Der Graf von Gleichen - Romantische Volkssage - Nebst einem historisch-kritischen Anhang und einer anatomischen Beschreibung der neuerlichen ausgegrabenen Gebeine: Auf historischen Spuren mit Claudine Hirschmann
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Heinrich Doering
Dr. Johann Michael Heinrich Döring wurde am 08. Mai 1789 in Danzig geboren. Er studierte Theologie und Philosophie, wurde Theologe und unter Einfluss Goethes auch schriftstellerisch tätig. Bekannt wurde er insbesondere als Biograf. Er starb am 14. Dezember 1862 in Jena.
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Der Graf von Gleichen - Romantische Volkssage - Nebst einem historisch-kritischen Anhang und einer anatomischen Beschreibung der neuerlichen ausgegrabenen Gebeine - Heinrich Doering
Der Graf von Gleichen - Romantische Volkssage - Nebst einem historisch-kritischen Anhang und einer anatomischen Beschreibung der neuerlichen ausgegrabenen Gebeine
Der Graf von Gleichen
In liebevollem Gedenken
Vorwort zur Neuausgabe
Romantische Volkssage
Nachschrift
Ballade
Beschreibung des Grabes und der Gebeine des Grafen Ernst III. von Gleichen und derer seiner beiden Weiber
Vorwort
Das Grab des Grafen Ernst von Gleichen
Die Gebeine des Grafen Ernst von Gleichen
Impressum
Der Graf von Gleichen
– Romantische Volkssage –
von
Dr. Heinrich Doering
Nebst einem historisch-kritischen Anhang und
einer anatomischen Beschreibung der neuerlichen ausgegrabenen Gebeine
von
Dr. H. G. Thilow
___
Auf historischen Spuren mit Claudine Hirschmann
Neuausgabe 2020
Edition gerik CHIRLEK
Original:
Der Graf von Gleichen. Romantische Volkssage von Dr. Heinrich Doering. Nebst einem historisch-kritischen Anhange und einer anatomischen Beschreibung der neuerlichen ausgegrabenen Gebeine vom Medizinalrath Dr. Thilow in Erfurt. Mit einem Kupfer, die beiden Frauen und den Grafen nach Original-Gemälden vorstellend. Gotha und Erfurt, Hennings’sche Buchhandlung. 1836.
In liebevollem Gedenken
Brigitte Hirschmann (14.03.1939–03.04.2019)
Brigitte Hirschmann (geb. Groth) wurde in den Kriegsjahren geboren und wuchs in Lützen auf. Früh zeigten sich verschiedene Begabungen, spielte sie unter anderen mehrere Instrumente, doch galt ihr hauptsächliches Interesse der Literatur sowie Leipziger Stadtgeschichte. Als geschätzte Lehrerin und herzensgute Mutter vermittelte sie stets, den ideellen Wert in den Dingen zu sehen und zu schätzen. So setzte sie sich leidenschaftlich für die Bewahrung historischer Zeitzeugnisse ein und war maßgeblich am Entstehen der Buchreihe »Auf historischen Spuren« beteiligt.
In Wertschätzung, Dankbarkeit und Liebe setzen ihre Kinder die Reihe fort, um die ihnen geschenkte Liebe zu Büchern und zur Stadt Leipzig weiterzutragen und ihr Wirken über heutige Generationen hinaus lebendig zu halten.
Brigitte Hirschmann lebte viele Jahre in ihrer geliebten Stadt Leipzig, die sie für ihre Kinder mit ihnen verließ und bis zum letzten Tag auf eine gemeinsame Rückkehr hoffte. Leider war ihr das zu Lebzeiten nicht gegönnt. Ihre letzte Ruhestätte fand sie im Familiengrab auf dem Friedhof in Leipzig-Gohlis.
Vorwort zur Neuausgabe
Mit der Reihe »Auf historischen Spuren« hat sich die Autorin zur Aufgabe gemacht, Literatur vergangener Jahrhunderte für heutige Leser aufzubereiten und wieder zur Verfügung zu stellen.
Dabei wird der Schreibstil des Verfassers möglichst unverändert übernommen, um den Sprachgebrauch der damaligen Zeit zu erhalten. Gleichwohl werden Änderungen, die sich beispielsweise aus der Überprüfung historischer Fakten ergeben, schonend eingearbeitet.
Das vorliegende Buch enthält gegenüber vorangegangenen Ausgaben unter anderen Berichtigungen kleinerer Irrtümer.
Leipzig, den 24.03.2020
Claudine Hirschmann
Romantische Volkssage
Es war im Jahr 1227, als am Hof des Kaisers Friedrichs des Zweiten zu Neapel ein päpstlicher Nuntius erschien, gesandt von Papst Gregor dem Neunten. Der Abgesandte sparte keine Überredung, Friedrich zu einem neuen Kreuzzug zu bewegen, den das Heil der Kirche erfordere, nachdem Jerusalem und die heilige Stätte, auf den der Erlöser gewandelt, sich wieder im Besitz der Ungläubigen befand. Als aber jene Überredung wenig fruchtete, da drohte der Nuntius den Bann auf das kaiserliche Haupt herabzuschleudern. Friedrich versprach Gehorsam, und rüstete sich zum Heereszug in das gelobte Land. Das kaiserliche Aufgebot verbreitete sich unter den Fürsten, diese taten es den Grafen kund, und von ihnen wurden die Ritter und Herren aufgefordert, an dem Kreuzzug teilzunehmen. Gewappnet und gerüstet bestiegen sie ihre Rosse, und jeder sammelte sich unter dem ihm zustehenden Panier.
Im kaiserlichen Gefolge befand sich auch der Landgraf von Thüringen, Ludwig VI., ein treuer Lehnsmann, und mit ihm die Grafen von Schwarzburg, Heinrich X. und Günther VI., nebst vielen anderen Rittern und Herren. Da sah man den edlen Günther von Kevernburg (Käfernburg), Burkhart von Brandenburg, Meinhard von Mühlberg, Hermann von Heldrungen, Heinrich von Ebersberg, Hermann von Schlotheim, Bernhard von Mihla und Rudolph von Vargula. Als nun der Landgraf jene stattlichen Ritter erblickte, wie sie stolz und freudig unter dem vorgetragenen Kreuzpanier einher trabten, um in Sizilien zu des Kaisers Heer zu stoßen und von da nach Brundus, dem Versammlungsort aller aus Europa erwarteten Truppen zu eilen, da gewahrte Friedrichs Auge einen stattlichen Ritter, der jenen Frohsinn nicht zu teilen schien und den Blick trüb und scheu zu Boden senkte. Unter dem geöffneten Helm blickte ihm das wohlbekannte Antlitz des Grafen Ernst des Vierten von Gleichen entgegen, der sich an Ludwigs eigenem Hof in den Wissenschaften seiner Zeit und in allen ritterlichen Übungen sorgsam gebildet.
Ludwig aber wandte sich zu dem Grafen fast unmutig und sagte: »Wie mögt ihr so trüb und mutlos vor euch hinstarren, während sich ringsum Frohsinn in jeder Miene spiegelt? Seid ihr, edler Graf, dessen Tapferkeit sich so mannigfach erprobt, der Heeresfahrt abgeneigt und mir nicht mit gutem Willen nachgezogen?«
Da entgegnete der Graf: »Wollet doch nimmer, edler Herr, an meiner Tapferkeit und Lehnstreue zweifeln, dagegen aber bedenken, dass mich manche teure Bande unauflöslich ketten an die Heimat und an das, was ich dort verlasse, um es vielleicht nimmer wieder zu sehen. Wisset ihr doch, dass ich seit zwei Jahren vermählt bin mit einem treuen Weib, die mir zwei holde Kinder geboren und ein drittes Pfand der Liebe noch unter ihrem Herzen trägt. Auch die Natur behauptet ihre Rechte. Noch gedenke ich des Augenblicks, wo Ottilia sich beim Scheiden mit Gewalt meinen Armen entriss, die schlummernden Kinder vom Lager emporhob, sie sanft an ihre mütterliche Brust drückte, und mir hinreichte, um auch den väterlichen Abschiedskuss auf ihre schuldlosen Wangen zu drücken.«
Indem der Graf so sprach, bebten seine Lippen, und mit Mühe unterdrückte er ein lautes Schluchzen. »Und wie ich nun«, fuhr er fort, »mit meinen Reisigen den Burgweg von der Veste Gleichen hinab zog, da schaute mir mein geliebtes Weib mit banger Wehmut nach, so lange ihr Auge mein Panier erreichen konnte, worin sie mit Purpurseide das rote Kreuz gestickt.«
»Ist dem also«, entgegnete der Landgraf, die Hand seines Lehnsmannes mit biederer Traulichkeit ergreifend, »dann tröstet euch, lieber Getreuer. Uns beide drückt ein gleiches Leid. Auch mir tat das Scheiden weh von Elisabeth, meiner treuen und holdseligen Gemahlin. Seid aber guten Mutes, edler Graf. Während wir kämpfen, werden unsere Weiber daheim ihr Gebet zum Himmel richten, dass wir mit Ruhm bekränzt aus dem Heiligen Land wiederkehren.«
Der Graf von Gleichen schien durch diesen fürstlichen Trostspruch einige Heiterkeit gewonnen zu haben. Er setzte den Heereszug