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Vom richtigen Üben:

Ausschnitte aus „Probenpädagogik – ein Buch für Querdenker“ von Michael Stecher.

In den letzten Jahren gab es interessante Entwicklungen im Bereich der


Gehirnforschung, Pädagogik und Lehrtätigkeit speziell im musischen Bereich.

Zum Thema Üben und Lernen wurde herausgefunden:

Es gibt folgende Übeprozesse:

 Übeorganisation
Wann übe ich ? Wo übe ich ? Eher massiert oder verteilt ? Mit welchen
Hilfsmitteln ? Wie teile ich den Übestoff ein ? – Organisation !

 Übekoordination
Das eigene Üben mit konkurrierenden Tätigkeiten abstimmen, Zeitplanung,
Feuerwehr, Fußballverein, die Familie, kann ich abgeschirmt üben? -
Koordination !

 Das eigentliche Üben


Aktives und kreatives Wiederholen – gezielte Auseinandersetzung

Es kommt nicht darauf an, dass man übt, sondern wie man es tut

 Die tiefere Bedeutung zu verstehen (warum übe ich)


 Beziehungen zu anderen Sachverhalten herstellen (Komponist, Gefühle,
Zeitgeschichte..)
 Probleme identifizieren (Brauche ich Hilfe ? Wo kann ich nachlesen?
Lexikon..)
 Selbständig Problemlösungen finden

Was geschieht im Gehirn beim Üben?

Dazu muss man die Funktionsweise des Gehirns kennen. Die Psychologen teilen die
komplexen Vorgänge im Gehirn in Modelle ein. Eines dieser Modelle ist das

Dreispeichermodell:

 Sensorischer Speicher
 Arbeitsgedächtnis
 Langzeitgedächtnis

Das Gehirn hat ca. 10 11 Neuronen, das ist die Anzahl der Sterne in der Milchstrasse..

Wie funktioniert das Dreispeichermodell?:

Neue Informationen kommen zuerst in den Sensorischen Speicher.


Hier werden auch sehr viele Dinge unbewusst wahrgenommen (Vogelgesang, Auto
fährt vorbei) aber oft nur kurz gespeichert (Millisekunden)

Vom richtigen Üben Georg Seite 1 22.09.2010


Das Arbeitsgedächtnis hat eine sehr geringe Aufnahmekapazität: 7 +- 2 Elemente.
Und jetzt kommt etwas sehr interessantes: Die Anzahl der Elemente ist zwar stark
beschränkt, aber nicht die Kapazität. Das heißt: es geht darum, die 7+- 2 Behälter
durch Automatisieren effektiver zu füllen. (gehen und dabei sprechen – auf das
Gehen muss man sich nicht konzentrieren)

Für das Üben ist das Arbeitsgedächtnis die zentrale Stelle !

Die Speicherdauer im Arbeitsgedächtnis beträgt ca. 20 Sekunden

Während dieser Zeit wird geprüft:

 In welchem Zusammenhang tritt die Information auf?


 Ist sie Teil von etwas Größerem?
 Kommt sie nur ein einziges Mal?
 Ist sie mit Aufmerksamkeit verknüpft
 Ist sie emotional geladen?

Dann wird entschieden, ob die Information ans Langzeitgedächtnis weitergegeben


wird:

d.h. die Entscheidung erfolgt im Arbeitsgedächtnis (20 Sekunden) Die Qualität des
Abrufens hängt damit zusammen, wie abgespeichert wird.

Der Übekreislauf:

Über alle Übeinhalte wird eine Karteikarte im Langzeitgedächtnis angelegt (wie in


einer Bibliothek). Greifen wir zu einem späteren Zeitpunkt auf das Geübte zurück, so
wird nach der abgelegten Karteikarte gesucht.

Es werden aber nicht alle Karteikarten gefunden, sondern nur solche mit einem
Punkt (sonst könnte man sich ja an alles erinnern....)

Wie kommt der Punkt auf die Karteikarte ?

Punkte werden im Arbeitsgedächtnis vergeben.

Informationen, die vom sensorischen Speicher weitergegeben werden kreisen für 20


Sekunden im Arbeitsgedächtnis. Was innerhalb dieser Zeitspanne passiert, ist
wichtig! Es werden keine Punkte vergeben wenn die Information in dieser
Zeitspanne nicht wiederkehrt !

d.h. 3 bis 7 Mal in den 20 Sekunden muss die Information „vorbeikommen“

 permanentes Durchspielen bringt nichts!

 Informationen müssen von großer Aufmerksamkeit begleitet sein (nicht


langweilig, innere Ruhe und Konzentration)

Vom richtigen Üben Georg Seite 2 22.09.2010


 Übemuster variieren (Rhythmus, Artikulation, Tonhöhe, Dynamik, pfeifen,
singen, klatschen, laut sprechen, Körperübungen...)

 Und so weiter und so fort.....

Vom richtigen Üben Georg Seite 3 22.09.2010


Rezepte

Mentales Üben:

 Sich körperlich entspannen, um Konzentration einzufangen


 Noten in Gedanken durchgehen – ohne Instrument
 Noten innerlich vorstellen und Griffe am Instrument durchführen
 Vorspiel- oder Prüfungssituation in Gedanken durchgehen (denke an den
Schifahrer der in Gedanken den kommenden Lauf durchgeht..)

Knifflige Stellen

 Nicht zu früh aufgeben


 Auch „Umwege“ probieren
 Eigene Übungen zur Lösung erfinden und komponieren
 Freunde nach ihren Methoden fragen
 Tempo nur allmählich steigern

Auswendig spielen lernen

 Anschauen – einprägen – umdrehen – spielen (mit kleinen Einheiten


beginnen)
 Noten an beliebiger Stelle aufschlagen – und von dort auswendig
weiterspielen
 Einzelne Noten oder Takte mit Tippex entfernen (natürlich nur wenn du eine
Kopie besitzt ;-))
 Notentext in Teile zerschneiden und dann wieder zusammenpuzzeln
 Auswendig die Notennamen wiederholen
 Den rhythmischen Ablauf auswendig wiedergeben
 Phrasenweise auswendig lernen – nicht zu viel auf einmal

Linke und rechte Gehirnhälfte ansprechen

 In Gegensätzen üben (tenuto – staccato)


 Symbole (Kreise, Dreiecke, Pfeile…) in Noten eintragen
 Farben verwenden
 Verbindungen über Bilder oder Symbole herstellen

Die rechte Hirnhälfte aktivieren

 Jonglierübungen in die Übephase einbauen: Bleistift am Finger balancieren


 Körperübungen einbauen – sich bewegen
 Improvisationsübungen
 Eigene Etüden komponieren

Sauber und genau

 In bestimmten Übephasen sehr genau und pingelig arbeiten

Vom richtigen Üben Georg Seite 4 22.09.2010


 An persönlichen Spielproblemen arbeiten – nicht davor flüchten
 Töne sauber anblasen und Treffen – das kann geübt werden

Schwerpunkte prüfen

 Rhythmus
 Artikulation
 Intonation
 Dynamik
 Klangfarbe
 Ausdruck
 Tonqualität

Das Üben planen

 Nicht erst „fünf vor zwölf“ mit dem Üben beginnen


 Regelmäßig und gut verteilt üben
 Keine „Mini-Einheiten“ von 10 Minuten aber auch keine „Maxi-Einheiten“ von 2
Stunden durchziehen
 Übeplan erstellen – Aufgaben notieren
 Erfolgserlebnisse schriftlich fixieren
 Keine Killer-Phrasen

Killer Phrasen

 „das schaffe ich nie“


 „das war schon immer so“
 „das mache ich sonst immer anders“
 „das funktioniert so nicht“

Verschiedenes

 Bei Fragen im Musiklexion nachschlagen oder den Lehrer, Stimmführer oder


Kapellmeister anrufen (in dieser Reihenfolge ;--)
 Mit Metronom arbeiten
 Vor dem Spiegel spielen

Vom richtigen Üben Georg Seite 5 22.09.2010

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