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Institut für Geistes-, Sozial- und Erziehungswissenschaften

Inszenierungsstrategien in Kriegsfilmen
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Destrukturierung in Vietnamkriegsfilmen

Bachelorarbeit im Studiengang
„Medienbildung: Visuelle Kultur und Kommunikation“

Stefanie Wetteborn
Matrikelnummer: 173270

Magdeburg, August 2008

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Inhalt

1. Einleitung ........................................................................................................ 4
2. Genre Kriegsfilm ............................................................................................. 6
2.1 Definition des Genres................................................................................................ 6
2.2 Funktionsweisen von Kriegsfilmen......................................................................... 13
3. Interpretationshypothese .................................................................................17
4. Vorstellung der Untersuchungsmethode..........................................................18
4.1 Vorgehensweise bei der Filmanalyse ...................................................................... 18
4.2 Vorgehensweise bei der Filmauswahl ..................................................................... 19
4.2.1 Vietnamkrieg und seine Besonderheit ............................................................. 19
4.2.2 Begründung der Wahl von Vietnamkriegsfilmen............................................ 21
4.3 Begründung der Filmauswahl ................................................................................. 23
4.4 Begriffsklärung „Destrukturierung“........................................................................ 24
5. Filmanalysen ..................................................................................................25
5.1 Platoon .................................................................................................................... 25
5.1.1 Entstehungsgeschichte des Films .................................................................... 25
5.1.3 Historischer Hintergrund ................................................................................. 26
5.1.4 Narrationsstruktur ............................................................................................ 27
5.1.5 Stilistische Gestaltungsmittel .......................................................................... 31
5.1.6 Auswertung ..................................................................................................... 36
5.2 Full Metal Jacket .................................................................................................... 44
5.2.1 Entstehungsgeschichte des Films .................................................................... 44
5.2.2 Historischer Hintergrund ................................................................................. 45
5.2.3 Narrationsstruktur ............................................................................................ 46
5.2.4 Stilistische Gestaltungsmittel .......................................................................... 50
5.2.5 Auswertung ..................................................................................................... 55
6. Vergleich Platoon und Full Metal Jacket ........................................................63
7. Fazit ...............................................................................................................69
8. Quellen ...........................................................................................................78
8.1 Literaturquellen ....................................................................................................... 78
8.2 Internetquellen ........................................................................................................ 80
9. Anlage ............................................................................................................82
9.1 Filmdaten ................................................................................................................ 82

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9.1.1 Platoon ............................................................................................................ 82
9.1.2 Full Metal Jacket ............................................................................................. 83
9.2 Sequenzprotokoll .................................................................................................... 83
9.2.1 Platoon ............................................................................................................ 83

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1. Einleitung

Kriege sind schon immer Gegenstand von Erzählungen gewesen. Fast jeder
historisch bedeutsame Krieg oder folgenschwere militärische Konflikt hat seine
direkte oder indirekte Darstellung im Medium Film gefunden. Auch wenn die
Darstellbarkeit oder Nichtdarstellbarkeit stets diskutiert werden, haben Regisseure
allezeit versucht, Kriege filmisch aufzuarbeiten. Auf Grund der im Krieg
immanenten physischen und psychischen Bedrohungen, bot sich dieser schon
immer an, um eine dramatische Erzählstruktur entstehen zu lassen.
Der Krieg schafft eigene Gesetze und Regeln und bricht mit den moralischen
Konventionen des Alltagslebens. Dabei stellt er absolute moralische
Vorstellungen in Frage, die Grenzen zwischen Richtig und Falsch, Gut und Böse
verschwimmen (vgl. Mikos, 2004, S.132). So verändert er die Weltanschauung
und spielt auf besondere Weise mit den Gefühlen jedes Einzelnen. Das alltägliche
Verständnis der Welt setzt aus und routinierte Handlungsweisen können in einer
Kriegssituation möglicherweise zum Tode führen (vgl. Mikos, 2004, S.132).
Krieg macht die Befriedigung normaler menschlicher Bedürfnisse nach Nahrung,
Sicherheit und Liebe schwer, bis unmöglich. Emotionale und kognitive
Unsicherheit stellt sich ein, das alltägliche Funktionieren der Welt ist nicht mehr
sichergestellt (vgl. Mikos, 2004, S.132). Dies ist erschreckend und faszinierend
zugleich.
Das Chaos des Krieges, seine Zerstörungskraft, Gesetzlosigkeit und seine
Orientierungslosigkeit finden in den Gewaltdarstellungen in Kriegsfilmen ihre
Abbildung. Diese Darstellungen erschrecken einerseits, auf Grund ihres
Gewaltpotentials und der visualisierten Konsequenzen auf den menschliche
Körper, andererseits faszinieren sie aber auch, weil sie tragische menschliche
Schicksale, aber auch Gefühle wie Liebe, Hass und Angst aufgreifen und um ein
Vielfaches verstärken.
Die Emotionalisierung des Zuschauers erfolgt über die direkte physische und
psychische Gewalt an den Menschen. Um dem Anspruch auf möglichst
realistische Darstellung im Kriegsfilm gerecht zu werden, setzen die Filmemacher
verschiedene Visualisierungstechniken ein. Die Authentizität in der
Kriegsdarstellung kann sowohl durch Kameraästhetik (Kameraperspektive, -

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einstellung, -position und -fahrt) als auch durch die Montage, Sprache, Musik,
Ton, die narrative Struktur und den Einsatz von realen Schauplätzen erzeugt
werden.
Mein Ziel ist es, mich mit formatspezifischen Strategien der Inszenierung von
Kriegsgeschehen auseinanderzusetzen.

Zuerst definiere ich den Begriff Kriegsfilm und erläutere die Merkmale des
Genres in Abgrenzung zu ähnlichen Filmgenres und gehe auf unterschiedliche
Wirkungsweisen von Kriegsfilmen ein. Als nächstes gehe ich auf mein
Forschungsthema ein und formuliere meine Interpretationshypothese. Im
Anschluss daran stelle ich meine Untersuchungsmethode vor, erläutere meine
Vorgehensweise bei der Filmanalyse, meine Vorgehensweise bei der
Filmauswahl, die ich auch begründe und kläre dann den Begriff der
„Destrukturierung“. An die Vorstellung meiner Untersuchungsmethode schließen
sich die Analysen der Filme Platoon und Full Metal Jacket an, um sie im
nächsten Schritt hinsichtlich meiner Interpretationshypothese miteinander zu
vergleichen und den Vergleich auszuwerten.

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2. Genre Kriegsfilm

2.1 Definition des Genres

Schlachtenszenarien und Kriegsgeschehen sind seit der Entstehung des Mediums


Film fundamentale und genreübergreifende Bestandteile der Erzählungen (vgl.
Klein, 2006, S.9). Dabei sind Kriegsfilme als mediale Reflexionen moderner
Kriege zu verstehen.
Ich beziehe mich in meiner Definition von Kriegsfilm auf diejenigen fiktionalen,
nicht dokumentarischen Spielfilme, die kriegerische Auseinandersetzungen seit
dem Ersten Weltkrieg zum Thema haben. Ich gehe also von den modernen und
technisierten Kriegen aus, deren filmische Reproduktion zum Zeitpunkt ihres
Stattfindens schon möglich war und genutzt wurde (vgl. Mikos, 2004, S.130). Die
Unterscheidung zu anderen Filmen, die eine Darstellung von Kriegen inne haben,
die länger zurückliegen, ist die, dass Filme, wie Der Patriot (USA 2000), der den
amerikanischen Unabhängigkeitskrieg aufgreift, zwar die Ikonografie eines
Kriegsfilms zitieren, allerdings eher ein Ereignis der amerikanischen Geschichte
mit den Mitteln des Genres Kriegsfilm darstellen. Hier ergibt sich eine Mischung
der Genres Historienfilm und Kriegsfilm, die auch auf andere Filme, wie
Alexander (USA 2004) von Oliver Stone, zutrifft.
Es gibt zahlreiche Hybridformen von Filmen, die einen Krieg zum Hintergrund
ihrer Narration haben und typische Handlungsmuster von Kriegsfilmen
aufgreifen, wie Kriegskomödien, Kriegsdramen, Lagerfilme,
Widerstandsgeschichten, Flüchtlingsschicksale oder Spionagefilme (vgl. Klein,
2006, S.11). Deshalb ist es von Bedeutung, für den Kriegsfilm eigene
genrespezifische Merkmale zu finden, die ihn von den Filmen trennt, deren
erzählerische Standards auch Kriege und Schlachten sind.

Ich erläutere im Folgenden verschiedenen genrespezifischen Gestaltungselemente,


die im Kriegsfilm eine wesentliche Rolle spielen.

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Gewaltszenen
Ein essentielles Merkmal von Kriegsfilmen ist die explizite Darstellung von
Gewalt und Kämpfen zwischen Soldaten. Für Filme, die sich auf die Darstellung
von Kampf- und Gefechtsszenen beschränken, kann als genauere Bezeichnung der
im Englischen verwendete Begriff Combat Film (englisch für „Kampffilm“)
genannt werden (vgl. Klein, 2006, S.11). Für die Gewaltdarstellung sind Kampf-
und Schlachtszenen zentral. Dabei nehmen Schlachten dramaturgisch eine
herausragende Funktion ein, denn sie können beispielsweise der Wendepunkt der
Geschichte sein, an dem sich das weitere Schicksal des Helden entscheidet (vgl.
Mikos, 2004, S.132). Kampfszenen bergen einerseits höchste brutale und
kaltblütige Emotionslosigkeit und andererseits sind sie durch Themen wie Hass,
Tod und Gewalt stark emotional besetzt (vgl. Mikos, 2004, S.132). Gerade durch
die Darstellung psychischer und physischer Gewalt am Menschen erfolgt eine
Emotionalisierung des Zuschauers. So gelingt es dem Regisseur und Autor
Michael Cimino in Die durch die Hölle gehen eine Folterszene im
Gefangenenlager, in welchem die Gefangenen zum russischen Roulette
gezwungen werden durch die realistische Darstellung eines Kopfschusses und der
Todesangst der Delinquenten so stark emotional aufzuladen, dass sich der
Zuschauer der Bedrohungssituation kaum entziehen kann (vgl. Kladzinski, 2005,
S.41).
Gewalt kann im Kriegsfilm auch implizit dargestellt werden, denn selbst in der
Darstellung der Leiden und Schmerzen der Opfer, die ein Krieg hervorbringt, ist
eine Gewaltdarstellung enthalten. Gewalt wird hierbei nicht direkt visualisiert,
sondern dem Zuschauer als Ursache der Leiden präsentiert, ist also mittelbar
wahrzunehmen (vgl. Mikos, 2004, S.138).
Es ist wichtig für die Bewertung von Kriegsfilmen, die Gewaltszenen im Kontext
der Handlung und Erzählung des Films zu sehen, denn dieser Kontext strukturiert
die Rezeption des Zuschauers. Die Narration des Films wird zu einem großen Teil
durch die Darstellung des Protagonisten, der Heldenfigur, bestimmt.
Gewaltszenen haben innerhalb dieser Narration eine wichtige Funktion, allerdings
ist die Funktion je nach Heldentypus unterschiedlich (vgl. Mikos, 2004, S.132).

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Inszenierung des Helden
Die soeben erläuterte Gewaltdarstellung im Kriegsfilm geht also einher mit der
narrativen Einbindung des Helden in die Geschichte des Films. Verschiedene
Inszenierungsweisen sind mit der unterschiedlichen Darstellung von Helden
gekoppelt (vgl. Mikos, 2004, S.134). Wie die Helden (ob als Individuum oder in
der Gruppe) mit den Erfordernissen des Krieges umgehen, bestimmt deren
Entwicklung. In Schlachtszenen ist der Typus des Helden allerdings
hintergründig, da hier die immer wiederkehrenden Muster des Actionkinos
aufgegriffen werden (vgl. Mikos, 2004, S.134).
Der Fernsehwissenschaftler Prof. Dr. Lothar Mikos1 unterscheidet in dem Buch
„Krieg in Medien“ drei unterschiedliche Heldentypen, deren Inszenierung die
Erzählstruktur der Geschichte mitbestimmen:

I. Der patriotische Held folgt der Logik des Krieges überzeugt und
unhinterfragt. Die Geschichte wird meist aus der Perspektive dieses
Helden erzählt. Rambo kann als Prototyp für diesen Typus gelten, der
ähnliche Eigenschaften hat, wie ein Westerner: Er ist eigenbrötlerisch,
schweigsam und vollkommen seiner Mission verschrieben. Der Feind und
die Opfer bleiben anonym und werden entindividualisiert (vgl. Mikos,
2004, S.138). Die Narration folgt somit einem eindeutigen Freund-Feind-
Schema. Ein Beispiel für diese Darstellung des Helden ist auch der Film
Die grünen Teufel (USA 1968) mit John Wayne. Hier zeigt sich auch, dass
in Zusammenhang mit diesem zum Actiongenre tendierenden Filmen klar
die Inszenierung von Männlichkeit steht. Die angewandte Gewalt kann als
Mittel zur Darstellung dieser Männlichkeit verstanden werden (vgl. Mikos,
2004, S.135).
II. Der durch die Umstände des Krieges moralisch desorientierte Held versucht
der Kriegslogik so gut es geht zu folgen, um zu überleben. Seine

1
Lothar Mikos ist Autor, Journalist und Redakteur mit Arbeitsschwerunkten, wie Fernsehtheorie,
Film- und Fernsehanalyse, Gewaltdarstellungen in den Medien oder Rezeptionstheorie und –
forschung. Seit 1999 ist er Professor für Fernsehwissenschaft an der Hochschule für Film und
Fernsehen (HFF) „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg (vgl. Mikos, 2008).

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patriotischen Absichten bleiben eher im Hintergrund. Die Anwendung von
Gewalt passiert hier von Seiten des Helden nur dann, wenn es einen Befehl
dazu gibt oder wenn das Leben des Helden davon abhängt. Dieser Einsatz
wird so gut wie immer mit der persönlichen Konfrontation des Helden
begründet und dadurch rationalisiert (vgl. Mikos, 2004, S.136).
III. Der zu Desillusionierung und Fatalismus neigende Held versucht trotz der
Grausamkeiten des Krieges, Individuum zu bleiben und wendet sich im
Erkennen der Kriegslogik von ihr ab. Durch diese Bewusstwerdung findet er
zu sich selbst zurück.

Der Logik des Kriegsfilms folgend sind positive Helden solche, die körperlich
unversehrt sind und gestärkten aus dem Kampf hervorgehen. Negative Helden
hingegen sind die körperlich und moralisch geschwächten Protagonisten (vgl.
Mikos, 2004, S.133).
Im Gegensatz zu dem unter I. vorgestellten Heldentypus haben die Opfer bei den
anderen beiden Heldeninszenierungen ein Gesicht. Ihr Tod ist nicht durch die
allgemeinen Umstände der Kriegsführung begründet hinzunehmen, sondern
narrativ in den Kontext des Film eingebunden und aus diesem heraus begründet
(vgl. Mikos, 2004, S.137).

Identifikationsangebote
Bei der Visualisierung von Kriegshandlungen und Gewaltakten geht, liegt der
Fokus von Kriegsfilmen klar auf der Darstellung von Männern. Als Protagonisten,
die als Einzelkämpfer oder in einer Gruppe auftreten, die sich aus
Persönlichkeiten unterschiedlicher sozialer Herkunft und gesellschaftlicher
Schichten zusammensetzt, bestimmen sie die Narration (vgl. Kladzinski, 2005,
S.42). Die Einstellungen der Gruppenmitglieder zum Krieg, ihre persönlichen
Ansichten und Standpunkte werden dann meist in ihrem Verhalten in
verschiedenen Situationen sichtbar. Die gefährliche Lage, in der sich die Gruppe
befindet, zwingt diese zu Zusammenhalt, der sich in Krisensituationen als
überlebenswichtig erweist. Durch die Darstellung so unterschiedlicher Charaktere
kann der Kriegsfilm eine hohe Zahl an Identifikationsfiguren bereitstellen. Diese
Identifikationen offerieren dem Zuschauer einen gefahrenfreien Raum, in dem

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Problembehandlungen durchgespielt werden können (vgl. Kladzinski, 2005,
S.43).
Frauen bergen in Kriegsfilmen selten Identifikationspotential, da sie als
Identifikationsfiguren kaum angeboten werden. Sie treten als Mütter, Ehefrauen,
Krankenschwestern, Opfer oder Prostituierte auf und wenn sie nicht als sexuelle
Objekte angesehen werden, stehen sie für Heimat, Geborgenheit und Frieden (vgl.
Klein, 2006, S.14).

Gut-Böse-Schema
Um dem Zuschauer diese Identifikation zu erleichtern, arbeitet der Kriegsfilm in
vielen Fällen mit dem polaren Grundmuster des Freund-Feind- oder Gut-Böse-
Schemas. Mit Hilfe von festgelegten Merkmalen, wie Mimik, Gestik, einer
unsympathischen Physiognomie, dunkler Kleidung und unangemessenem
Verhalten, werden dem Gegner negative Eigenschaften zugeschrieben (vgl.
Kladzinski, 2005, S.43). Daneben erfolgt eine Entindividualisierung des Feindes
in Vietnamkriegsfilmen. Der Feind ist oft anonymisiert und kaum sichtbar. Dies
verhindert die Solidarisierung des Zuschauers mit dem Gegner und erleichtert die
Solidarisierung mit dem Helden. Eine moralische Rechtfertigung der Gewalttaten,
die von dem ersten Heldentypus verübt werden, wird in solcher Art von
Kriegsfilmen wenig oder gar nicht differenziert erörtert (vgl. Gottberg, 2004,
S.93). Vielmehr kann der Held seine überlegene Kraft und Strategie beweisen,
tritt furchtlos auf und hält größte Anstrengungen und Verletzungen aus (vgl.
Gottberg, 2004, S.93).

Bilder vom Tod


Die Darstellung von Tod auf der Leinwand hat im Laufe der Entwicklung des
Mediums Film einen Wandel vollzogen. Der Tod oder tote Soldatenkörper wurde
so gut wie nie visualisiert. Dies ist vor allem für Filme signifikant, die während
eines Krieges produziert wurden und Propagandazwecken dienten. Eine
kriegführende Partei musste die direkte Darstellung der negativen Seiten des
Krieges, des Leidens und der Schmerzen vermeiden, um die Kriegsmoral und
damit den Rückhalt der Bevölkerung nicht zu gefährden. Nach dem Zweiten

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Weltkrieg nahmen dann Darstellungen des Todes zu (vgl. Kladzinski, 2005, S.
44).
Bei der Visualisierung des Todes, ist es wichtig, zwischen dem Tod des Helden
und dem des Feindes zu unterscheiden. Der Filmtod es Helden ist oft persönlicher
und emotionaler dargestellt als der des Gegners. Das Sterben des Feindes ist eher
nüchtern und unspektakulär inszeniert, was wieder verhindert, dass sich der
Zuschauer emotional mit dem Bösen verbunden fühlt (vgl. Kladzinski, 2005,
S.44).
Ein Gestaltungsmittel zur Verdeutlichung der Auffassung, dass im Krieg auf
beiden Seiten nur Opfer agieren und das Kriegsgeschehen einen komplexeren
Blickwinkel als das Gut-Böse-Schema erfordere, ist die zumeist unspektakuläre
und nüchterne Darstellung des Todes einer Identifikationsfigur, des Protagonisten
beispielsweise oder aber die hoch emotionale Darstellung des Todes eines
Feindes.

Schauplätze
Die Schauplätze, an denen ein Film spielt, bestimmen maßgeblich die
Dramaturgie und sind wie die Inszenierung des Helden und die Darstellung des
Feindes ein ikonographisches Merkmal von Kriegsfilmen. Typische Settings im
Kriegsfilm sind beispielsweise Schützengräben mit Maschinengewehrstellungen
und Unterständen oder von Leichen und Stacheldraht übersäte und von
Bombenkratern zerfurchte Schlachtfeld zwischen feindlichen Stellungen.
Genretypische Inszenierungsräume, die die Destruktionskraft der Waffengewalt
am eindrucksvollsten darstellen, sind Landschaften und die Natur. Die Zerstörung
und Ausrottung als die Bestimmung von Kriegstechnologie wird durch die
Darstellung im starken Kontrast zu einer prosperierenden Naturumgebung
besonders bekräftigt, wie beispielsweise in den Bildern des brennenden
Palmenwalds in Francis Ford Coppolas Apocalypse Now (USA 1979) (vgl.
Kladzinski, 2005, S.41).
Sonderformen des Kriegsfilms und Phänomene des Krieges sind dabei an die
Schauplätze gebunden und wirken sich auf die Gestaltung der Filme aus (vgl.
Klein, 2006, S.13).

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Für den Vietnamkrieg ist das Setting des Dschungels charakteristisch. Er steht für
die Unübersichtlichkeit des Geländes, die Orientierungslosigkeit durch fehlende
Anhaltspunkte, die Fremdheit der landschaftlichen Gegebenheiten und die Gefahr,
die vom fast unsichtbaren Gegner ausgeht (vgl. Klein, 2006, S.14).
Für Kriegsfilme, die sich auf den Kampf in der Wüste beispielsweise
konzentrieren, sind Aspekte wie weite Distanzen, Hitze, Durst,
Orientierungslosigkeit und Sonne maßgeblich an der Formung der Geschichte
beteiligt (vgl. Klein, 2006, S.14).

Motive
Kriegsfilme arbeiten mit einer Vielzahl von Motiven, die als wiederkehrende
Muster herauszulesen sind.
Kameradschaft, Männlichkeit und Zusammenhalt nehmen dabei eine spezifische
Rolle ein. Dabei ist ein Motiv beispielsweise der innere Konflikt der Gruppe, die
sich aus unterschiedlichen und auch gegensätzlichen Persönlichkeiten
zusammensetzt. Diese zum Beispiel hierarchischen Konflikte können den Kampf
gegen den Feind erschweren und die Gruppenmitglieder psychisch belasten (vgl.
Klein, 2006, S.15).
Ein Motiv kann auch die Eingliederung eines neuen unerfahrenen Soldaten in die
Gruppe sein, der sich und seinen Mut den anderen und selbst gegenüber zunächst
beweisen muss. Der meist adoleszente Protagonist wird sich durch die Teilnahme
an dem, ihn auf jeder Ebene fordernden Krieg ohne heimatliche
Rückzugsmöglichkeit zum ersten Mal seiner Verantwortung bewusst und darüber
zum Mann (vgl. Büttner, 2004, S.80). Hier wird der Krieg als Initiation
dargestellt, als Plattform für Entwicklungs-, Lern- oder Erziehungsprozesse. Die
im Kampf enthaltene Aggressivität kann wie in Pearl Harbour (USA 2001) als
Reifeprozess kanalisiert werden (vgl. Büttner, 2004, S.80).
Die Situation des Wartens auf Feindkontakt kann durch die Darstellung des
Verhältnisses von Zeit und Raum visualisiert werden, wie in Das Boot (D 1981)
von Wolfgang Petersen. Die Belastungssituation der Protagonisten entsteht dort
paradoxerweise durch das Fehlen einer Kampfsituation. Durch Untätigkeit ist der
Soldat mit seinen Gedanken allein und wird sich seiner Angst vor dem Tod und
der Unausweichlichkeit schmerzlich bewusst. Die Freude über einen

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Kampfeinsatz, ist mehr die Freude darüber, sich aktiv am Verlauf des eigenen
Schicksals beteiligen zu können und dem Feind nicht passiv ausgeliefert zu sein
(vgl. Klein, 2006, S.12 f.).
Genretypische Stationen auf dem Weg in den Kriegsalltag als Standards der
Erzählung sind die Heimat, der Erhalt des Einberufungsbescheids oder die
freiwillige Meldung zum Kriegsdienst und die damit verbundene Euphorie und
die Situation des Abschieds. Im Feindgebiet oder auf dem Schlachtfeld
angekommen erfährt der Held dann die ganze harte Brutalität des Krieges, macht
die ersten Begegnungen mit dem Tod. Auch die Heimkehr wird in manchen
Kriegsfilmen, auch „Coming Home“-Filme genannt, inszeniert und ist ein
gängiges Motiv des Kriegsfilms.

2.2 Funktionsweisen von Kriegsfilmen

Fiktion und Realität


Kriegsfilme dienen oft als Informationsquelle für historisches Wissen, da sie einen
vermeintlich dokumentarischen Charakter haben. Auf der einen Seite ist der
Kriegsfilm nicht mit der Realität des Krieges vergleichbar. Zum Beispiel
unterscheidet sich die zivilisierte Logik der Zuschauer, die einen Film vor dem
Hintergrund zivilisierter Werte betrachten, von der unzivilisierten Logik des
Kriegs, in dem es um Überleben und Töten geht (vgl. Mikos, 2004, S.133). Und
auf der anderen Seite besitz er eine gewisse Ähnlichkeit zur Realität (vgl. Büttner,
2004, S.81). Der Kriegsfilm folgt einem bestimmten Drehbuch und den
Anweisungen eines Regisseurs, während der reale Krieg mehren Regisseuren
folgt und dessen Verlauf nicht einem festgeschriebenen Drehbuch folgt, sondern
unvorhersehbar ist (vgl. Büttner, 2004, S.81). Kriegsfilme verweben Realität und
Fiktion wie kein anderes Genre (vgl. Mikos, 2004, S.129). Sie erzählen meist eine
erfundene Geschichte mit erfundenen Charakteren, doch spielen in Kriegen, die
tatsächlich stattgefunden haben. Solche Kriegsfilme haben daher einen gewissen
Mindestgrad von Authentizität, weil der Zuschauer häufig mit dem Krieg, dessen
Verlauf und Ausgang vertraut ist, zumindest aber weiß, dass der dargestellte Krieg
nicht fiktional ist.

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Kriegsfilm und Politik
Die in Kriegsfilmen dargestellte Komplexität politisch militärischer Prozesse wird
höchst unvollkommen erzählt (vgl. Büttner, 2004, S.82), da die künstlerische
Freiheit mit Umgestaltungen arbeiten muss, will sie künstlerisch überzeugen und
gleichzeitig publikumswirksam sein. Vor diesem Hintergrund wird die Story
meist auf einen Zweikampf reduziert, der die komplexen gesellschaftlichen und
historischen Verhältnisse für den Zuschauer vereinfacht. Der Kriegsfilm bedient
sich für diese Vereinfachung häufig eines familiären Rahmens, in dem die
Protagonisten präsentiert werden (vgl. Büttner, 2004, S.82). Die Reduzierung der
Fakten und Zusammenhänge ist ein gebräuchliches Vorgehen Kriege auch in dem
Fall zu legitimieren, in denen sie als unmenschlich und ungerecht gelten (vgl.
Büttner, 2004, S.82). Die meisten Menschen lehnen Krieg als Alternative ab und
Medien als Schauplatz des Rechtfertigungsdiskurses sind das effektivste Mittel,
militärisches Eingreifen zu legitimieren und so politische Steuerungsprozesse
voranzutreiben (vgl. Müller, 2004, S.15).
Dass der Kriegsfilm auch als Entwurf politisch-militärischer Realität
funktionieren kann, ist an der Zusammenarbeit zwischen US-Militär und
Produktionsfirmen wie während der Planung und des Drehs von Black Hawk
Down (USA 2001) zu erkennen. Das Pentagon der Vereinigten Staaten stellte den
Filmemachern ca. 100 Elitesoldaten und 8 Helikopter für die Dreharbeiten bereit,
da der Film seiner Ansicht nach geeignet war, die öffentliche Meinung über das
Engagement der US-Truppen in Somalia 1993 zu begünstigen (vgl. Büttner, 2004,
S.80). Seit dem Beginn der Kooperation mit Hollywood hat das amerikanische
Militär mehr als 150 Filmproduktionen mit Beistellungen unterstützt (vgl.
Büttner, 2004, S.80).

Kriegsfilm und Jugendschutz


Gesellschaftliche Tabus und die zivile Ordnung sind im Krieg außer Kraft gesetzt.
Verwundungen, Sterben und der Tod sind allgegenwärtig. Kriegsfilme stellen dies
auf sehr unterschiedliche Art dar. Auf der bildlichen Ebene kann Gewalt direkt
oder implizit dargestellt werden. Schon auf Grund dieser Gewaltthematik sind
Kriegsfilme jugendschutzrelevant.

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Nach dem Jugendschutzgesetz dürfen Filme nicht freigegeben werden, wenn der
Krieg verherrlicht oder verharmlost wird, oder Krieg als Plattform männlichen
Abenteuer- und Heldentums dient. Es droht die Indizierung durch die
Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, wenn die Entwicklung von
Kindern und Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen und
gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit gefährdet wird (vgl. Gottberg, 2004, S.92).
Künstlerische Produkte mit Kriegsthematiken sind dann verboten, wenn sie
Strafbestände wie „Verherrlichung von Gewalt“, „Aufstachelung zum
Rassenhass“, „Volksverhetzung“, „Belohnung und Billigung von Straftaten“ oder
„Vorbereitung eines Angriffskriegs“ erfüllen (vgl. Büttner, 2004, S.75).
Kriegsszenarien können als Projektionsfläche für unmoralische Gefühle herhalten.
Denn wenn der Krieg beispielsweise als Folie für männliche Abenteuerlust
benutzt wird und das Töten anderer zur Tugend wird, besteht besonders für junge
Zuschauer die Gefahr, Krieg als etwas Positives wahrzunehmen (vgl. Gottberg,
2004, S.94). Solche eine Identifikation wird dann durch eindringliche Bilder und
eine eindringliche Dramaturgie erleichtert: der Zuschauer leidet mit den Figuren
mit und die Gefühle des Zuschauers werden positiv bestätigt, wenn der Held am
Ende gewinnt.
Wirkungspsychologisch verfolgt der Kriegsfilm ähnliche Dramaturgie wie der
Actionfilm: Der Held gerät in eine Situation, in der ihm nichts anderes übrig
bleibt, als der Bedrohung mit Gewalt zu begegnen (vgl. Gottberg, 2004, S.94).
Der Feind ist meist selber gewaltorientiert und skrupellos und seine Bedrohung ist
die moralische Rechtfertigung und Legitimation für das Handeln des Helden (vgl.
Gottberg, 2004, S.94). Der Kriegsfilm kommt also nicht ohne moralische
Kategorie aus. Der Zuschauer will die Gewaltrezeption genießen, braucht also
eine Legitimation, diese Gewalt ohne Mitleid dem Feind gegenüber konsumieren
zu können. Gleichzeitig muss er eine gewisse Akzeptanz für das Handeln des
Helden aufbringen. Je brutaler der Feind dargestellt wird, desto größer ist das
Rachebedürfnis des Zuschauers und desto größer ist auch die Akzeptanz von
Gewaltanwendung (vgl. Gottberg, 2004, S.101).

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Antikriegsfilm
Filme mit der Intention beim Zuschauer eine Ablehnung des Kriegs zu erzeugen,
die sogenannten Antikriegsfilme, versuchen, beim Zuschauer zu beiden Seiten
Empathie aufzubauen und das Gut-Böse-Schema aufzuheben (vgl. Gottberg,
2004, S.102). Sie verzichten dabei auf den Aufbau von Rachegedanken, der beim
Zuschauer Gewalt legitimieren würde.
Allerdings arbeitet auch der Antikriegsfilm mit Identifizierungsangeboten, denn
nur wenn der Zuschauer die Gewalt aus der Perspektive einer ihm nahe stehenden
Person miterleben kann, kann er die menschenverachtende Brutalität, die dem
Krieg innewohnt, mitfühlen und ablehnen (vgl. Gottberg, 2004, S.102). Die
Kriegsseite, aus derer Perspektive der Zuschauer den Film verfolgt, ist nicht
heldenhaft oder moralisch einwandfrei inszeniert, sondern geht auch brutal und
menschenverachtend vor. Manchmal bedient sich der Antikriegsfilm der
Gegenüberstellung von Privatsphäre und Kriegsszenario, um zu zeigen, wie sich
freundliche junge Männer durch die Kriegssituation verändern.
Ein weiteres formales Mittel des Antikriegsfilms ist die Verwendung extrem
abstoßender brutaler Bilder, um beim Zuschauer eine ablehnende Haltung
gegenüber Gewalt an Menschen zu erreichen.
Der Antikriegsfilm und der Krieg teilen eine Gemeinsamkeit: Sie handeln beide in
dem Glauben, die moralisch richtige Auffassung zu vertreten und die
„Ungläubigen“ zu belehren (vgl. Schmitt, 2004, S.122).
Jeder Film verfolgt ein bestimmtes Unterhaltungsziel. Emotionen wie Trauer,
Freude und Angst sollen hervorgerufen werden. Da menschliche Emotionen aber
individueller Natur sind, können bestimmte Darstellungen unterschiedliche
Empfindungen beim Zuschauer hervorrufen. Dies wirkt sich auf die Bewertung
des Gesehenen aus. Die Szenen eines Antikriegsfilms müssen daher nicht bei
allen Zuschauern eine abschreckende Wirkung erzeugen. Auch bei der
intensivsten antimilitärischen Absicht kann der Zuschauer auch positiv
angesprochen werden (vgl. Mikos, 2004, S.133). Die Wahrnehmung ob ein
Kriegsfilm nun auch als Antikriegsfilm wahrgenommen wird, ist demnach hoch
subjektiv. Hier wird deutlich, dass sich Filme in den Köpfen der Zuschauer ganz
unterschiedlich zusammensetzen und biographische Voraussetzungen und
Voreinstellungen für die Interpretation verantwortlich sind.

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3. Interpretationshypothese

Kriege stehen für Chaos, Gesetzlosigkeit und Orientierungslosigkeit. Ein


wesentliches Merkmal von Kriegsfilmen ist die zerstörerische Gewalt, die dem
Zuschauer in Form von Bildern der Destruktion nahe gebracht wird. Doch diese
Destruktion findet in verschiedenen Kontexten statt und kann daher nicht immer
als Destruktion in Sinne von reiner Zerstörung bezeichnet werden. Hier tritt der
Begriff der Destrukturierung in den Vordergrund. Diese meint den Prozess der
Abtragung und Zerstörung von Strukturen, um diese Strukturen durch ihre
Reduzierung umzuformen und möglicherweise andere Sachverhalte sichtbar zu
machen. Meine Interpretationshypothese lautet infolgedessen:

In Kriegsfilmen finden auf verschiedenen Ebenen


Destrukturierungen statt, die je nach Art und Beschaffenheit der
Ebene durch unterschiedliche Inszenierungsstrategien filmisch
umgesetzt werden.

Gemeint ist hiermit, dass die Strukturen der Gegenstände auf der materiellen
Ebene andere sind als die der Gegenstände, die auf der narrativen Ebene behandelt
werden. Diesem Unterschied ist dann die differenzierte Inszenierung geschuldet.
Es gibt verschiedene Arten von Destrukturierung im Film und verschiedene
Ebenen auf denen Destrukturierung funktioniert, wie zum Beispiel der Bildebene
und der Erzählebene. Auf der Bildebene wird eine Destrukturierung von
Körpergefügen oder Städten beispielsweise inszeniert. Auf der narrativen Ebene
erfolgen Sinndestrukturierungen.

In den folgenden Filmanalysen gehe ich drauf ein, auf welche Ebenen der Begriff
der Destrukturierung angewendet werden kann und welche
Inszenierungsstrategien genutzt werden, um dem Zuschauer diese Zerstörung von
Strukturen deutlich zu machen.

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4. Vorstellung der Untersuchungsmethode

4.1 Vorgehensweise bei der Filmanalyse

Die Filmwissenschaft ist als eine ganzheitliche Disziplin zu sehen und darf sich
nicht auf die literaturwissenschaftlich orientierte Filmwissenschaft reduzieren
lassen. Es wäre fatal, sich hermeneutisch auf eine Teildisziplin der
Filmwissenschaft zu beschränken, da ihr Gegenstand der Film selbst mit einer
Gleichbehandlung von unterschiedlichen Zeichensystemen wie Bild, Ton und
Sprache arbeitet. Dabei ist die wichtigste Eigenschaft des Films, erzählerische
Bedeutungszusammenhänge zu schaffen, indem er mehrere Zeichen- und
Handlungssysteme miteinander verbindet. Deshalb ist für die besondere Wirkung
des Films die Synchronisierung des Zusammenspiels der Zeichensysteme
entscheidend, die bedeutungstragende, bedeutungsändernde und
bedeutungsbildende Elemente, wie Dramaturgie, Fotografie, Sprache und Musik
organisieren. Dabei muss eine Gleichbehandlung von Sprache, Ton und Bild
erfolgen, um eine ganzheitliche Analyse vornehmen zu können.
Der Ansatz des Neoformalismus, wie ihn David Bordwell und Kristin Thompson
in ihrem Buch „Film Art. An Introduction“ beschreiben, ist ein geeigneter Ansatz,
um dieser Ganzheitlichkeit entgegenzukommen und in der Filmanalyse Ausdruck
zu verleihen. Auch ich bediene mich in dieser Arbeit des neoformalistischen
Analysemodells.

Bei meiner Arbeit am Film werde ich zuerst Platoon auf seine Narrationsstruktur
und seine stilistischen Gestaltungsmittel hin untersuchen und meine Erkenntnisse
abschließend zusammenfassen. Daran schließt sich die Filmanalyse von Full
Metal Jacket an. Im nächsten Schritt vergleiche ich die beiden Filme in Bezug auf
ihre gestalterischen Unterschiede und ziehe dann im Fazit meine Schlüsse
hinsichtlich der Interpretationshypothese.

18
4.2 Vorgehensweise bei der Filmauswahl

4.2.1 Vietnamkrieg und seine Besonderheit

Die USA begannen im Februar 1965 mit systematischen Bombenangriffen auf


strategisch wichtige, wirtschaftliche und militärische Ziele in Nord-Vietnam.
Auch der so genannte Ho-Chi-Minh-Pfad in Laos und Kambodscha, über den der
Vietcong seinen Nachschub aus dem Norden Vietnams erhielt, wurde angegriffen.
Die USA versuchten das Vordringen des Kommunismus von Nordvietnam nach
Südvietnam zu verhindern. Dabei stellte Vietnam einen Vorposten der freien Welt
in Südostasien dar, den es zu verteidigen galt (vgl. Greiner, 2007, S.11).
Der Vietnam-Krieg war ein asymmetrischer Krieg, was bedeutet, dass die
Kriegsparteien mit einer qualitativ unterschiedlichen Ausrüstung kämpften, die
Kämpfer unterschiedlich ausgebildet waren und auch das grundsätzliche
Verständnis eines Krieges differierte (vgl. Greiner, 2007, S.44). Die
Überlegenheit in der Bewaffnung der Vereinigten Staaten war nicht unbedingt
von Vorteil. Solange der Vietcong als der schwächere Gegner nicht verloren hatte,
war er der Sieger und je länger sich dieser Zustand hinzog, desto schwerer wurde
es für die USA den Sieg davon zu tragen (vgl. Greiner, 2007, S.44). Der Feind
war in Vietnam war für die US-Army weder wirklich greif- noch sichtbar und so
dominierte der Vietcong das Kampfgeschehen, indem er bestimmte, wann und wo
die Angriffe passierten (vgl. Greiner, 2007, S.35). Die technische Überlegenheit
der Amerikaner nutzte ihnen wenig, da sie den Nordvietnamesen und dem
Vietcong keine sichtbaren Schäden zufügen konnten, aber umso mehr an
Verlusten in den eigenen Reihen litten (vgl. Greiner, 2007, S.35). Die
Kampftruppen, die die größte Last des Krieges trugen, stellten nicht etwa einen
repräsentativen Querschnitt der amerikanischen Bevölkerung, sondern bestanden
überwiegend aus den jungen und sozial schlechter gestellten Menschen der
Gesellschaft (vgl. Greiner, 2007, S.33). Durch die fehlenden sichtbaren Erfolge
sanken die Motivation und die Bereitschaft der Soldaten, eigene Verluste in Kauf
zu nehmen. Die Bereitschaft zu exzessiver Gewalt jedoch nahm in diesem
Kriegsmilieu allerdings drastisch zu (vgl. Greiner, 2007, S.44).

19
Den Beginn des Jahres 1968 feierten die Vietnamesen mit den traditionellen Tet-
Feierlichkeiten, während die nordvietnamesischen Truppen die sogenannte Tet-
Offensive einleiteten (vgl. Klein, 2006, S.301). Mit der Tet-Offensive stieg die
Zahl der Gewaltakte amerikanischer Soldaten gegen vietnamesische Zivilisten
sprunghaft an und die Zahl der blutigen Auseinandersetzungen erreichte ihren
Höhepunkt. Presse und Berichterstattung nahmen sich dem Thema nur eher
beiläufig an und im Fernsehen wurde kaum darüber berichtet. Die öffentliche
Berichterstattung hielt an der Meinung fest, man müsse in Vietnam weiter die
Demokratie verteidigen. Zwar wurde in der Öffentlichkeit gerade nach der Tet-
Offensive die Kritik immer lauter, diese galt allerdings eher der amerikanischen
Vorgehensweise und nicht der Kriegsziele im Allgemeinen (vgl. Greiner, 2007,
S.11). Erst als das “Massaker von My Lai“, bei welchem US-Soldaten am 16.
März 1968 ca. 500 Menschen, darunter überwiegend Frauen, Kinder und Greise
getötet hatten, mehr als ein Jahr später bekannt wurde, gab es einen Umschwung
der öffentlichen Meinung in den USA.

Die Bilanz des Krieges war erschütternd. In Vietnam wurden soviele


Vernichtungsmittel eingesetzt, wie nirgends sonst in einem Krieg (vgl. Greiner,
2007, S.41). „In den Jahren 1966 bis 1968 klinkten Kampfflugzeuge der USA und
ihrer Verbündeten 2.865.808 Tonnen Bomben über Vietnam, Laos und
Kambodscha aus- das waren gut 80.000 Tonnen mehr als auf allen Schauplätzen
des gesamten Zweiten Weltkrieges zusammen“ (vgl. Greiner, 2007, S.41).
Der Status als Vietnamveteranen galt in der Heimat nicht als etwas, auf das ein
zurückkehrender Soldat stolz sein konnte. Da die amerikanische Gesellschaft in
Folge der Enthüllungen über die Realität des Krieges desillusioniert war und weite
Teile der Bevölkerung die aufkommende Friedensbewegung unterstützten,
wurden die Heimkehrer aus Vietnam im Gegensatz zu den Veteranen des Zweiten
Weltkriegs nicht mit Paraden, Reden oder Feierlichkeiten geehrt.
Trotz eines massiven Aufgebots an Berichterstattern, Journalisten, Kamerateams
und investigativen Reportern ist der Vietnam-Krieg der am wenigsten verstandene
Krieg der amerikanischen Geschichte (vgl. Greiner, 2007, S.12 f.). Die
Journalisten vor Ort lieferten lediglich News im Sinne von Neuigkeiten ohne
wirklichen informativen Gehalt. Dieses ambivalente Verhältnis zwischen

20
investigativer Berichterstattung auf der einen und einem Informationsdefizit auf
der anderen Seite ist der Grund, warum die nachträgliche Beschäftigung der US-
Filmindustrie mit dem Thema so interessant ist. Erst in der filmischen
Auseinandersetzung wurden der Vietnam-Krieg und seine Facetten eingehend
erörtert und verarbeitet.

4.2.2 Begründung der Wahl von Vietnamkriegsfilmen

Der Vietnamkrieg war der erste Krieg ohne offizielle Zensur. Das bedeutet, dass
sich Journalisten und Kameramänner im Kampfgebiet relativ frei bewegen
konnten. Durch die konstante journalistische Begleitung wurde der Vietnamkrieg
zu einem spektakulären Medienereignis hochstilisiert. Der Südostasienkonflikt
wurde zur allabendlichen Unterhaltung und gehörte für Amerikaner zum
Fernsehalltag. Die großen US-Fernsehstationen räumten der Vietnam-
Berichterstattung zwischen 1968 bis 1973 einen Anteil von 20-25% ein (vgl.
Wende, 1999, S.1075). Da das Gelände im Kriegsgebiet meist unübersichtlich war
und für Fernsehteams mit sperrigen Ausrüstungen schwer zugänglich, zeigt das
Filmmaterial nur wenige Kampfaufnahmen. Teilweise wurden Kampfszenen für
das US-Fernsehen inszeniert. Hieran zeigt sich, dass schon die Berichterstattung
aus Vietnam fast cineastische Züge hatte: durch die Gewöhnung der GIs an die
Präsenz der Kamerateams fühlten diese sich schon wie Helden aus Hollywood
und begannen, vor der Kamera zu posieren (vgl. Wende, 1999, S.1076).
Die Berichterstattung aus Vietnam war zu Beginn des Krieges patriotisch und
euphorisch, was zum Teil durch eine wenig informative, mehr actionreiche und
auf Einschaltquoten konzentrierte Berichterstattung hervorgerufen wurde. Dabei
wurden die Darstellung konkreter Kriegsziele und Hintergrundinformationen zu
Vietnam, seinem Volk, dessen Geschichte und Kultur ausgespart (vgl. Wende,
2006, S. 1076). Mit zunehmender Dauer des Krieges wurde Kritik am Vorgehen
der Amerikaner laut und Skepsis trat an die Stelle unhinterfragten Opportunismus.
Dieser Wandel der Einstellung zum Krieg wurde durch die Tet-Offensive der
nordvietnamesischen Truppen eingeleitet. In der Kriegsberichterstattung kamen
immer häufiger Kriegsgegner zu Wort, die zu Beginn des Konflikts in der
öffentlichen Berichterstattung kein Gehör gefunden hatten. Als das Massaker von

21
My Lai im November 1969 an die Öffentlichkeit gelangte, „suchten ehemalige
Angehörige der dort eingesetzten Einheit sowie dutzende andere GIs die
Öffentlichkeit und legten Zeugnis von den Verbrechen ab, die sie nicht als
Ausnahme, sondern als Alltag in Vietnam verstanden wissen wollten“ (Greiner,
2007, S. 18). Es reichten bereits wenige kritische Berichte, um eine Wende in der
öffentlichen Meinung herbeizuführen (vgl. Wende, 1999, S. 1077).

Einem oft zitierten Sprichwort nach verloren die USA den Krieg weniger auf den
Schlachtfeldern Vietnams als viel mehr auf den Bildschirmen der Fernsehgeräte in
der Heimat. Der damalige Meinungswandel der amerikanischen Öffentlichkeit,
ausgelöst durch die sich ändernde Berichterstattung ist ein einzigartiges Beispiel
für die polarisierende Rolle, die Medien in einer modernen Gesellschaft spielen
können. So erfolgreich die zunächst positive Medienberichterstattung einen
großen Teil der amerikanischen Bevölkerung für den Krieg gewann, so
einflussreich waren auch die Medien, als sie im Verlauf des Krieges die
Trendwende der öffentlichen Meinung einleiteten (vgl. Wende, 1999, S.1078).
Mit der Niederlage in Vietnam war das starke amerikanische Selbstbewusstsein
erschüttert. In Frage gestellt wurde der Glaube an die moralische, soziale und
militärische Überlegenheit der Amerikaner. Das Vietnam-Trauma war schließlich
ein Thema, dessen sich die amerikanische Filmindustrie nach und nach annahm
und es zu verarbeiten begann (vgl. Wende, 1999, S.1078). Vietnam bot den
Filmemachern individuelle Schicksale von Helden, Geschichten von Trauer, Tod,
Hölle und Gewalt. Der Vietnamkrieg gab der US-Filmbranche ganz neue Impulse
und brachte eine neue Kriegsfilmästhetik hervor (vgl. Kladzinski, 2005, S.39).
Nach dem Ende des Krieges beschäftigten sich ca. 400 fiktionale
Filmproduktionen mit der Verarbeitung des Vietnamkriegs (vgl. Reinecke, 1993
zitiert nach Kladzinsik, 2005, S.39). Mit kritischen und persönlichen Filmen wie
Die durch die Hölle gehen (USA 1978), über fast poetische Filme wie Apocalypse
Now (USA 1979) bis hin zu actiongeladenen Spektakeln wie Rambo II – Der
Auftrag (USA 1982) arbeitete die amerikanische Gesellschaft ihr Vietnamtrauma
auf. Auch die Alltagsperspektiven im Krieg, die in Filmen wie Good Morning
Vietnam (USA 1987) aufgegriffen wurden, waren in der Berichterstattung über

22
Vietnam kaum präsent, sondern erst Jahre später in der filmischen
Auseinandersetzung.

Interessant ist aus medienwissenschaftlicher Sicht das gegensätzliche Verhältnis


zwischen der Abendunterhaltung Vietnamkrieg und dem wahren
Kriegsgeschehen. Der Zwiespalt zwischen der eigentlich positiven Mission und
der negativen Außenwirkung ist faszinierend, denn beide Ansichtsweisen wurden,
wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, von den amerikanischen Medien
initiiert und mitgetragen.

Ich habe deshalb den Vietnamkrieg und seine filmische Darstellung als Thema
gewählt und beschränke mich auch auf diesen, um innerhalb meiner Filmanalysen
einen einheitlichen Bezugsrahmen zu gewährleisten. Bei der Interpretation vonder
Filmen, die vor dem Hintergrund verschiedener Kriege spielen, sind die
Unterschiede zwischen diesen Kriegen, die Schauplätze, die historischen
Rahmenbedingungen und damit auch die Art und Weise der filmischen
Aufarbeitung so groß, dass sich diese Filme schwer anhand gleicher Maßstäbe
vergleichen lassen.

4.3 Begründung der Filmauswahl

Für die Untersuchung meiner Interpretationshypothese habe ich mich für die
beiden Filme Platoon von Oliver Stone aus dem Jahr 1986 und Full Metal Jacket
von Stanley Kubrick aus dem Jahr 1987 entschieden. Platoon und Full Metal
Jacket beinhalten auf besondere Art und Weise Destrukturierungen und setzen
diese unterschiedlich und interessant in Szene. Beide Filme erfüllen die
Genremerkmale eines Kriegsfilms.

Neben dem Lob der Kritik erkannten auch viele Vietnam-Veteranen in Platoon
eine wirklichkeitsnahe Darstellung des Vietnamkrieges und eine adäquate
Wiedergabe der Kriegsgeschehnisse (vgl. Klein, 2006, S.297). Oliver Stones Film
stellt eine starke Visualisierung der sich zum Ende der sechziger Jahre drastisch
verschlechternden Situation im manchen Einheiten der US-Army dar.

23
In Stanley Kubricks Werk beginnt der Krieg nicht erst auf dem Schlachtfeld,
sondern früher, bei der militärischen Erziehung, beim unmenschlichen Drill und
der Erniedrigung, bei denen die Zerstörungskraft des Krieges im Sinne einer
alltäglichen Demütigung bereits die Psyche angreift (vgl. Descourvières, 2002).
Full Metal Jacket ist einer der konsequentesten Kriegsfilme, weil er keine
Widersprüchlichkeiten duldet. Der FSF2- Ausschuss von 1997, der Full Metal
Jacket unter Richtlinien des Jugendschutzes betrachtete, würdigte ihn als
pädagogisch wertvollen Film über die menschenverachtende Brutalität des
Krieges (vgl. Mikat, 2005, S.94).

Da die beiden Filme sowohl unter Kritikern als auch unter Filminteressierten als
Klassiker gelten, spreche ich ihnen eine zeitlose und daher auch aktuelle Relevanz
zu.

4.4 Begriffsklärung „Destrukturierung“

Mit dem Begriff Destrukturierung beschreibe ich einen Prozess, in dem


bestehende Gefüge und Strukturen zerstört werden, um sie zu deformieren und
ihre bisherige Gestalt oder ihr bisheriges Vorkommen zu verändern. Solche
Gefüge können beispielsweise Körpergefüge, Ideologien, Werte oder auch
Landschaften und Städte sein. Die Destrukturierung im Kontext von Destruktion
meint hier auch die die Abtragung oder den schrittweisen Abbau von Schichten,
aus denen sich eine Struktur zusammensetzt. In diesem Sinne kann die
Destrukturierung auch ein Prozess sein, in dessen Verlauf neue Dinge aus der
abgetragenen Struktur entstehen. Destrukturierung ist also auch im
Zusammenhang mit Neugliederung und Neuordnung zu sehen.

2
Die 1993 gegründete Freiwillige Selbstkontrolle Fernsehen e.V. ist seit 2003 eine anerkannt
Selbstkontrolleinrichtung mit Sitz in Berlin. Die FSF ist für die Programmprüfung der bundesweit
ausstrahlenden Sender des Privatfernsehens zuständig.

24
5. Filmanalysen

Während des Krieges und auch in den späten siebziger Jahren vermied die US-
Filmindustrie eine direkte Konfrontation mit dem Krieg in Vietnam und widmete
sich dem Thema nur zögerlich. Filme wie Taxi Driver (USA 1976) oder Die
durch die Hölle gehen (USA 1978) griffen das Thema zwar auf, taten dies
allerdings mit wenig Zuversicht in Bezug auf Institutionen wie die Familie, die
Liebe zum Vaterland oder zur Gemeinschaft. Filme wie Coming Home - Sie
kehren Heim (USA 1978) entlarvten vielmehr die rassistischen und ökonomischen
Aspekte des Krieges, den sie als ungerecht identifizierten. Mitte der achtziger
Jahre, in der Amtszeit Ronald Reagans, warben die Filme dann für eine neue
Interpretation des Vietnamkriegs, die durch Charaktere wie Sylvester Stallones
John James Rambo oder Chuck Norris´ Colonel James Braddock getragen wurde.
Filme wie Platoon aus dem Jahr 1986 und Full Metal Jacket aus dem Jahr 1987
stehen für eine differenzierte und kritische Sicht auf das Kapitel der
amerikanischen Geschichte und setzen sich ernsthaft mit dem Krieg und seinem
Erscheinungsbild auseinander. Ich werden beide Filme im Folgenden analysieren,
wobei ich mich an dem Filminterpretationsmodell von David Bordwell und
Kristin Thompson orientiere.

5.1 Platoon

5.1.1 Entstehungsgeschichte des Films

Platoon ist vor Geboren am 4.Juli (USA 1989) und Zwischen Himmel und Hölle
(USA 1993) der erste Film in Oliver Stones Vietnam-Trilogie. Oliver Stone diente
von Herbst 1967 bis zum Ende des Jahres 1968 in Vietnam. Als Achtzehnjähriger
war er jedoch schon 1965 in einem Vorort von Saigon als Lehrer in einer
katholischen Schule tätig (vgl. Hillstrom, 1998, S.231). Seine im Krieg
gewonnenen Eindrücke spiegeln sich in der Darstellung der Figur Chris Taylor,
Stones Alterego im Film, wider. Drogenkonsum, das angespannte Verhältnis
zwischen weißen und schwarzen Soldaten, das sogenannte Fragging, Konflikte

25
zwischen den karriereorientierten Soldaten und Wehrpflichtigen und Brutalität
sind Probleme, die er hautnah miterlebt hat und diese später filmisch zu
verarbeiten versuchte (vgl. Hillstrom, 1998, S.227). Die Gegenüberstellung der
weißen Karrieristen, die sich dem Alkoholkonsum hingaben und der Marihuana
rauchenden, schwarzen und urbanen weißen Hippies, zu denen sich Stone selbst
zählte, basiert ebenfalls auf seinen persönlichen Erfahrungen in Vietnam (vgl.
Hillstrom, 1998, S.231). Stones Intention war es, ein Dokument des Krieges zu
schaffen und dadurch zu erinnern (vgl. Hillstrom, 1998, S.232).
Der Film wurde auf den Philippinen gedreht. Vor den Dreharbeiten mussten alle
Schauspieler ein zweiwöchiges Training, das von dem dekorierten Vietnam-
Veteranen Dale Dye3 geführt wurde, durchlaufen. Die 20 Männer, die zur
Hauptbesetzung zählten, mussten die gesamte militärische Ausrüstung tragen und
Schützenlöcher ausheben (vgl. Beaver, 1994, S.93). Die Darsteller sollten so mit
den Umständen in der freien Natur vertraut gemacht werden das Gefühl von
Angst, von Verunsicherung, von Müdigkeit und in einer Weise auch Brutalität
und Härte erleben (vgl. Hillstrom, 1998, S.232).

5.1.3 Historischer Hintergrund

Als sich in den späten sechziger Jahren die amerikanischen Bemühungen in


Vietnam mehr und mehr in die Länge zogen, sank die Moral in vielen Einheiten
der US-Army und die Motivation wandte sich zur Frustration. Faktoren wie das
Image des Krieges als „working class war“, militärische Korruption und
Profitorientierung begünstigten diese Frustration (vgl. Hillstrom, 1998, S.227).
Ein anderer Grund für den Zusammenbruch der Disziplin war, dass die Situation
in Vietnam eine Reflexion der Realität in den Vereinigten Staaten darstellte:
Drogenmissbrauch, rassistische Spannungen und die Konflikte mit Autoritäten.
Die Army füllte ihre Reihen mit Männern aus genau diesem Umfeld und machte

3
Der Amerikaner Dye ist ein ehemalige Captain der U.S. Marines und ein hochdekorierter
Vietnam-Veteran. Seit über 20 Jahren ist er als Berater für Filmproduktionen tätig und hat
fortwährend mit Oliver Stone, aber auch mit Regisseuren wie Steven Spielberg für „Der Soldat
James Ryan“ (USA 1998), zusammengearbeitet (vgl. Bayer, o.J.).

26
es unausweichlich, dass sich Tatsachen den Erfolg der US-Army beeinflussten
(vgl. Hillstrom, 1998, S.228). Die fehlende Disziplin und Leistung in einigen
Einheiten der Armee machten es den Soldaten schwer, ihre ethische und
moralische Orientierung zu bewahren. Vielen gelang dies es trotz der zerfallenden
Umgebung und Andere streiften ihre Ideale auf den Touren durch das
kriegszerfurchte Vietnam ab, wurden zynisch, verzweifelt. Der Krieg machte sie
emotionslos und manchen gab nur das brutale Töten ein Gefühl von Lebendigkeit
(vgl. Hillstrom, 1998, S.229).
Die Praktik des Fragging, des Tötens von Offizieren oder Unteroffizieren durch
die eigenen Truppenmitglieder, war die bitterste Manifestation der
Demoralisierung in den US-Truppen. In anwachsender Frequenz stiegen die
Berichte über Übergriffe auf US-Offiziere in den Jahren 1967 und 1968 vor allem
in der Region des Mekong Delta. Im Jahr 1969 hatte die amerikanische
Militärführung Kenntnis von über 200 Fällen, in denen Angriffe vornehmlich auf
Unteroffiziere verübt wurden (vgl. Hillstrom, 1998, S.229). Ein Grund für diese
Kriegsführung innerhalb der eigenen Armee war die Tatsache, dass sich junge
Offiziere durch fehlende Erfahrung und Kompetenz oft nicht im Klaren über die
Tragweite ihre Befehle waren und die ohnehin schon demotivierten Soldaten nicht
ihr Leben nicht die Ausführung eines solch unbedachten Befehls aufs Spiel setzen
wollten (vgl. Hillstrom, 1998, S.230). Der Selbsterhaltungstrieb kombiniert mit
der fehlenden Disziplin und dem Versagen des Autoritätsbewusstseins sorgte in
einigen Einheiten dazu, dass Soldaten bereit waren, eine Gefahr für ihr Leben
unter allen Umständen aus der Welt zu schaffen.

5.1.4 Narrationsstruktur

Plot
Der Film beginnt im September 1967, als College-Student Chris Taylor als Soldat
in Vietnam ankommt. Er dient in einer Infanterieeinheit, die sich schon bald durch
den vietnamesischen Dschungel kämpfen muss. Dabei lernt er die beiden
Sergeants Elias Grodin und Bob Barnes kennen. Taylor beobachtet während
seines Dienstes die tiefe Kluft zwischen Elias und Barnes. Nachdem Taylor sich
nach einer Verletzung wieder dem Platoon angeschlossen hat, führt sie der Tod

27
von zwei Soldaten der Einheit in ein vietnamesisches Dorf, in dem ein blutiger
Angriff auf die Bewohner stattfindet. Taylor verliert sich kurzzeitig in dem Chaos
des Übergriffes, fängt sich zwar schnell wieder, kann dann aber nur mit ansehen,
wie einige seiner Kameraden, ihnen voran Seargent Barnes das Dorf zerstören und
wehrlose Zivilisten hinrichten. Sergeant Elias ist erschüttert von Barnes
menschenverachtender Brutalität und macht deutlich, dass er rechtliche Schritte
gegen diesen einleiten wird.
Kurze Zeit später gerät die Einheit in einen Hinterhalt, in dessen Kampfverlauf
Elias einige angreifende Vietcong-Soldaten tötet, sich allerdings durch die
Verfolgung der Gegner sehr weit von dem Rest der Einheit entfernt. Barnes
besteht darauf sich allein auf die Suche nach Elias zu begeben, spürt ihn auf und
erschießt ihn mit drei gezielten Schüssen. Zurück bei seiner Einheit gibt er an,
Elias’ toten Körper gesehen zu haben. Das Platoon wird nun durch Helikopter
evakuiert und beim Abheben, sieht Taylor Elias aus dem Dschungel fliehen,
verfolgt von Vietcong-Soldaten. Elias wird mehrere Male in den Rücken
geschossen. Er stirbt, seine Arme zum Himmel gestreckt.
Als sich Taylor kurze Zeit später an andere Mitglieder seiner Einheit wendet, um
sie davon zu überzeugen, dass Barnes Sergeant Elias auf dem Gewissen hat,
geraten er und Barnes aneinander. Als dann die Stellung des Platoons vom
Vietcong überrannt wird und der Captain einen Luftschlag gegen seine eigene
Position anfordert, versucht Barnes das Chaos der Situation zu nutzen, um Taylor
umzubringen. Doch Barnes wird verwundet kurz bevor er Taylor töten kann. Als
Taylor am Morgen nach dem Angriff aufwacht, verletzt aber am Leben, findet er
den schwer verwundeten Barnes und erschießt ihn.

Story
Platoon ist die Geschichte des jungen College-Studenten Chris Taylor, der sich
freiwillig für den Kriegsdienst in Vietnam gemeldet hat. In Briefen an seine
Großmutter, die in Off-Kommentaren wiedergegeben werden, erzählt Taylor von
seinen Erfahrungen im Krieg. Taylor bemerkt schnell, dass ein Neuankömmling
in der Truppe nichts zählt. Seine Wertigkeit wird nach den ihm verbleibenden
Tagen in Vietnam berechnet.

28
Früh bemerkt er, dass die Einheit, die offiziell von Lieutenant Wolfe geführt wird,
tatsächlich von zwei Sergeants dominiert wird. Er sieht sich mit zwei konträren
Vaterfiguren konfrontiert. Eigentlich möchte er anonym bleiben und eine
Positionierung vermeiden, gerät aber in einen Konflikt zwischen den beiden
Sergeants, die ihn beide auf unterschiedliche Arten faszinieren. Als das Platoon
sich mehr und mehr spaltet und sich die Soldaten entweder zu Elias oder zu
Barnes bekennen, bleibt Taylor unentschlossen.
Nach dem Überfall auf ein vietnamesisches Dorf, bei dem Barnes ein
Kriegsverbrechen begeht, will Elias dafür sorgen, dass sich Barnes dafür
verantworten muss und den Vorfall vor das Kriegsgericht bringen. Als das
Platoon in einen Hinterhalt der Vietcong gerät, verfolgt Elias einige Gegner durch
den Dschungel. Barnes gibt derweil die Befehle so, dass Elias von dem Rest der
Einheit abgeschnitten ist. Der Kampf der beiden Sergeants gipfelt in der Szene, in
der Barnes Elias kaltblütig erschießt. Im Glauben, Elias sei von Vietcong-
Soldaten erschossen wurden, wird das Platoon mit Hilfe von Helikoptern
evakuiert. Die Männer können nur zusehen, als der schwer verwundete Elias
versucht, vor dem Vietcong zu fliehen und erschossen wird. Barnes
Verantwortlichkeit für den Tod Elias´, ist nun offensichtlich. Auch Chris, der um
die Schuld Barnes weiß, ist diesem nun im Weg und entgeht kurze Zeit später nur
knapp einem Mordversuch. Als Taylor dann an dem Morgen nach einem
schweren Angriff den stark verwundeten Barnes findet, trifft er eine Entscheidung
-letztendlich für Elias- und tötet Barnes.
Der Film endet dann mit der Heimkehr Taylors. Von einem Helikopter aus
betrachtet er unter Tränen das Schlachtfeld unter ihm. Aus dem Off ertönt der
Kommentar, dass die beiden Sergeants eigentlich um seine Seele gekämpft haben.

Charaktere

Private Chris Taylor


Der 19-jährige Chris Taylor, der das College abgebrochen hat, um sich zum
Kriegsdienst zu melden, ist der Typ von Held, der Gewalt nur in Situationen der
Bedrohung anwendet, wenn sein Leben in Gefahr ist oder er den Befehl dazu
bekommt. Der Zuschauer erfährt über die Briefe an seine Großmutter, dass

29
Taylors bürgerliche Eltern nicht wollten, dass ihr Sohn in den Krieg zieht, doch
dass er selbst den Wunsch hatte, etwas für sein Land zu tun, wie es sein Großvater
im Ersten Weltkrieg und sein Vater im Zweiten Weltkrieg taten. Chris ist in der
Auseinandersetzung zwischen Barnes und Elias hin und her gerissen und der
Konflikt der beiden Sergeants prägt seine Erfahrungen beim Militär.

Sergeant Elias Grodin


Sergeant Elias Grodin wird als kameradschaftlicher, verständnisvoller und
hilfsbereiter Mensch mit humanistischer Orientierung vorgestellt. Er ist schon seit
mehreren Jahren in Vietnam und durch seine Erfahrungen in Krieg ein guter
Soldat. Trotz der Schrecken des Krieges hat er seine moralische Überzeugung
nicht verloren und seine Ideale nicht aufgegeben, wofür er von Chris bewundert
wird. Als sich Elias dann Barnes zum Feind macht, stirbt er einen doppelten Tod:
den durch seinen Kameraden Bob Barnes und den durch die Soldaten des
Vietcong.

Sergeant Bob Barnes


Im Gegensatz zu Sergeant Elias ist Sergeant Bob Barnes ein unbarmherziger,
abgebrühter und kompromissloser Kämpfer, der zu Grausamkeit neigt. Auch sein
Ton ist rauer und der Zuschauer erlebt ihn als rüde und emotionslos. Barnes, der
ein vernarbtes Gesicht hat, das auf viele Verletzungen in kämpferischen
Auseinandersetzungen deutet, umgibt eine unverwundbare und unzerstörbare
Aura. Seine Gefolgsleute werden von ihm eher geschont und die anderen Soldaten
höheren Risiken ausgesetzt.

Erzählmuster
Der Film Platoon folgt in seinem formalen Aufbau einer für den Kriegsfilm
typischen Dramaturgie und nutzt dafür das Strukturmuster. Es gibt den Helden
Chris Taylor aus dessen Perspektive das Geschehen erzählt wird. Seine
Entwicklung ist Thema des Films. Der Held muss sich im Krieg beweisen und
sieht sich dabei mit zwei konträren Vaterfiguren konfrontiert. Verkörpert werden
diese von zwei Sergeants, die mit ihren Rollen das Gut-Böse-Schema aufgreifen.

30
Der junge Held muss im Laufe der Geschichte Entscheidungen treffen, die
Einfluss auf seine persönliche Entwicklung haben und diese vorantreiben.
Der Handlungsverlauf in Platoon ist linear angelegt und folgt einem
chronologischen Aufbau. Der Film ist dicht und geschlossen, dass heißt, dass die
formale Beziehung der Elemente des Films keine Lücken aufweist.

5.1.5 Stilistischen Gestaltungsmittel

Bildkomposition
Immer wieder werden Soldaten in Einstellungen gezeigt, in denen sie vor dem
Hintergrund der vietnamesischen Natur und Landschaft zu sehen sind. Meist sind
dies weite Einstellungen und Totalen, die die Einbettung der GIs in die Kulisse
Vietnams visualisieren. Dabei nutzt Oliver Stone verschiedene landschaftliche
Umgebungen, wie Berge und Hügel, dichte Palmenwälder, weite
Graslandschaften oder Flussläufe, und gibt dem Zuschauer so einen Überblick
über die geographischen Besonderheiten Vietnams. Der Aufenthalt der
amerikanischen Soldaten in Vietnam wird also immer wieder zur Geographie und
zu den landschaftlichen Begebenheiten des Landes in Beziehung gesetzt. Die
landschaftlichen Gegebenheiten werden dann noch durch originale Geräusche der
Umgebung, wie Vogelgezwitscher oder das Rascheln der Blätter beispielsweise,
hervorgehoben.

31
Einen Bezug zu zeithistorischen Anhaltspunkten dagegen findet der Zuschauer in
Platoon fast gar nicht. Nur die Musik im Film kann als Hilfe für die zeitliche
Einordnung des Konflikts dienen.

Einstellungsgröße
Um das erschreckende Chaos des Krieges zu verstärken, werden visuelle
Gestaltungsmittel, wie schnelle Kamerafahrten, Überkopf-Aufnahmen aus der
Luft und schnelle Schnitte verwendet. Durch häufig verwendete Aufnahmen einer
mobilen Kamera kann das Publikum näher an das Geschehen und die Atmosphäre
im dichten Dschungel herangebracht werden.
Lange Einstellungen und lange Schwenks nehmen dem Film sein Tempo. Meist
sind dies auch solche Aufnahmen, in denen ein Off-Kommentar Chris’ zu hören
ist. Diese ruhigen Abschnitte des Films bilden einen starken Kontrast zu den
plötzlich aufkommenden, hektischen und schnell geschnittenen Kampfszenen.
Ein wesentliches Mittel, das zur Authentizität des Films beiträgt, sind die
Detailaufnahmen von Moskitos auf Chris’ Nacken, festgesaugten Blutegeln,
Feuerameisen, Eidechsen auf buddhistischen Statuen oder giftigen Schlangen.
Diese Aufnahmen unterstreichen die Fremdartigkeit des Landes und schaffen eine
atmosphärische Dichte.

Kameraperspektive
In weiten Einstellungen und Totalen, oft aus einem fliegenden Helikopter gefilmt,
visualisiert Oliver Stone die Landschaft Vietnams. Sie zeigen eine intakte Natur.
Doch die Idylle wird immer wieder aufgebrochen und das Ausmaß der Zerstörung
der Landschaft durch den Krieg wird dem Zuschauer mit Hilfe von Aufnahmen
aus der Vogelperspektive vor Augen geführt.

32
Kamerabewegung
Langsame Kameraschwenks von Gesicht zu Gesicht oder die Montage der
Gesichter der einzelnen Soldaten, wie bei dem Fund von Mannys Leiche oder
nach der Exekution der vietnamesischen Frau durch Barnes, sind ein häufig
genutztes Mittel, um die Reaktion der Beteiligten auf den Tod zu zeigen. Die
Soldaten werden in einer Nah- oder Großaufnahme gezeigt. Für den Zuschauer
sind also die sich in der Mimik darstellenden Emotionen, wie Trauer,
Erschütterung, Fassungslosigkeit und Wut, gut abzulesen.

Montage
Als sich eines Nachts der Vietcong der Stellung des Platoons nähert und Chris ihr
leises Vordringen beobachtet, wird die Dramatik der Situation durch die hohe
Schnittfrequenz potenziert. Detailaufnahmen seiner wachsamen und weit
aufgerissenen Augen, die nervös die nächtliche Umgebung abtasten, der Blick zu
seiner Waffe, der Blick zu den anderen schlafenden Soldaten und zurück zu den
Vietcong-Kämpfern werden in einer schnellen Abfolge aneinandergereiht. Der
Zuschauer wird hierbei stark physisch und psychisch beansprucht und kann sich
dem Druck der Situation nur schwer entziehen.
Als Chris in dem vietnamesischen Dorf seine Beherrschung verliert und einem
ganz offensichtlich behinderten jungen Mann vor die Füße schießt, wird die
Situation von seinen lauten Schreien dominiert. Die hohe Frequenz der Schnitte
unterstreicht die Angespanntheit und Hektik der Situation. Nahe Einstellungen
von Chris, Bunny, dem jungen Mann und seiner schreienden und flehenden
Mutter wechseln sich in hohem Tempo ab. Die verkrampften Gesichtsausdrücke
der Beteiligten sind gut zu erkennen. Das Chaos der Szene wird dadurch für den
Zuschauer greifbar gemacht.
Eindrucksvoll ist die Situation dargestellt, in der sich Sergeant Barnes auf die
Suche nach Elias macht und beide im Dschungel aufeinandertreffen. Die rasche
Montage spielt hier für die Dramatik und die Spannung der Szene eine zentrale
Rolle. Als Elias in seinem Gegenüber Barnes erkennt, lächelt er und ist erleichtert,
nicht auf einen Vietcong gestoßen zu sein. Zuerst sind beide jeweils in einer
Halbtotalen zu sehen, in mitten von Bäumen, Sträuchern und Blättern. Dann
werden halbnahe Aufnahmen ihrer Gesichter und ihrer Körperhaltung montiert, in

33
den zu sehen ist, dass Barnes sein Gewehr nicht herunternimmt und Elias ohne
Schutzweste vor ihm steht. Dann folgen Detailaufnahmen ihrer Augen. Barnes,
dessen Blick Entschlossenheit demonstriert und Elias, dessen Lächeln in eine
ernsten Blick übergeht. Das Publikum wird Zeuge des Mordes an Elias. Die
Schüsse Barnes sind aus einer Überschulter-Einstellung zu sehen. Kurz bevor
Elias in einer weiteren Halbnahen Einstellung zu Boden geht.

Ton
In Off-Kommentaren hört man Chris Briefe an seine Großmutter schreiben, die
die Handlung fragmentieren und den Zuschauer etwas über die Empfindungen des
Helden erfahren lassen.

„Jemand hat mal geschrieben, die Hölle ist Abwesenheit von


Vernunft. So kommt mir das hier vor, wie die Hölle. Ich hasse das
Ganze schon jetzt und bin erst eine Woche hier […]“ (Chris).

Schon in seinem ersten Brief an die Großmutter vergleicht er seinen Aufenthalt in


Vietnam mit dem in der Hölle. In ruhiger Tonlage und in langsamem Tempo
beschreib Chris seine Situation. Er berichtet der Oma und dem Zuschauer von
dem Chaos, seiner Müdigkeit, von den nächtlichen Angriffen des Vietcong und
von seinem Status als Neuling. Darüber hinaus erfährt der Rezipient über die
Briefe Taylors von seiner Persönlichkeit, seiner Herkunft und seiner Intention, in
Vietnam zu dienen.
Eindrücke der Natur sind in Platoon immer wieder präsent und werden in die
Visualisierung des Krieges einbezogen. Dabei spielt die Geräuschkulisse des
Dschungels eine wichtige Rolle. Vogellaute oder das Rascheln der Blätter lassen
den Zuschauer die Umgebung und die Landschaft Vietnams als friedlich und
idyllisch wahrnehmen.
Als Chris am Morgen nach dem Napalm-Angriff im Bunkergebiet des Vietcong
erwacht, ist das erste, was er in der zerstörten Landschaft sieht, ein Wildtier, was
durch die Bomben und Flammen ein verbranntes Fell hat. Dominiert wird die
Szene von Vogelgezwitscher und Geräuschen des Waldes, die im starken Kontrast

34
zu den Bombendetonationen und dem Maschinengewehrdonner der vergangenen
Nacht stehen.
Musik funktioniert in Platoon als Unterscheidungsmittel. Als die beiden Lager
des Platoons gegenübergestellt werden, dient die Musik der Zuordnung der
verschiedenen Gruppen. Die Männer in der „Unterwelt“, zu denen King, Rhah,
Elias oder Big Harold gehören, tanzen gemeinsam zu dem Lied „Tracks of my
Tears“ von Smokey Robinson oder hören Jefferson´s Airplane und rauchen
Marihuana. Die Stimmung ist ausgelassen und das Thema Krieg spielt hier keine
Rolle. Die Gruppe der mehrheitlich weißen Soldaten um Sergeant Barnes und
Sergeant O´Neill trinkt Alkohol und spielt Poker. Die Stimmung ist eher
bedrückend und das Thema Krieg ist hier allgegenwärtig. Die Szene wird mit der
Zeile „We don´t smoke marihuana…“ aus dem Country-Western-Lied „Okie from
Muskogee“ von Merle Haggard eröffnet. Beide Songs lassen auf einen deutlich
gegensätzlichen Standpunkt und eine unterschiedliche Lebenseinstellung
schließen.
Als Chris und ein paar andere Männer seiner Einheit in der Nacht Wache halten
müssen, schreckt Chris ruckartig aus seinem Schlaf hoch. Sein wachsamer Blick
tastet die Umgebung nach Bewegungen ab und plötzlich bemerkt er eine Gruppe
von Vietcong-Kämpfern, die auf ihn zukommt. In dieser Sequenz ist Chris’
Herzschlag zu hören, der mit jedem Schritt, den sich der Vietcong seiner Stellung
nährt, schneller und auch lauter wird. Die schnelle Montage steigert die Spannung
der Szene. Die Einspielung Chris’ Herzschlags unterstreicht seine zentrale
Position im Film. Immer wieder beziehen sich auch Einstellungen und
Perspektiven auf Chris’ Figur. Seine subjektive Wahrnehmung von Vietnam ist
das leitende Motiv des Films, der dadurch weniger einen Gesamtkontext darstellt,
sondern eher die ganz persönliche Sicht eines jungen Mannes.
In der Sequenz, in der die Einheit das vietnamesische Dorf erreicht, um dort nach
Vietcong-Kämpfern zu suchen, dominieren die Schreie der Frauen und Kinder,
aber auch die der GIs die Situation. Unter den lauten flehenden Schreinen der
Bewohner wird das Dorf in Brand gesetzt, Bunker und Verstecke ausfindig
gemacht und gesäubert. Auch die GIs brüllen und schreien, womit ihre
Anspannung, Angst und Wut zum Ausdruck kommt. Die Sprache wirkt durch die

35
Lautstärke und durch die Hektik der Situation sehr bedrohlich und
furchteinflößend.
Als die Soldaten dann den Befehl bekommen, das Dorf niederzubrennen, sieht das
Publikum verschiedene Einstellungen seiner Zerstörung. Hütten werden in Brand
gesetzt, Gefangene abgeführt, Verstecke gesprengt und das gefundene
Waffenmaterial vernichtet. Untermalt wird die Szene mit dem melancholischen
und bedrückenden Stück „Adagio for Strings“ von Samuel Barber, dem
musikalischen Motiv des Films, dass die tragische Bedeutung der Situation
hervorhebt.

Setting
Oliver Stone präsentiert den dichten Regenwald in alternierenden Bildern, die die
Landschaft einerseits ästhetisch darstellen und andererseits zeigen, wie bedrohlich
und tödlich die Natur sein kann. Noch im Vorspann sieht der Zuschauer, Soldaten
durch den idyllischen und friedlich erscheinenden Dschungel streifen. Kurz darauf
entdeckt Chris dann eine giftige Kobra im Laub.
Gleich zu Beginn des Films wird Vietnam als undurchsichtig vorgestellt. Schon
beim Verlassen des Flugzeugs, das die neuen GIs, unter denen sich auch Chris
befindet, nach Vietnam brachte, verhindert aufgewirbelter Staub einen
ungehinderten Blick. Auch später im Dschungel bekommt der Zuschauer durch
die Verwendung der mobilen Handkamera eine Ahnung davon, wie dicht und
unübersichtlich der Wald ist.
Nach dem ersten Angriff der amerikanischen Soldaten in dem Bunkergebiet des
Vietcong nahe der kambodschanischen Grenze, folgt ein zweiter Einsatz. Der
Kampf zwischen Gut und Böse kehrt also an den Ort des Verbrechens zurück.
Den Ort, an dem Sergeant Elias durch Barnes in den Tod geschickt wurde. Hier
soll sich der Kampf entscheiden.

5.1.6 Auswertung

„Mit Platoon hatte Oliver Stone ein Deutungsschema für die


amerikanische Geschichte gefunden, das im Folgenden weitgehend
unverändert blieb“ (Klein, 2006, S.297).

36
Platoon sei der Film, an dessen Bilder sich die Menschen in 30 Jahren erinnern,
wenn sie an den Vietnamkrieg denken (vgl. Klein, 2006, S.297). Seine
gesellschaftliche und politische Legitimation bekommt der Film dadurch
verliehen, dass der Drehbuchautor und Regisseur des Films Oliver Stone selber in
Vietnam gedient hat. Daher ist Platoon eher ein persönlicher, weniger
ideologischer oder politischer Film, bei dem Oliver Stone auf eine metaphorische
Darstellung des Kriegs, wie sie in anderen Filmen anzutreffen ist, verzichtete (vgl.
Beaver, 1994, S.91). Bezeichnend für Platoon ist dagegen eher seine
Realitätsnähe. Die Aufnahme der toten Soldaten, denen durch den Wind des
Helikopters die Plane von ihren Körpern geweht wird und der Blick des
Zuschauers auf ihre blutigen Körper frei wird, sind detailierte Beobachtungen, die
dem Films seine Authentizität verleihen.
Oliver Stone bedient sich in Platoon einer Reihe von Destrukturierungen, die
verschiedene Arten von Gefügen betreffen. Im Folgenden erläutere ich, welche
Gefüge und Strukturen dies sind und stelle heraus, welche Strategien der
Inszenierungen von Destrukturierung hier vom Regisseur angewandt werden.

Destrukturierung des Gut-Böse-Schemas


Oliver Stone destrukturiert in Platoon zunächst das Gut-Böse-Schema, indem er
zwei US-Sergeants diese Pole verkörpern lässt. Nicht nur der Vietcong stellt eine
Bedrohung dar, sondern auch die eigenen Kameraden. „Der Feind taucht also
tatsächlich zweimal auf. Diesseits und jenseits des Frontverlaufs“ (Wenk, 2004).
Selten sind die Gesichter von Vietcong-Kämpfern zu sehen und nie werden sie in
einer Großaufnahme gezeigt. Die Mimik des Feindes, auf Grund dessen der
Zuschauer Empfindungen und Gefühle ableiten könnte, ist selten wahrzunehmen.
Schon in der ersten kämpferischen Auseinandersetzung, die im Film inszeniert ist,
steigt der Vietcong aus dem Nebel auf und verschwindet auch wieder gesichtslos
im Nebel des Waldes.
Kurz bevor die Einheit das vietnamesische Dorf erreicht, in dem es die Vietcong-
Soldaten vermutet, die Manny auf dem Gewissen haben, beschreibt Chris in
einem Off-Kommentar den „Sog des Untergangs“, der sie alle langsam zu
erfassen droht. Als das Zentrum dieses Untergangs nennt er Sergeant Barnes. Die

37
negativen und destruktiven Kräfte der Einheit konzentrieren sich also in seiner
Person. Doch Chris bewundert Barnes auch auf eine Art und Weise. Die
eigentliche Gefahr besteht für Chris also eher darin, seine moralischen Grundsätze
zu verraten und sich auf die Seite Barnes’ und somit in den Sog ziehen zu lassen.
Als Barnes in einer Gefechtssituation in dem Bunkergebiet des Vietcong versucht,
Chris zu erschlagen und eine Ausholbewegung macht, werden die beider
Gesichter in einer Nahaufnahme gegenübergestellt. Barnes ist in Untersicht
gefilmt und hat einen wahnsinnigen Gesichtsausdruck, der durch seine
rotglühenden Augen noch unterstrichen wird. Er wird wie der Teufel dargestellt,
der versucht, von Chris’ Seele Besitz zu ergreifen. Chris ist in Draufsicht gefilmt,
in der unterlegenen Position. Sein Gesicht ist angstverzerrt und mit seinen Armen
versucht er, den Angriff Barnes’ abzuwehren. Kurz bevor Barnes den Schlag
ausführen kann, wird er durch die Wucht einer Detonation umgerissen.
Im zweiten Schritt dann nimmt Oliver Stone die Struktur des üblichen Ausgangs
dieses Konflikts auseinander, indem der Gute dem Bösen unterliegt. Der böse
Vater, hier verkörpert von Sergeant Barnes, ist der Triumphierende in diesem
Kampf. Zwar wird er von Chris getötet, womit Chris eine eindeutige
Entscheidung gegen ihn trifft und sich so dem Sog entziehen kann, aber Menschen
wie Barnes bestimmen weiterhin die Regeln, nach denen der Krieg geführt wird.4

Destrukturierung der Vorstellung von Truppenzusammenhalt


Mit dem Konflikt zwischen Gut und Böse transportiert Platoon nicht die
kameradschaftliche Einstellung einer Einheit, die noch den Filmen über den
Zweiten Weltkrieg immanent war. Während sich der Zuschauer ein Platoon als
funktionierende solidarische Gruppe von Männern vorstellt, die ein Schicksal
teilen und durch dieses Schicksal miteinander verbunden sind, ist die Einheit in
Platoon in zwei Lager gespalten. Es herrschen ein rauer Ton und derbe
Umgangsformen, Schimpfwörter werden oft benutzt und die Soldaten stacheln
sich gegenseitig zu Gewalt an. Chris beschreibt die Situation im Platoon in einem
seiner Briefe als Bürgerkrieg. Soldaten, die eigentlich gemeinsam für eine Sache

4
Die Erzählung in Platoon weißt Parallelen zu Shakespeares Hamlet auf, mit Chris Taylor als
Hamlet, Sergeant Elias als ermordetem König und Sergeant Barnes als Claudius, dem Thronräuber
(vgl. Klein, 2006, S.298).

38
kämpfen sollten, bekriegen sich gegenseitig und machen den Kampf gegen den
Vietcong dadurch umso schwerer. Visualisiert wird diese Teilung des Platoons
durch die gegensätzliche Darstellung der beiden Lager. Die Männer um Sergeant
Elias, Mexikaner, Schwarze und Weiße hören psychodelische Hippie-Musik und
rauchen Marihuana. Die Szenerie in der „Unterwelt“ ist in rotes Licht getaucht,
was dem Bunker eine anrüchige Atmosphäre verleiht. In der Unterkunft der
Gruppe um Sergeant Barnes ist die Stimmung weniger ausgelassen und schon die
Beleuchtung der Szene ist nüchterner. Hier spielen die vornehmlich weißen
Soldaten vom Land, die sogenannten Rednecks, Poker und betrinken sich. Die
Gegenüberstellung mit Hilfe der Montage macht die Unterschiede zwischen den
beiden Lagern für den Zuschauer offensichtlich.
Diese Spaltung der Einheit impliziert auch eine Destrukturierung des Status der
militärischen Führung, die im Platoon eigentlich Lieutenant Wolfe inne hat. Doch
Wolfe wird als unsicherer und unerfahrener Emporkömmling in Szene gesetzt, der
vergeblich um die Anerkennung und Respekt in der Einheit kämpft.

Destrukturierung von Chris’ Psyche


In Platoon erfolgt eine Inszenierung der Destrukturierung von Chris’ Psyche.
Chris wird zu Beginn des Films als ein cleverer, aber unentschlossener junger
Mann vorgestellt, der das College abgebrochen hat und nun hofft, in Vietnam
neue wertvolle Lebenserfahrungen sammeln zu können. Über die Briefe an seine
Großmutter erfährt der Zuschauer, dass die Heimat und das College Chris nichts
mehr bieten konnten und sein bisheriges Leben unerfüllt war. Mit seinem
Kriegsdienst wollte er der Kontrolle seiner Eltern entkommen, nach deren Vorbild
er nicht leben wollte.
Bereits bei seiner Ankunft in Vietnam wird Chris dann mit der Realität des Kriegs
konfrontiert, als er sieht, wie Leichensäck in die Maschine transportiert werden,
mit der er gerade erst angekommen ist. Schon nach der ersten Woche gesteht
Chris sich und seiner Großmutter ein, einen schweren Fehler gemacht zu haben.
Bei seinem ersten Einsatz im Dschungel ist Chris alleine vom Fußmarsch
körperlich am Ende. Er schwitzt, hat fürchterlichen Durst, ist müde und wird
zudem auch noch von seinen Kameraden als Hosenscheißer und Grünschnabel
beschimpft.

39
Im Laufe des Films verändert sich Chris dann zusehends. Glaubt er zu Beginn
seines Einsatzes noch, in einem sinnvollen Krieg zu dienen und seine Pflicht für
sein Vaterland zu erfüllen, fällt es ihm im Verlauf der Handlung immer schwerer,
einen klaren Kopf zu bewahren und nicht durchzudrehen. Seine Psyche und seine
Gedankenstrukturen werden durch seine Erlebnisse in Vietnam, durch die Angst
und durch die Anspannung im Krieg destrukturiert. Durch Chris’ Kommentare
wird dem Zuschauer nähergebracht, wie Chris Tag für Tag desillusionierter und
emotionsloser wird.

„[…] Der Sog des Untergangs zog uns alle langsam in den Strudel
[…]“ (Chris).

Mit Untergang meint Chris hier, den schrittweisen Abbau der physischen und
psychischen Kräfte, der moralischen Stabilität der Soldaten, der Motivation und
der Bereitschaft zur Disziplin. Dieser Kommentar von Chris bildet den Auftakt zu
der Ankunft in dem vietnamesischen Dorf in dem Barnes sich dann des
Kriegsverbrechens schuldig macht. Auch Taylor verliert für einen Moment die
Kontrolle und schießt wie von Sinnen vor die Füße eines offensichtlich
behinderten jungen Mannes und zwingt ihn so dazu, zu tanzen.
Chris, der in Form von Briefen an seine Großmutter Kontakt zu seiner Familie
gehalten hat und ihnen so von seinen Erfahrung berichtete, hat bald kein Interesse
mehr daran, sich jemandem aus der Heimat mitzuteilen. Zum Schreiben fehlt ihm
die Energie. Er hat keine Kraft mehr, seine moralischen Vorstellungen aufrecht zu
halten, noch zwischen Richtig und Falsch unterschieden zu können. Chris muss
weniger gegen den Feind kämpfen, als vielmehr darum, in der Hölle von Vietnam
nicht seinen Verstand zu verlieren.
Auch Chris’ Rolle als Heldenfigur wird destrukturiert. Denn Chris ist nicht der
selbstsichere und entschlossene Kämpfer, der immer die richtigen Entscheidungen
trifft. Chris weiß lange Zeit nicht, wie er sich in dem Konflikt zwischen Elias und
Barnes positionieren soll. Den Moment, in dem er Barnes erschießt, erfährt Chris
als symbolischen Moment der Erkenntnis. Das Gute in ihm hat zwar über das
Böse gesiegt, doch Taylor macht sich in diesem Moment des Mordes schuldig.
Oliver Stone präsentiert hier also nicht den sauberen Helden, sondern einen, den

40
der Krieg verdorben hat und der beschmutzt ist von seinen Erfahrungen und Taten
(vgl. Beaver, 1994, S.95). Dennoch ist Chris’ letzter Kommentar positiv angelegt
und gibt Hoffnung für die Zukunft5:

„Ich denke heute, wenn ich zurückblicke, wir haben nicht gegen den
Feind gekämpft, wir haben gegen uns selbst gekämpft. Der Feind war
in uns. Der Krieg ist jetzt für mich vorbei, aber er wird immer
bestimmend sein, bis ans Ende meiner Tage. […] Diejenigen von uns,
die davon gekommen sind, haben die Verpflichtung etwas Neues zu
schaffen, Anderen das weiterzugeben, was wir wissen. Und mit all
dem, was von unserem Leben übrig geblieben ist, zu versuchen, einen
Wert und eine Bedeutung zu finden für dieses Leben“ (Chris).

Destrukturierung des historischen Kontexts des Vietnamkriegs


Als Besonderheit von Platoon kann gelten, dass der Film ein Gefühl von
geographischer Präsenz transportiert. Somit bricht der Film die bisher beim
Zuschauer bestehende Vorstellung auf, dass Krieg eher in einem historischen
Kontext zu sehen ist. Platoon destrukturiert also den bisherigen zeitlichen
Zusammenhang in dem der Vietnamkrieg wahrgenommen wurde und bringt ihn in
Verbindung mit der geographischen und sogar meteorologischen Lage Vietnams.
Im Gegensatz zu anderen Vietnamkriegsfilmen, wie Die durch die Hölle gehen,
definiert Platoon den Krieg über das Land Vietnam und seine landschaftlichen
Begebenheiten und definiert ihn weniger als eine Zeit oder ein Ereignis in der
amerikanischen Geschichte. Dies wird über die Bildkomposition erreicht, in der
die amerikanischen Soldaten in der Landschaft untergehen.

5
Kritiker bemerkten bei der Darstellung Taylors eine Diskrepanz zwischen seinem Alter und
seinen Gedankenäußerungen. Dies sei möglicherweise darauf zurückzuführen, dass Oliver Stone
seine Erlebnisse, die er mit 19 hatte, mit 30 Jahren in Form eines Drehbuches niederschreibt und
im Alter von 40 Jahren verfilmte. Die Perspektive auf den Krieg ist also zum Zeitpunkt der
Verfilmung schon lange nicht mehr die eines 19-Jährigen. So ist die Hauptfigur des Films zwar der
junge Chris Taylor, doch seine Gedanken gehören einer älteren Person, die schon zurückgeblickt
hat, die Guten von den Bösen unterscheiden kann und ihre Lektion gelernt hat (vgl. Beaver, 1994,
S.96).

41
Als Taylor seine Verletzungstage überstanden hat und ins Lager zurückkehrt,
passiert er einen Wegweiser auf dem die Entfernungen zu Hongkong (685 km)
und Hanoi (710 km) zu lesen sind. Zwischen beiden Städten gibt es auch ein
Schild, dem die Entfernung zu Kansas entnommen werden kann: Es sind 9896
km. Hieran wird die geographische Lage Vietnams verdeutlicht. Auch die
Fremdartigkeit der Landschaft und der Vegetation, die sich aus dieser Lage ergibt,
wird immer wieder visualisiert.

Destrukturierung der Landschaft


Auch die Landschaft Vietnams verändert im Lauf des Films ihre Struktur. Lange
Einstellungen von der landschaftlichen Schönheit Vietnams, aus einer
Vogelperspektive gefilmt, veranschaulichen die intakte Natur. Doch mit Hilfe von
Schwenks und weiteren Aufnahmen werden die Bilder des grünenden dichten
Regenwalds Bildern einer vom Napalm zerstörten, brennenden, kahlen Landschaft
gegenübergestellt. Als Chris in einem Helikopter die Stellung seines Platoons
Richtung Heimat verlässt, zeigt seine Perspektive eine Totale des Schlachtfelds.
Bombenkrater, Leichen und die zerstörte Natur dominieren das Bild. Die Szenerie
gleicht einem Massengrab.

Destrukturierung von Körpergefügen


Mit Hilfe von visuellen und akustischen Gestaltungsmitteln zeigt Platoon auch die
Destrukturierung von Körpergefügen. Dem Tod des ersten Soldaten, der im Film
stirbt, geht ein schmerzerfülltes Geschrei und Gebrüll voraus. Barnes Worte, die
er an die Überlebenden richtet, weisen darauf hin, welchen Wert ein toter Soldat
in einem Krieg hat.

42
„[…] Seht euch diesen blutigen Klumpen Fleisch genau an […]“ (Barnes)!

Der Tod von Soldaten wird leise und unspektakulär inszeniert. Die Soldaten
nehmen das Ableben eines ihrer Kameraden wortlos und sichtlich betroffen auf,
was mit Hilfe von langen ruhigen Schwenks über die Gesichter der Soldaten
visualisiert wird.

Die meist blutüberströmten Körper der Toten sind je nach Art der Verletzung
entstellt, die Augen meist weit aufgerissen. Detailierte oder schockierende
Darstellungen von Leichen werden vermieden.
Einen relativ brutalen Tod sterben die Soldaten Bunny und Junior. Beide werden
brutal zuerst niedergeschossen und erstochen. Im Unterschied zu den Toden der
anderen Kämpfer, sieht der Zuschauer hier die aggressiven Gesichter der
Vietcong-Kämpfer und den Tötungsvorgang. Mit der eindringlichen Darstellung
ihres Todes wird das Rachebedürfnis des Zuschauers bedient. Bunny und Junior
werden als Charaktere vorgestellt, die sich durch ihre Brutalität,
Unkameradschaftlichkeit und Dummheit auszeichnen. Ihre negativen
Eigenschaften legitimieren einen so grausamen Tod, der vom Zuschauer nur durch
ihre vorhergehende Unmenschlichkeit und Verständnislosigkeit angenommen
wird.
Der einzige, dessen Tod tragisch und heroisch visualisiert wird, ist der Sergeant
Elias´. Unter den Klängen des „Adagio for Strings“ ist er in Halbtotalen,
Halbnahen oder nahen Aufnahmen gezeigt, in denen er versucht, sich vor den
Schüssen des Vietcong zu retten. Auch die Totale, die Chris’ Perspektive aus dem
Helikopter darstellt, zeigt Elias´ Kampf ums Überleben. Trotzdem Elias unzählige
Male in den Rücken geschossen wird, richtet er seinen blutüberströmten Körper
immer wieder auf. Auch ihn umgibt in dieser Szene eine unzerstörbare Aura. Elias
stirbt unter dem Kugelhagel, mit zum Himmel ausgestreckten Armen.

43
5.2 Full Metal Jacket

5.2.1 Entstehungsgeschichte des Films

Full Metal Jacket ist nach Fear and Desire (USA 1953), Wege zum Ruhm (USA
1957) und Dr. Seltsam oder wie ich lernte, die Bombe zu lieben (USA 1964) der
vierte Film Kubricks, der sich mit dem Thema Krieg auseinandersetzt. Doch auch
in Filmen wie 2001: Odyssee im Weltraum (USA 1968) oder Uhrwerk Orange
(USA 1971) hatte sich Stanley Kubrick schon mit den dunkleren Seiten des
menschlichen Seins beschäftigt. Full Metal Jacket untersucht zwei verschiedene
Stationen des Lebens eines Infanterie-Soldaten: die Grundausbildung und den
Kampf.
Full Metal Jacket basiert auf dem 1979 erschienenen autobiographischen Roman
„The Short Timers“ des Vietnam-Veteranen Gustav Hasford, der als
Kriegskorrespondent bei der Marine gedient hatte (vgl. Wende, 1999, S.1078).
Das Drehbuch stammt von Hasford, Kubrick und Michael Herr, der ebenfalls in
Vietnam Korrespondent war. Stanley Kubrick, der zu der Zeit er Dreharbeiten
schon seit ca. 20 Jahren in Großbritannien lebte, hat mehrere Jahre an dem Film
gearbeitet (vgl. Wende, 1999, S.1078). Gedreht wurden die Szenen für Huế auf
einem zum Abriss freigegebenen Gelände in der Nähe von London (vgl. Wende,
1999, S.1078).
Die Rolle des Ausbilders Sergeant Hartman besetzte Stanley Kubrick mit Lee
Ermey, der auch im wahren Leben Ausbilder auf Parris Island6 gewesen ist und
die Filmproduktion eigentlich nur für Beratungstätigkeiten begleiten sollte. Doch
sein Engagement und schauspielerisches Talent führten dazu, dass Kubrick ihm
die Rolle anbot.

6
Das Marine Corps Recruit Depot Parris Island ist eine militärische Einrichtung, die der
Ausbildung von Marine-Soldaten dient. In Parris Island werden alle männlichen Rekruten östlich
des Mississippis und alle weiblichen Rekruten des Landes trainiert. Pro Jahr absolvieren ca.
17.000 Rekruten die Grundausbildung auf Parris Island (vgl. o.N., 2008).

44
5.2.2 Historischer Hintergrund

Amerikaner, die zum Kriegsdienst einberufen wurden oder sich freiwillig


meldeten, begannen ihren Dienst mit einer 8-wöchigen harten militärischen
Ausbildung (vgl. Hillstrom, 1998, S.123). Schon die ersten Stationen dieser
Ausbildung waren so angelegt, dass die Rekruten ihr bisher gelerntes Verhalten
abstreiften und nur die elementaren Gewohnheiten, wie Essen, Hygiene oder
Sprechen beherrschten. So konnten die Rekruten ganz im Sinne der Army neu
erzogen werden (vgl. Hillstrom, 1998, S.124). Besonders in den Marine Corps
waren die Ausbilder für ihren harschen Umgang mit den Rekruten bekannt (vgl.
Hillstrom, 1998, S.123). Die Marines sahen sich demoralisierenden
Beschimpfungen gegenüber, die das Pendant zu den hohen körperlichen
Ansprüchen war, die an die Männer gestellt wurden. Das Training funktionierte
durch die enormen körperlichen Anstrengungen und durch den starken mentalen
Druck, der auf die von ihrer zivilen Umgebung isolierten Männer ausgeübt wurde.
Die Individualität war ein erstes Opfer dieses Trainings. Den Rekruten war es
verboten, von sich in der ersten Person zu sprechen und Privatheit wurde durch
die gemeinschaftliche Umgebung, in der die Rekruten gemeinsam aßen, schliefen
und trainierten ausgelöscht. Innerhalb der Identität des Einzelnen wurde Platz
geschafft für neue Gefühle der Loyalität gegenüber dem Corps und Liebe zu den
Vereinigten Staaten (vgl. Hillstrom, 1998, S.124). Die Methoden der
Grundausbildung waren hart, wurden allerdings aus der Auffassung heraus
angewandt, den Rekruten so eine größtmögliche Überlebenschance im Kampf zu
geben. Die Rekruten sollten für die Situation in Vietnam physisch und psychisch
gestärkt sein. Nur mit einem Vollmantelgeschoss (deutsch für „Full Metal
Jacket“) - einer besonders harten Ummantelung, die das weiche bleierne Innere
einer Kugel umhüllt - würden es den Soldaten möglich sein, Vietnam und seine
Herausforderungen zu überstehen (vgl. Hillstrom, 1998, S.125).

45
5.2.3 Narrationsstruktur

Plot
Der Film beginnt in dem Ausbildungslager Parris Island in South Carolina. Zwei
Soldaten stehen dabei im Mittelpunkt des Films, denen der Ausbilder Sergeant
Hartman, wie den anderen Rekruten auch, Spitznamen gegeben hat. Joker ist ein
scharfsinniger, zynischer Rekrut; Leonard ist ein übergewichtiger und unsicherer
Rekrut, der schnell zur primären Zielscheibe Hartmans Beschimpfungen wird.
Leonard fällt es schwer, die harte Grundausbildung durchzustehen und versagt
immer wieder beim Training. Doch sein Werdegang erreicht einen Wendepunkt,
als er eines Nachts von seinen Kameraden zusammengeschlagen wird. Dieser
Überfall bringt Leonard völlig aus dem Gleichgewicht. Er besteht zwar die
Grundausbildung, erschießt dann aber Sergeant Hartman und sich selbst in dem
Toilettenraum der Baracke.
Die ausgebildeten Soldaten gehen nach Vietnam. Joker ist nun als Reporter für die
Zeitung „Stars and Stripes“7 tätig und soll den Einsatz der US-Army in der Stadt
Huế auf die Titelseite bringen. Joker stößt zu einer Einheit, die systematisch die
Ruinen der Stadt durchkämmt. Kurze Zeit später werden 3 der Soldaten der
Gruppe von einem Scharfschützen getroffen. Letztendlich kann das Versteck des
Scharfschützen ausfindig machen, der sich als junge vietnamesische Frau
herausstellt. Schwer verletzt von den Schüssen der Soldaten, bittet sie Joker
darum, sie zu erschießen. Nachdem er zögert, tötet der die Frau und kann somit
seinen ersten offiziellen „Kill“ vorweisen.

Story
Der erste Teil des Films zeigt die Ausbildung der amerikanischen Rekruten im
Camp auf Parris Island in South Carolina. Zunächst werden den jungen Rekruten
die Haare geschoren. Dies soll der erste Schritt sein, um sie zu uniformieren.

7
Die Zeitung „Stars and Stripes“ wird vom US-Verteidigungsministerium für Angehörige des
Militärs und deren Familien herausgegeben. Sie erscheint täglich in fünf verschiedenen Ausgaben
für die Regionen Mittlerer Osten, Europa, Japan, Korea und Okinawa. Laut einer Erhebung aus
dem Jahr 2002 erreicht sie täglich ca. 365.000 Leser (vgl. o.N., 2007).

46
Durch die harte Ausbildung werden sie weiter entpersönlicht und gehen als
Individuen mehr und mehr unter. Der Tagesablauf der Rekruten ist monoton, ein
Privatleben auf Parris Island ist ausgelöscht. Es existieren noch nicht einmal
Schamwände zwischen den Toiletten. Private Pyle, wie Leonard von Sergeant
Hartman genannt wird, gilt die besondere Aufmerksamkeit des Ausbilders. Seine
körperliche Unförmigkeit, fehlende Kondition und seine motorische
Unzulänglichkeit lassen ihn in der Gruppe ständig auffallen und gefährden den
erzieherischen Erfolg der Ausbildung. Um ihn besser in die Gruppe zu integrieren,
wird ihm Private Joker zur Seite gestellt. Als dann die gesamte Gruppe für
Leonards Unzulänglichkeiten bestraft wird, rächen sich die Rekruten an ihm mit
einer nächtlichen Prügelaktion. Zunächst zögert Private Joker, schlägt dann aber
umso härter auf den am Bett gefesselten Pyle ein. Joker hat hiermit eindeutig eine
Entscheidung getroffen. Er akzeptiert nun, dass Moral und Humanität in der
militärischen Welt nicht existieren (vgl. Wende, 1999, S.1080). Leonard zieht sich
immer mehr zurück, ist geistig verwirrt und entwickelt eine fast sexuelle
Beziehung zu seinem Gewehr „Charline“. Am letzten Tag der Ausbildung zeigt
sich dann gerade in Leonard die Wirkung des militärischen,
menschenverachtenden Drills. Die auf den Kampf ausgerichtete Erziehungspraxis
für eine fragwürdige militärische Zielorientierung entpuppt sich in seinem Fall als
selbstzerstörerisch. Er ist zu einer Kampfmaschine geworden, die in letzter
Konsequenz den Ausbilder, seinen Erschaffer, tötet und im Anschluss sich selbst.
Der zweite Teil zeigt den Einsatz der Soldaten in Vietnam. Der Szenenwechsel ist
radikal. Die Soldaten werden nun mit einem fremden Land konfrontiert, das ihre
Wahrnehmungsgewohnheiten auf den Kopf stellt. Joker, inzwischen als Reporter
für „Stars and Stripes“ tätig, und sein Kollege Rafterman werden an die Front zu
einem Platoon geschickt und sollen die Kämpfe in Huế auf die Titelseite bringen.
Kurz nachdem sie die Einheit erreichen, nähren sie sich der Betonlandschaft der
Stadt Huế. Als sich die Einheit in den Häusertrümmern verläuft, geraten sie in das
Visier eines Heckenschützen, der drei Männer des Trupps ermordet. Nachdem sie
den Scharfschützen aufgespürt haben, entpuppt dieser sich als junge Frau, was die
amerikanischen Soldaten vollkommen verwirrt. Sie stehen dem zuvor immer als
männlich vermuteten Feind zum ersten Mal gegenüber. Als Joker dann die um
Erschießung bittende Frau tötet, zeigt sich darin die Zweideutigkeit Jokers

47
Handeln: einerseits ist der Akt der Tötung seine „Geburt als Soldat“ (Weigel-
Klick, 1996, S.96) und andererseits auch ein „Akt der Humanität“ (Weigel-Klick,
1996, S.96). Die überlebenden Soldaten kehren nach der Sequenz in Huế zu dem
Stützpunkt am nahe gelegenen Perfume River zurück und singen beim Abzug aus
der brennenden Stadt das Mickey-Mouse-Lied.

Charaktere

Private Joker
Schon zu Beginn des Films reizt Joker den Ausbilder Sergeant Hartman durch
seine unorthodoxe Einstellung und durch renitente Bemerkungen. Doch er besitzt
Willensstärkere und Schneid, was ihn vor den direkten Angriffen Sergeant
Hartmans schützt. Jokers Person wird nicht gesondert vorgestellt, der Zuschauer
erfährt über ihn recht wenig. In einem Interview mit einem Filmteam beschreibt er
seine Intention, nach Vietnam zu kommen, mit den Worten:

„Ich wollte das exotische Vietnam sehen, das Kleinod von


Südostasien. Ich hab mir gedacht, ich treff’ interessante, anregende
Menschen aus einer alten Kultur - und kill sie. Ich wollte unbedingt
der erste in meinem Block sein, der einen amtlichen Kill vorweisen
kann“ (Joker).

Private Joker ist ein nüchterner, sarkastischer, ja zynischer Soldat, mit einem
fatalistischen Blick auf das Kriegsgeschehen. Er hat in Full Metal Jacket die Rolle
des kühlen, distanzierten und emotionslosen Beobachters, den die Absurditäten
des Kriegs nicht wirklich überraschen.

Gunnery Sergeant Hartman


Der Ausbilder der US-Marines wird mit seiner Liebe zum Corps und seinem
schier unerschöpflichen Repertoire an Beschimpfungen als harter Drill Instructor
von Parris Island vorgestellt. Mit biblischen Vergleichen und mit gebetsartigen
Rezitieren von „My Rifle“, dem Glaubensbekenntnisses eines US-Marines,
verfolgt Sergeant Hartman eine perfide Schein-Religiosität in der Parris Island

48
eine Art militärischen Himmel darstellt (vgl. Klein, 2006, S.300). Mit aller Härte
bestraft Hartman jeden, der Schwäche zeigt und den körperlichen und psychischen
Ansprüchen der Ausbildung nicht gewachsen ist.

Leonard Lawrence/ Private Pyle


Als übergewichtiger und unsportlicher junger Mann sticht Leonard Lawrence von
Beginn der Ausbildung an aus der Gruppe heraus. Dieses Auffallen macht ihn zur
Zielscheibe Sergeant Hartmans. Jedes Versagen Leonards wird von Hartman mit
erniedrigenden Demütigungen bestraft. Ein erzieherischer Erfolg stellt sich bei
Private Pyle erst dann ein, als er nach einer sogenannte „blanket party“ auch den
Rückhalt in der Gruppe verliert. Während von da an Leonards psychische
Labilität immer mehr zunimmt, entwickelt er sich zu einer Killermaschine und
kann die Ausbildung erfolgreich durchlaufen. In der letzten Nacht im Camp
erschießt er dann in letzter Konsequenz Sergeant Hartman und begeht
anschließend Selbstmord.

Erzählmuster
Der Film gliedert sich in zwei Teile. Der erste Teil ist ca. 44 Minuten lang. Er
spielt in einem Ausbildungslager der Marines und zeigt die Soldaten beim
militärischen Drill. Der zweite Teil des Films ist ca. 74 Minuten lang und zeigt die
Soldaten, die in Vietnam mit der Realität des Krieges konfrontiert sind.
Die Diskrepanz zwischen beiden Teilen des Films ist sehr radikal. Zwei
unterschiedliche Zeichensysteme stehen sich hier kontrastierend gegenüber. Das
Zeichensystem, das den Rekruten auf Parris Island indoktriniert wurde, verliert in
Vietnam gänzlich seine Bedeutung und wird destrukturiert. Dieser Fakt stellt die
eigentliche, eher kulturelle Hölle für die Soldaten dar. Die gewohnten Zeichen der
Heimat verlieren ihre Gültigkeit, ein Stoffspielzeug wird zur Sprengfalle oder ein
Teenager zur mörderischen Scharfschützin. Das zu Beginn des Films fast
himmlisch dargestellte Parris Island kontrastiert stark zu dem am Ende des Films
brennenden Huế.
Doch der erste und zweite Teil bergen trotz ihrer Gegensätze ein gemeinsames
Thema: der Erziehungsprozess der Rekruten. Während im erstem Teil die
institutionalisierte Ausbildung inszeniert, setzt im zweiten Teil ein

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Erziehungsprozess ein, der die Soldaten wieder zu eigenständigem Handeln und
Denken in Kriegssituationen führt.
Die Erzählung in Full Metal Jacket ist linear angelegt und zeigt eine
chronologische Abfolge von Sequenzen. Diese Sequenzen sind allerdings eher
freistehend, beziehen sich nur lose aufeinander und stellen keine typische
Hollywood-Dramaturgie dar. Vielmehr wirken die einzelnen Stationen der
Soldaten autonom und sind nicht Teil einer großen zusammenhängenden
Erzählung.

5.2.4 Stilistischen Gestaltungsmittel

Bildkomposition
Die Einstellungen im Ausbildungslager auf Parris Island zeichnen sich durch ihre
geometrische Bildkomposition aus. Soldaten, Betten, Gewehre und Säulen im
Bild sind symmetrisch angeordnet und vermitteln dem Zuschauer
Übersichtlichkeit. Die langen Kamerafahrten unterstreichen dann die
Künstlichkeit der Szenerie, in der klare Linien und Formen dominieren. So wird
die Entmenschlichung des militärischen Drills visualisiert. Die Stätte der
Ausbildung, deren Ziel es ist, Synchronität zu erreichen, bekommt so einen
überschaubaren und übersichtlichen Charakter.

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Dem gegenüber steht die Bildkomposition im zweiten Teil des Films. Die
Bildinhalte sind nun chaotischer, unüberschaubar und bruchstückhafter. Nichts
folgt mehr der kontrollierten und präzisen Ordnung des Ausbildungslagers (vgl.
Wende, 1999, S.1081).

Einstellungsgröße
Den Auftakt des Films bilden Nahaufnahmen, in denen den Neuankömmlingen im
Ausbildungslager die Haare geschoren werden. Diese Einstellungsgröße lässt die
Männer noch als Individuen erkennen. Dabei stellt die Uniformierung durch die
Rasur nur den ersten Schritt zur Entindividualisierung dar. Dem Zuschauer
werden hier schon die Gesichter der Figuren vorgestellt, die er im weiteren
Verlauf des Films öfter sehen wird. Stanley Kubrick bedient sich häufiger
Nahaufnahmen der Hauptcharaktere des Films, um immer wieder so etwas wie
eine Bestandsaufnahme zu machen.
Trotzdem das Publikum nicht direkt etwas über Joker erfährt, verrät sein
Gesichtsausdruck in manchen Situationen etwas über seine Gefühle. Ob Joker vor
einem Massengrab vietnamesischer Zivilisten steht oder auf die Scharfschützin
niederschaut, die er erschossen hat - die meist in Nah- oder Großaufnahme
gedrehten Einstellungen lassen Emotionen wie Trauer, Verwunderung oder
Schmerz erkennen, durch die dem Zuschauer die Person Joker nähergebracht
wird.
Als sich der Zug um Private Cowboy in den Ruinen vor der Stadt Huế verläuft,
geraten die Männer in das Visier eines Scharfschützen. Als sich zuerst Albino auf
den Weg macht, um die Situation einzuschätzen, wird der dreimal von den Kugeln
des Heckenschützen getroffen. So lockt der Scharfschütze Doc Jay, der Albino
nicht kampflos aufgeben will, in seine Falle und schießt auch ihn nieder. Die
Schüsse auf die Soldaten werden jeweils in Zeitlupeneinstellung gezeigt, in der

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sich auch die qualvollen Schreie in die Länge ziehen und die schmerzerfüllten
Gesichtsausdrücke genauestens wahrzunehmen sind.

Kameraperspektive
Während des ersten Teils des Films dominiert Sergeant Hartman visuell und
akustisch den Raum. Oft ist er in Groß- und Nahaufnahmen zu sehen und dabei
aus der Untersicht gefilmt. Diese Perspektivwahl bildet das visuelle Pendant zu
seiner akustischen Präsenz, die in starkem Kontrast zu der der Rekruten steht.
Seine Überlegenheit wird beispielsweise in der Szene offensichtlich, in der es sich
Joker nicht nehmen lässt, auf die selbstherrlichen Ausführungen Hartman mit dem
Spruch zu reagieren:

„Sind Sie vielleicht John Wayne? Oder bin ich das“ (Joker)?

Prompt wird er von Sergeant Hartman zu Boden gebracht, der ihm in einer
Großaufnahme aus der Untersicht gefilmt beibringt:

„[…] Hier wird nicht gelacht. Hier wird nicht geheult. Garantiert“
(Sergeant Hartman).

Die Blickwinkel der amerikanischen Soldaten auf das Geschehen in Vietnam


werden immer wieder von der Perspektive des Opfers beziehungsweise des
Feindes aufgebrochen. Als die Soldaten um Joker in die Ruinen von Huế
einziehen und sie von dem Heckenschützen in Schach gehalten werden, nimmt die
Kamera die Perspektive des Schützen ein. Der Zuschauer beobachtet so die
Orientierungslosigkeit der Soldaten, die aus dieser beobachtenden Perspektive
noch offensichtlicher wird. Auch als die Soldaten einen Kreis um zwei der
amerikanischen Opfer bilden, wird von der Kamera die Perspektive der Toten
eingenommen. Die Männer schauen herunter auf die Leichname und die Kamera
sieht praktisch mit den Augen des Opfers zu den GIs auf.
Die anschließende Interviewsequenz, in der die Soldaten direkt in die Kamera des
Fernsehteams schauen, hat einen fast dokumentarischen Charakter. Die

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üblicherweise klar gezogene Grenze zwischen authentischer Kriegsdarstellung
und konstruierter Fiktion verschwimmt hierbei (vgl. Wende, 1999, S.1083).

Kamerabewegung
In den Bildern Full Metal Jackets ist kontinuierlich Bewegung zu sehen, was den
Rezipienten immer wieder in das Gesehene einbindet.
Schon im ersten Teil des Films begleitet die Kamera Sergeant Hartman in langen
Einstellungen durch die Reihen des Schlafsaals. Auch während der Marsch- und
Gewehrübungen, während des Frühsports und der täglichen Drillsituationen ist die
Kamera immer in Bewegung. Frontal blickt sie auf die meist in einer Halbtotale
gefilmte Formation der Rekruten und bewegt sich rückwärts zu der Bewegung der
Männer. Diese Art der Kamerabewegung wird vielfach genutzt und zieht sich
durch den gesamten Film.
Lange Schwenks werden in die Erzählung eingebunden, um dem Zuschauer einen
Überblick über das Gelände zu geben und ihn gleichzeitig in die Situation
einzuführen, wie es bei der Inszenierung des Einzugs in Huế genutzt wird. Hier
dienen die Totale vom Schlachtfeld und der Schwenk über die Gesichter der
Hauptfiguren, wie bereits in der Eröffnungsszene des Films, der Vorstellung der
Szenerie. Dem Zuschauer wir hierbei ein weiter Blick über die zerbombte Stadt
gewährt.

Ton
Während des ersten Teils von Full Metal Jacket sind die jungen Rekruten dem
hasserfüllten und gleichzeitig selbstherrlichen Gebrüll Sergeant Hartmans
ausgesetzt. Die auditive Ebene ist bei der Inszenierung der Schikanen wichtig,
denn der Zuschauer ist den Äußerungen des Sergeants genau wir Leonard und die
anderen Rekruten wehrlos ausgesetzt. Dabei gehören Hartmans Beleidigungen zur
Strategie des militärischen Drills, der aus den Männern emotionslose
Kampfmaschinen formen soll. Die Demütigung und Verachtung zeigt den
Männern ihre Minderwertigkeit und soll ihr Selbstwertgefühl destruieren (vgl.
Wende, 1999, S.1079). Dem permanenten Schreien des Ausbilders steht dann das
reglementierte Sprechverhalten der Rekruten gegenüber. Sie müssen ihre Sätze
mit „Sir“ beginnen und mit „Sir“ beenden und dürfen von sich selbst nicht in der

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ersten Person reden. Sprache ist hier nichts anderes als ein Instrument der Macht
(vgl. Wende, 1999, S.1079).
Ein musikalisches Muster, welches der Regisseur an bedeutungstragenden
Positionen im Film nutzt, ist das düstere und bedrückende Thema von Abigail
Mead. Die für Full Metal Jacket komponierte Klangfolge, erinnert durch ihren
dumpfen und düsteren Charakter an das Horror-Genre (vgl. Wende, 1999,
S.1081). Es stellt die akustische Untermalung der Racheaktion an Leonard dar und
ist ebenfalls während seines Selbstmordes zu hören. Auch die Dramatik der finale
Szene, in der sich die GIs um die im Streben liegende und um ihren Tod bittende
Scharfschützin gruppieren, wird durch die immer lauter werdende Klangfolge
Meads potenziert.
Die Handlung von Full Metal Jacket wird von den Kommentaren des „Stars and
Stripes“-Reporters Joker aus dem Off begleitet. Diese haben meist einen
zynischen Unterton und verraten seinen fatalistischen Blick auf das
Kriegsgeschehen (vgl. Wende, 1999, S.1082). Neben der begleitenden Funktion
der Kommentare werden diese darüber hinaus dafür verwendet, dem Publikum
eine Einführung in die Situation zu geben oder eine Sequenz zu resümieren. Dabei
wird Jokers Erzählperspektive im Laufe des Films zunehmend distanziert und
entwickelt sich zu der eines Medienmenschen, der zu Beginn den durchaus
männlichen John Wayne zitiert und am Ende des Films das infantile Mickey-
Mouse-Lied singt (vgl. Corrigan, 1991, S.43).
Popmusik spielte in Vietnam als Bestandteil der Truppenbetreuung eine
entscheidende Rolle (vgl. Wende, 1999, S.1082). In Filmen, wie Good Morning
Vietnam (USA 1987) kommt diese Bedeutung zum Ausdruck. Popsongs sind in
Full Metal Jacket ein bedeutungstragendes Gestaltungsmittel. Von Songs wie dem
Country-Song “Good bye my darling, hello Vietnam“ von Johnny Wright über
“These boots are made for walking“ von Nancy Sinatra bis hin zu “Paint it black“
von den Rolling Stones werden eine Reihe von Liedern aus der US-Hitparade
Ende der sechziger Jahre eingespielt. Die leichte Musik und die gewaltvollen
Bilder stehen sich dabei nicht unbedingt gegensätzlich gegenüber, sondern
transportieren gemeinsam die Trivialität des Bösen: durch die harmlosen, seichten
Hitparaden-Songs wird die Banalität der Brutalität und die Alltäglichkeit von

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Gewalt in Vietnam noch unterstrichen und manifestiert. Sie stellen das Schrecken
hinter der arglosen Fassade noch signifikanter heraus (vgl. Wende, 1999, S.1079).

Setting
Kubrick inszeniert den Vietnamkrieg in einer urbanen Umgebung und lässt ihn
nicht, wie viele andere Filme, im dichten Blätterwald eines Dschungels spielen.
Gleich zu Beginn des zweiten Teils wird die Handlung des Films in die städtische
Kulisse ðà Nangs verlegt. Zu sehen ist eine Straßenszene, in der Autos durchs
Bild fahren, bunte Reklametafeln den Blick auf sich lenken und eine geschäftige
Atmosphäre herrscht.
Als die Soldaten dann in Huế einrücken und den Häusertrümmern näher kommen,
wird eine Handkamera benutzt, um dem Rezipienten die Perspektive eines GIs zu
vermitteln. Aus dieser leicht gebückten Haltung sieht man dann ausgebrannte
Autowracks, Reifenhaufen, verbrannte Palmen, ausgebrannte Häuser und
Straßenzüge aus denen Qualm und Rauch emporsteigt. Visuell wird die Szenerie
also von urbanen Symboliken dominiert.

5.2.5 Auswertung

Full Metal Jacket gibt der Szenerie in Vietnam keine mythische Aura, sondern
besticht durch seinen Realismus und durch seine distanzierte Beobachtung des
Kriegsgeschehens. Full Metal Jacket unterscheidet sich von den für Hollywood
üblichen Darstellungen des Vietnamkriegs dadurch, dass er dem Zuschauer kein
individuelles Heldenschicksal präsentiert. Er zeigt die Unfähigkeit der
amerikanischen Soldaten, sich ein Bild vom Krieg zu machen, zeigt den Kampf
gegen einen unsichtbaren Feind, zeigt einen sinnlosen Krieg und stellt mit seiner
Fragmentierung der Erzählung eher eine strukturelle Analyse des Phänomens
„Krieg“ dar.

Auch in Full Metal Jacket bedient sich der Regisseur einer Reihe von
Destrukturierungen. Diese betreffen verschiedene Arten von Gefügen, die ich im
Folgenden näher erläutere und dabei detailiert herausstelle, welchen Strategien der
Inszenierung von Destrukturierung sich Stanley Kubrick hier bedient.

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Destrukturierung ziviler Identität durch Ausbildung
Die schrittweise Destrukturierung der zivilen Identität der jungen Rekruten wird
mit Hilfe unterschiedlicher Gestaltungsmittel im ersten Teil des Films inszeniert.
Zunächst bebildern die Nahaufnahmen der Neuankömmlinge bei ihrer Rasur den
ersten Schritt der Destrukturierung ihrer Persönlichkeit. Als erstes erfolgt also die
äußerliche Uniformierung, um sie dann auch mental gleichzuschalten (vgl.
Wende, 1999, S.1079). Verlieren sie in dieser Szene nur ihre Haare und ihr
gewohntes Aussehen, wird ihnen während der harten Ausbildung dann auch noch
die Identität genommen. Als nächstes gibt ihnen Sergeant Hartman neue Namen,
wie „Schneewittchen“, „Cowboy“, „ Joker“ oder „Pyle“, welche sie im Laufe des
Films nicht mehr ablegen.
In der einheitlichen und symmetrischen Bildkomposition werden Rekruten
entpersönlicht und gehen als Individuen unter. Es gibt kein Privatleben auf Parris
Island, Gespräche sind verboten und der streng monotone Tagesablauf unterbindet
jede Form von Individualität. Der Zweck der militärischen Ausbildung ist die
totale Homogenisierung (vgl. Wende, 1999, S.1079). Der Handlungsspielraum der
Rekruten wird auf das Ausschalten des Gegners durch die Anwendung von
Gewalt reduziert. Menschliche Triebe werden auf fast spirituelle und gebetsartige
Weise auf kämpferische Energie umgelenkt und der Akt des Tötens als
Lebenszweck des Soldaten kommuniziert. Aus den Rekruten wird so keine
funktionierende Einheit geformt, sondern enthumanisierte Tötungsmaschinen.
Die auditive Ebene spielt bei der Inszenierung der Demütigungen und Schikanen,
mit Hilfe derer die Identitäten der jungen Männer deformiert werden, eine
bedeutende Rolle. Wie die Rekruten auch, so empfindet der Zuschauer die
unablässige akustische Präsenz Sergeant Hartmans als unerträglich und fühlt sich
mit dessen Erschießung fast „befreit“.
Auch die Werte der zivilen Welt werden durch die Kommentare Hartmans
destrukturiert. Wenn Sergeant Hartman den Kennedy-Mörder Lee Harvey Oswald
und Massenmörder Charles Whitman durch ihre außergewöhnlichen
Schießleistungen als vorbildliche Marines bezeichnet, bedeutet dies nicht anderes,
als dass die Werte des bisherigen Lebens auf Parris Island und dann auch im
Krieg ihre Bedeutung verloren haben (vgl. Wende, 1999, S.1079).

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Destrukturierung der genretypischen Ikonographie
Full Metal Jacket geht über die genretypische Deutung von Bildinhalten und
Mustern der Kriegsdarstellung hinaus und zeigt nicht einseitig Kampfszenen und
Schlachtengemälde (vgl. Descourvières, 2002).
Indem sich Kubrick im ersten Teil des Films der Ausbildung der Soldaten
widmet, bricht er radikal mit der genretypischen Ikonographie und Erzählweise
des Kriegsfilms. Er destrukturiert die Vorstellung des Publikums, dass der Krieg
erst auf dem Schlachtfeld beginnt, denn in Full Metal Jacket beginnt er schon in
der Ausbildung der Rekruten zu harten Marines. Für die destruktive und
autodestruktive Energie wird der Grundstein bereits in der militärischen
Umerziehung gelegt, womit der Film die narrativen Strukturen des Kriegsfilms
aufbricht.

Im nächsten Schritt bricht der Film mit dem für den Vietnamkrieg üblichen
Setting. Stanley Kubrick entschied sich in Full Metal Jacket für eine Verlagerung
der Kulisse des Krieges in die urbane Szenerie der Hafenstadt Huế. In langen
Schwenks über die Silhouette der Stadt nimmt er dem Krieg sein, auch durch das
amerikanische Fernsehen etabliertes, exotisch-fremdländisches Gesicht (vgl.
Wende, 1999, S.1078). Anstatt eines undurchsichtigen und schwer
überschaubaren Dschungels, ist das Setting des zweiten Teils des Films zu großen
Teilen die Stadt Huế und ihre zerbombten Straßenzüge.
Nur als Joker und Rafterman auf dem Weg nach Phú Bài sind, kann das Publikum
die landschaftliche Schönheit Vietnams wahrnehmen. Aus einem Helikopter
heraus aus der Vogelperspektive gefilmt, sieht es die Weite des Dschungels,
Nebelfelder, die über den Wäldern liegen, die glühendrote aufgehende Sonne und
den blassen Mond, der noch über der Szenerie wacht.

Die Abkehr von der genreüblichen Ikonographie des Kriegsfilms zeigt sich auch
in der Destrukturierung des typischen Feindbildes. Der Vietcong hat in Full Metal
Jacket nur das Gesicht der jungen Heckenschützin. Sie ist die einzige Kämpferin,
die man in einer amerikanischen Einstellung sieht und nicht nur in einer
anonymen Totalen.

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Als sich der Heckenschütze als junge Frau entpuppt, sind Joker und seine Gruppe
völlig irritiert. Durch die dunkle musikalische Begleitung der Szene, die dazu
noch in Zeitlupeneinstellung gezeigt wird, wird dieses Irritation auch für den
Zuschauer nachvollziehbar. Die GIs stehen dem zuvor immer als männlich
vermuteten Feind zum ersten Mal direkt gegenüber und ihre
Wahrnehmungserwartungen werden nicht bestätigt. Den „Feind“ gibt es nicht
mehr. Das konstruierte Feindmodell kann nicht aufrecht erhalten werden. Durch
die Konfrontation mit der Realität des Krieges, stellt sich dieser als viel
komplexer heraus, als den Rekruten auf Parris Island indoktriniert wurde (vgl.
Wende, 1999, S.1084).
Es ist genau diese Andersartigkeit, die den eigentlichen Feind der amerikanischen
Soldaten in Vietnam darstellt. Aus kultureller Sicht sind die Soldaten gar nicht auf
die Situation vorbereitet gewesen, in der jeder Mann und jede Frau zum Vietcong
gehören konnte. Das in der militärischen Ausbildung eliminierte Bewusstsein für
die Andersartigkeit, wird in Vietnam letztendlich zu Blindheit gegenüber der
Gefahr.

Auch die genretypische Heldenfigur wird durch die Rolle von Joker destrukturiert.
Der Zuschauer erfährt nichts über Jokers Denken und Fühlen. Eine
Emotionalisierung durch seine Person findet also nicht statt und er stellt so auch
keine Identifikationsfigur dar. Dem Rezipienten wird es eher schwer gemacht,
Jokers Handeln zu beurteilen. Schon sein Name lässt auf Zweideutigkeit
schließen, denn ein „Joker“ ist einerseits eine Witzfigur und andererseits eine
Spielkarte, die erst in entscheidenden Momenten zum Zug kommt. Äußerlich fällt
Joker dann durch sein Peace-Button auf der Brust und seine Helm-Aufschrift
„Born to Kill“ auf. Hierin zeigt sich erneut die Schwierigkeit, Jokers Handeln
einzuschätzen. Denn was vom Betrachter als Bedeutungslosigkeit der Werte oder
als nihilistische Einstellung Jokers gedeutet werden kann, wird von Joker selbst
mit der Dualität des Menschen nach C. G. Jung8 begründet (vgl. Wende, 1999,
S.1082). Joker funktioniert im Film gleichzeitig als agierender und beobachtender

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Der Schweizer Psychologe und Mediziner Carl Guatv Jung ist einer der Begründer der modernen
Tiefenpsychologie. Er entwickelte unter anderem das Behandlungsverfahren der Analytische
Psychotherapie (vgl. Hollis, 2006).

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Kommentator. Er macht Bestandsaufnahmen der Widersprüchlichkeiten, die ihm
begegnen, allerdings ohne sich von ihnen allzu gerührt zu zeigen (vgl. Wende,
1999, S.1082). In der Figur Jokers geht das Kalkül des Militärs auf. Körperlich in
der Perfektionierung seines sogenannten „war face“ und psychisch in dem Angriff
auf Leonard. Doch Joker richtet sein Handeln nicht an seinen in der Ausbildung
und im Krieg gewonnenen Erkenntnissen aus und behält sich seinen kritischen
Blick.

Destrukturierung der Perspektive der Soldaten


Die Medien stellen in Full Metal Jacket das Verfehlen des Ziels der militärischen
Ausbildung dar, dem Krieg in Vietnam seine Andersartigkeit nehmen zu wollen,
ob in Form einer Redaktionskonferenz oder in Form der Interviewsequenz mit den
Soldaten. Diese offiziellen Bilder, die die Wahrnehmung der Zuschauer lenken
sollen, werden immer wieder von der Perspektive der Opfer oder auch der Gegner
verdrängt und so die Perspektive der GIs destrukturiert. Dies geschieht
beispielsweise in der Situation, in der die Soldaten einen Kreis um die Leichen
zweier US-Soldaten bilden und nacheinander in Nahaufnahme gefilmt, die
Situation kommentieren. Sie blicken dabei in die Kamera, die hier die Position des
Opfers eingenommen hat und der Zuschauer sieht die Soldaten aus der
Perspektive eben dieses Opfers. Auch der Blickwinkel der Heckenschützin wird in
der Sequenz in Huế von der Kamera eingenommen und bebildert die
Andersartigkeit, der sich die Soldaten entgegenstellen müssen. Durch die
subjektive Kameraperspektive sieht man in einer Großaufnahme das Zielfernrohr
des Gewehrs. So wird der Zuschauer in die Täterperspektive versetzt. Durch die
Musik von Mead wirkt die Situation dann wie eine Horrorszenerie (vgl. Wende,
1999, S.1084).

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Destrukturierung der genretypischen Dramaturgie und Struktur des Films
Full Metal Jacket dekonstruiert auch die typische Hollywood-Dramaturgie, denn
der Film bildet eher die strukturale Analyse eines Kriegsgeschehens ab (vgl.
Wende, 1999, S.1084). Im Gegensatz zu traditionellen Filmen, die auf die
Entfaltung der Narration angelegt sind, dominiert hier die Struktur die Narration
(vgl. Wende, 1999, S.1084). Der Film analysiert die Bedingungen und
Konsequenzen eines Krieges und widmet sich so eher der Beschreibung eines
individuellen Zustands, als der Beschreibung der individuellen Geschichte einer
Person, ihrer subjektiven Motive oder Anschauungen (vgl. Wende, 1999, S.1084).
Und obwohl der Film linear aufgebaut ist, zergliedert er sich in einzelne Teile und
destrukturiert so den Gedanken vom Film als Gesamtwerk (vgl. Wende, 1999,
S.1085). Eine Destrukturierung des Glaubens an die Überlegenheit der
amerikanischen Kriegsführung, wird in den beiden kontrastierenden Teilen des
Films übermittelt. Auf der einen Seite wird die ansehnliche US-Militär-Macht
visualisiert und auf der anderen Seite die Unfähigkeit und Gelähmtheit der
Soldaten beim Anblick der jungen vietnamesischen Heckenschützin.
Durch die relativ autonome Gestaltung der einzelnen Sequenzen des Films, wird
eine gewisse Künstlichkeit der Szenen transportiert, die mehrere Gestaltungsmittel
verdeutlichen. Zunächst bedient sich der Film immer wieder langer Einstellungen
und Kamerafahrten, die die einzelnen Sequenzen vorstellen. Der Einsatz der
Handkamera, in die die Soldaten während der Interviewsequenz direkt sprechen,
bricht die Grenze zwischen der fiktiven Inszenierung des Krieges und seiner
dokumentarischen Abbildung auf (vgl. Wende, 1999, S.1085). Und letztlich heben
auch die trivialen Popsongs aus der Zeit der Tet-Offensive die Künstlichkeit der
Szenen hervor. Das Spannungsverhältnis zwischen Musik und dem dazu
abgebildeten Kampfhandlungen entsteht dadurch, dass die triviale und harmlose
Musik die Brutalität des Krieges grotesk erscheinen lässt (vgl. Wende, 1999,
S.1082). Es erfolgt also auch eine Destrukturierung auf akustischer Ebene, bei der
die Songs im Kontrast zum auf der Leinwand Sichtbaren stehen.
Diese Gestaltungsmittel destrukturieren die Vorstellung von einem Kriegsfilm,
der nur dann authentisch sein kann, wenn der Zuschauer sich möglichst nah am
Geschehen empfindet und sich mit der Hauptfigur identifizieren kann.

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Destrukturierung der Fernsehnachricht als Informationsträger
Eine gewisse Banalisierung des Bösen wird auch in den Szenen deutlich, in der
die Soldaten für die Kamerateams posieren und die mediale Inszenierung von
Kriegsgeschehen einen Unterhaltungswert bekommt, der die Bilder für jede
abendliche Nachrichtensendung tauglich macht. Szenen wie diese destrukturieren
die Idee von der Fernsehnachricht als Informationsträger.
Bei dem Einsatz des Fernsehteams nimmt dieses beim Dreh des Filmmaterials
eine ähnliche Haltung an, wie ein Soldat, der in Deckung geht. Sie bewegen sich
etwas gebückt und ihre Kamera ist als andere Art von Waffe genauestens auf das
Ziel gerichtet (vgl. Wende, 1999, S.1083). Der Auftritt des Fernsehteams verleiht
dem Krieg das Gesicht eines Medienereignisses (vgl. Wende, 1999, S.1083). Das
Medium Film thematisiert sich hier also selbst.
In der sich anschließenden Interviewsequenz, hört das Publikum die
zusammenhangslosen und nichtssagenden Kommentare der GIs, die
symptomatisch für den Sinngehalt der Berichterstattung aus Vietnam sind. Dabei
stehen die sinnentleerten Statements auch für die Orientierungslosigkeit der
Soldaten in Vietnam. An wirklichen Informationen ist den Reportern nicht
gelegen (vgl. Wende, 1999, S.1083). Die Nachricht wird hier als anspruchslos
dargestellt, sie gibt keine Informationen und dient nur der Verzerrung des
tatsächlichen Kriegsgeschehens (vgl. Wende, 1999, S.1083).
Dem Zuschauer wird durch die Verschiebung der Perspektive die Orientierung
genommen und die Glaubwürdigkeit des vorher im Film Wahrgenommenen und
dessen Echtheit werden zur Illusion (vgl. Wende, 1999, S.1083).

Auch die zwei Redaktionskonferenzen, denen Joker und Rafterman beiwohnen,


verdeutlichen dem Zuschauer, wie die Kriegsberichterstattung zu funktionieren
hat. Stories, die bei „Stars and Stripes“ erscheinen, haben entweder das Ziel, die

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amerikanischen GIs als human und freundlich zu präsentieren, oder militärische
Siege zu zeigen.

Destrukturierung von Körpergefügen


Stanley Kubrick verzichtet in Full Metal Jacket auf eine dramaturgische,
bildsprachliche oder rhetorische Kritik an den Verhältnissen. Der Film versteht
sich nicht als Anklage, was seine Radikalität ausmacht (vgl. Klein, 2006, S.304).
Dies spiegelt sich auch in der nüchternen und unmissverständlichen Darstellung
des Todes und der Opfer des Krieges wider. Beispielhaft hierfür ist die
Darstellung zweier Leichen von US-Soldaten. Eingeführt wird die Szene durch
eine aus der Draufsicht gefilmten Totale der blutüberströmten Leichname. Die
Gruppe um Cowboy und Joker sieht auf die beiden Toten hinab. Diese direkte
Darstellung destrukturierter Körper ist typisch für Full Metal Jacket. In der
Situation, in der der Scharfschütze die Männer in Schach hält, wird eine
Zeitlupeneinstellung benutzt, um die Schmerzen und Schreie der angeschossenen
Soldaten deutlicher zu visualisieren. Durch die Verlangsamung der Bilder sieht
der Zuschauer sehr deutlich, wie das Blut aus ihren Schussverletzungen
herausspritzt und sich die Gesichtszüge der GI vor Schmerzen verziehen. Das
gleiche stilistische Mittel wird verwendet, als Private Pyle den Ausbilder Sergeant
Hartman erschießt.
Dieser direkten Darstellung von Gewalt und Destrukturierung von Körpern steht
dann die Szene gegenüber, in der Joker die vietnamesische Scharfschützin
erschießt. Die Kamera bleibt bei dem tödlichen Schuss und noch lange danach auf
Jokers Gesicht. Durch die Großaufnahme wird der Zuschauer Zeuge seines
Zögerns und seiner Anspannung.

62
6. Vergleich Platoon und Full Metal Jacket

Nachdem ich die unterschiedlichen Formen von Destrukturierungen und ihre


Kontexte nun für die beiden Filme analysiert habe, folgt nun eine Erörterung der
Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Platoon und Full Metal Jacket
hinsichtlich der in den Filmen zu findenden Destrukturierungen und deren
Inszenierung. Bei dem Vergleich der Filme lege ich den Fokus auf die formalen,
narrativen und inhaltlichen Gestaltungsmittel, auf denen die Destrukturierungen
basieren.

Gemeinsamkeiten
Gemeinsam ist beiden Filmen, dass sie die Destrukturierung von menschlichen
Körpern thematisieren, die eine für Kriegsfilme essentielle Relevanz hat.
Visualisiert werden hierbei der Akt der Tötung, der Prozess des Sterbens,
Verwundete, aber auch die Zeugen der Tötungen. Während für Platoon die
Darstellung der Destrukturierung von Körpergefügen eher über die Inszenierung
der Zeugen funktioniert, erfolgt in Full Metal Jacket eine direkte visuelle und
akustische Konfrontation mit dem Prozess des Strebens und dem Tod. Oliver
Stone hält sich im Gegensatz zu Stanley Kubrick nicht lange an der Inszenierung
des Sterbeprozesses oder des Todes auf. Weder der Tod der Frau in dem
vietnamesischen Dorf, noch der Tod Elias’ oder Barnes’ wird gesondert in Szene
gesetzt. Dagegen wird der Zuschauer bei dem Tod Albinos, Docs oder Cowboys
beispielsweise durch die akustische Untermalung der Szene oder die Größe der
Einstellung und deren Dauer in die Sterbeprozesse einbezogen.

Weiterhin destrukturieren beide Filme das beim Zuschauer vorherrschende


Feindbild. Während Oliver Stone in Platoon mit Hilfe der Gestaltungsmittel
Montage und der Narration das genretypische Gut-Böse-Schema ergänzt, indem
er die Rolle des Gegners zusätzlich zum Vietcong noch einem US-Sergeant
zuweist, bricht Stanley Kubrick das erwartete Bild des Feindes auf und lässt den
Gegner von einer jungen vietnamesischen Frau mit Zöpfen darstellen. In Full
Metal Jacket spielt unterdessen Ton und die Nutzung der Zeitlupe eine wichtige
Rolle bei der Destrukturierung des Feindbildes.

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Eine Übereinstimmung findet sich auch im Bezug auf die Darstellung der
Destrukturierung von Persönlichkeiten. In Platoon wird die Destrukturierung der
Psyche des Hauptdarstellers Chris Taylor visuell, vornehmlich durch Montage,
und auditiv, vornehmlich durch seine Kommentare, in Szene gesetzt. Die
Destrukturierung passiert hier auf einer subjektiven Ebene, die sich nur auf Chris’
Person beschränkt. In Full Metal Jacket dagegen wird die zivile Identität der
Rekruten nicht erst im Krieg, sondern schon früher beim militärischen Drill
destrukturiert. Diese gewählte Perspektive ist weniger subjektiv und bezieht sich
auf eine Gruppe von jungen Männern. Für die Darstellung werden dann auch
andere stilistische Mittel herangezogen, wie die geometrische Bildkomposition
oder die akustische Dominanz Hartmans. In dem Zusammenhang mit der
Destrukturierung der Persönlichkeiten in Full Metal Jacket stehen auch die
Destrukturierung der Wertesysteme der jungen Männer und die Destrukturierung
der Vorstellung des Zuschauers, die militärische Ausbildung diene alleine der
Erlangung von militärischer Fertigkeiten, wie dem Schießen oder der sportlichen
Fitness. Denn eine höhere Priorität als der physischen, gilt der psychologischen
Umerziehung der Rekruten zu Killern.

Die Soldaten in Full Metal Jacket und in Platoon stellen keine


zusammenarbeitende Einheit dar. Eine gemeinschaftliche Bekämpfung des
Feindes ist in beiden Filmen nicht als realistische Option dargestellt. Verdeutlicht
wird dies dadurch, dass die Soldaten eher mit sich selbst zu kämpfen haben und
dass es ihnen an einer klaren Vorstellung eines Kriegsziels mangelt (vgl. Dittmar,
1990, S.4). Während in Filmen über den Zweiten Weltkrieg die Gemeinschaft und
Kameradschaftlichkeit unter den Soldaten eine starke Präsenz hatte,
destrukturieren Platoon und Full Metal Jacket dieses beim Zuschauer
vorherrschende Bild einer solidarischen und zusammenarbeitenden Truppe.
Auch die Ausdehnung des Kontextes differiert in Platoon und Full Metal Jacket
im Gegensatz zu Filmen über den Zweiten Weltkrieg. In Full Metal Jacket und
Entscheidung vor Morgengrauen (USA 1950) beispielsweise stehen sich
Visualisierungen gegenüber, die ihren Handlungsrahmen und ihren Kontext
unterschiedlich weit definieren. Während in Filmen über den Zweiten Weltkrieg
die Intention im Vordergrund steht, dem Zuschauer den gesamtpolitischen

64
Kontext näher zu bringen und dem Publikum zu helfen, den Krieg, seine Ursachen
und Ziele zu verstehen, wird in Vietnamkriegsfilmen eine eher subjektive und von
Einzelpersonen bestimmte Sichtweite auf den Krieg, seine Ursachen und
Konsequenzen praktiziert (vgl. Dittmar, 1990, S.171). Der bis zum Vietnamkrieg
für das Kriegsfilmgenre übliche Versuch der Einbindung des Großen und Ganzen
in den narrativen Zusammenhang, wurde in vielen Filmen über Vietnam, wie auch
in Full Metal Jacket und Platoon gar nicht erst versucht und somit der bis dahin
standardisierte Rahmen reduziert. Die Struktur, der die Filme nach 1945 auf dieser
kontextuellen Ebene folgten, wurde mit Full Metal Jacket und Platoon also
aufgebrochen und somit auch ihrer bestehenden Form beraubt- eben
destrukturiert.

Eine weitere Gemeinsamkeit zeigen beide Filme in der Erzählung des Krieges aus
der Perspektive eines Soldaten. Sowohl in Platoon, als auch in Full Metal Jacket
nutzen die Regisseure Voice-Over-Kommentare der Protagonisten. Sie
unterscheiden sich letztlich nur durch ihren Grad an Subjektivität. Während
Glaube und Vertrauen in Platoon essentielle Bestandteile in Chris’ Erzählung sind
und der Mensch hier grundsätzlich gut ist, beherrscht Full Metal Jacket eine
zynische Grundstimmung, die durch den nüchternen und fatalistischen Blick
Jokers getragen wird (vgl. Corrigan, 1991, S.41).
Dadurch, dass beide Filme so subjektiv sind, müssen sie nicht dem historischen
Wahrheitsanspruch genügen. In Platoon beispielsweise ist die Geschichte so nah
am individuellen Geschehen um den jungen Soldaten Chris Taylor gestrickt, dass
sie für eine Totalaufnahme der politischen Realität keinen Platz bietet (vgl.
Corrigan, 1991, S.42). Stattdessen stellt der Film Personen, moralische
Zwiespälte, Emotionen und Ängste in den Vordergrund, die einer historischen
Betrachtung nicht bedürfen (vgl. Corrigan, 1991, S.43).

Unterschiede
In der Szene aus Full Metal Jacket, in der die Soldaten um die toten Körper der
Gefallenen stehen, und in Großaufnahmen gezeigt werden, kommentieren die GIs
die Situation mit redensartlichen Phrasen und Banalitäten. Die Soldaten, deren
Köpfe das Bild füllen, werden durch die trivialen Äußerungen zu gesichtslosen

65
Symbolen und gleichen so der Leere der toten Körper in ihrer Mitte. Dem
Heldenhaften des Individualismus wird hier jede Substanz genommen. Die
Emotionalisierung durch das Subjektive und Persönliche, wie sie in Platoon
geschieht, wird in Full Metal Jacket zur Parodie menschlichen Ausdrucks,
bewiesen von den trivialen und emotionslosen Bemerkungen der GIs. Die
Zeichnung der Charaktere in Full Metal Jacket, allen voran Joker, destrukturiert
eine persönliche Darstellung, so wie sie in Platoon zu sehen ist. In Full Metal
Jacket erreicht Joker die Anonymität, nach der sich Chris Taylor so sehnt. Ein
wesentlicher Unterschied zwischen Platoon und Full Metal Jacket ist somit die
Inszenierung ihrer Protagonisten. Während Oliver Stone gleich zu Beginn des
Films eine Reihe von Nah- und Großaufnahmen nutzt, um seinen Helden Chris
Taylor dem Publikum näher zu bringen und sogar Aufnahmen einbindet, die aus
der Perspektive des Protagonisten aufgenommen sind, verweigert Stanley Kubrick
dem Zuschauer die Empathie, indem er seinen Helden Private Joker zu Beginn des
Films unidentifiziert lässt.
Gemeinsam ist den Filmen auf der Ebene allerdings, dass sie beide versuchen, mit
ihrer Art der Inszenierung der Protagonisten ein größtmögliches Publikum
anzusprechen und mit auf ihre Reise zu nehmen. Sie bemühen dafür nur
verschiedene visuelle und narrative Mittel. Dieser Prozess der emotionalen
Einbindung des Zuschauers dient dazu, eine rationale und kritische Sicht des
Zuschauers zu verhindern, um ihn für die Botschaft des Films empfänglicher zu
machen.

Ein weiterer Unterschied besteht in der unterschiedlichen Perspektive auf das


Verhältnis von Verantwortung und Schuld der Soldaten. Oliver Stone stellt die
amerikanischen Soldaten in Platoon und vor allem Chris Taylor als Opfer dar; als
Opfer der Umstände der Kriegssituation (vgl. Beaver, 1994, S.91) und der daraus
resultierenden sozialethischen Desorientierung. Chris’ Figur ist allerdings so
angelegt, dass er sich seiner moralischen Maßstäbe trotz der Kriegswirren immer
wieder erinnert, wie dem Zuschauer in der Situation klar wird, in der Taylor eine
vietnamesische Frau vor der Vergewaltigung durch die eigenen Kameraden rettet.
In Full Metal Jacket dagegen sind die Soldaten für ihr Handeln selbst
verantwortlich. Dadurch, dass Kubrick die erfolgreiche Umerziehung der

66
Rekruten und späteren Soldaten zeigt, stellt er diese weniger als Opfer der
Verhältnisse dar, sondern visualisiert das destruktive und auch autodestruktive
Potential eines Menschen.

In Platoon und Full Metal Jacket unterscheiden sich die Settings grundsätzlich
voneinander. Die Natur hat in Platoon eine starke Präsenz. Oft kann sich der
Zuschauer von der landschaftlichen Schönheit Vietnams mit Hilfe der meist aus
einem Helikopter aufgenommenen Totalen überzeugen. Dabei variieren die
Naturaufnahmen und reichen von Aufnahmen von Tieren, über dichte Wälder, bis
hin zu weiten Hügellandschaften. Die Komposition des Bildes ist oft so angelegt,
dass die amerikanischen Soldaten inmitten dieser Natur dargestellt werden.
Platoon folgt mit der Wahl der Drehorte einem genreüblichen Muster.
In Full Metal Jacket dagegen sieht der Zuschauer nur einmal eine Aufnahme aus
der Vogelperspektive, in der ein Helikopter ein Waldgebiet und Felder
vietnamesischer Bauern überfliegt. Ein Großteil des Films spielt in der urbanen
Kulisse der Städte ðà Nang und dem zwar zerbombten aber noch als Stadt
erkennbaren Huế. An Stelle von Bergen und Wäldern macht sich das Publikum
hier ein Bild von geschäftigen Straßenzügen, bunten Werbetafeln und
ausgebrannten und zerklüfteten Betonschluchten. Auch im Falle von Full Metal
Jacket kann sich der Zuschauer über langgezogene weite Einstellungen einen
Überblick über die örtlichen Begebenheiten machen.

Auf der auditiven Ebene lassen sich bei beiden Kriegsfilmen ebenfalls
Differenzen feststellen. Während in Platoon die Voice-Over-Kommentare Chris’
und die eingespielten Songs dazu dienen, das Verständnis von
Truppenzusammenhalt zu destrukturieren, werden sie in Full Metal Jacket vor
allem zur Destrukturierung der genreüblichen Ikonographie und der Rolle der
Medien genutzt.
Die Songs „White Rabbit“ von Jefferson´s Airplane, Merle Haggard´s „Okie from
Muskogee“ und Smokey Robinson´s “Tracks of my tears” beschreiben in Platoon
die stereotypen sozialen Gruppierungen innerhalb der Einheit (vgl. Corrigan,
1991, S.41). Die Alkohol trinkenden, Karten spielenden, mehrheitlich weißen
„Rednecks“ werden in einer Sequenz den Marihuana rauchenden und

67
psychedelische Musik hörenden, mehrheitlich schwarzen Soldaten
gegenübergestellt. Die visuelle Gruppierung durch die Beleuchtung und die
auditive Gruppierung durch die Lieder ermöglichen eine klare gesellschaftliche
und generationale Identifikation innerhalb der sozialen und ethnischen
Differenzen des Platoons.
In Full Metal Jacket greift der gestammelte Text von „Surfin´ Bird“ von
Trashman das Durcheinander von Kameracrew und Frontgeschehen auf, als die
Journalisten die Reihe der in Deckung liegenden GIs abfilmt. Als Teil einer
kritischen und zynischen Darstellung korrespondiert der eher sinnlose Song mit
den belanglosen Kameraaufnahmen, deren journalistische Wahrheit auf
kinematographische Klischees reduziert wird (vgl. Corrigan, 1991, S.41):

„Hey, lasst die Kamera laufen! Das ist Vietnam, der Film“ (Cowboy).

Die Kommentare Jokers dienen im Gegensatz zu den Off-Kommentaren Taylors


in Platoon nicht dazu, die Gedanken und Gefühle des Protagonisten zum
Ausdruck zu bringen. Die Äußerungen Jokers bergen kein
Identifikationspotential, da dem Rezipient nicht die Möglichkeit gegeben wird,
Emotionen des Helden abzuleiten, etwas über seine Herkunft oder seinen sozialen
Hintergrund zu erfahren. Vielmehr sind Jokers Anmerkungen die, eines neutralen
Beobachters, der den Zuschauer auf sachliche Art und Weise in die Sequenz
einweist.

68
7. Fazit

Cineastische Auseinandersetzungen mit dem Vietnamkrieg haben oft einen


nostalgischen Charakter. Viele der Filme, wie auch Platoon und Full Metal
Jacket, haben dabei nicht den Anspruch, historisch korrekt zu sein. Vielmehr
können sie in ihrer Darstellung des Geschehens eine verzerrte, vielleicht sogar
fortschrittliche Sicht auf die historischen Umstände präsentieren. Die Subjektivität
der Regisseure schafft so eine immer neue Sicht auf das Vergangene. Die
Möglichkeit, innerhalb der historischen Realität neue Aspekte aufzudecken oder
Sachverhalte neu zu beleuchten, ist eine wichtige Funktion derjenigen Filme, die
sich mit der Aufarbeitung der Vergangenheit beschäftigen. Auch die Neuordnung
von geschichtlichen Wahrheiten und die Fähigkeit, Begebenheiten in einen neuen
Zusammenhang zu stellen, obliegen dem Filmischen. So gelingt es dem Film
auch, die Perspektive der Zuschauer zu erweitern und deren Orientierung
umzulenken. Der Film hat das Vermögen, bisherige beim Zuschauer stabile
Sichtweisen aufzubrechen, bestehende Strukturen einzureißen und Platz zu
schaffen für neue Blickwinkel. Da die Destrukturierungen die beim Zuschauer
bestehenden stereotypen Bilder von Heldenfiguren oder der Rolle der Medien
beispielsweise nicht bedienen, geben sie dem Rezipienten die Möglichkeit, eine
neue Perspektive auf die Aspekte der Inszenierung von Krieg zu erlangen. Eine
differenzierte Auseinandersetzung seitens des Publikums wird somit begünstigt
und die kritische Hinterfragung erst möglich.

Der Vergleich der Filme Platoon und Full Metal Jacket hat gezeigt, dass dieses
Aufbrechen von Sichtweisen und Einreißen bestehender Strukturen in
Kriegsfilmen in ganz unterschiedlichen Kontexten zu finden ist und verschiedene
stilistische Gestaltungsmittel zur Inszenierung dieser Destrukturierungen
herangezogen werden können. Im Falle der beiden Filme überschneiden sich die
Kontexte Körpergefüge, Feindbilder, Persönlichkeiten und Identitäten und die
Truppe als zusammenarbeitende Einheit, wobei die Destrukturierung von
Körpergefügen ein Wesensmerkmal des Kriegsfilms ist. Dahingegen
kristallisieren sich in beiden Filmen auch Destrukturierungen in ganz
unterschiedlichen Zusammenhängen heraus, wie der historische Kontext, in dem

69
der Vietnamkrieg oftmals gesehen wird, die Inszenierung der Heldenfigur, das
genreübliche Setting, die Perspektive der Soldaten auf den Krieg, die
Fernsehnachricht als Informationsträger und die Landschaft.
Die Beispiele Platoon und Full Metal Jacket zeigen, dass Kriegsfilme innerhalb
bestimmter Kontexte die beim Zuschauer bestehenden Strukturen und Gefüge mit
Hilfe der filmischen Stilmittel destrukturieren.

Diese unterschiedlich kontextuell eingebundenen Destrukturierungen lassen auf


bestimmte Ebenen schließen, auf denen Gefüge und Strukturen zerstört, neu
geordnet oder deformiert werden können. Hierbei unterscheide ich vier Ebenen,
auf deren Grundlage Destrukturierungen in Kriegsfilmen stattfinden können:

− Strukturelle Ebene
− Ikonographische Ebene
− Visuelle Ebene
− Narrative Ebene

Ich werde nun die Destrukturierungen, die sich bei meiner Filmanalyse
herausgestellt haben, den verschiedenen übergeordneten Ebenen zuweisen. Diese
sind auf Kriegsfilme im Allgemeinen zu beziehen und geben dem Zuschauer die
Möglichkeit zu erkennen, in welchen Zusammenhängen Destrukturierungen zu
finden sind und wie sich unterschiedliche Inszenierungsstrategien auf die
Sehgewohnheiten des Publikums auswirken.

Strukturellen Ebene
Die strukturelle Ebene bezieht sich auf die Gestalt, also auf den formalen Aufbau
eines Films. Die Anordnung der einzelnen Teile eines Werkes und deren
Verbindung untereinander werden auf dieser Ebene analysiert.
Gerade das Beispiel Full Metal Jacket beweist, dass die Authentizität eines Films
nicht unbedingt davon abhängt, ob der Film eine für Hollywood übliche Form
aufweist. Der Realismus von Full Metal Jacket begründet sich also nicht darauf,
dass er einer für das Genre typischen dramaturgischen Struktur folgt, sondern dass
er das Kriegsgeschehen episodenhaft und fragmentiert erzählt und mit der

70
eigentümlichen Struktur bricht. Diese Abkehr von der üblichen Dramaturgie steht
damit im Zusammenhang, dass in Full Metal Jacket nicht die Geschichte einer
bestimmten Person und ihrer individuellen Motivation nachgezeichnet wird. Die
Qualität und Authentizität der Inszenierung des Kriegsgeschehens muss also nicht
immer auf der Basis einer geschlossenen, sich steigernden Narration erfolgen, die
an eine Person geknüpft ist, sondern kann auch mit der Destrukturierung des
typischen formalen Aufbaus einsetzen. So ist Full Metal Jacket eine
Grenzüberschreitung auf struktureller Ebene und damit fast schon ein
Formexperiment.

Ikonographische Ebene
Die Analyse spezifischer Bildinhalte und die Deutung bestimmter
wiederkehrender Motive eines Werkes ist eine Voraussetzung für die
Interpretation eines Films. Auf der ikonographischen Ebene werden also Motive
der Kriegsdarstellung untersucht und deren symbolische Relevanz gedeutet.
Solche wiederkehrende Elemente in der Inszenierung des Krieges sind
beispielsweise die Visualisierung des Feindes, die des Helden oder die des
Schauplatzes. Kriegsfilme bedienen sich der Destrukturierung dieser
Ikonographie, um Kritik an den gefestigten Symbolen zu üben. Diese bergen
oftmals undifferenzierte Verallgemeinerungen, die nicht zeitgemäß sind und eine
komplexe Betrachtung der Zusammenhänge behindern.
Das Bild des Gegners wird in Kriegsfilmen zum Beispiel destrukturiert, um dem
Rezipienten vor Augen zu führen, dass es nicht den einen, definitiven Feind gibt.
Das Feindbild muss individuell aufgebaut werden, da die Soldaten in
Kriegsfilmen nicht immer dem Feind begegnen, gegen den sie zu kämpfen
glauben. Manchmal erscheint das Böse auch in der Uniform der eigenen Truppe.
Der Feind kann auch, wie die junge vietnamesische Scharfschützin in Full Metal
Jacket beweist, so aussehen, wie jemand, den es im Krieg eigentlich zu schützen
gilt. Auf der anderen Seite stehen die GIs in Platoon zu dem offiziellen Feind
auch noch dem Feind in sich selbst gegenüber.
Wie in Full Metal Jacket dargestellt muss der Held des Films nicht jemand sein,
für den der Zuschauer eine besondere Sympathie hegt oder jemand, mit dem sich
das Publikum besonders gut identifizieren kann. Aus der Tatsache, dass sich

71
Stanley Kubrick nicht auf einen spezifischen Charakter festlegt, seine Herkunft,
Ansichten oder Emotionen vorstellt, begründet sich die Möglichkeit, ein großes
Publikum für die Botschaft des Films empfänglich zu machen. Zwar ist der
Zuschauer durch die Intensität der Sequenzen in Full Metal Jacket emotional
berührt, doch es sind gerade die Off-Kommentare des Hauptdarstellers die ihm
immer wieder eine rationale Sicht aufdrängen (vgl. Wende, 1999, S.1085).
Während Kubrick Nah- oder Großaufnahmen seines Helden meidet und so keine
Identifikation mit ihm forciert, nutzt Oliver Stone in Platoon eine gegenteilige
Inszenierungsstrategie, um ein großes Publikum anzusprechen. Stone bedient mit
der Inszenierung seines Helden allerdings die genretypische Ikonographie. Sein
Held ist vielfach in nahen Einstellungen im Bild zu sehen. Über seine sehr
persönlichen Kommentare, in denen der Rezipient den Protagonisten kennenlernt
und Empathie aufbauen kann, erfährt das Publikum Details aus dem Leben des
Helden, was sein Identifikationspotential steigert.
Eine weitere Möglichkeit der Destrukturierung auf der ikonographischen Ebene
stellt die Wahl des Settings dar. Mit dem Drehort des Films werden bestimmte
Aussagen über die Gültigkeit der Inszenierung gemacht. Kriegsfilme, die sich
einer Darstellung des üblichen Settings verweigern, verfolgen mit dieser
Inszenierungsstrategie das Ziel, ihren Bildern einen universelleren und
allgemeingültigeren Charakter zu geben. Der Film kann also auf einen größeren
Rahmen bezogen werden und unterliegt nicht allein dem Kontext eines Krieges.
Im Gegensatz zu Apocalypse Now beispielsweise, in dem Francis Ford Coppola
einen hohen Wert auf ein besonders vietnamesisches Ambiente gelegt hat (vgl.
Wende, 1999, S.1079) und so das typische, auch durch das amerikanische
Fernsehen produzierte Bild eines Dschungel-Krieges inszenierte, kann Kubricks
Film zumindest von den Schauplätzen her eher verallgemeinert und auf das
Phänomen Krieg an sich bezogen werden.

Visuelle Ebene
Für die Inszenierung von kriegerischen Auseinandersetzungen ist die
Visualisierung der Destruktion von Materiellem und auf der Leinwand Sichtbarem
essentiell. Die Zerstörung von Häusern, Dörfern, Landschaften oder auch

72
menschlichen Körpern ist ein wesentliches Merkmal von Kriegsfilmen und die
Inszenierung dieser Destrukturierungen ein häufig aufgegriffenes Motiv.
Die Zerstörungsmacht der Kriegstechnologien lässt sich durch die
Destrukturierung von zerbrechlichen, menschlichen Körpergefügen verdeutlichen,
was oftmals eine ablehnende Haltung gegenüber dem Krieg seitens des Publikums
begünstigt. Auch die Filme Platoon und Full Metal Jacket zeigen die
Destrukturierung von menschlichen Körpern. Stanley Kubrick wählte für die
Visualisierung von Verletzungen, Sterbeprozessen und Toten eine direkte
Konfrontation und verstärkt die Bilder durch visuelle und akustische Effekte sogar
zusätzlich. Oliver Stone dagegen entschied sich für eine zurückhaltendere
Darstellung menschlichen Leidens und fokussiert vor allem die Reaktion der
Überlebenden auf den Tod.
Für die Destrukturierung der Landschaft Vietnams, nutzt der Regisseur von
Platoon vornehmlich die Mittel der Kameraarbeit, um die Ausmaße der
Zerstörungsgewalt moderner Kriegstechnik, so wie sie in Vietnam eingesetzt
wurde, zu bebildern.
Durch die immer wiederkehrende Visualisierung der geographischen
Begebenheiten, hat die Landschaft Vietnams in Platoon eine starke Präsenz. Der
Krieg wird in Form von Hubschraubern, Soldaten und Waffengewalt auf der
visuellen Ebene beständig mit der natürlichen Umgebung verknüpft. Auch die in
die Szenen eingearbeitete Geräuschkulisse des Dschungels trägt zur
Authentisierung des Gesehenen bei. In anderen Kriegsfilmen wie Full Metal
Jacket beispielsweise wird es dem Zuschauer eher ermöglicht, Rückschlüsse auf
den zeitlichen Rahmen des Krieges zu ziehen und ihn historische einzuordnen.
Diesen zeitlichen Kontext, in dem der Vietnamkrieg vorrangig wahrgenommen
wird, destrukturiert Oliver Stone.

Narrative Ebene
Die narrative Ebene fokussiert die mit Hilfe von Gestaltungsmitteln, wie der
Montage, verknüpfte Erzählung der Geschichte, die jedem Film zugrunde liegt.
Die kaum visuell umsetzbaren psychischen oder ideologischen
Destrukturierungen können durch deren narrative Einbindung in den Film, zum
Ausdruck gebracht werden.

73
Dass eines der ersten Opfer des Krieges die Identität und Psyche der Soldaten ist,
präsentieren die beiden analysierten Filme eindrucksvoll. In Full Metal Jacket
wird der Zuschauer Zeuge, wie junge Männer zu Kampfmaschinen erzogen
werden, die es kaum erwarten können ihrem neu eingeimpften zerstörerischen und
selbstzerstörerischen Verlangen nachzugehen. Es ist vor allem die
Bildkomposition, in der das Individuum in der kollektiven Militärmaschinerie
aufgeht, die dem Zuschauer den Untergang des Einzelnen in der Masse vor Augen
führt. In Platoon wiederum zeugen die Off-Kommentare des Protagonisten von
der schrittweisen Destrukturierung seiner Psyche und von der Herausforderung,
seinen Werten und seiner Erziehung im Chaos und der Gesetzlosigkeit der
Krieges treu zu bleiben und sie im dichten Dschungel von Vietnam nicht aus den
Augen zu verlieren.
Die Vorstellung des Zuschauers vom Zusammenhalt und der Kooperation
innerhalb einer Einheit, in der die Kameraden gegenseitig auf sich acht geben
sollten, wird in Platoon durch die Spaltung der Truppe destrukturiert. Dabei kann
Chris’ innerer Konflikt als Symbol für die ambivalente Einstellung der
amerikanischen Bevölkerung zum Krieg in Vietnam gewertet werden, bei der ein
Teil der Bevölkerung eine kriegsbejahende und siegessichere Haltung einnimmt,
während der andere Teil am amerikanischen Sieg zweifelt und dessen
Kriegsablehnung zum Teil so weit geht, dass er zu derer Rechtfertigen sogar eine
Niederlage der eigenen Truppen bevorzugt.
Auf der narrativen Ebene geht aus beiden Filmen auch die Auffassung hervor,
dass ein Krieg auf allen Seiten nur Opfer hervorbringt. Durch die
Destrukturierung der Perspektive der amerikanischen Soldaten, indem gerade in
Full Metal Jacket immer wieder die Opferperspektive und auch die, des
vietnamesischen Gegners eingenommen wird, wird deutlich, dass es auf das
Kriegsgeschehen eine Vielzahl von Blickwinkeln gibt und jede Seite ihrer
Sichtweise eine alleinige Gültigkeit zuweist. Dazu werden die Soldaten, durch die
Gegenüberstellung mit der Perspektive der Toten und durch ihre sinnlose
Kommentierungen, selbst zu leblosen Hüllen, die dem Tod schon oft ins Gesicht
geschaut haben und die sich auf Grund ihre Emotionslosigkeit kaum noch von den
Opfern unterscheiden.

74
Eine implizite Destrukturierung der Fernsehnachricht als Träger von
Informationen findet man in der Inszenierung des auftretenden Kamerateams und
der anschließenden Interviewsequenz in Full Metal Jacket. Dabei imitiert
Kubricks Kamera das im Bild dargestellte Verhalten des Filmteams und deren
Kamerabewegung. In der ersten Einstellung ahmt er die Kamerabewegung des
Filmteams nach und in der zweiten Sequenz weicht die Einstellung, die das
inszenierte Kamerateam auf die Interviewten einnimmt, nur leicht von der
Kameraposition Kubricks ab. Auch die Treffen der Redaktion der US-Army-
Zeitung „Stars and Stripes“ vermitteln dem Zuschauer die Vorstellung, das die
Nachrichten aus Vietnam wenig informativen Gehalt haben. Die Idee von einer
unabhängigen Presse und von uneingeschränkter Freiheit der Medien wird so
destrukturiert.

Das Medium Film und ganz besonders das Genre Kriegsfilm arbeiten mit
bestimmten Strukturen, die beim Zuschauer auf der kognitiven Ebene existieren
und die Wahrnehmung und Interpretation eines Films maßgeblich beeinflussen.
Bricht ein Film diese kognitiven Strukturen auf, kann dies als ein Mittel
verstanden werden, das Publikum von seiner starren Sichtweise zu befreien und es
für eine andere Wahrnehmung zu sensibilisieren. Auf der einen Seite verfolgen
Regisseure das Ziel, die Wahrnehmungsgewohnheiten der Zuschauer neu zu
ordnen, auf der anderen Seite sind sie auf das Vorhandensein genau dieser
vorgeformten Strukturen angewiesen, um ihre Wirkung beim Zuschauer erzielen
zu können. Denn nur ein Rezipient, der um die ikonographische Bedeutung der
Heldeninszenierung beispielsweise weiß und mit ihren stereotypen
Inszenierungsstrategien vertraut ist, kann einen Bruch mit dieser
Inszenierungsstrategie erkennen und aus ihr seine vom Filmemacher
intentionierten Schlüsse ziehen. Kriegsfilme wie Platoon und Full Metal Jacket
verändern also die Sehgewohnheiten des Publikums, gerade weil sie nicht die
typische Form eines Spielfilms haben, nicht die typischen Helden vorstellen, nicht
die typischen Feinde präsentieren oder an typischen Drehorten spielen. Es sind
genau diese Unterschiede und die Andersartigkeit der Inszenierung, durch die dem
aufmerksamen Publikum neue Zusammenhänge bewusst werden.

75
Die in beiden Filmen zum Ausdruck kommenden Destrukturierungen zeichnet das
Bild eines ungerechten Krieges, der weder Gewinner, noch Verlierer hervorbringt.
Der Krieg destrukturiert daher als Ganzes: Menschen, Landschaften, Städte, aber
auch Ideologien, Wertesysteme, Freund- und Feindschemata. Diese
Destrukturierungen geben dem Krieg sein zerstörerisches Gesicht. Sie lassen die
Intention der Regisseure erkennen, den Krieg und seine Konsequenzen auf den
Menschen und seine Umwelt nicht verherrlichen oder schönen zu wollen. Die
Destrukturierungen sind vielmehr mit der Absicht verbunden, dem Krieg sein
heroisches Gesicht zu nehmen und den Zuschauer für die Schrecken zu
sensibilisieren. Sie führen darüber hinaus zu Sinndestrukturierungen der Gründen
für kriegerische Auseinandersetzungen und der Kriegsziele. Denn mit einem
Zerfall des Zusammenhalts und der Motivation innerhalb der Truppe oder mit
einer Auflösung der Perspektive der amerikanischen GIs, verschwindet auch die
klare Einsicht in die Notwendigkeit einer kriegerischen Handlung. Daneben
zerfällt auch mit einem Verschwinden eines eindeutigen Feindbildes die greifbare
Gefahr, die von ihm ausgeht und somit zerfällt auch das Ziel des Krieges diese
Gefahr auszuschalten.

Destrukturierungen können also auf ganz unterschiedlichen Ebenen mit


unterschiedlichen Reichweiten passieren, die je nach Ebene durch verschiedene
Stilmittel und Inszenierungsstrategien filmisch umgesetzt werden. Dabei bedingen
die einzelnen Ebenen spezifische Inszenierungsweisen, da der Filmemacher je
nach Beschaffenheit der Ebene nur mit bestimmten Gestaltungsmitteln arbeiten
kann.
Auf Basis der strukturellen Ebene nutzt ein Regisseur das Stilmittel der
Narrationsstruktur und transportiert so eine Aussage. Dabei stehen ihm eine
Vielzahl von Narrationsmustern zur Verfügung, die je nach Erzählmuster
unterschiedliche Zusammenhänge aufzeigen oder unterschiedliche Schwerpunkte
in der Darstellung setzen.
Auf der ikonographische Ebene eine Films kann durch ihren Fokus auf die
Bedeutung der symbolischen Bildinhalte mit den visuellen Gestaltungsmitteln
gearbeitet werden. Jedoch benötigt der Zuschauer für eine Interpretation auf der
Basis der strukturellen Ebene Wissen über die Bedeutung der Bildinhalte. Für den

76
Kriegsfilm sind hier die Darstellung der Heldenfigur, die Darstellung des Feindes
oder auch die Wahl des Drehortes und der damit verknüpften Symboliken zentral.
Die visuellen Inszenierungsstrategien, die alle im Bild sichtbaren Elemente der
Filmgestaltung betreffen, umfassen Gestaltungsmittel wie die Montage, die
Beleuchtung, die Brennweite oder auch die schauspielerische Arbeit. Die
Bedeutung der visuellen Ebene ist besonders groß, lässt ja gerade sie bei einem
visuell orientierten Medium den Zuschauer die Destruktionsmacht der Waffen,
das Ausmaß der Gewaltanwendung oder die Weite der vietnamesischen
Landschaft wahrnehmen.
Einer Kooperation der visuellen und auditiven Inszenierungsmittel bedienen sich
die Regisseure bei Destrukturierungen auf der narrativen Ebene. Das
Zusammenwirken der verschiedenen Zeichensysteme ermöglicht dem Zuschauer,
die Einordnung des Geschehens auf der Leinwand. Durch Akustische Reize, wie
durch den Film führende Begleitkommentare, die meist aus dem Off zu hören
sind, kann sich der Zuschauer Zusammenhänge erschließen und somit der
Narration des Films folgen.

77
8. Quellen

8.1 Literaturquellen

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78
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Joachim von; Kladzinski, Magdalena (Hrsg.): Krieg in Bildschirmmedien.
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Philipp Reclam jun. Verlag, Stuttgart, 2006, S.9-304.

Mikat, Claudia: Kriegsfilme im Fernsehen. Die Grenze des Erträglichen am


Beispiel des Jugendschutzes. In: Büttner, Christian; Gottberg, Joachim von;
Kladzinski, Magdalena (Hrsg.): Krieg in Bildschirmmedien. Zur politischen
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München, 2005, S.94.

Mikos, Lothar: Helden zwischen Kampfgetümmel und Selbstzweifel. In: Büttner,


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Müller, Harald: Demokratie, die Medien und der Irakkrieg. In: Büttner, Christian;
von Gottberg, Joachim, Metze-Mangold, Verena (Hrsg.): Der Krieg in den
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Weigel-Klick, Nicole: Die Verarbeitung des Vietnam-Traumas im US-


amerikanischem Spielfilm seit 1968. Alfred, 1996, S.96.

Wende, Waltraud: Über die Unfähigkeit der Amerikaner, sich ein Bild vom
Vietnam-Krieg zu machen…Der Krieg, die Rolle der Medien und Stanley
Kubricks Film „Full Metal Jacket“ (1987). In: Fischer, Thomas (Hrsg.):
Kriegserlebnis und Legendenbildung. Das Bild des „modernen“ Literatur,
Theater, Photographie und Film/ The Experience of War and the Creation of
Myth: The image of “modern“ war in literature, theatre, photography and

79
film [Beiträge zum gleichnamigen Symposium, Erich Maria Remarque-
Zentrum, Universität Osnabrück, 4.-8.März 1998], Universitätsverlag
Rasch, Osnabrück, 1999, S.1075-1085.

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Mikos, Lothar (2008): Aktivitäten


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[08. August 2008]

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URL: http://en.wikipedia.org/wiki/Marine_Corps_Recruit_Depot_Parris_Island
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80
Wenk, Dieter (2004): Re-entry des Bösen.
URL: http://www.filmzentrale.com/rezis/platoondw.htm
[Stand: 28.05.2008]

81
9. Anlage

9.1 Filmdaten

9.1.1 Platoon

Originaltitel Platoon
Entstehungsjahr 1986 (Orion)
Produktionsland USA
Länge f 120 min
Stab
Regie Oliver Stone
Drehbuch Oliver Stone
Musik Georges Delerue
Kamera Robert Richardson
Schnitt Claire Simpson
Cast
Charlie Sheen Private Chris Taylor
Wiliam Dafoe Sergeant Elias Grodin
Tom Berenger Sergeant Bob Barnes
Forest Whitaker Big Harold
John C. McGinley Sergeant Red O´Neill
Mark Moses Lieutenant Wolfe
Keith David King
Richard Edson Sal
Francesco Quinn Rhah
Kevin Dillon Bunny
Reggie Johnson Junior
Johnny Depp Private Lerner

82
9.1.2 Full Metal Jacket

Originaltitel Full Metal Jacket


Entstehungsjahr 1987 (Warner Brothers)
Produktionsland Großbritannien/ USA
Länge f 116 min
Stab
Regie Stanley Kubrick
Drehbuch Stanley Kubrick, Michael Herr, Gustav Hasford
(nach dessen Roman „The Short Timers“)
Musik Abigail Mead (alias Vivian Kubrick), Mick Jagger
Kamera Douglas Milsome
Schnitt Martin Hunter
Cast
Matthew Modine Private Joker
R. Lee Ermey Gunnery Sergeant Hartman
Vincent D´Onofrio Leonard Lawrence/ Private Pyle
Arliss Howard Private Cowboy
Kevyn Major Howard Rafterman
Adam Baldwin Animal Mother
Dorian Harewood Eightball/ Albino

9.2 Sequenzprotokoll

9.2.1 Platoon

Angriff des Vietcong

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r in Sekunden
6 Große (G) Chris befreit sich von Ameisen auf Nacken,
Gesicht und Hals
2 Halbtotale (HT) Lichtung, kein Vietcong (VC) zu sehen

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14 G Chris zieht sich ein Handtuch über den Kopf
und schaut noch einmal zur Lichtung
3 HT Silhouette eines VC zu sehen
7 G Chris befreit sich weiter von Insekten
5 Detail (D) Chris’ Augen blicken zur Lichtung
10 HT VC bewegt sich langsam
4 D Chris’ Augen blicken zur Lichtung
8 HT VC gibt Zeichen zum Weitergehen, mehrere
VC erheben sich aus der Deckung
1 D Chris’ Augen blicken zur Lichtung
5 Nahe (N) Chris’ Blick zu Boden, Schwenk zum
Auslöser der Tellerminen, Schwenk zurück
zu Chris’ Gesicht
2 D Chris’ Augen schauen zum Boden
2 HT Schwenk über die Waffen am Boden
2 D Chris’ Augen blicken zur Lichtung
4 HT VC kommt auf Chris’ zu
1 D Chris’ Augen blicken zum VC
2 HT Schlafender Kameraden
2 D Chris’ Augen blicken zur Seite
2 HT Schlafender Kamerad
3 D Chris’ Augen blicken zum VC
5 HT VC kommt näher
6 Amerikanische (A) Chris’ Helm aus Perspektive des VC
3 HT VC kommt näher
1 N Chris mit starrem Blick, der auf VC gerichtet
ist
3 N Blick des VC tastet die Umgebung ab,
Detonation einer Tellermine
6 A Chris zuckt zusammen und schützt sich,
schmeißt sich auf den Zünder der Tellermine

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Barnes erschießt Elias

Einstellungsdauer Einstellungsgröße Bildinhalt


in Sekunden
7 HT bis N Zoom auf Barnes, der zwischen den Blättern
zu sehen ist, sein Gewehr hochnimmt und
zielt
3 T Elias erscheint zwischen Bäumen und
Sträuchern
3 T Barnes zielt
3 N Elias blickt in Richtung Barnes und beginnt
zu lächeln
3 N Barnes zielt, nimmt seinen Kopf hoch
2 N Elias geht lächelnd auf Barnes zu
4 N Barnes mit Gewehr im Anschlag,
2 D Elias lächelnde Augen werden ernst
3 D Barnes fester Blick, beginnt wieder zu zielen
1 HT Überschultereinstellung, in der Barnes
Schüsse auf Elias abfeuert
1 N Elias wird getroffen und fällt um
7 N Barnes mit Gewehr im Anschlag, nimmt es
herunter, atmet durch, blickt sich um

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