geburtenkontrolle dargeboten werden. Die Verletzung dieser Regel hätte
eine Vielzahl unerwünschter Kinder und womöglich vielfältige Krankheiten
zur Folge. Für die Einhaltung der Moral sind die Eheleute selber
verantwortlich.
Geburtenkontrolle durch den Gebrauch empfängnisverhütender Mittel,
reguliert ohne Zweifel die Zahl der Neugeburten auf ein gewisses Maß und
ermöglicht einer Person mit gemäßigten finanziellen Mitteln, die Armut zu
vertreiben. Aber der moralische Schaden für die Einzelperson und die
Gesellschaft ist unermesslich. Für den, der seinen sexuellen Appetit
fortwährend befriedigt, verändert sich das Leben vollkommen. Die Ehe hört
auf, ein Sakrament für ihn zu sein. Dieses bedeutet eine Neubewertung der
sozialen Ideale, die bisher als ein kostbarer Schatz angepriesen wurden.
Kein Zweifel dieses Argument findet wenig Anklang bei denen, die die
alten Ideale der Ehe als einen Aberglauben betrachten. Mein Argument wird
wohl nur bei denen Gehör finden, die die Ehe noch als ein Sakrament und
eine Frau nicht als Instrument der sexuellen Befriedigung, sondern als die
Lebenspartnerin des Mannes und als treusorgende Mutter betrachten.
Meine persönlichen Erfahrungen mit der Keuschheit und der
Informationsaustausch mit medizinische Kollegen (Swami Sivananda war
selber Mediziner), bestätigten mich in der Ansicht, die ich hier dargestellt
habe. Es nimmt eine überwältigende Kraft an und wirft ein klares Licht auf
die alten Konzepte der Geburtenregelung. Für mich bekommt das
Brahmacharya in der Ehe jetzt seine natürliche Position und wird so einfach
wie die Tatsache der Ehe selbst. Jede andere Methode der Geburtenkontrolle
erscheint daher überflüssig. Wenn sich die Idee durchgesetzt hat, dass das
Sexualorgan ausschließlich der Zeugung dient, besitzen Männer und Frauen
das Wissen, dass jede andere sexuelle Handlung eine Vergeudung
lebenswichtiger Energien darstellt. Es ist jetzt einfach, zu verstehen, warum
die Wissenschaftler von einst diese Werte vermittelten und großen Wert auf
die Keuschheit legten. Die lebenswichtige sexuelle Energie sollte in höhere
spirituelle Energie umgewandelt werden, die der ganzen Gesellschaft zugute
kommt. Sie verkündeten mutig, dass derjenige, der perfekte Kontrolle über
die sexuelle Energie erlangt, eine enorme Vitalität erlangt, körperlich,
geistig und spirituell. Er erlangt Energien, die durch andere Möglichkeiten
nicht erreichbar sind.
Der Leser sollte sich nicht durch die Abwesenheit einst berühmter
Brahmacharis beunruhigen lassen. Die Brahmacharis, das wir heute haben,
sind nicht immer vollkommene Exemplare. Bestenfalls sind sie Yogis, die
die Kontrolle über den Körper, aber nicht über den Verstand erworben
haben. Sie mussten ihre Enthaltsamkeit noch keiner Prüfung unterstellen.
Dieses ist keineswegs so, weil Brahmacharya schwer zu erreichen wäre. Es
ist so, weil das soziale Umfeld gegen das Brahmacharya ist, und die
Mehrheit derer, die sich ehrlich bemühen, unwissentlich die Kontrolle der
sexuellen Leidenschaften von allen anderen Leidenschaften abzusondern
versuchen. Erfolgreich kann aber nur derjenige sein, der sich bemüht, die
Kontrolle über alle Leidenschaften zu erlangen. Vollendetes Brahmacharya

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ist sowohl für den normalen Mann als auch für die normale Frau erreichbar.
Es erfordert allerdings die gleichen Bemühungen, die ein Student benötigt,
um einen wissenschaftlichen Titel zu erreichen.

27. Wird sexuelle Energie in Ojas Shakti umgewandelt?


Inhaltsverzeichnis
Dieses Kapitel gehört nicht mehr zu Swami Sivanandas Buch. Hier möchte
ich (der Übersetzer) ein paar Gedanken zur Sublimation entwickeln. Mir
geht es in erster Linie um die Frage, wie die Sublimation eigentlich abläuft.
Was geschieht da auf physiologischer, biochemischer bzw. bioenergetischer
Ebene? Da ich weder Mediziner, Biologe, Chemiker noch Physiologe bin,
habe ich natürlich einige Schwierigkeiten, zu verstehen, was bei der
Sublimation eigentlich abläuft. Deswegen bitte ich alle, die zu dem einen
oder anderen Punkt etwas beitragen können, mir eine Email zu schicken. So
könnte man vielleicht ein wenig mehr Licht in die Vorgänge der
Sublimation bringen. Swami Sivananda stellt immer wieder die Behauptung
auf, dass der Same in spirituelle Energie, in Ojas Skakti, umgewandelt wird
und dass der verwirklichte Yogi darum keinen Samenerguss, sprich, keine
nächtlichen Pollutionen, mehr hat. Er setzt außerdem den männlichen
Samen mit der spirituellen Energie gleich. Ich stimme mit dieser Meinung
nicht überein. Ich meine, dass man weder den männlichen Samen mit der
spirituellen Energie gleich setzen kann und dass es auch nicht möglich ist,
den Samen in spirituelle Energie umzuwandeln. Mit anderen Worten, ich
glaube nicht an die Theorie, dass der verwirklichte Yogi keinen
Samenerguss mehr hat. Vielmehr bin ich davon überzeugt, dass die Theorie
der Nichtejakulation auf falschen Informationen beruht, auf Unkenntnis. Ich
möchte dieses auch begründen.
Zunächst einmal zu der Theorie, dass der männliche Same in Ojas Shakti
(spirituelle Energie) umgewandelt wird. Es sei einmal angemerkt, dass die
Idee des Ojas Shakti natürlich aus dem Yoga stammt und eine vereinfachte
Darstellung der physiologischen Vorgänge ist, die ja in Wirklichkeit
stattfinden. Ich glaube, dass die Umwandlung des männlichen Samens in
Ojas Shakti so nicht stattfindet. Diese angebliche Umwandlung des Samens
soll ja die Ursache für die angebliche Samenlosigkeit der Yogis und der
angeblich nicht vorhandenen Pollutionen sein. Ich gehe vielmehr davon aus,
dass die Erzeugung von Ojas Shakti ein rein energetisches Phänomen ist,
also ein Vorgang auf bioenergetischer Ebene, bei dem elektrische Potentiale
und biochemische Prozesse stattfinden. Der Same bleibt davon völlig
unberührt. Ich möchte das zuvor gesagte, einmal am Beispiel des Orgasmus
verdeutlichen, damit etwas klarer wird, was gemeint ist. Was geschieht beim
Orgasmus? Im Gehirn findet eine chemische Reaktion statt, die den
sexuellen Rausch des Orgasmus darstellt. Gleichzeitig läuft ein elektrisches
Potential einerseits über das Rückenmark zur männlichen Prostata und sorgt
für die 5 bis 10 Kontraktionen der Prostata, die ja die eigentliche sexuelle
Lust des Mannes darstellen. Aber die Lust selber findet nicht in der Prostata
selber statt, sondern die Prostatakontraktionen werden wieder zurück an das
Gehirn gemeldet und die eigentliche sexuelle Lust findet im Gehirn statt.
Dieses geschieht vermutlich durch chemische Reaktionen, die im Gehirn
stattfinden. Weiter findet durch ein elektrische Potential, welches vom
Gehirn über das Rückenmark geleitet wird, eine Kontraktionen im
Beckenbereich statt. Es sind möglicherweise auch Kontraktionen in anderen
Körperbereichen denkbar.

196
Der Orgasmus ist also ein Vorgang, bei dem einerseits bioenergetische
Potentiale und andererseits biochemische Prozesse stattfinden. Der
eigentliche Energieverlust beim Orgasmus findet einerseits durch eine
bioelektrische Entladung statt, die die Muskelkontraktionen auslöst und
andererseits durch die Verausgabung von chemischen Elementen,
Hormonen, Eiweißstoffen und was sonst eben noch alles durch die
Ejakulation ausgeschieden wird und die langfristig wieder vom Körper
produziert werden müssen. Die Energie die der Körper zum Neuaufbau
dieser chemischen Elemente, Hormone, Eiweißstoffe usw. benötigt, geht
ihm natürlich bei der normalen Lebensqualität verloren, da er sie für den
Neuaufbau dieser chemischen Elemente, Hormone, Eiweißstoffe usw.
benötigt Allein für den Aufbau neuer Spermien benötigt er 72 Tage.
Das Ejakulat
Nun zum zweiten Teil meiner Überlegungen betreffs der Pollutionen. Es
dreht sich in erster Linie um das männliche Ejakulat. Das männliche
Ejakulat setzt sich wie folgt zusammen:
Das Samenplasma (Ejakulat) wird aus Sekreten der folgenden
Geschlechtsdrüsen:
1. Hoden und Nebenhoden (5 Prozent des Ejakulats)
2. Samenleiterampulle (? Prozent)
3. Samenbläschen (5 bis 80 Prozent)
4. Vorsteherdrüse (Prostata) (10 bis 30 Prozent)
5. Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse) (2 bis 5 Prozent)
6. Littre-Drüsen
Hier die bildliche Darstellung: Männliche Geschlechtsorgane. Dort könnt
ihr die Details anschauen.

Hoden und Nebenhoden (Testis): Der Hoden ist die männliche


Keimdrüse. Er besteht aus etwa 250 Läppchen, die durch Bindegewebe
voneinander getrennt sind. Jedes Läppchen besteht aus einigen stark
geschlängelten Hodenkanälchen. Im Hodenkanälchen erfolgt die
Entwicklung der Spermien. Bis zur vollständigen Reife der Spermien
(Spermatozoen) verbringen sie ungefähr 72 Tage im Hodenkanälchen, wo
sie über verschiedene Vorstufen im Keimepithel (Keim- und Stützzellen)

197
der Hodenkanälchen gebildet werden. Die reifen Spermien gelangen
anschließend in den Nebenhoden, ihrem Speicherplatz. Der Samenleiter hat
eine Länge von etwa 50 - 60 cm und führt vom Nebenhoden, ausgehend im
Samenstrang, durch den Leistenkanal und mündet gemeinsam mit dem
Ausführungsgang der Samenbläschen innerhalb der Prostata in die
Harnröhre. Im Hoden und Nebenhoden, die nur 3–5 % des gesamten
Volumens eines Samenergusses beisteuern, wird neben den Spermien unter
anderem auch Testosteron, das regulierend auf die Produktion der
Samenzellen wirkt, und eine Flüssigkeit, die zum Reifen und Ruhigstellen
der Samenzellen beiträgt, produziert.
Samenleiterampullen: In die Wand des Endabschnitts des Samenleiters
(im Hoden) sind Drüsenpakete eingelagert. Beim Menschen führen diese
Drüseneinlagerungen auch zu einer äußerlich sichtbaren Auftreibung des
Samenleiters, die als Samenleiterampulle bezeichnet wird. Die
Samenleiterampulle bildet einen Teil der Samenflüssigkeit. Wer weiß
welches Drüsensekret in den Samenleiterampullen produziert wird und
welche Funktion das Drüsensekret der Samenleiterampullen hat? Ich habe
darüber leider nichts im Internet gefunden.
Samenbläschen: Die Samenbläschen sind paarig angelegte Drüsen, die aus
einer verschlungenen Röhre besteht. Die Innenwand dieser Röhre besteht
aus sekretorischem Drüsengewebe. Das Sekret der Samenbläschen steuert
das meiste Volumen, ca. 50–70 %, des Ejakulats bei. Sie dient der
Verflüssigung des Ejakulats und enthält Fruktose (Fruchtzucker) und andere
Stoffe die der Ernährung der Samenzellen dient, außerdem große Mengen
an Prostaglandinen (Hormone mit hoher Wirkungsvielfalt:
schmerzbekämpfend, gerinnungshemmend, entzündungshemmend,
fiebersenkend) und Fibrinogen (gerinnungshemmendes Protein). Die
Prostaglandine tragen zur Befruchtung bei, in dem sie die
Gebärmutterschleimhaut empfänglicher für die befruchtete Eizelle machen,
und möglicherweise in dem sie die glatte Muskulatur in der
Gebärmutterwand zu peristaltischen (wellenförmige Einschnürungen von
Ringmuskeln) Bewegungen anregen, die die Spermien in Richtung
Eierstöcke bringen. Außerdem verhindern sie Infektionen im männlichen
Geschlechtstrakt.

Vorsteherdrüse (Prostata): Die Prostata ist ein etwa kastaniengroßes


Organ, das den Anfangsteil der Harnröhre unter der Harnblase umgibt.
Beim Orgasmus steuert die Prostata (Vorsteherdrüse) noch 10–33 % in
Form einer dünnflüssigen, milchigen Flüssigkeit bei. Die Kapsel der
Prostata zieht sich ebenso wie das Samenbläschen während der Ejakulation
zusammen, so das die Flüssigkeit der beiden Organe mit den übrigen
Drüsenflüssigkeiten (Spermien und Samenleiterampulle) vermischt und
ausgestoßen wird. Das Sekret der Prostata enthält Ionen (Natrium, Kalium,
Zink und Magnesium, Kalzium, Citrationen (Zitronensäure),
Phosphationen), ein Gerinnungsenzym und Profibrinolysin (Blutgerinnung).
Die Funktion der Prostata wird über das Hormon Testosteron reguliert. Das
Sekret der Prostata ist dünnflüssig und trübe und gibt dem Sperma den
charakteristischen Geruch. Das Sekret enthält zahlreiche Enzyme, die die
Spermien für die Befruchtung benötigen. Der pH-Wert der
Prostataflüssigkeit ist leicht sauer (pH 6,4). Dies ist besonders bedeutsam,
da Spermien erst bei einem pH-Wert von 6.0 bis 6.5 optimal beweglich
werden. Weiterhin ist PSA (Prostataspezifisches Antigen) enthalten, um die
Spermien beweglich zu machen. Die Prostata entlässt außerdem weiße
Blutkörperchen, verschiedene Granulozyten (Leukozyten werden im

198
Knochenmark gebildet und ins Blut abgegeben und vom Gewebe
aufgenommen, dienen zur Abwehr von Bakterien, Parasiten und Pilzen) ins
Samenplasma. Sperma kann auch Krankheitserreger wie das HIV-Virus
(HIV, englisch: Human immunodeficiency virus, deutsch: Menschliches
Immunschwäche-Virus) oder das Hepatitis-B-Virus enthalten; die
betreffenden Krankheiten sind also sexuell übertragbar.
Cowpersche Drüse (Bulbourethraldrüse): Vorab, ausgelöst durch die
Erregung, innerviert (mit Nervenimpulsen versorgen) der Parasympathikus
(vegetatives Nervensystem) die Cowperschen Drüsen (beim Menschen etwa
5 cm lang, der Ausführungsgang mündet in der Harnröhre) und regt sie zur
Sekretion eines verhältnismäßig kleinen Anteils von 2–5 % klaren Schleims,
auch Lusttropfen (auch Lusttröpfchen, Vorlusttropfen, Sehnsuchtstropfen,
Glückstropfen, liquor of love, medizinisch: Präejakulat (Vor-Ejakulat),
können in der späten Plateauphase, kurz vor dem Orgasmus, aus dem
männlichen Glied schon vor der Ejakulation austreten.) genannt, an. Die
Lusttropfen bestehen aus einem klaren Schleim aus verschiedenartigen
Drüsenzellen und können schon mit Sperma vermischt sein. Deshalb
können Frauen auch durch den darin enthaltenen Samen schwanger werden.
Das Sekret der Bulbourethraldrüse wird meist vor der eigentlichen
Ejakulation abgegeben (Vorsekret des Spermas). Das schleimige Sekret
dient vermutlich vor allem der Neutralisierung von Harnresten, eventuell
auch des sauren Scheidenmilieus.
Littre-Drüsen: Über die Littre-Drüsen habe ich keine Informationen
gefunden.

Soweit also erst einmal die Darstellung des männlichen Ejakulats. Es zeigt
zunächst einmal, dass der Same keinesfalls aus einer einzigen Flüssigkeit,
nämlich den Spermien, besteht, wie es wohl oft vermutet wird, sondern er
besteht aus 6 Drüsensekreten. Diese Drüsensekrete werden meiner Meinung
nach auch permanent erzeugt, damit die Fortpflanzungsfunktion des Mannes
aufrechterhalten bleibt. Und sie werden in regelmäßigen Abständen bei
einem enthaltsam lebenden Mann mittels nächtlicher Pollutionen
ausgestoßen. Das ist auch gar nicht weiter tragisch, weil der enthaltsam
lebende Mann nach einiger Zeit, mittels der Enthaltsamkeit und
kontemplativer Prozesse, so viel sexuelle Energie im Gehirn angesammelt
hat, dass der Energieverlust, der durch die Pollution geschieht, dem bereits
längerer enthaltsam lebenden Mann, nicht viel anhaben kann. Lebt man erst
kuze Zeit enthaltsam, dann machen sich die nächtlichen Pollutionen
allerdings sehr unangenehm bemerkbar. Sie steigern die Aggression, die
Nervosität, sie bewirken, dass die Konzentration nachlässt und sie fördern
das Herzrasen. Es kann aber sein, dass der Mann die nächtlichen Pollution
mitunter gar nicht bemerkt, weil sie im Schlaf stattfinden. Allerdings wird er
sie hin und wieder bestimmt wahrnehmen. Wenn der Mann keine
nächtlichen Pollutionen mehr hätte, dann würde das bedeuten, dass der
männliche Körper keinerlei sexuelle Drüsensekrete mehr produzieren
würde. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Körper keinerlei
Drüsensekrete mehr produziert. Denn wenn das so wäre, dann wäre der
Mann nach einer gewissen Zeit unfruchtbar, da er keinerlei Spermien und
auch die anderen Drüsensekrete nicht mehr produzieren würde, die für die
Zeugung notwendig sind. Und das kann doch eigentlich nicht im Sinne der
Natur sein.
Ich gehe davon aus, dass es im Interesse der Natur ist, dass der Mann
jederzeit zeugungsfähig ist und dass deshalb auch permanent Spermien und

199
andere Drüsensekrete produziert werden. Wenn behauptet wird, dass der
Same in spirituelle Energie umgewandelt wird, so können damit ja
eigentlich nur die Spermien selber gemeint sein. Jetzt einmal abgesehen
davon, dass diese Umwandlung in dieser Form wohl nicht stattfindet, stelle
ich mir außerdem die Frage, was geschieht mit dem Sekret aus den
Samenbläschen, das u.a. der Verflüssigung des Ejakulats und der Ernährung
der Samenzellen dient? Das Drüsensekret der Samenbläschen steuert
immerhin 50 bis 70 Prozent des Ejakulats bei. Was geschieht mit der
Flüssigkeit aus der Vorsteherdrüse (Prostata), die etwa 10 bis 30 Prozent des
Ejakulats ausmacht? Was geschieht mit dem Drüsensekreten aus den beiden
Samenleiterampullen? Und was geschieht mit dem schleimigen Sekret aus
der Cowperschen Drüse, die vermutlich dazu da ist, die Harnröhre und
eventuell auch das saure Scheidenmilieu zu neutralisieren? Das alles sind
Drüsensekrete, die, wie die Spermien selbst, ja nicht direkt an der Zeugung
beteiligt sind, sondern gewissermaßen nur das lebensnotwendige Umfeld für
die Spermien erzeugen, damit die Spermien ihr Ziel, nämlich die weibliche
Eizelle, erreichen können.
Der Mensch kann den spirituellen Prozess meiner Meinung nach nur
aufrecht erhalten, wenn er permanent sexuelle Energie in spirituelle Energie
umwandelt. Sonst wäre seine spirituelle Energie nämlich irgendwann
verbraucht. Und deshalb bin ich davon überzeugt, dass permanent ein
Energiestrom aus dem Sakralchakra (Sexualchakra) in höhere Chakren
stattfindet. Ich gehe davon aus, dass hauptsächlich die sexuelle Energie für
den spirituellen Fortschritt verantwortlich ist. Die klassische Kundalini-
Theorie geht allerdings davon aus, dass die Kundalini, gewissermaßen eine
göttliche Energie, die im Basischakra beheimatet ist, durch spirituelle
Praktiken vom Basischakra über das Rückenmark zum Scheitelchakra
geleitet wird. Mich

27.1 Das Sexualleben der Löwen und Tiger Inhaltsverzeichnis


Swami Sivananda behauptet im Kapitel 1.1, dass Löwen nur einmal im Jahr
kopulieren. Um zu überprüfen, ob dieses stimmt, fragte ich jemanden, der
sich sehr gut mit freilebenden Löwen auskennt. Von ihm bekam ich
folgende Antwort:
"Da Tiger keine feste Paarungszeit haben und die Weibchen ohne
Nachwuchs alle 15 bis 20 Tage paarungsbereit sind, scheiden Tiger also aus
dem Schema der einmal jährlichen Paarung aus. Wie sieht es beim Löwen
aus?
Das Löwenweibchen hat nur einmal im Jahr Sex. Dafür dann allerdings um
so häufiger. Löwenweibchen sind nur an 5 Tagen im Jahr fruchtbar. Darum
paaren sich Löwen Tag und Nacht in sehr kurzen Kopulationsintervallen
von 5 - 20 min. in der gesamten Hochbrunst des Weibchens (In dieser Zeit
haben beide nur Sex im Kopf - ans Fressen wird dann nicht gedacht!). Der
einzelne Paarungsakt beläuft sich dabei auf 15 - 30 Sekunden. So kann es
bei den meisten Raubkatzen zu 50 Paarungen am Tag kommen.
Ja, wann ist für den männlichen Löwen Paarungszeit? Eigentlich immer
dann, wenn eine weibliche Katze da ist, die lecker ausschaut und noch weit
leckerer duftet. Demnach kann man nicht pauschal die kopulationsfreie Zeit
eines Löwen auf ein Jahr festlegen. Zwar kann man saisonale Häufungen
der Rolligkeiten feststellen, aber letztlich ist die Paarung nicht an eine
bestimmte Zeit gebunden.

200
Laut Büchern und Dokumentationen sind Löwinnen menschengleich, ca.
alle vier Wochen rollig und wollen begattet werden, während erst jede dritte
oder vierte Rolligkeit zur Trächtigkeit führt. Verteilt man das auf alle
weiblichen Rudelkatzen, so hat das Männchen allein aus dieser Sicht genug
Beschäftigung. Hinzu kommt, dass ein Männchen hin und wieder zwei
Rudel leitet und wenn schon kein zweites Rudel die Aufmerksamkeit
fordert, dann ist es immer noch denkbar, dass sich der Löwenmann mal ein
paar Tage von seiner Familie verabschiedet und auf Liebespfaden wandelt,
wann immer sich Gelegenheit bietet. An sexueller Auslastung mangelt es
also nicht.
In Anbetracht der hochfrequenten Kopulationsintervalle könnte man
vermuten, dass bereits wenige Wochen ohne Sex zum "Löwenproblem"
werden, welches irgendwie gelöst werden muss. De facto habe ich hierüber
keinerlei Informationen, allenfalls habe ich Augen und interpretiere das
Gesehene. So konnte ich Tiger dabei beobachten, wie sie sich Erleichterung
verschafften, indem sie sich an Gegenständen rieben. Gleichsam fielen mir
Videos in die Pfoten, wie sich Tigermännchen an unteren Körperregionen
beschleckten, was in der ausgestellten Ausgiebigkeit nicht mehr nur auf
profane Fellpflege schließen ließ.
Des weiteren habe ich Videoaufnahmen von schlafenden Löwen gesehen,
die während dessen eine Erektion hatten und transparente Flüssigkeiten
absonderten. Daraus folgere ich für mich, dass Löwen nicht zwangsweise
enthaltsam sind und sich auf irgendeine Art und Weise Erleichterung
verschaffen, wann immer es sein muss. Ferner ließen die Bilder des
schlafenden Löwen Rückschlüsse auf Pollution zu und wenn nicht Pollution
in engerem Sinne dann doch auf reizvolle Träume mit dem Ergebnis
unbewusster Ejakulation.
Wie gesagt, bei all dem handelt es sich um meine Beobachtungen, die
keinerlei Hinweis auf bestätigte Informationen geben, für mich aber nahe
legen, dass Löwen permanent neues Sperma produzieren und es unter
welchen Umständen auch immer regelmäßig abgeben. Genau so gut kann es
sein, dass die Beobachtungen Zufälle sind und Pollution bei Löwen
mehrheitlich nicht auftritt, je nach katzenrolligkeitsbedingten Einflüssen
von außen und dem hormonellen Status während der sexuellen
Tätigkeitsphasen und den Ruhewochen."

27.2 Erleuchtung = selbstinduzierte epileptische Mikroanfälle?


Inhaltsverzeichnis
Neurotheologen suchen im Gehirn nach Gott
Kann der Glaube an Gott auf neuronale Vorgänge im Gehirn zurückgeführt
werden? Wie sieht die Biochemie religiöser Visionen aus? Mit solchen und
ähnlichen Fragen beschäftigt sich ein noch recht neuer, interdisziplinärer
Wissenschaftszweig: die Neurotheologie. Wenn alles, was den Menschen
bewegt, seine Grundlage in den biochemischen Vorgängen des Gehirns hat,
so der Ansatzpunkt der Forscher, müssten auch religiöse Gefühle und
Vorstellungen dort entstehen oder ihre Spuren hinterlassen. Hinweise auf
einen solchen Zusammenhang geben Beobachtungen und Erfahrungen von
Epileptikern, schreibt das Wissenschaftsmagazin "Bild der Wissenschaft" in
seiner Juli-Ausgabe. Bestimmte Formen der Epilepsie werden
ungewöhnlich häufig von extremer Religiosität begleitet. In solchen Fällen

201
sind die Veränderungen während der Anfälle meist auf den linken
Schläfenlappen begrenzt und äußern sich nur selten in Krämpfen oder
Bewusstlosigkeit. Die Betroffenen haben vielmehr das Gefühl einer
göttlichen Gegenwart, verfallen in Verzweiflung oder auch in Ekstase.
Manche Epileptiker sehen Lichterscheinungen
Auch sensorische Störungen wie Lichteindrücke und akustische
Wahrnehmungen während der Anfälle sind typische Phänomene, wie sie
auch viele Religionsstifter oder stark religiöse Persönlichkeiten der
Geschichte beschreiben. So hatte der spätere Apostel Paulus zum Beispiel
eine Lichterscheinung und hörte die Stimme Jesu. Mohammed ließ sich den
Koran von einem Engel diktieren, und Johanna von Orleans handelte auf
Befehl einer göttlichen Stimme.
Forscher sehen "Gott-Modul" im Limbischen System
Eine Schlüsselrolle bei diesen Erscheinungen schreiben Neurologen dem
Limbischen System im Schläfenlappen zu, das für die Verarbeitung von
Gefühlen zuständig ist. Wird es stimuliert, sei es durch Reize von außen
oder durch die elektrischen Entladungen während eines epileptischen
Anfalls, spürt der Betroffene eine starke emotionale Erregung.
Interessanterweise sind bei Schläfenlappen-Epileptikern zwar einige, aber
nicht grundsätzlich alle Gefühle übersteigert: Die sogenannten
Schläfenlappen-Persönlichkeiten reagieren hauptsächlich auf religiöse
Wörter und Symbole, sexuelle Bilder dagegen rufen nur sehr gedämpfte
Echos hervor. Das deutet nach Ansicht einiger Forscher auf ein "Gott-
Modul" im Kopf hin, eine spezielle Gehirnregion für Gotteserfahrungen.
Ärzte-Zeitung
Neurotheologie
Abschnitt 27 ist eine Überlegung des Übersetzers.

Eure Meinung: Ich würde mich über eure Meinung freuen. Am meisten
würde ich mich natürlich über die Meinung derjenigen freuen, die über das
entsprechende medizinische Wissen verfügen und derjenigen, die bereits
längere Erfahrungen mit dem Brahmacharya bzw. mit dem Zölibat haben.
Vor allen Dingen würde ich mich natürlich über Erfahrungsberichte freuen.
Ich würde sie gerne als Anhang mit auf diese Seite nehmen. Sie können
auch anonym sein.

Autobiographie Swami Sivanandas und weitere kostenlose Yogabücher:


http://www.yoga-vidya.de/de/yogabuecher/onlinebuecher.html

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Quelle: http://www.narayanananda.0nyx.com/brahmacharya.htm
Brahmach. für Jungen und Mädchen: http://www.narayanananda.0nyx.com/
Gästebuch
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