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Bachelorarbeit im Studiengang
„Medienbildung: Visuelle Kultur und Kommunikation“
Verfasser:
Benjamin Tittel
Student der Medienbildung
Mat.-Nr.: 168923
Email: info@benjamintittel.de
Erstgutachter:
Prof. Dr. phil. habil. Winfried Marotzki
Lehrstuhl für allgemeine Pädagogik
Zweitgutachter:
Dr. phil. Benjamin Jörissen
Lehrstuhl für allgemeine Pädagogik
Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG............................................................................................................. 3
2. DIE ENTWICKLUNG DES INTERNETS .............................................................. 5
2.1 Das frühe World Wide Web ..................................................................................................... 5
2.2 Das Web 2.0 ............................................................................................................................. 5
2.2.1 Rich User Experience .............................................................................................. 6
2.2.2 Aggregation und Syndikation .................................................................................. 7
2.2.3 Freiheit der Daten (Widgets, Mashups und APIs) ................................................... 7
2.2.4 User generated Content ........................................................................................... 8
2.2.5 Social Software ....................................................................................................... 8
3. DER SOZIALE KULTURRAUM „INTERNET“ ................................................ 10
3.1 Die Online-Ethnografie .......................................................................................................... 10
3.1.1 Infrastruktur ........................................................................................................... 11
3.1.2 Soziografische Struktur ......................................................................................... 11
3.1.3 Partizipationsstruktur............................................................................................. 13
3.1.4 Kommunikationsstruktur ....................................................................................... 13
3.1.5 Informationsstruktur .............................................................................................. 13
3.1.6 Präsentationsstruktur ............................................................................................. 14
3.1.7 Verhältnis Offline-Online ...................................................................................... 14
3.1.8 Netzwerkstruktur ................................................................................................... 15
4. THEORETISCHE GRUNDLAGEN DER MEDIENBILDUNG ........................ 16
4.1 Tentativität ............................................................................................................................. 18
4.2 Orientierungsdimensionen ...................................................................................................... 19
4.3 Soziotechnische Netzwerke .................................................................................................... 20
5. BILDUNGSPOTENZIALE PARTIELLER VIRTUALISIERUNG ................... 22
6. DISKUSSION AUSGEWÄHLTER NETZWERKSTRUKTUREN ................... 24
6.1 Infrastruktur ............................................................................................................................ 24
6.1.1 Internationalität ..................................................................................................... 24
6.1.2 Erreichbarkeit des Netzwerks ................................................................................ 25
6.1.3 Datenstruktur ......................................................................................................... 25
6.2 Partizipationsstruktur.............................................................................................................. 25
6.2.1 Inhaltliche Ebene ................................................................................................... 25
6.2.2 Strukturelle Ebene ................................................................................................. 26
6.2.3 Organisatorische Ebene ......................................................................................... 27
6.3 Präsentationsstruktur .............................................................................................................. 27
6.3.1 Identification Cards ............................................................................................... 28
6.3.2 Charakterisierungsfunktion ................................................................................... 33
6.3.3 Avatarsystem ......................................................................................................... 35
6.4 Kommunikationsstruktur ........................................................................................................ 36
6.5 Soziografische Struktur .......................................................................................................... 38
6.5.1 Freundessystem ..................................................................................................... 38
6.5.2 Verwaltungsfunktion ............................................................................................. 39
6.6 Netzwerkstruktur .................................................................................................................... 41
6.6.1 Friend-of-a-Friend-System .................................................................................... 42
1
Inhaltsverzeichnis
2
1. Einleitung
1. Einleitung
Das Internet muss als ein Raum kultureller Orte angesehen werden. Innerhalb der ver-
schiedenen kulturellen Orte hat der „Mensch […] differenziertere Möglichkeiten, ein
Verhältnis zu sich und zur Welt aufzubauen. Weil sich Selbst- und Weltreferenzen der
Menschen ändern, ist dieser Kulturraum auch ein neuer Bildungsraum“ (Marotzki 2004,
S.70).
Im Zuge der weltweiten Vernetzung durch das Internet und vor allem durch die Ent-
wicklungen in Bezug auf das Web 2.0 erlangen die Darstellungsmöglichkeiten für Indi-
viduen und Gruppen im Netz immer größere Bedeutung. Partizipative und kollaborative
Formate wie Weblogs, Online-Communities und soziale Netzwerke sind aus der heuti-
gen Internetlandschaft nicht mehr wegzudenken. Auch im Bereich der Video- und
Computerspiele ist das Bestreben der Betreiber und auch der Nutzer zu erkennen, vir-
tuelle Spieler-Netzwerke zu erschaffen.
In dieser Abschlussarbeit wird diskutiert, inwiefern die Strukturen eines sozialen Onli-
ne-Netzwerks für Spieler Bildungspotenziale im Hinblick auf die Medienbildung auf-
weisen und den Motivationen der Spieler gerecht werden können. Diese Diskussionen
sollen dann als Grundlage zur Entwicklung von Konzepten für die strukturelle Umset-
zung eines Spielernetzwerks dienen.
Um eine Basis für die Diskussion und die Entwicklung der Konzepte zu schaffen, ist es
zunächst notwendig, theoretische Grundlagen zu erläutern.
Zu Beginn soll die Entwicklung des Internets in seinen Grundzügen dargestellt werden.
Hierbei wird der Fokus auf den Entwicklungen liegen, die mit dem Web 2.0 einherge-
hen.
Auf Grundlage der beschriebenen Entwicklungen soll anschließend das Internet als Kul-
turraum vorgestellt werden. Darauf folgend wird die Online-Ethnografie als eine Me-
thode zur Erforschung von virtuellen Communities erläutert. Um den aktuellen Ent-
wicklungen im Hinblick auf soziale Online-Netzwerke Rechnung zu tragen, soll die
Ethnografie um die Netzwerkstruktur ergänzt werden.
3
1. Einleitung
Als Einstieg in diese Diskussion sollen die Bildungspotenziale erläutert werden, die
durch eine partielle Virtualisierung des menschlichen Lebens entstehen.
Auf die bis hier entwickelte Theorie stützt sich die Diskussion und Entwicklung von
Konzepten für ein soziales Spieler-Netzwerk, welcher im Folgenden besondere Auf-
merksamkeit gewidmet wird.
Hierbei ist zunächst anzumerken, dass modulare Konzepte für die einzelnen Strukturen
eines Spielernetzwerks diskutiert und entwickelt werden. Dies bedeutet, dass diese unte-
reinander Verbindungen aufweisen, aber auch separat in bestehende Netzwerke oder
Online-Dienste integriert werden können.
Es ist auch denkbar, dass die herausgearbeiteten Konzepte als Grundlage für ein neues
Online-Netzwerk genutzt werden oder aus dem Kontext eines Spielernetzwerks entfernt
und in einen neuen Kontext2 transferiert werden.
Grundsätzlich sollen diese Konzepte im Hinblick auf zwei Ziele diskutiert und entwor-
fen werden. Einerseits sollen sie Bildungspotenziale begünstigen, andererseits sollen sie
den primären Motivationen der Spieler Rechnung tragen, um einen Anlass zum Beitritt
in ein Spielernetzwerk zu bieten. Diese Motivationen können im Spielen und im Finden
von Mitspielern vermutet werden.
Um diese Ziele zu erreichen, soll zunächst die strukturelle Umsetzung eines Spieler-
netzwerks in Hinblick auf die Motivationen und Bildungspotenziale diskutiert werden.
Auf dieser Basis sollen dann die modularen Konzepte3 für ein Gamernetwork entwor-
fen, vorgestellt und erläutert werden, die das Spielen sowie das Finden von Mitspielern
ermöglichen und Bildungspotenziale schaffen.
Abschließend soll ein Fazit gebildet werden, in dem die Ergebnisse aus der Diskussion
und der Vorstellung der einzelnen Konzepte zusammengefasst werden.
1
Beispielsweise: Playstation 3, Xbox360, Wii oder PC
2
Zum Beispiel: Dating- oder Business-Netzwerk
3
Vorarbeiten für folgende Konzepte wurden in einer gemeinsamen Hausarbeit mit Juliane Thomas geleis-
tet: Eingabemedien, Avatarsystem, ID-Cards, Gruppensystem und Suchfunktion.
4
2. Die Entwicklung des Internets
4
http://www.oreilly.de/artikel/web20.html (Stand: 28.04.2007)
5
2. Die Entwicklung des Internets
Die Meinungen zum Thema Web 2.0 sind allerdings sehr heterogen. Unter anderem
macht Russel Shaw in seinem Artikel „Web 2.0? It doesn’t exist“5 deutlich, dass es für
ihn kein Web 2.0 gibt. Auch Tim Burners Lee, der Entwickler des World Wide Web,
sieht im Web 2.0 kein neues Internet oder bahnbrechende Entwicklungen. Er vertrat
2006 in einem Interview mit developerWorks6 seine Meinung. Er führte unter anderem
aus, dass die Erfindung des WWW schon immer dem Zweck dienen sollte, dass Men-
schen besser zusammenarbeiten können.
Trotz widersprüchlicher Meinungen zum Thema Web 2.0 ist festzustellen, dass sich
neue Formate im Internet entwickelt haben, die sich in ihrer technischen Realisierung,
Nutzbarkeit sowie den durch sie entstandenen Möglichkeiten vom zuvor Bekannten
unterscheiden. Die einfachere Nutzung und die damit einhergehende Herabsetzung der
Einstiegshürden ermöglicht es mehr Menschen, selber als Produzent im Internet aktiv zu
werden. Durch diese Transformation der Rolle der Internetnutzer transformiert sich
auch die Sozialität des Netzes. Panke stellt fest, dass die Entwicklung neuer technischer
Elemente und die damit einhergehenden sozialen Entwicklungen entscheidend für das
Phänomen Web 2.0 sind (vgl. Panke 2007, S.2). Das frühe WWW zeichnete sich vor
allem durch die Interaktionsmöglichkeiten der Nutzer aus. Die Entwicklungen des Web
2.0s stellen vor allem die Partizipation seiner User in den Vordergrund.
5
http://blogs.zdnet.com/ip-telephony/?p=805 (Stand: 28.04.2007)
6
Transcript: http://www-128.ibm.com/developerworks/podcast/dwi/cm-int082206.txt Interview:
ftp://www6.software.ibm.com/software/developer/podcast/dwi/cm-int082206.mp3
7
AJAX ist die Abkürzung für „Asynchronous JavaScript and XML“. Hierbei handelt es sich nicht um
eine neue Programmiersprache, sondern um die Kopplung von den folgenden, bestehenden Technologien:
Javascript, XHTML, HTML, XML. Dieser Standard ermöglicht es Internetseiten zu programmieren, die
nur Bereiche neu laden und neue Daten einbinden. Das heißt, dass nicht die gesamte Seite neu geladen
werden muss (vgl. Panke 2007, S.15). Hierdurch lassen sich Applikationen im Internet realisieren, die
ähnlich funktionieren wie Offline-Applikationen.
6
2. Die Entwicklung des Internets
Googlemail8. Dieser Dienst bietet alle Funktionen, die auch Microsoft Outlook bietet,
mit dem Unterschied, dass er über das Internet erreichbar ist. Durch den Gebrauch von
AJAX ist es möglich, die Bedienung dieses Services dem von Offline-Programmen an-
zugleichen und dem Nutzer somit eine „Rich User Experience“ zu ermöglichen (vgl.
O’Reilly 2005). Durch dieses Beispiel und zahlreiche andere Dienste wie Googlemaps9
oder auch Mindmeister10 wird deutlich, wie sehr sich das Web immer mehr zu einer
Plattform wandelt. Tim O’Reilly fasst diese Entwicklung unter „the web as platform“
(vgl. O’Reilly 2005) zusammen.
Stelle, meist mittels eines HTML-Codes, implementiert werden können. Des Weiteren
ist festzustellen, dass verschiedene Webservices ihre jeweiligen Daten durch offene
APIs (Application Programming Interfaces) auch für fremde Dienste zugänglich ma-
chen. Durch diese Verfügbarkeit der Daten sind sogenannte Mashups möglich, die Da-
ten von mehreren Diensten kombinieren und aufbereitet präsentieren (vgl. Panke 2007,
S.15).
Zur Social Software gehören unter anderem Weblogs13, Wikis, Social Networking- und
Social Bookmarking-Services (vgl. e-teaching). Alle diese Anwendungen haben ge-
meinsam, dass sie einfach und flexibel nutzbar (vgl. Panke 2006, S.2 und Avram 2006,
S.2) sind und vorrangig die Vernetzung von Menschen sowie die Organisation von Da-
ten und Wissen zum Ziel haben. Die Vernetzung von Menschen meint hier, dass der
12
http://www.wikipedia.de (Stand: 10.03.2008)
13
Der Begriff Weblog, hierüber herrscht eine allgemeine Einstimmigkeit, wurde zum ersten Mal von dem
Blogger Jorn Barger 1996 benutzt, der den Blog „Robot Wisdom“13 betreibt (vgl. Möller 2005, S.115
und Szugat 2006, S.20). Peter Merzholz benutze den Ausruf „we blog“ 1999 als das Motto für seinen
Weblog; peterme.com13 und schuf damit die heutige Abkürzung; Blog (vgl. Szugat 2006, S.21 und Möl-
ler 2005, S.115).
8
2. Die Entwicklung des Internets
Nutzer aktiv in ein soziales Netzwerk einbezogen wird. In Bezug auf Weblogs entsteht
diese Vernetzung in der Blogosphere.
9
3. Der soziale Kulturraum „Internet“
14
http://www.studivz.net
15
http://www.facebook.com
10
3. Der soziale Kulturraum „Internet“
nommen und sie aktualisiert (Jörissen 2007). Um alle Aspekte der heutigen sozialen
Online-Netzwerke effektiv darstellen zu können, werden die von Jörissen beschriebenen
sieben Strukturen durch eine Netzwerkstruktur ergänzt.
3.1.1 Infrastruktur
Marotzki bezeichnete die erste der Kriterien der Online-Ethnografie als „Leitmetapher
für die Infrastruktur“ (Marotzki 2003, S.156). Zum damaligen Zeitpunkt, im frühen
WWW, folgten Online-Communities oft einer Leitmetapher, die das Aussehen und die
Navigation der Community bestimmten (vgl. Marotzki 2003, S.156). Ab den späten
1990er Jahren änderte sich der Aufbau der Communities; statt der Versinnbildlichung
der Navigationsstruktur und der Interaktions- und Kommunikationsmöglichkeiten (vgl.
Jörissen 2007, S.189) „haben sich eine eher technisch anmutende Webforen-Struktur
bzw. eine informationsreiche Portalseiten-Struktur als verbreitete Interface-Form durch-
gesetzt“ (Jörissen 2007, S.189).
Die Infrastruktur, welche die Daten-, Interface- und Navigationsstrukturen einer Com-
munity beinhaltet, legt die Interaktions- und Handlungsmöglichkeiten der Mitglieder
fest (vgl. Jörissen 2007, S.189). Die Datenstruktur bestimmt hierbei, in welchen Forma-
ten Daten in die Community hochgeladen werden können. Durch die Interfacestruktur
werden die verschiedenen Interaktionen der Nutzer vorgegeben und die Navigations-
struktur bestimmt, wie Nutzer durch die in der Community präsentierten Inhalte navi-
gieren und an welcher Stelle sich welche Daten und Informationen finden lassen (vgl.
Jörissen 2007, S.189f.).
11
3. Der soziale Kulturraum „Internet“
schen Struktur heutiger Netzwerke verwoben sind, soll in dieser Arbeit das Regelwerk
als ein Bestandteil der soziografischen Struktur angesehen werden.
Das Regelwerk kann vom Betreiber vorgegeben, teilweise aber auch von den Mitglie-
dern selber editiert werden. Zunächst wird der Zugang zur Community geregelt. Hier
wird festgelegt, ob jeder Mensch der Gemeinschaft beitreten kann oder ob Zugangsre-
geln vorhanden sind (vgl. Marotzki 2003, S.156). Darüber hinaus wird hier bestimmt,
ob der Charakter der Community oder des Netzwerks eher ein verbindlicher oder ein
unverbindlicher ist. Durch die freie Wahl eines Nutzernamens wird Unverbindlichkeit
geschaffen, durch die Angabe des realen Namens und möglicherweise der Überprüfung
der Identität durch ein Dokument kann hingegen Verbindlichkeit hergestellt (vgl. Jöris-
sen 2007, S.190) werden. In einigen Communities und Netzwerken ist ein Status-
System vorhanden, durch das es Unterschiede in den Rechten und Möglichkeiten zah-
lender und nicht zahlender Nutzer gibt (vgl. Jörissen 2007, S.190). Zwei weitere wichti-
ge Instrumente zum Aufbau und zur Stabilisierung der soziografischen Struktur sind das
Gratifikations- und Sanktionssystem. Das Gratifikationssystem dient in den meisten
Fällen dazu, die Nutzer für Aktivitäten innerhalb der Community zu belohnen und sie
somit zur aktiven Nutzung des Systems zu animieren (vgl. Marotzki 2003, S.157). Das
Sanktionssystem dient dem Schutz der Community vor Störungen und Missbräuchen.
Durch dieses System soll verhindert werden, dass Mitglieder die Plattform nutzen, um
zum Beispiel Gewalt verherrlichende oder rassistische Inhalte zu verbreiten. Bei einem
solchen Verhalten besteht für die Betreiber die Möglichkeit, den Unruhestiftern Rechte
zu entziehen, Pflichten aufzuerlegen oder sie aus der Community auszuschließen (vgl.
Marotzki 2003, S.157). Ein weiteres wichtiges System, dass die soziografische Struktur
beeinflusst, ist das Freund- und Feindessystem. Dieses System, wonach andere Mitglie-
der einer Gemeinschaft als Freunde oder Feinde markiert werden können, unterscheidet
sich in seiner Komplexität von Community zu Community. Es „kann ausschlaggebend
für die Form der etablierten sozialen Beziehungen sein“ (Jörissen 2007, S.190). Speziell
das Freundessystem „etabliert Anerkennungsstrukturen und kann somit innerhalb der
Community […] stabile Gemeinschaften wie auch Statustransformationen […] bewir-
ken“ (Jörissen 2007, S.190).
12
3. Der soziale Kulturraum „Internet“
3.1.3 Partizipationsstruktur
Die Partizipationsstruktur beschreibt den Grad der Mitbestimmung, den die Mitglieder
einer Community haben (vgl. Marotzki 2003, S.161). Jörissen stellt fest, dass der Grad
Partizipation von Plattform zu Plattform stark differieren kann und häufig auch vom
Status der Mitglieder abhängig ist (vgl. Jörissen 2007, S.190). Die gesamte Partizipati-
onsstruktur lässt sich in inhaltliche, strukturelle und organisatorische Partizipation un-
terscheiden. Die inhaltliche Partizipation betrifft das Erstellen neuer Inhalte, die struktu-
relle das Gründen neuer Foren oder Gruppen und die organisatorische Entscheidungen
über den Grundcharakter der Community (vgl. Jörissen 2007, S.190). Durch die „Deli-
beration im öffentlichen Raum und ein konsequentes Entscheidungswesen […] [kann]
eine gut ausgebaute Partizipationsstruktur" (Marotzki 2003, S.162) garantiert werden.
3.1.4 Kommunikationsstruktur
Durch die Kommunikationsstruktur werden zunächst die technischen Möglichkeiten der
Kommunikation der Mitglieder beschrieben (vgl. Marotzki 2003, S.158), die sich an-
hand ihrer Verbindungsmöglichkeiten beschreiben lassen. Es sind Verbindungen der
Typen: „Einer an viele“ (Website, Blog), „einer an einen“ (email, instant-messaging),
„viele an viele“ (Chat, Forum) (vgl. Thiedeke 2000, S.24). Im Allgemeinen werden in
Online-Communities und sozialen Netzwerken vor allem Chats, Email, Instant-
Messages und Foren für die Kommunikation eingesetzt. Diese technischen Möglich-
keiten haben einen starken Einfluss darauf, wie sich der Vergemeinschaftungscharakter,
die Art der Präsenz sowie die Struktur der sozialen Präsenz gestalten (vgl. Jörissen
2007, S.191). Vergemeinschaftung kann ohne „many-to-many“ Kommunikationstech-
nologien nicht entstehen. Darüber hinaus hat der Einsatz von synchronen und/oder
asynchronen Techniken Einfluss auf die soziale Präsenz der Teilnehmer (vgl. Jörissen
2007, S.191).
3.1.5 Informationsstruktur
Die Informationsstruktur bestimmt „von wem […] welche Informationen für wen in
welcher Form zur Verfügung gestellt“ (Marotzki 2003, S.158) werden. Bei den Infor-
mationen, die durch die Informationsstruktur geordnet werden, handelt es sich um sol-
che, die für die Mitglieder einer Community relevant sind. Als Formate finden sich zum
Beispiel Newsletter, thematische Linksammlungen und Datenbanken, Kalender, Glossa-
13
3. Der soziale Kulturraum „Internet“
re und Wikis (vgl. Jörissen 2007, S.191). Durch das in diesen Formaten bereitgestellte
Wissen können die Nutzer einer Community sich zum Beispiel über die Verwendung
von Applikationen der Plattform informieren.
3.1.6 Präsentationsstruktur
Die Präsentationsstruktur dient dem Identitätsmanagement der Mitglieder (vgl. Marotz-
ki 2003, S.159). Sie beschreibt folglich, wie sich einzelne Teilnehmer innerhalb einer
Community präsentieren können. In einigen Communities und sozialen Netzwerken
wird darüber hinaus die Präsentation in Gruppen ermöglicht. Die Darstellung der ein-
zelnen Personen oder Gruppen kann in ihrem Grad an Privatheit und Öffentlichkeit va-
riieren (vgl. Jörissen 2007, S.192). Die Formate, die für die Präsentation zur Verfügung
stehen, sind unterschiedlich: ID-Cards (Identification Card), in die Vorlieben und Per-
sönlichkeitseigenschaften eingetragen werden, Homepages, Avatare oder Weblogs (vgl.
Jörissen 2007, S.192). Die verwendeten Avatarsysteme können sich sehr stark unter-
scheiden. Sie verwenden einfache Bilddateien oder erlauben es dem Nutzer sich einen
detaillierten 3D-Avatar zu kreieren (vgl. Jörissen 2007, S.192).
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass es sich „bei dieser Dimension […]
um eine Bewegung aus dem medialen Raum heraus“ (Jörissen 2007, S.192) handelt.
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3. Der soziale Kulturraum „Internet“
3.1.8 Netzwerkstruktur
Die Netzwerkstruktur ist kein Bestandteil der von Marotzki entworfenen Online-
Ethnografie (Marotzki 2003) oder der von Jörissen angepassten Version (Jörissen
2007). Diese Struktur soll dazu dienen, jene strukturellen Merkmale von Online-
Netzwerken zu beschreiben, die eine Vernetzung unter den Usern begünstigen und un-
terstützen. Die Bildung von sozialen Online-Netzwerken ist eine Entwicklung, die mit
den Entwicklungen des Web 2.0s einherging und sich weiterhin entwickelt. Es kann
festgestellt werden, dass Elemente der Netzwerkstruktur sich dadurch auszeichnen, dass
sie keine neuen Inhalte bereitstellen, sondern die Inhalte anderer Netzwerkstrukturen
aufbereiten. Diese Aufbereitung äußert sich darin, dass die Nutzung und die Wahrneh-
mung der Inhalte verändert werden. Beispiele hierfür sind FOAF-Systeme (Friend of a
Friend-Systeme) und Neighbourfunktionen.
Durch ein FOAF-System werden Inhalte der soziografischen Struktur eines Netzwerks
aufgegriffen und in einer Form präsentiert, die die Vernetzung der Mitglieder begüns-
tigt. Einem Nutzer werden in einem solchen System seine Freunde und Freundesfreunde
angezeigt. Diese Systeme basieren auf dem „Small World“-Prinzip, welches von Stan-
ley Milgram in den 1960er Jahren entwickelt wurde und besagt, „dass in sehr großen
Gruppen […], in denen die durchschnittliche Bekanntheit der Mitglieder untereinander
nahezu Null beträgt, dennoch die meisten Menschen über nicht mehr als sechs Bekann-
theitsgerade [!] miteinander verbunden sind“ (Jörissen 2007, S.205). FOAF-Systeme
setzen diese Theorie technisch um und zeigen so Beziehungsverflechtungen der Nutzer
dar, die in traditionellen Online-Communities verborgen blieben. Dies stellt eine we-
sentliche Neuerung an sozialen Netzwerken dar (vgl. Jörissen 2008a, S.216).
Neighbourfunktionen greifen die Inhalte der Präsentationsstruktur auf und fügen ihnen
Funktionen hinzu, die die Vernetzung unter den Mitgliedern eines Netzwerks fördern.
Diese Funktion erlaubt es zum Beispiel, dass ein Nutzer auf ein von ihm angegebenes
Interesse in seiner ID-Card klickt und daraufhin die Nutzer des Netzwerks angezeigt
bekommt, die ebenfalls dieses Interesse angegeben haben. Hierdurch wird es begünstigt,
dass sich User mit gleichen oder ähnlichen Vorlieben finden und durch eine gegenseiti-
ge Verbindung die Vernetzung innerhalb des Netzwerks ausgebaut wird.
15
4. Theoretische Grundlagen der Medienbildung
Die heutige Wissensgesellschaft hat eine hohe Komplexität erreicht. Diese resultiert vor
allem aus der Transformation traditioneller Rollenbilder und Milieus, dem Wechsel der
Gesellschaftsformen und der Entwicklung zu einer heterogenen und transkulturellen
Gesellschaft (vgl. Marotzki 2008c, S.56). Aufgrund dieser Komplexität sind, „im Ge-
gensatz zu früheren Zeiten […] Bildungsprozesse […] immer stärker vonnöten" (Ma-
rotzki 1990, S.52). Neben der Wichtigkeit von Bildungsprozessen haben sich auch die
Verantwortungen des einzelnen Individuums verändert. Nieke kommt zu dem Schluss,
dass „die neue Zeit nun ein selbsttätiges Aufsuchen und Auswählen der jeweils relevan-
ten Informationen zum Aufbau von Orientierungswissen“ (Nieke 2008, S.149) voraus-
setzt. Somit trägt jeder Mensch für sich allein eine sehr große Verantwortung, da er für
seine Qualifikationen und sein erworbenes Wissen immer mehr selbst Sorge tragen
muss (vgl. Marotzki 2008c, S.56). Die Fähigkeit zum selbstständigen Aufbau von
Orientierungen kann als „eine Kernkompetenz der Lebensbewältigung wie auch der
sozialen und kulturellen Partizipation“ (Marotzki 2008c, S.56) verstanden werden.
Die heutige Lebenswelt der Menschen wird von den neuen Medien geprägt. Es kann
festgestellt werden, dass Menschen in der heutigen Zeit eine Vielzahl ihrer Eindrücke
und Erfahrungen, die sie zum Aufbau von Orientierungen nutzen, aus der Medienwelt
beziehen. Dies bedeutet, dass mediennutzende Menschen einen Großteil ihrer Eindrücke
und Orientierungen aus den Medien erhalten, beziehungsweise aufgrund der Eindrücke
aufbauen. An diesem Punkt setzt Medienbildung an. Sie bedeutet, dass Medien Orien-
tierungsoptionen für ihre Nutzer bieten, mit denen diese durch komplizierte Prozesse ihr
Orientierungswissen und ihren Orientierungsrahmen transformieren können. Grundsätz-
lich basiert das Modell der Medienbildung auf „[…] einer strukturalen Bildungstheorie,
die Bildungsprozesse als eine Form komplexer, selbstreflexiver Lern- und Orientie-
rungsprozesse versteht“ (Marotzki 2008c, S.51). Hierbei kann Bildung nicht als ein Zu-
stand oder ein Ergebnis angesehen werden, sondern sie muss vielmehr als fortlaufender
16
4. Theoretische Grundlagen der Medienbildung
Prozess verstanden werden (vgl. Marotzki 2006, S.167), der vor allem das Welt- und
Selbstverhältnis beziehungsweise das Welt- und Selbstverständnis des jeweiligen Indi-
viduums (vgl. Meder 2008, S.227) betrifft.
Verfügungswissen besteht vor allem aus dem Wissen um Ursachen, Wirkungen und
Mittel (vgl. Mittelstrass 2002, S.164). „Es ist üblich, das Verfügungswissen in Fakten-
wissen und prozedurales Wissen aufzuteilen“ (Marotzki 2004, S.66). Faktenwissen stellt
ein Wissen über Dinge und Sachverhalte dar und prozedurales Wissen entsteht durch
den Erfolg des eigenen Handelns (vgl. Marotzki 2004, S.66).
Soll aus Verfügungswissen Orientierungswissen entstehen, muss der Mensch ein reflek-
tiertes Verhältnis zum erlernten Wissen einnehmen (vgl. Marotzki 2006, S.169) und
sich aktiv mit seiner Umwelt auseinandersetzen. Dies bedeutet, dass das Individuum das
gewonnene Wissen in Selbst- und Welthaltungen integriert. Diese Bildungsprozesse
sind immer auch Subjektivierungsprozesse, durch die neue, komplexere Weisen sich auf
die Welt zu beziehen entstehen können (vgl. Marotzki 2008c, S.52).
Erfahrungen durch Rahmen eine Struktur gegeben. Diese Struktur legt in bestimmten
Kontexten bestimmte Handlungsweisen nahe. Jeder Rahmen „stellt sozusagen die Aus-
wahlmenge der Reaktionsmöglichkeiten [auf einen Kontext; d. A.] zur Verfügung“
(Marotzki 1990, S.36). Es handelt sich um Lernprozesse, wenn ein Individuum inner-
halb eines Rahmens eine „adäquate Reaktionsmöglichkeit auf einen kontextspezifischen
Reiz findet“ (Nohl 2008, S.77). Bildungsprozesse sind jedoch Prozesse, die die definie-
renden und regelnden Rahmen transformieren. Durch sie verändern sich Welt- und
Selbstreferenzen qualitativ (vgl. Marotzki 1990, S.52). Somit setzt Bildung dort ein, wo
„die Auswahlmenge der Reaktionsmöglichkeiten selbst verändert und damit der Rah-
men transformiert wird“ (vgl. Nohl 2008, S.77).
Damit Rahmen transformiert werden können, muss jedes Individuum selber einen
komplexen Bildungsprozess durchlaufen. Es ist nicht möglich, Bildung von einer ande-
ren Person „gelehrt“ zu bekommen. Die Lehre von Verfügungswissen ist möglich, sie
erzeugt Bestimmtheit im Denken.
4.1 Tentativität
Tentativität beschreibt einen dynamischen Prozess bei der Konfrontation mit Unbekann-
tem und Fremdem. Wird ein Mensch zum Beispiel mit einer ihm unbekannten Weltan-
sicht konfrontiert, gibt es verschiedene Möglichkeiten, dieses Unbekannte zu verarbei-
ten. Eine Möglichkeit ist das „Unbekannte unter die eigenen Schemata zu subsumieren“
(Marotzki 2008b, S.12). Eine andere Möglichkeit ist die Tentativität, die die Relativität
und Vorläufigkeit der eigenen Weltansicht voraussetzt. Anstatt die neue Ansicht unter
dem Bekannten zu subsumieren, werden verschiedene Verstehensmodelle ausprobiert,
um sich dem Unbekannten zunächst zu nähern (vgl. Marotzki 2008b, S.14). „Wir finden
oder erfinden dabei Regeln, die für uns etwas zunächst unverständliches Neues zu etwas
Verstehbarem machen. Die Regeln oder Schemata der Weltaufordnung sind dabei das,
was verändert wird“ (Marotzki 2008b, S.15). Bei diesem Prozess des Suchens werden
Räume von Unbestimmtheiten offen gehalten. Bildung bedeutet also nicht, dass Unbes-
timmtheiten sofort in Bestimmtheiten überführt werden müssen. Bestimmtheit, die
durch Faktenwissen erzeugt werden kann, ist sehr wichtig, um in der heutigen Gesell-
schaft zurecht zu kommen, doch beim Umgang mit Unbekanntem und Fremdem müssen
durch die Tentativität Unbestimmtheitsräume offen gehalten werden (vgl. Marotzki
2008b, S.16), die dem Menschen eine „tentative, experimentelle, umspielende, erpro-
18
4. Theoretische Grundlagen der Medienbildung
4.2 Orientierungsdimensionen
Orientierungsoptionen, die durch das Orientierungswissen zur Verfügung stehen, lassen
sich in verschiedene lebensweltliche Bereiche unterteilen. Um die Bildungspotenziale
von Medien strukturiert untersuchen zu können (vgl. Marotzki 2008b, S.32), hat Ma-
rotzki diese Bereiche anhand der vier Fragen, die Kant in seiner Logik entwickelt hat:
„Was kann ich wissen?“, Was soll ich tun?“, „Was darf ich hoffen?“ und „Was ist der
Mensch?“ (Kant 1980, S.448) unterteilt und vier Orientierungsdimensionen heraus-
gearbeitet:
• Wissensbezug
Der Wissensbezug bildet einen Rahmen der „kritische[n] Reflexion auf Bedin-
gungen und Grenzen des Wissens“ (Marotzki 2008c, S.58). Diese Dimension
zielt auf Informations- und Wissensmanagement und ein „kritisches Sich verhal-
ten zu den Informationsquellen als Metakompetenz“ (Marotzki 2008b, S.26) ab.
• Handlungsbezug
• Grenzbezug
Der Grenzbezug trägt dem Rechenschaft, was von der Rationalität nicht (Ma-
rotzki 2008c, S.58) oder nur sehr schwer erfasst werden kann. Ein Beispiel hier-
für ist die relative „Abwesenheit der Körperlichkeit in der medialen Kommuni-
kation“ (Marotzki 2008b, S.196). Dieses Beispiel macht deutlich, warum die
Reflexion von Grenzen, Grenzüberschreitungen und Grenzerfahrungen in der
heutigen durch neue Medien geprägten und komplexisierten Gesellschaft einen
wichtigen Orientierungsrahmen bildet (vgl. Marotzki 2008b, S.30).
19
4. Theoretische Grundlagen der Medienbildung
• Biographiebezug
Innerhalb eines soziotechnischen Systems können sich Prozesse vollziehen, die eine
Veränderung des Welt- und Selbstverhältnisses und des Selbst- und Weltverständnisses
zur Folge haben. Hierdurch kann auch eine Wandlung der Orientierungsrahmen statt-
finden (vgl. Nohl 2002, S.228).
Hierbei muss jedoch stets beachtet werden, dass die Erfahrungen und Bildungsprozesse,
die Menschen in soziotechnischen Netzwerken durchlaufen, stets in Überlappungsberei-
chen zwischen technischen und anderen Lagerungen (u.a. geschlechts-, generations-,
20
bildungs- oder lebensphasenspezifischen) stattfinden (vgl. Nohl 2002, S.226). Nohl
stellt fest, dass „erst in diesem mehrdimensionalen, soziotechnischen Milieu […] eine
spezifische Haltung bzw. Orientierung im Handeln mit Technik“ (Nohl 2002, S.226)
entstehen kann.
21
5. Bildungspotenziale partieller Virtualisierung
Das Internet als Kulturraum bietet seinen Nutzern eine Vielzahl von Bildungspotenzia-
len. Es ist festzustellen, dass Menschen neben ihrem offline geführten Leben beginnen,
ein Leben online zu gestalten. Dies wird von Marotzki als Virtualitätslagerung bezeich-
net (vgl. Marotzki 2000b, S.245 und Nohl 2008, S.88).
Hierdurch findet eine Flexibilisierung der menschlichen Identitäten statt (vgl. Marotzki
2000a, S.242). Nohl ist der Meinung, dass ein Leben, welches Offline sowie auch Onli-
ne stattfindet, ein Balancieren zwischen verschiedenen sinnstiftenden kommunikativen
kollektiven Rahmen aufweist. Dieses Balancieren und Wechseln zwischen Offline und
Online bildet eine Basis für Selbstreflexion, die wiederum Bildungsprozesse auslösen
kann (vgl. Nohl 2008, S.88).
Marotzki sieht die partielle Virtualisierung des menschlichen Lebens als unmittelbar
bildungsrelevant an. Er kommt zu dem Schluss, dass „die Differenz von on-screen- und
off-screen-life […] keine relevante Differenz mehr“ (Marotzki 2000b, S.246) ist, und
das „Computernetze […] [die] Pluralisierungs- und Differenzierungsprozesse
fort[setzen], wie sie für die heutige Gesellschaft typisch sind“ (Marotzki 2000b,
S.246f.). Dies bedeutet, dass moderne „Technologien die kulturellen und sozialen Pro-
zesse der Individualisierung fortsetzen und ihnen eine neue Dynamik geben“ (Marotzki
2001, S.35).
Somit werden Bildungsprozesse bei einem Individuum, das sein Leben offline und onli-
ne lebt, durch die Existenz mehrdimensionaler Erfahrungsräume begünstigt. Marotzki
22
5. Bildungspotenziale partieller Virtualisierung
spricht hier davon, dass mindestens das Verhältnis von Offline- und Online-
Konstitution neue Bereiche menschlicher Existenz eröffnet und somit die Reflexivität
vieldimensionaler wird (vgl. Marotzki 2000b, S.247). Hierdurch wird auch die Soziali-
sation der Nutzer beeinflusst. Sie findet einerseits offline statt, wird jedoch durch die
Online-Erfahrungen ergänzt. Da Bildungsprozesse, wie zuvor beschrieben, auch immer
Subjektivierungsprozesse sind, werden diese ebenfalls durch die Virtualitätslagerung
beeinflusst (vgl. Jörissen 2008a, S.223).
Das Internet als ein Kulturraum bietet den Menschen vielseitige Möglichkeiten, ein
Verhältnis zu sich und zur Welt aufzubauen (vgl. Marotzki 2003, S.149). „In diesen
neuen Möglichkeiten der Selbst- und Weltreferenz liegt die bildungstheoretische Bedeu-
tung des Kulturraums Internet“ (Marotzki 2003, S.149).
Es kann also festgehalten werden, dass Menschen durch ihr Leben im virtuellen Raum
ihr Offline-Leben erweitern und die Möglichkeit haben, vielseitigen Bildungspotenzia-
len zu begegnen. Hierzu tragen vor allem die unterschiedlichen Meinungen und Weltan-
sichten bei, mit denen der Mensch im virtuellen Raum konfrontiert wird. Marotzki
kommt zu dem Schluss, dass der Umgang mit den Informationen und Avataren (und
damit auch den Offline-Nutzern) des Internets eine grundsätzliche Bereitschaft zur Er-
kundung des noch Unbekannten voraussetzt (vgl. Marotzki 2008c, S.57).
23
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.1 Infrastruktur
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Navigations- und Interfacestruktur eines sozia-
len Spielernetzwerks vielseitige Bildungspotenziale innerhalb der vier vorgestellten
Orientierungsdimensionen aufweisen wird. Durch diese Strukturen können sich die
Nutzer lediglich prozedurales Wissen in Bezug auf die Bedienung von Online-
Applikationen aneignen.
Allgemeine Aspekte der Infrastruktur sowie der Aufbau der Datenstruktur können je-
doch eine Basis für Bildungspotenziale schaffen, die im Folgenden erläutert werden
soll.
6.1.1 Internationalität
Um optimale Bildungsanreize innerhalb verschiedener Strukturen eines Netzwerks zu
ermöglichen, muss die Infrastruktur die Internationalität ihrer Nutzer ermöglichen. Dies
bedeutet, dass die Mitglieder eines multilingualen Netzwerks im Grunde alle Teil eines
großen Netzwerks sind und nicht in Subnetzwerke aufgeteilt werden. Die Funktionen
der anderen Netzwerkstrukturen müssen also über die Grenzen von Sprachen und Offli-
ne-Kulturen hinaus für alle gemeinsam innerhalb eines großen Netzwerks nutzbar sein.
Durch diese Umsetzung eines sozialen Spielernetzwerks kann die mögliche Vielfalt von
Meinungen und Weltanschauungen erhöht werden. Da die Infrastruktur somit eine Basis
für die Kommunikation der Nutzer darstellt, sollen die Bildungspotenziale der Konfron-
tation mit unterschiedlichen Anschauungen in Kapitel 6.4 erläutert werden.
24
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.1.3 Datenstruktur
Die Datenstruktur bietet durch die von ihr unterstützten Datenformate eine Basis für alle
anderen Strukturen eines Online-Netzwerks. Hieraus kann geschlussfolgert werden,
dass durch Einschränkungen der Datenstruktur auch die anderen Strukturen, insbeson-
dere die Kommunikationsstruktur, sehr stark eingeschränkt werden. Aus diesem Grund
kommt dem Design der Datenstruktur eine essentielle Bedeutung zu.
Des Weiteren können durch die Datenstruktur Voraussetzungen erfüllt werden, die wei-
tere Bildungspotenziale ermöglichen. Jene sind die Möglichkeiten zur Syndikation und
Aggregation (siehe Kapitel 2.2.2). Durch die Unterstützung dieser Techniken wird es
den Nutzern möglich, ihre Inhalte auch außerhalb des Netzwerks zugänglich zu machen
und zum Beispiel an der Blogosphere zu partizipieren.
6.2 Partizipationsstruktur
Zunächst einmal ist festzustellen, dass ein Netzwerk ohne jegliche Partizipation seiner
Mitglieder nicht funktionieren kann.
25
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Den Spielern muss es möglich sein, die strukturelle Ebene des Netzwerks durch das
Erschaffen neuer Orte zu verändern. Diese Möglichkeiten stellen einen „Aspekt der
Interaktivität, des aktiven Mitgestaltens des Cyberspace“ (Marotzki 2000a, S.251) dar.
Durch die Mitgestaltung können neue Orte sozialer Interaktionen und Kulturalität ini-
tiiert werden, die jeder für sich den Charakter einer kleinen Community innerhalb des
Netzwerks aufweisen können (vgl. Jörissen 2007, S.206). In diesen neu erschaffenen
„Gemeinschaften […] [können] komplexe soziale Prozesse der Argumentation und der
Deliberation z.B. in der Aushandlung von Regeln […] oder hinsichtlich der Frage, wie
Regelverstöße geahndet werden sollen“ (Marotzki 2000a, S.251) ablaufen. Zusammen-
fassend kann man sagen, dass sich die Kultur eines Online-Netzwerks durch die Partizi-
pationsmöglichkeiten „von einer Kultur für alle zu einer Kultur durch alle“ (Marotzki
2000a, S.251) wandelt.
Durch die beschriebenen Eigenschaften der erschaffenen Orte entsteht eine Heterogeni-
tät an Kulturen, die die Möglichkeiten der Konfrontation mit fremden und unbekannten
Meinungen und Weltanschauungen erweitert. Beim Aufsuchen der verschiedenen Orte
kann ein großes Spannungsfeld zwischen den Meinungen und Einstellungen des Besu-
chers und denen der Gruppenmitglieder entstehen. Diese Konfrontationen bieten vielsei-
tige Bildungsanreize im Hinblick auf die Transformation von Orientierungsrahmen und
dem Welt- und Selbstverhältnis der Nutzer.
Durch das entstehen und partizipieren an neuen Kulturräumen haben Menschen „auch
differenziertere Möglichkeiten, ein Verhältnis zu sich und zur Welt aufzubauen. Weil
sich Selbst- und Weltreferenzen der Menschen ändern, ist dieser Kulturraum auch ein
neuer Bildungsraum“ (Marotzki 2004, S.70). Darüber hinaus fördern virtuelle Commu-
nities „die Fähigkeit zur Deliberation und Aushandlung sozialer Prozesse. Dadurch […]
kann neben dem Verfügungswissen auch ein Orientierungswissen in reflexiver Einstel-
lung aufgebaut werden“ (Marotzki 2004, S.71).
26
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.3 Präsentationsstruktur
Die Präsentationsstruktur muss es den Teilnehmern eines Spielernetzwerks ermögli-
chen, sich über die Angabe von Informationen innerhalb des Netzwerks zu verorten.
Hierdurch können die Spieler ihre eigene Persönlichkeit darstellen und sich die Darstel-
lungen anderer Teilnehmer ansehen. Diese Möglichkeiten stellen die Grundvorausset-
zung für das Finden von passenden Mitspielern dar. Nur die Angabe von Informationen
über die anderen Mitglieder des Netzwerks ermöglicht eine gezielte Auswahl. Darüber
hinaus ist es wichtig, dass die Präsentationsstruktur auch die Möglichkeit bietet, die
durch die strukturelle Partizipation der Mitglieder errichteten Orte (siehe Kapitel 6.2.2)
darzustellen.
Darüber hinaus kann eine Präsentation der Spieler über eine Charakterisierungsfunktion
erreicht werden, die eine Charakterisierung ihres Spiel- und Kommunikationsverhaltens
während des Spielens und der Interaktionen außerhalb der Spiele ermöglicht.
Ein weiteres Präsentationssystem ist ein Avatarsystem, durch welches der Offline-
Nutzer einen virtuellen Stellvertreter innerhalb des Netzwerks erhält. In den üblichen
Avatarsystemen kann sich der Nutzer meist eine Bilddatei hochladen oder einen dreidi-
mensionalen Repräsentanten (siehe 3.1.6) modellieren. Es ist jedoch zu vermuteten,
dass es noch Umsetzungsformate gibt, die ein höheres Bildungspotenzial aufweisen.
27
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Der Basis-Avatar ist der Stellvertreter in der virtuellen Umgebung, der immer den ei-
gentlichen Nutzer vertritt. Einzig der Nickname wird bei jedem Auftreten und jeder
interaktiven Handlung angezeigt. Durch dieses Verhältnis zwischen dem Offline-Nutzer
und dem Basis-Avatar entsteht ein soziotechnisches System. In diesem ist der Nutzer
der menschliche Aktant und der Nickname der technische. Nachdem der Nutzername
benannt wurde, substituiert er den Menschen innerhalb eines Online-Netzwerks.
28
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Abbildung 1 - Nutzung von Nicknames nach Bechar-Israeli mit Beispielen von Thiedeke 2000, S.26
Anhand dieser Übersicht wird deutlich, dass ein sehr hoher Prozentsatz der erfassten
Nutzernamen einen Bezug zu verschiedenen Gebieten aufweist. Hierdurch zeigt sich,
dass viele Nutzer ihren Nickname nutzen, um sich mitzuteilen. Beispiele hierfür sind
die Basis-Avatare „shyguy“ und „strange_string“. „Shyguy“ kommuniziert über den
Namen eine Charaktereigenschaft sowie das Geschlecht und „strange-string“ seine Af-
finität zur Programmierung gepaart mit einer Charaktereigenschaft.
Der negative Effekt einer freien Namenswahl ist die Herabsetzung des gegenseitigen
Vertrauens der Nutzer innerhalb des Netzwerks. Dadurch, dass jeder Nutzer unter meh-
reren Namen aktiv werden kann, ist er nicht eindeutig identifizierbar. Durch die Wech-
sel von Nicknames kann darüber hinaus nicht sichergestellt werden, dass durch einen
Nutzernamen auch immer dieselbe Offline-Person interagiert (vgl. Dittmann 2005,
S.197). Diesen Problemen muss durch das Regelwerk eines Netzwerks endgegenge-
wirkt werden (siehe Kapitel 7.5.1). Darüber hinaus kann die Vertrauensproblematik
auch durch Angaben innerhalb der ID-Card entschärft werden (siehe Kapitel 7.3.3.1).
Es ist davon auszugehen, dass die freie Wahl eines Nicknames für die Nutzer unter-
schiedlich wichtig ist. Es ist denkbar, dass sich einige Nutzer ihren Namen sehr gut
überlegen, weil sie sich seiner repräsentativen Aufgabe bewusst sind. Andererseits wird
es auch Spieler geben, die ihren Namen sehr schnell wählen oder einen Namen registrie-
ren, den sie auch schon in anderen Online-Netzwerken genutzt haben.
29
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Es lässt sich vermuten, dass die freie Auswahl eines Nicknames Bildungsprozesse bei
einem Nutzer hervorrufen kann. Allerdings kann das Bildungspotenzial an dieser Stelle
als nicht sehr hoch eingeschätzt werden. In einem sehr ernsthaften Netzwerk, wie zum
Beispiel einer Selbsthilfegruppe, könnte die Auswahl des Stellvertreters ein höheres
Bildungspotenzial in sich bergen. Hier registrieren sich die Nutzer mit der Absicht, sehr
persönliche, intime und auch problematische Themen zu diskutieren. Aus diesem Grund
kann davon ausgegangen werden, dass die neuen Nutzer ihrem Wirken und dem ersten
Eindruck eine sehr große Wichtigkeit zuschreiben. In dem Fall eines Spielernetzwerks
sind die Bildungspotenziale weitaus geringer einzustufen, da die grundsätzliche Motiva-
tion der Spieler im Spielen von Videospielen liegt, was für die meisten Spieler eine
primär spaßorientierte Tätigkeit darstellt. Welche Wirkungen ein Nickname auf andere
Nutzer hat, wird daher wahrscheinlich nicht besonders kritisch reflektiert.
Durch eine Erläuterung bei der Registrierung des Nicknames können die Bildungsanrei-
ze unter Umständen erhöht werden. Dies soll kein Versuch darstellen, die Mitglieder zu
pädagogisieren, sondern lediglich ein Hinweis sein, der dem Nutzer seinen Nickname
als „Basis-Avatar“ vorstellt.
Durch diese Informationen wird begünstigt, dass sich der Nutzer in Ansätzen oder
grundsätzlich über die substituierende Funktion des technischen Aktanten in dem mit
ihm eingegangenen soziotechnischen System, bewusst wird. Dies würde eine Transfor-
mation des Orientierungsrahmens innerhalb des Grenzbezugs des Nutzers darstellen.
Allerdings muss hier noch einmal darauf hingewiesen werden, dass ein solcher Prozess
innerhalb eines spaß- und spielorientierten Spielernetzwerks eher unwahrscheinlich ist.
30
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.3.1.2 Kommentar
Der Name eines Nutzers innerhalb des Netzwerks sollte durch einen Kommentar er-
gänzt werden. Dieser Kommentar wird angezeigt, wenn der Nutzername innerhalb des
Netzwerks markiert wird. Hierdurch bekommt jeder User eine weitere Möglichkeit,
über seinen Basis-Avatar, an jedem Ort wo dieser in Erscheinung tritt, eine Mitteilung
zu kommunizieren. Dies macht den Basis-Avatar vielseitiger und die User haben die
Möglichkeit, eine Nachricht, die sie für besonders wichtig erachten, an alle anderen
Teilnehmer zu kommunizieren.
Kommentare können die gleichen Bezüge aufweisen wie Nicknames und ebenfalls eine
Kontaktaufnahme anderer Nutzer begünstigen. Durch diese Wirkung kann der Kom-
mentar zu einem Nutzernamen die tentative Auseinandersetzung mit Fremdem begüns-
tigen.
Das Ausfüllen und Nutzen von ID-Cards wird unter verschiedenen Teilnehmern stark
differenziert ablaufen. In einer Community zur Selbsthilfe werden die Angaben zu per-
sönlichen Problemen beispielsweise weitaus stärker von Prozessen der Reflexion und
des Abwägens der Preisgabe dieser Informationen begleitet sein als dies bei einem Spie-
lernetzwerk der Fall ist. Es ist festzustellen, dass die zur Erfüllung der Motivation der
Spieler (Spielen und Spieler finden) notwendigen Informationen nicht sehr persönlich
oder tiefgründig sein müssen. Aus diesem Grund werden sich die Nutzer zwar Gedan-
ken zu den Informationen, die sie veröffentlichen, machen, aber es lässt sich vermuten,
dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Nutzer hierbei ein reflexives Verhältnis zu ihrer
Biografie einnehmen, gering ist.
Interessen nicht lediglich aus einer Liste von Begriffen auswählen kann, sondern dass er
seine Interessen frei angeben kann.
Durch die Freiheit innerhalb der Angabe wird ein Reflexionsprozess begünstigt, in dem
der jeweilige Spieler ein reflexives Verhältnis zu seiner Biografie einnimmt, um Infor-
mationen für seine ID-Card auszumachen. In diesem Prozess wird das Mitglied Infor-
mationen bewerten und deren Eignung für die Präsentation in einem Online-Netzwerk
vornehmen. Diese Vorgänge weisen Ähnlichkeiten zu der Präsentation in Internetpro-
jekten wie zum Beispiel Homepages auf, die als aktive Identitätsarbeit angesehen wer-
den können (Marotzki 2004, S.71). Dass ein Nutzer jedoch durch die Angabe von In-
formationen eine Transformation seines Orientierungswissens erreicht, ist eher unwahr-
scheinlich. Darüber hinaus ist denkbar, dass Nutzer, die sich in vielen Online-
Netzwerken aufhalten und diesen Prozess der Auswahl von Informationen schon mehr-
fach durchlaufen haben, eher dieselben Informationen wie bei einer vorherigen Regist-
rierung angeben und sich somit lediglich erinnern.
Trotz der als niedrig einzuschätzenden Bildungspotenziale bilden der Nutzer und die
ID-Card ein soziotechnisches System. Durch die Eingabe von Informationen vollzieht
sich ein Prozess der Assoziation innerhalb des Systems. Der menschliche Aktant, also
der jeweilige Nutzer, entscheidet hierbei, durch welche Informationen er im Netzwerk
repräsentiert werden möchte. Diese Informationen werden dann durch den technischen
Aktanten (der ID-Card) im Netzwerk kommuniziert. Durch die Eingabe der Informatio-
nen werden Mensch und Technik verbunden. Dadurch, dass das Präsentationssystem
den Menschen innerhalb des Netzwerks repräsentiert, ersetzt er ihn in diesem. Eine
Transformation des Orientierungswissens im Grenzbezug könnte, ähnlich wie bei der
Auswahl des Nicknames (siehe 6.3.1.1), durch eine kleine nicht-pädagogische Anmer-
kung begünstigt werden. In dieser muss kurz und knapp kommuniziert werden, dass die
Angaben innerhalb der ID-Card dem Auffinden und Gefunden werden von passenden
Mitspielern dienen und zugleich den Offline-Nutzer innerhalb des Online-Netzwerks
repräsentieren. Hierdurch besteht die Möglichkeit, dass der Nutzer sich der substituie-
renden Wirkung seines Avatars in Grundzügen bewusst wird.
Weitaus größere Bildungspotenziale für einen User entstehen durch die Konfrontation
mit einer fremden ID-Card und den durch diese präsentierten Meinungen und Weltan-
sichten. Durch diese Möglichkeit, Fremdes zu erfahren, bekommt der Nutzer die Mög-
32
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
lichkeit, sich tentativ mit dem Unbekannten auseinanderzusetzen, wodurch sich Trans-
formationen innerhalb der Wissensbezüge vollziehen können. Es ist also festzustellen,
dass die ID-Card lediglich die Basis für mögliche Bildungsanreize darstellt. Ob diese
Anreize entstehen können oder nicht hängt von der Nutzung der Card durch ihre Nutzer
ab.
6.3.2 Charakterisierungsfunktion
Die im Folgenden diskutierte Charakterisierungsfunktion begünstigt das Suchen nach
spezifischen Mitspielern in hohem Maße und birgt große Bildungspotenziale in sich.
Nach ausgiebiger Recherche konnte eine vergleichbare Funktion nicht gefunden wer-
den. Lediglich im sozialen Netzwerk Facebook16 können Nutzer die Applikation „Cha-
racteristics“ ihrem Profil hinzufügen, welche es ihnen erlaubt, Netzwerkmitglieder, die
sie in ihrer Freundesliste gespeichert haben, zu charakterisieren. Der Vorgang der Cha-
rakterisierungen lässt jedoch aufgrund der zur Verfügung stehenden Begriffe keine de-
taillierten und aussagekräftigen Charakterisierungen zu. Die entstandenen Outputs der
Applikation können die Nutzer auf ihren Profilseiten veröffentlichen und so anderen
zugänglich machen. Es ist jedoch keine Suche anhand der in der Applikation verwende-
ten Charakterisierungsbegriffe möglich. Durch diese Umstände stellt diese Funktion nur
eine sehr kleine Bereicherung für die Nutzer dar.
16
http://www.facebook (Stand: 23.07.2008)
33
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Während dieses Prozesses muss der Spieler mit charakterisierenden Begriffen konfron-
tiert werden, die ihn veranlassen, ein reflexives Verhältnis zu seinem Spiel- und Kom-
munikationsverhalten einzunehmen. Die Auswahl von provozierenden und gegensätzli-
chen Begriffen kann zum Erreichen dieses Ziels als hilfreich angesehen werden. Durch
eine Selbst-Charakterisierung wird der Spieler zunächst mit seiner Spiel-Biografie konf-
rontiert. Hierbei können dem Spieler seine Orientierungsrahmen in Bezug auf sein
Spiel- und Kommunikationsverhalten deutlich werden. Die Selbst-Charakterisierung ist
jedoch nur ein Aspekt, in dem sich ein erhöhtes Bildungspotenzials vermuten lässt.
zug auf das Verhalten während der Spiele transformieren, wodurch sich der Orientie-
rungsrahmen in Bezug auf das Spielen transformieren kann.
Auch im Hinblick auf die Erschaffung und Aushandlung von soziotechnischen Syste-
men stellt die Charakterisierungsfunktion eine spannende Anwendung dar. Das Output
der Charakterisierungsfunktion (die Anzeige der gewählten Begriffe) und der jeweilige
Nutzer bilden ein soziotechnisches System. Innerhalb dieses Systems stellt das Output
den technischen und der Nutzer den menschlichen Aktanten dar. Während der Selbst-
Charakterisierung findet ein Prozess der Assoziation statt. In diesem wählt der men-
schliche Aktant verschiedene Begriffe aus und verbindet sich (sein Spiel-, Kommunika-
tionsverhalten) mit dem technischen Aktanten. Spannend an diesem soziotechnischen
System ist aber vor allem, dass es durch weitere menschliche Aktanten ergänzt wird.
Diese stellen die Teilnehmer dar, die eine Fremd-Charakterisierung eines Spielers
durchführen und somit ebenfalls Assoziationen vollziehen. Somit besteht das soziotech-
nische System der Charakterisierungsfunktion jedes Teilnehmers, der eine Selbst-
Charakterisierung durchgeführt hat und von anderen Teilnehmern charakterisiert wurde,
aus dem technischen Aktanten „Charakterisierungsfunktion“ und den menschlichen
Aktanten „Teilnehmer und Mitglieder“.
6.3.3 Avatarsystem
Die üblichen Avatarsysteme in Online-Netzwerken und Online-Communities bestehen
meistens aus einem Bild, das der Nutzer hochladen kann oder einem dreidimensionalen
Stellvertreter, den der Nutzer anpassen kann (siehe 3.1.6). Im Folgenden soll ein neuar-
tiges Avatarsystem diskutiert werden, in dessen Verwendung sich ein hohes Bildungs-
potenzial und ein größerer Nutzen für den User vermuten lassen.
35
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.4 Kommunikationsstruktur
Die Kommunikationsstruktur ist eine wichtige Basis für die Bildungsanreize, die ein
soziales Netzwerk bieten kann. Durch die Kommunikationsfunktionen, die den Nutzern
zur Verfügung gestellt werden, erhalten diese die Möglichkeit zur inhaltlichen Partizi-
pation. Diese Form der Partizipation ist eine Grundvoraussetzung für die Konfrontation
der Mitglieder mit unterschiedlichen Meinungen und Weltansichten, die Anreize zur
Transformation von Orientierungsrahmen geben kann.
36
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Durch die Verbindung „einer an viele“ erhält jeder Nutzer die Möglichkeit, sich einem
weiten Publikum mitzuteilen und so seine Standpunkte an viele Adressaten zu kommu-
nizieren.
Der Verbindungstyp „einer an einen“ stellt für die Spieler eine Möglichkeit dar, sich
privat zu über Themen zu verständigen, die andere Teilnehmer nicht mitbekommen sol-
len oder müssen.
Der Kommunikation von „vielen zu vielen“ kommt in einem Spielernetzwerk eine be-
sondere Bedeutung zu. Durch diesen Kommunikationstyp wird eine Vergemeinschaf-
tung der Spieler möglich (vgl. Jörissen 2007, S.191). Diese Vergemeinschaftung kann
als ein wichtiger Schritt für ein gemeinsames Spielen und das Gründen von Spieler-
gruppierungen angesehen werden.
Die Kommunikationsstruktur bildet die Basis für die als am stärksten anzusehenden
Bildungspotenziale eines sozialen Spielernetzwerks. Diese Potenziale werden durch die
Vielseitigkeit der in dem Netzwerk zu erwartenden Meinungen und Weltansichten er-
möglicht. Vor allem die Kommunikationsstruktur stellt die Funktionen bereit, die für
den Austausch zwischen den Netzwerkmitgliedern nötig sind. Die Bildungspotenziale
liegen folglich in der Konfrontation mit dem Unbekannten und Fremden, wodurch die
Tentativität gesteigert wird. Hierdurch kommen starke Bildungsanreize zustande, die
eine Transformation von Orientierungen, vor allem im Handlungs- und Biografiebezug,
begünstigen können.
Speziell das Bloggen bietet vielfältige Bildungspotenziale. Jörissen stellt fest, dass der
Anreiz des Bloggens „über die bloße Selbstdarstellung, wie sie auch auf Homepages
erreichbar wäre hinaus geht“ (Jörissen 2008a, S.213). Für ihn liegt der Anreiz in dem
Kulturraum, der dadurch entsteht, das private Blogger sich mit anderen vernetzen, Arti-
kel lesen, gegenlesen und kommentieren (vgl. Jörissen 2008a, S.213). Darüber hinaus
kann festgestellt werden, dass das private Bloggen als eine „neue, fluide Weise sozial
vermittelter Reflexivität (häufig auch der Biografisierung) und insofern der Transforma-
tion von Selbst- und Weltverhältnissen im Sinne des Gedankens der strukturalen Me-
dienbildung (Marotzki 1990) zu verstehen“ (Jörissen 2008a, S.214) ist.
6.5.1 Freundessystem
Das Freundessystem stellt für die Mitglieder innerhalb einer Community oder eines
Netzwerks eine Möglichkeit dar, die anderen Teilnehmer zu kategorisieren. Hierdurch
wird es den Nutzern möglich, ihre sozialen Kontakte zu managen und anderen Teilneh-
mern ihre soziale Anerkennung zu präsentieren.
38
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
Innerhalb der Nutzung des Freundessystems lassen sich keine besonders starken Bil-
dungspotenziale vermuten. Lediglich durch die Umsetzung der letzten Überlegung kann
womöglich das Bildungspotenzial erhöht werden, da davon ausgegangen werden kann,
dass die Hemmschwelle in Bezug auf die erste Kontaktaufnahme sinkt, wenn mit jener
nicht gleich eine feste Verbindung einhergeht.
Darüber hinaus ist es möglich, dass durch diese Funktion Reflexionen über Beziehungs-
verhältnisse eingenommen werden, anhand derer sich Spieler Orientierungen in Bezug
auf die Handlungsdimension aufbauen. Dieser Bezug liegt darin, wann jemand zu einem
sehr nahe stehenden Kontakt aufgestuft wird und wann er herabgestuft wird. Besonders
wenn ein Spieler von einem anderen herabgestuft wird, kann dies die Einnahme einer
reflexiven Position zur Beziehung mit dem Anderen begünstigen.
6.5.2 Verwaltungsfunktion
Die Möglichkeiten der strukturellen Partizipation (siehe 6.2.2), die Kommunikations-
möglichkeiten (siehe 6.4) und die Verwendung der Profilseiten können durch eine aus-
differenzierte Verwaltungsfunktion besser und individueller nutzbar gemacht werden.
Darüber hinaus können durch eine solche Funktion starke Bildungsanreize geboten
werden. Da die Funktionen der Verwaltungsfunktion je nach ihrem Einsatzgebiet unter-
schiedlich sind, soll deren Anwendung in zwei Abschnitten erläutert werden.
pen sichtbar zu machen. Diese Möglichkeiten bedeuten für die Nutzer eine Möglichkeit
des erweiterten Informationsmanagements.
Bei der Verwendung dieser Funktion liegen die Bildungspotenziale darin, dass der Nut-
zer bei der Entscheidung über die Veröffentlichung der Informationen nach seinem
Orientierungswissen handelt. Sieht der Nutzer auf den Profilseiten anderer Nutzer In-
formationen für Beziehungsgrade freigegeben, für die er gleichartige Informationen
nicht zur Verfügung stellen würde, so wird er mit einem abweichenden Orientierungs-
rahmen konfrontiert, der in Bezug zum eigenen ein Spannungsfeld entstehen lässt. In-
nerhalb der Handlungsdimension, mit Bezug auf die Veröffentlichung von Informatio-
nen, kann dieses Spannungsfeld Transformationen nach sich ziehen.
Über diese Möglichkeiten hinaus muss die Verwaltungsfunktion innerhalb einer Grup-
pierung jedoch noch weitere Einstellungen erlauben. Über sie muss die soziografische
Struktur der Gruppe bestimmt oder ausgehandelt werden können. Das bedeutet, dass der
Administrator der Gruppe oder alle Mitglieder zusammen durch einen demokratischen
Abstimmprozess die Möglichkeit erhält/erhalten, die Zugangsbedingungen und Mitbes-
timmungsgrade der Mitglieder zu vergeben. Das Einstellen der Rechte der Teilnehmer
muss hierbei anhand der inhaltlichen, strukturellen sowie organisatorischen Partizipati-
on und der Beziehungsgrade des Freundessystems möglich sein.
Durch diese Möglichkeiten entsteht ein hohes Bildungspotenzial innerhalb der Hand-
lungsdimension. Durch die Chance, die soziografische Struktur innerhalb einer „kleinen
Community“ zu bestimmen, wird zunächst der Initiator einer Gruppierung vor die Wahl
gestellt, wie die Organisation ablaufen soll. In seinem Ermessen liegt damit, inwieweit
die anderen Mitglieder der Gruppe Rechte an der inhaltlichen, strukturellen und organi-
satorischen Partizipation haben. Hierdurch ergibt sich die Möglichkeit, sich als Anfüh-
rer über die anderen Mitglieder zu stellen und diesen wenige Rechte zukommen zu las-
40
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
sen, eine eher demokratische Organisation zu wählen, in der alle Mitglieder ein Mits-
pracherecht haben oder ein anarchisches System zu wählen, in dem jedes Mitglied ein-
fach das machen kann, was ihm gefällt. Durch diese Entscheidung hat der jeweilige
Spieler den Grad der Freiheit innerhalb der Gruppierung in der Hand.
Darüber hinaus wird der Gründer der Gruppe oder die Gruppe als Kollektiv vor die Ent-
scheidung gestellt, für wen die Kommunikationsabläufe innerhalb der Gruppierung ein-
sehbar sein sollen. Durch die Datenstruktur, die die Syndikation möglich macht (siehe
Kapitel 6.1.3), können das Forum, der Blog und das Gästebuch auch nach außen geöff-
net werden. Hierdurch werden die Nutzer vor die Entscheidung gestellt, ihre Diskussio-
nen innerhalb der Grenzen der Gruppe oder des Netzwerks zu führen oder sie global
zugänglich zu machen. Die globale Öffnung einer „kleinen Community“ würde bedeu-
ten, dass sich die Gruppe in der Öffentlichkeit artikuliert und auch mit dieser in Interak-
tion treten kann.
6.6 Netzwerkstruktur
Die Umsetzung der Netzwerkstruktur ist entscheidend dafür, inwieweit die Vernetzung
der Mitglieder eines Netzwerks begünstigt und gefördert wird. Da das Finden passender
Mitspieler als das Hauptziel der zu entwickelnden Konzepte angesehen wird, muss die
Verwirklichung dieses Ziels auch durch die Netzwerkstruktur ermöglicht werden. Dies
bedeutet, dass die Spieler die Chance haben müssen, Mitspieler zu finden, die ihren
Wünschen entsprechen. Bei diesen kann es sich um Menschen mit einer ähnlichen oder
gleichen Spielmotivation und einem ähnlichen Spielverhalten handeln, oder aber auch
um Teilnehmer mit konträren Absichten und Verhaltensweisen. Diese Wahl muss den
Netzwerkteilnehmern überlassen werden.
Das Suchen nach Einstellungen, Motivationen, Verhalten und Meinungen muss also
ermöglicht werden. Hierzu ist es nötig, Konzepte zu entwickeln, die genau diese Suche
41
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
6.6.1 Friend-of-a-Friend-System
Eine Möglichkeit, um die Vernetzung unter den Mitgliedern zu fördern, ist die Umset-
zung eines FOAF-Systems (siehe 3.1.8), die von verschiedenen Online-Netzwerken
(studiVZ17, Facebook18) eingesetzt werden. In der ersten Ebene kann die Darstellung
eines solchen Systems als eine Unterstützung für das Kontaktmanagement eines Nutzers
angesehen werden. Die zweite Ebene dieser Funktion ermöglicht es den Netzwerkmitg-
liedern darüber hinaus, ihre Freundesfreunde angezeigt zu bekommen.
Damit, dass die Nutzer mittels dieser Funktion eher spielerisch die Kontakte ihrer
Freunde erforschen, geht hierbei „tendenziell ein größeres Maß an Tentativität einher –
Erfahrungsräume werden offener, aber dafür werden die Sozialstrukturen fragmentierter
und an ihren Grenzen gleichsam ‚ausgefranst‘“ (Jörissen 2008a, S.220). Dies wird mög-
lich, da lose Beziehungen (weak ties) durch das Prinzip der Freundesfreunde aufgewer-
tet werden, wodurch die Vertrauensproblematik (siehe Dittmann 2005) entschärft wird.
Anhand der starken Bindungen (strong ties), den Freunden eines Nutzers, werden die
weak ties selektiert, wodurch diese eine größere Handlungs- und Orientierungsrelevanz
erhalten (vgl. Jörissen 2008b, S.160). „Kontakte, die - etwa aufgrund unterschiedlicher
Habitus - eher unwahrscheinlich sind, können durch solche Netze wahrscheinlicher
werden“ (Jörissen 2008b, S.161).
Hierdurch steigen die Bildungspotenziale innerhalb des Netzwerks. Durch die FOAF-
Funktion wird es wahrscheinlicher, dass ein Nutzer mit anderen Ansichten und Meinun-
gen konfrontiert wird, die eine Transformation seines eigenen Orientierungswissens zur
Folge haben können. Es ist also festzustellen, dass dieses System die Basis für die tenta-
tive Auseinandersetzung mit Fremdem und Unbekanntem bildet. Dies bedeutet, dass das
System selber keine Inhalte liefert, die Orientierungspotenziale aufweisen, sondern dass
17
http://www.studivz.net (Stand: 25.07.2008)
18
http://www.facebook.com (Stand: 25.07.2008)
42
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
es den Umgang und die Wahrnehmung von Orten mit Bildungspotenzialen verändert.
Diese Orte entstehen durch die Präsentationsstruktur (Nutzer-ID-Cards) und die Kom-
munikationsstruktur (Kommunikationselemente der Nutzer-ID-Cards).
In Kapitel 7.6.1 soll ein FOAF-System vorgestellt werden, dass ein ausdifferenziertes
Kontaktmanagement und eine ausdifferenziertere Aufwertung der weak ties ermöglicht.
6.6.2 Neighboursystem
Ein Neighboursystem, das in heutigen sozialen Netzwerken seine Anwendung findet, ist
eine weitere Möglichkeit, die Vernetzung unter den Usern zu steigern. Diese Funktion
erlaubt es den Nutzern, durch einen Klick auf eine Angabe in ihrem Profil eine Über-
sicht zu erhalten, die alle anderen Nutzerauflistet, welche die gleiche Angabe gemacht
haben. Durch das Benutzen dieser Funktion wird es den Mitgliedern ermöglicht, auf
einfachem Weg Teilnehmer mit einer gleichen Angabe zu finden und daraufhin die ID-
Card der Teilnehmer zu erforschen.
Dieses Erforschen bedeutet, dass Tentativität ausgeübt wird. Der Nutzer weiß nie, wel-
che weiteren Angaben und Eindrücke ihn auf dem Profil eines Nutzers oder einer Grup-
pe erwarten. Auf der Profilseite kann er mit Angaben und Eindrücken konfrontiert wer-
den, die ihm unbekannt und unverständlich sind. Die Auseinandersetzung mit diesen
Inhalten kann eine Transformation der Orientierungen des Nutzers nach sich ziehen.
Wie auch das FOAF-System stellt die Neighbourfunktion keine Inhalte bereit, sondern
bildet lediglich eine Basis für die Auseinandersetzung mit Inhalten, die Bildungsanreize
ermöglichen können.
6.6.3 Suchfunktion
Eine weitere Funktion ist eine ausdifferenzierte Suchfunktion, die das Suchen nach be-
stimmten Eigenschaften von Teilnehmern oder auch Teilnehmer-Gruppen ermöglicht.
Hierdurch kann der Nutzer nach Personen oder Personen-Gruppen mit ähnlichen Anga-
ben und Eigenschaften suchen. Dies kommt einer mehrfach durchgeführten Neighbour-
43
6. Diskussion ausgewählter Netzwerkstrukturen
funktion gleich. Es ist anhand der Suchfunktion jedoch auch möglich, gezielt nach Teil-
nehmern mit anderen oder konträren Attributen zu suchen.
Die Suchfunktion sollte auf jeden Fall einen starken explorativen Charakter aufweisen.
Damit ist gemeint, dass es einem Nutzer ermöglicht wird, sich durch die Suche eher
spielerisch mit den anderen Kontakten innerhalb des Netzwerks auseinanderzusetzen.
Hierdurch kann ein ähnliches Verhalten wie bei der Nutzung des FOAF-Systems ver-
mutet werden, was der Tentativität und somit auch den Bildungsanreizen zugute
kommt.
Erreicht werden kann ein spielerischer Umgang mit der Funktion dadurch, dass ein Nut-
zer nicht nur nach Eigenschaften suchen kann, die er selber eingeben muss, sondern
dass er eine Vielfalt von Eigenschaften präsentiert bekommt und dann explorativ durch
Auswählen der Eigenschaften die Suche einschränken und so die anderen Nutzer des
Netzwerks erkunden kann. Hierbei sollte es möglich sein, verschiedene Eigenschaften
aneinanderzureihen und somit die Suche immer mehr einzugrenzen. Um dieses Vorge-
hen möglichst komfortabel zu machen, muss die Suche stets editierbar sein. Das heißt,
dass an einer bestimmten Stelle des Erkundungsvorgangs durch das Löschen einer zu-
vor ausgewählten Eigenschaft ein anderer Weg eingeschlagen werden kann.
Aus bildungstheoretischer Sicht stellt die Suchfunktion keine Inhalte zur Verfügung, die
Bildungsanreize aufweisen, sondern verarbeitet solche Inhalte, die in anderen Netz-
werkstrukturen entstanden sind. Genauer gesagt erlaubt die Suchfunktion einen spieleri-
schen, explorativen Umgang mit Orten (Profilseiten) und ermöglicht so die Konfronta-
tion mit den Inhalten jener Orte, die starke Bildungsanreize bieten können. Hierzu zäh-
len vor allem die unterschiedlichen Orte („kleine Communities“), die eine spezielle Kul-
tur und soziale Riten aufweisen können und aufgrund der strukturellen Partizipations-
möglichkeiten entstehen (siehe Kapitel 6.2.2) sowie die Kommunikation von Meinun-
gen und Weltansichten, die durch die Kommunikations- und Präsentationstruktur geäu-
ßert werden können (siehe Kapitel 6.4 und 6.3).
44
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.1 Infrastruktur
In dieser Arbeit soll nicht auf die grafische Gestaltung der einzelnen Strukturmerkmale
eines Spielernetzwerks eingegangen werden, weil dies den Rahmen sprengen würde. An
dieser Stelle sollen nur grundlegende Überlegungen zur Umsetzung der Interface-, Na-
vigations- und Datenstruktur für eine optimale Nutzbarkeit angestellt werden.
7.1.1 Internationalität
Wie in Kapitel 6.1 erläutert, muss die Infrastruktur eines sozialen Spielernetzwerks die
Internationalität seiner Mitglieder und deren gegenseitige Vernetzung unterstützen. Dies
kann am besten dadurch realisiert werden, dass sich alle Nutzer unabhängig von ihrer
Herkunft in einem internationalen Netzwerk anmelden, statt auf verschiedene verteilt zu
werden. Dies bedeutet, dass alle Nutzer in einem einzigen Netzwerk interagieren und
lediglich die Sprache des Interfaces in verschiedene Sprachen eingestellt werden kann.
Da die Präsentation aller Inhalte von allen Nutzern bei einer großen Mitgliederzahl
schnell unübersichtlich wird, können die präsentierten Inhalte nach den in der ID-Card
(siehe Kapitel 7.3.3.1) eines Spielers angegebenen Sprachen gefiltert werden.
Ist die Zielplattform eine Spielekonsole, so werden bei dem Zugriff auf das Netzwerk
mittels eines Webbrowsers einige Funktionen, wie das Starten oder Beitreten von Spie-
45
7. Konzepte für ein Gamernetwork
len aus dem System heraus, nicht umsetzbar sein. Der Großteil der anderen Funktionen
kann aber ohne Weiteres auch von anderen Geräten aus erreichbar sein.
7.1.3 Datenstruktur
Die Datenstruktur muss die in Kapitel 6.1.3 angestellten Überlegungen umsetzen. Diese
haben zum Fazit, dass diese Struktur eine möglichst große Vielfalt an Datentypen sowie
die Syndikation und Aggregation von Daten ermöglichen soll, um eine optimale Basis
für die anderen Strukturen eines Netzwerks zu bilden.
Die Unterstützung von Datentypen muss die Eingabe von Texten und das Hochladen
von Bild-, Video- und Audiodateien gewährleisten. Durch diese vielfältigen Möglich-
keiten wird die Umsetzung der anderen Strukturen nicht behindert, sondern unterstützt.
Dies wirkt sich vor allem auf die Konzepte der Kommunikationsstruktur aus (siehe Ka-
pitel 7.4) und ermöglicht den Einsatz unterschiedlicher Eingabemedien.
Des Weiteren muss die Syndikation und Aggregation von Daten des Netzwerks durch
Mitglieder und auch von Nutzern außerhalb des Netzwerks ermöglicht werden. Dies
kann durch das Bereitstellen von RSS-Feeds erreicht werden, wovon besonders das
Konzept des Blogsystems profitiert (siehe Kapitel 7.4.1). In welchem Maße die Inhalte
des Netzwerks syndizierbar sind, können die Nutzer über eine Verwaltungsfunktion
(siehe Kapitel 7.5.4) bestimmen.
Aus diesen Gründen muss eine optimale Navigation und Interaktion der Nutzer gewähr-
leistet werden. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die Umsetzung der einzelnen
Strukturen, die im Folgenden vorgestellt werden, stets übersichtlich gestaltet wird. Für
46
7. Konzepte für ein Gamernetwork
diese Umsetzung bietet es sich an, eine „Rich User Experience“ anzustreben. Durch
diese kann die Nutzbarkeit des Systems enorm gesteigert werden. Darüber hinaus muss
den Netzwerkmitgliedern ein Ort innerhalb des Netzwerks präsentiert werden, von dem
aus sie alle Interaktionsmöglichkeiten erreichen können. Hierfür eignen sich besonders
die Nutzer-Profilseiten, die in Kapitel 7.3.3.1 vorgestellt werden. Diese Seiten müssen
von den Usern über einen Shortcut erreicht werden können, um eine optimale und
schnelle Nutzbarkeit zu gewährleisten. Durch den schnellen Zugang zu den Interakti-
onsmöglichkeiten können die Mitglieder auch während des Spielens oder zwischen zwei
Spielrunden interagieren.
7.1.4.1 Eingabemedien
Ein wichtiger Punkt bei der Umsetzung eines sozialen Spielernetzwerks sind die Einga-
bemedien, die die verschiedenen Spieleplattformen unterstützen. Die Navigationsstruk-
tur eines Netzwerks muss gewährleisten, dass dessen Funktionen durch den direkten
Zugriff über die Zielplattform sowie auch über andere Endgeräte (siehe Kapitel 7.1.2)
nutzbar sind.
Stehen Maus und Tastatur zur Verfügung, gestaltet sich die Navigation und die Eingabe
von Daten wie vom üblichen Gebrauch des Internets bekannt. Wird ein Videospiele-
Controller verwendet, sollte die Navigationsfunktion der Maus auf einen der zur Verfü-
gung stehenden Analogsticks oder ein Bewegungserfassungssystem übertragen werden.
Hierdurch wird ein recht ähnliches Bediengefühl geschaffen. Die Funktionen der beiden
Knöpfe der Maus können auf zwei der Schultertasten übertragen werden. Hiermit wären
die essentiellen Funktionen der Maus auf einen Controller übertragen.
Die Eingabe von Daten mittels eines Controllers stellt ein Problem dar. Mittels einer
virtuellen Tastatur, deren Buttons mit einem Controller bedient werden, ist eine komfor-
table Eingabe von Texten kaum realisierbar. Aus diesem Grund sollten sich Knöpfe des
Controllers ähnlich eines Handytastenfeldes mit Buchstaben belegt werden. Die so ent-
stehende Form der Eingabe sollte den meisten Nutzern des Systems vom Gebrauch von
Handys bekannt sein und somit keine große Einstiegshürde darstellen. Die Eingabe von
Wörtern kann hier noch durch eine Hilfestellung, ähnlich dem von Handys bekannten
T9, unterstützt werden. Diese Alternative stellt jedoch keine optimale Nutzung sicher.
Aus diesem Grund sollte immer die Nutzung einer Tastatur ermöglicht werden.
47
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Eine weitere Möglichkeit der Eingabe von Daten stellt der Gebrauch von Headsets dar.
Durch diese könnten Beiträge und Mitteilungen als Audio-Dateien aufgenommen und
genutzt werden. So würden die Audio-Beiträge auf einem Mediablog einem Podcast
gleichkommen.
Die letzte Alternative bietet der Gebrauch einer Webcam. Durch diese könnten Beiträge
in Form eines Videos aufgenommen und dann genutzt werden. Die so entstandenen
Beiträge eines Blogs würden die Form eines Videocasts haben.
7.2 Partizipationsstruktur
Die Partizipation durch die Nutzer muss wie in Kapitel 6.2 diskutiert auf inhaltlicher
und struktureller Ebene in möglichst großen Umfang gesichert sein. Die inhaltlichen
Partizipationsmöglichkeiten werden in der Kommunikationsstruktur (siehe Kapitel 7.4)
erläutert. An dieser Stelle soll das freie Gruppensystem erläutert werden, das die disku-
tierte strukturelle Partizipation der Netzwerkmitglieder sicherstellen soll und so eine
Basis für Bildungsanreize darstellt.
19
http://www.flickr.com (Stand: 21.07.2008)
20
http://www.studivz.net (Stand: 21.07.2008)
48
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Im Hinblick auf ein soziales Spielernetzwerk ist es sinnvoll, die beschriebene Gruppen-
funktion zu erweitern. Die Erweiterung betrifft die Unterscheidung zwischen folgenden
Gruppenformaten:
• Gruppe
Die Gruppe ist eine „normale“ Gruppe, die sich aufgrund eines gemeinsamen
Interesses zusammenfindet und deren Mitgliederzahl und Verbundenheit stark
variieren kann.
• Clan
Ein Clan ist eine Gruppierung von mehreren Spielern, die sich zusammenfinden
um als Team aufzutreten und gegen andere Clans anzutreten. Innerhalb dieses
Gruppierungstyps kann von einer eher starken Vergemeinschaftung ausgegangen
werden.
• Match/Turnier
Ein Match/Turnier ist ein Wettkampf, in dem mehrere Spieler oder Clans gege-
neinander antreten. Treten so viele Spieler gegeneinander an, dass der Sieger
nicht innerhalb einer Spielrunde entschieden werden kann, wird aus einem
Match ein Turnier mit mehreren Spielrunden. Die Vergemeinschaftung inner-
halb von Matches/Turnieren kann im Allgemeinen aufgrund ihrer eher kurzen
Existenz als eher gering vermutet werden. Allerdings ist es auch möglich, dass
innerhalb dieser Gruppierungen Spieler mit starken Beziehungsgraden zusam-
menkommen, wodurch die Vergemeinschaftung stärker ausgeprägt wird.
Durch die Unterteilung der Gruppentypen wird der Motivationen der Spieler Rechnung
getragen. Sie erlaubt es den Spielern, je nach ihrer Intention gezielt eine Variante der
Spielergruppierungen anzusteuern.
49
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.3 Präsentationsstruktur
Die Präsentationsstruktur eines sozialen Spielernetzwerks muss, wie in Kapitel 6.3 dis-
kutiert wurde, vor allem die Verortung von einzelnen Spielern und Spielergruppierun-
gen und die ausdifferenzierte Angabe von Informationen ermöglichen. Da die im Prä-
sentationssystem des Netzwerks angegebenen Informationen die Grundlage für das ge-
genseitige Suchen und Finden der Spieler darstellen, müssen die Möglichkeiten zu ihrer
Angabe speziell an ein Spielernetzwerk angepasst sein.
Die hier entwickelten Konzepte zur Präsentationsstruktur sehen vor, dass jedem Spieler,
Clan, Match/Turnier und jeder Gruppe eine Profilseite zur Verfügung gestellt wird. Die
Profilseiten dienen als virtuelle Orte für die einzelnen Personen oder Spielergruppierun-
gen. Da diese Seiten somit immer einen Anlaufspunkt für Interaktionen darstellen, be-
inhalten sie verschiedene Elemente der Präsentations-, Kommunikations- und Netz-
werkstruktur und müssen, wie in der Navigationsstruktur angesprochen (siehe Kapitel
7.1.4), über einen Shortcut zugänglich sein.
7.3.1 Charakterisierungsfunktion
In Kapitel 6.3.2 wurden verschiedene Überlegungen zu dem Ziel, das eine Charakteri-
sierungsfunktion innerhalb eines Spielernetzwerks verfolgen muss, angestellt. Dieses
liegt darin, dass den Mitgliedern ermöglicht werden soll, Mitspieler nach ihrem Ge-
schmack zu finden. Dies können Teilnehmer mit ähnlichen oder gleichen Spielmotiva-
tionen und Spielverhalten sein, aber auch solche mit abweichenden oder konträren Mo-
tivationen und Verhaltensweisen. Hierdurch wird eine eindimensionale Suche, zum Bei-
spiel nur nach den Spielfertigkeiten, zu einer multidimensionalen Suche nach Fertigkei-
ten, Verhaltensweisen und Spielmotivationen. An dieser Stelle soll nun eine Funktion
vorgestellt werden, die dieses Ziel ermöglicht.
50
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Die Nutzbarkeit der Funktion wird durch eine intelligente Auswahl von Charakterisie-
rungsbegriffen sowie eine schnelle und einfache Bedienung gewährleistet. Die Bedie-
nung der Funktion muss eine Rich User Experience (siehe Kapitel 2.2.1) darstellen.
Dies bedeutet, dass während der Nutzung nicht mehr Bereiche des Interfaces neu gela-
den werden als nötig und der Nutzer so die Charakterisierung flüssig durchführen kann.
Die Charakterisierungsbegriffe bilden das Herzstück der Funktion. Sie müssen so aus-
gewählt werden, dass die entstehenden Ergebnisse aussagekräftig sind. Zunächst muss
zwischen der Kommunikation und dem Spielverhalten eines Spielers unterschieden
werden. Diese Unterscheidung ist notwendig, da ein Spieler nicht kommunizieren muss,
um an einem Spiel teilzunehmen. Des Weiteren müssen das Spielverhalten und die
Kommunikation während des Spielens nicht dieselben Merkmale aufweisen. Darüber
hinaus ist eine Unterscheidung zwischen Spielen notwendig, die in Teams gespielt wer-
den und solchen, die nicht in Teams gespielt werden. Der Grund hierfür liegt darin, dass
diese unterschiedlichen Spielvarianten verschiedene Weisen des Spielens erlauben und
ein unterschiedliches Kommunikationsverhalten implizieren.
Die beiden nachfolgenden Verlaufsgrafiken zeigen die Begriffe, die dem Nutzer na-
cheinander zur Auswahl gestellt werden, um die Kommunikation beziehungsweise das
Spielverhalten eines Spielers oder die eigenen Kommunikations- und Verhaltensweisen
zu charakterisieren. Die blau hinterlegten Auswahlmöglichkeiten stehen nur bei Team-
spielen zur Auswahl.
51
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Bei der Auswahl der Begriffe wurden bewusst jeweils zwei trennscharfe, eindeutige
Wörter gegenübergestellt. Der Grund hierfür liegt darin, dass so die Gefahr der unter-
schiedlichen Interpretationen der Auswahlmöglichkeiten (vgl. Lösel 1995, S.369) nahe-
zu ausgeschlossen werden kann.
Während der Charakterisierung muss der jeweilige Spieler über einen stufenlosen
Schieberegel bestimmen, welchen Begriff er dem zu Charakterisierenden zuordnen
möchte. Durch diese Umsetzung der Zuordnung der Begriffe kann eine intuitiver und
spielerischer Umgang mit der Funktion erreicht werden. Die Anordnung der Begriffe in
der grafischen Umsetzung der Charakterisierungsfunktion muss variieren, damit einem
zufälligen, undifferenzierten „Durchklicken“ der User entgegengewirkt werden kann.
52
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Führt er die Charakterisierung durch, so darf er den gleichen Spieler erst wieder nach 24
Stunden bewerten. Für diese Regel gibt es zwei Gründe. Der erste ist, dass Spieler ohne
sie mit einer sehr großen Anzahl an Charakterisierungsnachrichten konfrontiert werden
würden, die sie wahrscheinlich dazu veranlassen würden, die Funktion als störend ein-
stufen. Der zweite Grund ist, dass durch diese Regelung dem Überwiegen von Charak-
terisierungen durch Spieler mit den Beziehungsgraden „Freund“ und „Familie“ vorge-
beugt wird. Dies ist sinnvoll, da davon ausgegangen werden kann, dass Mitspieler, die
solche Beziehungen zueinander aufweisen, wahrscheinlich eher zu positiven Charakte-
risierungen neigen.
Wird die Charakterisierung nicht durchgeführt, so bekommt der Spieler nach weiteren
15 Minuten des gemeinsamen Spielens eine Erinnerung, dass er noch eine ausstehende
Charakterisierung hat. Diese Erinnerungsnachrichten können natürlich auch vom Teil-
nehmer deaktiviert werden. Innerhalb von vier Stunden verfällt das Recht, jemanden zu
charakterisieren, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass sich der Spieler nach
diesem Zeitraum noch an das Spiel- und Kommunikationsverhalten eines spezifischen
Mitspielers erinnern kann.
53
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Bei der visuellen Umsetzung müssen die Charakterisierungsbegriffe sortiert nach der
Häufigkeit ihrer Vergabe und dem Typ der Charakterisierung (Selbst- oder Fremd-
Charakterisierung) angezeigt werden. Nur durch eine solche Präsentation werden Bil-
dungspotenziale, wie sie in Kapitel 6.3.2 diskutiert wurden, ermöglicht. Um dies zu
gewährleisten, bietet sich eine Tagcloud an. In dieser werden die Eigenschaften, die
viele Nutzer dem jeweiligen Mitglied zugeteilt haben, größer und dicker dargestellt als
seltener vergebene Eigenschaften. Die vom Nutzer selber an sich vergebenen Angaben
müssen in dieser Cloud in einer anderen Farbe dargestellt werden, um die diskutierten
Spannungsfelder hervorzuheben.
Durch diesen Output der Charakterisierungsfunktion können sich Besucher einer frem-
den Profilseite einen Überblick über das Spiel- und Kommunikationsverhalten des je-
weiligen Spielers verschaffen. Hierdurch wird es allen Teilnehmern möglich, Mitspieler
mit bestimmten Eigenschaften zu finden. Dies stellt eine Möglichkeit, die Motivation
„Mitspieler finden“ zu bedienen, dar.
Auf den Profilseiten von Gruppen, Clans und Matches/Turnieren wird ein Output aus
den einzelnen Charakterisierungen der jeweiligen Mitglieder generiert. Hierdurch erhält
jede Spieler-Gruppierung eine Metacharakterisierung, die es den Netzwerkmitgliedern
erlaubt, Gruppierungen mit bestimmten Eigenschaften zu finden. Bei der Anwendung
auf Clan-Profilseiten sollte dem Clan darüber hinaus die Wahl gelassen werden, ob der
Output der Charakterisierung nur Charakterisierungen aus Spielen, die als Clan durch-
geführt wurden, oder auch Daten aus den anderen Spielen der Mitglieder beinhalten
soll.
54
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.3.2 Avatarsystem
In diesem Kapitel soll das in Kapitel 6.3.3 diskutierte, neuartige Avatarsystem vorges-
tellt werden. Das Besondere an diesem System ist, dass sich der Avatar eines jeden
Spielers automatisch nach dem Verhalten des Spielers generiert. Im Folgenden sollen
die Daten, die das System verarbeiten wird und mögliche Herangehensweisen an die
Visualisierung des Avatars erläutert werden.
• Charakterisierungsfunktion
Aus der Charakterisierungsfunktion erhält das Avatarsystem die Daten aus dem
erläuterten Output (siehe Kapitel 6.3.2) der Charakterisierungen.
• ID-Cards
Aus den ID-Cards werden, je nachdem auf was für einer Profilseite der Avatar
eingesetzt wird, unterschiedliche Elemente im virtuellen Stellvertretersystem
umgesetzt. Die Nutzer-Avatare beinhalten zum Beispiel folgende Elemente der
jeweiligen ID-Card des Nutzers: Statusanzeige, Geschlecht, Sprachen und Spie-
le.
55
7. Konzepte für ein Gamernetwork
dimensional als Modelle umgesetzt werden. Um die Visualisierung der vielen Inputs zu
ermöglichen, sollte eine dreidimensionale Variante gewählt werden, da sich durch drei
Dimensionen vielfältigere Möglichkeiten der Umsetzung der Inputs ergeben.
In dieser Arbeit soll allerdings nicht detailiert auf die Umsetzung des Avatars im Sinne
der von Marotzki und Jörissen entwickelten strukturellen Avatar-Ethnografie (siehe
Marotzki 2008b, S.198-212) eingegangen werden. An dieser Stelle soll lediglich an ei-
nem Beispiel das Prinzip dargestellt werden, nach dem die Umsetzung des Avatars ge-
schehen kann.
Dieses Beispiel beschreibt die Umsetzung der ersten vier Charakterisierungsbegriffe aus
einer Charakterisierung des Kommunikationsverhaltens nach einem Teamspiel (siehe
Abbildung 2). Da die Vergabe der Begriffe stufenlos erfolgt, müssen für jedes Begriffs-
paar mindestens zwei extreme Darstellungen gefunden werden. Darüber hinaus können
Darstellungen ausgewählt werden, die zum Beispiel bei einem Gleichgewicht zwischen
der Vergabe der Begriffe genutzt werden. Je nachdem zu welchem Begriff die Charak-
terisierungen tendieren wird dann die visuelle Umsetzung vom Avatarsystem umgesetzt.
Das erste Set von Begriffen kann sehr gut durch die Darstellung eines Headsets visuali-
siert werden:
• Mitte: Ein Headset wird in seiner normalen Nutzposition auf dem Kopf des Ava-
tars dargestellt.
• „Viel“: Zu Darstellung des Headsets bei dem Begriff „mittel“ wird das Headset
rauchend dargestellt.
Das zweite Begriffs-Set kann in dem Avatar über die Haltung des Kopfs dargestellt
werden:
• „Offtopic“: Der Avatar guckt nach vorne, hat den Kopf aber zur Seite geneigt.
Die Darstellung des dritten Sets kann sehr gut über die Einblendung weiterer Spieler
realisiert werden. Diese weiteren Spieler können über Silhouetten oder aber auch durch
ihre eigenen Avatare dargestellt werden. Die Umsetzung durch Avatare würde zum
56
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Avatarsystem die Funktion der Übersicht über die Spielpartner eines Spielers ergänzen.
Jedoch ist davon auszugehen, dass durch diese Wahl der Visualisierung der eigentliche
Avatar nicht deutlich genug herausstechen würde. Aus diesem Grund ist die Umsetzung
der Spieler mittels Silhouetten empfehlenswert:
Für die visuelle Umsetzung des vierten Sets kann das Verhältnis der Größen zwischen
dem Avatar und den Silhouetten herangezogen werden:
• „Leitend“: Der Avatar wird deutlich größer als die Silhouetten dargestellt.
• „Folgsam“: Die Silhouetten werden deutlich größer als der Avatar dargestellt.
Durch diese Visualisierung des Outputs der Charakterisierungsfunktion können die be-
schriebenen Begriffe visuell umgesetzt werden, wodurch sich dem Betrachter des Ava-
tars das Kommunikationsverhalten des Spielers erschließt.
Alle weiteren Inputs für das Avatarsystem können nach dem gleichen Prinzip umgesetzt
werden.
Wie auch bei der Bestimmung des Outputs der Charakterisierungsfunktion (siehe Kapi-
tel 7.3.1.3) muss den Mitgliedern eines Clans die Wahl zweier Varianten des Avatars
gelassen werden. Die erste Möglichkeit ist, dass sich der Clan-Avatar aus allen Daten
57
7. Konzepte für ein Gamernetwork
der einzelnen Mitglieder zusammensetzt. Die zweite Möglichkeit ist, dass der Clan-
Avatar sich nur aus den Daten der Mitglieder-Avatare generiert, die durch Aktionen als
Clan zusammenkommen. Dies bedeutet, dass nur Charakterisierungen berücksichtigt
werden, die nach Clan-Spielen erfolgten, also nur Informationen aus der Clan-ID-Card
verarbeitet werden und nur die Interaktionen innerhalb der Clan-Profilseite berücksich-
tigt werden.
7.3.3 ID-Cards
Wie zuvor erläutert wird es vier verschiedene Varianten von Profilseiten geben. Um die
Informationsmöglichkeiten in jeder Variante optimal umsetzen zu können, werden für
jede optimale ID-Cards (Identification-Cards) entwickelt.
Der Umfang der präsentierten Informationen nimmt von der Nutzer-, über die Clan- und
Match/Turnier- bis hin zur Gruppen-ID-Card ab. Der Grund hierfür ist, dass jedes Mitg-
lied eines Clans, eines Turniers oder einer Gruppe immer auch eine spezifische Nutzer-
ID-Card besitzt, auf der individuelle Informationen präsentiert werden können. Eine
Einbindung dieser individuellen Informationen in alle anderen Typen von ID-Cards
würde die Profilseiten überfrachten und so die Usability negativ beeinflussen.
7.3.3.1 Nutzer-ID-Card
Durch die Nutzer-ID-Card soll es jedem einzelnen Nutzer ermöglicht werden, sich
selbst zu präsentieren. Dies wird durch die Einbindung von Informationen bezüglich des
jeweiligen Individuums realisiert. Durch die so ermöglichte Präsentation des Nutzers
wird es anderen Mitgliedern möglich, sich über den dargestellten Nutzer zu informieren.
Des Weiteren werden die in der Nutzer-ID-Card angegebenen Informationen für das
Konzept der Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3) genutzt.
• Username
Jeder Nutzer registriert sich mit einem eindeutigen, aber ansonsten frei wählba-
ren Username (siehe Kapitel 6.3.1.1). Er wird vom System automatisch in die
ID-Card eingetragen und prominent platziert. Eine Ausblendung durch das Mitg-
lied ist nicht möglich.
58
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Durch ihn ist es jedem Besucher möglich, die ID-Card einem spezifischen
Netzwerkmitglied zuzuordnen. Für den Nutzer selber stellt sein Nickname eine
Möglichkeit der niedrigschwelligen Kommunikation dar (siehe Kapitel 6.3.1.1).
• Kommentar
Dieser Bestandteil der ID-Card wird vom jeweiligen Besitzer manuell eingege-
ben. Der Kommentar sollte in seiner Länge auf circa 40 Zeichen begrenzt sein,
um zu gewährleisten, dass es stets ein überschaubarer Kommentar bleibt.
Im PSN (Playstation Network) ist dies den Spielern bereits möglich und stellt
eine Möglichkeit der Erweiterung des gewählten Nicknames dar (siehe Kapitel
6.3.1.2).
• Statusanzeige
Durch die Statusanzeige können sich andere Nutzer darüber informieren, ob das
jeweilige Mitglied für eine gemeinsame Aktivität verfügbar ist. Durch den direk-
ten Link zur Aktivität des Mitglieds werden das gemeinsame Spielen, die Kom-
munikation und die Partizipation gefördert. Durch die Anzeige der vergangenen
Zeit seit der letzten Aktivität können die Besucher der ID-Card einen Eindruck
davon gewinnen, wie oft der Nutzer über das Netzwerk erreichbar ist.
59
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Herkunftsland
Die Angabe des Herkunftslandes wird durch den Nutzer selber getätigt.
• Geburtstag
Die Angabe des Geburtstags ermöglicht es Nutzern, mit Hilfe der Suchfunktion
nach Gleichaltrigen zu suchen oder Mitglieder mit einem bestimmten Alter auf-
zuspüren.
• Geschlecht
Durch die Angabe des Geschlechts wird es Nutzern ermöglicht, in der Suchfunk-
tion nach Spielern eines bestimmten Geschlechts zu suchen.
• Interessen
Unter dem Punkt Interessen wird es dem Nutzer ermöglicht, seine Hobbys und
Interessen anzugeben. Hierbei ist wichtig, dass der Nutzer diese individuell ein-
geben kann und nicht lediglich aus vorgegebenen Begriffen auswählen darf. So
kann zum Beispiel ein Nutzer als Interesse „Gitarre spielen“ oder „Actionfiguren
sammeln“ eingeben. Durch die Freiheit der Eingabe werden die in Kapitel
6.3.1.3 diskutierten Bildungsanreize realisiert.
Durch die Angabe der Interessen kann jedes Mitglied seine Hobbys und derglei-
chen kommunizieren, was das Finden von Menschen mit gleichen Vorlieben er-
möglicht. Hierzu werden die eingegeben Wörter und Wortkombinationen in ei-
nem Neighboursystem (siehe Kapitel 7.6.2) verwendet und können auch über
die Suchfunktion gefunden werden.
60
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Sprachen
An dieser Stelle ist es jedem Nutzer möglich, die von ihm beherrschten Sprachen
anzugeben.
• Spiele
Die Angabe der Spiele eines Mitglieds wird vom System automatisch durchge-
führt und kann vom jeweiligen Nutzer angepasst werden.
Zunächst werden die Titel der gespielten Spiele automatisch eingetragen. An-
hand der Spielzeit wird dann eine absteigende Reihenfolge generiert. Da jedoch
nicht unbedingt die Spielzeit eines Titels auf die Beliebtheit beim jeweiligen
Spieler schließen lässt, kann der Spieler die Liste beeinflussen. Die Beeinflus-
sung äußert sich in der Markierung von drei Spielen als Lieblingsspiele. Durch
die Markierung erhalten die Lieblingsspiele jeweils Punkte: Das Lieblingsspiel
erhält so viele Punkte wie Spiele in der Liste sind, das zweitliebste Spiel einen
Punkt weniger und das drittliebste Spiel einen weiteren Punkt weniger. Hier-
durch kann ein Spieler ein neues Spiel, welches durch die noch geringe Spielzeit
unten in der Liste aufgeführt werden würde, trotzdem als Lieblingsspiel markie-
ren und so nach außen kommunizieren, dass er das betreffende Spiel in Zukunft
viel spielen wird. Somit kann der Spieler anderen Teilnehmern signalisieren,
dass er bestimmte Spiele bevorzugt. Hierdurch können die anderen Teilnehmer
gezielt nach Spielpartnern suchen, die ein gewünschtes Spiel präferieren, was
einen Erfolg bei der passenden Mitspielersuche wahrscheinlicher macht.
Die Editierbarkeit der Liste muss auch das Löschen einzelner Spiele beinhalten.
Hierdurch können Spiele, die nicht mehr gespielt werden, entfernt werden, wo-
durch den anderen Spielern signalisiert wird, dass eine Einladung zu diesen
Spielen keinen Erfolg verspricht.
61
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Durch die Angabe der Spiele wird eine Suche nach Spielpartnern, die das glei-
che Spiel spielen, möglich. Diese Möglichkeit ist von großer Wichtigkeit, um
das gemeinsame Spielen zu gewährleisten.
• Erfolge in Spielen
Unter diesem Punkt werden vom System automatisch die Erfolge zugänglich
gemacht, die ein Spieler in verschiedenen Spielen erreicht hat. Die Vorausset-
zungen für das Erreichen eines Erfolges werden von Spieleentwicklern festge-
legt und vom Spieler beim Spielen erzielt. Durch das Bewältigen der vorgegebe-
nen Ziele sammelt der Spieler Punkte in jedem Spiel. Die Punktestände aller
Spieler werden addiert und ergeben somit einen numerischen Wert, der die ge-
samten Spielerfolge eines Spielers repräsentiert. Durch das Steigern des Ge-
samtwertes kann der Spieler in Leveln aufsteigen. Hierbei wächst die erforderli-
che Punktzahl für einen Levelsprung mit ansteigendem Erfolgslevel stetig an.
Dieses System ist ein Bestandteil der aus RPGs (Role-Playing-Games) bekann-
ten Spielmechanismen. Xbox-Live sowie das PSN haben verschiedene Umset-
zungen eines solchen Systems implementiert.
Der Nutzen der Erfolge in Spielen liegt darin, dass sich ein Spieler über seine
Erfolge und die Erfolge anderer Spieler informieren kann. Dies wiederum gibt
Aufschluss darüber, wie intensiv und wie erfolgreich sich ein Spieler mit wel-
chem Spiel auseinandergesetzt hat. Diese Spielerfolge können die Spieler unte-
reinander vergleichen und sich beim Erreichen der Erfolge Tipps und Hilfestel-
lungen geben. Somit ergeben sich aus diesen Informationen Kommunikationsge-
legenheiten. Des Weiteren stellen diese Erfolge auch einen Anreiz für Spieler
dar, das jeweilige Spiel über das Ende der Story hinaus weiterzuspielen.
Ein weiterer positiver Effekt, ist, dass die Erfolge in Spielen an den jeweiligen
Nickname eines Spielers gebunden sind und nicht auf einen anderen Nutzerna-
men übertragen werden können. Hierdurch entsteht eine stärkere Bindung des
Spielers an seinen Nickname, was die Vertrauensproblematik, die durch die Er-
möglichung von persönlichen Identitäten entstanden ist (siehe Kapitel 6.3.1.1),
entschärft.
62
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Statistiken
Unter diesem Punkt werden vom System automatisch Statistiken zu den vom
Spieler gespielten Spielen veröffentlicht. Diese Statistiken geben Aufschluss
darüber, wie gut der jeweilige Spieler ein Spiel beherrscht.
63
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Durch diese Funktion können die Spieler ihren oftmals vorhandenen sportlichen
Ehrgeiz ausleben und anhand der Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3) Spieler mit
einem ähnlichen spielerischen Können finden.
• Clans
Unter diesem Punkt werden automatisch die Clans aufgelistet, in denen der je-
weilige Nutzer Mitglied ist.
Durch diese Angabe können sich zunächst andere Teilnehmer über die Clans in-
formieren, zu denen ein Mitglied gehört und auch über ein bestimmtes Mitglied
Kontakt zu einem Clan aufnehmen. Über diese Liste können Besucher auch auf
die Profilseite eines Clans gelangen. Die hier veröffentlichten Angaben sind
ebenfalls Bestandteil der Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3).
64
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Gruppen
Wie auch bei der Angabe der Clans werden die Gruppen, in denen ein Spieler
Mitglied ist, automatisch vom System eingetragen.
• Kurzbeschreibungen
Durch die im Text enthaltenen Informationen und auch durch die Art und Weise,
wie der Text formuliert ist, können andere Spieler sich ein Bild vom Inhaber der
jeweiligen Profilseite machen. Diese Möglichkeit der freien Angabe von Infor-
mationen stellt eine Umsetzung der in Kapitel 6.3.1.3 diskutierten Bildungspo-
tenziale dar.
Die Inhalte der Kurzbeschreibungen können über die Suchfunktion (siehe Kapi-
tel 7.6.3) gefunden werden.
7.3.3.2 Clan-ID-Card
Die Inhalte dieser Form von ID-Card überschneiden sich teilweise mit denen einer Nut-
zer-ID-Card, sie dient jedoch der Präsentation eines Clans und nicht eines einzelnen
Nutzers und weist daher Besonderheiten auf. Die Informationen zu einem spezifischen
Mitglied des Clans können Besucher über die Profilseite dieses Mitglieds in Erfahrung
bringen. Über die hier dargestellten Informationen ist es darüber hinaus für andere Teil-
nehmer möglich, sich über den Clan zu informieren und diesen über die Suchfunktion
(siehe Kapitel 7.6.3) zu finden.
65
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Clanname
Ähnlich dem Nickname eines Nutzers wird für jeden Clan ein spezifischer Name
registriert, über den jener eindeutig identifiziert werden kann. Beim Clannamen
handelt es sich um einen ausgewählten Namen, der nicht mehrfach genutzt wer-
den kann und vom System prominent auf der ID-Card platziert wird.
Durch diesen Namen können Clans nicht verwechselt sowie ein bestimmter Clan
jederzeit gefunden werden.
• Kommentar
Dieser Bestandteil der ID-Card ermöglicht es dem Clan, einen Kommentar ab-
zugeben. Dieser Kommentar sollte in seiner Länge, wie auch der Kommentar ei-
nes einzelnen Spielers, auf circa 40 Zeichen begrenzt sein. Bei der Markierung
eines Clannamens wird jener in einem kleinen Popup zum Namen angezeigt.
Durch diesen Kommentar kann ein Clan ein Statement platzieren und mit den
anderen Teilnehmern des Netzwerks kommunizieren.
• Gründer
Der Gründer eines jeden Clans steht Besuchern der ID-Card als Kontaktperson
für Fragen zur Verfügung. Die Angabe des Gründers sollte aber durch die Mitg-
lieder des Clans entschieden werden dürfen.
Wird kein Gründer angegeben, können Anfragen auch im Gästebuch (siehe Ka-
pitel 7.4.4) getätigt werden.
• Mitglieder
Unter diesem Punkt werden vom System automatisch die zugelassenen Mitglie-
der eines Clans aufgeführt.
Durch diese Angabe ist es jedem anderen Nutzer möglich, sich über die Anzahl
der Clanmitglieder und deren Namen zu informieren. Darüber hinaus gelangen
die Besucher über einen Klick auf einen Mitgliedsnamen zu dessen ID-Card, auf
der weitere Informationen zugänglich sind.
66
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Statusanzeige
Die Statusanzeige eines Clans wird automatisch vom System angezeigt. Sie
funktioniert so wie die Statusanzeige der Nutzer-ID-Card, zeigt jedoch nicht die
momentanen Aktivitäten der einzelnen Mitglieder, sondern des Clans an. Nur
wenn mehrere Mitglieder des Clans als Gruppe aktiv sind, wird in diesem Feld
die Aktivität der Gruppe angezeigt. Ist ein Betrachten von zum Beispiel einem
Spiel möglich, können sich Besucher über einen Klick sofort in das Spiel als
Spectator21 einloggen. Geht der Clan im Moment keiner Aktivität nach, wird
hier die vergangene Zeit seit der letzten Aktivität angezeigt.
Durch diese Angabe können sich die Besucher Informationen über die aktuellen
Tätigkeiten eines Clans verschaffen. Darüber hinaus bekommen sie durch diese
Anzeige einen Einblick in den Grad der Aktivität des jeweiligen Clans.
• Herkunftsländer
Hierdurch können andere Mitglieder über die Suchfunktion einen Clan mit einer
bestimmten Nationalität finden.
• Durchschnittsalter
Statt jedem einzelnen Geburtstag eines Mitglieds wird hier das Durchschnittsal-
ter aller Clanmembers automatisch vom System angezeigt. Die Altersangaben
der jeweiligen Mitglieder können auf deren Nutzer-ID-Cards in Erfahrung ge-
bracht werden.
Durch die Angabe des Durchschnittsalters können andere Spieler über die Such-
funktion einen Clan suchen, dessen Mitglieder ein bestimmtes durchschnittliches
Alter aufweisen.
21
Spectator sind Spieler, die einer Spielrunde lediglich als Zuschauer beitreten. Diese haben lediglich die
Möglichkeit sich das Spiel anzugucken, können aber nicht in das Geschehen eingreifen.
67
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Gründungstag
Unter diesem Punkt wird vom System automatisch der Gründungstag des Clans
angegeben.
Die Einbindung des Gründungstages ermöglicht anderen Spielern, sich über das
Alter eines Clans zu informieren. Jenes lässt Rückschlüsse auf dessen Etablie-
rungsgrad zu und kann sich positiv auf das Vertrauen, das einem Clan entgegen
gebracht wird, auswirken.
• Gespielte Spiele
Die Angabe der gespielten Spiele ermöglicht es anderen Teilnehmern oder auch
anderen Clans, einen Clan für das gemeinsame Spiel zu finden.
• Statistiken
Unter diesem Punkt werden vom System automatisch Statistiken des jeweiligen
Clans veröffentlicht. Ähnlich wie die Statistiken eines einzelnen Spielers zeigen
diese das Verhältnis von Siegen zu Niederlagen und andere Werte an. So wie
über die Nutzer-ID-Card einzelne Spieler miteinander verglichen werden kön-
nen, müssen sich auch Clans miteinander vergleichen können. Des Weiteren
sollte es zu jedem von einem Clan gespielten Spielmodus in jedem Spiel eine
Highscoreliste geben, auf der sich die Spielerteams wiederfinden können.
Durch die Angabe der Statistiken ist es einem anderen Clan oder anderen einzel-
nen Spielern möglich, einen Mitspieler mit einem bestimmten Können zu finden.
Darüber hinaus können sich Spieler anhand der Statistiken entscheiden, wel-
chem Clan sie beitreten möchten.
68
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Kurzbeschreibungen
In der Kurzbeschreibung eines Clans kann dieser sich kurz vorstellen. Wie bei
der ID-Card eines einzelnen Spielers kann dies durch einen eigenständig formu-
lierten Text geschehen.
Durch die im Text enthaltenen Informationen und auch durch die Art und Weise
der Textformulierung können sich andere Spieler einen Eindruck über den je-
weiligen Clan verschaffen. Darüber hinaus können durch diese Angabe Bil-
dungsanreize entstehen (siehe Kapitel 6.3.1.3).
7.3.3.3 Gruppen-ID-Card
Die auf der Gruppen-ID-Card präsentierten Informationen ähneln denen der Clan-ID-
Card, sind aber im Umfang geringer. Der Grund hierfür ist, dass davon ausgegangen
werden kann, dass ein Clan einen stärkeren Gemeinschaftscharakter aufweist als eine
Gruppe. Darüber hinaus sind bei einem Clan vielseitigere Informationen notwendig, um
eine effektive Suche innerhalb der Clans gewährleisten zu können.
Die Gruppen-ID-Card dient der Präsentation einer Gruppe und nicht der einzelnen
Gruppenmitglieder. Spezifische Nutzerinformationen können über die persönlichen ID-
Cards in Erfahrung gebracht werden. Die Gruppen-ID-Card muss primär gewährleisten,
dass eine Gruppe in der Weise präsentiert wird, dass sie über die Suchfunktion (siehe
Kapitel 7.6.3) gefunden werden kann.
• Gruppenname
Unter diesem Punkt ist der eindeutige Gruppenname aufgeführt, den der Gründer
der Gruppe bei der Registrierung bestimmt hat.
Durch diesen Namen sind alle Gruppen voneinander unterscheidbar und eindeu-
tig auffindbar. Des Weiteren werden durch Gruppennamen in der Regel die zu
erwartenden Themen kommuniziert.
• Kommentar
Der Kommentar kann vom Gründer der Gruppe manuell eingetragen werden und
ist, wie auch bei den anderen ID-Cards, in seiner Zeichenlänge limitiert und wird
beim Markieren des Gruppennamens in einem Popup angezeigt.
69
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Durch den Kommentar kann die Gruppe ein kurzes Statement kommunizieren,
das den Gruppennamen ergänzt.
• Mitglieder
Im Feld „Mitglieder“ werden alle Mitglieder der Gruppe automatisch vom Sys-
tem eingetragen.
• Gründer
Wie bei einem Clan sollte auch der Gründer einer Gruppe angezeigt werden.
Mit dem Anführer der Gruppe haben Besucher eine Ansprechperson für Fragen
und sonstige Belange im Hinblick auf die Gruppe. Wird die Anzeige des Grün-
ders deaktiviert, können Anfragen über die Kommunikationsstruktur einer
Gruppe kommuniziert werden.
• Gesprochene Sprachen
Die in einer Gruppe gesprochenen Sprachen werden automatisch anhand der In-
formationen aus den ID-Cards der Mitglieder eingetragen.
• Kurzbeschreibungen
• Tags
Die Angabe von Tags ist lediglich auf den ID-Cards der Gruppen möglich. Die
anderen Formate der Cards benötigen keine Tags, da sie über die Charakterisie-
rungsfunktion (siehe Kapitel 7.3.1) und die angegebenen Spiele auffindbar wer-
70
7. Konzepte für ein Gamernetwork
den. Da innerhalb der Gruppen jedoch jedes Thema denkbar ist, sollten diese
durch Tags besser durchsuchbar und erforschbar gemacht werden.
In dem Feld „Tags“ muss jeder Gruppe bei ihrer Gründung ein Haupttag zu-
geordnet werden. Die Wahl besteht hier zwischen den Tags „Spiele“, „Diskussi-
on“, „Offtopic“, „Support“ und „Feedback“. Durch die zwingende Vergabe des
Haupttags wird eine grundlegende Übersichtlichkeit im Gruppensystem erreicht.
Diese ermöglicht den Nutzern eine grundsätzliche Orientierung bei der Suche
nach einer Gruppe.
Der Haupttag „Spiele“ ist für Gruppen gedacht, die einen starken Bezug zu Spie-
len haben. Unter „Debatten“ können Gruppen verschlagwortet werden, die sich
durch ihre Diskursivität auszeichnen. Dieser Tag dient vor allem Gruppen, die
sich zum Beispiel kritisch mit der Spielerkultur und deren Ansehen in der Öf-
fentlichkeit auseinandersetzen. Der Haupttag „Offtopic“ dient der Markierung
von Gruppen, die sich nicht mit Spielen beschäftigen, sondern Themen der Le-
benswelt ihrer Mitglieder aufgreifen. Unter „Support“ können Gruppierungen
eingeordnet werden, die sich mit technischen Fragen und Problemen beschäfti-
gen. Der letzte Tag „Feedback“ bietet die Möglichkeit, Gruppen einzuordnen,
die sich besonders mit dem Spielernetzwerk selber auseinandersetzen.
Durch die Beschaffenheit der Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3), ist die Angabe
eines Haupttags während der Suche nicht zwingend; vielmehr stellt diese Aus-
wahl eine mögliche Orientierung dar.
Die Visualisierung der Tags sollte in einer Tagcloud realisiert werden. Der je-
weilige Haupttag muss in dieser hervorgehoben werden. Je nachdem, wie oft ein
bestimmtes Schlagwort des Typs „Beschreibungstags“ vergeben wurde, wird
dieses relativ zu der Vergabe anderer Tags hervorgehoben.
7.3.3.4 Match/Turnier-ID-Card
Da ein Match/Turnier eine andere Art der Gruppenbildung ist als ein Clan oder eine
Gruppe, ähneln die Elemente der Match/Turnier-ID-Card zwar denen der anderen ID-
Cards, weisen jedoch auch spezielle Elemente auf.
71
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Spezifische Nutzerinformationen können auch von dieser Card aus auf der ID-Card der
jeweiligen Nutzer erreicht werden. Die Turnier-ID-Card muss vor allem gewährleisten,
dass das spezifische Turnier von den Mitgliedern des Netzwerks gefunden werden kann.
• Turniername
Beim Namen des Turniers handelt es sich um eine eindeutige Bezeichnung, die
gewährleistet, dass alle Turniere voneinander unterschieden werden können. Der
Name wird bei der Erstellung des Wettkampfes angegeben und dann automa-
tisch vom System in die jeweilige ID-Card eingetragen.
Durch den Turniernamen ist es möglich, dass alle Mitglieder des Netzwerks ge-
zielt nach dem Namen suchen können.
• Kommentar
An dieser Stelle kann, wie bei der Gruppen- und Clan-Profilseite, ein kurzer
Kommentar angegeben werden.
Dieser Kommentar wird beim Markieren der Gruppe, zum Beispiel in der Such-
funktion, eingeblendet.
• Kurzbeschreibungen
Hierdurch kann das Turnier von seinem Gründer oder auch von den anderen
Teilnehmern individuell beschrieben werden.
• Austragungszeitpunkt- zeitraum
Der Zeitpunkt des Turniers wird bei dessen Anmeldung angegeben. Die unge-
fähre Dauer wird anhand der Anzahl der Teilnehmer und der gespielten Spiele
und Spielmodi errechnet. Beide Angaben werden dann automatisch vom System
in die ID-Card eingetragen.
Diese beiden Angaben ermöglichen es, ein Turnier, das zu einem bestimmten
Zeitpunkt startet, über die Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3) zu finden. Darüber
hinaus kann die Suche nach Turnieren durch die Angabe der ungefähren Dauer
eingeschränkt werden.
72
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Austragungsort
Unter diesem Punkt kann angegeben werden, wo das Turnier stattfinden kann.
Zur Auswahl stehen hier zunächst „Online“ und „Offline“. Wird „Offline“ aus-
gewählt, kann der jeweilige Nutzer einen Austragungsort angeben. Durch diese
Möglichkeit wird über die Turniere ein Treffen außerhalb des virtuellen Raums
unterstützt.
• Maximale Teilnehmeranzahl
Bei der Erstellung eines neuen Turniers kann der jeweilige Gründer eine maxi-
male Teilnehmerzahl angeben oder sich dafür entscheiden, die Zahl der Teil-
nehmer nicht zu beschränken. Der ausgewählte Wert wird in die ID-Card auto-
matisch vom System eingetragen.
• Teilnehmer
Die Liste der Teilnehmer wird automatisch nach den Anmeldungen der Teil-
nehmer des Turniers erstellt.
Über diese Liste können sich die Teilnehmer einerseits einen Überblick darüber
verschaffen, wer alles an dem Turnier teilnimmt. Darüber hinaus können die Be-
sucher der ID-Card über einen Klick auf den Namen eines Spielers auf die per-
sönliche Profilseite des Mitglieds gelangen und sich so weitere Informationen
verschaffen.
• Gründer
Wie auch bei der Clan- und Gruppen-ID-Card wird unter diesem Punkt automa-
tisch der Gründer des Turniers angezeigt.
Über diese Angabe haben Besucher und Teilnehmer eines Turniers die Möglich-
keit, einen Ansprechpartner über Informationen zum jeweiligen Turnier zu erhal-
ten und Fragen zu stellen.
• Gesprochene Sprachen
Unter dem Punkt „gesprochene Sprachen“ werden vom System automatisch die
von den Nutzern in ihren Profilen als gesprochene Sprachen angegeben Informa-
tionen integriert.
73
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Hierdurch können sich Teilnehmer sowie Besucher des Turniers darüber infor-
mieren, in welchen Sprachen die Kommunikation während des Turniers ablau-
fen wird. Dies ermöglicht eine Suche speziell nach Turnieren oder Matches, in
denen bestimmte Sprachen gesprochen werden.
• Gespielte Spiele
Diese Angabe stellt eine Liste dar, die die Spiele aufführt, die innerhalb eines
Turniers gespielt werden. Wie auch bei der Clan-ID-Card muss dieser Punkt, je
nach den Einstellungen innerhalb der Nutzerverwaltung des Turniers, vom
Gründer oder anderen Teilnehmern ausgefüllt werden.
Durch die Angabe der Spiele wird sichergestellt, dass Netzwerk-Mitglieder über
die Suchfunktion (siehe Kapitel 7.6.3) Turniere finden, in denen das Spiel bezie-
hungsweise die Spiele gespielt werden, die sie wünschen.
• Statistiken
Dieser Punkt ist ein sehr wichtiger Bestandteil einer Turnier-ID-Card. Hier wird
automatisch der aktuelle Stand des Turniers eingetragen. Dies geschieht in einer
Baumstruktur, die die Paarungen und Ergebnisse der Spielrunden darstellt. Dar-
über hinaus werden auch detailliertere Statistiken über die einzelnen Begegnun-
gen angezeigt.
Durch die Statistiken zu einem Turnier können sich die Teilnehmer und Besu-
cher über den aktuellen Stand des Turniers und die Leistungen der Spieler in-
formieren.
• Spielablaufplan
Der Spielablaufplan ist das Herzstück eines Turniers. Hier werden die anstehen-
den Spielpaarungen in einer Baumstruktur dargestellt.
7.4 Kommunikationsstruktur
Wie in Kapitel 6.4 diskutiert, dient vor allem die Kommunikationsstruktur als Basis für
die Konfrontation der Spieler mit Unbekanntem, wodurch vielfältige Bildungspotenzia-
le entstehen können.
74
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Das Wichtigste bei der Umsetzung dieser Struktur ist, dass den Nutzern eine Vielzahl
von Kommunikationsmitteln zur Verfügung gestellt wird, wodurch deren Interaktions-
möglichkeiten gesteigert werden und die Pluralität von Meinungen und somit auch von
Bildungsanreizen begünstigt wird.
7.4.1 Blogs
Die Verbindung „einer an viele“ kann durch ein Blogsystem umgesetzt werden. Das
eingesetzte System muss zunächst die Aufbereitung von Daten in RSS-Feeds ermögli-
chen. Hierdurch werden die Informationen eines Blogs auch außerhalb des Spielernetz-
werks lesbar (siehe Kapitel 2.2.2).
Auch zum Kommentieren von Postings müssen die Spieler befähigt werden. Über diese
Funktion heben sich Blogs von den Homepages des frühen WWWs ab. Sie ermöglicht
eine Partizipation der Blogleser und kann einen Anreiz bieten, mehr über den Kommen-
tator erfahren zu wollen (vgl. Marotzki 2008b, S.180). Hierdurch wird die Vernetzung
unter den Netzwerkmitgliedern unterstützt.
Die vielseitige Datenstruktur (siehe Kapitel 7.1.3) des Netzwerks bildet eine gute Basis
für die Blogs. Dies ist als positiv anzusehen, da festgestellt werden kann, dass Blogpos-
tings zwar in den meisten Fällen aus Text bestehen, aber das Einbinden von Fotos
und/oder Videos immer weitere Verbreitung erfährt (vgl. Nardi 2004, S.222).
22
Trackbacks und Pingbacks unterstützen die Vernetzung und Diskussionen innerhalb der Blogosphere.
Wenn ein Blogger einen Beitrag in einem fremden Blog liest und auf diesen Bezug nehmen möchte, kann
er mit der Trackback-Funktion den Verfasser des für ihn interessanten Artikels darüber benachrichtigen,
dass er etwas zu seinem Blogposting geschrieben hat. Die Benachrichtigung erfolgt in einem automatisch
generierten Kommentar zu dem Artikel. Beim Gebrauch des Trackbacks muss bei der Verfassung des
Postings oder beim Editieren eines fertiggestellten Beitrages die gewünschte Trackback-URL angegeben
werden (vgl. Panke 2006, S.1). Pingbacks haben im Grunde genau die gleiche Funktion wie Trackbacks.
Bei der Verwendung von Pingbacks ist es allerdings nicht nötig, die Trackback-URL anzugeben. Die
Pingback-Funktion benachrichtigt automatisch alle im Posting verlinkten Websites.
75
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Eine weitere wichtige Funktion ist die sogenannte Blogroll. Sie ist eigentlich ein Be-
standteil der Netzwerkstruktur, soll jedoch aufgrund ihrer Einbindung in Blogsysteme in
diesem Kapitel erläutert werden. In Blogrolls können vom Blogger als interessant ange-
sehene Blogs eingetragen werden. Dieses so entstehende Linkverzeichnis gibt dem Le-
ser darüber Informationen, welche Blogs vom jeweiligen Autor gelesen und verfolgt
werden (vgl. Möller 2005, S.129). Die Blogroll kann durch die mit ihrer Nutzung ein-
hergehende Vermittlung von sozialer Anerkennung auch die Verbundenheit unter Nut-
zern auszudrücken (vgl. Pointblog.com 2005, S.8). Durch die soziale Anerkennung sig-
nalisiert ein Nutzer einem anderen Blogger, dass er seinen Blog für qualitativ hochwer-
tig erachtet und ihn wertschätzt (vgl. Panke 2006, S.1, Avram 2006, S.3). Hierdurch
stellt die Blogroll eine „Freundesfreunde“-Technologie dar, da sie die Besucher eines
Blogs über die für den Blogger wichtigen anderen Blogs informiert (vgl. Marotzki
2008b, S.181). Durch diese Eigenschaft der Blogroll kann sie Bildungsanreize begüns-
tigen, die denen des FOAF-Systems sehr ähnlich sind (siehe Kapitel 6.6.1).
Blogs müssen Bestandteil jeder Profilseite sein. Hierdurch erhält der Besitzer bezie-
hungsweise die Besitzer der jeweiligen Seite die Möglichkeit, sich an seine/ihre Besu-
cher zu wenden und mit ihnen zu kommunizieren. Durch die Datenstruktur (siehe Kapi-
tel 7.1.3) und die Möglichkeit von RSS-Feeds und Trackbacks/Pingbacks können die
User darüber hinaus ebenfalls an der globalen Blogosphere partizipieren. Auch die Be-
sucher eines Blogs erhalten, sofern der jeweilige Besitzer dies zulässt (siehe Kapitel
7.5.4), die Möglichkeit der inhaltlichen Kommunikation in Form von Kommentaren.
7.4.2 Messaging
Die Messaging-Funktion setzt den Verbindungstyp „einer an einen“ um. Sie kann mit
dem Schreiben von Emails verglichen werden. Ein Nutzer kann Adressaten auswählen
und diesen dann eine Nachricht schicken. Auch diese Kommunikationstechnologie
muss die Vielseitigkeit der Datenstruktur berücksichtigen und das Versenden von Text,
Bilddateien, Audiodateien und Videos erlauben. Hierdurch wird die Kommunikation
unter den Teilnehmern begünstigt.
Die Messaging-Funktion gehört zu den essentiellen Funktionen, die über einen Shortcut
aufrufbar sein müssen. Dies erlaubt den Spielern, während des Spielens möglichst
schnell und unkompliziert mit anderen Nutzern zu kommunizieren.
76
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.4.3 Chats
Durch Chats kann innerhalb eines Netzwerks der spontane, aber auch geplante Aus-
tausch von Meinungen und Ansichten gefördert werden. Darüber stellen sie ein Kom-
munikationssystem dar, das auch während des Spielens genutzt werden kann.
Aus diesem Grund müssen Chats ein fester Bestandteil aller Profilseiten sein. Dies be-
deutet, dass auf jeder Profilseite eines Nutzers, Clans, einer Gruppe oder einer
Match/Turnier-Profilseite ein Chat zugänglich ist. Besucht ein Spieler eine Profilseite,
kann er sehen, ob sich andere Mitglieder in dem Chat befinden und spontan in jenen
einsteigen. Darüber hinaus muss es den Usern möglich sein über einen Shortcut einen
Chat mit ausgewählten Teilnehmern zu eröffnen. Hierdurch der Chat parallel zum Spie-
len eingesetzt werden.
7.4.4 Gästebücher
Ein Eintrag in einem Gästebuch wird an den jeweiligen Inhaber gerichtet, kann aber
auch von Anderen wahrgenommen werden. Darüber hinaus kann festgestellt werden,
dass Gästebücher häufig auch als eine Art Hauptforum genutzt werden, in dem die Ein-
träge nicht zum eigentlichen Thema des jeweiligen virtuellen Ortes passen müssen. Ein
Beispiel hierfür ist die Gruppe „Kaioo Verbesserungsvorschläge“23 des Online-
Netzwerks kaioo24. So können Gästebücher als Kommunikationsmittel mit sehr hetero-
genen Themen angesehen werden.
Ein Gästebuch muss auf jeder Profilseite zugänglich sein, um den Besuchern der Seite
die Möglichkeit zu geben, sich an den Inhaber zu wenden und dies gleichzeitig auch an
andere Besucher zu kommunizieren.
7.4.5 Foren
Foren können als das Herzstück der Kommunikation von „vielen zu vielen“ angesehen
werden. Sie dienen schon seit den Online-Communitys des frühen WWWs als Orte für
Diskussionen und den Austausch von Meinungen. Der Kommunikation von „vielen zu
vielen“ kommt in einem Spielernetzwerk eine besondere Bedeutung zu. Durch diesen
Kommunikationstyp wird eine Vergemeinschaftung der Spieler in hohem Maße mög-
23
http://www.supporter.deutsch.kaioo.com/toro/resource/html?locale=de&token=group.97
(Stand:27.07.2008)
24
http://www.kaioo.de (Stand: 27.07.2008)
77
7. Konzepte für ein Gamernetwork
lich (vgl. Jörissen 2007, S.191). Diese kann als eine gute Basis für ein gemeinsames
Spielen und das Finden von Mitspielern angesehen werden kann. Um die Nutzbarkeit
der Foren sicher zu stellen, ist es wichtig, dass Funktionen wie das „Sticky-Topic“25 in
dem System implementiert werden.
Aus den zuvor geschilderten Gründen müssen Foren in die Profilseiten von Clans,
Gruppen und Matches/Turnieren integriert werden. Darüber hinaus können durch die
Verwaltungsfunktion für Spielergruppierungen (siehe Kapitel 7.5.4.2) Foren auch zu
Orten werden, innerhalb deren sich Spieler im ausgewählten Kreis koordinieren und
organisieren können.
7.5.1 Zugang
Der Zugang zu einem Spielernetzwerk sollte grundsätzlich uneingeschränkt sein, damit
möglichst viele Nutzer dem Netzwerk beitreten können. Bei der Registrierung des Nut-
zers wird eine persönliche Identität in Form eines frei wählbaren Nicknames angemel-
det. Diese Form der Identität gestaltet den Charakter des Netzwerks unverbindlich, was
Vor- und Nachteile für Bildungsanreize beziehungsweise das Vertrauen innerhalb des
Netzwerks bedeutet (siehe Kapitel 6.3.1.1). Um der Vertrauensproblematik entgegen zu
wirken, darf eine Namensänderung in dem Netzwerk nicht einfach möglich sein, son-
dern nur in Extremfällen wie einer persönlichen Diskriminierung gestattet werden.
25
Durch diese Funktion können einzelne Postings innerhalb eines Threads markiert werden, wodurch
jene immer als erstes innerhalb des Threads angezeigt werden.
78
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Sinnvoll wäre es, wenn die Spieler jeden Beitrag mit Hilfe der Begriffe bewerten könn-
ten, die bei der Charakterisierungsfunktion für die Kommunikation der Spieler (siehe
Abbildung 3) zur Verfügung stehen. Allerdings könnte bei einem solchen Einsatz der
Charakterisierungsfunktion kein Schutz vor Missbrauch (siehe Kapitel 7.3.1.2) umge-
setzt werden. Aus diesem Grund ist eine derartige Umsetzung der Systeme nicht mög-
lich.
Daher bietet es sich an, das Sanktions- und Gratifikationssystem über eine einzelne Ska-
la zu realisieren, die den Spielern die Möglichkeit gibt, die einzelnen Beiträge zu bewer-
ten. Ein ähnliches System ist innerhalb der Community von Gametrailers26 für die Be-
wertung von Videos zu finden. Die Skala innerhalb des hier entwickelten Konzeptes
muss den Spielern die Möglichkeit geben, jeden Beitrag von „sehr gut“ bis „sehr
schlecht“ bewerten zu können. Die Bewertung erfolgt hierbei stufenlos wie bei der Cha-
rakterisierungsfunktion (siehe Kapitel 7.3.1). Darüber hinaus muss bei jedem Beitrag
auch ein „Melde-Button“, wie er auf der Videosharing-Community youtube27 eingesetzt
wird, zugänglich sein. Durch diesen Button wird das Sanktionssystem vollzogen.
Die Bewertungen und Sanktionen, die zu den Beiträgen eines Nutzers von Anderen ab-
gegeben wurden, bilden einen Input für das in Kapitel 7.3.2 vorgestellte Avatarsystem.
7.5.3 Freundessystem
Das Freundessystem muss die in Kapitel 6.5.1 angestellten Überlegungen umsetzen.
Dies bedeutet, dass es unterschiedliche Beziehungsgrade aufweisen muss, innerhalb
derer das Eingehen von starken Beziehungen von den involvierten Spielern bestätigt
werden muss und trotzdem das Kontaktmanagement mit Fremden ermöglicht wird.
26
http://www.gametrailers.com (Stand: 24.07.2008)
27
http://www.youtube.com (Stand: 24.07.2008)
79
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Spielbegegnungen
Durch die Auflistung der Spielbegegnungen, wie es sie auch im PSN oder bei
Xbox Live gibt, erhält der Spieler eine Übersicht über die letzten Spieler, mit
denen er zusammen gespielt hat. Hierdurch gehen die Nicknames der Spielbe-
gegnungen und damit die Möglichkeit einer Kontaktaufnahme nicht verloren.
Diese Kontakt-Kategorie beinhaltet keine Wertung der Mitspieler. Die Liste
wird automatisch nach jeder Spielrunde um die neuen Spielbegegnungen er-
gänzt.
• Spielpartner
Die Kategorie „Spielpartner“ enthält eine Liste der Spieler, mit denen ein Nutzer
Kontakt aufgenommen hat. Die Kontaktaufnahme kann zum Beispiel die Einla-
dung zu einem gemeinsamen Spiel oder auch eine Nachricht sein. Diese Katego-
rie ist sehr wichtig für das Kontaktmanagement. Durch sie erhält der Nutzer die
Möglichkeit, ein anderes Mitglied, welches er aufgrund dessen ID-Card als ei-
nen passenden Mitspieler vermutet, zunächst einmal zu kontaktieren. Mit dieser
Kontaktaufnahme geht aber keine bindende Freundschaftserklärung einher, wo-
durch die Tentativität der Spieler gesteigert werden kann.
• Freunde
Stellt sich der Spielpartner als ein passender Mitspieler heraus, so kann das
Mitglied diesen als einen Freund markieren. Hierdurch offenbart es dem anderen
seine soziale Anerkennung und geht mit ihm eine starke Verbindung ein. Das
Hinzufügen eines anderen Teilnehmers in die Kategorie „Freund“ setzt ein ge-
genseitiges Einverständnis voraus. So können beide Partner entscheiden, ob sie
dem jeweils Anderen die gleiche soziale Anerkennung zukommen lassen wollen
und mit einer Freundschaft einverstanden sind.
80
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Familie
Die Kategorie „Familie“ dient dazu, Freunde und sehr gute Freunde unterschei-
den zu können. In diese Kategorie können Spieler eingeladen werden, die als be-
sonders nahe stehend angesehen werden. Wie auch die Freundeseinladungen
müssen auch die Einladungen in den Kreis der „Familie“ mit einem gegenseiti-
gen Einverständnis besiegelt werden.
Die Visualisierung des Freundessystems erfolgt über ein FOAF-System, das innerhalb
der Netzwerkstruktur vorgestellt werden soll (siehe Kapitel 7.6.1).
7.5.4 Verwaltungsfunktionen
In Kapitel 6.5.2 wurden die vielseitigen Bildungsanreize diskutiert, die durch ausdiffe-
renzierte Verwaltungsfunktionen ermöglicht werden können. Um diesem Ziel gerecht
zu werden, sollen im Folgenden spezielle Verwaltungsfunktionen für die Profilseite von
Spielergruppierungen und einzelnen Spielern vorgestellt werden.
81
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Zunächst erhält der Nutzer die Möglichkeit, die Zugangsregeln für die einzelnen Ele-
mente einer Spielergruppierung festzulegen. Die Festlegung dieser Regeln funktioniert
für jedes Element auf die gleiche Weise. Durch eine Dropdown-Auswahl kann eine
Nutzerkategorie ausgewählt werden. Wird zum Beispiel das Forum für „Externe“ ge-
öffnet, so wird es gleichzeitig auch für alle spezielleren Nutzergruppen (Nicht-
Mitglieder, Spielbegegnungen und so weiter) geöffnet. Diese Vererbung von Rechten
von links nach rechts innerhalb der Nutzergruppen erleichtert die Nutzbarkeit und wird
in der gesamten Funktion angewandt.
Die Auswahl „Abstimmung“ beim Punkt „neues Mitglied/Teilnehmer“ sorgt dafür, dass
die Anfrage eines neuen Mitglieds, das innerhalb der Gruppierung aktiv werden möchte,
von allen anderen Mitgliedern abgestimmt werden muss. Für eine erfolgreiche Abstim-
82
7. Konzepte für ein Gamernetwork
mung ist es sinnvoll, dass mindestens die Hälfte der Mitglieder abstimmen muss, von
denen wiederum die Mehrheit zustimmt.
Im zweiten Teil der Funktion werden die Rechte der verschiedenen Nutzergruppen in-
nerhalb der inhaltlichen, strukturellen und organisatorischen Partizipation einstellbar.
Durch die Einstellungen unter „Lesen“ kann reguliert werden, welche Nutzerkreise wel-
che Informationen lesen, hören oder ansehen dürfen. Postings, Threads, Foren, Blogein-
träge und –postings können innerhalb einer Gruppierung einem von drei Leveln zu-
geordnet werden. Für die vergebenen Level können dann die erlaubten Rezipienten aus-
gewählt werden. Dies ermöglicht die Schaffung von privaten Orten, wie sie in Kapitel
6.5.2 dargestellt wurden.
Der Punkt „Rollenverteilung“ bietet die Möglichkeit, einzustellen, wie oder von wem
den Mitgliedern einer Gruppierung Rollen wie „Administrator“ oder „Moderator“ ver-
geben werden.
• Diktatur
Durch die Einstellung „Diktatur“ erhalten die Mitglieder einer Gruppe lediglich
das Recht auf inhaltliche Partizipation. Allein dem Gründer der Gruppe kommen
Möglichkeiten der strukturellen und organisatorischen Veränderung zu.
• Demokratie
83
7. Konzepte für ein Gamernetwork
• Anarchie
• Benutzerdefiniert
Durch diese Funktion werden die zuvor angestellten Überlegungen zur soziografischen
Struktur innerhalb von Spielergruppierungen (siehe 6.5.2.2) umgesetzt. Die Nutzer er-
halten somit die Möglichkeit, den Grad der Veröffentlichung und der Mitbestimmung
innerhalb der Gruppierungen einzustellen.
84
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Ähnlich der soziografischen Struktur von Spielergruppierungen muss jeder Spieler auch
für seine eigene Profilseite Einstellungen vornehmen können, um so den Zugriff auf
seine Informationen zu regulieren. Zunächst erhält der Spieler die Möglichkeit, den Zu-
gang zu den Elementen ID-Card, Gästebuch, Blog und Chat allgemein zu regeln. Hierzu
steht ihm die Auswahl eines Beziehungsgrades zur Verfügung. Aktiviert ein Nutzer zum
Beispiel seinen Blog und stellt den Zugang auf „Spielpartner“, so erhalten diese, die
Freunde und die Familie Zugriff auf den Blog. Externen, also Menschen, die keine
Mitglieder des Netzwerks sind, fremden Mitgliedern des Netzwerks und Spielern, die
der Nutzer nur zufällig getroffen hat, wird der Zugang zum Blog verweigert.
Im zweiten Abschnitt der Verwaltungsfunktion erhält der jeweilige Nutzer die Möglich-
keit, den Zugang zu Informationen anhand von drei Leveln, wie bei der Verwaltungs-
funktion für Gruppierungen, einzustellen. Darüber hinaus kann der das Schreiben von
Gästebucheinträgen und Blogkommentaren allen oder nur ausgewählten Personenkrei-
sen erlauben.
Auch diese Funktion muss für alle Spieler nutzbar sein und daher vordefinierte Templa-
tes anbieten, die die Nutzung vereinfachen. Hier bieten sich folgende Einstellungen an:
Durch diese Einstellung wird nur Nutzern mit dem Status „Familie“ und „Freun-
de“ der Zugriff auf die gesamte Nutzer-Profilseite und alle ihre Elemente er-
laubt.
• Nur Netzwerk
• Komplett offen
Diese Auswahl öffnet die Seite für alle Menschen. Dies bedeutet, dass auf sie
global zugegriffen werden kann.
Durch diese Verwaltungsfunktion werden die Überlegungen zur Steuerung der Veröf-
fentlichung von Informationen in Kapitel 6.5.2.1 umgesetzt und somit die diskutierten
Bildungspotenziale ermöglicht.
85
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.6 Netzwerkstruktur
Die Netzwerkstruktur dient vor allem der Vernetzung und dem Finden von Mitgliedern
mit ähnlichen oder gleichen Interessen und Eigenschaften. Wie in Kapitel 6.6 festges-
tellt werden konnte, liefert diese Struktur dabei keine Inhalte, sondern arbeitet die Inhal-
te anderer Strukturen auf. Um die diskutierte Basis für die Bildungspotenziale bereitzus-
tellen, sollen im Folgenden vier Konzepte vorgestellt werden.
7.6.1 Friend-of-a-Friend-System
Im Folgenden soll die Umsetzung eines FOAF-Systems erfolgen, das inspiriert durch
Soziogramme und die bei facebook28 nutzbare Applikation „Friendwheel“ entstanden ist
und ein verbessertes Kontaktmanagement sowie eine ausdifferenziertere Aufwertung
von weak ties zulässt.
28
http://www.facebook.com (Stand: 26.07.2008)
86
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Diese Grafik zeigt nun den Zustand des Systems, wenn ein Spieler (in der Grafik „BE-
SUCHER“) das Freundessystem von „Nutzer A“ besucht.
Zunächst ist festzustellen, dass der Besucher eine direkte Verbindung zu „Nutzer A“
aufweist. Dies wird durch die Verbindungen am oberen Rand visualisiert. Würde keine
direkte Verbindung bestehen, würden zwischen „BESUCHER“ und „Nutzer A“ die
Kontakte angezeigt werden, über die sie Freundesfreunde sind.
Des Weiteren ist dem System zu entnehmen, dass „BESUCHER“ ein Mitglied der „Fa-
milie“ von „Nutzer A“ ist und Verbindungen zu anderen Kontakten von „Nutzer A“
aufweist. Diese werden durch die verbindenden Linien angezeigt. Diese Verbindungen
zeigen an, dass „Nutzer A“ „Nutzer D“ als Spielpartner hat, „Nutzer C“ sein Freund und
„Nutzer B“ ein Mitglied seiner „Familie“ ist. Hierdurch wird deutlich, dass „Nutzer A“
und „BESUCHER“ sich gegenseitig als „Familie“ eingeordnet haben und darüber hi-
naus einen gemeinsamen Freund und zwei gemeinsame Kontakte mit unterschiedlichen
Beziehungsgraden aufweisen.
Eine weitere Möglichkeit ist das Aktivieren von bestimmten Verbindungen zwischen
zwei Nutzern. Die rote Verbindung innerhalb der Grafik zeigt eine aktivierte Verbin-
dung an. Hierdurch werden, wie rechts in der Grafik zu sehen ist, Informationen über
die gemeinsamen Aktivitäten der Spieler angezeigt.
Den Nutzern des Systems ist es möglich, jeden Kontakt innerhalb des Systems zu mar-
kieren. Hierdurch werden immer die jeweiligen Verbindungen, die dieser Kontakt in-
nerhalb der Anzeige aufweist (mindestens die zum Inhaber des jeweiligen Systems),
87
7. Konzepte für ein Gamernetwork
angezeigt. Diese angezeigten Verbindungen können wiederum markiert werden, was die
Anzeige von Informationen der gemeinsamen Aktivitäten dieser markierten Kontakte
zur Folge hat.
Durch diese Funktionen werden Daten aus der soziografischen Struktur (Beziehungs-
grade) mit Daten aus dem Präsentationssystem (ID-Card) verknüpft und aufbereitet.
Hierdurch entsteht ein ausdifferenziertes FOAF-System. Die Netzwerkmitglieder erhal-
ten nicht nur eine Liste ihrer Freundesfreunde, sondern können sich auch Informationen
über die Beziehungsgrade verschaffen, die ihr jeweiliger Kontakt zu anderen Spielern
aufweist. Hierdurch werden die Verbindungen zu Freunden und Freundesfreunden qua-
litativ erfassbar. Diese qualitative Registrierung wird durch das Anzeigen von gemein-
samen Aktivitäten verstärkt.
Eine weitere Funktion, die das System bietet, ist, dass der jeweilige Nutzer einen der
angezeigten Kontakte zum Mittelpunkt der dargestellten Verbindungen machen kann.
Dies erlaubt den Usern, spielerisch von Kontakt zu Kontakt zu wandern und jeweils die
Beziehungen der Kontakte zu erforschen. Theoretisch ist es hierdurch möglich ausge-
hend vom eigenen FOAF-System alle Mitglieder des Netzwerks zu erforschen.
7.6.2 Neighboursystem
Bereits in Kapitel 6.6.2 wurden die Funktionsweise und die möglichen Bildungsanreize,
die durch ein Neighboursystem entstehen können, diskutiert.
Aus diesen Überlegungen folgt, dass ein solches System in einem sozialen Spielernetz-
werk Anwendung finden muss. Besonders die Angaben innerhalb der unterschiedlichen
ID-Cards (siehe Kapitel 7.3.3) bieten sich für eine Verwendung dieser Funktion an.
Hierdurch wird es den Nutzern zum Beispiel sehr einfach gemacht, Mitspieler zu fin-
den, mit denen ein gemeinsames Spielen möglich ist. Der jeweilige Nutzer muss ledig-
lich auf den Namen eines Spiels in seiner ID-Card (siehe Kapitel 7.3.3.1) klicken und er
erhält eine Liste mit Spielern, die das angeklickte Spiel ebenfalls besitzen. Die Liste der
Spieler wird dem Nutzer innerhalb der Suchfunktion angezeigt, wodurch Neighbour-
und Suchfunktion eng miteinander verbunden sind. Die Auswahl eines „Neighbour-
Begriffs“ innerhalb des Netzwerks kommt dem Aussuchen dieses Begriffs innerhalb der
Suchfunktion gleich.
88
7. Konzepte für ein Gamernetwork
Auch die Implementierung des Freundesgruppen-Prinzips muss auf den Profilseiten der
einzelnen Nutzer erfolgen, um die in Kapitel 6.6.2 diskutierte Basis für Bildungspoten-
ziale zu ermöglichen.
7.6.3 Suchfunktion
In diesem Abschnitt soll ein Konzept für eine Suchfunktion vorgestellt werden, das die
in Kapitel 6.6.3 diskutierten Ansprüche erfüllt. Dieses Konzept soll es den Spielern vor
allem möglich machen, die anderen Netzwerkmitglieder und Spielergruppierungen spie-
lerisch zu erkunden. Darüber hinaus muss auch die gezielte Suche nach Inhalten
und/oder Eigenschaften durchführbar gemacht werden. Dass eine Suchfunktion für das
Auffinden bestimmter Informationen eine stark genutzte Möglichkeit ist, bestätigt unter
anderem Nielsen: „Our usability studies show that more than half of all users are search-
dominant, about a fifth of the users are link-dominant, and the rest exhibit mixed beha-
vior“ (Nielsen 1997).
Die Suchfunktion stellt im Grunde die Verbindung einer Volltext- und einer Tag-Suche
dar. Um dies zu ermöglichen, besteht die Suchfunktion aus vier Bereichen: Zielgebiet,
Textsuche, Tagcloud und Ergebnisfeld. Im Folgenden sollen diese näher erläutert wer-
den.
7.6.3.1 Zielgebiet
In dem Feld „Zielgebiet“ hat der Nutzer die Möglichkeit, die Orte, in denen seine Suche
durchgeführt werden soll, einzuschränken. Hierzu dienen die Auswahlgebiete: „Grup-
pen“, „Clans“, „Matches/Turniere“ und „Nutzer“. Wählt der Spieler eines dieser Gebie-
te aus, werden im Ergebnisfeld nur noch die verschiedenen Orte des Zielgebiets ange-
zeigt.
7.6.3.2 Textsuche
Das Feld „Textsuche“ dient dazu, einen Suchbegriff einzugeben. Hierdurch kann gezielt
nach Begriffen innerhalb des ausgewählten Zielbereichs gesucht werden. Wird ein Be-
griff gesucht, so passt sich die Tagcloud automatisch an die Suchergebnisse an. Dies
heißt, dass nur noch Tags in der Tagcloud angezeigt werden, die mit den Orten, an de-
nen der Suchbegriff gefunden wurde, in Verbindung stehen.
89
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.6.3.3 Tagcloud
Die Tagcloud ist die Übersicht über alle verwendeten Tags. Die Visualisierung ähnelt
der von Blogs und Folksonomy-Diensten bekannten Aufmachung der Tagclouds. Alle
Tags werden angezeigt und unterscheiden sich je nachdem, wie oft sie verwendet wur-
den, in ihrer Darstellung. Oft verwendete Tags werden größer und in einer anderen Far-
be dargestellt. Um den Nutzern eine explorative Suche nach Spielergruppierungen oder
einzelnen Spielern zu ermöglichen, werden die verschiedenen Begriffe der Charakteri-
sierungsfunktion und Informationen der ID-Cards ebenfalls in der Tagcloud visualisiert.
Dem Nutzer ist es innerhalb der Tagcloud möglich, verschiedene Tags nacheinander
auszuwählen. Durch diese Zusammenstellung von Tags werden die Ergebnisse der Su-
che immer weiter eingeschränkt und die Ausgabe im Ergebnisfenster dementsprechend
angepasst. Somit kommt der Nutzer seinem Ziel mit jedem ausgesuchten Tag näher.
Dem Nutzer werden, zum Beispiel bei der Suche nach einem Mitspieler, zunächst alle
Nutzer des Netzwerks präsentiert. Durch die Auswahl verschiedener Tags kann er sich
dann Schritt für Schritt einem Suchergebnis nähern, welches am ehesten seinen Erwar-
tungen entspricht.
Die im Tagpfad angezeigten Tags sind Links zu den vorangegangenen Stationen. Das
bedeutet, wenn ein User an einer bestimmten Stelle doch lieber einen anderen Weg aus-
gewählt hätte, kann er ganz einfach die gewünschte Station im Tagpfad auswählen. Tut
er dies, werden alle Stationen, die schon besucht wurden, jedoch hinter der aktuell aus-
gewählten Station liegen, in einer anderen Farbe dargestellt. Diese markierten Tags sind
für den User so lange wieder auswählbar, bis er in seiner aktuellen Position einen neuen
Tag auswählt, das heißt einen anderen Weg einschlägt. Ist dies der Fall, so baut sich der
Tagpfad von dieser Stelle an neu auf.
Darüber hinaus befindet sich an jedem einzelnen Tag im Pfad ein Icon, das es ermög-
licht, einzelne Tags aus dem Pfad zu löschen und so die Suchergebnisse zu beeinflus-
sen.
90
7. Konzepte für ein Gamernetwork
7.6.3.4 Ergebnisfeld
Im Ergebnisfeld werden die vom Nutzer erzielten Resultate angezeigt. Hat der Nutzer
zum Beispiel drei Tags ausgewählt, dann werden in diesem Feld nur noch die Ergebnis-
se angezeigt, die mit den drei Tags verschlagwortet wurden. Ist unter den ausgewählten
Tags einer der Übersichttags, beeinflusst dieser Tag die Möglichkeiten bei der Betrach-
tung der Suchergebnisse. Gruppen können alphabetisch, nach der letzten Änderung,
nach ihrer Größe oder nach dem Gründungsdatum sortiert werden. Bei Auswahl des
Tags „Spieler“ können die Ergebnisse alphabetisch, nach dem Alter, nach der letzten
Aktivität oder nach dem Datum des Beginns der Mitgliedschaft sortiert werden. Mat-
ches/Tuniere können alphabetisch, nach ihrem Austragungszeitpunkt, nach ihrer Länge
oder nach ihrer Mitgliedergröße angezeigt werden. Bei der Anzahl der Mitglieder muss
dargestellt werden, wie viele Plätze verfügbar sind und wie viele von diesen Plätzen
bereits vergeben sind (zum Beispiel: „6/10“). Die Suchergebnisse nach Clans können
alphabetisch, nach der Größe, nach der letzten Aktivität oder nach dem Durchschnittsal-
ter der Mitglieder angezeigt werden.
Die aus der Suche, durch die Auswahl von Tags, resultierenden Ergebnisse können im
Ergebnisfeld vom User durchgesehen werden. Hierbei ist es wichtig, dass die Funktion
zum Durchblättern der Ergebnisse nicht nur ein Zugreifen auf die Seitenzahlen ermög-
licht, sondern dass statt der Seitenzahlen sinnvolle Unterteilungen der Ergebnisse auf
die Seiten der Suchergebnisse getroffen werden. Zum Beispiel müssen bei der alphabe-
tischen Auflistung von Ergebnissen zum Durchblättern statt Seitenzahlen Bereiche wie
„a-b“, c-d“ angewählt werden können. Auch bei den anderen Sortiermöglichkeiten müs-
sen ebenso sinnvolle Bereiche ausgewählt werden können.
91
8. Fazit
8. Fazit
Unter der Annahme, dass die primären Motivationen von Online-Spielern das Spielen
und das Finden von Mitspielern sind, konnte durch die in dieser Abschlussarbeit ent-
worfenen Konzepte deutlich gemacht werden, dass ein soziales Spieler-Netzwerk
grundsätzlich eine ideale Basis für die Erfüllung dieser Motivationen darstellt.
In der Diskussion und Ausarbeitung der einzelnen Konzepte wurde deutlich, dass die
Vernetzung von Spielern und das Finden von Mitspielern nur über das Zusammenspiel
von Strukturen eines Netzwerks möglich sind.
Durch die Zusammenfassung der durch die hier entwickelten Konzepte erschlossenen
Möglichkeiten wird deutlich, dass die Motivationen von Spielern in einem Gamernet-
work optimal erfüllt werden können.
Das zweite Ziel, dass mit der Entwicklung der Konzepte erreicht werden sollte, ist die
möglichst umfangreiche Erschließung von Bildungspotenzialen. Bei diesem Ziel war
von Beginn an klar, dass Bildungsprozesse nicht erzwungen, sondern nur begünstigt
werden können.
92
8. Fazit
Darüber hinaus hat sich in der Diskussion zu den Konzepten gezeigt, dass auch die Er-
möglichung von Bildungsanreizen das Zusammenwirken verschiedener struktureller
Eigenschaften eines Spielernetzwerks voraussetzt. Hier sind besonders das Zusammen-
spiel der Kommunikations- und Partizipationsstruktur hervorzuheben. Diese beiden
Strukturen ermöglichen es den Nutzern, Orte zu erschaffen (freies Gruppensystem) und
diese durch die Kommunikationsmöglichkeiten (speziell der Foren) zu „kleinen Com-
munities“ mit individuellen Kulturen und sozialen Ritualen zu entwickeln. Hierdurch
kann innerhalb des Netzwerks eine Heterogenität an Orten mit individuellen Weltan-
sichten und Meinungen entstehen. In der Konfrontation und dem tentativen Umgang mit
diesen kulturellen Räumen können die umfangreichsten Bildungspotenziale innerhalb
eines Netzwerks vermutet werden.
93
Abbildungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 - Nutzung von Nicknames nach Bechar-Israeli mit Beispielen von
Thiedeke 2000, S.26 ....................................................................................................... 29
Abbildung 4 - Spieler-Statistiken des Spiels " Battlefield Bad Company" .................... 63
Abbildung 5 - Spieler-Statistiken des Spiels " Burnout Paradise " ................................ 64
94
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Danksagung
Danksagung
Hiermit danke ich Prof. Marotzki und besonders Dr. Jörissen für ihre tatkräftige Unters-
tützung und die exzellente Betreuung während der Ausarbeitung dieser Abschlussarbeit.
Darüber hinaus möchte ich mich herzlich bei Pflaume für ihr Durchhaltevermögen und
ihre Lesebereitschaft bedanken.
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Eidesstattliche Erklärung
Eidesstattliche Erklärung
Ich erkläre hiermit an Eides statt, dass ich die vorliegende Arbeit selbständig und ohne
unerlaubte fremde Hilfe angefertigt, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel
nicht benutzt habe. Die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen Stellen
sind als solche kenntlich gemacht.
Die Arbeit wurde bisher in gleicher oder ähnlicher Form keinem anderen Prüfungsamt
vorgelegt und auch nicht veröffentlicht.
Ort, Datum
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