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Erscheint a m 1. und 15. jeden Monats. Preis pro Vierteljahr M. 1,50. Einzelnummer^25 Pff
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Berlin-Wilhelmshagen -Ho. ,2i4 ^ S | ^ ' :
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Post Ncurahusdorf. • • • • • £
ts- .Das Ideal der Selbstsucht" (Schluss) — B. E r z e r : „Kontraegoistische Monologe eines Egoisten.* ;-i;i'j
' — Saxnot: .Wurzelknollen." — Eingelaufene Druckschriften.' — Anzeigen.", ^ r . ^ ' ; ^ '
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entweder Sklaven oder Tyrannen sein müssen, mag die ,Es sei denn, dafs Ihr werdet wie die Kinder".;— '
Liebe ein Hypnotismus sein, der Egoismus .weifs nichts ein Ludwig Büchner kann dies Wort nicht verstehen,; "
von solchen dunkeln Künsten, ihm ist sie eine leibhaf-. weil er selber die Liebe nicht, hat und ein tönendes."»
tige Offenbarung der Weltharmonie, die wir sonst nur Erz und eine klingende Schelle ist. Hast du je einem
ahnen können. ' ^ "Kinde eine Freude bereitet, noch ehe ihm das verfluchte
Und ist nicht die Schwester dieser Liebe die Dank- ,danke schön* eingepaukt war? Sein Auge leuchtete ...
barkeit? Wenn dir über, die Erinnerung an die nackte erst scheu, ob's auch wahr ist, dann immer strahlender
Vereinigung der Leiber auch nur ein Schatten von Un- auf, der ganze kleine Körper war von rosiger Freude •••
lust und Ueberdrufs läuft, so war die Wollust bei'dir belebt und über der Gabe vergafs es den Geber. Du
oder bei ihr eine Lüge. Und wie, wenn sie bei beiden selber aber warst dankbar — wem? der Welt, dem
nicht acht gewesen wäre? — Die Luslsucht zerstört, Kind, dir selber, dafs du das Glück mit Augen schauen"••''.'•
aber die ( spriefsende Blätter- und Blütenpracht ist der- durflest. Hast du jemals von einem Weibe Abschied. .
Dank der Erde dem zeugenden Himmel. genommen,," das nicht lügen konnte und dir unter den ;.,
letzten Küssen ins Ohr hauchte: Ich liebe dich, weil du
Ja aber die Dankbarkeit ist auch eine Tugend der
so bist — ? Du wandeltest durch die Nacht, als ob die
Christen und Philister, die keine Egoisten sein sollen
Sterne nur für dich am Himmel ständen, und z a ^ wie ; ;.
und wollen Man mufs Gott dankbar sein für Alles,
über das Haar der Geliebten strich deine Hand über •
was er an uns getan. Er läfst uns alle die guten
die feuchten Blätter der Gebüsche. Hast du jemals \ :
Sachen (von den bitteren wollen wir jetzt nicht sprechen)
-einen Waldwinkel gefunden, wo eine Quelle sprudelte, {
zukommen, nicht weil es so in seinem Wesen liegt,
und schliefst ein unter Ranunkeln und Anemonen so
* sondern weil er Dank ernten will in Gestalt von Ge-
sorglos, so gotthalt sicher wie an der' Mutter Brust?
beten, Brosamen,, die man von seinem Tische den Ar-
Das alles ist die Dankbarkeit des Egoisten.
men zukommen läfst, und Häusern, die man IHM baut.
Dann mufst du aber auch auf einsamer Insel im
Wenn man nicht dankbar ist, .wird er ärgerlich. Und
Weltmeer gestrandet sein und auf Sleintafeln Inschriften.^ •
für dieselben Brosamen, die schon als Dank für Gott
des toten Einsamen gefunden haben, die dir wie Blitze
von dem Tische der Reichen gefallen sind, sollen dann
die eigene Seele erhellen. 'Oder du mufst am Rastort
die Armen wiederum dankbar sein. Aber selbst wenn
im Hochgebirg das Tagebuch des Wanderers gefunden
die religiösen Barrieren uns nur noch Schlagschatten
haben, der höher lunaufgesliegen und nie zurückgekehrt ;•
sind, .wie sie die Pappeln über die weifse Landstrafse
ist — dir strahlt eine Helle aus den Zeilen' des Berg-
werfen, wem und für was Alles sollen wir nicht dank-
steigers, die erst, deine Augen blendet wie die unbe-
bar sein? Den Ellern, dafs sie uns überhaupt in die
fleckte weifse Fläche von Schnee und Gletschern, aber
Welt gesetzt haben, den Lehrern, dafs sie uns für
allmählig erwärmt sich dein Herz und weitet sich, und
schlechte Bezahlung mit grofsem Mismut einige lederne
du sagst dir: Dieser Mensch umfafst die. Welt; . aber
Kenntnisse eingebläut, dem - Staat, den Vorfahren, den
Alles, was er sagt, war in dir. wach, oder doch schlum-
grofsen Gründern und Erfindern,, den Frauen für die
mernd, träumend. Du beugst dein Haupt vor. dem Ge-
himmlischen Kosen, uud diese wiederum den Männern,
nius, aber du stellst dich neben den Menschen und
von denen sie geheiratet wurden, den Leuten, die uns
sprichst: Du bist Fleisch von meinem Fleisch und Bein
„unterstützen*, "wenn sie uns unsere Arbeil abkaufen,
von meinem Bein. Und dieser Stolz ist die Dankbar-
dem Freunde, der uns „verpflichtet", wenn er uns Geld
keit des Egoisten. - '••',• ; •''•;' • •-
borgt — ich habe ihm zwar gute Prozente und alles
zurückbezahll, sagt der Gutmütige, aber ich bin doch Dieser Egoismus hat die gröfsten Taten der Frei-
dankbar: ach, eine solche Kcttenlast von Dankbarkeiten, heit getan, denn sein Name ist Liebe; dieser Egoismus
dafs man darunter zusammenbrechen möchte! — E s ist hat alle Kunstwerke der Erde geschaffen, denn sein
gewifs nicht diese Dankbarkeit, in welcher der Egoismus Name'ist Dankbarkeit. .v
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,., , v\,. Bobert Reitzel, Detroit
seine schönsten Triumphe feiert. -.-•-'. . (.Der arme Teufel.').
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12. Der Eigene..
CDX® D a s I d e a l d e r S e l b s t s u c h t . @X9
(Fortsetzuujj und Schluss.)
^C^ein mächtigster Trieb ist die Lebenssucht. So lange könnte. Doch wenn sich der Mensch auch so viel, wie
'2$&f sie noch — in mehr oder minder kräftigen oder möglich auf seine eigenen und so wenig wie möglich
leisen Schlägen -^- in ihm pulsiert, facht sie ihn immer auf fremde Kräfte verläfst, ist das, was er nicht allein
von neuem dazu an, sein Ich zu behaupten. Dessen zu bewältigen vermag, immer noch von mannigfachster
wird er sich, wohl nicht immer — vielleicht meistens Art und ausgedehntestem Umfange. Er kann die Erfor- •"
nicht —. bewufst, und er belegt die Sache mit einem dernisse des täglichen Lebens — Kleider, Schuhe u. s. w.
anderen. Namen. Aber er h a n d e l t ihr entsprechend. — nicht samt und sonders allein herstellen, die Strasse
• j \ Freilich, durch die F r ü c h t e seines Thuns erweist die er durchschreitet, nicht allein anlegen, u. s. w.
sich der Mensch weit öfter— überwiegend vielleicht — als ''. • Natürlich möchte er nun gerne das Ergebnis g u t e r
F e i n d , nicht als F ö r d e r e r seines Ichs. Dies scheint Leistungen in Empfang nehmen. Das Recht, Treffliches"
ihn von dem .Vorwurfe" der Selbstsucht reinzuwaschen. zu l o r d e r n , gewinnt er aber blos dadurch, dafs e r - ; :
Diese „Entlastung" baut sich indessen auf einer Täuschung Treffliches b i e t e t . Stets beeinträchtigt er sich durch, "y
auf. • Er täuscht sich nur zu leicht und zu oft über die mangelhafte Leistungen in irgend einer Weise, wenn
F o r d e r u n g e n der Selbstsucht und glaubt, ihr-zu ent- dies auch häufig von ihm- nicht eingesehen wird oder
sprechen, während er ihr im Gegenteile w i d e r s p r i c h t . nicht immer offenkundig zu Tage tritt Aeusserliches .
Bewufst wütet er nicht — er kann dies gar nicht thun und Geistiges, Stoffliches und Seelisches sind dabei so fest- ~
-r- gegen das eigene Ich. wohl aber unbewufst, aus verknüpft, stehen zu einander in so enger Wechselbe- _.-' •
Unverstand, Verblendung, Selbsttäuschung, Verkennung", ziehung, dafs sich eine Grenzlinie zwischen beiden .
Schlaffheit, tändelnder Leichtfertigkeit.->." '•".••".-;'•.'.',:,'.'"'; Bereichen überhaupt nicht ziehen läfst Was der Mensch' >_
".',': - So mit Flüchen der Unwissenheit belastet, zieht er an der einen Stelle sät, erntet er vielleicht an .der %•
dahin, doch sogar sie lassen sich schliefshch brechen, anderen. Aber er e r n t e t es! '.-..-\'..-•"--'.'.--• '•..'••
wenn man ernstlich daran arbeitet, die Maschen ihrer Das klare Bewufstsein dessen, dafs die Folgen seines -;.,'
Umgarnung zu lösen, statt bei dem entnervenden Tröste Thuns — wenn nicht immer unmittelbar, so doch mittel- •
von der Schwachheit und Unzulänglichkeit der mensch-, bar und aui Umwegen — stets auch ihn treffen; dafs
liehen.Natur zu verharren.—,— ' ••'/'•: / \ das, was er in. die Hand nimmt, . ihn schädigt oder
; Etwas,-, von dem- g a r k e i n e Beziehungen irgend fördert, .das ist's, was ihm fehlt. Diese Erkenntnis
welcher Art zum eigenen Selbst hinlaufen, nimmt der würde ihn dahin führen, das Wesen seines w a h r e n ' . . '
Mensch überhaupt nicht in die Hand. Das ist für ihn Vorteils zu ergründen, und das' unter dem Banner der*
tot oder nicht vorhanden. . • •.'"..'•' Dummheit lustig gedeihende S p u k g e b i l d e e i n e s
.';•• "• Man giebt dies denn auch unumwunden zu und s o l c h e n weiter und weiter von sich zu verscheuchen. — -
nimmt- dabei nur. nicht das „häfsliche" Wort .Selbst- . Kann aber ein Ideal der S e l b s t s u c h t wirklich etwas
sucht" in den Mund,-; An ihre Befriedigung denkt man Erstrebenswertes- seih? Diese Frage der entsetzten .'
nicht, nein, man spricht vielmehr davon, dafs man .für Selbstlosigkeitsfanatiker erfährt die- geeignetste Beant-
eine S a c h e Interesse hat", oder dergleichen. Das Wort wortung durch die Gegenfrage, . worin .dabei wohl das
deckt aber doch, wenn auch im Gewände einer anderen - Schlimme läge? ';-/' --.'." •" ;:?^.V'..-":; .-.-.•'• '--.;'•"
Wortform, Beziehungen, die-um und an da5 Selbst sich Die Folgen seines Thuns fallen a u c h " auf den
schlingen. Nur s i e lassen das Selbst, — gleichviel ob T h a t er zurück, Sie berühren jedoch keineswegs n u r -.'•
ihnen der feste Böden der.Thatsächlichkeit oder nur die seine Person. Andere werden durch die Ausflüsse seines
'schillernden Seifenblasen der blofsen Einbildung unter- Handelns, wie überhaupt seines ganzen Wesens auf.,
liegen,— überhaupt nach sonstigen Punkten gelangen, Umwegen oder geradezu in Mitleidenschaft gezogen und y
und vollständig hören sie erst mit dem letzten Atem- entweder geschädigt oder gefördert. - Je vollendeter e r - j
zuge des Menschen auf.', - . ' ..;-,.' also sein Selbst ausgebaut hat, desto besser vermag
'.'.-...: Durch sein Zusammensein mit anderen ist der Ein- sich auch das Ihrige zu gestalten. Und das wäre ein ;
zelne auf diese angewiesen, wie sie ihrerseits auf ihn Uebel? - -;'•'.—.—.' :'S:.'.-\- : \-^:i^;/' " ^ ' -'.' :;**' . U
angewiesen sind. Er bedarf ihrer, sie bedürfen seiner. Schlimm wäre nur sein Beginnen, a n d e r e an dem
Ohne dieses „Brauchen" — für „selbstlose" Seelen auch Einstehen für-ihr Ich zu hindern, oder ihnen dies in
so ein schrecklicher Ausdruck! — gäbe es zwischen den irgend einer Weise zu erschweren. Dann leitete ihn
Menschen überhaupt keioe Gemeinschaft. ' . " aber auch keineswegs die w a h r e Selbstsucht, sondern
.7 Einer ist allerdings, selbständiger als der andere, ihr l e i d i g e s Z e r r b i l d . Greift er anderen störend in
der, weit über das Mafs unumgänglichster Notwendigkeit die Behauptung ihres Ichs ein, so beeinträchtigt er s i e
hinaus,, der Abhängigkeit, (einer künstlich vermehrten a l l e r d i n g s ; aber ebenso— mittel- oder unmittelbar—
also) verfällt und für sich durch andere fortwährend a u c h sich..' /. -:. - -"•-• '.
etwas vollführen läfst,: das er sehr gut'selbst erledigen Aber auch beim Aufopferungswilligen und Hilfsbe*
Der Eigene. ias
reiten besteht das Treffliche nicht in der Selbstlosigkeit. das Ich, weil sein Irrtum hiermit offenkundig wird. —
Nicht sie ist es, was wie ein zündender, begeisternder In der Sprache des gewöhnlichen Lebens werden
Funke von ihm zu andern hinüberspringt. Stände dessen also die Ausdrücke .selbstsüchtig" und .selbstlos" in
Selbst wirklich in keiner. Verbindung mit dem Gegen- völliger Umkehrung ihres eigentlichen Begriffes gebraucht.
stande seiner Aufopferung, Hilfeleistung, Teilnahme, so Der sogenannte Selbstsüchtige hat ein bedeutend ein-
wäre er eben kein Aufopfernder', Hilleleislender, Teil- seitigeres" Selbst, als sein „selbstloses" Gegenstück. Er
nehmender. — Ebenso stellt die Liebe der Eltern zu ihren bedarf zu seinem Glücke oder zu seiner Befriedigung
Kindern, vielleicht die stärkste, die es überhaupt giebt, einer Menge von Dingen oder Beziehungen nicht, die
einen — allerdings reinsten und edelsten —. Ausflufs der dem „Selbstlosen" unerläfslich sind; — weil sie eben einer
Selbstsucht dar. Kinder sind doch nur ein vom Ich der ihm unbekannten Welt angehören, k a n n er sie' gar
Eltern losgelöster Teil und diese lieben in ihnen das nicht suchen.
eigene Bild. , Der sogenannte Selbstlose geht als die feinere,
Die Worte „Er erstrebt nichts für sich" treffen also reichere, durch unzähüge Fäden mit der Aufsenwelt
auch nach der ideellen Seite hin in keinem Falle zu. verknüpfte Natur dahin. Nach richtiger Wertung gebührt
Sie gelten höchstens im Sinne einer Verzichtleistung auf ihm die ehrende Bezeichnung des S e l b s t s ü c h t i g e n ,
sogenannte m a t e r i e l l e Gewinne. denn sein S e l b s t s u c h t ja so unendlich v i e l m e h r
Warum aber bäumt man sich gegen diese Erkenntnis als das Ich desjenigen, den man jetzt fälschlicherweise
wohl so hartnäckig aul? Nun, aus— Selbstsucht!" Man selbstsüchtig nennt, dessen S e l b s t aber bedeutend l o s e r
hat sich ein Ideal sogenannter Selbstlosigkeit aufgebaut und inhaltsärmer dasteht. Der Ausdruck „selbstlos"
Ein Ideal aber ist der Ausflufs höchsten geistigen Seins, wäre also gerade auf letzteren anzuwenden! . ,:
gewissermafsen der Inbegriff dessen, was man für Voll- Eugenie Jaoobi.
kommenheit hält,. und der Absturz dieses Ideals schmerzt
5
*S?3
der Eigene. 15.
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S t u t t g a r t , Frleörlcli-Strasse 17. - H. O. Sperling.
^f Ausführliche Prospecte und Kataloge gratis und franko. *js-
W. Rubenow, Berlin N.,
Hrunucn-Strasse 134.
Frei Land
VerzeicJinls i n Büefiein
die gegen Einsendung des Betrags franko von - . "
ORGAN :
und Eigentum der deutschen
Bodenreformer.
M e i n t 2 mal monaülcb in Heften von 16 Seiten.
Preis vierteljahrlich Mk. 1,50 bei der Post
Adolf Brand's Buchhandlung und der Expedition:
Alb. Lehmann, Berlin,
in Berlin-Wilhelmshagen, (Post Heurahnsdorf) IVIünz-Strossc 3 0 .
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