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BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ: Prinzipien, Organisation, Rituale und Begriffe des brasilianischen Candomblés
BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ: Prinzipien, Organisation, Rituale und Begriffe des brasilianischen Candomblés
BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ: Prinzipien, Organisation, Rituale und Begriffe des brasilianischen Candomblés
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BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ: Prinzipien, Organisation, Rituale und Begriffe des brasilianischen Candomblés

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Dieses Buch ist das erste und vorerst einzige umfassende theoretische und praktische Werk über die Tradition des brasilianischen Candomblés. Auf knapp 900 Seiten werden die Konzepte, die Organisation, die Mythologie, die Rituale, die Begriffe dieser Jahrhunderte alten mystischen und magischen Tradition erörtert. Ein Buch für alle, die sich für die Traditionen der brasilianischen Candomblé und Umbanda, sowie auch der kubanischen Santeria und Palo interessieren. Das Buch wendet sich zudem an diejenigen, die sich in der Praxis mit diesen Traditionen beschäftigen und konkrete Hinweise für die traditionskonforme rituelle Umsetzung in Europa suchen.
LanguageDeutsch
Publishertredition
Release dateFeb 22, 2021
ISBN9783347263703
BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ: Prinzipien, Organisation, Rituale und Begriffe des brasilianischen Candomblés

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    Book preview

    BRASILIANISCHER CANDOMBLÉ - Tilo Plöger

    EINLEITUNG

    Das vorliegende Buch ist das erste umfassende Werk über den brasilianischen Candomblé. Es ist ein Buch zum Nachschlagen, zum Vertiefen und für die praktische Anwendung. Sinnvoll für alle, die mit dem brasilianischen Candomblé, der kubanischen Santeria, sowie den an diese angelehnten Umbanda und Palo arbeiten. Das Buch ist nicht als wissenschaftliche Arbeit gedacht und erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit, Vollständigkeit. Es ist eine Mischung aus einer Zusammenfassung umfangreicher Recherchen, persönlichen Erfahrungen im Austausch mit erfahrenen Anhängern und geistigen Führern dieser Traditionen sowie persönlicher Ansicht. Es ist als ein Rahmen gedacht für all jene, die die Tradition besser verstehen möchten, die vielleicht in der einen oder anderen Weise selbst damit in Berührung kommen und diese praktizieren.

    Vor 500 Jahren gelangten die Wurzeln dieser Traditionen über den Sklavenhandel auf die neuen Kontinente, insbesondere in Brasilien und Kuba. Diese 3.000-5.000 Jahre alte Kultur aus dem afrikanischen Gebiet des heutigen Nigeria, Benins, etc. passte sich über die Jahrhunderte der neuen Umgebung an – sie erhielt eine neue Form, neue Inhalte, angepasste Rituale und Sprache. Dabei verlor sie nie ihre Essenz und es ist erstaunlich, wie gut der Kern erhalten wurde. Die Wurzeln dieser Traditionen liegen in Afrika und diese wiederum vermutlich im sehr alten Ägypten mit späteren arabischen Einflüssen – auch damals über die Route der Sklaven in die „tieferen Gebiete Afrikas getragen und dort neu verortet. Candomblé und Santeria sind heute eigenständige Traditionen mit afrikanischen Wurzeln, und es der neuzeitliche Versuch diese Traditionen wieder zu „afrikanisieren erscheinen mir sinnlos. Denn ihre Stärke besteht gerade darin, dass sie sich weiterentwickelte und sich dabei in vielen Dimensionen den indianischen und europäischen Traditionen bediente.

    Die Globalisierung der Lebensräume führt derzeit dazu, dass sich überall Anhänger, Interessierte, Praktizierende der afrobrasilianischen und afrokubanischen Traditionen des Candomblés, der Umbanda, der Santeria und des Palos wiederfinden. Auch im deutschsprachigen Raum etablieren sich diverse „Arbeitsgruppen", die auf das Wissen dieser Kulturen zurückgreifen. Gleichzeitig für die Globalisierung der Information dazu, dass sich der regionale Candomblé gerade weiterentwickelt, denn die für diese Tradition typischen Gruppen beginnen sich verstärkt mit ihrer Geschichte auseinander zu setzen. Der Austausch mit Afrika und Kuba führt dazu, dass sich diese drei regionalen Ausdrucksweisen einer gemeinsamen spirituellen Basis neu vermischen.

    Auch im deutschsprachigen Raum werden sich mittelfristig eigenständige Ausprägungen dieser Traditionen entwickeln. Dieser evolutionäre, von innen heraus sich entwickelnde Ansatz ist diesen Traditionen immanent. In Afrika waren es mehr oder weniger freie Städte oder stammesartige Strukturen, in Kuba und Brasilien sind es voneinander unabhängige Gruppen, die sich von Generation zu Generation weiterentwickeln. Die Grundlage dieser Entwicklung ist das Wissen um die Wurzeln der Tradition sowie die Assimilation der neuen lokalen Gegebenheiten. In Brasilien und Kuba wurden die Sklaven bewusst vermischt, das heißt Familien und regionale Wurzeln wurden bewusst auseinandergerissen und neu zugeordnet, um auf den Feldern das Risiko von Widerständen zu reduzieren. Die unterschiedlichen Kulturen mussten sich also vor Ort jeweils neu strukturieren und sich auf einen gemeinsamen Nenner einigen. Zudem mussten viele Rituale angepasst werden, weil es naturgemäß an den Rohstoffen mangelte. Hier kamen den Afrikanern das umfangreiche indigene Wissen zugute. Auch der Synkretismus spielte aus der Not heraus eine herausragende Rolle, denn die Kulte mussten über Jahrhunderte im Verborgenen durchgeführt werden. So entstand irgendwann eine Parallelwelt der Bezeichnungen – die Orishás, die Rituale, usw. erhielten teilweise christliche Bezeichnungen, um den Anschein zu erwecken, dass die Missionierung Erfolg zeige.

    Die Entwicklung des Candomblés sowie der anderen afro-brasilianischen und afro-kubanischen Traditionen in Europa folgt einem ähnlichen Muster. Zwar müssen diese Kulte hier nicht verheimlicht werden, doch sie müssen der Kultur und den Gegebenheiten angepasst werden. Die Pflanzenwelt, das große Thema der Tieropfer, die räumlichen Anforderungen, die sprachliche Übersetzung muss überdacht und vorsichtig angepasst werden.

    Bei diesem Prozess hat Europa und im speziellen der deutschsprachige Raum einen großen Vorteil und einen großen Nachteil. Der Vorteil: Völlige Freiheit der Ausübung, der Informationsbeschaffung, der Ausgestaltung, des Austausches. Der Nachteil: Der Mangel an Wissenszugang.

    Candomblé ist eine sehr komplexe Tradition – sowohl in der Mythologie wie auch in der rituellen Praxis. Und jenseits wenig hilfreicher historischer Darstellungen und Dissertationen sowie Studien von Menschen, die sich nur wenige Monate in einer Gruppe aufgehalten haben und wenig Erfahrung mitbringen, gibt es kaum etwas, worauf man sich stützen könnte. Denn die Traditionen waren stets eine Tradition einer bildungsarmen Bevölkerung, verbunden mit den Prinzipien der zu verbergenden Mysterien und einer vollkommen auf orale Weitergabe von Wissen um Philosophie und Praxis ausgelegte Kultur. Es existieren also de facto selbst in den Ausgangssprachen kaum umfassende Werke über die Tradition. Und die wenigen wirklich guten Werke sind teilweise sprachlich schwer zugänglich, denn sie sind gespickt mit Fachwörtern und diese häufig in einem modifizierten Yorubisch, Indianisch, Altkubanisch, usw.

    Um Candomblé und Santeria wirklich zu verstehen und zu kennen braucht man vermutlich Jahre und Jahrzehnte. Erst recht, wenn alles Wissen über Mitwirken und Erzählung vermittelt wird. Dies erschwert es enorm, die Traditionen in Europa zu vermitteln und umzusetzen. Vor diesem Hintergrund habe ich mich dieses Themas angenommen und dieses Buch konzipiert. Es ist explizit nicht als Handlungsanweisung oder Kochbuch gedacht und geeignet. Es ist auch keineswegs fehlerfrei und vollständig, denn auch ich musste viele Quellen interpretieren, auslegen, verkürzen, auswählen, und mich auf eine Mischung von glaubwürdigen Quellen, persönlicher Erfahrung und gesundem Menschenverstand verlassen. So gesehen ist das Buch also eher eine „zusammenfassende, systematisierende Quelle" für das persönliche Verständnis und ggf. für die individuelle Umsetzung.

    Wie bei allen Traditionen, die Raum und Zeit unterliegen, gibt es nicht den Candomblé, die Santeria, die Umbanda, den Palo. Es existieren sehr viele Inkonsistenzen, unterschiedliche Auslegungen von Ritualen und Mythen, usw. Dies ist aber nicht notwendigerweise ein so großes Problem. Denn es ist ohnehin das Verständnis dieser Traditionen, dass es keine absoluten Wahrheiten gibt. Was aber in diesen Traditionen sehr tief verankert ist, das ist die Vorstellung, dass alles eine Bedeutung hat – jeder Handgriff, jedes Instrument, jedes Wort. Wirklich alles hat im Candomblé eine Bedeutung, nichts ist zufällig oder beliebig. Und alles wird auf die Mythologie und die Grundsätze der Natur und der spirituellen Entwicklung zurückgeführt.

    Es heißt im Candomblé, das Wichtigste sei der Akt, also das Tun mit einer entsprechenden verbundenen Absicht. So sollten man sich also auch diesem Buch nähern. Die Darstellungen und gelegentlichen „Anleitungen" sind allgemeine Rahmen, die dem Verständnis der Hintergründe und Prinzipien dienen. Rituale sind im Candomblé sowie der Santeria heilige Akte mit hoher magischer Wirkung. Einweihungen, der Aufbau von Schreinen, usw. sind alles andere als reine Formsache. Sie haben eine sehr große Kraft und müssen deswegen sehr akribisch umgesetzt werden. Der Mensch in der Rolle des geistigen Führers von Ritualen muss also genau wissen, was er wann, weshalb, warum, für wen tut. Kennt er die Prinzipien der Rituale und aller Instrumente, kann er sie auch vorsichtig den Notwendigkeiten und Gegebenheiten anpassen. So also dienen die sehr vereinfachten Anleitungen eines Schreines sowie der teilweise detaillierten Beispiele bei einzelnen Qualitäten von Orixás lediglich als Musterbeispiele und Rahmen für das Verständnis, was ein Schrein überhaupt ist und wie er in gewissen Traditionen umgesetzt wird. Der Versuch aus einem Rahmen oder Beispiel eine standardisierte Vorlage zu machen muss scheitern. Diese Traditionen funktionieren nicht nach Rezeptbuch, doch sie haben eine strenge innere Ordnung und folgen in sich schlüssigen Konzepten.

    Dieses Buch ersetzt nicht Erfahrung – in den jeweiligen Traditionen und in der persönlichen spirituellen Entwicklung. Insofern ist ein über das Buch hinausgehender Austausch mit erfahrenen Candomblecistas, Santeros, Umbandistas, Paleiros, etc. unbedingt zu empfehlen.

    Abschließend noch ein Kommentar zu den Quellen und zu den Schreibweisen. Ich verzichte auf allzu detaillierte Quellenhinweise. Weil sie das Buch unlesbar machen würden und weil dies Großteils nicht machbar ist. Viele Quellen sind einfach nicht mehr zuzuordnen, weil sich eine auf die andere bezieht und leicht anpasst. Im Anhang sind aber die wesentlichen Quellen genannt. Auch werden innerhalb der Ausführungen relevante Quellen bei Übersetzungen genannt.

    Insbesondere bei den Qualitäten der Orixás stützt sich das Buch auf kubanische Quellen. Hier ist zu beachten, dass die Tradition der Santeria vielfach sehr dem Candomblé ähnelt. Doch sie ist in der rituellen Umsetzung an vielen Stellen auch sehr unterschiedlich. Bei der Aufstellung der Schreine ähneln sich beispielsweise die Grundprinzipien sehr, doch die konkrete Umsetzung als Schrein sowie innerhalb eines Ablaufes des Rituals ist sehr unterschiedlich. Ich habe dennoch immer mal wieder konkretere Beispiele übernommen, um den Charakter zu beschreiben. Bei einer Umsetzung innerhalb des Candomblés muss alles im Detail entsprechend angepasst werden.

    Bei den Schreibweisen und Sprachen habe ich mich für ein Kolorit entschieden aus den diversen Sprachen und Schreibweisen. Dies mag auf den ersten Blick das Lesen erschweren, auf der anderen Seite besteht bei Übersetzungen aus dem Yoruba oder den regionalen Sprachen (Brasilien, Kuba) das Risiko von Fehldeutungen. Und für Leser, die dieser Sprachen mächtig sind, erleichtern die diversen Ausdrucksformen die spätere eigene Recherche mit den manchmal nicht einfachen Zuordnungen von Begriffen. Soweit möglich wurden spanische und yorubische Begriffe erläutert. Vor allem bei der Erläuterung einzelner Elemente der Rituale und Schreine wurden sie jedoch teilweise in der Originalsprache belassen, um wesentliche Begriffe nicht zu verfälschen, denn sie haben häufig im Candomblé oder der Santeria eine sehr genaue Bedeutung, die eine leichtfertige Übersetzung nicht wiedergibt. Einschlägige Wörterbücher dieser Traditionen können da im Zweifel und bei Bedarf weiterhelfen. Für die Mehrheit der Leser ist das ohnehin eher von allgemeinem und weniger von rituellem Interesse.

    Dieses Buch ist als Standardwerk des Candomblés gedacht und wird laufend ausgebessert und ergänzt. Weiterführende Bücher zu Spezialthemen sind auf dem Markt und werden noch erscheinen. Auszüge sind auch auf der Webseite www.candomblé.com einsehbar. Eine Kollektion zu den hier nur kurz angerissenen 10.000 Versen von Ifá ist in Planung.

    Tilo Plöger im Frühjahr 2021

    DEFINITION UND GESCHICHTE

    Definition

    Der Candomblé ist eine afrobrasilianische Religion, die hauptsächlich in Brasilien, aber auch in angrenzenden Ländern praktiziert wird. Candomblé ist eine Tradition, die in Brasilien durch das kulturelle, religiöse und philosophische Erbe der versklavten Afrikaner entstanden ist und hier neu formuliert wird, um sich an die neuen Umweltbedingungen anzupassen. Es ist die Religion, die als primäre Funktion den Kult der „Gottheiten" hat – Inquices, Orixás (gesprochen: Orishás) oder Voduns. Diese Archetypen universeller Gesetze verkörpern die Kraft und Macht der Natur, sie sind ihre Schöpfer und auch ihre Verwalter. Sie sind unveränderbare Bewusstseinsformen einer geistigen Welt, die in der Natur, im Leben, im Menschen ihre Entsprechungen und Ausdrucksformen finden.

    Die Religion besitzt viele Symboliken, Darstellungen und Mythen, die helfen die Geschichte sowie die universellen Wahrheiten zu transportieren. Sie ist im Kern sehr lebensbejahend, lebensfroh, offen, tolerant. Anders als im europäischen Christentum sind Mystik und Magie wesentliche Bestandteile der täglichen Praxis geblieben. Die spirituelle Gemeinschaft wird als Familie angesehen.

    Bis zu Beginn des letzten Jahrhunderts wurde die Tradition über tausende von Jahren nur oral von Gegenration zu Generation weitergegeben. Es existiert keine Bibel als Maß der Dinge. Stattdessen werden tausende von Versen über das Orakel von Ifá offenbart. Diese Verse sind Geschichte und Magie zugleich. Diese Verse sind keine absoluten Wahrheiten. Vielmehr sind es kleine Geschichten, die je nach Situation anders gedeutet werden. Obwohl sich der Candomblé als sehr ethische Tradition versteht, existiert kein Wertekodex, es gibt auch keine Gebote und Verbote. Alles ergibt sich aus dem Kontext, der Tradition, von innen heraus und in fortlaufender Befragung der „Götter". Candomblé versteht sich als eine fortlaufende, evolutionäre Entwicklung – zwar mit tiefer Verwurzelung in Traditionen, doch ohne Dogma und ohne Glauben an eine universelle Wahrheit.

    Candomblé ist nicht als Kirche organisiert. Vielmehr sind es typischerweise Gruppen von 20-100, in den seltenen Fällen sehr traditioneller „Terreiros" auch mal 1.000 Mitgliedern. Durchaus vergleichbar, also, mit den frühen Gruppen des Christentums. In den Candomblé kann der Mensch nicht eintreten, sondern er wird von der geistigen Welt gerufen. Erst ab der Einweihung ist er dann ein Mitglied des Candomblés. Als vollwertiges Mitglied ist der Mensch nach dem feierlichen Abschluss einer siebenjährigen Periode.

    „Iwa Pele" – ein guter Mensch sein. Dies ist das oberste Ziel im Candomblé. Ein guter Mensch ist in der Vorstellung dieser Tradition ein Mensch, der seine Wege kennt und auf diesem Weg im Gleichgewicht ist mit sich selbst, mit seiner Umwelt und mit den Ahnen. Alle Rituale dienen letztlich diesen beiden Zielen – Gleichgewicht der Energien und Erkenntnis der Wege (Bewusstsein).

    Das Wort Candomblé scheint von einem Begriff der Bantu-Nation, dem Candombe, abgeleitet zu sein, der mit Tanz, Batuque übersetzt wird. Dieses Wort bezog sich auf die Spiele, Feste, Versammlungen, profane und auch göttliche Feste der schwarzen Sklaven, in den Senzalas, in ihren Momenten der Muße. Später kamen die Liturgien, die sie aus ihrer Heimat mitbrachten, hinzu. Dieser Name änderte sich und wurde in der afrikanischen Religion, die in Brasilien blühte, säkularisiert. Es gibt aber auch andere etymologische Interpretationen des Begriffes.

    In Kuba wird die Religion des Kultes an die Orixás Santería genannt. Auch in Brasilien erfährt die afro-brasilianische Religion in den verschiedenen Regionen unterschiedliche Namen: im Nordosten, zum Beispiel in Pernambuco und Alagoas, heißt sie Xangô; in Rio Grande do Sul heißt sie Batuque; in Maranhão Tambor-de-Mina. Sie alle haben ihre Eigenarten, doch im Kern vereint sie dieselben Prinzipien.

    In Afrika ist der Candomblé-Kult in dieser Form und unter diesem Namen nicht bekannt, weil diese Bezeichnung brasilianisch ist; dort gibt es den Kult der Gottheiten, häufig individualisiert nach Regionen, Städten und sogar Familien. Auf diesem Kontinent ist die Religion der Orixás, Voduns oder Inquices in vielen Städten ein integraler und wichtiger Bestandteil des gesellschaftlichen Lebens der Menschen. In Brasilien gab es gewissermaßen eine Fusion vieler regionaler afrikanischer Kulte.

    Der Candomblé ist im Kern afrikanisch. Und wenn man nur weit genug in der Geschichte zurück geht, so führt sie zu den sehr frühen spirituellen Formen ägyptischer Zeit zurück. Dieselben aus denen u.a. auch das Judentum und Christentum entstand. Im Vergleich zu den afrikanischen Kulten aus dem Gebiet des heutigen yorubischen Nigerias (grob vereinfacht) entwickelte sich der Candomblé in Brasilien in vier wesentlichen Dimensionen weiter.

    1. Verschmelzung der Einzelkulte. Die verschiedenen Einzelkulte der afrikanischen Städte verschmolzen langsam zu einem mehr oder weniger einheitlichen Gesamtkult. Hintergrund ist vor allem die Tatsache, dass bei der Verteilung der Sklaven darauf geachtet wurde, dass Familien und Gemeinschaften auseinandergerissen wurden. Dadurch waren die neu gruppierten Sklaven gezwungen ihre Einzelkulte zusammenzuführen, um sie als Gemeinschaft zu praktizieren. In gewisser Hinsicht wurde die einheitliche philosophische und spirituelle Basis wiederentdeckt.

    2. Übernahme schamanischer Praktiken. Der Bedarf der Anpassung der Rituale und Heilkunde an die neue Umgebung führte zu einer Übernahme vieler indianischer Traditionen und insbesondere ihrer Kräuterkunde, die der afrikanischen in vielen Bereichen stark ähnelte.

    3. Synkretistismus mit dem Katholizismus. Dies war die Überlebensstrategie afrikanischer Sklaven. Die Gleichsetzung katholischer Heiliger mit den afrikanischen Göttern ermöglichte es ihnen die verdeckte Anbetung ihrer Orixás. Dadurch entstanden über die Zeit Parallelkulte und neue Begriffswelten. Auch neue Rituale, Prozessionen entstanden.

    4. Erweiterung des Ahnenkultes um Elemente des europäischen Spiritismus, insbesondere des Kardecismus (Alan Kardec). Daraus entstand die spätere Umbanda – sowohl als eigenständige Tradition, wie auch als eigenständiger Kult innerhalb vieler Candomblé Häuser.

    Die Entstehung der yorubischen Tradition von Ifá

    Es wird allgemein angenommen, dass die yorubische Tradition von Ifá, aus der sich die brasilianische Tradition des Candomblés ableitet, aus dem frühen Ägypten stammt. Von dort aus wurde sie vor allem auch über alte Sklaven- und Handelsrouten nach Afrika gestreut, wo sie sich regional über die Jahrhunderte hinweg anpasste und diversen Rückkopplungen und Einflüssen ausgesetzt sah. Es existieren erstaunliche Parallelen zur Mythologie der Ägypter, sowie historischer Figuren aus der Zeit, die unter anderem auch in dem Alten Testament Erwähnung finden. Im Folgenden zitiere ich eine mir sehr glaubwürdig erscheinende Quelle, die hierzu Auskunft gibt. Für das Verständnis des Candomblés ist es nicht notwendig, diese historischen Details zu kennen, doch es ist hilfreich bei der Deutung historischer Figuren, hermetischer Prinzipien, historischer Entwicklungen. Der Blick in die Vergangenheit hilft gelegentlich Deutungen, Dogmen zu verstehen und zu justieren, zumindest in einen historischen Kontext zu setzen. Erst wenn man die Ursprünge versteht, die zugrundeliegenden Annahmen erkennt, vermag man so etwas wie eine grundlegende Wahrheit zu erkennen, die jenseits modischer Erscheinungen und Gewänder steht.

    Zu dem aus dem Englischen frei übersetzten Artikel:

    Herkunft der Yoruba und Die verlorenen Stämme Israels

    Von: Dierk Lange

    In: ANTHROPOS 106.2011: 579–595

    Abstrakt. – Auf der Grundlage vergleichender Studien zwischen der dynastischen Tradition der Ọyọ-Yoruba und der altorientalischen Geschichte argumentiert der vorliegende Artikel, dass Yoruba-Traditionen der Herkunft, die die Einwanderung aus dem Nahen Osten beanspruchen, grundsätzlich korrekt sind. Nach der Ọyọ-Yoruba-Tradition sah der Ahnherr Yoruba die assyrischen Eroberungen des israelitischen Königreichs aus dem 9. und 8. Jahrhundert v. aus der Perspektive der Israeliten. Nach dem Fall von Samaria im Jahr 722 v. Chr. Wurden sie nach Ostsyrien deportiert und adoptierten die regierenden assyrischen Könige als ihre eigenen. Der Zusammenbruch des assyrischen Reiches wird jedoch hauptsächlich durch die Augen der babylonischen Eroberer von Ninive 612 v. Diese zweite Verschiebung der Perspektive spiegelt die Desillusionierung der israelitischen und babylonischen Deportierten von Syrien-Palästina gegenüber den assyrischen Unterdrückern wider. Nach der Niederlage der ägyptisch-assyrischen Truppen in Karkemisch in Syrien im Jahr 605 v.Chr. Zahlreiche Deportierte folgten den ägyptisch-ägyptischen Truppen in das Niltal, bevor sie weiter nach Subsahara-Afrika zogen. (Nigeria, Assyrer in Afrika, Verlorene Stämme Israels, Migrationen, Staatsgründung, Eroberungsstaat, dynastische Traditionen, mündliche Traditionen, afrikanische Königslisten)

    Dierk Lange, Dr. Troisième-Zyklus (1974 Paris), Thèse d'État (1987 Paris); Prof. em. der afrikanischen Geschichte, Univ. von Bayreuth. – Feldforschung in Nigeria, Niger und Libyen. – Publikationen umfassen Bücher und Artikel zur Geschichte der mittelalterlichen Reiche Westafrikas (Ghana, Mali, Songhay, Kanem-Bornu) sowie zur Geschichte und Anthropologie der Yoruba, Hausa und Kanuri. – Siehe zitierte Referenzen.

    1. Einleitung

    Der aktuelle Auffassung zufolge sind die Yorubas lokalen Ursprungs, doch spiegelt diese Meinung eher den großen Einfluss des Postkolonialismus auf die afrikanische Geschichtsschreibung als die nüchtern-textkritische Forschung wider. Es beinhaltet die irreführende Entlassung der großen Herkunftstraditionen, die auf einen Ursprung der Vorfahren Yoruba im Nahen Osten schließen lassen. In der Tat, vor dem Aufkommen der akademischen afrikanischen Geschichtsschreibung in Verbindung mit der Unabhängigkeit der afrikanischen Staaten um 1960, stützten sich die Gelehrten mehr auf die verfügbaren Traditionen der Yoruba-Herkunft und sie führten einige vergleichende Forschungen zwischen Yoruba, antiken mediterranen und israelitischen Kulturen durch. Auf der Grundlage dieser Beweise schlugen sie vor, dass die Yoruba von weit her eingewandert seien: entweder aus Phönizien, der Mittelmeerwelt, Ägypten oder Nubien (Biobaku 1955: 8-13; Lange 1995: 40-48). Wenn sich eine dieser Annahmen als wahr und die gegenwärtige Meinung als ideologisch voreingenommen erweisen könnte, würde dies bedeuten, dass in Subsahara-Afrika eine Kultur der antiken Welt überlebt hätte, die im Ursprungsgebiet durch nachfolgende weitreichende Entwicklungen wie Hellenisierung, Christianisierung und Islamisierung (Lange 1995, 1997, 1999).

    Akademische Historiker der postkolonialen Periode nehmen eine hyperkritische Position ein, indem sie auf mehrere Faktoren hinweisen, die die Grundaussage der Traditionen, die früher als untergeordnet angesehen worden waren, für ungültig erklären. Sie betonen, dass die Migration der Yoruba unwahrscheinlich sei, solange die Menschen im Norden keine Einwanderer seien. Sie schätzen, dass Migrationstraditionen aus dem Nahen Osten das Ergebnis eines islamischen Feedbacks waren, da lokale Hüter der Traditionen die historischen Daten manipulierten, um eine prestigeträchtige Geschichte zu entwickeln, die der von Muslimen und Christen entspricht (Fage 1976: 64 f .; Henige 1982: 81 f.). Sie werfen insbesondere Wissenschaftlern, die sich nicht afrozentrischen Versuchen stellen, afrikanische Geschichte zu rekonstruieren, die sogenannte hamitische Hypothese zu, die Afrikanern die Fähigkeit verwehrt, ihre eigenen Staaten zu gründen. Mit wenig Sorge für die verfügbaren Quellen behaupten sie, dass jeder Hinweis auf Migrationen von außerhalb Afrikas hauptsächlich auf den Versuch zurückzuführen ist, Kolonialismus zu rechtfertigen, indem die koloniale Situation in die Vergangenheit projiziert wird (Gesetz 2009: 297 f.). Solche ideologischen Vorurteile, die auf nationalistischer Geschichtsschreibung beruhen, lassen erhebliche Hindernisse für eine nüchterne Herangehensweise an die verfügbaren historischen Quellen aufkommen. Darüber hinaus hemmen sie jeden Versuch, über die natürlichen Grenzen regionaler Studien hinauszugehen, und sie schaffen enorme Hindernisse für die Integration Afrikas in die Weltgeschichte in der Antike.

    1.1 Migration aus dem Nahen Osten und die Gründung der Sahelstaaten nördlich der Yoruba

    Aus dem 9. Jahrhundert a.d. Weiter geben zahlreiche arabische Autoren Auskunft über afrikanische Staaten südlich der Sahara, die von arabischen und berberischen Händlern, die sie besucht hatten, erhalten wurden. Die meisten dieser Autoren waren Geographen mit wenig Interesse an der Geschichte. Eine große Ausnahme bildet al-Ya'qūbī, der früheste der drei wichtigsten Historiker der Araber, der im Irak geboren wurde und 873 in Khurasan seinen gefeierten Ta'rīkh feierte. Es ist ein großes Glück für die afrikanische Geschichte, dass al-Ya'qūbī eine globale Sicht auf die Menschheit hatte, die weit über den islamischen Horizont hinausging. Nachdem er die Geschichte der biblischen Patriarchen und die der antiken Welt erzählt hat, setzt er seine Arbeit mit Indien und China fort und wendet sich dann dem subsaharischen Afrika zu, wobei er seinen Bericht mit einer großen Wanderung beginnt:

    Das Volk der Nachkommen von Ḣ ām, Sohn Noahs, verließ das Land Babel, ging nach Westen, durchquerte die Euphrathen, zog nach Ägypten und von dort nach Ost- und Westafrika. Westlich des Nils ließen sich die Zaghawa in Kanem nieder, neben den Hausa (Text: Ḣ WḊ N), dann die Kawkaw und schließlich die Menschen in Ghana (Levtzion und Hopkins 1981: 21).

    Historiker neigen dazu, diese Information als nützlich zu verwerfen, weil sie die gesamte frühe Menschheitsgeschichte in die Form der Abstammung von Noah zu drücken scheint. Es kann jedoch gezeigt werden, dass al-Ya'qūbī zu sehr den Fakten gewidmet war, um die Geschichte des afrikanischen Volkes zu manipulieren, indem er ex nihilo Details einer frühen Migration erfand, um sie zur vorgefassten Idee der biblischen Abstammung zu machen. Wahrscheinlich stützte er sich in diesem Fall auf Informationen von Reisenden, die selbst die Sahel-Reiche besucht hatten.

    Zwei andere Autoren, Ibn Qutayba im neunten Jahrhundert und al-Mas'ūdī im zehnten, wiederholen in der Tat ähnliche teilweise unabhängige Traditionen (Levtzion und Hopkins 1981: 15, 31).

    Heute erzählen die Hofhistoriker dieser überlebenden Königreiche immer noch Geschichten von frühen Migrationen. Dies ist der Fall in Kanem-Bornu, wo der Dynastiker mit seinen Leuten von Bagdad nach Jemen und damit in die Region des Tschadsees gewandert sein soll (Lange 2010b: 89-93; 2011b: 3-10). Im zentralen Hausa-Staat Daura behauptet die große nationale Tradition, dass der Großteil der Bevölkerung aus Syrien-Palästina kam und dass der Führer aus Bagdad stammte (Palmer 1928: 132 f .; Lange 2004: 289 f.) . Weiter im Westen erzählen die Traditionalisten in Kebbi die Geschichte eines legendären Helden, der aus einer Stadt im Nahen Osten ausgewandert ist und mit seinen Anhängern über Ägypten und Fezzan zu den heutigen Orten des Volkes weitergereist ist (Lange 2009: 363- 366). Die Helden dieser und anderer Wanderungsgeschichten können in manchen Fällen – wie Kanem und Kebbi – mit dem großen mesopotamischen Reichsbauer Sargon von Akkad (2334-2279) identifiziert werden, der sich zu einem epochalen Helden mutiert, der sich in ihn eingliedert Er hatte mehrere, später antike nahöstliche Könige und führte sein Volk sogar nach Westafrika. In anderen Fällen entspricht der Migrationsheld dem assyrischen Flüchtlingskönig Assur-uballit II (612-609). Aus der Babylonischen Chronik kennen wir die wichtigsten Einzelheiten des Falls des assyrischen Reiches: der besiegte Kronprinz mit seinen Truppen aus der eroberten Stadt Ninive, wurde als letzter König von Assyrien in Harran in Syrien gekrönt und wurde militärisch Unterstützung von den Ägyptern, aber er wurde so unbedeutend, dass die Chronik jede Erwähnung von ihm im Zusammenhang mit der vernichtenden Niederlage der ägyptischen Truppen in Karkemish im Jahre 605 v (Grayson 1975: 94-99; Oates 1991: 182 f.). Assuruballit II ist in mehreren westafrikanischen Traditionen prominent vertreten: Die große Hausa-Legende von Daura nennt ihn nach seinem zweiten Namen Bayajidda (uballi bayt> bayajidd (a)), bezieht sich auf die Hälfte der königlichen Truppen aus Bagdad (als Aktualisierung von Ninive), verfolgt seine Wanderung nach Bornu (nach Ägypten), wo der König von Bornu seine Truppen nach und nach zu seinem eigenen Nutzen lieh, bis der Held schließlich allein auf seinem Pferd nach Daura in Hausaland, wo er den Drachen tötete, heiratete die Königin, die früher mit ihrem Volk aus Syrien-Palästina eingewandert war, hatte Kinder mit sich und wurde so zum Begründer der sieben Hausa-Staaten (Palmer 1928: 133 f .; Lange 2004: 290-295). Laut der ursprünglichen Fassung der schriftlichen Berichte von Kanem war der Anführer der großen Migration über Ägypten und Fezzan Arku, ein Name, der aufgrund seiner akkadischen Bedeutung der Zweite Assuruballit II (Lange 2011b: 17 f.).

    Die Traditionen der nördlich der Yoruba gelegenen großen Staaten verweisen daher auf eine große Abwanderung von Staatsbauern aus dem Vorderen Orient, in der der heroische Führer entweder eine Form des Namens des größten mesopotamischen Reichsbauers Sargon von Akkad trägt, verehrt insbesondere von den sargonischen Königen von Assyrien, oder irgendeine Form des Namens von Assur-uballit II, der letzte König von Assyria.

    Onomastische Beweise, abgeleitet von arabischen dynastischen Berichten, die von früheren hebräischen oder aramäischen Schriften initiiert wurden, bestätigen die Gültigkeit der mündlich übermittelten Migrationslegenden. Für den vorderasiatischen Hintergrund der Geschichte von Kanem haben wir die Königslisten und die Dīwān, eine Chronik auf Arabisch, die auf einer früheren Chronik basiert, die auf Hebräisch geschrieben wurde und in der eine kurze Konversation in Form einer kurzen Königsliste dargestellt werden kann mit dem Ursprung der staatlichen Erbauer von Kanem (Lange 1977: 66 f.). Beginnend mit den kühnen Köpfen der drei Hauptstaaten des Fruchtbaren Halbmonds – Sēf / Sargon von Akkad, Ibrāhīm / Abraham von Israel, Dūkū / Hammurabi von Babylonien – geht es weiter mit vier Königen die für die Neo-Assyrische Expansion standen: Fune / Fûl (Tiglat-Pileser III) und drei andere Könige, die urartische, elamische und hethitische Deportierte vertraten; Es endet mit zwei Königen, die den Fall des assyrischen Reiches anzeigen. Diese letzten Könige der alten Vorgeschichte von Kanem sind Bulu / Nabopolassar (626-605) und Arku / Assuruballit II (612-609). Die Einfügung von Nabopolassar, dem babylonischen Eroberer Assyriens, in eine Königsliste, die ansonsten eine proassyrische Sicht auf die altorientalische Vorgeschichte der Staatsgründer von Kanem darstellt, erklärt sich aus der zwiespältigen Haltung der verschiedenen Flüchtlingsgemeinschaften der Deportierten gegenüber dem assyrischen Staat. Einerseits waren sie der assyrischen Führung für ihre Aufnahme in hohe Positionen des assyrischen Staates und der asso- zianischen Armee zu Dank verpflichtet, andererseits betrachteten sie die assyrische Elite als ihre Unterdrücker und lobten dementsprechend die babylonischen Eroberer. Durch die Einführung des Namens des babylonischen Eroberers zwischen den Namen der Könige, die die Gemeinden der assyrischen Deportierten repräsentieren, und des letzten assyrischen Königs bietet der antike Chronist in onomastischer Form einen ziemlich genauen Einblick in den Fall von Assyrien (Lange 2011b: 17 f. ).

    Beweise, die aus der Königsliste von Kebbi stammen, bestätigen die Gültigkeit dieser Analyse auf der Grundlage von onomastischem Material aus Kanem-Bornu-Quellen. So wie der frühe Teil des Dīwān der arabischen Übersetzung (und Adaptation) einer hebräischen Chronik entspricht, repräsentiert der vorislamische Teil der Königsliste von Kebbi die arabische Übersetzung einer aramäischen Königsliste. Obwohl es 33 königliche Namen enthält und daher viel weiter ist als der vorderasiatische Teil des Dīwān, hat es ähnliche Abschnitte und bezieht sich auch auf deportierte Menschen wie Kassiten, Babylaner, Elamiter, Urartianer, Hethiter, Aramäer, und Israeliten. Durch die Anordnung der königlichen Namen, die zweite Sektion, ist ersapréc die Zeit der Reichsgründung von Sargon von Akkad. Sein letzter Abschnitt, der ebenfalls mit Fumi / Fûl (Tiglat-Pileser III) beginnt, erwähnt einige neuere assyrische Könige und endet, wie der Dīwān, chronologisch genau mit dem babylonischen Eroberer von Assyrien und dem assyrischen Flüchtlingskönig in diesem Fall Maru-Tamau / Nabopolassar (626-605) und Maru-Kanta / Assur-Uballit II (612-609) (Lange 2009: 369-375). Es kann daher kaum bezweifelt werden, dass Kanem und Kebbi – und einige andere große Staaten nördlich der Yoruba – von Flüchtlingen aus dem zusammenbrechenden assyrischen Reich gegründet wurden, das aus wenigen Assyrern und zahlreichen in den westlichen Provinzen des Landes gelegenen Deportierten bestand Reich. Sie wurden von den vorrückenden babylonischen und medianischen Truppen westwärts nach Syrien getrieben, wo sie zusammen mit ihren ägyptischen Verbündeten 605 v. Chr. In der Schlacht von Karkemisch geschlagen wurden. und damit auf den Spuren ihrer Verbündeten nach Ägypten und von dort nach Westafrika (Lange 2010a: 105-107).

    Ein Wort sollte über die israelitische Komponente dieser altorientalischen Immigranten gesagt werden. Obwohl die Israeliten aus dem nördlichen Staat zahlenmäßig schwach waren, war ihr kultureller Einfluss beträchtlich. In Kanem wird dem dynastischen Helden Sef / Sargon die Abstammung von den biblischen Patriarchen zugeschrieben, die mit Adam beginnt und mit Abraham endet, und die Einheit der verschiedenen eingewanderten und lokalen Clans wurde durch ein nationales Heiligtum, das Mune / Manna, sichergestellt, welches das Imam Ibn Fur ̇̇tūclaim, mit der Sakina von König Saul identisch zu sein (Lange 2006; Seow, ABD / I: 386-393). In Daura verfolgt die große Hausa – Tradition den Ursprung der sieben Hausa – Staaten nach dem Muster des abrahamitischen Abstammungsschemas von einer äquivalenten Darstellung Isaaks, aber in diesem Fall verwandelte sie sich in einen Sohn der kanaanitischen Königin Magajiya / Sarah und der assyrische Flüchtlingskönig Assuruballit II / Bayajidda (anstelle von Abraham). Im Gegensatz dazu sollen die sieben Nicht-Hausa-Staaten von dem Sohn der Sklavin der Königin stammen, Bagwariya / Hagar, der von der Königin dem Helden geschenkt wurde, so wie Hagar von Sarah an Abraham angeboten wurde. Sie gebar einen Sohn, der Ismael, dem Vorfahren der zwölf arabischen Stämme, gleichwertig ist und wiederum Vorfahren der sieben Nicht-Hausa-Staaten hervorbrachte (Palmer 1928: 134; Lange 2004: 294 f.). Allein im Kontext der Deportierten aus dem israelitischen Nordstaat scheint die Zahl der Zwölf auf sieben reduziert worden zu sein, und der Gegensatz zwischen den beiden Gruppen von sieben Staaten scheint zwischen israelischen und nicht-israelitischen Staatsgründern zu unterscheiden unter eingewanderten assyrischen Deportiertengruppen (Die Vorstellung von sieben nördlichen israelitischen Stämmen scheint auf der Unterlassung der Stämme Simeon, Juda, Benjamin, Levi und Ruben zu beruhen (Jeansonne, ABD / VI: 26; De Geus, ABD / III: 1034) Spencer, ABD / IV: 294, Oller, ABD / V: 693).)

    In Kano, der größten Stadt Haussalands, wurde das Äquivalent der Bundeslade – in diesem Fall Cukana / Sakina genannt – zu Beginn des 19. Jahrhunderts im Fulani Jihad zerstört (Palmer 1928: 116, 127; Letzte 1980: 172). Andere wichtige Überreste der israelitischen Kultur lassen sich in den Hausa-Staaten Ƙatsina, Biram und Kebbi nachweisen (Palmer 1926/7: 221 f .; Lange 2009: 374). Aufgrund des postkolonialen Afrozentrismus haben sie noch nicht die Aufmerksamkeit erhalten, die sie verdienen.

    1.2 Yoruba Traditionen der Migration aus dem Nahen Osten

    Die Yoruba leben in einer tropischen Region zu weit südlich der Sahara, um zu den Aufzeichnungen arabischer Geographen aus dem Mittelalter zu kommen. Obwohl die Yoruba heute als ein einzelner Stamm oder Volk betrachtet werden, bildeten sie in vorkolonialer Zeit keine politische Einheit, sondern umfassten viele separate Staaten im heutigen Südwesten Nigerias. Yoruba war ein alternativer Name für den größten und mächtigsten dieser Staaten, Ọyọ, im Norden. Der Name wurde in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf die gesamte linguistische und kulturelle Gruppe ausgedehnt, die einen gemeinsamen Ursprung von Ile Ifẹ, dem Ort eines bemerkenswerten Schöpfungsmythos (Bascom 1969: 9-11), beansprucht. Daher beziehen sich die wenigen Äußerungen über die Yoruba, die in Schriften afrikanischer Gelehrter des Sudanic-Gürtels vom 17. bis zum 19. Jahrhundert vorkommen, ausschließlich auf das Königreich von Ọyọund nicht auf alle Yoruba sprechenden Menschen (Hodgkin 1975: 156).

    Der erste und einzige sudanische Autor, der genaue Informationen über die Herkunft der Yoruba liefert, ist Muh ̇ammad Bello, der Sohn des Gründers des Sokoto-Kalifats und seines späteren Nachfolgers. In seinem 1812 geschriebenen Infāq almaysūr schrieb er einen kurzen Bericht über die Herkunft der Yoruba und erklärte, dass die Yoruba Überreste der Kanaaniter des Stammes Nimrūd seien, die von Ya'rub b. Aus dem Irak vertrieben wurden. Qaḣ ̇tān und die in den Westen zogen, bevor sie über Ägypten und Äthiopien weiterzogen, bis sie nach Yoruba kamen (Bello 1964: 48; Arnett 1922: 16).

    Auf der Grundlage der hyperkritischen islamischen Rückkopplungstheorie bezweifeln die meisten Historiker heutzutage die Gültigkeit von Behauptungen, die nahöstliche Ursprünge postulieren. Sie glauben, dass unter dem Einfluss des Islam afrikanische Bewahrer der Traditionen Einwanderungsvorwürfe aus dem Nahen Osten erhoben, um die Geschichte ihres eigenen Volkes in das, was sie als den Mainstream der historischen Entwicklungen betrachteten, einzufügen (Fage 1976: 64 f .; Henige 1982: 81 f.). In jüngerer Zeit wurde jedoch vorgeschlagen, dass eine arabisch-islamische Überlagerung dieser Traditionen durch eine Interpretation Arabica versuchte, eine frühere indigene Tradition an arabisch-islamische Vorstellungen von Geographie und Geschichte anzupassen (Lange 2008; 2011b: 5). . Insbesondere scheinen bestimmte Namen der indigenen Tradition mit den aus der arabischen Geschichtsschreibung bekannten Argumenten angeglichen worden zu sein, um die Verständlichkeit der Tradition zu erhöhen. So könnte der biblische Name Nimrod – auch aus anderen zentralsudanischen Traditionen bekannt – seit alters her eine Interpretation Hebräiens für den großen mesopotamischen Reichsbauer Sargon von Akkad, in Kanem-Bornu als Sef genannt, in Daura als Najib, in Kebbi als Kanta, in Songhay als Qanda und in Yorubaland als Okanbi. Die andere von Bello, Ya'rub b. Qah ̇ ̇tān, der die Yoruba aus dem Irak vertrieben haben soll, wurde wahrscheinlich aufgrund von zufälliger Homophonie unter den alten Königen der Yemeniten gewählt. Diese Wahl eines Namens ist jedoch nicht rein willkürlich, da sich die frühen jemenitischen Könige der arabischen Geschichte als einer der Überlieferungen der südarabischen und assyrischen Geschichte entsprechend erweisen können (Lange 2011c). Laut arabischen Historikern, Ya'rub b. Qah ̇ ̇tān war der zweite König nach Qah ̇ ̇tān / Yoktan, Sohn von Eber, und aufgrund seines Namens wurde er als der erste arabische Sprecher unter diesen Königen betrachtet (al-Ya'qūbī 1960 / I: 195; Ibn Qutayba 1960) : 627). Obwohl es sehr unwahrscheinlich ist, dass vertriebene Menschen den Namen ihres Eroberers annehmen würden, könnte sein Name im Zusammenhang mit einer Vertreibung aus Mesopotamien Erinnerungen an Nabopolassar, den babylonischen Eroberer von Ninive im Jahr 612 v. In einigen Yoruba-Schöpfungsberichten wird der Name Yoruba an Stelle von Ọranjan / Jakob erwähnt, dürfte aber eher aus dem Namen Jerobeams stammen, der den Gründer des nördlichen israelitischen Königreichs bezeichnet (Bowen 1857: 266). Bello erwähnt weiterhin die Ansiedlung verwandter Flüchtlinge im Hügelland – vermutlich südlich von Sokoto – und in der Stadt Yauri Menschen, deren Herkunftstraditionen große Ähnlichkeiten mit denen der Ọyọ-Yoruba aufweisen (Hogben und Kirk-Greene 1966: 256) -260). Aus der Lektüre der anderen von Bello aufgezeichneten Herkunftstraditionen geht hervor, dass der Autor nur die Personen, die er hochschätzt, wie etwa seine eigenen Fulani, die Kanuri von Kanem-Bornu und die Yoruba, mit vorderasiatischem Ursprung verdankt. Er bestreitet solche Provenienz denen, auf die er herabsieht, wie die Hausa, die kürzlich von den Fulani unterworfen worden sind, obwohl die Hausa selbst eine solche Tradition haben – die er ohne Bezug auf ihre prestigeträchtigen Ursprünge erwähnt. Es ist schwer vorstellbar, warum Bello – oder andere Gelehrte vor ihm, auf die er sich stützt – eine Tradition nahöstlichen Ursprungs erfunden haben sollte, um Menschen anzusprechen, mit denen er nichts gemeinsam hatte.

    Die dynastische Tradition, die von Barden des Königshofs von Ọyọ übertragen wird, verfolgt neben Muh ̇ammad Bello ebenfalls den Ursprung der Yoruba bis in den Orient. Laut der Version der Tradition, die 1895 von dem Yoruba scholar Samuel Johnson aufgezeichnet wurde, lebten die Ahnen Yoruba in Mekka und ihr König war Nimrod. Braima, d. H. Abraham, initiierte eine Revolte gegen das polytheistische Regime von Nimrod, in dessen Verlauf Nimrod getötet wurde. Darauf zog Oduduwa, der Sohn Nimrods, mit seinen Gefolgsleuten und den Götzen nach Afrika und verließ auf dem Wege einige Verwandte, wie die Kanuri von Kanem-Bornu und die Leute der Hausa-Königsvölker von Gobir. Er ließ sich mit seinen Leuten in Yorburg nieder, wo er die heilige Stadt Ile Ifû gründete (Johnson 1921: 3-5). Details der Geschichte zeigen, dass umfangreiche Anleihen aus arabischen Quellen stammen (al-Tabarī 1989: 49-61; al-Kisā'ī 1978: 136-150). Unter der Schicht der interpretativen arabischen Geschichte finden wir jedoch Elemente einer authentischen Tradition: Obwohl nicht unbedingt in Mekka, lebten die Vorfahren der Yoruba einst im Nahen Osten; Mit ihrem biblischen Namen Nimrod wurde ihr angestammter König im Zuge eines Volksaufstandes getötet; sein Sohn Oduduwa ed mit vielen Menschen, von denen einige sich auf dem Weg nach dem späteren Yorubaland niederließen. Betrachtet man die Traditionen der Menschen auf dem möglichen Migrationsweg zwischen Syrien-Palästina, Darfur und der Region Tschadsee, finden sich Hinweise auf Provenienz- und antike Herkunftsländer, die zur Geschichte des Fruchtbaren Halbmonds gehören (Lange 2011a).

    In einer neueren und wahrheitsgetreueren Version der dynastischen Tradition von Ọyọ heißt die ursprüngliche Stadt der angestammten Yoruba in Arabien nicht Mecca, sondern Mēndiana. Unabhängig von Johnson schrieb der ỌyọPrinz Adẹyemi 1914, dass die Yoruba zusammen mit ihren nördlichen Nachbarn, den Bewohnern von Borgu, aus Medina stammten (Falọla und Doortmont 1989: 313). Man könnte meinen, dass beide Städte, Mekka und Medina, in den Yoruba-Traditionen erwähnt werden, nur weil sie aufgrund der Wallfahrten ihrer muslimischen Nachbarn zur Note des Volkes gekommen sind. Dies ist nur in dem Maße der Fall, in dem die Geographie des Nahen Ostens in den Köpfen der Binnenafrikaner in jene Städte reduziert wurde, die in mündlichen Berichten häufig erwähnt werden. Aus neueren Aufnahmen der königlichen Traditionen von Ọyọgeht jedoch hervor, dass weder Mekka noch Medina in der Tradition der ursprünglichen Heimatstadt Mēndiana genannt wurden. Die königlichen Barden von Ọyọunterscheiden Mọndiana von Medina und lokalisieren deutlich die Stadt jenseits von Mekka (Moraes Farias 1990: 121 f.). Eine solche Bezeichnung des Herkunftsortes der Yoruba kommt der Tradition der Herkunft der Kabawas nahe und lokalisiert die ursprüngliche Heimat des Volkes in einer Stadt namens Madayana, die noch nicht den arabischen Begriffen der nahöstlichen Geographie (wie Bagdad) entsprach oder Jemen) (Lange 2009: 364; HALAT / II: 521). Sowohl Múndiana als auch Madayana scheinen Namen zu sein, die von der aramäischen Bezeichnung madīnah Stadt, Stadt abgeleitet sind und sich auf eine große Stadt Mesopotamiens beziehen. In ähnlicher Weise erwähnen mehrere biblische Autoren Ninive durch den generischen Hebräischen Ausdruck îr Stadt .3 In der Yoruba und Kebbi Tradition könnten sich die beiden Bezeichnungen daher auf die große Stadt Ninive beziehen, die vom Kronprinzen hinterlassen wurde mit seinen Anhängern nach einer Katastrophe.

    Im Kontext einer allgemeinen Neubewertung der alten Geschichte des Zentralsudans scheint es, dass die Theorie einer Migration der angestammten Yoruba aus Mesopotamien mit der Geschichte ihrer nördlichen Nachbarn in der Region Niger-Tschad übereinstimmt. Diese Theorie postuliert nicht eine massive Migration von Menschen aus dem Nahen Osten zu einem unbestimmten Zeitpunkt, sondern Rückwirkungen aus dem Fall des assyrischen Reiches und der darauffolgenden Niederlage der ägyptisch-assyrischen Armee im Jahr 605 v.Chr. (Saggs 1984: 120 f .; Oates 1991: 182 f.). Es ist nichts Unwahrscheinliches in der Vorstellung, dass diese entscheidenden Ereignisse in den Traditionen von Menschen widergespiegelt werden, deren Vorfahren in großer Zahl nach Westafrika gegangen zu sein scheinen. So die parallelen Hausa und Yoruba Traditionen, die den Tod des letzten großen Königs in der antiken Hauptstadt erwähnen, beziehen sich aller Wahrscheinlichkeit nach auf den Tod von Sin-shar-ishkun in seinem Palast in Ninive (Palmer 1928: 133; Johnson 1921: 4). Sein Sohn, genannt Bayajidda oder Oduduwa, kam nach dem Tod des Königs mit den Überresten des Volkes nach Westafrika, was offenbar dem Rückzug Assuruballits II., Des Sohnes von Sin-shar-ishkun, mit den Resten gleichkam von der Armee, zuerst nach Harran in Syrien, 380 km von Ninive entfernt und später – auf den Spuren der ägyptischen Verbündeten – ins Niltal und möglicherweise auch weiter. Die schriftlichen dynastischen Listen von Kanem und Kebbi im Zentralsudan zeichnen diese Ereignisse nüchterisch auf, indem sie einfach am Ende der Liste der alten nahöstlichen Könige die Namen des babylonischen Eroberers von Ninive, Nabopolassar (genannt Bulu oder Maru-Tamau) erwähnen. und die des assyrischen Flüchtlingskönigs Assur-uballit II (genannt Arku oder Maru-Kanta). Was al-Ya'qūbī betrifft, so bezieht sich sein kurzer Bericht über die große Migration der westafrikanischen Bevölkerung, die von Babylon ausgeht, wahrscheinlich auf westafrikanische mündliche Überlieferungen arabischer Händler, die zu seiner Zeit detaillierter gewesen sein könnten als heute. In seinem Fall scheint der Name des berühmten Babylons das weitgehend vergessene Ninive ersetzt zu haben. Angesichts der elitären Ausrichtung der Traditionen ist es nicht verwunderlich, dass die überlieferten mündlichen Berichte in Westafrika auf der assyrischen Führung und ihrer Niederlage in der mesopotamischen Hauptstadt bestehen. Im Gegensatz dazu vernachlässigen sie weitgehend den Ursprung der Mehrheit der Flüchtlinge aus ausländischen Deportiertengemeinschaften, die von den assyrischen Behörden in Syrien-Palästina eingerichtet wurden (obwohl die Hausa-Legende klar zwischen der ersten Ansiedlung von Menschen aus Syrien-Palästina und der späteren Ankunft von Bayajidda unterscheidet) / Assur-Uballit II selbst). Hinweise auf diese Deportiertengemeinschaften liefern die onomastischen Beweise in den zentralsudanischen Königslisten. Neben den exilierten Israeliten beziehen sich die verfügbaren Königsnamen auch auf Babylonier, Assyrer, Elamiter, Kassiten, Urarthen, Hethiter und Aramäer (Lange 2009: 369-375; 2011b: 13-18).

    Neben den exilierten Israeliten beziehen sich die verfügbaren Königsnamen auch auf Babylonier, Assyrer, Elamiter, Kassiten, Urarthen, Hethiter und Aramäer (Lange 2009: 369-375; 2011b: 13-18). Aus den Überlieferungen Kanem-Bornus, Hausalands und Yorubalands geht hervor, daß die Israeliten, obwohl zahlenmäßig nicht sehr wichtig, den größten kulturellen Einfluß aller nationalen Gruppen hatten, die ihren Weg nach Westafrika fanden.

    1.3 Die dynastische Tradition von Ọyọ als Umriss der israelitisch-assyrischen Geschichte

    Die dynastische Tradition der Ọyọ-Yoruba, die aus langen, gut durchdachten königlichen Gedichten besteht, nennt nach der Schilderung der Herkunft die Namen und Leistungen von 29 Königen, die 1804 vor den Fulani Jihād herrschten (Johnson 1921: 187; Hess 1898) : 130-173). Obwohl es keinen Synchronismus für einen dieser Könige gibt, wird allgemein angenommen, dass sie die Herrscher des Ọyọ-Reichs waren, dessen Herrschaft unmittelbar der Jihād-Zeit vorausging. Diese Annahme vernachlässigt das wohlbekannte Phänomen der Schwebungslücke in mündlichen Überlieferungen, das der Entstehungsgeschichte nachfolgt und der Zeit der jüngsten Vergangenheit vorausgeht, die beide durch eine Fülle von Informationen gekennzeichnet sind, während es für die mittlere Periode eine toalabsenceofdata (Vansina1985: 23f.) Die Historiker vermuteten, dass sie propagandistische Projektionen der Entwicklung des 19. Jahrhunderts in die Vergangenheit vermittelten (Gesetz 1985: 33-49; Agiri 1975: 5-11). Vor einiger Zeit wurde erkannt, dass der frühe Ṡango-Abschnitt der Ọyọ-Tradition eine Episode der israelitischen Geschichte des neunten Jahrhunderts widerspiegelt, aber diese Analyse eines einzelnen Abschnitts der Tradition fand wenig Echo (Lange 1999: 88-99) ; 2004: 239-242). Die folgende Entwicklung gibt einen groben Überblick über die gesamteỌyọ-Tradition, was darauf hinweist, dass sich das reiche Jihad-Korpus der Tradition in der Tat nicht auf die lokale, sondern auf die israelitisch-assyrische Geschichte bezieht. Es basiert auf einem Vergleich der verschiedenen verfügbaren Aufzeichnungen der Tradition, einschließlich der bekannten Version der von Samuel Johnson aufgezeichneten Tradition und der neu entdeckten leicht abgekürzten Version der Überlieferung, die vom französischen Priester Jean Hess übersetzt wurde (Johnson 1921: 143-182; Hess 1898: 117-175). Die vollständigen Ergebnisse dieser Untersuchung, die alle fünf Abschnitte der Tradition betreffen, werden hoffentlich in naher Zukunft veröffentlicht werden.

    Erster Abschnitt

    Der erste Abschnitt des Korpus der Ọyọ-Tradition betrifft frühe israelitische und assyrische Könige. In klarer Abfolge rezitiert beginnen die gut strukturierten königlichen Gedichte von Ọyọmit Lamarudu / Nimrod (1), dem biblischen Namen Sargon von Akkad (2334-2279) (Levin 2002: 359 f.). Ihm folgen Oduduva (2), der legendäre Gründer von Ifẹ, und Ọranyan / Ọranmiyan, der legendäre Gründer von Ọyọ. Aufgrund der Wurzel geliebt, die in der Form mdd auf die semitische Chaosgottheit Yamm und die Pluralendung -āwu> -ūwa angewandt wird, scheint Oduduwa eine Mehrzahl halbfeindlicher, halbfreundlicher assyrischer Könige zu bezeichnen .4 Was Ọranyan / Ọranmiyan betrifft, so scheint der Name für Jakob zu stehen, Sohn des Isaak, auch Israel genannt, der gleichnamige Vorfahre der Israeliten. Im Hinblick auf seine Ableitung von ọrun Himmel ọran wird der erste Bestandteil des Namens Ọranyan / Ọranmiyan mit dem semitischen Samen Himmel in Verbindung gebracht, der im Namen Samemroumos hoher Himmel enthalten ist, manchmal gedacht ein Beiname des Patriarchen Jakob sein (Meyer 1906: 278; Dijkstra DDD: 863). Allgemeiner gesagt, Ọranyans Schlüsselposition sowohl in der Ọyọ-Tradition als auch in der Ọyọ-Schöpfungsgeschichte verleiht ihm die Charakteristik einer zentralen Figur der israelitischen Legende und Mythologie (Johnson1921: 143-146; Hess 1898: 123-127).

    Die ọyọdynastische Tradition setzt sich fort mit dem Epochenherrscher Ajaka (4), der Isaak entspricht. Er erwähnt jegliche Erwähnung von David und Salomo, den Königen des sogenannten Einheitsreiches Israel, und beschreibt als nächstes den Aufstieg des Erzenkönigs Ṡango (ausgesprochener Šàngó), von dem man annahm, dass er über das Königreich für sieben regierte Jahre. Ṡango (5) kämpfte hauptsächlich gegen Ọlọyọkoro, König des Kern-Ọyọ, und als er ihn besiegen wollte, gab er seinem Handlanger Ọmēsanda die Gelegenheit, seinen Feind zu besiegen und ihn zu töten (Hess 1898) : 137-142; Johnson 1921: 149-152). Diese Nachfolge der Ereignisse entspricht eng der ersten as- syrischen Intervention in Israel unter Salmanassar III., Die nach Ansicht einiger Historiker ein wichtiger Faktor für den Sturz Jorams durch Jehu und die Ersetzung der Omriden durch die Dynastie war von Jehu (Astour 1971; Ahlström 1993: 592-596). Der Name Ṡ ango leitet sich höchstwahrscheinlich von šangû, dem priesterlichen Königstitel der assyrischen Könige, ab. Ọlọyọkoro (Yoruba: König des Kernes Ọyọ) bezeichnet offensichtlich Joram, den letzten König der Omriden, während der Name Ọmọsanda (Yoruba: Sohn von Sanda ) bezieht sich auf Jehu b. Nimsi (841-804), der Gründer der zweiten Dynastie Israels. Unterstützt von einigen Rekonstruktionen der israelitischen Geschichte beschreibt dieser Bericht der Ereignisse Jehu als ein Instrument des assyrischen Expansionismus.

    Der dramatische Niedergang von Sango, der in der Zerstörung seines Palastes und der Ermordung seiner Familie gipfelte, verbindet die Schärfe des assyrischen Eroberers des 9. Jahrhunderts mit dem des letzten Königs von Assyrien, der mit einigen Mitgliedern Selbstmord beging seiner Familie, um 612 v. Chr. nicht in die Hände der babylonischen Eroberer von Ninive zu fallen Nach S ̇angos Tod finden wir wieder den epochalen Helden Ajaka / Isaak auf dem Ọyọ/ israelitischen Thron, in dessen zweitem Namen Ajuwon es eine Versuchung gibt, eine leicht veränderte Form des Namens Jehu zu sehen. Von ihm wechselt die Tradition zu zwei Königen, Aganju (6) und Kûri (7), die nach der Geschichte der Frau des Ehers und dessen Mutter, Iyayun / Semiramis, vielleicht mit den assyrischen Königen identifiziert werden können Shamshi-Adad V (824-811) und Adad-Nirari III (811-781).

    Der nächste von Ọyọerwähnte König ist Oluaso (8), der aufgrund seines Namens dem israelitischen König Joas (804-790) entspricht. Obwohl auf den ersten Blick beide Namen wenig gemeinsam zu haben scheinen, scheint eine einfache Verwandlung stattgefunden zu haben: der theophore Teil des Namens Jo / Yahweh wurde durch das neutrale el / olu theophore Element ersetzt, während der zweite Teil des Name wurde nur geringfügig geändert: aš (hat gegeben)> ua. Beide Könige werden für ihre friedliche und wohltätige Herrschaft in Erinnerung bleiben. Der letztgenannte König des vorexistierenden Israel ist Olugbogi (9), der mit seinem Namen – der zweite Teil des Namens ist eine dialektische Variante von (yāro) b'ām möge das Volk groß sein (Olug) bogi – scheint äquivalent zu sein Jerobeam II. (790-750). Ihm folgten drei weitere israelitische Könige, die mehr als zwei Jahre regierten – Menahem (749-738), Pecha (740-732) und Hosea (731-722). Diese Minenkönige werden in anderen Zusammenhängen in der Ọyọ-Tradition als Memie / Menahem und Paku / Pekah und in anderen Yoruba-Traditionen als Huisi / Hoshea6 bezeichnet. Die Deportation der Israeliten begann nach der Eroberung des größten Teils des Nordreichs durch Ti – Glath-Pileser III in 733-732 und es wurde nach dem Fall von Samaria in 722 v. Chr. fortgesetzt (Younger 1998: 204-224; Liverani 2005: 145-147). Es ist daher durchaus plausibel, dass die Vernachlässigung der letzten kleineren Könige Israels, Ọyọ, sich auf Olugbogi / Jerobeam II. Als letzten Herrscher des israelitischen Königtums vor seiner Zerstörung und der Deportation des Volkes konzentriert.

    Die Könige der ersten Periode der ỌyọGeschichte werden von Hess als halbgöttlich beschrieben (1898: 156). Laut Johnson werden die Schädel von Mitgliedern der königlichen Familie, die der ersten oder Omride-Dynastie angehören, noch heute im Palast von Ọyọim Namen von Ọbatala, einer Gott entsprechenden Gottheit, verehrt. Diese Elemente zeigen, dass die israelitische Vergangenheit der Ọyọ-Könige höher geschätzt wird als die nachfolgende Geschichte unter assyrischer Schirmherrschaft.

    Etymologisch kann der Name Esarhaddon / Aššur-aḫi-iddin (Assur hat einen Bruder gegeben) als verwandt mit Ajiboyede betrachtet werden: ohne das theophore Element aššur- haben wir> aḫi (störe)> aji, ein zusätzliches bo und - iddin ( gegeben)> yede = Aji (bo) yede (vgl. Weißbach, RLA / I: 198). Darüber hinaus ist es durchaus vorstellbar, dass Ọrọmpọtọeinen ursprünglichen Namen oder einen übersetzten Namen von Königin Naqi'a wiedergibt. Wenn diese Annahmen gültig sind, wären Anzahl und Geschlecht der assyrischen und Ọyọ-Namensreihen zwischen Sargon II / O ran (10) und Assurbanipal / Abipa (14) (siehe unten) identisch.

    Der letzte König der Igboho-Periode der Ọyọ-Geschichte, nach Johnsons Darstellung der Tradition, ist Abipa (14): Hess lässt ihn und einige andere der Igboho und Post-Igboho-Könige aus, indem er manchmal auf absichtliche Auslassungen hinweist. Nach der Überlieferung war Abipa der König, der das Volk vom Ort ihres Exils zurück zu ihrer ursprünglichen Heimat führte (Johnson 1921: 164-167; Hess 1898: 158 f.). Mit seinem Namen und seiner Stellung ähnelt er Assurbadipal (668-627), dessen Name Aššur-bân-apli bedeutet der Gott Assur ist der Schöpfer des Sohnes (Weißbach, RLA / I: 203; Roux 1992: 329) . Etymologisch scheint Abipa eine hypokoristische Form von Assurbanipal mit einer kleinen Metathese zu sein; Aššur-bân-apli: A (ššur)> A-, b (ân) -ap (l) i> -bipa> Abipa. Obwohl es unwahrscheinlich ist, dass Assurbanipal das Exil der Israeliten in der Region Gozan / Úbur hinterließ, ist es durchaus vorstellbar, dass einige der Deportierten nach Samaria zurückkehren durften. Assurbanipal war der letzte Herrscher des großen assyrischen Reiches. Nach seinem Tod begann eine Zeit des bürgerlichen Strebens, die den Weg für ein Bündnis zwischen zwei ehemals untergeordneten regionalen Mächten, Babylonien und Medien, frei machte, was zur Zerstörung Ninives im Jahr 612 v.Chr. Führte. Überlieferungen, die Ktesias zwei Jahrhunderte nach dem Fall von Assyrien aufgezeichnet hat, stellen Sardanapallus / Assurbanipal als letzten König von Assyrien dar, der in den Vorhängen seines Palastes starb und so Assurbanipal mit Sinshar-ishkun (623-612) verschmolz (Diodor II: 27; Oates 1991: 180). Indem sie ihren Bericht über das Exil von Igboho / Úbur mit Abipa / Assurbanipal befolgt, entspricht die Ọyọ-Tradition daher voll und ganz der großen mündlichen Überlieferung in Mesopotamien.

    (….)

    Dritter Abschnitt

    Der dritte Teil des Korpus der Ọyọ-Tradition bezieht sich auf den Kampf des Assyrischen Reiches, aber im Gegensatz zu den vorherigen beiden Abschnitten bietet er eine multiethnische Perspektive auf die assyrische Geschichte. Seine Vervielfältigung und leichte chronologische Inkonsistenz kann daher durch den Versuch erklärt werden, den hauptsächlich assyrischen Königsnamen dieses Abschnitts eine israelitische Dimension hinzuzufügen. Durch die Eingliederung des babylonischen Eroberers von Assyrien in die Liste der Könige ähnelt es dem letzten altorientalischen Teil der Königslisten von Kebbi und Kanem (Lange 2009: 370; 2011b: 14).

    Beginnend mit einer Rückblende, stellt dieser Abschnitt zuerst eine Verbindung mit der früheren israelitischen Geschichte her. Bevor wir die chronologische Darstellung der Yoruba-Assyrischen Geschichte fortsetzen, erwähnt sie zwei frühere Figuren Obalokun (15) und Ajagbo (16) (Johnson 1921: 168 f .; Hess 1898: 159 f.). Im Hinblick auf das prestigeträchtige ọba-Element – abgeleitet vom aramäischen Ba'l Lord> Yor. ọba König – der Vorname bezeichnet möglicherweise Hoshea (732-722), den letzten israelitischen König. Der nächste König Ajagbo zeichnet sich durch seine bemerkenswert lange Regierungszeit aus, durch seine Ähnlichkeit mit seinem Bruder und durch den Kontrast zwischen seinem kriegerischen Verhalten in der ersten Hälfte seiner Regierungszeit und seiner Ruhe in der zweiten Hälfte. Er ähnelt daher Assurbanipal, dessen Herrschaft von ungefähr 60 Jahren der längste aller neo-assyrischen Könige war. Sein Bruder Shamash-shuma-ukin (667-648) – in der Ọyọ-Tradition als Ajampati erwähnt – regierte in Babylonien und die letzten fünfzehn Jahre seiner Herrschaft scheinen friedlich gewesen zu sein (Saggs 1984: 109-117; Roux 1992: 336). Die zeitliche Überschneidung zwischen dem zweiten Abschnitt und dem Beginn des dritten Abschnitts kann vielleicht durch den Versuch eines frühen Chronisten erklärt werden, der Auflösung des assyrischen Reiches eine israelische Perspektive hinzuzufügen.

    Der Sohn und Nachfolger von Assurbanipal Assuretililani (627-623) war der assyrische König, dessen Regierung den Untergang des Reiches einleitete. Er scheint in der Tradition durch zwei verschiedene Darstellungen vertreten zu sein, Oderawu (17) und Ojigi (22) (Johnson 1921: 169-174; Hess 1898: 160 f.). Der erste ähnelt seinem assyrischen Prototyp durch seine relativ kurze Herrschaft und durch seine Rache, eine entfernte Stadt anzugreifen, die ursprünglich eine babylonische Stadt gewesen sein könnte, in der einer seiner Gegner ihren Sitz hatte. Der Name Ojigi stammt möglicherweise von Aššuretelli-ilāni (Assur, Held der Götter): Aššur- (etelli)> Oji- und (ilā) ni> -gi. Gberu (23), der nächste König der Tradition, könnte wegen seines Namens Nabopolassar (626-605), dem babylonischen Eroberer von Ninive, Nabû-apla-uṡur (ONabû, beschütze (meinen) Sohn) entsprechen. : Nabû-> Gbe- und (-apla-uṡ) ur> -ru. In der Ọyọ-Tradition ist Nabopolassar deutlicher erkennbar in Gbọnka, dem rivalisierenden Gouverneur von Timi / Assur-til-ilani (627-623) und Sieger über den epochalen Helden Ṡango, hier Sin-shar-ishkun (623-612) ), und in Gaha, dem despotischen Wesir.9 Dass der chaldäische Gründer des neubabylonischen Reichs von assyrischen Flüchtlingsgruppen des Zentralsudan tatsächlich positiv in Erinnerung geblieben ist, lässt sich an den assyrisch inspirierten Königslisten von Kanem-Borno und Kebbi, wo er in der vorletzten oder letzten Position des altorientalischen Abschnitts dieser Listen unter den Namen Bulu und Maru-Kanta erwähnt wird (Lange 2011b: 14; 2009: 370).

    In der Ọyọ-Tradition folgt auf Gberu/Nabopolassar Amuniwaiye (24), der Sinshum-lishir, dem Eunuchengeneral und Nachfolger seines früheren Schützlings Assur-etil-ilani, zu entsprechen scheint. Amuniwaiye ähnelt seinem Prototyp, indem er die kriegerischen Handlungen seines Vorgängers fortsetzt, durch seine Generosität gegenüber den einfachen Menschen, die vielleicht auf seine eigenen einst schlechten Bedingungen hinweisen, und durch einen sexuellen Skandal, der an eine ironische Umsetzung des Eunuchen des Königs erinnert. Nach dem Weglassen des theo- phorischen Elements sin (Mondgott) scheint die Herleitung des Namens Amuniwaiye aus Sinshum-lishir durchaus plausibel zu sein: (Sin-) šumu> Amu- und -līšir> -niwaiye.

    Als nächstes gibt es Oniṡile (25), der durch seine Unerschrockenheit, seine Furchtlosigkeit und seinen Selbstmord eindeutig Sin-shar-ishkun, dem Nachfolger von Amuniwaye / Sinshum-lishir, ähnelt (Johnson 1921: 176 f.; Saggs 1984: 118) – 120). Oniṡiles Name scheint von sîn, dem theophorischen Element von Sîn-šarra-iškun, zu stammen, der Gott hat den König ernannt, der den Mondgott Sin bezeichnet (Roux 1992: 373; Saggs 1984: 203). Der Prexon scheint mit dem babylonischen Titel oni- / en- Lord verwandt zu sein und könnte somit anzeigen, dass sein Träger seine Eroberung von Assyrien aus dem Gebiet Babyloniens begonnen hat (Seux 1964: 396 f .; Oates 1991) : 176). Ursprünglich bedeutet Herr (en), der Prexon Herr / König kann auch als eine babylonische Übersetzung des zweiten Elements seines Namens, des akkadischen šarru, Königs betrachtet werden Ọọni Titel der Könige von Ifû, der babylonische Oni / en-Titel und der Schöpfungsmythos der Stadt beziehen sich auf Ifẹals Nachfolgestaat Babylons unter der Hegemonie des assyrischen Epoche-Herrschers Oduduwa (vgl. Bascom 1969: 9-11 )). Aufgrund der Parallelen seiner Regierungszeit und seines verwandten Namens ist es sehr wahrscheinlich, dass Oniṡile Sin-sharishkun entspricht, der während der Eroberung von Ninive durch babylonische und medianische Truppen 612 v.C.

    In Johnsons Darstellung der Ọyọ-Tradition ist Oniṡile / Sin-shar-ishkun die letzte in einer Reihe von Herrschern genannte despotische Könige (1921 / XII: 176 f.). Obwohl der Autor nichts über die Übertragung einer israelitischassyrischen Tradition auf Westafrika wusste, beschreibt diese Definition den Charakter der letzten assyrischen Könige sehr gut. Darüber hinaus ist festzuhalten, dass das Schicksal des letzten Königs, der in der Metropole regierte, so große Auswirkungen auf die Ọyọ-Traditionen hatte, dass verschiedene Aspekte seines Schicksals auf vier verschiedene Arten projiziert wurden: die Zerstörung seines Palastes und seine Zerstörung Als Folge seiner eigenen Hybris wurde die ganze Familie auf den epochalen Herrscher Ṡango (5), den starken Widerstand des Königs in seinem Palast auf Karan (18), den erzwungenen Selbstmord in seinem Palast infolge göttlicher Bestrafung verwiesen auf Oniṡile (25) und den Tod in seinem Palast infolge der Eroberung der Stadt auf Gaha (Johnson 1921: 149-186; Hess 1898: 137-173). Wegen der Dissoziation der altorientalischen Tradition von ihrer ursprüng- lichen geografischen Lage und ihrer Verankerung in der westafrikanischen Landschaft konnten die ursprüngliche Bedeutung der Ereignisse und der Charakter der aufeinander folgenden Bilder nicht durch Verzerrungen und Multiplikationen bewahrt werden.

    Vierter Abschnitt

    Der vierte Abschnitt des Korpus der Ọyọ-Tradition beschäftigt sich mit den babylonischen Vasallenkönigen der zweiten Hälfte des achten und siebten Jahrhunderts v. Es bietet eine Erzählung von Ereignissen, in der die Daten teilweise störend angeordnet sind. So ist die große Gestalt dieses Abschnitts, der despotische Wesir Gaha, offenbar ein Herrscher der Epoche, der die großen neuassyrischen Könige bis zum Fall des letzten Großstadtkönigs Sin-shar-ishkun (623-612) vertritt. Im Gegensatz dazu scheinen die legitimen Könige – durch eine erstaunliche Verschiebung der Perspektive – den neubabylonischen Königen zu entsprechen, die mit dem Eroberer des assyrischen Reiches, Abiọdun (30) / Nabopolassar (626-605), in angemessener Weise zusammentreffen.

    Der Abschnitt beginnt mit Labisi (26), der sich durch die kuriose Tatsache auszeichnet, dass er zwar nominiert, aber nie gekrönt wurde und deshalb nie in den Palast kam. Nur 17 Tage nach dem Beginn der Inthronisationsrituale soll Gaha die Macht an sich gerissen haben. Durch seine Schwäche, seine unvollständige Inthronisierung und seine Unterwerfung unter einen zum Teil indigenen, zum Teil fremden Führer Labisi ähnelt Nabonasar (747-734), der chaldäische Gründer des neobabylonischen Königreichs. Babylonien, der seit mehreren Generationen die Anarchie ertragen hatte, genoss in seiner Zeit beispiellosen Wohlstand (Brinkman, RLA / IX: 6). Darüber hinaus kann der Name Labisi als eine oral veränderte und vereinfachte Form von Nabû-nāṡir betrachtet werden, Nabu schützt durch das Weglassen von -nā- und-r: Na-> La-, -bû-> -bi-, ṡi> ich. Durch seine Stellung als Anhänger des letzten assyrischen Großkönigs Oniṡile / Sin-shar-ishkun (623-612) und des Einweihers einer neuen Königslinie ist er höchstwahrscheinlich mit Nabonassar identisch, der gefeierte erste Herrscher der babylonischen Nabonassar Ära (Brinkman, RLA / IX: 6). Wenn wir das Schicksal der beiden Könige vergleichen, erkennen wir, dass die Ọyọ-Tradition eine kontrafaktische Kontinuität vom letzten assyrischen zu den neubabylonischen Königen verfolgt. Es scheint, dass die Hinzufügung von vier chaldäischen Königen zu den letzten assyrischen Herrschern nur durch den Versuch erklärt werden kann, die Bedeutung des letzten alten nahöstlichen Königs Abiọdun (30) / Nabopolassar (626-605) der Ọyọ-Tradition zu stärken, aufgrund der Anwesenheit babylonischer Flüchtlinge unter den Staatsgründern von Ọyọ.

    Der Wesir Gaha wird als Usurpator bezeichnet, der wenige Tage nach Beginn der Inthronisierungsriten von Labisi / Nabonassar die Macht übernahm. Im Gegensatz zu einem normalen Wesir kontrollierte er die gesamte territoriale Verwaltung des Königreichs und stellte seine Söhne in die verschiedenen Provinzstädte, so dass alle Tribute an seine Familie gezahlt wurden (Johnson 1921: 71 f., 280 f.). ). Er verhielt sich daher wie ein fremder König mit lokalen Wurzeln, der die Macht übernahm und den legitimen Herrscher zu einem Marionettenkönig machte. Auf der anderen Seite wird Gaha hauptsächlich als ein blutrünstiger lokaler Tyrann dargestellt, der vier verschiedene Könige bedrängte und ermordete, bevor er selbst durch den fünften getötet wurde.

    Der Basọrun oder Vizier Gaha / Ga ähnelt dem assyrischen Herrscher Tiglat-Pileser III. (744-727) aus der Perspektive des babylonischen Volkes. Tiflah-Pileser III. Eroberte den assyrischen Thron als Folge einer Revolution nach mehr als einem halben Jahrhundert politischen Niedergangs. Obwohl er höchstwahrscheinlich kein Mitglied der königlichen Familie war, war er schnell in der Lage, seine Macht in Assyrien durchzusetzen, bevor er sie auf die Nachbarländer ausdehnte. Nur fünf Monate nach seiner Thronbesteigung startete er einen Feldzug gegen Babylonien, besiegte die Aramäer und setzte dem neu installierten König Labisi / Nabonassar (747-734) die assyrische Herrschaft auf. Es ist durchaus denkbar, dass der Name Gaha vom ersten Teil des Namens Tukultī-apil-ešara mein Vertrauen ist in den Sohn Esharras abgeleitet ist, gewöhnlich in der biblischen Form Tiglath-Pileser geschrieben. Das Ablegen der ersten und der mittleren Silbe des Namens und die Transformation des letzten Elements des Namens Tukultī-apil-ešara – -ku-> Ga-, – ešara> -ha – mag zur Form Ga geführt haben -Ha. Zur Unterstützung dieser Identifizierung ist anzumerken, dass Tiglat-Pileser III trotz seines großen Einflusses auf die israelitische Geschichte von der Liste der vorhergehenden assyrischen Herrscher weggelassen wurde: Ajaka (4) / Isaak, S ̇ ango (5) / Shalmaneser III (858-824), Agan-ju (6) / Shamshi-Adad V (824-811), Kûri (7) / Adadnisirari III (811-781), Oluaso (8) / Joash (804-790) , Olubogi (9) / Jerobeam II (790-750) und O ran (10) / Sargon II (721-705). Aufgrund der Aufnahme seines Namens als Fune (4) in die Chronik von Kanem-Bornu und als Fumi (28) in die Königsliste von Kebbi würde man erwarten, dass er in der Position von Ọyọin der Position erwähnt wird zwischen Olubogi (9) / Jerobeam II (790-750) und O ran (10) / Sargon II (721- 705). Im Allgemeinen kann die Auslassung seines Namens von dieser Linie gemischter israelitisch-assyrischer Könige kaum anders erklärtwerden, als durch die bewusste Entscheidung der frühen Gelehrten, Doppelbenennungen möglichst zu vermeiden. Die Bevorzugung der babylonischen Geschichte scheint ein wichtiges Zugeständnis an die Gemeinschaft der Babylonier unter den Staatsgründern von Ọyọ zu sein. Genauer gesagt könnte es sich aber auch um die proklamierte Identität von Gaha / Tiglat-Pileser III. mit dem Basorun gehandelt haben, was wahrscheinlich die Schaffung dieses Amtes für assyrische Notabeln erklärt. Eine solche Rückwirkung der altorientalischen Geschichte auf eine in Afrika geschaffene Einrichtung machte es notwendig, Gaha / Tiglat-Pileser III. Und mit ihm den ganzen babylonischen Teil der Königsliste trotz chronologischer Widersprüche ganz am Ende der Liste zu plazieren von alten nahöstlichen Königen.

    Die Ereignisse, die zum Sturz Gahas und seines Todes führten, zeigen, dass der historische Prototyp des besiegten Wesirs Sin-shar-ishkun, der letzte König der Metropole Assyrien, war. Der Aufstand wurde

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