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Bestimmen unsere Gefühle unser Bewusstsein? Ist der Mensch zu rationalem und vernünftigem Handeln nur fähig, wenn er fühlt? Und wenn ja, welche Rolle spielen dann bewusste Prozesse, und wie werden sie im Gehirn umgesetzt? Der Portugiese Antonio Rosa Damasio, Professor für Neurologie und Psychologie an der University of Southern California, gilt weltweit als Koryphäe auf diesem Gebiet. Sein hochkomplexes Theoriegebäude liefert, evolutionstheoretisch begründet, plausible Erklärungen: Handfeste Befunde zeigen, dass emotionale Reaktionen des Organismus entscheidenden Einfluss auf unsere Verstandesstrategien ausüben. Eine Trennung von Körper und Geist gibt es demnach nicht. Vielmehr schließen wir bei jeder Entscheidung auf der Grundlage vorheriger Erfahrungen alle emotional nicht akzeptablen Varianten aus. Allerdings bleibt auch Damasios Theorie nicht ohne Kritik. Nadine Schumann beleuchtet Damasios Standpunkt aus philosophischer Perspektive und referiert Kritikpunkte. Nur im interdisziplinären Diskurs, so Schumann, werden Philosophen, Neurowissenschaftler und Evolutionsbiologen zu einer Synthese gelangen.
Nadine Schumann
Gefühl und Rationalität. Eine philosophische Untersuchung zur Theorie Antonio Damasios
© Tectum Verlag Marburg, 2010
ISBN 978-3-8288-5654-7
Bildnachweis Cover: Gestaltung Gabi Schluttig
(Dieser Titel ist zugleich als gedrucktes Buch unter der ISBN 978-3-8288-2238-2 im Tectum Verlag erschienen.)
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Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
I.1. Begriffsklärung
I.1.1. Organismus
I.1.2. Homöostase
I.1.3. Emotion
I.2. Die eigentlichen Emotionen (the emotions-proper)
I.2.1. Hintergrundemotionen (background emotions)
I.2.2. Die primären Emotionen (primary emotions)
I.2.3. Soziale Emotionen (social emotions)
I.2.4. Sekundäre Emotionen (secondary emotions)
I.3. Mechanismen der Emotion
I.3.1. Damasios Arbeitshypothese in Form einer Definition
I.3.2. Die Hirnmechanismen der Emotion
I.4. Diskussion
II. 1. Gefühle
II.1.1. Definition
II.1.2. biologische Voraussetzungen
II.1.3. Gefühl – feeling an emotion
II.1.4. Der Empfindungsprozess (process of feeling)
II.1.5. Die Spielarten des Gefühls(varieties of feeling)
II.1.6. Hintergrundgefühle (background feelings)
II.2. Organismus und Objektrepräsentation
II.2.1. Organismus-Objekt-Relation
II.2.2. Notwendigkeit für ein neuronales Muster zweiter Ordnung
II.2.3. Vorstellung
II.2.4. Repräsentation
II.3. Damasios Konzept von Bewusstsein
II.3.1. Was ist Bewusstsein?
II.3.2. Kernbewusstsein (core consciousness)
II.3.3. Erweitertes Bewusstsein (extended consciousness)
II.4. Auf der Suche nach dem Selbst
II.4.1. Stabilität als Notwendigkeit
II.4.2. Proto-Selbst (proto-self)
II.4.3. Kern-Selbst (core self)
II.4.4. Autobiographisches Selbst
II.4.5. Autobiographisches Selbst, Identität und Personalität
II.5. Denken und Entscheiden – Theorie der somatischen Marker
II.6. Gefühle fühlen (feeling feelings)
II.7. Zwischenresümee
III.1. Offene Fragen/Kritikpunkte
III.2. Von der Emotion zum menschlichen Gefühl
III.2.1. Phylogenetische Aspekte der Evolution
III.2.2. Ontogenetische Aspekte der Evolution
III.3. Kritik neurowissenschaftlicher Konzepte
III.4. Ontologischer Monismus und methodologischer Aspektdualismus
III.4.1. Begriffsklärung
III.4.2. Identitätstheorie
III.4.3. Einwände gegen die Identitätstheorie
III.4.4. Beobachterperspektive
III.4.5. Die Perspektive der ersten Person
Antonio R. Damasio ist einer der populärsten Neurobiologen unserer Zeit, der nicht nur neurophysiologische Daten gesammelt, sondern auch eine umfangreiche Theorie zu Emotion, Gefühl und Bewusstsein entwickelt hat. Dabei liegt folgende Grundthese zugrunde: Emotionen und Gefühle verhindern nicht die Arbeit der Vernunft, sie sind ein integraler Bestandteil der Verstandesmechanismen. Eine wirksame Anwendung von ‚Verstandesstrategien‘ hängt im Wesentlichen davon ab, Emotionen empfinden zu können. Rationalität kann sowohl durch zu starke als auch durch fehlende Emotionalität gestört sein. Die Theorie von Damasio besitzt durch zahlreiche Studien von Fallbeispielen und die Fülle an neurophysiologischen Daten ein sehr hohes Erklärungspotential. Das systematisch, neurophysiologisch und evolutionsbiologisch eingebettete Theoriegebäude kann die an sich starke Grundthese gut begründen. Leider gibt es wenige Kritiken zu Damasios Theorie, was meinen Einordnungsversuch in die aktuelle philosophische Diskussion erschwert. Dazu kommen einige begriffliche Schwierigkeiten, welche hauptsächlich aus den unterschiedlichen Herangehensweisen (z. B. in Bezug auf Begriffe wie Emotion und Bewusstsein) von Neurowissenschaften und Philosophie resultieren.
Kapitel I und II beinhalten die Darstellung der Theorie Damasios. Im ersten Kapitel werde ich die Grundzüge des Emotionskonzeptes bezüglich des Organismus herausarbeiten. Im zweiten Kapitel sollen Damasios Hypothesen zu Gefühl, Bewusstsein und Selbst dargestellt werden, wobei die Betrachtung der Organismus-Objekt-Relation und die Theorie der somatischen Marker besondere Beachtung erfährt.
Kapitel III beschäftigt sich hauptsächlich mit der kritischen Auseinandersetzung und der Einordnung der Theorie Damasios. Dabei werde ich anfangs einige Kritikpunkte und offene Fragen besprechen. Da Damasios Konzept in die Evolutionstheorie eingebettet ist, werde ich kurz die Grundzüge der Evolution beleuchten und sowohl auf phylogenetische als auch ontogenetische Aspekte eingehen, um so seine Argumentation zu prüfen.
Im Allgemeinen wird Neurowissenschaftlern der Vorwurf gemacht, Begriffe leichtfertig zu verwenden, und damit falsche Schlüsse zu ziehen. In diesem Sinne werde ich die Kritik neurowissenschaftlicher Theorien hervorheben und für einen transdisziplinären Ansatz plädieren. Die Einbeziehung neurowissenschaftlicher Untersuchungen scheint für die Philosophie des Geistes unabkömmlich. Damasio vertritt eine monistische Position, wobei er eine Erklärung mentaler Zustände und Ereignisse aus neurophysiologischer Perspektive für prinzipiell möglicherachtet. Aus diesem Grund halte ich eine Auseinandersetzung mit der Identitätstheorie für angebracht, und ich werde die Vorzüge und Einwände, welche im Rahmen der zeitgenössischen Philosophie des Geistes im Bezug auf die Identität mentaler und physischer Zustände hervorgebracht wurden, kurz besprechen. Abschließend möchte ich auf den methodologischen Aspektdualismus eingehen, um eventuelle Grenzen der Erforschung von Emotion, Gefühl und Bewusstsein aufzuzeigen.
I. Organismus und Emotion
I.1. Begriffsklärung
Der Ausdruck Organismus ist seit dem 18.Jh. überall gebräuchlich und geht in seinen Ursprüngen auf Aristoteles und die Vorsokratik zurück. Der Begriff wird im Allgemeinen für Systeme gebraucht, die als ganzheitlich, hierarchisch gegliedert und zielgerichtet gekennzeichnet werden sollen.¹ Nicht nur Biologie und Medizin, sondern auch zahlreiche andere Wissenschaften beschäftigen sich mit Organismen, sei es im Bezug auf Lebewesen, Universum oder Gesellschaft. Antagonistisch zum Organismus wird üblicherweise der Mechanismus gesetzt, der sich als stabiles System (im absoluten Sinne) darstellt. Organismen hingegen zeichnen sich dadurch aus, dass sie, im Labilen verweilend (relative Stabilität), ständig nach einer Aufrechterhaltung von Stabilität streben. Obwohl die Begriffe Organismus und Mechanismus im Gegensatz zu stehen scheinen, soll eine theoretische Betrachtung von Organismen nur in der vereinten Darstellung von ,kausalen‘ Mechanismen und organisch-teleologischen Prozessen sinnvoll sein. Dass biologische Systeme grundsätzlich teleologisch sind, ist zwar eine weit verbreitete Annahme, allerdings ist diese nicht unumstritten.²
Mit dem 20. Jh. setzt sich eine Definition von lebenden Organismen durch, die maßgeblich auf Ludwig von Bertalanffy zurückgeht. Er bestimmt einen lebenden Organismus als ein in hierarchischer Ordnung organisiertes System einer großen Anzahl verschiedener Teile³. Es handelt sich um ein offenes System, welches sich aufgrund seiner Systembedingungen im Wechsel der Bestandteile erhält, was nur durch den Bezug auf das Ganze möglich ist. In der allgemeinen Systemtheorie entwickelt Bertalanffy die Idee des Fliessgleichgewichtes, welches einem lebenden Organismus gestatten soll sich selbst zu organisieren und zu regulieren (homöostatisches Fließgleichgewicht).⁴
Die Homöostase ist auch für Damasio das grundlegende strukturierende Prinzip zur Selbsterhaltung eines lebenden Organismus (nähere Erläuterungen in Kap.I.1.2.). Damasio definiert einen Organismus über die Körpergrenze, er unterscheidet zwischen Innenwelt, dem internen Zustand innerhalb der Körpergrenze, und Außenwelt (extern). Im Kampf ums Überleben steht der Erhalt bzw. die Stabilisierung interner Zustände im Vordergrund.
The specifications for survival that I am describing here include: a boundary; an internal structure; a dispositional arrangement for the regulation of internal states that subsumes a mandate to maintain life; a narrow range of variability of internal states so that those states are relatively stable.⁵
Da ein Organismus als offenes System organisiert ist, steht dieser ständig mit der Umwelt in Kontakt. Einflüsse dieser Art zwingen den Organismus zu permanenter Regulation interner Zustände. Je komplexer Organismen und Umwelten sind, desto höher werden die Anforderungen an die notwendige Regulierung von Lebensprozessen. Dabei ist die Homöostase das grundlegende Funktionsprinzip lebender Organismen.
Homöostase⁶ (griech. μoιoστάση – Gleich-Stand) bezeichnet die Gesamtheit der koordinierten und weitgehend automatischen physiologischen Reaktionen, die erforderlich sind, um in einem lebenden Organismus stabile innere Zustände hervorzurufen. Ziel dieser Funktion ist die Aufrechterhaltung eines inneren Gleichgewichts, welches eine relative Stabilität des organismischen Systems bedeutet. Emotionen werden von Damasio als Teil der automatischen und grundlegenden Mechanismen zur Steuerung des organismischen Lebens begriffen. Dabei treten sie in eine Reihe mehrerer verwandter Reaktionen, die ebenfalls an der Regulation und Sicherung des Überlebens eines Organismus (z. B. Immunsystem) beteiligt sind. Alle lebenden Organismen, von der Amöbe bis zum Menschen, besitzen Mechanismen der Homöostase. Grundprobleme wie z. B. die Suche nach Energiequellen, Aufrechterhaltung des inneren chemischen Gleichgewichts etc., werden gelöst, ohne auf Denkprozesse angewiesen zu sein. Um die Ebenen automatischer homöostatischer Steuerung (vom Einfachen zum Komplexen) zu veranschaulichen, gebraucht Damasio das Baummodell (s. Abb.1⁷).⁸
Auf den niedrigsten Zweigen werden Stoffwechselprozesse, Grundreflexe und Immunsystem angesiedelt. Zum Stoffwechsel gehören Prozesse, die mit Hilfe von chemischen und mechanischen Komponenten (z. B. endokrine/hormonale Sekretion, digestive Muskelkontraktion) das Gleichgewicht des inneren chemischen Milieus aufrecht erhalten. Grundreflexe wie die Schreckreaktion- oder Tropismen oder Taxes zur Vermeidung von extremer Hitze oder Kälte tragen zur Stabilisierung des inneren Milieus bei. Das Immunsystem dient der Stabilisierung insofern, als dass es als ,erste Verteidigungslinie‘ des Organismus einer Bedrohung von außen oder innen entgegenwirkt.
Den mittleren Zweigen werden Verhaltensweisen zugeordnet, die mit dem Konzept von Lust (Belohnung) und Unlust (Schmerz und Bestrafung) verknüpft sind. Für Damasio gehören Annäherungs- oder Vermeidungsverhalten des gesamten Organismus in Reaktion auf ein spezifisches Objekt oder eine bestimmte Situation zu einer hochinteressanten Gruppe von Mechanismen. Das Empfinden von Schmerz oder Lust ist allerdings nicht die Ursache des Schmerz- oder Lustverhaltens und keineswegs notwendige Voraussetzung für das Auftreten typischer Verhaltensweisen. Selbst sehr einfache Lebewesen führen diese Verhaltensweisen aus, ohne dass ein ,Fühlen‘ als wahrscheinlich angesehen werden könnte.
Auf der nächsthöheren Ebene siedelt Damasio Triebe und Motivationen an, welche beispielsweise Hunger, Durst, Neugier und Erkundungsdrang, Spiel und Sexualität umfassen. Die eigentlichen Emotionen werden auf der oberen Ebene angesiedelt, Damasio beschreibt sie als „the crown jewel of automated life regulation: emotions in the narrow sense of the term – from joy and sorrow and fear, to pride and shame and sympathy".⁹ Die obersten Spitzen und Triebe des ,Baumes‘ sind die Gefühle, und nicht die Emotionen, welche im nächsten Kapitel besprochen werden sollen.¹⁰
Die homöostatischen Mechanismen sind weitgehend genetisch determiniert, und es kann davon ausgegangen werden, dass sie von Geburt (eigentlich von Befruchtung) an aktiv sind. Sie steuern kontinuierlich die Lebensvorgänge in jeder Zelle des Organismus.¹¹ Damasio benennt eine einfache Vorkehrung, die bei dieser Steuerung behilflich sein soll: Die Registrierung einer Veränderung im Organismus, die gleichzeitig ein entsprechendes Verhalten des Organismus nach sich zieht. Voraussetzung für diese Vorkehrung ist erstens, dass sich etwas intern (z. B. chemisches Milieu) und extern in der Umwelt des Organismus ändert, und zweitens, dass diese Modifikationen in der Lage sind, das Leben des Organismus selbst zu verändern. Durch die Registrierung der Veränderungen und die Verhaltensreaktion des Organismus wird eine möglichstvorteilhafte Situation für die Selbsterhaltung und für ein optimales Funktionieren angestrebt. Damasio behauptet, dass alle Reaktionen nach dieser Maßgabe funktionieren.¹²
Abb. 1: Ebenen homöostatischer Steuerung, vom Einfachen zum Komplexen
Für alle regulativen Reaktionen der Homöostase, von der niedrigsten bis zur höchsten Ebene, gilt das Prinzip der Verschachtelung (nesting principle). Einfache Reaktionen sind als Teilelemente in komplexere Reaktionen eingebunden. So sind die Mechanismen aller niedrigeren Ebenen – Reflexe, Immunantworten, Stoffwechselsteuerung, Schmerz- und Lustverhalten, Antriebe – teilweise in den Mechanismen der höheren Ebenen enthalten.¹³ Damasio betont, dass z. B. die Emotionen keinen neu entwickelten Prozess darstellen, sondern durch das Zusammenspiel einfacher Regulationsmechanismen dem selben übergeordneten Ziel, dem Überleben, dienen. Die Darstellung der Prozesse im Baummodell ist bewusst gewählt, das Prinzip der Verschachtelung kann miteinbezogen werden, indem alle Ebenen in wechselseitiger Kommunikation miteinander stehen.
Unter dem Begriff der Emotion (lat.: ex „heraus", motio „Bewegung, Erregung") wird im Allgemeinen eine Gemütsbewegung, eine seelische Erregung, ein Gefühlszustand, ein Affekt verstanden. Wie schon allein die Anzahl der Beschreibungen erkennen lässt, handelt es sich um ein sehr komplexes Geschehen. Emotionstheorien sind vor allem in der Psychologie zu finden, spielen aber auch in zahlreichen anderen Wissenschaften eine große Rolle (Philosophie, Biologie, Soziologie, Verhaltensforschung, Neurologie u.a.).
In der Philosophie wird meist vom Affekt gesprochen. Die ersten Elemente einer Philosophie der Affekte finden sich bereits bei den Vorsokratikern. Später rückt Aristoteles die psychologische Erforschung der Affekte als erster in den Vordergrund. Dabei wird allerdings noch ein strenger Leib-Seele-Dualismus verfolgt. Affekte sind Bewegungen der Seele, die von Lust und Schmerz begleitet sind (Begierde, Zorn, Furcht, Mut, Neid, Freude, Freundschaft, Hass, Sehnsucht, Eifersucht, Erbarmen).¹⁴ Die Untersuchung von Affekten zieht sich durch die gesamte Philosophiegeschichte bis hin zur Gegenwart.
Üblicherweise beinhaltet der Begriff der Emotion auch den des Gefühls. Aus erkenntnistheoretischen, methodischen und evolutionstheoretischen Gründen unterscheidet Damasio zwischen Emotion und Gefühl. Er versucht damit den Prozess der Gefühlsentstehung näher zu beleuchten (s. Kap.II.). In einer kurzen Beschreibung werden Emotionen als Akte oder Bewegungen definiert, die größtenteils öffentlich und sichtbar für andere sind. Sie schlagen sich in Stimme, Gesicht und in bestimmten Verhaltensweisen nieder.¹⁵ Dabei ist zu betonen, dass nicht alle Bestandteile des emotionales Prozesses sichtbar sind, einige lassen sich nur durch wissenschaftliche Hilfsmittel nachweisen (z. B. Hormontests, MRT, Hautwiderstandsmessung, etc.). Im Gegensatz dazu bleiben Gefühle im Verborgenen, sie sind nur ihrem Besitzer zugänglich. Emotionen bzw. die Verhaltensweisen oder Ausdrucksformen, die eine Emotion ausmachen, sind also beobachtbar und stehen somit einer objektiven Untersuchung zur Verfügung.
Obwohl Damasio anerkennt, dass eine Klassifikation von Emotionen unangemessen ist, unterteilt er die eigentlichen Emotionen in unterschiedliche Klassen: Hintergrundemotionen, primäre Emotionen, soziale und sekundäre Emotionen.¹⁶ Allerdings sind die Grenzen zwischen den Kategorien durchlässig, die Unterscheidung erscheint dem Autor zur Erklärung und Beschreibung vorteilhaft.
Hintergrundemotionen sind nach Damasio von äußerster Wichtigkeit. Sie unterscheiden sich von Stimmungen, welche man als Fortdauer einer Emotion über einen längeren Zeitraum (Stunden oder Tage), oder auch als eine häufig wiederkehrende Emotion beschreiben kann. Hintergrundemotionen sind, so Damasio, die Konsequenz bestimmter Kombinationen von einfacheren regulativen Funktionen (homöostatische Prozesse), die ineinander verschachtelt sind (s.o.). „Background emotions are composite expressions of those regulatory actions as they unfold and intersect moment by moment in our lives."¹⁷ Sie bleiben unvorhersagbar und sind das Ergebnis mehrerer gleichzeitig ablaufender Regulationsprozesse. Hintergundemotionen sind beobachtbar, sie schlagen sich in Körperhaltung (angespannt, entspannt), Mimik und Gestik, und in der Prosodie (Sprachmelodie) nieder, und drücken Wohlbefinden oder Unbehagen aus.¹⁸
Primäre Emotionen umfassen auffällige Emotionen wie Furcht, Wut, Ekel, Überraschung, Traurigkeit und Glück. Die genaue Anzahl schwankt je nach Autor.¹⁹ Damasio beschreibt die primären Emotionen als ,frühe‘ Emotionen, sie bilden den Grundapparat emotionaler Verhaltensweisen.²⁰ In seiner weiterführenden Definition orientiert er sich an William James, er beschreibt die primären Emotionen (Furcht, Wut, Ekel, Überraschung, Traurigkeit und Glück) als angeborene, präorganisierte, Jamessche Emotionen. Bestimmte Reizmerkmale der Furcht (bedrohliche Reize wie Größe,
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