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Hans Kayser

Aus meinem
Leben
Zuschriften aus dem Freundeskreis

KREIS DER FREUNDE UM HANS KAYSER


BERN 2000
KREIS DER FREUNDE UM H A N S K AY S E R BERN
MITTEILUNGEN Nr. 45 November 2000
Walter Ammann Biderstrasse 31 CH-3006 BERN Telefon 031 931 12 78 PC Bern 30-12710-8
Postgiroamt Frankfurt/M. 300 453 605, Bankleitzahl 50 010 060 • Euro 91 13879 4

Inhalt Seite
Symposion 2000, Vorträge und Inhalt 3, 4
Das Aisthesis-Symposium in Rorschach 5
HANS KAYSER – Zuschriften aus dem Freundeskreis 6–10

Bücherbesprechungen:
– André M. Studer: Das inwendige Tagebuch 11
– Ernst Waldemar Weber: Die vergessene Intelligenz 11
– Peter Michael Hamel: Durch Musik zum Selbst 13
– Konrad Götz und Maximilian Glas: LichtGestein 15
– Maximilian Glas: extraLapis Nr. 18 15
– Csaba Bornemisza: Musik der Vögel 16
– Wilfried Krüger: Von Atomen, Farben und Sternen 17

Bestellung 20

Die geistige und sachliche Verantwortung für die einzelnen Beiträge tragen jeweils
die Verfasser

Liebe Freunde der Harmonik


Vorweg möchten wir allen den fleissigen Lesern von HANS KAYSER, AUS MEINEM
LEBEN, die uns mit zwei oder auch mit mehr als zwei Worten ihren Eindruck mitgeteilt haben,
ganz herzlich danken. Die sehr verschiedenartig ausgelösten Reaktionen finden Sie auf den
nächsten Seiten. Wir bitten Sie freundlich, auch weitere Interessenten auf das Buch aufmerksam
zu machen.
Wir laden Sie freundlich ein zu unserem Symposion über Harmonik. Es werden sprechen die
Herren Prof. Chr. Amstutz, Sigriswil, Otto Schärli, Luzern, und Frau Margret Löwensprung aus
München.
Wir bitten Sie höflich, diesen Tag schon jetzt in Ihre Agenda einzutragen, und verbleiben mit
freundlichen Grüssen

Die MITTEILUNGEN erscheinen jährlich zweimal.


Richtpreis im Jahr Fr. 15.– / DM 20.–. Bitte möglichst mit Giro überweisen.
Freunde in Deutschland zahlen auf Postbank NL Frankfurt, 300’453’605, Bankleitzahl
50’010’060, in andern Ländern auf das Gelbe Konto international Nr. 91 13879 4 KREIS DER
FREUNDE UM HANS KAYSER BERN.

Wenn Sie die MITTEILUNGEN nicht mehr zu erhalten wünschen, möchten Sie diese bitte im
gleichen Umschlag, damit der Absender ersichtlich ist, frankiert an uns zurückgehen lassen,
wofür wir Ihnen bestens danken.

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KREIS DER FREUNDE UM HANS KAYSER BERN
Walter Ammann, Biderstrasse 31, 3006 Bern, Telefon 031 / 931 12 78

Samstag, den 4. November 2000, von 10–17 Uhr


Geographisches Institut, Hallerstrasse 12
(Trolleybus Nr. 12, Falkenplatz)

SYMPOSION
10.00–11.30 Prof.Dr.Em., Dipl.Ing.Geol. Christian Amstutz,
Sigriswil, über
INNEN UND AUSSEN IN DEN WISSENSCHAFTS-
THEORIEN, verbunden durch Symmetrien

13.30–15.00 Otto Schärli, Dipl. Arch. BSA/SWB, Luzern, über


BEZIEHUNGEN DER ARCHITEKTUR ZU DEN
ZEITLICHEN KÜNSTEN UND ZUR HARMONIK

15.15–17.00 Frau Margret Löwensprung, München, über


KYMATIK, SCHWINGUNGSMUSTER VON
TÖNEN IM VERGLEICH MIT FORMEN IN
DER NATUR

Mittagessen im «O sole mio» oder im «Beaulieu»


Möglichkeit zum Picknicken im Haus

Eintritt:
Ganze Tagung: Fr. 45.–, Studenten, AHV Fr. 30.–
nur Vormittag: Fr, 15.–, Studenten, AHV Fr. 10.–
nur Nachmittag: Fr. 30.–, Studenten, AHV Fr. 20.–

Die Anmeldung erfolgt


● durch Einzahlung auf Postkonto Bern 30-12710-8
oder Postgiroamt Frankfurt/M. 300 453 605
Zahlung für Symposion und evtl. Beitrag für
MITTEILUNGEN Fr. 15.– / DM 20.–
Quittung gilt als Eintrittskarte
● im Vorverkauf:
Buchhandlung Weyermann, Bubenbergplatz 8
Telefon 031 / 311 37 46
● an der Tageskasse
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Prof. Dr. G. Christian Amstutz, Dr. rer. nat., Dr. h.c. mult., Prof. Emeritus der Uni-
versität Heidelberg

Innen und Aussen in den Wissenschaftstheorien


Wenn wir uns genetische Modelle der Naturwissenschaften betrachten, fällt uns eine ver-
blüffende Ähnlichkeit auf. Es geht bei der Erklärung von Phänomenen immer wieder um
ein Ringen zwischen Erklärungen durch Faktoren von aussen auf der einen, und von
Faktoren von innen auf der andern Seite. Das Problem wird an aktuellen und historischen
Beispielen und mit einer Erklärung seiner Wurzeln beleuchtet.

Otto Schärli, Dipl. Arch. BSH/SWB – 1930 geboren in Luzern, Studium an der ETH

Beziehungen der Architektur zu den zeitlichen Künsten und zur Architektur


Wahrnehmung als schöpferischer Prozess, Lernen durch Tun, Erleben als Austausch von
innen und aussen.
Bau von Kirchen, Schulen, Heimen, Klöstern, Hotels, Geschäftshäusern, Läden, Industrie-
bauten, Planungen. Zusammenarbeit mit Hugo Kükelhaus. Buch: Werkstatt des Lebens –
durch die Sinne zum Sinn.

Margret von Löwensprung, München

Auf den Spuren der Klangfiguren


Schwingungsmuster von Tönen und Entsprechungen in der Natur

Margret Löwensprung beschäftigte sich schon in der Schulzeit mit Musik, Naturkunde und
Kunst als Erfahrungszusammenhang. Im Münchener «Arbeitskreis Harmonik» war sie von
Anfang an aktiv. Sie entwickelte und baute Geräte zur Erzeugung von Klangfiguren
(u.a. Tonoskope) und setzte sie in der gehörlosenpädagogischen Praxis ein. Bei der
Untersuchung von Schwingungsvorgängen entdeckte sie frappierende Ähnlichkeiten mit
Formen in der Natur.

Auf den Spuren der Klangfiguren


Rückblick auf Helmholtz, Chladni, Jenny («Kymatik»). Versuche zum Sichtbarmachen
von Schallereignissen und Teilschwingungen. Vergleiche von Schwingungsbildern mit
Formen in der Natur und die Frage nach harmonikalen Zusammenhängen.

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Das Aisthesis-Symposium in Rorschach, am 26. und 27. Mai 2000
von Schmuel Stokvis mustergültig organisiert und in den ehrwürdigen Räumen
des Lehrerinnen- und Lehrerseminars Mariaberg durchgeführt, bot eine Fülle von
Anschauung, Anhörung, Einsicht und Anregung.

Eingerahmt wurde der Anlass durch zwei gewichtige und nicht nur für Pädagogen
interessante Referate: Dr. Margrit Wyder über «Goethes Naturmodell als Aus-
gangspunkt für eine an den Phänomenen orientierte Pädagogik» und Prof. Dr.
Horst Rumpf über «Annäherung an eine Pädagogik der Sinnlichkeit». Dazwischen
gab es weitere Referate und Demonstrationen, z.B. «Die Entdeckung des Lernens
im Spiel» durch Fröbel (Peter Kruythof), Apparate zur Erzeugung von Lissajou-
Figuren (Walter Arn), ein Feuerwerk von mathematischen Modellen, brillant
dargeboten durch Caspar Schwabe und einen schönen Bericht von Schmuel
Stokvis über seine Arbeit an Harmonik mit schwierigen Schülern.

Zwei Höhepunkte sind mir besonders in Erinnerung geblieben: Alexander Lauter-


wasser mit seinen kymatischen Wasserklangbildern und die ekmelische Musik,
die ich hier zum ersten Mal zu hören bekam. Schon die berühmte Hans Kayser-
Orgel, die nun in Rorschach aufgestellt und installiert ist, zu sehen und zu hören,
war für mich eine Sensation. Und ekmelische Musik, so hatte ich immer gedacht,
würde sicher im 21. Jahrhundert komponiert werden, aber zu meinen Lebzeiten
würde ich sie nicht mehr zu hören bekommen. Und nun spielte also das Stadler-
Quartett ekmelische Werke von Johannes Kotschy, der sogar selber anwesend
war! Es war ein absolut phänomenales Klangerlebnis: neu und ungewohnt, aber
überraschend stimmig. Allerdings war es für mich vor allem noch ein statisches
Baden in den neuen Klängen. Musikalisch ist da aber sicher noch vieles zu holen
an Entwicklung und Gestaltung.

Der andere Höhepunkt war die Kymatik. Im Unterschied zu den Chladnischen


Klangfiguren und den Arbeiten von Jenny verwendet Alexander Lauterwasser
nicht Sand oder Pollen, sondern lauteres Wasser (nomen est omen!), das er den
Tönen und Klängen aussetzt und dessen Reaktionen an der Oberfläche er mit
einer raffinierten Projektionstechnik sichtbar macht. Was wir zu sehen bekamen,
war manchmal, in Verbindung mit den erzeugenden Klängen, von atemberauben-
der Schönheit. Auch hier steckt ohne Zweifel noch vieles drin; Chaostheorie und
Fraktale lassen grüssen.

Eingebunden in das Symposium war auch eine reichhaltige Ausstellung, vor allem
im Kreuzgang. Da konnten, um nur einiges zu nennen, Goethes Grund-Experi-
mente zur Farbenlehre nachvollzogen werden, da konnte man Hugo Kükelhaus
wieder begegnen, da konnte man staunen über die Verwandlungen der plato-
nischen Körper durch Um- und Ausstülpungen, da waren vor allem auch die
schönen, von Ruedi Stössel gebauten Modelle zur Harmonik zu sehen.

Schmuel Stokvis kann für das schöne und reichhaltige Aisthesis-Symposium


herzlich gedankt und gratuliert werden.
Ernst Waldemar Weber
5
HANS KAYSER – AUS MEINEM LEBEN
Zuschriften aus dem Freundeskreis

Vor einem Jahr wurde uns von Bad Buchau ein Teil des Nachlasses von Hans Kayser zum
Sichten und Ordnen überlassen. Während dieser Arbeit kam eine Anzahl noch nicht ver-
öffentlichte Manuskripte und Dokumente zum Vorschein, so dass wir immer mehr zur
Überzeugung kamen, diese einem grösseren Kreis bekannt zu machen, was nun mit «Hans
Kayser, Aus meinem Leben» auch geschehen ist. Der Name Kayser sinkt ja sogar in Wien
immer mehr ins Meer des Vergessens, ist doch das ursprüngliche «Hans Kayser-Institut für
harmonikale Grundlagenforschung» stillschweigend in das schlichte «Institut für harmo-
nikale Forschung» umgetauft worden. Deshalb haben wir Mühen und Kosten nicht
gescheut, um dem Namen KAYSER und seiner Bedeutung als Erneuerer der Harmonik die
ihm gebührende Würdigung angedeihen zu lassen, indem wir die Schrift allen Freunden
der Harmonik zugestellt haben.
Die vielen Zuschriften aus dem Freundeskreis, von denen wir hier eine Anzahl folgen
lassen, bestärken uns in der Richtigkeit unserer Annahme.

Lieber Walter,
soeben habe ich das Büchlein «Aus meinem Leben» von und über Hans Kayser zu Ende
gelesen, und ich möchte Dir und Deiner Kollegin, Frau Dr. L. Sandt, ganz herzlich danken
für dieses schöne Geschenk. Es hat mir Hans Kayser um vieles näher gebracht.
Die rückhaltlose Offenheit in den beiden autobiographischen Fragmenten, die Ergän-
zungen durch seine Frau und die verschiedenen Briefwechsel mit Mäzenen und Freunden
machen das Büchlein zu einer Fundgrube über den Menschen Hans Kayser. Im Gesuch an
den Schweiz. Nationalfonds und auch andernorts wird sodann seine Harmonik auf engstem
Raum zusammengefasst. Und besonders berührt haben mich die Erinnerungen der beiden
Töchter. Wer als erwachsene Frau und Mutter so von seinem Vater sprechen kann, ist zu
beneiden. Gottfried Bergmann, Biel

Als Verantwortlicher für die Herstellung der Broschur hatte ich bereits vor Drucklegung
Einblick in das Manuskript. Je mehr ich mich einlas in die Thematik, desto mehr packte
mich die mir vorher völlig unbekannte Lehre über die Harmonik sowie die faszinierende
Persönlichkeit des Hans Kayser, der leider zu Lebzeiten nicht die ihm gebührende
Beachtung fand. Klaus Harbeck, Bern

Interessant die beiden Autobiographien von Kaysers Jugend. Weitere Texte und Zeichnun-
gen zeugen von Kaysers vielseitigen Begabungen. Die Briefe von und an Kayser beleuch-
ten das bewegte Leben von der existentiellen Seite mit Höhen und Tiefen des privaten
Gelehrten. Gut charakterisiert ist die erste Beziehung zur Schweiz, vor allem zu den
Berner Freunden. Kurz, eine gelungene, das Gesamtbild erweiternde Veröffentlichung zu
Leben und Werk des ungewöhnlichen Gelehrtenlebens. Euch ist nur Glück zu wünschen
für den verlegerischen Wurf. Dr. Karl Ledergerber, Gümligen

Dir und Frau Sandt gratuliere ich von ganzem Herzen zu Eurer schönen, verdienstvollen
und ertragreichen Arbeit: Wie gut, dass diese autobiographischen Texte und biographi-
schen Dokumente von und zu Hans Kayser jetzt in so gut aufgearbeiteter und schön gestal-
teter Ausgabe greifbar sind! Vielen Dank Euch beiden! Dr. Johannes Gruntz-Stoll, Nidau

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Welch eine Freude! Mit viel Interesse habe ich «Aus meinem Leben» gelesen. Für mich ist
es wie ein seelischer Brunnen. Ihnen und allen Beteiligten möchte ich für die Arbeit herz-
lich danken. Hans-Ulrich Sieber, Fraubrunnen

Heute komme ich zur Realisierung des lange schon vorgehabten Dankes an Dich wegen
der Übersendung Eurer Arbeit um Hans Kayser …
Deine Sendung der Harmonie-Zeugnisse von Hans Kayser ist mir ein schöner Trost gewor-
den und daran denkend, erhalte ich in diesen Lebens- und Schieflagen regelrechten Halt!!
Norbert Richter, Bern

Die Lehre von Pythagoras war folgende: «Die Konsequenzen, die ich für mich und meine
Arbeit daraus ziehe, die Pythagoras nach seinem Fiasko in Tarent und Plato nach der
Ergebnislosigkeit seines Syrakuser Experiments … daraus gezogen haben, sagen nur das
Eine mit innerster und absoluter Gewissheit: Es kommt auf die Regeneration des einzelnen
Menschen an, und zwar nicht auf eine Regeneration der Massen, der vielen, sondern nur
einzelner weniger, die dann, gleich welchen Berufs und welcher Position, am rechten Ort
das Rechte tun werden.» Die Harmonik und so auch dieses Büchlein verhelfen dazu.
Inge Schneider, Net-Journal, Mai 2000

Die neue (Auto-)Biografie von und über Hans Kayser gibt ein zu tiefst emotionales
Gesamtbild dieses Homo universalis, das mich beim Lesen sehr berührte. Auch wenn ich
«Götti Hans» persönlich wie einen lieben Onkel erlebt habe, sind diese Bekenntnisse eines
einsamen Forschers und Philosophen und doch so kommunikationsbegabten Menschen für
mich eine Offenbarung von Güte und Überlebenstüchtigkeit. Die geschilderten persön-
lichen Erlebnisse aus dem Ersten Weltkrieg, der Krisen- und ersten Nazizeit sind eindrück-
liche Geschichtsdokumente.
Das reiche Quellenmaterial ist so geschickt mit wenigen Zwischentexten verbunden, dass
die Fragmente zu einer grossen Einheit verschmelzen.
Walter Amadeus Ammann, Bern

Ich habe Ihnen sehr zu danken für die Zusendung Ihres kleinen, doch so inhaltsreichen
Büchleins «Hans Kayser – Aus meinem Leben». Die sehr verschiedenen Zeugnisse bilden
zusammen ein Lebensbild, das in schönster Weise das Bändchen von Herrn Prof. Haase
und Ihre «Biographischen Fragmente» ergänzt. Ich freue mich, dass diese drei Arbeiten
nun in meinem Archiv stehen und ich auf diese wertvollen Beiträge hinweisen kann.
Annemarie Weber, Zürich

Man kennt vielleicht (dem Namen nach!) den Harmoniker Kayser, den Forscher, Philo-
sophen und Schriftsteller. Man hat von seinem epochalen Werk Kenntnis genommen, das
den Bogen zwischen Pythagoras und den physikalisch-harmonikalen Forschungen des
20. Jahrhunderts spannt. Man kennt den genialen Finder eines neuen Klang- und Hör-
verständnisses, das, mit seinen menschenkundlichen Prämissen, unsere einseitig mathema-
tisch-kausale Weltdeutung zu korrigieren vermöchte.
Wer aber kennt den Menschen Kayser? Wer kennt seinen Werdegang, seine aufschluss-
reichen autobiographischen Äusserungen? Wer kennt seinen Briefwechsel mit seiner jüdi-
schen Frau Klara? Wer seine Konfrontation mit dem Nationalsozialismus?
Das Buch «Aus meinem Leben», herausgegeben von Walter Ammann und Frau Dr. Lotti
Sandt, schliesst hier eine Lücke, indem Dokumente zur Biographie Hans Kaysers z.T. erst-

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mals zugänglich gemacht werden. Das vorliegende Werk ergänzt die zur Zeit vergriffene
Biographie aus der Feder von Rudolf Haase (1966) und Walter Ammanns «Biographische
Fragmente» (1991).
Für jeden am Werk und an der Biographie Kaysers interessierten Menschen stellt das Buch
«Aus meinem Leben» eine willkommene Fundgrube dar. Christian Bärtschi, Bern

Die von den Herausgebern Walter Ammann und Lotti Sandt zusammengestellten Texte
zeigen einmal mehr, mit wieviel profunden Kenntnissen sowie Feingefühl und Liebe für
den Menschen Hans Kayser sie ans Werk gegangen sind. «Aus meinem Leben» zeigt dem
Leser auf, dass es Hans Kayser wie vielen anderen grossen Denkern, Musikern, Forschern
oder Wissenschaftlern vor ihm ergangen ist: Auch er musste stets Überzeugungsarbeit
leisten und dafür vieles in Kauf nehmen. Deshalb staunt man um so mehr, wie minutiös er
Dinge aus dem Alltagsleben trotzdem wahrgenommen und sie für uns erst noch humorvoll
festgehalten hat.
Vielleicht aber verhalfen gerade diese extremen Herausforderungen (z.B. Probleme der
Pubertät, Nazizeit mit jüdischer Frau, berufliche Ausrichtung in dieser Zeit) Hans Kayser
zu dem zu werden, als den wir ihn nun bewundern: Ein genialer Denker und Mahner, ein
Mensch, der das Kleinste und Grösste zu erfassen und zu begreifen vermochte.
Marianne Kocher, Bern

Es blieb lange ungelesen; immer schien anderes wichtiger und dringender zu sein, und auf
Autobiografien bin ich nicht besonders neugierig, eines Mannes zudem, dessen Lebens-
daten ich schon zu kennen glaubte.
Trotzdem bin ich froh, dass ich das Buch zur Hand genommen – und fast in einem einzi-
gen Zug gelesen habe. Die Schilderungen der Jugend im oberen Donautal und des schwie-
rigen Erwachsenwerdens haben mich sehr bewegt, und zwar nicht nur die Nöte des jungen
Kayser: Auch die Landschaft und ihre Flora sind mir ein wenig ans Herz gewachsen. Dabei
staunte ich nicht wenig darüber, dass ich auch die zweite Version mit ungeschmälertem
Interesse las.
Autobiografisch ist nur ein Drittel des Buches; der Rest besteht aus Zeugnissen von Fami-
lienangehörigen, Freunden, Mäzenen und Briefen. Obschon diese Dokumente nicht streng
chronologisch geordnet sind, entsteht vor den Augen des Lesers – ganz natürlich und
gewissermassen wie vom Hörensagen – ein lebendiges Bild dieses reichen Lebens, seines
Umfelds und seiner Ausstrahlung. Beeindruckend ist vieles: Die Fülle der Begabungen, die
musikalischen und handwerklichen Fähigkeiten, das unbeirrte Fortschreiten auf einem
unglaublich beschwerlichen und nie wirklich gesicherten Weg, und schliesslich das Werk
Kaysers, die Harmonik.
Nachdem ein Gesuch Kaysers an den Schweizerischen Nationalfonds um einen Beitrag an
die hohen Kosten des Privatstudiums (nach dem Hinschied eines Mäzens) mit der Begrün-
dung abgelehnt worden war, sein Arbeitsgebiet sei nicht streng wissenschaftlich und be-
finde sich «auf der Grenze zwischen Wissenschaft und intuitiver Ästhetik», replizierte
Kayser mit einer ausführlichen Abhandlung zur Harmonik als Wissenschaft. Dieser Text
umfasst im Buch volle 17 Seiten und wirkt auf mich, obschon schon vor fast 50 Jahren
geschrieben, wie ein Fanal. Die Kayser’sche Harmonik ist eine der grossen geistes-
geschichtlichen Leistungen des 20. Jahrhunderts, und sie ist vor allem hier bei uns entstan-
den. Wir könnten mächtig stolz darauf sein, und es würde Bern gut anstehen, wenn es
die Chance wahrnähme, an unserer Universität – nachdem das Institut in Wien zu sterben
scheint – einen Lehrstuhl für harmonikale Forschung zu errichten. Der erwähnte Text

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könnte als Basis für einen entsprechenten Vorstoss dienen, und der Kreis der Freunde um
Hans Kayser müsste ihn lancieren. Ernst Waldemar Weber

Ihr Buch mit Beiträgen aus dem Leben von Hans Kayser gewährt einen Blick durch ge-
öffnete Fenster in das Leben eines ehrlichen Forschers. Die Dokumente vermitteln
eindrücklich, wie Hans Kayser den Grundkonflikt eines vielseitig begabten Menschen
zwischen vernetzter Denkweise und der von aussen kommenden Forderung nach ein-
seitigem Expertentum zugunsten einer vital empfundenen, offenherzigen Erkenntnisreise
für sich und die Harmonik entschieden hat. Ein liebenswertes, ermutigendes Buch!
Margret Löwensprung

Das Buch von 200 Seiten, dem Leben und Lebenswerk Hans Kaysers gewidmet, ist inhalt-
lich schwergewichtig, formal jedoch leicht, unterhaltsam, beflügelt. Es enthält 24 auch für
den Kenner überraschende Texte aus dem Nachlass, Zeugnisse einer Persönlichkeit, von
der selbst posthum ein Faszinosum ausgeht.
Ich könnte es sieben Mal als Volltreffer an ganz verschieden ausgerichtete Menschen ver-
schenken, z.B. an Naturfreunde / Wanderer, Stein- und Pflanzenkenner, an Vergnügte, an
schwer Geplagte, an Literaturfans, auch an Kunstfreunde, an Verliebte und an alle Ehe-
leute, an Philosophen und Humoristen; denn Hans Kayser denkt und schafft universal. Er
glaubt selbst, unzählige menschliche Verwirklichungen in sich zu tragen.
Das Buch beginnt mit zwei unvollendeten Selbstbiographien Kaysers. Die erste führt nach
Sigmaringen, Ort und Landschaft seiner Kindheit an der oberen Donau, erzählt von der
väterlichen Apotheke, den Wanderungen mit dem Vater, vom schweigsamen, faulen
Schüler, der plötzlich Verblüffendes leistet, von ungewöhnlichen erotischen Passionen
(schon im Kindesalter beginnend), von Freunden, Natur und Hausmusik.
Das zweite selbstbiographische Fragment mit dem Titel «die Himmelsleiter» meditiert und
beurteilt die jugendlichen Lebensabschnitte mit den «zweiten Augen und Ohren» und legt
das Hauptgewicht auf die spätere geistige Entwicklung als Musiker, als Komponist, auf
den frühen Freundeskreis, auf das Leben als Musikstudent in Berlin, auf die Begegnung
mit seiner späteren Frau und deren jüdisches Umfeld, und auf die Wandlung vom instink-
tiven zum denkenden Umgang mit Natur und Kunst.
Nun, Kayser hatte u.a. die Absicht, mit seinen unverblümten Selbstbiographien ein von den
Verehrern kultiviertes Ideal- und Wunschbild seiner Person zu zerschlagen, den Menschen
H.K. zu zeigen mit seinen Stärken und Schwächen («nicht besser als alle anderen»). Nur
eben: Die Selbstbiographien sagen, auch wenn er sich nicht schont, das Format des Autors.
Er fragt sich schliesslich, wen überhaupt seine Lebensgeschichte interessieren könnte.
«Vorläufig nur mich selbst. Man lernt sich dann am laufenden Band kennen und kommt zu
einer wichtigen, freilich gänzlich nutzlosen Feststellung, dass sich die Grundeigenschaften
des Charakters nie ändern, höchstens temperieren, mässigen, eine Form erhalten, mit
welcher es sich leben lässt. – …» (S. 64)
Den biographischen Texten folgen Erinnerungen von Clara Kayser-Ruda, seiner Frau, an
die Zeit der ersten Bekanntschaft und der Gründung einer Familie, der Kriegs- und Solda-
tenzeit, … Dienstverweigerung … Irrenhaus … Kinder … Tod des Söhnchens und Beginn
der für die jüdische Frau grausigen Nazi-Zeit, in der H.K. der Frau wegen seinen ohnehin
kärglichen Verdienst als Redaktor und als Druckereibetreiber verlor.
Briefe an seine Frau, an die Mutter, an Freunde skizzieren den Kontrast zwischen der
anhaltenden äusseren Unsicherheit und Notlage eines Privatgelehrten und der inneren
Gewissheit, zum Erforschen von Neuland berufen zu sein, mit der Wissenschaft der Har-

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monik eine Vereinigung der materiellen mit der seelischen und geistigen Welt neu entdeckt
zu haben und diese erstmals mit schlüssigen Beweisen so beschreiben zu können, dass sie
wissenschaftlichen Kriterien standhält.
Wesentliche Zugänge zu Hans Kaysers Publikationen, seiner Arbeitsweise und Lebens-
situation bringt der Briefwechsel mit den Berner Geschäftsherren und Sponsoren Gustav
Fueter und Hermann Rupf. G. Fueter hat die Familie Kayser nach Bern gelotst. Es war
1933 – Clara Kayser-Ruda war Jüdin – eine Flucht unvermeidlich. Hans Kayser wurde
Schweizer Bürger, liess sich definitiv in Bolligen bei Bern nieder.
Die Texte aus Bolligen – es folgen weitere Schreiben an Dr. Franz Meyer und Dr. A. Zup-
pinger, Zürich, zeigen die ganze uferlose Breite von Kaysers Interessen. Immer ausgehend
von Erfahrung, von eigenen Messungen und Experimenten wird erstmals das Ohr als
Sinnesorgan zum Ursprung natur- und kunstwissenschaftlicher Forschung. Er verteidigt
die pythagoräische Überlieferung und, mit Pythagoras, die konkrete Arbeit am pythago-
räischen Monochord.
Dass der Schweizerische Nationalfonds 1954 sein Gesuch um Unterstützung mit der
Begründung ablehnte, Kaysers Ergebnisse würden streng wissenschaftlichen Massstäben
nicht genügen (obwohl diese bereits in gross angelegten harmonikalen Werken in Erschei-
nung getreten waren), bedeutete eine bittere Enttäuschung.
Statt zu klagen, antwortet Kayser mit einer grossangelegten, auch dem Laien verständ-
lichen Übersicht über die wissenschaftliche Tauglichkeit seines Werkes.
Sie bildet, in Form eines Briefes an Prof. A. von Muralt, die einzige theoretische Passage
des Buches, eine glänzende Apologie der weitverzweigten Kayserschen Harmonik.
Wie diese sich ausbreitet trotz privaten Schwierigkeiten und öffentlicher Hindernisse, wie
er Freunde und Anhänger findet an Universitäten der USA, in England, in Wien usw.
bezeugen spätere Briefe und Dokumente, öffentliche Ehrungen, Hinweise auf Beiträge in
Zeitungen und Radio.
Die «Erinnerungen an Hans Kayser» sind in wohlüberlegter Kreisform angelegt: Vom
Menschen Hans Kayser ausgehend führen sie über den Wissenschaftler und Philosophen
wiederum zurück zum Menschen, bei dem Gelehrsamkeit, Leben und Dichten verschmel-
zen. Interessant und bisher wohl wenig beachtet ist seine Auseinandersetzung mit dem
Bösen, dem Negativen in der Natur, nicht nur im Menschen.
In einer visionären Dichtung, «Amphion» genannt, sucht Kayser im Gespräch mit dem
Demiurgen, dem Weltenschöpfer und Diener eines fernen Gottes, dem Rätsel von Krieg,
Verbrechen und Zerstörung, eben dem genannten «Zerrüttungsfaktor» in der Welt, auf die
Spur zu kommen und ihn dem harmonikalen Weltbild so einzuverleiben, dass Geheimnisse
der Mystik fühlbar werden.
Was er hier leidenschaftlich, in rhythmischer Prosa besingt, das erzählt er zierlich und spie-
lerisch als Götti der Kinder Walter Ammanns im «Märchen vom Zwergli Mupp».
Eingebettet in das zweite Bündel sehr persönlicher Texte kommen die beiden Töchter Ruth
Giraldi-Kayser und Eve Neuner-Kayser zu Wort. Erstaunlich, dass beide übereinstimmend
eine überreiche Kindheit schildern und einen Vater darstellen, der hauptsächlich für seine
Kinder zu leben schien, als Erzähler, Kamerad, Spielgefährte, Bergführer, begeisternder
Lehrer, splendid im Schenken, genau im Einhalten der häuslichen Ordnung.
Das Buch endet, hilfreich für den Leser, mit einer knappen Übersicht über das vielver-
zweigte Werk von Hans Kayser, verfasst von Max Schwendimann. Die letzte Seite listet
Hans Kaysers Hauptwerke auf.
Das Buch darf wohl in eine Reihe gestellt werden mit den Erinnerungswerken universaler
Denker des 20. Jahrhunderts wie Albert Schweizer, C.G. Jung und Rudolf Steiner.
Dr. Gertrud Hofer-Werner
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BÜCHERBESPRECHUNGEN

André M. Studer
Das inwendige Tagebuch
Dialog mit der anderen Welt
100 S., br., Rothenhäusler Verlag 2000, Fr. 24.50

Seit fast einem viertel Jahrhundert, jeweils vor Sonnenaufgang, meldet sich bei André
Studer eine konkret erfahrene «andere Welt» zu Wort. Durch die Morgenmeditation inner-
lich vorbereitet, erlebt er ihre Mitteilungen zumeist wie in einem Traum, der, aufgezeichnet,
alsobald in Vergessenheit fällt.
Die jeweilige Themenauswahl liegt ganz bei den «unsichtbaren Kollegen jenseits des
Schleiers, der unserer Wahrnehmung gesetzt ist». Studer selbst bleibt passiver Empfänger.
Vorurteilsfrei folgt er seinem Pendel, das über einer Planchette schwingend Buchstabe um
Buchstabe die Botschaften mitteilt. Wohl aufgrund dieses Umstandes sind die Texte
relativ dicht und zuweilen mehrschichtig in ihrer Bedeutung. Sie enthalten Belehrungen
über geistige Wirklichkeiten und Kommentare zur Menschenwelt, und sie laden ein, dem
Sinn des Menschseins und dem Verhältnis unseres Hier und Jetzt zur «Anderwelt» nach-
zuspüren.

Ernst Waldemar Weber


Die vergessene Intelligenz
Musikverlag Pan AG, Zürich, 1999, Fr. 38.–

Dieses Buch wurde von zwei Rezensenten ganz unabhängig voneinander besprochen.
Weil sie ganz verschiedene Schwerpunkte betonen, veröffentlichen wir hier beide Bespre-
chungen, um dem Werk möglichst gerecht zu werden.

1.
Ernst Waldemar Weber, der Autor der vorliegenden Publikation, ist unsern Lesern bereits
durch seine Beiträge in diesen MITTEILUNGEN bekannt. Er hat sich überdies als Initiant
der schweizerischen Schulversuche mit erweitertem Musikunterricht einen Namen ge-
macht. Gestützt auf die positiven Ergebnisse dieser Versuche sowie auf neuere psycho-
logische und neurologische Forschungen, fasst Weber hier noch einmal die Gründe
zusammen, die eine – ihrer allgemein menschlichen Bedeutung entsprechende – bessere
Integrierung musikalischer Tätigkeit in unser Schulsystem rechtfertigen und verlangen. Die
Schrift richtet sich an einen weiten Leserkreis: Pädagogen, Eltern, Musiker, Politiker.
Weber geht von der Idee des amerikanischen Psychologen Howard Gardner (Harvard-Uni-
versität) aus, der annimmt, dass im Menschen nicht eine einzige, allgemeine, sondern
mehrere, relativ autonome Intelligenzen angelegt seien. In seinem Buch «Frames of Mind»
(1983) unterschied Gardner sieben Intelligenzen (Fähigkeiten zur Problemerkennung und
-lösung): sprachliche, mathematisch-logische, räumliche, musikalische, körperlich-kinäs-
thetische, intrapersonale, interpersonale. Dass dies weder die einzige noch eine ganz all-
gemein anerkannte Intelligenz-Theorie ist, kann man dem kritischen Hinweis Webers auf
David Goleman entnehmen, der den Begriff «emotionale Intelligenz» in die Diskussion
brachte, dabei aber die musikalischen Fähigkeiten nicht erwähnte, was Weber zum Titel
seiner Broschüre veranlasst hat.
Noch wichtiger als Gardners durch Untersuchungen zwar untermauerte, aber bei weitem
noch nicht unwiderlegbar bewiesene These scheinen mir die Ergebnisse der Hirnforschung
zu sein, aus denen (nach Hellmuth Petsche) hervorgeht, dass es im Gehirn kein Musikzen-
11
trum gibt, sondern weite Regionen in beiden Hirnhälften am Musikhören beteiligt sind (was
in einem gewissen Widerspruch zu Gardner steht, der für jede der Intelligenzen ein
bestimmtes Hirnareal als Zentrum annimmt). Im weitern hat Petsche festgestellt, dass im
Gehirn von Musikern der Balken, durch den die Verbindungen zwischen den beiden Hirn-
hälften ziehen, stärker ausgeprägt ist als bei Nicht-Musikern. Daraus schliesst er auf einen
höheren Anteil verbindender Nervenfasern bei Musikern, ohne allerdings entscheiden zu
können, wie viel auf Anlage und wie viel auf dem Einfluss durch musikalische Tätigkeit
beruht.
Weber fasst nun seinerseits das Ergebnis seiner Untersuchungen in einem Diagramm
zusammen, in dessen Mittelpunkt die musikalische Intelligenz, darum herum die sechs
andern Intelligenzen angeordnet sind, wobei verschieden starke Verbindungslinien die
angenommenen mehr oder weniger intensiven (bei fehlender Linie die nicht vorhandenen)
Verbindungen zwischen den Intelligenzen andeuten. Sein Schluss: «Wenn wir die 7 Gard-
ner’schen Intelligenzen … betrachten, so fällt auf, dass keine andere Intelligenz so viele
Verbindungen zu andern Intelligenzformen aufweist wie die musikalische Intelligenz. Jede
dieser Intelligenzen hat eine starke Beziehung zur musikalischen Intelligenz, zu den andern
Intelligenzen jedoch meist nur schwache oder keine Beziehungen.» Praktisch heisst das:
Bestätigung und Förderung der musikalischen entwickelt auch die sechs andern Intelli-
genzen.
Zu beachten ist nur, dass unter die musikalische Intelligenz so verschiedene Tätigkeiten
fallen wie Musik Hören, Lesen oder Schreiben, Singen, ein Instrument Spielen, allein oder
im Ensemble, auswendig, von Noten oder improvisierend Musizieren, Tätigkeiten, die
andere Intelligenzen sehr unterschiedlich, unter Umständen auch gar nicht beanspruchen.
Angesichts der noch recht hypothetisch erscheinenden Theorie Gardners und der erst in
den Anfängen steckenden, über die Wirkung der Kausalität in den Hirnfunktionen noch
wenig Sicheres aussagenden naturwissenschaftlichen Forschung mutet Webers Dia-
gramm ziemlich kühn an. Vielleicht braucht es solche Kühnheit, um dem Gedanken einer
stärkeren Gewichtung musikalischer Tätigkeit in Vorschul- und Schulbildung, im mensch-
lichen Leben überhaupt zum Durchbruch zu verhelfen. Anderseits sollte man nicht von
allzu optimistischen Annahmen ausgehen («Jedermann spürt den Grad der Verwandt-
schaft zwischen den Tonarten…», «Schon 6 Monate alte Kinder können die Struktur von
Musikstücken erkennen…»), wenn man ein Projekt entwirft, das allen, nicht nur musika-
lisch begabten, anlagemässig bevorzugten Menschen zugute kommen soll. In diesem
Sinne sind Webers Ausführungen eine diskussionswürdige, da und dort auch noch korrek-
turbedürftige Grundlage.
Dr. Max Favre

2. Revue Musicale Suisse Nr. 4, April 2000


Der unermüdliche Pionier für erweiterten Musikunterricht in der Schule und bessere
gesetzliche Rahmenbedingungen für die Musikerziehung in der Schweiz stellt auf diesen
132 Seiten dar, wie sich in den letzten zehn Jahren der Begriff der Intelligenz aufgefächert
hat, nachdem Howard Gardner 1985 mit seinem Buch «Frames of Mind» («Abschied vom
IQ») den Stein weltweit ins Rollen gebracht hatte.
Neben den drei im herkömmlichen IQ enthaltenen Intelligenzen für Sprache, Mathematik-
Logik und Raumvorstellung bewies Gardner die Existenz einer musikalischen, körperlich-
kinästhetischen, eigenpersönlichen und sozialen Intelligenz. Doch mit dem nach Daniel
Golemans Bestsellertitel «Emotionale Intelligenz» (1997) geprägten und heftig diskutierten
Begriff «EQ» – eine Zusammenfassung der zwei letzten Gardnerschen Intelligenzen als
Gegensatz zum herkömmlichen IQ –, drohte die musikalische und die körperlich-kinästhe-
tische Intelligenz zwischen Stuhl und Bank zu fallen. Weber stellt diese beiden künstle-
rischen Intelligenzen ins rechte Licht, ja er kommt zum Schluss, dass die Musik-Intelligenz
im Zentrum steht, weil sie als Einzige zu allen sechs andern Intelligenzen wichtige Bezie-
hungen hat.

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Die übersichtlich angeordneten Kapitel enthalten – gestützt auf wissenschaftliche Erkennt-
nisse, die bis in die neueste Hirnforschung reichen – Darstellungen der sieben Intelligen-
zen, erläutern die Wechselwirkung zwischen Gesellschaft und Erziehung und – das ist der
wertvollste Teil – geben visionäre Vorschläge für eine Schule von morgen mit allen Konse-
quenzen der Schulenorganisation, Fächeraufteilung, Leistungsbeurteilung, Elternschulung,
Lehrerausbildung … Dies macht die Schrift zur Pflichtlektüre für alle Entscheidungs-
träger/Innen des Bildungswesens.
Aber auch für alle Erziehenden ist das Buch empfehlenswert dank der vielen spannenden
und anregenden – der Übersichtlichkeit halber kursiv gedruckten – Geschichten und Aus-
sagen des Autors, von Forschern, Dichtern, Musikern, Lehrern und Schülern. Am Schluss
des Buches stehen die Quellenangaben als Hilfe und zur Vertiefung in die vielfältig ange-
schnittenen Themen. Ein begeisterndes Buch.
Walter Amadeus Ammann

Peter Michael Hamel


Durch Musik zum Selbst
Das Buch des 1947 geborenen Autors ist bereits 1976 herausgekommen; 1989 wurde es
überarbeitet, vor allem im Kapitel Harmonik. Vor mir liegt die 5. Auflage der Taschenbuch-
ausgabe von 1989.
Im ersten Kapitel wird zunächst die Wahrnehmung der Musik durch uns heutige (westliche)
Menschen hinterfragt, vor allem auch im Blick auf C.G. Jung und die Philosophen Teilhard
de Chardin, Graf Dürckheim und Jean Gebser, und es wird aufgezeigt, wie viele wichtige
Komponisten unseres Jahrhunderts sich mit «mystisch-magischen, spirituellen, metaphy-
sischen und auch aussereuropäischen Inhalten beschäftigt haben». Von Debussy, Ravel,
Schönberg ist die Rede, aber auch von Bartok und Orff, Nono und Ligeti, Messiaen, Stock-
hausen und Cage. Wichtig sind dem Autor, der selber Initiator und Mitglied der Gruppe
«Between» war, die improvisierte Musik und nicht zuletzt – im Zusammenhang mit Drogen
– die psychedelische Musik.
Das zweite Kapitel befasst sich mit der Begegnung zwischen westlicher und der Musik der
östlichen «magisch und mythisch bewussten Kulturen», ausgelöst in den sechziger Jahren
durch Joachim E. Behrendt und die «Jaz Meets the World»-Bewegung, durch die Beatles,
die den Sitar-Virtuosen Ravi Shankar bekannt machten und durch Yehudi Menuhin, der mit
Shankar spielte und Platten aufnahm. In der Folge gingen viele junge westliche Musiker bei
Meistern in Asien und Afrika in die Lehre. Dadurch wurde deren Musik glücklicherweise in
dem Moment aufgewertet, als sie im Begriff war, auszusterben und dem westlichen Sound
zu erliegen.
Der Autor geht ausführlich auf die klassische indische Musik ein. So erfahren wir, dass sie
ihren Ursprung in der Rezitation der heiligen Texte hat, also von der menschlichen Stimme
und dem Gesang ausgeht. Die Veden werden noch heute, wie bei den alten Griechen die
llias und die Odysee, auf drei Tönen rezitiert, dem Grundton und je einem Ganzton darüber
und darunter. Die indische Musik ist einstimmig, dazu bleibt der Grundton, der je nach
lnstrument und Sänger etwas variiert, als Bordunklang (mit Quinte und Oktave) beständig
liegen. Die Oktave ist in zwei Tetrachorde (vier Töne) geteilt. Es gibt (in Nordindien) zehn
verschiedene Skalen aus diesen sieben Tönen (Thats): unsere sechs Kirchentonarten
(inklusive aeolisch und ionisch) und dazu vier Tonarten, die übermässige Sekunden enthal-
ten; der fünfte Ton, die Quinte bleibt immer unverändert. Auf diesen zehn Thats beruhen
mehrere hundert Ragas, die in Klangfarbe und Tonhöhe minim, aber bedeutend von einan-
der ab weichen. In Südindien gibt es 72 Thats und weit über 5000 verschiedene Ragas.
Vor dem Spiel werden die beweglichen Bünde der Sitar auf die verlangte Skala eingestellt.
Ein Raga ist ein manchmal eine Stunde oder länger dauerndes Musikstück; es beginnt mit
dem meditativen Alap, der auch die Tonauswahl bestimmt. Jeder Raga ist durch einen der
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neun Empfindungs-Typen (Rasa) und durch den Tala, ein kompliziertes Rhythmus-Modell,
geprägt. Schliesslich erzählt Hamel die Geschichte seiner «zufälligen», aber nachhaltigen
Begegnung mit einem singenden Sadha am Ufer des Ganges.
In diesem Kapitel erfährt der Leser schliesslich eine Fülle von interessanten Informationen
über tibetische Ritualmusik (mit den ungeheuren, wuchtigen Tönen der riesigen Tuben und
dem Gesang der Mönche in der Kontraoktave), die Trommeln der Schamanen in vielen
Völkern, über ekstatische Gesänge in Persien und der Mongolei, über die Instrumente und
die Tonskalen in der geistlichen islamischen Musik, über die indonesische Gamelanmusik
(«ein klingendes Manifest des uns alle verbindenden kollektiven Unbewussten»), über die
Musik im alten China mit ihrer 12-Ton-Skala. Zum Abschluss vergleicht der Verfasser die
rhythmischen Formen und Strukturen im magischen, mythischen und mentalen Bewusst-
sein.
Im dritten Kapitel geht Hamel auf die Kaysersche Harmonik ein; dabei hält er sich vor allem
an Rudolf Haase. Aus den Analogien in der Quantenphysik, dem periodischen System der
Elemente, in Astronomie, Kristallographie, Botanik, Anthropologie usw. wird die Vermutung
abgeleitet, dass «die Natur, insbesondere auch die menschliche, durch Musik beeinflus-
sbar sein muss», so dass unter Umständen die Wirkung von Mantras auf die harmonikale
Beschaffenheit des Menschen zurückgeführt werden könnte. Es folgen ausführliche und
interessante Darlegungen über das Om, die singende Kraft des Urklangs, der die Welt
erschuf, über das Wesen der Mantras und wie diese die Chakras (die geistigen Zentren)
z.B. mit Obertönen, also mit harmonikalen Mitteln, erschliessen können. Dabei sind die
Formanten und damit die Vokale und deren Beziehungen zu den Räumen und Bewegun-
gen des menschIichen Körpers wichtig.
Diesen spirituellen Spekulationen vermochte der Rezensent nicht immer zu folgen, aber er
kann verstehen, dass den Verfasser als Musiker vor allem die Obertöne und die darauf
beruhenden (und mit elektronischen Mitteln machbaren) Klangfarben, als die «Träger des
Seelischen», interessieren. Hamel glaubt, dass das Interesse der avantgardistischen
Musiker für die aussereuropäischen Musikkulturen damit zusammenhängt, dass in der ein-
stimmigen Musik die Klangfarbe im Vordergrund steht.
Das vierte Kapitel befasst sich zunächst mit westlichen, vom Osten inspirierten Ansätzen
musikalischer Meditation, die ursprünglich vom Jazz ausging und durch Hermann Hesse
(Siddharta) wesentlich beeinflusst wurde. Es waren ernsthafte Musiker, die sich in den seit
den Siebzigerjahren (die Beatles bereisten Indien 1966/67) intensiv mit östlicher Musik
befassten und durch geistig-kontemplative musikalische Übungen zur Selbsterkenntis zu
gelangen suchten; daneben gab es auch viel Fragwürdiges in dieser meditativen Welle.
Dieser «Rückkehr ins Archetypische der Musik» stand die technische Revolution mit
Synthesizern gegenüber. Die neuen, faszinierenden Möglichkeiten der elektronischen Ton-
erzeugung wurden so begierig aufgenommen, dass «meditative Musik» ihre Glaubwürdig-
keit zu verlieren droht.
Weiterführende Ansätze wurden vor allem von amerikanischen Musikern in der «minimal
music» (Wiederholung kurzer Motive, die sich fast unmerklich verändern) und der «periodic
music» entwickelt. Hamel beschreibt vor allem die Arbeiten und die Wirkung von Terry
Riley und La Motta Young. Die Zusammenarbeit mit indischen Musikern wurde gepflegt.
Neu waren nun Überblendungen (z.B. mittels Tonband) und Überlappungen, womit «faszi-
nierende Klangfarbenüberlagerungen» (und meditative Wirkungen) erzielt wurden. Inzwi-
schen sind diese Techniken in der Avantgarde übernommen worden. Zum Schluss stellt
Hamel fest, dass meditative Musik weder im Konzertsaal noch bei Pop-Veranstaltungen
eine grosse Chance hätte.
Im letzten Kapitel geht Hamel zunächst auf die heilende Wirkung von Musik ein. Er zeigt
auf, dass sowohl eigene musikalische Tätigkeit und Kommunikation als auch passives
Hören therapeutische Wirkungen zeitigen kann. So erwähnt er die psychoanalytische
Technik des katathymen Bild-Erlebens oder autogenes Training mit Hilfe von Musik. Auch
Hans Kayser wird mit einem Abschnitt aus dem «Lehrbuch der Harmonik» über das hei-

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lende «Akkordbad» zitiert. Hamel beklagt, dass viele Menschen nicht in frühester Jugend
das Hinhören auf Musik gelernt haben. «Trotzdem müssen Wege gefunden werden, um die
inneren Räume wieder zu entdecken, um den eigenen Atem bewusst wahrzunehmen, um
den Umgang mit der eigenen Stimme anzuregen, das Singen zu ermöglichen, um die
natürliche Atembewegung zu fördern, die den Menschen seine eigene Schwingung, seinen
Eigenton wiederfinden lässt.»
Hier spricht Hamel aus dem Herzen des Rezensenten; er schildert die Kraft des Atems in
den Schulen des Yoga, des Zen und recht ausführlich in der Atemschule von llse Midden-
dorf. Dabei kommt er im Zusammenhang mit den Atem-Räumen im Körper wiederum auf
die Vokale zu sprechen. Schliesslich folgen auch hier Anweisungen und Übungen: zum
Finden des Eigentons, aus der indischen Gesangsschulung Mandra-Sadhana, aus dem
Nada-Yoga, zur Selbsterfahrung mit Partner und im Kollektiv, eine reiche Palette von Anre-
gungen für Leute, die Zeit und Musse haben, nach sich selber und den Archetypen der
Musik zu suchen. Das Buch schliesst mit einem lesenswerten Ausblick und einem Anhang
mit alten Texten aus dem asiatischen Raum zum Wesen der Musik.
Ernst Waldemar Weber

Konrad Götz und Maximilian Glas


LichtGestein
Bilder aus Jahrmillionen – Mythen aus Jahrtausenden
Pattloch 1998, Fr. 37.–

Was für ein Geschenk, dieses Buch! Schon äusserlich gediegen gestaltet, überrascht es
uns im Innern mit knapp gehaltenen Texten und farbfrohen Bildern, die aus dem schwar-
zen Grund hervorleuchten. Und beides lädt zu Entdeckungsreisen ein.
Die Bilder des Fotografen Konrad Götz sind Makro-Fotografien kleiner Details, oft im Mil-
limeterbereich, von Mineralien, Fossilien und Edelsteinen. Sie gewähren überraschende
und seltene Einblicke in einen Bereich, der uns für gewöhnlich verschlossen ist: das Reich
der Gesteine und Kristalle. So zu lesen in den Erläuterungen auf der letzten Seite des
Buches.
Wenn wir uns auf die Entstehungsweise in die phantastische Form- und Farbenwelt dieser
Aufnahmen machen, vergessen wir zeitweise völlig, dass wir uns im Element des Festen,
des Gesteins, bewegen. Vielmehr scheinen sich Meerestiefen aufzutun, oder wir werden
von Flammen umlodert, als sässen wir mitten in einem Vulkan. Oder ich befinde mich in
einer Kunstgalerie und bestaune Bilder, die mich an Augusto Giacomettis «Chromatische
Phantasie» erinnern.
Den 23 Bildern sind 23 Texte gegenübergestellt. Zunächst scheinen sie kaum einen Bezug
zu haben zu den Fotografien, aber dem ist nicht so: Bei näherem Hinschauen und Hin-
hören ist doch Gemeinsames zu entdecken, aber völlig freilassend. Keineswegs handelt es
sich bei den Bildern um Illustrationen der Texte oder bei den Texten um Beschreibungen
der Bilder, sondern um eine gegenseitige Steigerung zweier an sich selbständiger «Bot-
schaften». Die Zusammenstellungen wirken – jedenfalls auf mich – weder wissenschaftlich
noch irgendwie symbolisch, sondern künstlerisch: dem ästhetischen Empfinden folgend,
das etwas Gemeinsames herausspürt oder es zum mindesten versucht.
Die Texte sind Ausschnitte aus Schöpfungsmythen aus etwa drei Jahrtausenden menchli-
cher Geschichte bis hin zu modernsten Theorien, die ja in ihrer Weise auch Mythen sind.
Sie folgen einander ohne Rücksicht auf Chronologie, vielmehr auch hier, wie mir scheint,
aus einem künstlerischen Empfinden, um nicht zu sagen Instinkt heraus gesetzt, in wohl-
tuender Abwechslung.
«Einmal darf die Welt von selbst entstehen, dann wieder gibt es einen Schöpfer. Die Not-
wendigkeit des Entstehens streitet mit dem Zufall. Der Sinn der Schöpfung steht den
Urkräften gegenüber. Die Frage nach der Entstehung der Welt wird hier zur Frage nach der
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Entwicklung des Bewusstseins. Und für jeden einzelnen Menschen ist Schöpfung etwas
ganz Persönliches.» So zu lesen in den Erläuterungen des Autors M. Glas. Und mit dem
letzten Satz ist zugleich hingewiesen auf die wohl wertvollste Anregung, die ein Buch
geben kann: unsere eigene Stellung in der Schöpfung immer wieder zu überdenken.
Einem (ehemaligen) Schulmeister fällt es zuweilen gar nicht so leicht, etwas ohne Ein-
schränkung gelten zu lassen – hier darf ich es tun, ich habe nichts auszusetzen. Auch nicht
an dem niedrigen Preis. Gottfried Bergmann

Maximilian Glas
extraLapis Nr. 18, Diamant
104 S., reich bebildert, br., Chr. Weise Verlag, München 2000, Fr. 35.–

Gleichzeitig mit LichtGestein erhielten wir vom Redaktor Maximilian Glas die neueste
Nummer der Zeitschrift extraLapis, «Diamant», eine sehr sirgfältige Darstellung über die-
sen vielseitigen Edelstein, seine verschiedenen Farben, seine weitverstreuten Vorkommen
und weitere Besonderheiten.

Csaba Bornemisza
Musik der Vögel
Harmonikales Denken, Bd. 1 (Hrsg. Werner Schulze)
Wien, Wilhelm Braumüller, 1999, 168 S., kart., Fr. 41.–

Dass ein Cellist und Mitglied der Wiener Philharmoniker dem Gesang der Vögel Beachtung
schenkt, verwundert eigentlich nicht; erstaunlich ist es hingegen, wenn derselbe mehrfach
ausgezeichnete Musiker sich im Rahmen seines Studiums der Erforschung des Vogelge-
sangs widmet, umsichtige Recherchen anstellt und dabei zu faszinierenden Ergebnissen
kommt: Was Csaba Bornemisza über die «Musik der Vögel» in Erfahrung gebracht und im
ersten Band der von Werner Schulze herausgegebenen neuen Buchreihe über «Harmoni-
kales Denken» veröffentlicht hat, stellt einen ebenso beachtlichen wie anerkennens- und
lesenswerten Beitrag zu einer umfassenden Akróasis im Sinne Hans Kaysers dar.
Im einleitenden Kapitel erinnert der Herausgeber daran, dass harmonikale Forschung im
Wissen gründet, «dass zahlreiche in den Grundlagen der Musik auffindbare Gesetze sich
in Analogie zu universellen Seins- und Denkgesetzen finden. Im Mittelpunkt dieser
Anschauung stehen Zahlen und ihre Verhältnisse, als Zahlen-'Werte' Quantitäten und Qua-
litäten zugleich anzeigend.» Was liegt also näher, als den Gesang der Vögel zu belauschen
und auf solche Universalgesetze zu befragen? Der Autor verwendet dabei die Methode der
Klangmikroskopie: «Diese Methode beruht auf der Verlangsamung der Wiedergabe von
Tonaufnahmen zwecks besserer Erfassbarkeit akustischer Abläufe, die sich mit sehr hoher
Geschwindigkeit ereignen.» Auf diese Weise werden Strukturen hörbar, die sich in der
Natur nur ahnungsweise wahrnehmen lassen.
Was dabei dem Gehör zugänglich und in der Notation und Transposition auch für das Auge
sichtbar und dem Verstand erschlossen wird, ist geeignet, harmonikales Denken und For-
schen zu erweitern und vertiefen, aber auch das Staunen, Begegnen und Verstehen
zwischen Menschen und Tieren zu ermöglichen und bereichern: Denn es sind Rhythmen
und Intervalle, Motive und Phrasen, Melodien und Liedstrukturen, welche zum Vorschein
kommen und den Buchtitel «Musik der Vögel» auf beeindruckende Weise rechtfertigen.
«Bausteine der menschlichen Musik sind auch im Vogelgesang nachweisbar. Wie es dazu
kommen konnte», aber auch welche Auswirkungen diese Entdeckung auf das Musikver-
ständnis hat, darum geht es in der reich illustrierten Studie, die sich mit der musikalischen
Dimension des Vogelgesangs ebenso befasst wie mit der physischen und psychischen,
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der ästhetischen und der biologischen Dimension: Eine umsichtig recherchierte und reich
illustrierte Studie, ein vielversprechender Auftakt einer neuen Buchreihe.
Johannes Gruntz-Stoll

Wilfried Krüger
Von Atomen, Farben, Klängen und Sternen –
Synästhetische Spekulationen und atom-harmonikale Variationen
Nach dem 1977 erschienenen und inzwischen bereits zum fünften Mal aufgelegten Buch
«Das Universum singt» und dem zweiten, erstmals 1985 veröffentlichten und gegenwärtig
in dritter Auflage erhältlichen Werk über «Die Atom-Hammonik» tritt Wilfried Krüger mit
einer weiteren Schrift an die Öffentlichkeit, die wie die Vorgänger im Verlag des Verfassers
erscheint: Zunächst mit dem Titel «Farben und Töne im Atom» zur Publikation vorgesehen,
hat das Buch nach einem Gespräch des Autors mit seiner Frau einen anderen Titel erhal-
ten, der auf das biblische Wort vom Nadelöhr Bezug nimmt: Hier wird «eine Dialektik deut-
lich, die aus Kleinem etwas Grosses gewinnt und bei den Fragen nach der Transzendenz
das Winzige nicht links liegen lässt, sondern besonders beachtet. Wie winzig sind Elemen-
tarteilchen? Wie wenig sagt uns ein einzelner Ton oder auch eine einzelne Farbe?» Um
Farben und Klänge der Atome und Elementarteilchen geht es denn auch in den Texten und
auf den Schautafeln, welche freilich an die Geduld und Ausdauer, an das Denkvermögen
und die Verständniskunst der Leserinnen und Leser nicht gerade geringe Ansprüche
stellen.
Denn hier werden zwischen Gestirnen und Atomen, zwischen Farben und Klängen, zwi-
schen Worten und Zeichen Verbindungen hergestellt, dass einem Hören und Sehen ver-
gehen und dabei auch noch schwindlig werden kann: Dass der Autor wohl Faszinierendes
zu berichten und Interessantes zu sagen hat, steht ausser Zweifel; nur scheinen ihm die
begrenzten Fähigkeiten und Möglichkeiten seiner Leserinnen und Leser nebensächlich
und unwichtig zu sein, so gross ist seine Begeisterung für die Einsichten und Erkenntnis-
se, die er mitzuteilen versucht: Da ist etwa von den «Farben und Tönen im Zwölferkreis der
Atome» die Rede, vom «Trigon Aspekt im Ozonmolekül» oder von «Schrödingers Katze auf
dem Bahnsteig der Quinte»; berichtet wird auch über «Alkannan und die Farbe Violett»
oder von «Kafkas Schloss und dem Schlüssel Atom-Harmonik», und alles in aufkläreri-
scher, belehrender Absicht; denn die «Atom-Harmonik klärt auf durch Hören, Schauen,
Zählen, Denken und Fühlen – Fühlen, Denken, Zählen, Schauen und Hören». Dies lässt
sich durchaus mit der von Pythagoras begründeten Harmonik vereinen, auch wenn man-
che Passagen des Buches esoterischen Charakter zu besitzen scheinen.
Während sich im Innern des Buches eine Reihe von Diagrammen und Illustrationen finden,
welche die Textabschnitte ergänzen, gibt der Umschlag zwei Aquarelle des Autors wieder:
Beide Bilder sind im Januar dieses Jahres entstanden und mit einem schwarzen Fussab-
druck signiert, mit welchem Wilfried Krüger auf den Seher Μελαµπουσ Bezug nimmt und
seine «Verbindung mit Mutter Erde und Mutter Materie» anzeigt. Schade nur, dass sich
über die Person, den Lebenslauf und den Bildungsgang des malenden und schreibenden
Atom-Harmonikers im Buch keine Angaben finden lassen; denn vielleicht gäbe es hier
einen Zugang zu den teilweise schwer verständlichen und nicht ohne weiteres nachvoll-
ziehbaren synästhetischen Spekulationen und atomharmonikalen Variationen für interes-
sierte Leserinnen und Leser bzw. den irritierten Rezensenten.

Wilfried Krüger: Das Nadelöhr der Farben und Töne.


Neue Entdeckungen im Zwölferkreis der Atome.
Trier, Atom-Harmonik-Verlag, 2000, 196 S., geb., Fr. 30.–
Johannes Gruntz-Stoll

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WEGE ZUR HARMONIK
Rudolf Stössel

Die Harmonik ist eine Wissenschaft, die die Dinge mit dem Herzen versteht und mit dem
Verstand empfindet. Alle harmonikalen Grössen können nicht nur gemessen und gezählt,
nicht nur angeschaut, sondern auch angehört werden. (Hans Kayser)

86 S., über 100 Abbildungen, broschiert, Format 17x23,5 cm, Fr. 27.–

ACHTUNG! Wir suchen ständig


Wer hat vergriffene Werke HANS KAYSERS abzugeben, vor allem:
Grundriss eines Systems der harmonikalen Wertformen
Harmonia Plantarum
Paestum
Sich bitte melden bei
WALTER AMMANN, Biderstrasse 31, CH-3006 BERN, Tel. 031 931 12 78

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