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MP Strafrecht  29.

Juni 2009 

1. Über Jahre hinweg muss Frau A in ihrer Ehe mit Herrn B Kränkungen und gewaltsame
Übergriffe ihres Mannes erdulden. Unter Alkoholeinfluss tendiert B seit einiger Zeit zu immer
stärkeren Exzessen. Am 30.4.09 trinkt er, von Problemen am Arbeitsplatz frustiert einige
Falschen Bier und einige Stamperl Schnaps ( 1,8 Prom.) und biricht dann bereits etwas
lallend einen Streit mit seiner Frau vom Zaun, im Zuge dessen er ihr mit der Faust ins
Gesicht schlägt und ihr mehrfach ankündigt, er werde sie umbringen. Aus dem Faustschalg
resultiert ein blutendes Cut über ihrem Auge. Sie will Hilfe rufen und greift zu ihrem Handy. B
möchte ihr das Handy aus der Hand schlagen. A kann aber ausweichen und B so
wegstoßen, dass er das Gleichgewicht verliert und sich beim Sturz eine Verstauchung des
Handgelenks zuzieht.

Danach zieht sich B ins Schlafzimmer zurück und schläft ein. A ist von dem Konflikt
angewidert und von Angst erfüllt, B könnte ihr bald wieder Gewalt an tun. In heftiger
Erregung nimmt A- ohne lange zu überlegen einen Polster drückt diesen den schlafenden B
auf das Gesicht und will ihn ersticken, um sich in Zukunft vor ähnlichen Angriffen wie dem
eben erlebten zu schützen. Als B aber merkwürdig zu stöhnen beginnt, erschrickt A sie
nimmt den Polster weg, sodass nichts weiter passiert.

Am nächsten Tag beschließt A sich von B zu trennen. Sie versucht ihm dies in einem
ruhigen Moment zu erklären, aber er tobt sofort wieder und kündigt ihr an, sie werde im Fall
einer Scheidung vermögenslos dastehen, da er die gemeinsamen Ersparnisse verschwinden
lassen werde. Ein Rechtsanwalt, den sie aufsucht, rät ihr zur Vorsicht und erklärt ihr dass sie
Anspruch auf die Hälfte der gemeinsamen Ersparnisse hat. Auf die Frage, ob er für sie eine
Einstweilige Verfügung erwirken könnte, die die Ersparnisse sichert, meint er aber, dass ein
solcher Antrag erfahrungsgemäß nicht genehmigt werde. A kommt daraufhin auf die Idee,
dass sie sich am besten dadurch schützen könnte, dass sie gesamten Sparbücher, die sie
und ihr Mann in einem gemeinsamen Sade bei der Bank aufbewahren, in Sicherheit zu
bringen.

Am nächsten Tag geht A zur Bank und lässt sich vom Schalterbeamten den Schlüssel
zum Safe geben, ohne sich anmerken zu lassen, was sie vorhat. Nachdem sie den Safe
geöffnet hat, überlegt sie noch genau, was sie tun soll: Im Safe befinden sich nämlich 2
durch Losungsworte gesicherte gemeinsame Sparbücher, auf denen die gesamten
gemeinsamen Ersparnisse liegen (insgesamt 28.500 €), sowie der Familienschmuck der A
(Wert ca. 18.000€) den sie immer nur herausnimmt wenn sie auf einen Ball geht. Sie nimmt
den Schmuck und ein Sparbuch Wert 14.000 € mit. Es handelt sich um ein Sparbuch, von
dem mit einem Losungswort Geld abgehoben werden kann, ohne sich ausweisen zu
müssen. Das Losungswort weiß A. Sie Übergibt das Sparbuch dem Rechtsanwalt zu treuen
Handen, bis die Scheidung und die Aufteilung des ehelichen Vermögens abgeschlossen
sind. Den Schmuck versteckt sie bei einer Freundin -ohne deren Wissen- bei der sie
zwischenzeitlich Unterkunft gefunden hat. A selben Tag wird auch die Scheidungsklage
gegen B eingebracht.

Nach Erhalt der Scheidungsklage entschließt sich Herr B, die gesamten Sparbücher an
sich zu nehmen und sofort bei derselben Bank aufzulösen sowie den Schmuck, von dem ihm
völlig klar ist dass er seiner Frau gehört, ebenfalls mitzunhemen und zu versetzen. Als er
den Safe öffnet, muss er aber feststellen, dass seine Frau ihm auf die oben beschriebene
Weise zuvor gekommen ist. Er schließt die Türe wieder, ohne etwas mitzunehmen.

Beurteilen sie die Strafbarkeit von A und B!

2. Der Staatsanwalt will am 3.6.09 Anklage gegen B nur wegen des Vorfalls am 30.4.09
erheben. Wegen der lang anhaltenden GEwaltanwendung schon vor diesem Zeitpunkt
überlegt er auch, den durch das 2. Gewaltschutzgesetz eingeführte § 107b StGB, der am
1.6.09 in Kraft getreten ist, anzuklagen.
Wäre dies zulässig? (Keine materiell rechtliche Prüfung des § 107b erwartet)

3. A ist inzwischen von B geschieden. Im Strafverfahren gegen B ( nur) wegen des Vorfalls
am 30.4.09 erklärt A, dass für sie die Sache erledigt sei und sie ihren Ex Man keine weiteren
Probleme mehr machen wolle. Sie wünscht daher keine Bestrafung und wolle daher auch
nicht aussagen.
Muss A dennoch Aussagen?
A sagt nicht aus. Der Richter will daraufhin die Aussagen er A vor der Polizei verlesen.
Was können sie als Verteidiger von B- während der Hauptverhandlung und nach seinem
Schuldspruch- gegen die Verlesung tun?
Der Richter entscheidet mit Beschluss, dass die Aussage verlesen wird.
Können sie als Verteidiger von B diesen Beschluss bekämpfen?
Ist es zulässig, dass der Polizist, der A einvernommen hat, als Zeuge über die Aussage der
A über ihre Verletzungen vernommen wird? Welche Rechtsmittel stehen B zur Verfügung?

Variante: Es kommt zwar nicht zu einer Verlesung, die polizeiliche Vernehmung der A wird
aber in der Urteilbegründung dennoch verwendet, um B schuldig zu sprechen.
Was kann B gegen das Urteil unternehmen?
4. B wird letzlich am 22.6.09 wegen § 83 StGB aufgrund einer Einschlägigen Vorstrafe zu
einer Freiheitstrafe von 7 Monaten verurteilt, von denen 3 Monate bedingt nachgesehen
werden.
Was raten sie ihm als Verteidiger?

5. B ist der Ansicht, dass er gar nicht verurteilt hätte werden dürfen, weil er A nur dieses
eine Cut zugefügt habe und er sich jetzt mit seiner Exfrau wieder verstehe. Daher wäre das
Verfahren richtigerweise ohne Verurteilung einzustellen gewesen.
Unter welchen Vorrausetzungen wäre dies möglich? Liegen die Voraussetzungen vor?
Welches Rechtsmittel kann B ergreifen?

6. Am 20.8.09 steht B erneut vor Gericht, weil herausgekommen ist dass er im März 2009
(auch) seinen Sohn geschlagen hat und leicht verletzt hat (§ 83 StGB). B wird nunmehr zu
einer weiteren Freiheitsstrafe von 9 Monaten (6 Bedingt nachgesehen) verurteilt.
Ist das zulässig? Welches Rechtsmittel steht B zur Verfügung?

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