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Öl im Getriebe: Basiswissen für Führungskräfte
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Ebook292 pages3 hours

Öl im Getriebe: Basiswissen für Führungskräfte

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About this ebook

»Öl im Getriebe« möchte Führungskräften in der Arbeitswelt dabei helfen, ihren Führungsstil zu verbessern und ihre Mitarbeiter zu motivieren. Das Buch fasst langjähriges Praxiswissen thematisch zusammen, gibt konkrete Ratschläge für den Arbeitsalltag und veranschaulicht sie anhand zahlreicher Beispiele.
LanguageDeutsch
Release dateMar 23, 2016
ISBN9783741255151
Öl im Getriebe: Basiswissen für Führungskräfte
Author

Christina Neth

Christina Neth, Übersetzerin mit Zusatzausbildung im Multimediabereich, war bereits in verschiedenen mittelständischen Unternehmen in Deutschland im Marketing tätig. Den englischen Klassiker "Norden und Süden" von Elizabeth Gaskell übersetzte sie in Eigenregie. Ihr erstes selbst verfasstes Buch ist der Ratgeber "Öl im Getriebe – Basiswissen für Führungskräfte". Die Kurzgeschichte "One Way to Bangkok" (auf Deutsch erschienen unter dem Titel "Bangkok - nur Hinflug") war ihre erste Veröffentlichung im Bereich Belletristik.

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    Book preview

    Öl im Getriebe - Christina Neth

    Schlusswort

    1 Einleitung

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    dieses Buch möchte all jenen, die Personalverantwortung tragen, dabei helfen, eine gute Vorgesetzte oder ein guter Vorgesetzter zu sein. Laut meiner Definition sind Sie das dann, wenn Ihre Mitarbeiter gerne für Sie arbeiten, wenn alle mit den Leistungen Ihrer Untergebenen zufrieden sind und wenn Sie sich selbst mit Ihrer Führungsposition identifizieren und sie gern wahrnehmen.

    Hier finden Sie Basiswissen aus der Praxis. Dies wird Ihnen besonders dann fehlen, wenn Sie zu Ihrer Führungsposition gekommen sind »wie die Jungfrau zum Kinde«. Allzu oft geschieht es, dass eine Abteilung in einem kleinen Unternehmen eine Größe erreicht, die einen Abteilungsleiter nötig macht, und einer der Mitarbeiter einfach von der Geschäftsleitung dazu ernannt wird. Oder ein Selbstständiger hat mit seiner Firma solchen Erfolg, dass er Mitarbeiter einstellt. Nun steht er plötzlich vor der Frage: Wie gehe ich mit den Menschen um, die meiner Führung anvertraut sind?

    Da Zeit und Geld knapp sind, besuchen die Neulinge meist keine Seminare, um mit ihrer ungewohnten Aufgabe klarzukommen. Statt dessen werden sie ins kalte Wasser geworfen und versuchen krampfhaft, nicht unterzugehen. So kommt es, dass der Führungsstil des Betreffenden in vielen Fällen verblüffende Ähnlichkeit mit seiner Persönlichkeitsstruktur hat: der Machtmensch befiehlt, die Unschlüssige verschleppt Entscheidungen, der Introvertierte hält sich aus allem heraus, etc. Das geht aber nur ein Stück weit gut, denn im Job haben Sie nicht Sie selbst zu sein – Sie haben eine Rolle zu spielen: die Führungsrolle.

    Dieses Buch möchte Ihnen Prinzipien vermitteln, die Ihnen die Richtung weisen. Anhand von Praxisbeispielen sehen Sie, wie diese Prinzipien konkret angewendet werden können und wie sie Ihnen nützen. Es sind erstaunlich grundlegende Regeln, die im Arbeitsalltag missachtet werden, deren Beherzigung aber zu so viel besseren Ergebnissen führen könnte!

    Ein kleiner Tipp für die Lektüre: Um die Bereiche zu finden, in denen Sie sich verbessern können, ist es hilfreich, wenn Sie versuchen, Ihre eigene Vorgehensweise von außen zu betrachten. Besser noch: aus der Sicht Ihrer Mitarbeiter. Insbesondere jenen Führungskräften, die noch nie selbst auf der untersten Stufe einer Firmenhierarchie gestanden haben, mag dieser Perspektivenwechsel schwerfallen. Doch es lohnt sich, dieses Rollenspiel zu wagen. Denn je ernster Sie die Ihnen anvertrauten Angestellten nehmen und je mehr Sie sie respektieren und fördern, desto besser werden sie ihre Aufgaben verrichten.

    Die Leserinnen bitte ich um Verständnis dafür, dass ich der Einfachheit halber nur die männliche Form benutze, wo ich die Gattung meine (z. B. »der Chef« oder »der Mitarbeiter«). Meiner Erfahrung nach sind Frauen genauso gute oder schlechte Vorgesetzte wie Männer. Es kommt immer auf die Fähigkeiten der oder des Einzelnen an sowie auf die Bereitschaft, an sich selbst zu arbeiten.

    Eine erkenntnisreiche Lektüre und viel Erfolg bei der Umsetzung wünscht Ihnen

    Christina Neth

    2 Die Führungsrolle: Rolle vorwärts oder Rolle rückwärts?

    »Das meiste, was wir als Führung bezeichnen, besteht darin, den Mitarbeitern die Arbeit zu erschweren.« Vielleicht haben Sie dieses Zitat des US-amerikanischen Ökonoms Peter F. Drucker schon einmal gehört. Wenn man einen Querschnitt durch deutsche Firmen verschiedenster Branchen unter die Lupe nimmt, muss man leider feststellen, dass diese Aussage nicht so stark übertrieben ist, wie sie beim ersten Hören wirkt: Entscheidungen werden überstürzt getroffen und erst nach missglückter Ausführung revidiert, hoch motivierte Mitarbeiter werden ausgebremst, gute Vorschläge abgetan. Ganz gleich, ob Sie nur eine kleine Abteilung leiten oder einen Konzern führen: Dieses Buch will Ihnen die Augen für grundlegende Prinzipien öffnen, deren Umsetzung im Tagesgeschäft darüber entscheidet, ob Sie Sand oder Öl im Getriebe Ihrer Firma sind.

    Von einer guten Kooperation profitieren alle: die Arbeit wird reibungslos erledigt, was der Firma zugute kommt; Ihre Mitarbeiter haben Erfolgserlebnisse, fühlen sich am Arbeitsplatz wohl und sind motiviert. Sie können stolz auf sich sein, wenn Ihre umsichtige Planung und Ihr Organisationstalent dafür sorgen, dass alles bestens läuft. Die Grundvoraussetzung für Ihren Erfolg besteht darin, dass Sie gern Verantwortung übernehmen. Nur wenn Sie sagen: »Das sind die mir anvertrauten Angestellten, und ich sorge nach bestem Wissen und Gewissen dafür, dass sie sehr gute Bedingungen für ihre Arbeit haben«, werden Sie Ihrer Führungsposition gerecht. Aber selbst, wenn Sie sich von diesem Anspruch im Moment noch überfordert fühlen, kann ich Sie beruhigen: Solange Sie dazu bereit sind, an sich zu arbeiten, sind Sie auf dem richtigen Weg.

    3 Führen versus Arbeiten

    Der häufigste Fehler, den Führungskräfte machen, besteht darin, zu arbeiten statt zu führen.

    Natürlich kann es sein, dass es Teil Ihrer Stellenbeschreibung ist, Ihre Untergebenen bei ihren Aufgaben zu unterstützen, d. h. parallel zu ihnen an denselben Aufgaben zu arbeiten. Ein Buchhaltungsleiter übernimmt also möglicherweise buchhalterische Arbeiten. Dies hat den Vorteil, dass er die Schwierigkeiten und Notwendigkeiten kennt, mit denen sich seine Mitarbeiter auseinandersetzen müssen. Vorrang haben aber immer die Führungsaufgaben, denn während er die buchhalterischen Tätigkeiten jederzeit delegieren kann, ist niemand anderes für die Leitung der Abteilung da. Es ist also extrem wichtig, die Prioritäten richtig zu setzen!

    Warum könnten Sie überhaupt der Versuchung erliegen, Ihre Führungsaufgaben zugunsten von Routinearbeiten zu vernachlässigen?

    Ein offenkundiger Grund, warum Vorgesetzte oft »Kleinkram« erledigen, anstatt die ihnen anvertraute Abteilung zu führen, besteht darin, dass sie es gewöhnt sind. Gerade jene, die früher Mitarbeiter innerhalb der Abteilung waren, zu deren Leiter sie eines schönen Tages ernannt wurden, klammern sich gern an den vermeintlich rettenden Strohhalm der Routineaufgaben – einfach, weil das etwas ist, was sie beherrschen, während ihnen das Führen der Abteilung niemand beigebracht hat.

    Ein weiterer Grund, der mit dem ersten verwandt ist, ist die wundervolle Ausrede, die einem das Erledigen »niedriger Arbeiten« liefert, um sich vor schwierigen Entscheidungen zu drücken. Sie können sagen: »Ich hatte einfach keine Zeit, um über eine Kursänderung nachzudenken. Ich war so mit Rudern beschäftigt.«

    Drittens solidarisieren Sie sich durch das Mitrudern mit Ihren Angestellten und verdienen sich so ihre Achtung. Sie sind sich nicht zu schade dafür, dieselben Aufgaben zu erledigen – das muss die anderen doch beeindrucken!

    Viertens leben Vorgesetzte manchmal heimlich ihre Hobbys im Beruf aus, indem sie den Fachleuten, die sich mühsam für ihre Arbeit qualifiziert und jahrelang Erfahrung gesammelt haben, ihre Aufgaben wegschnappen (siehe nächster Abschnitt »Die geheimen Hobbys«).

    Was geschieht aber, wenn sich der Steuermann zu den Ruderern gesellt? Das Boot wird früher oder später an Klippen zerschellen. Was auf den ersten Blick so edelmütig wirkt, ist in Wahrheit gefährliche Drückebergerei. Das mag im Moment übertrieben klingen, ist es aber nicht. Ich habe Geschäftsführer erlebt, deren Stapel an ausstehenden Rückmeldungen an Untergebene immer höher wurde, während sie sich mit Arbeiten auf unterster Ebene beschäftigten. Eine solche Arbeitsweise multipliziert ihre Bremswirkung auf den Betrieb dadurch, dass nicht nur die Aufgaben einer einzelnen Person (nämlich des Geschäftsführers) liegen bleiben, sondern die Aufgaben all jener, die auf eine Entscheidung dieser Person angewiesen sind.

    Bedenken Sie stets: Ihre Hauptaufgabe ist das Führen. Sie tragen die Verantwortung – also stellen Sie sich dieser Herausforderung!

    3.1 Die geheimen Hobbys

    Nennen wir das Phänomen einmal »Job Stealing«: ein Vorgesetzter nimmt einem Untergebenen eine Aufgabe ab, zu der er sich selbst berufen fühlt.

    Diese Art von Raub manifestiert sich beispielsweise dann, wenn ein Geschäftsführer dem Webdesigner bis ins Detail vorschreibt, wie die neue Website auszusehen hat – am besten unter völliger Missachtung des Corporate Design. Alle Gegenargumente des Webdesigners in Bezug auf Farbsymbolik, Benutzerführung und Stilbrüche verhallen ungehört.

    Auch Übersetzer haben ihre liebe Mühe, vor ihrem Vorgesetzten einen Konjunktiv zu rechtfertigen, der zwar zugegebenermaßen im Englischen eher selten ist, aber an manchen Stellen einfach stehen muss. Da das Schulenglisch des Vorgesetzten keinen Konjunktiv vorsieht, wird Letzterer gnadenlos in einen sinnentstellenden Indikativ verwandelt. Und der Klügere muss – leider – nachgeben.

    Um die Situation mit einem eindrücklichen Bild zu illustrieren: Stellen Sie sich vor, Sie kaufen sich für viel Geld ein durchtrainiertes Springpferd, nur um dieses dann am Gatter anzubinden und selbst im Hürdenlauf über den Parcours zu springen – weil Sie der Meinung sind, Sie könnten das besser.

    Das »Job Stealing« hat die negativen Folgen, dass

    die Arbeit schlechter gemacht wird, als es mit den Ressourcen der Firma möglich wäre,

    die Fachleute demotiviert werden und

    den Respekt vor Ihnen verlieren und

    Ihre Arbeit liegenbleibt, für die Sie bezahlt werden.

    Also: Sie tun gut daran, auf die Argumente Ihrer Fachleute zu hören, wenn es um die konkrete Ausarbeitung einer Aufgabenstellung geht. Wenn Sie nicht selbst vom Fach sind, überlassen Sie die Einzelheiten Ihrem geschulten Personal. Falls Sie ernsthaft daran zweifeln, dass Ihre Leute Fachkenntnisse besitzen, sollten Sie andererseits überlegen, ob Ihre Abteilung richtig besetzt ist. Wofür bezahlen Sie einen Webdesigner, wenn Sie ihm kein gutes Webdesign zutrauen?

    3.2 L'État, c'est moi?

    Ein Sonderfall des »Job Stealing« besteht darin, dass der Geschäftsleiter einer Firma alle möglichen Funktionen an sich reißt: er ist z. B. Manager, Sicherheitsbeauftragter und Qualitätsmanagementbeauftragter in Personalunion. Am besten auch noch sein eigener Stellvertreter! Wenn er doch einmal ausfällt (was er sich in seinen kühnsten Träumen nicht vorstellen kann), bricht dann buchstäblich alles zusammen. Was nur beweist, was er immer schon wusste: er ist unersetzlich!

    Lässt man die eigene Eitelkeit einmal ganz beiseite, muss man zugeben, dass es schon seinen Sinn hat, dass solche Ämter normalerweise auf den Schultern mehrerer Personen ruhen. Wenn man eine dieser Funktionen richtig ausüben will, muss man sich eingehend mit ihr beschäftigen und sie im Tagesgeschäft stets im Auge behalten. Das ist nur möglich, wenn man sich nicht zu viele davon auflädt (am besten nur eine). Selbst jemand, der nie Urlaub nimmt, ist doch irgendwann abwesend, weil er auf Geschäftsreise ist, oder – Gott bewahre! – nach einem Unfall im Krankenhaus liegt. Dann ist es gut, wenn nur eines dieser Ämter nicht bekleidet ist und möglichst ein entsprechender Stellvertreter in der Firma sitzt. Ein Geschäftsführer sollte sogar einen zweiten Stellvertreter benennen. Ist er selbst nämlich unterwegs, wenn sein Stellvertreter plötzlich unter die Räder kommt, ist das Schiff wieder ohne Kapitän.

    4 Beziehungsweise

    Wie sieht Ihre Beziehung zu Ihren Untergebenen aus? Wir kommen nicht darum herum: Sie sind eine Autoritätsperson. Was nicht heißt, dass Sie sich einen autoritären Führungsstil zulegen sollten. Es heißt aber doch, dass Sie bestimmen, was die Mitglieder Ihrer Abteilung tun, wann sie es tun und auf welche Weise. Man hat auf Sie zu hören, denn Sie tragen die Verantwortung.

    Dies impliziert zum einen, dass Sie eine Vorbildfunktion innehaben. Sie sollten das vorleben, was Sie von Ihren Leuten erwarten. Dazu gehören beispielsweise Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit. Es wäre für Ihre Mitarbeiter kaum einzusehen, warum sie pünktlich zu Besprechungen erscheinen sollten, wenn Sie es nicht tun. Leben Sie das Verhalten vor, das Sie sich von Ihren Mitarbeitern wünschen – und verlangen Sie dasselbe guten Gewissens von ihnen!

    Zum zweiten ist es ratsam, Ihren Mitarbeitern gegenüber nicht zu privat zu werden. Das ist speziell dann schwierig, wenn Sie bis vor kurzem auf derselben Stufe standen und sich vielleicht mit dem einen oder anderen angefreundet haben. Ich rate Ihnen ganz sicher nicht, eine Freundschaft zu beenden, weil Sie plötzlich in eine höhere Position aufgerückt sind. Es kann aber sein, dass Ihre Beförderung eine Belastungsprobe für diese Freundschaft darstellt.

    Der Grund, weshalb es einfacher für alle Beteiligten ist, eine rein geschäftliche Beziehung zueinander zu haben, ist folgender: Es ist leichter für Ihre Untergebenen, Sie als Autoritätsperson anzuerkennen, und es einfacher ist für Sie, im Firmenalltag sachlich und objektiv zu bleiben.

    Konkret heißt das: Falls Sie sich gerade bei einem Kollegen wegen einer Trennung »ausgeheult« haben, dürfte es Ihnen schwerfallen, ihn wegen eines Fehlers zu tadeln. Falls Sie es dennoch tun, wird er in diesem Moment wiederum ein Problem damit haben, Sie als Respektsperson zu sehen.

    Der Supergau wäre es, wenn Sie einem Freund gegenüber eines Tages eine Kündigung aussprechen müssten. Ihre Position könnte dies durchaus erfordern. Sie tun sich also selbst einen Gefallen, wenn Sie Ihren Freundeskreis bevorzugt außerhalb Ihrer Abteilung aufbauen.

    4.1 Bescheidenheit ist eine Zier

    Eine Empfehlung, die mit dem eben Gesagten verwandt ist, lautet: Bleiben Sie bescheiden! Wenn Sie Bewunderung suchen, tun Sie das in der Familie oder bei Freunden, aber bitte nicht in Ihrer Abteilung! Das kann peinliche Situationen heraufbeschwören und ziemlich negative Folgen haben.

    Erstes Beispiel aus der Praxis: Die Vorgesetzte einer kleinen, ausschließlich aus Frauen bestehenden Abteilung kommt eines Morgens mit dem Fahrrad zur Arbeit und erzählt dann ihren Mitarbeiterinnen selbstgefällig, die Autofahrer hätten ihr (im sexy Minirock) an den roten Ampeln bewundernde Blicke zugeworfen. Die Untergebenen sind peinlich berührt, fühlen sich aber verpflichtet, ihrer Chefin Beifall zu zollen. – Mal ehrlich: Haben Sie diese Art von erzwungenem Kompliment wirklich nötig?

    Zweites Praxisbeispiel: Der Geschäftsführer eines mittelständischen Unternehmens erwähnt in einer größeren Besprechungsrunde, er habe es eigentlich längst nicht mehr nötig zu arbeiten, sein eigenes Leben und sogar das seiner Kinder sei bis zur Rente abgesichert. Unter den Anwesenden ist eine der schlechter bezahlten Angestellten der Firma, die nach der Trennung von ihrem Lebensgefährten ihr kleines Kind allein durchbringen muss. Wie mag diese Rede auf sie wirken? Ganz sicher nicht motivierend! Und Motivation ist – wie wir noch sehen werden – der wichtigste Aktivposten einer jeden Arbeitskraft.

    Insbesondere dort, wo es um Geld geht, bringen Sie sich mit Prahlerei spätestens dann in die Zwickmühle, wenn Gehaltsverhandlungen anstehen. Warum können Sie Ihren Mitarbeitern das Gehalt nicht erhöhen, wenn doch so viel Gewinn in Ihre Richtung fließt? Kann es der Firma denn so schlecht gehen, wie Sie sagen, wenn Sie sich selbst ein Zweimillionenhaus auf die grüne Wiese stellen? Bleiben Sie glaubwürdig und bleiben Sie auf dem Teppich!

    Fazit: »Fishing for compliments« nicht bei den eigenen Mitarbeitern! Und wenn möglich überhaupt nicht – denn Zitate machen für gewöhnlich die Runde.

    4.2 Soziale Plattformen – soziale Plattitüden

    Ebenso wenig sollten Sie versuchen, »modern zu sein« und Ihren Mitarbeitern auf allerlei sozialen Plattformen Freundschaftsanfragen zu senden. Aufgrund des zwischen Ihnen herrschenden Hierarchiegefälles wird sich Ihr Untergebener genötigt fühlen, Ihre Freundschaftsanfrage anzunehmen. Sie werden entzückt sein, haben die Annahme aber selbstverständlich erwartet. Ihr Mitarbeiter hingegen muss von jetzt an extrem auf der Hut sein, was er auf der sozialen Plattform veröffentlicht, was er gutheißt und sogar, wessen Freundschaftsanfragen er sonst noch annimmt. Er sitzt ab jetzt nicht nur bei der Arbeit, sondern auch noch in seiner Freizeit im Glashaus. Wehe, er schreibt, er habe »heute keinen Bock, zur Arbeit zu gehen«! Wehe, er nimmt die Freundschaftsanfrage eines früheren Kollegen an, mit dem Sie ständig im Clinch lagen! Von nun an sind Sie der »Big Brother«, der die Aktivitäten des kleinen Mannes rund um die Uhr kontrolliert.

    Sie sollten in jeder Hinsicht eine klare Linie zwischen dem Berufsleben und dem Privatleben der Ihnen anvertrauten Mitarbeiter ziehen. Es geht Sie als Vorgesetzten beispielsweise einen feuchten Kehricht an, warum Ihr Mitarbeiter krank ist. Bedrängen Sie ihn nicht mit Fragen! Wenn Sie vermuten, dass Stress bei der Arbeit die Ursache ist, bekämpfen Sie das Übel an der Wurzel und sorgen Sie – soweit das in Ihrer Macht steht – für eine Verminderung des Stresses. Wenn sich der Mitarbeiter hilfesuchend an Sie wendet, haben Sie ein offenes Ohr für ihn! Aber überschreiten Sie die Grenze zwischen Geschäftlichem und Privatem auf keinen Fall ungebeten!

    Falls Sie dringend eine Datei benötigen, die ein kranker Angestellter verwaltet, können Sie versuchen, ihn anzurufen. Besser ist es aber, für eine geregelte Dateiablage innerhalb der Abteilung zu sorgen, sodass sowieso jeder weiß, wo er etwas finden kann, wenn die anderen nicht da sind. Kommen Sie bitte nicht auf die Idee, den kranken Mitarbeiter – über welches Medium auch immer – zu kontaktieren, ohne dass ein Notfall vorliegt! Und falls er so gutmütig ist, nach der persönlichen Abgabe seiner Krankmeldung im Personalbüro an seinem Arbeitsplatz vorbeizuschauen und die wichtigsten Arbeiten zu erledigen (solange die Schmerztablette noch wirkt), haben Sie bitte so viel Anstand, sich ein Jammern im Sinne von »Gerade jetzt musst du ausfallen, wo wir so überlastet sind!« zu verkneifen. Ein kranker Mitarbeiter hat die Aufgabe, schnellstmöglich wieder gesund und leistungsfähig zu werden. Hindern Sie ihn bitte nicht daran! Lassen Sie sich von ihm die wichtigsten aktuellen Informationen bezüglich seiner Arbeit geben und schicken Sie ihn heim.

    4.3 Sie oder Du?

    In vielen Abteilungen ist es heute üblich, sich zu duzen. Oft schließt das den Abteilungsleiter mit ein. Es gibt Firmen, in denen die Mitarbeiter sogar die Geschäftsführung duzen dürfen. Wenn die Geschäftsführung das so möchte, bleibt es ihr überlassen, den Angestellten das Du anzubieten. Falls es in Ihrem Ermessen liegt, sich von Ihren Untergebenen duzen zu lassen, möchte ich Ihnen raten: Mit ein wenig Distanz (hier verkörpert vom Sie) lässt sich so manches im Job objektiver regeln. Das Du unter Gleichgestellten ist eine feine Sache, denn es signalisiert: wir sind ein Team. Das Sie hilft hingegen sowohl

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