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Erscheint a m 1. und 15. jeden Monats. Preis pro Vierteljahr M. 1,50. Einzelnummer^25 Pff

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Berlin-Wilhelmshagen -Ho. ,2i4 ^ S | ^ ' :
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Post Ncurahusdorf. • • • • • £

r^-s a m 15. J u n i 1896. s-e- ! > . Adolf Brand's Verlag ->*> 1. J a h r g a n g . a s j ^ J r ^


Vorbemerkung. —"Rob. R e i t z e l : »Das hohe Lied vom Egoismus." — E u g e n i e J acrobi:*-. :

ts- .Das Ideal der Selbstsucht" (Schluss) — B. E r z e r : „Kontraegoistische Monologe eines Egoisten.* ;-i;i'j
' — Saxnot: .Wurzelknollen." — Eingelaufene Druckschriften.' — Anzeigen.", ^ r . ^ ' ; ^ '
fV.',:

"--^cD Vorbemerkung, ©^-/i"-:;' • •::Wi^y:


Ich werde versuchen einzelne Nummern des I oberstes Thema für jede Folgenummer sanktioniert"^'
Eigenea in der Weise zusammenzustellen, dass sie sein; im Gegenteil ich wünsche von der theoretischen;/}-
ganz der Behandlung eines bestimmten Gegenstandes Di:>kussiou übers Ich immer mehr abzulenken uud da-. ;L
gewidmet sind, so z. B. diese Nummer 2 (ahnlich wie für einen recht hohen Reichtum an Geistes- und- •Seelen- *•*-
. - . v i , :*>;•
schon Nummer 1) der Frage des Ichs und der Selbst- schöptungen eigenartiger Ich-Naturen zu entfalten.- J'.-^
sucht. Das Ichproblem soll aber durchaus Dicht als Der Herausgeber.

•&%* Das h o h e Iiied Vom Egoismus. *#e-


(RJäTehr als die Bosheit versündigt sich die Gedanken- denn morgen sind wir tot", zu tun, wie der grosse
losigkeit an derSprache und am Geist des Menschen- Entdecker des natürlichen Entwicklungs-Gesetzes mit
tums. -Da meinen sie Wunder was gesagt zu haben, einem Materialien-Krämer; aber das gemeine Volk glaubl
•P--2
wenn sie einem edlen Toten Selbstlosigkeit nachrühmen. es heute noch seinen geistlichen Schulmeistern, dafs ein
Wenn Einer im Schaffen seine Befriedigung fand, ohne Mensch, der die übernatürliche Offenbarung nicht.aner^,
das Raffen zum Zweck zu machen, wenn Einer zu- kenne, auch ein schlechter Mensch sein müsse, und. der
frieden war, in kleinem Kreise als Apostel menschlicher dümmste, verluderts.tc Pfaffe darf des Beifalls' seiner'
Güte- zu walten, wenn Einer an die Verwirklichung Heerde gewifs sein, wenn er in die rhetorische. Frage
. eines grossen Gedankens sein ganzes Dasein setzte, dann ausbricht: Ist auch ein Unterschied zwischen' einem
sagen sie von ihm, er sei selbstlos gewesen. Als ob Schwein und einem Materialisten?—So wird, auch ge-
nicht gerade solche Menschen ihr Selbst, ihren . natür- dankenlos und absichtlich Egoismus mit Ichsucht,::~'-
lichen Drang 'kräftigst zur Geltung gebracht hätten! Selbstsucht synonym gemacht. W e r - a b e r ' s e i n Herz
Als ob nicht sogar die Selbstlosigkeit, welche die Kirche
als höchste Tugend preist, die sich erniedrigende bis zur
Meinungslosigkeit und hündischen Demut, eben nur mög-
daran setzt, sein Ich durch äufserliche Dinge zu erhöhen,
wer nach Macht und Ehren sucht",:.die ihm- nur die
Dummheit Anderer verleihen kann, wer um des schmut-
m
lich wäre, weil das Selbst der Bekenner ein gar so er- zigen Geldes willen sich hundertmal des Tages selbst ent-_
bärmliches ist äufsert, der hat eben kein Ich auf das er zurückfallen
Pfaffen und religiöse Philosophen haben von jeher kann, der ist inmitten seines Reichtums himmelschreiend
dem gemeinen Volk mit Begriffsverdrehungen Sand in arm, der ist nichts weniger als' ein Egoist...' i-' ; ' ' - ' ' " .
die Augen gestreut. Der wissenschaftliche und philo- Der Egoismus ist etwas Hohes, Leuchtendes..-' E r
sophische Materialismus hat so wenig mit dem gemeinen will sein Recht, er will seine freie, natürliche Entwicke- s
Materialismus: »Lasset uns essen und trinken und raffen, lung, aber er will sie keinen Augenblick auf Kosten

'•*>.". '•V £r*-:'W!


10. Der Eigene.
der Rechte und der Entwickelung Anderer. Er wird es nur ihre. Befriedigung und sind so glücklich, wie der
fast noch schwerer verwinden, herrschen zu müssen, als Gourmand, der a l l e i n an vollbesetzter Talel schwelgt.
Beherrschter zu sein. - E r strebt nach Harmonie, er Sie suchen immer nur i h r e Befriedigung — was gehn'
kann sich aber nicht als äelbstständigen Teil aus dem sie die Gefühle des Anderen an! Siehe da die Bestie
Ganzen berausreifsen, ohne aus,unheilbaren Wunden zu im Mann, welche dieselbe ist, ob sie sich im Boudoir
bluten. " Wie sollte er sich selber allseitig und harmo- der feinsten Courtisane ihr Vergnügen kauft,-ob sie im
nisch entfalten können, wie sollte er frei und mit schön- gesetzlichen Ehebett das müde, längst liebelecre Weib
heittrunkenen Sinnen durch den Weltgarten wandeln zum Beischlaf zwingt," oder ob sie in. der Nacht des
können, wenn Verkümmerung, Verstümmelung und Wahnsinns den Leib zerfleischt, an dem sie ihre Lust
Sklaventum wie schwärenbedeckte Bettler am Wege gebüfst. Siehe da die Bestie im Weibe, -die wie ein
i
liegen?! - , Vampyr das Herzblut der Besten saugt, weil sie — be-
Darum ist der Ichmensch einsam und das Glück friedigt sein will! . \ ' '..-.,.
sinkt immer hinter ihm wie Eurydice zum Orkus hin- Befriedigung, Erringung des Friedens, als ob sie -
ab. "Aber er hat Augenblicke, denen er zurufen darf: möglich wären, ohne ein Zusammenklingen! Das ist'
„Verweile doch, du bist so schön 1" und das ist. wenn höchster Friede, wenn in der Frühlingsnacht der Regen
sein Ich ein anderes Wesen wie ein Sonnenstrahl durch- hernieder kommt, und sei er vom Sturme geschleudert;
dringt und wenn er sein Ich in den Adlergedanken wenn die Wolken der Erde sich öffnen und die Erde
eines- Anderen wiederlindet. Der Egoismus brennt als den Wolken, mögen immerhin Blitze die hymenäischen
reinste Flamme in der Liebe und in der Dankbarkeit. Fackeln und Donner die Hochzeitsmusik. sein. . ' . . - ;
Das Geben mufs Empfangen sein, und das Empfangen Nur der höchste Egoismus kennt die höchste Wol-
sein Selbst Finden. Wenn ich aber von Liebe spreche, lust, nur er kennt im geschlechtlichen Genüsse die Liebe,
so habe ich nichts zu tun1 mit der Freundschaft, die doch nur er findet weit höhere Lust als in der eigenen Be-
immer auf ein Herrschen und Beherrschtsein hinausläuft friedigung in der Beglückung des Andern.
und bei normalen Menschen die körperlichen Schranken Wenn die Jünglinge und Jungfrauen wüfsten! Aber
nicht übersteigt, ich spreche auch nicht von den Hirn- was nützte ihnen das Wissen, so lange die als Gesetz
gespinsten, die als Liebe, hingebende, aufopfernde, selbst- und Sitte herrschende Unnatur nicht erlaubt, zu „prüfen,
lose u. dergl. gepredigt und besungen werden, ich spreche ob sich der Mensch zum Menschen findet." Und was
von der naturgesunden, zugreifenden geschlechtlichen nützte das Wissen und Prüfen,, wenn sie die Selbstach-
Liebe, ganz besonders wie sie in der geschlechtlichen tung des Egoismus nicht haben, der niemals sich.zum
Wollust ihren Höhepunkt erreicht. Arme verlästerte Werkzeug oder zum Eigentum eines Anderen erniedri-
Wollust, welche Höllen sind nicht schon für dich er- gen läfst. „Alle Menschen gleichgeboren sind ein ad-
funden worden! So ein schönes Wort mit so berech- liges Geschlecht," singt Herwegh; ja wenn auch nur
tigtem Begriff: die Lust an dem, was wohl tut; aber eine Spur von adligem Feingefühl in allen Menschen
eine Anklage und einen Frevel hat man daraus gemacht wäre, dann würde der Ekel und der Hafs, die m,an fh
Arme Wollust! Wie eine Phryne . stehst du vor den den meisten Ehen durch lange Jahre grofszieht, schon
grauköpfigen Bonzen, die dich verdammen, da doch jeder in der Hochzeitsnacht geboren.
deiner begehrt; „wie vor einer angesteckten Leichen" Nur der Egoismus kennt das Glück des Beglückens
' sieht man sie auf den Gassen seitab von dir weichen, in der Wollust, nur er kennt das süsse Rätsel: Ich sel-
während sie in ihren Herzen einen heimlichen Altar ber werde gröfser, besser, mein eigener, in den Augen-
errichtet haben, auf dem du als Göttin tronst. Du' bisl blicken, da ich mein stolzes Ich daran gebe, dem Ner-
in der That die unbekannte Göttin, welche tausend Re- vensystem eines geliebten Wesens höchste Entzückung
ligionen,- das Schöne, die Kunst, ja das Menfchenge- zu bereiten. '--.-•.-< , ,:.
schlecht selber gebar und die doch Keiner anerkennen Ich glaube auch nicht an die Gedankenlosigkeit der
• will.— Ich aber behaupte, : dafs in der geschlechtlichen Wollust. Ich bemitleide jeden Romancier, auch den .
'.'".- Wollust das edelste Gefühl zur Geltung kommt, dessen kühnsten naturalistischen, wenn er von seinem Helden
die menschliche Natur überhaupt fähig ist, gerade darum oder seiner Heldin nichts Anderes zu erzählen weifs.
zur Geltung kommt, weil die körperliche Schranke ge- als wie sie durch Geduld oder Kühnheit oder Schlau-
lallen ist: die Befriedigung in der Befriedigung, die heit oder Leidenschaft den ersehnten Augenblick herbei-
Wärme des Wohlgefühls, die von dem Lustfeuer des geführt haben, um schliefslich, von den weifsen Armen
Andern ausgeht. Nur hier giebt sich der Mensch ganz, umschlungen, im Genufs zu ersterben, pro tempore den
ohne Rücksicht, ohne Rückhalt, ohne Hintergedanken Verstand zu verlieren. Ich meine vielmehr, dafs die
Das sollen uns die/ Bedauernswerten nicht verkümmern, Wollust auch geistige Thätigkcit ist, dafs die intensivsten
die auch im Arm der Liebe nicht aufhören können, zu Gefühle auch die stärksten Gedanken sind. Und giebt
berechnen, o d e r die nichts zu geben haben. es eine . höhere Aeufserung des Selbstbewufstseins als
Es rühmen sich aber Viele der Wojlust, die doch die, das Meine zu dem Deinen zu machen, mich wieder-
nur Lüstlinge und lustsüchtig sind, sie suchen immer zufinden in Deiner Wonne? Für schwache Geister, die
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Der Eigene. 11,

entweder Sklaven oder Tyrannen sein müssen, mag die ,Es sei denn, dafs Ihr werdet wie die Kinder".;— '
Liebe ein Hypnotismus sein, der Egoismus .weifs nichts ein Ludwig Büchner kann dies Wort nicht verstehen,; "
von solchen dunkeln Künsten, ihm ist sie eine leibhaf-. weil er selber die Liebe nicht, hat und ein tönendes."»
tige Offenbarung der Weltharmonie, die wir sonst nur Erz und eine klingende Schelle ist. Hast du je einem
ahnen können. ' ^ "Kinde eine Freude bereitet, noch ehe ihm das verfluchte
Und ist nicht die Schwester dieser Liebe die Dank- ,danke schön* eingepaukt war? Sein Auge leuchtete ...
barkeit? Wenn dir über, die Erinnerung an die nackte erst scheu, ob's auch wahr ist, dann immer strahlender
Vereinigung der Leiber auch nur ein Schatten von Un- auf, der ganze kleine Körper war von rosiger Freude •••
lust und Ueberdrufs läuft, so war die Wollust bei'dir belebt und über der Gabe vergafs es den Geber. Du
oder bei ihr eine Lüge. Und wie, wenn sie bei beiden selber aber warst dankbar — wem? der Welt, dem
nicht acht gewesen wäre? — Die Luslsucht zerstört, Kind, dir selber, dafs du das Glück mit Augen schauen"••''.'•
aber die ( spriefsende Blätter- und Blütenpracht ist der- durflest. Hast du jemals von einem Weibe Abschied. .
Dank der Erde dem zeugenden Himmel. genommen,," das nicht lügen konnte und dir unter den ;.,
letzten Küssen ins Ohr hauchte: Ich liebe dich, weil du
Ja aber die Dankbarkeit ist auch eine Tugend der
so bist — ? Du wandeltest durch die Nacht, als ob die
Christen und Philister, die keine Egoisten sein sollen
Sterne nur für dich am Himmel ständen, und z a ^ wie ; ;.
und wollen Man mufs Gott dankbar sein für Alles,
über das Haar der Geliebten strich deine Hand über •
was er an uns getan. Er läfst uns alle die guten
die feuchten Blätter der Gebüsche. Hast du jemals \ :
Sachen (von den bitteren wollen wir jetzt nicht sprechen)
-einen Waldwinkel gefunden, wo eine Quelle sprudelte, {
zukommen, nicht weil es so in seinem Wesen liegt,
und schliefst ein unter Ranunkeln und Anemonen so
* sondern weil er Dank ernten will in Gestalt von Ge-
sorglos, so gotthalt sicher wie an der' Mutter Brust?
beten, Brosamen,, die man von seinem Tische den Ar-
Das alles ist die Dankbarkeit des Egoisten.
men zukommen läfst, und Häusern, die man IHM baut.
Dann mufst du aber auch auf einsamer Insel im
Wenn man nicht dankbar ist, .wird er ärgerlich. Und
Weltmeer gestrandet sein und auf Sleintafeln Inschriften.^ •
für dieselben Brosamen, die schon als Dank für Gott
des toten Einsamen gefunden haben, die dir wie Blitze
von dem Tische der Reichen gefallen sind, sollen dann
die eigene Seele erhellen. 'Oder du mufst am Rastort
die Armen wiederum dankbar sein. Aber selbst wenn
im Hochgebirg das Tagebuch des Wanderers gefunden
die religiösen Barrieren uns nur noch Schlagschatten
haben, der höher lunaufgesliegen und nie zurückgekehrt ;•
sind, .wie sie die Pappeln über die weifse Landstrafse
ist — dir strahlt eine Helle aus den Zeilen' des Berg-
werfen, wem und für was Alles sollen wir nicht dank-
steigers, die erst, deine Augen blendet wie die unbe-
bar sein? Den Ellern, dafs sie uns überhaupt in die
fleckte weifse Fläche von Schnee und Gletschern, aber
Welt gesetzt haben, den Lehrern, dafs sie uns für
allmählig erwärmt sich dein Herz und weitet sich, und
schlechte Bezahlung mit grofsem Mismut einige lederne
du sagst dir: Dieser Mensch umfafst die. Welt; . aber
Kenntnisse eingebläut, dem - Staat, den Vorfahren, den
Alles, was er sagt, war in dir. wach, oder doch schlum-
grofsen Gründern und Erfindern,, den Frauen für die
mernd, träumend. Du beugst dein Haupt vor. dem Ge-
himmlischen Kosen, uud diese wiederum den Männern,
nius, aber du stellst dich neben den Menschen und
von denen sie geheiratet wurden, den Leuten, die uns
sprichst: Du bist Fleisch von meinem Fleisch und Bein
„unterstützen*, "wenn sie uns unsere Arbeil abkaufen,
von meinem Bein. Und dieser Stolz ist die Dankbar-
dem Freunde, der uns „verpflichtet", wenn er uns Geld
keit des Egoisten. - '••',• ; •''•;' • •-
borgt — ich habe ihm zwar gute Prozente und alles
zurückbezahll, sagt der Gutmütige, aber ich bin doch Dieser Egoismus hat die gröfsten Taten der Frei-
dankbar: ach, eine solche Kcttenlast von Dankbarkeiten, heit getan, denn sein Name ist Liebe; dieser Egoismus
dafs man darunter zusammenbrechen möchte! — E s ist hat alle Kunstwerke der Erde geschaffen, denn sein
gewifs nicht diese Dankbarkeit, in welcher der Egoismus Name'ist Dankbarkeit. .v
s
,., , v\,. Bobert Reitzel, Detroit
seine schönsten Triumphe feiert. -.-•-'. . (.Der arme Teufel.').

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y. ."••.
12. Der Eigene..

CDX® D a s I d e a l d e r S e l b s t s u c h t . @X9
(Fortsetzuujj und Schluss.)
^C^ein mächtigster Trieb ist die Lebenssucht. So lange könnte. Doch wenn sich der Mensch auch so viel, wie
'2$&f sie noch — in mehr oder minder kräftigen oder möglich auf seine eigenen und so wenig wie möglich
leisen Schlägen -^- in ihm pulsiert, facht sie ihn immer auf fremde Kräfte verläfst, ist das, was er nicht allein
von neuem dazu an, sein Ich zu behaupten. Dessen zu bewältigen vermag, immer noch von mannigfachster
wird er sich, wohl nicht immer — vielleicht meistens Art und ausgedehntestem Umfange. Er kann die Erfor- •"
nicht —. bewufst, und er belegt die Sache mit einem dernisse des täglichen Lebens — Kleider, Schuhe u. s. w.
anderen. Namen. Aber er h a n d e l t ihr entsprechend. — nicht samt und sonders allein herstellen, die Strasse
• j \ Freilich, durch die F r ü c h t e seines Thuns erweist die er durchschreitet, nicht allein anlegen, u. s. w.
sich der Mensch weit öfter— überwiegend vielleicht — als ''. • Natürlich möchte er nun gerne das Ergebnis g u t e r
F e i n d , nicht als F ö r d e r e r seines Ichs. Dies scheint Leistungen in Empfang nehmen. Das Recht, Treffliches"
ihn von dem .Vorwurfe" der Selbstsucht reinzuwaschen. zu l o r d e r n , gewinnt er aber blos dadurch, dafs e r - ; :
Diese „Entlastung" baut sich indessen auf einer Täuschung Treffliches b i e t e t . Stets beeinträchtigt er sich durch, "y
auf. • Er täuscht sich nur zu leicht und zu oft über die mangelhafte Leistungen in irgend einer Weise, wenn
F o r d e r u n g e n der Selbstsucht und glaubt, ihr-zu ent- dies auch häufig von ihm- nicht eingesehen wird oder
sprechen, während er ihr im Gegenteile w i d e r s p r i c h t . nicht immer offenkundig zu Tage tritt Aeusserliches .
Bewufst wütet er nicht — er kann dies gar nicht thun und Geistiges, Stoffliches und Seelisches sind dabei so fest- ~
-r- gegen das eigene Ich. wohl aber unbewufst, aus verknüpft, stehen zu einander in so enger Wechselbe- _.-' •
Unverstand, Verblendung, Selbsttäuschung, Verkennung", ziehung, dafs sich eine Grenzlinie zwischen beiden .
Schlaffheit, tändelnder Leichtfertigkeit.->." '•".••".-;'•.'.',:,'.'"'; Bereichen überhaupt nicht ziehen läfst Was der Mensch' >_
".',': - So mit Flüchen der Unwissenheit belastet, zieht er an der einen Stelle sät, erntet er vielleicht an .der %•
dahin, doch sogar sie lassen sich schliefshch brechen, anderen. Aber er e r n t e t es! '.-..-\'..-•"--'.'.--• '•..'••
wenn man ernstlich daran arbeitet, die Maschen ihrer Das klare Bewufstsein dessen, dafs die Folgen seines -;.,'
Umgarnung zu lösen, statt bei dem entnervenden Tröste Thuns — wenn nicht immer unmittelbar, so doch mittel- •
von der Schwachheit und Unzulänglichkeit der mensch-, bar und aui Umwegen — stets auch ihn treffen; dafs
liehen.Natur zu verharren.—,— ' ••'/'•: / \ das, was er in. die Hand nimmt, . ihn schädigt oder
; Etwas,-, von dem- g a r k e i n e Beziehungen irgend fördert, .das ist's, was ihm fehlt. Diese Erkenntnis
welcher Art zum eigenen Selbst hinlaufen, nimmt der würde ihn dahin führen, das Wesen seines w a h r e n ' . . '
Mensch überhaupt nicht in die Hand. Das ist für ihn Vorteils zu ergründen, und das' unter dem Banner der*
tot oder nicht vorhanden. . • •.'"..'•' Dummheit lustig gedeihende S p u k g e b i l d e e i n e s
.';•• "• Man giebt dies denn auch unumwunden zu und s o l c h e n weiter und weiter von sich zu verscheuchen. — -
nimmt- dabei nur. nicht das „häfsliche" Wort .Selbst- . Kann aber ein Ideal der S e l b s t s u c h t wirklich etwas
sucht" in den Mund,-; An ihre Befriedigung denkt man Erstrebenswertes- seih? Diese Frage der entsetzten .'
nicht, nein, man spricht vielmehr davon, dafs man .für Selbstlosigkeitsfanatiker erfährt die- geeignetste Beant-
eine S a c h e Interesse hat", oder dergleichen. Das Wort wortung durch die Gegenfrage, . worin .dabei wohl das
deckt aber doch, wenn auch im Gewände einer anderen - Schlimme läge? ';-/' --.'." •" ;:?^.V'..-":; .-.-.•'• '--.;'•"
Wortform, Beziehungen, die-um und an da5 Selbst sich Die Folgen seines Thuns fallen a u c h " auf den
schlingen. Nur s i e lassen das Selbst, — gleichviel ob T h a t er zurück, Sie berühren jedoch keineswegs n u r -.'•
ihnen der feste Böden der.Thatsächlichkeit oder nur die seine Person. Andere werden durch die Ausflüsse seines
'schillernden Seifenblasen der blofsen Einbildung unter- Handelns, wie überhaupt seines ganzen Wesens auf.,
liegen,— überhaupt nach sonstigen Punkten gelangen, Umwegen oder geradezu in Mitleidenschaft gezogen und y
und vollständig hören sie erst mit dem letzten Atem- entweder geschädigt oder gefördert. - Je vollendeter e r - j
zuge des Menschen auf.', - . ' ..;-,.' also sein Selbst ausgebaut hat, desto besser vermag
'.'.-...: Durch sein Zusammensein mit anderen ist der Ein- sich auch das Ihrige zu gestalten. Und das wäre ein ;
zelne auf diese angewiesen, wie sie ihrerseits auf ihn Uebel? - -;'•'.—.—.' :'S:.'.-\- : \-^:i^;/' " ^ ' -'.' :;**' . U
angewiesen sind. Er bedarf ihrer, sie bedürfen seiner. Schlimm wäre nur sein Beginnen, a n d e r e an dem
Ohne dieses „Brauchen" — für „selbstlose" Seelen auch Einstehen für-ihr Ich zu hindern, oder ihnen dies in
so ein schrecklicher Ausdruck! — gäbe es zwischen den irgend einer Weise zu erschweren. Dann leitete ihn
Menschen überhaupt keioe Gemeinschaft. ' . " aber auch keineswegs die w a h r e Selbstsucht, sondern
.7 Einer ist allerdings, selbständiger als der andere, ihr l e i d i g e s Z e r r b i l d . Greift er anderen störend in
der, weit über das Mafs unumgänglichster Notwendigkeit die Behauptung ihres Ichs ein, so beeinträchtigt er s i e
hinaus,, der Abhängigkeit, (einer künstlich vermehrten a l l e r d i n g s ; aber ebenso— mittel- oder unmittelbar—
also) verfällt und für sich durch andere fortwährend a u c h sich..' /. -:. - -"•-• '.
etwas vollführen läfst,: das er sehr gut'selbst erledigen Aber auch beim Aufopferungswilligen und Hilfsbe*
Der Eigene. ias
reiten besteht das Treffliche nicht in der Selbstlosigkeit. das Ich, weil sein Irrtum hiermit offenkundig wird. —
Nicht sie ist es, was wie ein zündender, begeisternder In der Sprache des gewöhnlichen Lebens werden
Funke von ihm zu andern hinüberspringt. Stände dessen also die Ausdrücke .selbstsüchtig" und .selbstlos" in
Selbst wirklich in keiner. Verbindung mit dem Gegen- völliger Umkehrung ihres eigentlichen Begriffes gebraucht.
stande seiner Aufopferung, Hilfeleistung, Teilnahme, so Der sogenannte Selbstsüchtige hat ein bedeutend ein-
wäre er eben kein Aufopfernder', Hilleleislender, Teil- seitigeres" Selbst, als sein „selbstloses" Gegenstück. Er
nehmender. — Ebenso stellt die Liebe der Eltern zu ihren bedarf zu seinem Glücke oder zu seiner Befriedigung
Kindern, vielleicht die stärkste, die es überhaupt giebt, einer Menge von Dingen oder Beziehungen nicht, die
einen — allerdings reinsten und edelsten —. Ausflufs der dem „Selbstlosen" unerläfslich sind; — weil sie eben einer
Selbstsucht dar. Kinder sind doch nur ein vom Ich der ihm unbekannten Welt angehören, k a n n er sie' gar
Eltern losgelöster Teil und diese lieben in ihnen das nicht suchen.
eigene Bild. , Der sogenannte Selbstlose geht als die feinere,
Die Worte „Er erstrebt nichts für sich" treffen also reichere, durch unzähüge Fäden mit der Aufsenwelt
auch nach der ideellen Seite hin in keinem Falle zu. verknüpfte Natur dahin. Nach richtiger Wertung gebührt
Sie gelten höchstens im Sinne einer Verzichtleistung auf ihm die ehrende Bezeichnung des S e l b s t s ü c h t i g e n ,
sogenannte m a t e r i e l l e Gewinne. denn sein S e l b s t s u c h t ja so unendlich v i e l m e h r
Warum aber bäumt man sich gegen diese Erkenntnis als das Ich desjenigen, den man jetzt fälschlicherweise
wohl so hartnäckig aul? Nun, aus— Selbstsucht!" Man selbstsüchtig nennt, dessen S e l b s t aber bedeutend l o s e r
hat sich ein Ideal sogenannter Selbstlosigkeit aufgebaut und inhaltsärmer dasteht. Der Ausdruck „selbstlos"
Ein Ideal aber ist der Ausflufs höchsten geistigen Seins, wäre also gerade auf letzteren anzuwenden! . ,:
gewissermafsen der Inbegriff dessen, was man für Voll- Eugenie Jaoobi.
kommenheit hält,. und der Absturz dieses Ideals schmerzt

Xontra-egoistisehe JVIonologe eines Egoisten.


Herrenreich hinauslockten, aber nicht einen Schritt vor-
F*-^\a steh' ich und stemme die P a u s t e , in meine wärts, — einen Schritt zurück: zurück auf uns selbst
Hüften und blicke um mich mit der Löwenmähne
'-J^Jfc^-, — nein, Unsinn! zurück auf m i c h selbst! Auf das Ich
meiner Entdeckung: Es giebt nur eine Gewifsheit und -— nein, auf m e i n Ich, welches als mein Ich eben das
die bin I c h l Es giebt nur ein Einziges und das ist d e r gesuchte Ich ist! Ich werde konsequent sein! Ich ver-
E i n z i g e : I c h ! Ich, ich. ich und ich — und blos Ich künde eine neue Lehre, die um die Menschenohren
und dann nichts mehr und wenn doch noch etwas, dann gellen soll, wie die Peitsche um das Fell der keuchen-
wieder Ich! Punktum! Ich der Eine und Einzige, mit den Maultiere! Ich künde den Krieg allem Du. Ich
den Ichfüfsen und dem Ichlachen, auf den'Trümmern nehme das Wort, das- sie alle fürchten und kröne es:
der. dümmsten Lüge, welche die Krankheit der Jahr- E g o i s m u s ! Werdet Egoisten! — Aber Unsinn zum
hunderte erfand: auf dem D u ! Ja, fändest d a Gnade, zweitenmal: dieser Pluralis ist der Prügel zwischen den
du scheinheiliges Wörtlein „Du", so wären die Thore Beinen meiner eigenen Lehre! — Lehre?? das ist schon
offen und die Strafsen weit, auf denen all deine Phan- Verrat! W e r lehrt, der ist nicht mehr allein und richtet
tome, all deine Legionen Zutritt hätten mit dem Recht die Geschütze seiner Entdeckung gegen sich selbst.
auf Anspruch an das Eigentum der Wahrheit: an Mich. Also weg mit dem Uns und dem W i r ! Werdet nichts 1
Aber ich trete Dir auf den spruchseligen Hals und tilge Ich allein werde. Ich — und mein Hafs gegen das Du!
deine irrsingende Zunge: du. gröfster Truggeist der Gegen das Du, in welchem sie alle lauern, die .Wir",
Natürlichkeit, du Erbfeind alles immer gesuchten und die „Ihr" und die .Uns". — Ja, ewigen Hafs allem .Du"
immer verfehlten Zieles. dessen Bild du entrücktest — es verschwinde! Freu' dich und jauchze, du Allein-
in tausendgestaltenen Horizonten und dessen Besitz so Ich! Ja, das ist esl Gürte dich, du mein Hefren-Ich —
nahe liegt, so lächerlich nahe —: weil ich es selbst und sei dein, du mein Eigentum! — Aber zum.Donner-
bin und nichts. mehr und nichts anderes. f Ja, es wetter! Du? Schon wieder du? Freue dich, d u . . . ?
-giebt nur einen Schritt zu thun aus dem Zweifel, mit Jenun, das bin i c h ! Ich-du . . . Du-ich! — Da kann mein
dem uns die flatternden Gedanken aus dem eigenen Ich also auch Du sein? Wenn du nur i c h bin? Oho!
14. Der Eigene.:
da ertapp' ich mich! Da beherberge ich im Einen alle in Abschlufs kommt! Nirgends ein Schlofs und Riegel, v
anderen Möglichkeiten Da kann mein Ich auch Er sein! hinter denen man bei kühlem Verstände sich in Sicher-
Warum nicht — wenn „er" nur ich bin! Und auch ihr— heit bringen könnte; kaum mit seinen Eingeweiden ist
und gar die ganze Welt! Eine heimtückische Brücke, man allein _vor all dem Uebrigen, was Anspruch er-
die überlegt sein will! — Und wenn ich-mich für die hebt, nur scheinbar getrennt zu sein — als das, was aufser
ganze Einquartierung, die unter meinem Namen- herüber- mir zu Mir gehört! Das ist wieder die Brücke, die '
marschiert, bedanken will, lehne ich mich schliefslich ewige, unverlierbare Brücke! Eigentlich müfste der
statt gegen andere gegen mich selbst auf! Weise mein Egoist, wie ich ihn mir als den Einzigen dachte, sich
eigenes Selbst abl Das wäre ja Selbstlosigkeiil Aber gar nicht sehen, gar nicht mit sich sprechen können, —
die Perspektive ist zum Tollwerden! — Wo hacke ich denn darin liegt die Versuchung, von sich abzukommen, ."
nur den Faden, des Verrates, 'der Ueberlistung recht- sich in sich zu finden als zweierlei, sich zu unter-
zeitig ab? — Aber wenn ich damit selbstwidrig würde!? scheiden! Und wo das Zweierlei begonnen hat, folgt
W o bliebe dann der Egoismus? Ich will doch eigent- das ganze Zahlensystem der Welt hinterdrein. O, ich
lich Ich sein! Ich s e l b s t ! W o bin ichs dann aber? merke, wo das hinauszielt! Die Natur hat uns zum
Wo? .Am Ende gar nicht dort, wo ich es zu sein Narren oder sie ist selbst närrisch! Hier liegt eine Leim-
glaube? Am Ende gar, wo ich's nicht zu seih glaube? rute für Gimpel! Also aufgepafst! Am Ende bin ich
Ich sehe schon, das beantwortet mir das Mittagessen überhaupt gar kein Egoist, wo ich es am meisten zu
nicht und mein Verdauungsapparat giebt mir darauf auch sein glaube? Schliefslich bin ich gar nicht Ich, wo ich
keine Antwort. — Ich will das Fenster öffnen — — am dicksten darin bin! Am Ende bin ich dort gerade
am selbstlosesten, wo ich am hitzigsten gegen Selbst-
losigkeit donnere?! Tod und Hölle! Es steckt in jedem V'
Namen ein Kobold, der uns eine Ohrfeige giebt, wo wir
Es läfst mir keine Ruhe! Da laufe ich im Zimmer am pfiffigsten zu sein glauben! Und wo wir andere zu
herum, — in den Strafsen, — in der Welt; und weifs nasführen meinen, hab,en wir schliefslich nur unsere : s
es — und sehe Mich und bin immer in Sorge, Mir eigene Nase in der Hand!— Vermaledeite Eitelkeit und
nicht zu gefallen, eine Lächerlichkeit an Mir zu wit- Ichsorge! Wenn sie es gerade wäre, die mich nicht'
tern, ein Kichern und Kopfschütteln an Mir — wohlge-. zum Egoisten werden liefse? Wenn gerade der Egois- '•
merkt, an Mir!I Donnerwetter, nein! Dann natürlich mus mich selbstlos machte? Wenn gerade mein Ich es .
nicht an Mir! Denn sonst wäre ich ja gerade das Gegen- fertig brächte, mich um Mich zu bringen? Mir schwin-
teil von dem, was ich sein will und sein mufs als delt! Da gilt.es zu fragen, unerbittlich: Wo und wann
Egoist: wenn ich auch das zu Mir rechnete, -was bin ich eigentlich Ich? W o bin ich in mir das allge-
Mir an mir nicht'pafsl! Die Freude und Zufriedenheit meine, selbstlose und wo das besondere, eigene, wahre .'•
an mir, mit mir das bin Ich! Das ist wahrer Egois- Ich? W o bin Ich Selbst? Bin ich es dort, wo Ihr in
mus!! Punktum! •" Aber dann bin ich dort, wo ich m e i n e r Besonderheit — in Mir seid, und wo Ich in
nicht bin, wo ich mich nicht gelten lasseri kann, ein e u r e r Besonderheit — in E u c h bin? Gut, dann kenne .
Anderer? Zum Teufel! Dann kann gerade so gut ein ich nun meinen Egoismus: er heilst Nichtegoismus, Fa-
Anderer auch da wo wirklich Ich bin, in mir sein? milien-ich, Gesellschafts-ich, kosmisches Ich!! Und bin
Und dann kann ebenso gut dort, wo ich scheinbar ein ich dort selbstlos, wo ich ein Anderes aufser Mir selber ',.
Anderer bin, gerade das sein, was zu mir, meinem bin, gut;, dann kenne ich nun auch meine Selbstlosigkeit,
wirklichen Ich gehört! Am Ende laufe ich da und dort sie heifst: Selbstgefälligkeit, Eigennutz, Engsucht, Schein- '.
und dort und dort aufser mir herum, während in mir ich; kurz eben das, was der unverschrobene Ausdruck :
ein anderer oder andere sind, die mich unter meinem bislang Egoismus und Selbstsucht nannteil . .; V:
Namen düpieren, — und ich blicke in ihnen mich selbst Da haben wir also den Kobold!, — Eine närrische ...
mit fremden, ablehnenden Blicken an, blos weil ich Wortmaskerade! — Und hinter der Maske eine ver-'
draufsen »Du* heifse und prelle mich um Mich selbst! schmitzte Falle für Gründeutschland mit Milchflaum!! — :
Ja, ja, das sieht dieser durchlässigen Haut ganz gleich:
eine Korrespondenz mit dem ganzen Räume, nirgends — Ganz meine Meinung!!
eine Grenze, hinter der man mit der eigenen Rechnung B. Erzer.

5
*S?3
der Eigene. 15.

eXß). Wurzelknolleti. (9X9


A l t r u i s m u s oder E g o i s m u s ? — Die Hauptsache geschoren lassen! Die wichtigste Richtschnur bleibt: ja
scheint mir, dass — gleich unter welcher Firma — ein nichts, was sonderlichen Aufwand an Besinnen oder Geschmack
jeder sich möglichst, herausarbeite und seelischen Wurf ge- fordert! — — Und damit haben solche „Selbstsuchtskandi-
winne; so werden die andern und wird das eigene Selbst. daten" auch ganz recht; denn Geschmack und Besinnen kann
am' besten dabei fahren. ,. mau freijich nicht mehr wohl zu ihrem Selbst rechnen! ..",•'•
*
Die Schönheit des Vergessens, dass er dem Ego ange- Hier also ist der Wahnsinn, dass .einer „Ich" spielt und
hört, bildet erst die ganze Freiheit des egoistischen Triebs. ist nur eiu Splitter-F^go, ein Ansatz seiner selbst, ein unaus-
gebautes Fragmentarwesen, das geradezu nach einer Ergän-
„Volk, Menschheit, Ideal,— S p u k e ! ! " ' . , . Ganz recht, zung durch gesellschaftliche Normen schreit,^. ...mögen
— d. h. für wen sie's ebeu s i n d ! ! . . , - diese Normeu noch so nach Surrogat schmecken. — Das
« ' •• • . ' - • . - . _ ' • . Ziel bleibt ja sein eigenes Auswachsen, aber das gewinnt
„Was mir Liebe und Freundschaft wert ist, das gebe sich nicht von heut auf morgen. •* , . T\'
ich dafür." — Hat wohl je einer mehr dafür gegeben? —
Oder soll erst eino Logarithmentafel den Bruch, ausfindig Wahrlich, man hat uns klein herabdrücken, wollen, da
machen, mit dem dieser Wert endet? • Aber ich man uns riet, mehr ans liebe Ich zu denken und den
weiss ihn auch ohne sie! .:. . er heisst: 1, 1 1 1 1 . . . Schwärmereien fürs Allwohl Valet zu geben, da man uns
und diese Einer ins Unendliche fortgeschrieben. Die Rech- an Rechentafeln vordeinonstrierte, dass jede und jede Summe ;
nung ist geuau und das merkwürdigste: sie. trifft auch auf sich in ganz banale Einer auflöst. — —• •"'
der Seite meiner A u s g a b e n haarscharf zu. ohne dass ich Diese arithmetische Wahrheit ist so merkwürdig, so
je zuvor berechnet hätte, was ich der Freundschaff schuldig überraschend, dass ich in meiner Ueberraschung mich fragte,
, bin! — Rätselhaft, nicht? — Freilich seit Shakespeare ist von welcher Beschaffenheit wohl jene Einer, jene Ansich-
so vielerlei im Raum zwischen Himmel und Erde zu finden, Menschen, sein mögen. Ich begann beim Schopf;, aber das
dass ich schon'' gar nicht mehr über dies mathematische Re- ist ja ein Büschel Haare und kein Mensch! Dann stiessich
sultat erstaune. — — — Es ist übrigens' genau so schwer auf einen Knochen — die Schädeldecke, — aber der Mensch
zu finden und ich halte es auch für so wahr ^und für so ist doch kein Knochen! Und der Gallert drunter, den man
falsch, wie jenen grossen Satz der Philosophen: ich bin Auge nennt, ist er wohl auch nicht und zur Verwechslung
i c h ! —. von Mensch, und Nase würde mindestens hohe.Kurzsichtig-
keit gehören . . . . '
Wer im Generellen gebunden ist, d. h. nur die .simpeln Lächerlich also eure Komik, spasshaft die Zumutung,
Merkmale der A r t aufweist, dessen Selbstnorm fällt auch dies Konglomerat von Metzelsuppen als Einheit, als Men-
notwendig mit der Norm der Art zusammen i was er davon schen anzuerkennen! Schält euch doch einmal von den dum-
über Bord wirft, raubt er sich au moralischem Halt. — Redet men. Gliedmafsen tos,, deren Versorgung " euch die besten
ein solcher Majoritätenschädel von freier Eigenheit, so fühlt Säfte kostet! Wenn ihr erst arm- und nasenlos, ohne Kopf
er gewöhnlich den heissen Drang in sich, zwölf Bierseidel, und Rumpf ihr selber geworden seid, — dann' will ich
statt sechs hinuuterzuleoren und Bratwürste zu verdanon, wieder mit euch reden! • .
statt — wie die grosse Masse, von der er sich emanzipieren
will — Limburger Käse und Blunzen...»
•-«•.' :.:;y:.
•. V . • • „Ich."
Der Begriff der künstlerischen Vollendung erstreckt sich Wer bin ich, wer? — Im Hassen der? im Lieben?
bei einem Gebäu nicht nur auf's eigene Mauerwerk, sondern Welch Urteil gilt?'— das Lachen oder Staunen?
,auch darauf^ welche Stimmung es zu seiner Nachbarschaft [••' , Wem von den Göttern bin ich zugeschrieben,-," •-'."•-:'
findet. Denn für sich allein lässt sich kein Haus betrachten, Die mir ins Ohr der Wünsche Wechsel raunen?-
es webt, sich stets und immer in ein Bild ein. Genau so
ist's mit der Stilvollendung der Seele. Um sie zu gewinnen, Mich giebt es nicht, so wie den Felsenquader, ' -. >
ist eine feinfühlige Tönung nach der umgebenden'Welt uner- Der gleichen Seins sich tausendjährig breitet;
lässlich. Und gleicherweise ist's ihr uncrlässlich, dass sie , ,- '.Mich giebt es kaum so wie die dünne Ader, ; ;•:.•;.
selber ihre Nebenbauten in sich ausgestalten hilft,— sei es Die flinker Pulse Wallen senkt und weitet!
also nur, um sich auf einer würdigen oder doch erträglichen
Folie zu repräsentieren! » Mir selber fremd, seh' ich mich täglich w e r d e n :
V • . Nur fühlend, nehmend was die Tiefe reiche; >• '•" "
Nichts ist bezeichnender für den Splitteregoismus der — Wie Bälle kreiseln, wie in farbnen Herden",
Gegenwart, als ein modernes Städtebild. Hier hat man das Lenzvögel schwirren dureh's Geäst der Eiche.
Prototyp der wahllosen, kleinherzigen Ich-Manie. Jeder
stellt seinen Kasten• hin wie, wo und wann's ihm passt, ohne In Staunen steh' ich, tappend um zu greifen
die mindeste Frage nach Schönheit, nach Umgebung, Was, aufgelockt vom Blau, in Lüfte flattert.
nach irgend etwas; — einzig noch fragt er nach* der. — 'Und fass' icli zu, und wenn mich Flügel streifon:
. Mode und der Bau-Polizei. — Mag seine Fabrik sich aus- Den Augenblick wähn' ich mich s e l b s t ergattert!
nehmen wie Karrenschmiere am Sonntagsrock — gleich- Saxnot.
giltig: er ist, und er hat das Recht, und ihn soll man un-
16. per Eigene.

^-•Eingelaufene Druckschriften. > L i e s e g a n g , R. Ed., „ D a s bist Du". 82 S. r - Düsseldorf 1896.


•Selbstverlag d. Verf. (Reichsstr. 29). , "
. Der Herausgeber wird die Titel ihm zugegangener Druckschriften
in den meisten Fällen erwähnen, ohne sich jedoch eine .Verpflichtung
aufzuerlegen oder ein Urleil damit auszudrücken. — B e s p r e c h u n g e n R ü d e b u s c h , Emil F., „Freie-Menschen in der Liebe u n d - E h e .
erfolgen nur im Sinne s e l b s t ä n d i g e r u n d u n a b h ä n g i g e r . Ein Versuth, die Menschen glücklicher und besser zu machen."
B e i t r ä g e von seiten hierzu bereiter Mitarbeiter, denen dei Heraus- 148 S. 75 cts. — Mayville, Wis! (U. S. A.). Sclbstverl.d. Verf
geber die eingelaufenen Werke jeweilig übermittelt. - -. •
G u t t z e i t , Johannes, „Naturrecht oder Verbrechen ? Eine Studie
L a n g e , Fr Alb., „Geschichte des Materialismus und Kritik seiner "-. über weibliche Liebe bei Männern und umgekehrt." 9 Seiten.
Bedeutung in der Gegenwart" 5. (wohlfeile) Auflage. ' M. d ' Mk. 1,20. -r Leipzig, Wilhelm Besser.
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Lfg. 1 und 1. — Leipzig 1896. J. Baedeker.
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