Die Orientierungsleistung
technischer Internetaggregatoren
aus Nutzersicht.
–
Inhalt
Abstract 3!
1. Einleitung 4!
2. Hintergründe 6!
2.1 Habitualisierte Internetnutzung 6!
2.2 Aktive Nutzer des Social Web 8!
2.3 Die Informationsexplosion 11!
4. Forschungsfragen 41!
4.1 Forschungsleitende Frage 41!
4.2 Weiterführende Forschungsfragen 41!
5. Methodik 49!
5.1 Konzeption der Untersuchung 49!
5.2 Erstellung und Durchführung der Umfrage 49!
5.3 Analyse der Stichprobe 51!
5.4 Treatment-Check 51!
5.5 Methodisches Vorgehen im Hinblick auf die Fragestellung 53!
5.5.1. Unabhängige Variable 55!
5.5.1.1 Rezeptionsart und -häufigkeit 55!
5.5.1.2 Ausmaß der Selektivität 55!
5.5.1.3 Dauer der Nutzung von rivva.de 56!
5.5.2. Abhängige Variablen 57!
5.5.2.1 Erwartung einer Orientierungsleistung im Social Web 57!
5.5.2.2 Wahrnehmung einer Orientierungsleistung von rivva.de 57!
5.5.2.3 Bewertung einer Orientierungsleistung von rivva.de 58!
5.5.2.4 Erwartung journalistischer Orientierungsleistung von rivva.de 58!
5.5.2.5 Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches Angebot 59!
1
Inhalt
7. Fazit 87!
7.1 Diskussion der Ergebnisse 87!
7.2 Limitation der Studie 94!
7.3 Weiterführende Forschung 96!
8. Schlussbetrachtung 98!
9. Literaturverzeichnis 99!
10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen 107!
10.1 Tabellen 107!
10.2 Abbildungen 107!
10.3 Websites 108!
2
Abstract
Abstract
Die durch das World Wide Web entstandene Informationsflut wirft die Frage auf, wodurch im
Internet verlässliche Orientierung gewährleistet werden kann. Insbesondere das Potential
technischer Orientierungsangebote ist weitgehend unerforscht. Die vorliegende Arbeit untersucht
exemplarisch die Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de aus
Nutzersicht. Dazu wurden in einer quantitativen Studie 491 Fragebögen einer Online-Befragung
analysiert und interpretiert. Das Angebot von rivva.de vermag etablierte Orientierungsangebote
nicht zu ersetzen. Vielmehr besetzt der Dienst als Ergänzung zu bisherigen Angeboten eine
eigene Nische als vornehmliches Orientierungsangebot über Diskussionen innerhalb der
Blogosphäre und der deutschsprachigen Twitter-Landschaft. Dabei wird rivva.de nicht explizit als
journalistisches Format angesehen, sondern als zusätzliches Orientierungsangebot neben diesen
rezipiert, welches Dank seiner Quellenvielfalt eine multiperspektivische Sichtweise auf einzelne
Themenkomplexe ermöglicht.
3
1. Einleitung
1. Einleitung
In Zeiten veränderter Mediennutzung, erodierender Anteile klassisch journalistischer
Informationsvermittlung und einer zeitgleich anschwellenden Informationsflut im Internet stellt
sich die Frage, wie zukünftig verlässliche Orientierung in einer komplexen
Informationsgesellschaft gewährleistet werden kann. Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, zu
untersuchen, auf welche Art technische Internetaggregatoren welche Ausprägungen von
Orientierungsleistungen bereitstellen können. Die folgenden Denkanstöße sollen für die in dieser
Magisterarbeit aufgespannte Thematik sensibilisieren und der Einleitung in das komplexe
Themenfeld dienen.
Nicht nur der konstante Rückgang hinsichtlich der Reichweiten deutscher Tageszeitungen (vgl.
BDZV 2009), sondern beispielsweise auch die Forderung Hubert Burdas nach staatlicher
Subventionierung der bisher auf Unabhängigkeit bedachten Verlage (vgl. Burda 2009) indizieren
tiefe Verunsicherungen professioneller Informationsanbieter aufgrund des durch das Internet
hervorgerufenen Wandels. Die Verlagerung der Informationssuche ins Internet hat gravierende
Auswirkungen auf die bis vor Kurzem übliche Bereitstellung von Orientierungsleistungen durch
professionelle Vermittler. Die daraus erwachsenden Veränderungen werden beständig evidenter.
Clay Shirky, Assistenzprofessor für Neue Medien an der New York University, benennt im Essay
„Newspapers and Thinking the Unthinkable“ das Dilemma der Verlage:
„It makes increasingly less sense even to talk about a publishing industry, because the core problem
publishing solves — the incredible difficulty, complexity, and expense of making something
available to the public — has stopped being a problem.“ (Shirky 2009b)
In Analogie zur Revolution des Buchdrucks verdeutlicht Shirky die Ratlosigkeit angesichts der
Entwicklungen. Der bisher bekannten gesellschaftlich gewünschten – wirtschaftlich jedoch
langfristig kaum tragbaren – Vermittlung des Journalismus per Zeitungsangebot der Verlage
prophezeit er das baldige Ende, ohne Alternativen nennen zu können. Stattdessen postuliert er
eine Phase vielfältiger Experimente, aus denen sich langfristig eine Lösung für die Vermittlung
gesellschaftlich relevanter Informationen heraus kristallisieren werde.
4
1. Einleitung
Verlust der Kontrolle über die eigenen Gedanken und Handlungen (vgl. ebd.: 54). In einem
Portrait spricht Frank Westphal, Entwickler des technischen Internetaggregators rivva.de, davon,
die „lernende Zeitung“ zu erschaffen, „eine Frank-Schirrmacher-Maschine, die umso besser wird,
je länger man sie benutzt“ (Michal 2010). Er möchte die gefürchtete Informationsflut durch die
von Schirrmacher verschmähten Maschinen nutzbar und vor allem handhabbar machen.
Westphals erster Entwurf dieser Maschine ist der technische Internetaggregator rivva.de. Das
Angebot erfasst automatisiert in Weblogs und beim Microblogging-Dienst Twitter verlinkte
Artikel und sortiert diese nach Diskussionsstand und Aktualität. Es bietet somit ein technisch
vermitteltes Angebot zur Orientierung im World Wide Web.
Die durch das Internet entstandene Informationsflut sowie die Hoffnung auf
Beherrschbarkeit dieses Problems durch technische Hilfen spannen das in dieser Arbeit
beleuchtete Forschungsfeld auf. Es ist fraglich, wodurch im langfristig zentralen Medium Internet
verlässliche Orientierung gewährleistet werden kann. Das neu erzeugte Ausmaß an Kontingenz
bei der Auswahl von Orientierungsangeboten gebietet für kommunikationswissenschaftliche
Forschung den Blick auf bisher noch ungenügend untersuchte Alternativen zu bisher etablierten
Vermittlungsformen von Kommunikation. Die vorliegende Arbeit untersucht aus diesem Grund
exemplarisch die Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de aus
Nutzersicht.
Wie leistungsfähig ist dieser technische Vermittler? Wer nutzt das Angebot von rivva.de?
Können journalistische Orientierungsleistungen durch technische Vermittlung erbracht oder gar
substituiert werden? Diesen Fragen will die vorliegende Ausarbeitung nachgehen. Dazu werden
zunächst Hintergründe und theoretische Grundlagen technischer Orientierungsangebote und
angrenzender Themenfelder analysiert. Anschließend werden die methodische Konzeption, die
Durchführung der Studie und die erzielten Ergebnisse dargestellt. Im Fazit werden Schlüsse aus
den dargelegten Forschungsergebnissen gezogen, Kritikpunkte an der realisierten Erhebung
beschrieben und auf Anknüpfungspunkte weiterer Forschung verwiesen. Die Arbeit schließt mit
der zusammenfassenden Schlussbetrachtung.
5
2. Hintergründe
2. Hintergründe
Bevor die vorliegende Magisterarbeit auf das Hauptthema abhebt, soll in den folgenden
Abschnitten die Basis für die anschließenden Ausführungen gelegt werden. Es werden daher
zunächst die grundsätzlich tangierten Themenbereiche nachvollzogen.
Im Jahr 2009 nutzen laut ARD/ZDF-Onlinestudie 67,1 Prozent der deutschen Bevölkerung
ab dem 14. Lebensjahr zumindest gelegentlich das Internet – dies entspricht einer Steigerung von
1,3 Prozentpunkten im Vergleich zum Jahr 2008 (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 335). Die
(N)Onliner-Studie der Initiative D21 verortet die Nutzungszahlen bei analoger Ausgangsbasis
leicht höher bei 69,1 Prozent und bescheinigt eine Zunahme der Nutzung um vier Prozent zum
Vorjahr (vgl. Initiative D21 e.V. 2009: 10). Die eher kommerziell ausgerichtete Studie der
Arbeitsgemeinschaft Online Forschung e.V. bemisst die Zahl der Onlinenutzer in Deutschland
mit 68,5 Prozent der Gesamtbevölkerung. Das Gros der Nutzerschaft, nämlich 67,1 Prozent der
Gesamtbevölkerung, gehöre zum „weitesten Nutzerkreis“1 (AGOF 2009: 5). Mit mehr als zwei
Dritteln der deutschen Bevölkerung nutzt somit der Großteil der Bürger das Internet – mit
durchweg steigenden Nutzungszahlen2. Betrachtet man zudem die Durchdringung in den
1 Erfasst werden in dieser Gruppe „Personen, die innerhalb der letzten drei Monate das Internet mindestens einmal
genutzt haben“(AGOF 2009: 5).
2 Entsprechend der Zahlen der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 weist die ARD/ZDF-Offlinestudie 2009 einen Anteil
von 32,9 Prozent der Bevölkerung ohne Internetzugang aus (vgl. Gerhards / Mende 2009: 365).
6
2. Hintergründe
einzelnen Altersschichten, lässt sich auf lange Sicht die umfassende Etablierung auf gesamter
Bevölkerungsbreite erwarten (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 336).
Neben dem beständigen Anstieg der Onlinenutzerschaft ist insgesamt die Tradierung der
Internetnutzung zu konstatieren. Die Habitualisierung im Sinne täglicher Einbindung in die
Medienroutine wird angesichts der Zahlen zur regelmäßigen Nutzung evident3. Diesen Schluss
legen auch die Daten zur langfristigen Erfahrung mit dem Internet nahe. Täglich nutzen 71,6
Prozent der Onliner das Internet (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 336). Eine geringfügig größere
Nutzergruppe kann auf mehr als drei Jahre Onlinenutzung zurückblicken – 73,5 Prozent aller
Internetnutzer besitzen seit mindestens 2006 einen Internetzugang (vgl. AGOF 2009: 10). Neben
der langfristigen und täglichen Nutzung erhöht sich im Jahr 2009 außerdem die tägliche
Verweildauer im Internet. So untermauert der Anstieg um 16 Minuten auf 136 Minuten pro Tag
im Vergleich zum Jahr 2008 die These der Habitualisierung dementsprechend auch mit Blick auf
die Nutzungsintensität (vgl. van Eimeren / Frees 2009: 339).
Das Internet gehört damit im Alltag der Nutzer zum gängigen Medienrepertoire4 – ein Teil
der Nutzerschaft gibt sogar an, das Internet sei ihr Primärmedium:
„Heute sehen bereits 34 Prozent der Onliner das Internet als ihr „Primär-Medium“ an, um sich im
Alltag zurechtzufinden, aber nur 25 bzw. 24 Prozent schreiben diese Eigenschaft dem Fernsehen
oder der Tageszeitung zu. Auch als Informationsmedium […] geben 33 Prozent der Onliner dem
Internet vor allen anderen Medien den Vorzug.“ (van Eimeren / Frees 2009: 337)
Analog zu dieser Aussage verlagert sich auch die Informationssuche der Nutzer zunehmend ins
Internet. Mit einem Anstieg um sieben Prozent im Vergleich zum Vorjahr bemühen 59 Prozent
aller Befragten der ARD/ZDF-Onlinestudie – und damit ein zunehmend größerer Teil der
Nutzer – Internetquellen bei der Suche nach aktuellen Informationen (vgl. van Eimeren /Frees
2009: 341). Dabei wird zudem eine im Vergleich zum bisherigen Medienkonsum gravierende
Änderung verdeutlicht:
3 „Die aktuelle Internetentwicklung in Deutschland ist – anders als in den letzten Jahren – weniger durch die
wachsende Internetverbreitung als durch die zunehmende Einbindung des Internets in den Alltag der Menschen
gekennzeichnet.“ (van Eimeren / Frees 2009: 335)
7
2. Hintergründe
„Werden Nachrichten online rezipiert, stammen diese häufig nicht von speziellen Nachrichten-
Websites, sondern es werden die Newsangebote von Providern und Suchmaschinen beim Einstieg
und Surfen ‚mitgenommen’.“ (van Eimeren / Frees 2009: 341)
Die hier tendenziell aufgezeigten Auswirkungen lassen auf einen tiefgreifenden Wandel im
Konsum von Informationen schließen – einhergehend mit einem allgemeinen sozialen Wandel5.
Auf diese Bedürfnisse zugeschnittene Angebote finden beständig weitere Verbreitung (vgl.
Kretzschmar 2009: 343ff.). Die ubiquitäre Beschaffung und Bereitstellung von Informationen
wird demnach in den kommenden Jahren zunehmen (vgl. ebd.: 346f.). Eine weitere
Intensivierung der – dann vornehmlich mobilen – Nutzung lässt sich vor diesem Hintergrund
prognostizieren (vgl. BITKOM 2010).
Eine charakteristische Nutzergruppe des World Wide Web soll nun gesondert betrachtet
werden – die Gruppe der aktiven Nutzer des ‚Social Web’. Wie die folgende Analyse zeigen wird,
tragen sie aufgrund ihres Umgangs mit den Möglichkeiten des Internets hauptsächlich zu den
vorstehend beschriebenen Nutzungsveränderungen bei.
Der Begriff ‚Social Web’ bedarf dabei einer genauen Klärung. Auszugehen ist zunächst vom
durch O’Reilly (2005) geprägten Terminus ‚Web 2.0’ als Beschreibung einer neuartigen
5 „Mit der Flexibilisierung der Menschen in der Zeit- und Raumdimension verändert sich die Situation der
Mediennutzung. Neben den traditionellen Medien und ihren starren Vorgaben für ihre Nutzung entsteht auch das
Bedürfnis nach flexibleren Medien, die dem sozialen Wandel eher gerecht werden.“ (Kretzschmar 2009: 342)
8
2. Hintergründe
Generation von Anwendungen, Angeboten und Diensten im World Wide Web6. In der
ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 wird dieser Begriff ebenfalls genutzt:
„Unter dem Schlagwort ‚Mitmachnetz’ beschreibt Web 2.0 nun vielfältige Möglichkeiten der
Partizipation, die Chance zum aktiven Austausch und zur Beteiligung. […] [D]as Web 2.0 propagiert
vielmehr einen grundlegenden Wandel im Umgang mit dem WorldWideWeb.“ (Busemann /
Gscheidle 2009: 356)
Der Begriff ‚Web 2.0’ ist jedoch für eine fundierte Analyse kritisch zu hinterfragen. Der zentrale
Gedanke dieser Veränderung – „Jeder Nutzer ist potenzieller Sender, der Inhalte in das Netz
einspeisen und mit anderen Inhalten verknüpfen kann“ (Schmidt 2008: 21) – fand bereits vor
O’Reillys Ausführungen im World Wide Web in verschiedenen kollaborativen Diensten
Anwendung7. Zudem deutet die Versionierung des Begriffs einen Bruch zu einem vorherigen
‚Web 1.0’ an, der so nicht stringent nachvollziehbar sei (vgl. ebd.). Daher bietet der Begriff ‚Social
Web’ eine exaktere, geeignetere Bezeichnung des veränderten Umgangs mit dem World Wide
Web:
„Aus kommunikationssoziologischer Sicht erscheint die Bezeichnung ‚Social Web’ besser geeignet,
weil sie zum Ersten keine Unterscheidung zeitlicher Phasen enthält, zum Zweiten auf das World
Wide Web als zunehmend universaler Dienst des Internets verweist und zum Dritten den
grundlegenden sozialen Charakter desjenigen Bereichs des Internets betont, der Kommunikation
und anderes aufeinander bezogenes Handeln zwischen Nutzern fördert, also über die Mensch-
Maschine-Interaktion hinausgeht.“ (Schmidt 2008: 22)
Die in der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 unterschiedenen Angebote des Social Web8 weisen im
Vergleich eher geringe Nutzungszahlen für einzelne Dienste aus. Während Videoportale, private
Communitys und die Wikipedia einen beständigen Zuwachs an Nutzern verzeichnen, werden die
6 Die zentralen Merkmale der im Begriff ‚Web 2.0’ vereinten Veränderungen und Prämissen nennt O’Reilly:
„Services, not packaged software, with cost-effective scalability, control over unique, hard-to-recreate data sources
that get richer as more people use them, trusting users as co-developers, harnessing collective intelligence,
leveraging the long tail through customer self-service, software above the level of a single device, lightweight user
interfaces, development models, AND business models“ (O’Reilly 2005)
7 Ein Beispiel dafür ist das 2005 bereits lange in der Nutzung befindliche Usenet.
8 Dies sind Weblogs, Wikipedia, Foto- und Videocommunitys, Soziale Netzwerke/Communitys, Soziale
Lesezeichensammlungen (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 357f.)
9
2. Hintergründe
restlichen Angebote von einer weitaus geringeren Anzahl an Onlinern genutzt und sind „eher für
Partikularinteressen relevant“ (Busemann / Gscheidle 2009: 358). Bezeichnend ist vor allem, dass
die meisten Nutzer als passive Rezipienten die Inhalte nur konsumieren. Der höchste Grad an
Beteiligung wird in privaten Communitys erzielt – die dort veröffentlichten Inhalte bleiben
jedoch meist auf den eigenen Freundeskreis beschränkt (vgl. ebd.: 361f.).
Die zwar im Verhältnis geringe Anzahl aktiver Nutzer bedeutet in ihrer Gesamtheit dennoch
einen massiven Zuwachs aktiver Inhaltsproduzenten jenseits der Akteure professioneller
Orientierungsangebote wie beispielsweise Journalisten. Das breite Angebot an Social Web-
Diensten wird vornehmlich durch die Nutzer mit Inhalten befüllt. Der Wandel des vormals
passiven Nutzers zum Produser, der Informationen sowohl konsumiert als auch selbst
bereitstellt, wird von Bruns (2007) postuliert. Es stellt sich die Frage, inwiefern – und auch
welche – Nutzer im World Wide Web diese Rolle als Produser ausfüllen.
Eine Analyse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2006 (Gerhards / Klingler / Trump 2008) verortet
fünf Prozent der deutschen Gesamtbevölkerung als regelmäßige, (fast) tägliche Nutzer des Social
Web. Die demografischen Daten dieser Gruppe heben sich vom durchschnittlichen Onliner
deutlich ab:
„Die Gruppe der regelmäßigen Web-2.0-Nutzer weist [.] demografisch typische Merkmale von
‚Pionieren’ auf dem Gebiet der Nutzung von Informations-, Unterhaltungs- und
Kommunikationselektronik auf: Die Nutzer sind tendenziell jünger, gebildeter, finanziell besser
ausgestattet und häufiger männlich als die übrigen Nutzer des Internets. Sollte diese Gruppe
‚Trendsetter’ oder ‚Early Adopter’ sein, kann ihr Nutzungsverhalten als modellhaft für die
zukünftige Nutzung des Internets auch weiterer Nutzerschichten angesehen werden.“ (Gerhards /
Klingler / Trump 2008: 135)
Diese Prognose muss einer kritischen Betrachtung unterzogen werden. Fraglich ist, ob das
Nutzungsverhalten der ‚Early Adopter’ tatsächlich ein Vorbote für späteres allgemein
habitualisiertes Nutzungsverhalten ist9. Zu beobachten ist in einzelnen Fällen die Tradierung von
9 Diese Konzeption der „Early Adopter“ legt wiederum eine homogene Struktur und Verhaltensweise der Gruppe
zugrunde, die so nicht zwingend gegeben ist.
10
2. Hintergründe
Verhaltensweisen, welche durch frühe Nutzer eines Dienstes eingeführt wurden10. Da ‚Early
Adopter’ späteres Nutzungsverhalten vorleben können, ist eine eingehende Betrachtung ihres
Verhaltens durch wissenschaftliche Forschung für Prognosen zukünftiger Entwicklungen
gewinnbringend. Die Betrachtung dieser Nutzergruppe erscheint zudem lohnenswert, da sie als
aktive Vertreter des Social Web eine potentielle Alternative zu professionellen
Orientierungsangeboten stellen, wie die in Kapitel 3 folgenden Betrachtungen zeigen werden.
Die Gruppe der ‚Early Adopter’ nutzt eine Vielzahl an Angeboten, die auf von Nutzern
generierten Inhalte basieren und auf gesunkene Barrieren zur Veröffentlichung von Inhalten
zurückzuführen sind. Durch die Vielzahl neuer Angebote ergibt sich eine Informationsflut im
World Wide Web, mit der die Internetnutzer bei der Informationssuche konfrontiert werden.
Diese Erkenntnis schlägt eine Verbindungslinie zu den Problemen, die sich aus der im Internet
rasant angestiegenen Informationsvielfalt ergeben.
„Considering the quantity of content on the World Wide Web alone — over 175 million existing
Web sites and three million more going online each month (Netcraft, 2008) — it is clear that the
information environment is a crowded place, and becoming more so at a rapid pace.“ (Wichowski
2009)
Das rapide Wachstum hält dabei beständig an12, so dass die Menge an verfügbaren Informationen
– auch zu partiellen Themenbereichen – für den einzelnen Nutzer nicht zu bewältigen ist.
Niedrige Einstiegsbarrieren zur Publikation im World Wide Web verschärfen das Problem
10 Es wurden mittlerweile zentrale Elemente des Microblogging-Dienstes Twitter – wie die Erwähnung anderer
Twitter-Nutzer aufgrund der beständigen Nutzung durch ‚Early Adopter’ des Dienstes – offiziell eingebunden, die
von Unternehmensseite zunächst nicht geplant waren. (http://blog.twitter.com/2007/05/are-you-twittering-
me.html)
11 Eine nähere Betrachtung des Begriffs der Information wird aus kontextuellen Gründen in Kapitel 3
vorgenommen.
12 „By 2011, the digital universe will be 10 times the size it was in 2006.“ (Gantz 2008: 2)
11
2. Hintergründe
zusätzlich – neben professionelle Informationsanbieter aus dem Print- und TV-Bereich treten
Unternehmen und Privatpersonen.
Partizipative Angebote wie Weblogs werden in Deutschland nur von einer vergleichsweise
geringen Anzahl an Nutzern in Anspruch genommen (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 360).
Die nur grob bestimmbare Zahl aktiver Autoren von Weblogs lag Ende 2008 bei etwa 125.000
Personen13 (vgl. Schmidt / Frees / Fisch 2009: 50f.), die ARD/ZDF-Onlinestudie geht 2009 von
ca. 1,3 Millionen bloggenden Onlinern aus (vgl. Busemann / Gscheidle 2009: 360). Diese Zahlen
zeigen trotz ihrer hohen Varianz, dass sich die Anzahl der Personen, die Inhalte zur öffentlichen
Diskussion beitragen, im World Wide Web massiv erhöht hat. Der „endlose[.] Strom an
Neuigkeiten“ (Neuberger 2009b: 188) reißt dadurch niemals ab. Die Zahl der
Informationsanbieter, vor allem aber die Zahl der Mediatoren, erhöht sich im World Wide Web
massiv14. Die durch den limitierten physischen Raum einer Zeitung gegebene Frage, was
veröffentlicht werden kann, wendet sich durch den übermäßig vorhandenen digitalen Raum für
Informationen ins Gegenteil: „The future presented by the internet is the mass amateurization of
publishing and a switch from ‚Why publish this’ to ‚Why not?’“ (Shirky 2008: 60).
„Ein Informationsdilemma mag es schon immer gegeben haben, aber es wird durch die global sich
entwickelnden elektronischen Informationsmärkte […] zu einem grundsätzlichen Problem
moderner Gesellschaften: Auf der einen Seite verspricht die Informationsgesellschaft eine in der
Menschheitsgeschichte bislang nicht gekannte Ausweitung der verfügbaren Informationsräume (das
Wissen der Welt auf Mausklick), auf deren Grundlage im Prinzip jedermann sein Leben in all
seinen professionellen, öffentlichen und privaten Belangen informationell abgesichert bestreiten
können sollte. Auf der anderen Seite macht die Ausweitung der Informationsräume (konkret in der
13 Die Anzahl von 125.000 Nutzern ist in Schmidts Analyse die konservativste Schätzung. Eine weitere Schätzung
geht von knapp einer Million deutschsprachiger Weblogs aus (vgl. Schmidt / Frees / Fisch 2009: 51).
12
2. Hintergründe
Ausgestaltung globaler Informationsmärkte) diese so komplex, daß [sic!] niemand behaupten kann,
sie auch nur annähernd zu beherrschen.“ (Kuhlen 1999: 22)
Die durch das World Wide Web hervorgerufene Vielfalt auf Anbieterseite und die einhergehende
Disintermediation delegieren das Selektionsproblem von der Anbieter- auf die Rezipientenseite16.
Eine zentral organisierte Klassifizierung der vorhandenen Inhalte findet – im Gegensatz zu etwa
der Vorauswahl von Informationen in Redaktionen – nicht notwendigerweise statt (vgl.
Weinberger 2007: 16).
Ein zentrales Problem stellt die durch diese Gegebenheiten erweiterte Kontingenz der
Selektionsentscheidung und ihre erfolgreiche Bearbeitung dar.17 Die in den klassischen Medien
von Anbietern ausgeübte Rolle des ‚Gatekeepers’, der für sein Publikum über die Relevanz von
Informationen entscheidet, wird im Internet durch den eigenständig möglichen Zugriff auf
Informationen entbehrlich (vgl. Bruns 2005: 11ff.). Der Rezipient steht vor der Schwierigkeit,
diese Unterscheidung selbst zu treffen:
Die erhöhte Anzahl verfügbarer Quellen bedeutet daher nicht automatisch eine verbesserte
Informationslage für den Rezipienten (vgl. Bruns 2009: 110). Die Schwierigkeit für den einzelnen
Nutzer, verfügbare Informationen zu bewerten, relevante Informationen herauszustellen und in
diesem Prozess die zeitliche Komponente – und damit die sinnvolle Menge an zu
konsumierenden Informationen – zu kontrollieren, offenbart sich als drängendes Problem im
praktikablen Umgang mit dem World Wide Web:
„The real problem has less to do with the new media versus the old – an already blurry distinction
– and more with what happens to us, the audience, when we’re increasingly trying to evaluate a
deluge of data for ourselves.“ (Shapiro 1999: 189)
17 „Das gegenwärtige Informationsproblem ist wohl kaum Unterinformation, sondern Überinformation, besser
wohl: zu viel nicht beurteilbare Information und damit im Ergebnis dann doch wieder Unterinformation.“
(Kuhlen 1999: 24)
13
2. Hintergründe
Das virulente Problem der Informationsflut betrifft somit jeden Nutzer des World Wide Web.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung untersuchen die in Kapitel 3 ausgeführten
Überlegungen zu technischen Orientierungsleistungen die Möglichkeiten einer technisch
durchgeführten Aggregation relevanter Inhalte und damit einer effizienten Evaluation der
Informationsflut.
14
3. Technische Orientierungsleistungen
3. Technische Orientierungsleistungen
Zu Beginn dieses Kapitels sollen grundlegende Fragen geklärt werden: Was ist Orientierung?
Wann und warum ist Orientierung notwendig? Wodurch erfolgt Orientierung? Was ist eine
Orientierungsleistung?
Durch soziale Orientierung sichert jedes Individuum folglich seine soziale Anschlussfähigkeit.
Das Individuum orientiert sein Handeln am Handeln anderer und löst somit
19 Der Begriff „Bearbeitung von Kontingenz“ meint die Antwort auf die Frage, welche Handlung (oder im
Schmidtschen Duktus „Setzung“) aktuell Sinn und somit sozial folgenreiche Anschlusshandlungen ermöglicht.
15
3. Technische Orientierungsleistungen
Anschlusshandlungen aus. Dabei erfolgt die Orientierung in zwei Richtungen, die Selbst- und die
Fremdorientierung – denn jede Zielorientierung dient anderen Individuen zugleich als Option
zur Selbstorientierung (vgl. Schmidt 2003: 102). In diesem Zusammenhang fungiert
Kommunikation als Orientierungs-Orientierung, als „reflexive[r] Prozess, in dem
Kommunikationspartner sich gegenseitig Orientierungsangebote machen, die systemspezifisch
genutzt werden (können)“ (Schmidt 2003: 69).
Betrachtet man vor dem abstrakten Hintergrund der Kommunikation als Orientierungs-
Orientierung die Orientierungsmöglichkeiten im Alltag, so wird – insbesondere mit Blick auf die
in Kapitel 2.3 beschriebene Informationsflut – nicht nur die Notwendigkeit sozialer
Orientierung, sondern auch die Vielzahl kontingenter Möglichkeiten zur sozialen Orientierung
deutlich. Neben das unmittelbare soziale Umfeld tritt eine Unsumme an weiteren
Orientierungsangeboten. Die Nutzbarkeit dieser Angebote soll durch den Begriff der
Orientierungsleistung genauer festgelegt werden. Dazu bedarf es zunächst einer genauen
begrifflichen und inhaltlichen Erklärung: Was ist eine Orientierungsleistung?
Der diffuse Begriff der Orientierung erschwert die Definition eines konkreten Begriffs der
‚Orientierungsleistung’. So definiert Stegmaier (s.o.) die Orientierung selbst bereits als Leistung,
zentriert in seinen Ausführungen jedoch das Individuum als Leistungserbringer. Eine
Orientierungsleistung kann gerade im Hinblick auf soziale Orientierung als Güte der
angebotenen Orientierung beschrieben werden. Im Rahmen dieser Arbeit soll vor diesem
Hintergrund eine konkrete Definition des Begriffs festgehalten werden:
Im Gegensatz zu Stegmaiers Definition der Orientierung bezieht sich der Leistungsaspekt hier
nicht auf eine vom Individuum selbst erbrachte Leistung, sondern auf die rezipierten
Informationen – also auf eine für das Individuum bereitgestellte Leistung. Die Beurteilung der
Relevanz und Aktualität einer Information – und somit die Beurteilung der Orientierungsleistung
– erfolgt durch Zuschreibungen des Rezipienten. Eine Orientierungsleistung ist
dementsprechend durch subjektive Askription nur individuell bestimmbar. In Anlehnung an
Neuberger et al. (Neuberger / Nuernbergk / Rischke 2009b: 200) sowie Kohring (2001: 81)
lassen sich jedoch Gütekriterien für eine Orientierungsleistung postulieren. So sollte eine
Orientierungsleistung an sich aktuell, durch periodische Vermittlung universal und öffentlich zugänglich
16
3. Technische Orientierungsleistungen
sein sowie durch eigenständige Bereitstellung autonom vermittelt werden. Entscheidend ist darüber
hinaus die Mehrsystemzugehörigkeit der vermittelten Information (vgl. Kohring 2006: 168f.).
Durch diese Gütekriterien wird zudem die Relevanz der Information gesichert – und diese so zur
Orientierungsleistung für den Rezipienten. Die Betrachtung möglicher bereitstellender Instanzen
wird in den folgenden Kapiteln vorgenommen.
Der Begriff der Information bedarf zum vollständigen Verständnis der obigen Definition
einer genaueren Betrachtung. Kuhlen definiert Information als in Daten repräsentiertes Wissen,
das sich auf eine aktuelle Benutzungssituation bezieht (vgl. Kuhlen 1999: 138f.). Seine
Beschreibung kumuliert in der pragmatischen Beschreibung von Information als „Wissen in
Aktion“ (Kuhlen 1999: 139). Diese Festlegung soll auch für die Definition der
Orientierungsleistung Anwendung finden.
Die hier beschriebenen sowie die im späteren Verlauf der Arbeit untersuchten
Orientierungsleistungen werden in einer allgemein zugänglichen Öffentlichkeit bereitgestellt. Zu
diesen Orientierungsleistungen der Öffentlichkeit merkt Neidhardt an:
Sein Modell von Öffentlichkeit umfasst drei Akteursklassen, die voneinander unterschieden
werden: Sprecher, Publikum sowie Vermittler als Bindeglied zwischen den beiden ersten
Akteursklassen (vgl. ebd.: 19f.). Neidhardt nimmt hier – insbesondere bei der Rolle des
Vermittlers – die Massenmedien in den Blick. Im Internet erhöht sich die Zahl der Sprecher, vor
allem aber die Zahl der Mediatoren enorm (vgl. Kapitel 2.3). Die Diversifikation der von
Neidhardt beschriebenen Öffentlichkeit steigert sich somit in hohem Maße, da dem Nutzer –
also einem Mitglied des Publikums – die Wahl des Vermittlers freisteht. Einen wichtigen Hinweis
zum Unterschied zwischen im Zusammenhang mit klassischen Massenmedien verstandener
Öffentlichkeit und der im Social Web entstehenden Öffentlichkeit gibt Schmidt:
17
3. Technische Orientierungsleistungen
„Öffentlichkeit [ist] nicht mehr per se mit gesellschaftlicher Relevanz gleichzusetzen [.] (wie im
professionell betriebenen Journalismus), sondern [wird] im Social Web vor allem aufgrund der
potentiellen Zugänglichkeit für alle interessierten Personen gesucht [.], selbst wenn dies nur eine
kleine Gruppe ist.“ (Schmidt 2008: 32)
Nachdem die in den folgenden Abschnitten genutzten Begriffe generell definiert wurden, erfolgt
nun die Untersuchung der einzelnen relevanten Teilbereiche von Orientierungsleistungen im
Internet.
„Younger consumers are not only less reliant on the newspaper to get their news; they also
consume news across a multitude of platforms and sources, all day, constantly.“ (The Associated
Press 2008: 5)
Die Studie erhob die Nutzungsgewohnheiten von 18 Probanden und lässt daher kaum
Rückschlüsse auf eine – wie auch immer normierte – Grundgesamtheit zu. Allerdings wird dieser
qualitative Befund durch Erkenntnisse der quantitativen Studie „State of the media 2010“
zumindest für den amerikanischen Raum bestätigt:
„The American news consumer is increasingly becoming a grazer, across both online and offline
platforms. On a typical day, nearly half of Americans now get news from four to six different
platforms – from online to TV to print and more, according to new research from PEJ and the Pew
Internet and American Life Project. Within the online universe the same pattern holds true. People
graze across multiple websites for their news. Only 21% say they tend to rely primarily on one
destination; only a third even say they have a favorite news website (35%) among those they use.“
(PEW 2010)
18
3. Technische Orientierungsleistungen
Die Rezipienten nutzen somit eine breite Basis an Wegen, um sich zu informieren. Unter diesen
Optionen wird das World Wide Web angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung langfristig
zum zentralen Informationsmedium werden20.
Zudem erweitert sich der Kreis der Anbieter im Netz. Konstatierte Gerhards bereits 2001 für
die Entwicklung moderner Gesellschaften zwischen 1960 und 1989 den „Aufstand des
Publikums“ (vgl. Gerhards 2001: 167), so verstärkt sich diese Tendenz durch die Ausbreitung des
Internets darüber hinaus. Die ehemals deutlicher getrennten Rollen von Publikum und
Leistungserbringer wandeln sich zunehmend:
„Die Rechte und Inklusionsansprüche der Laien sind im Verhältnis zu den Autoritätsrollen in fast
allen Bereichen gestiegen, die Reduktion auf einen recht selektiven Rollenzuschnitt ist aufgeweicht
worden.“ (Gerhards 2001: 167)
Einhergehend mit der Verschiebung der Publikums- und Leistungsrollen22 bildet sich im Internet
eine integrierte Öffentlichkeit, die verschiedene Öffentlichkeitsebenen verknüpft23. Der dabei
entstehende, für alle Nutzer erreichbare ‚Long Tail’ (Anderson 2007) bedeutet unter anderem die
20 Beide Studien erfassen den amerikanischen Markt. Analoge Entwicklungen lassen sich jedoch auch für den
deutschen Markt annehmen.
21 Als extreme Pole dieser Spannweite seien hier Angebote wie das öffentlich-rechtliche Angebot der Tagesschau
(http://www.tagesschau.de) oder Spiegel Online (http://www.spiegel.de) im Vergleich zur Suchmaschine Google
(http://www.google.de) genannt. Während die Tagesschau und Spiegel Online eine breite Auswahl an
Informationen bereitstellt, liegt das Hauptaugenmerk für Google darauf, die für eine spezifische, spitze
Suchanfrage wichtigsten Treffer vorsortiert nach Relevanz auszugeben.
19
3. Technische Orientierungsleistungen
Aufweichung der Bindung an klassische Vermittler, wie Neidhardt sie für die kommunikative
Öffentlichkeit konzipiert. Aus der potentiellen Disintermediation von Informationen resultiert
jedoch nicht die vollständige Auflösung der Vermittlerposition. Vielmehr findet eine Remediation
durch neue Akteure statt:
„With low barriers to entry, markets for products and services will expand and, without some
guidance from intermediaries, become increasingly cluttered and difficult to navigate. […] [T]hey
should be intermediaries whose judgment and reputation we can count on. Some of these trustees
may be traditional commercial outlets who have found a presence online. Others may be new digital
intermediaries that aggregate and compare information.“ (Shapiro 1999: 191f.)
Folgt man den Ausführungen Neubergers, so stellen sich im Hinblick auf diese verschiedenen
Intermediäre, insbesondere auch im Hinblick auf „partizipative und technisierte
Kommunikationsformate“ (Neuberger 2009a: 60) diverse Fragen für die Vermittlung von
Orientierungsleistungen im Internet:
„Inwieweit fühlen sich Nutzer im Internet quantitativ und qualitativ überfordert? Wie groß ist die
Nachfrage nach Leistungen von Vermittlern im Internet? Welche konkreten Erwartungen richten
sich an sie? Wie beurteilen Nutzer die Leistungen von professionellen, partizipativen und
technischen Vermittlern? Können aus ihrer Sicht Laienkommunikatoren und Technik den
professionellen Journalismus ersetzen?“ (ebd.: 62)
Bevor diese Fragen in der empirischen Untersuchung eingehend erforscht werden, sollen die
angesprochenen Kommunikationsformate, ihre Prämissen, Chancen und Risiken im Internet
beleuchtet werden. Wer kann entsprechende Orientierungsleistungen erbringen? Welches
Angebot bietet den Nutzern relevante Informationen, die soziale Anschlussfähigkeit garantieren?
20
3. Technische Orientierungsleistungen
technischer Orientierungsangebote der Leitfaden sein, anhand dessen die Leistungsfähigkeit der
Angebote untersucht wird.
Der klassische Journalismus steht im World Wide Web vor vielfältigen Problemen. Am
schwerwiegendsten erscheint hierbei der Verlust der Rolle des Gatekeepers24: Durch die
integrierte Öffentlichkeit des Internets (vgl. Neuberger 2009a: 41) wandelt sich das vormals
bestehende Informationsmonopol vergleichsweise weniger Veröffentlichungen in ein Übermaß
an Informationsmöglichkeiten. Die „Kontrolle darüber, welche Inhalte aus den
Produktionsprozessen in Druck- und Funkmedien an die Öffentlichkeit gelangen“ (Bruns 2009:
107) ist durch das World Wide Web an allen drei Stufen des Nachrichtenprozesses nicht mehr
möglich25. Neben dem Verlust dieser Kontrolle über die Veröffentlichung von Informationen
stellt auch der Kontrollverlust über die Anschlusskommunikation ein gravierendes Problem dar.
Medienkritische Angebote wie etwa Watchblogs beobachten Journalisten bei ihrer täglichen
Arbeit, stellen Fehler in der journalistischen Arbeit heraus (vgl. Neuberger / Nuernbergk /
Rischke 2009a: 136) und untergraben damit Deutungshoheit und Autorität anerkannter
Orientierungsangebote. Zudem stehen journalistische Angebote vor dem Problem der
ausreichenden Refinanzierung26. Maßnahmen zur Effizienzsteigerung bei klassischen
Tageszeitungen bedrohen den Journalismus als solchen (vgl. Bird 2009: 294).
Abseits der beschriebenen Risiken und Probleme, welche die Veränderungen durch das
Internet für den Journalismus implizieren, ergeben sich auch etliche Chancen, den klassischen
Journalismus durch typische Elemente des World Wide Web anzureichern und zu stärken27. Nicht
24 „[G]atekeeping simply refers to a regime of control over what content is allowed to emerge from the production
processes in print and broadcast media[.]“ (Bruns 2005: 11)
25 Bruns benennt diese Stufen als den Nachrichteneingang und -ausgang sowie die Inkludierung von Antworten
durch Vorselektion (vgl. Bruns 2009: 109).
26 Hier lässt sich an mehreren Punkten ansetzen: Fehlende Werbeeinnahmen, da ehemalige Werbepartner im Internet
durch Targetingmaßnahmen effizienter anderweitig werben; schlechte Monetarisierungsmöglichkeiten für Online-
Angebote, da diese durch Marktzwang frei angeboten werden; massive Kostensenkungen für Wettbewerber durch
Loslösung von teuren Druck- und Lieferungsprozessen der Tageszeitung bei Erstellung und Verbreitung eines
Onlineangebotes.
27 Vgl. dazu beispielsweise das Essay „The birth of Way New Journalism“ von Quittner (1995): „Go as deep or stay
as shallow as you want within a piece. Start with a headline version of a story and link deeper. Hell, you can click
right back into the archives and put any event into historical perspective.“
21
3. Technische Orientierungsleistungen
zuletzt sind trotz aller Möglichkeiten zur Umgehung des Journalismus auch im World Wide Web
klassisch journalistische Orientierungsleistungen notwendig:
„Auch im Internet bleiben Vermittlungsaufgaben zu erfüllen: Weil die Fülle der Informationen im
Internet und ihre unsichere Qualität den einzelnen Nutzer tendenziell überfordern, besteht
weiterhin Bedarf an einer prüfenden und selektierenden Instanz.“ (Neuberger 2009b: 197)
Journalistische Angebote im Internet stellen dabei keine eigenständige Kategorie innerhalb des
Journalismus dar, sondern adaptieren ausgehend von zentralen Strukturen des Journalismus
spezifische, medienbezogene Merkmale (vgl. Malik / Scholl 2009: 193). Visionen eines
funktionierenden Online-Journalismus28 zeigen dabei verschiedene Möglichkeiten zur
fortschreitenden Entwicklung auf. Neben der Ablösung des Gatekeepings durch das
Gatewatching (Bruns 2005) kann die Öffnung des Journalismus hin zu mehr Nutzerpartizipation
einen gewinnbringenden Beitrag zur Weiterentwicklung des Journalismus durch Wertschätzung
des Leserwissens liefern. Die Idee des ‚partizipativen Journalismus’29 zeigt diesen Weg auf – und
passt sich den geänderten Bedingungen im World Wide Web30 an. Die verstärkte Einbindung
haben die Leser in Teilen anhand partizipativer Formate wie Weblogs bereits selbständig und
unabhängig von professionellen Angeboten vorangetrieben.
Über all diesen Überlegungen steht jedoch stets das Problem der Refinanzierung
professioneller journalistischer Orientierungsangebote:
„Es ist der Journalismus, der das Spannungsverhältnis zwischen Medienfreiheit, Partizipation und
Regulierungsverzicht auf der einen Seite, quantitativer und qualitativer Überforderung auf der
anderen Seite austarieren soll. Zumindest ist er als Korrektiv öffentlicher Kommunikation
gesellschaftlich wünschenswert. Teilen muss man allerdings die Skepsis von Siegfried Weischenberg
[…], ob sich die Gesellschaft ‚trotz zunehmender Marktorientierung diese Kompetenz etwas kosten
lässt’.“ (Neuberger 2008a: 56)
29 „Partizipativer Journalismus beteiligt die Nutzer zumindest am Prozess der Inhaltsproduktion, wird außerhalb der
Berufstätigkeit ausgeübt und ermöglicht die aktive Teilhabe an der Medienöffentlichkeit.“ (Engesser 2008: 66)
30 „A highly centralized media system had connected people ‚up’ to big social agencies and centers of power but not
‚across’ to each other. Now the horizontal flow, citizen-to-citizen, is as real and consequential as the vertical one.“
(Rosen 2006)
22
3. Technische Orientierungsleistungen
Im Folgenden soll nun der Blick auf Formate außerhalb eines journalistischen Umfeldes gerichtet
werden. Es ist fraglich, welche Orientierungsleistungen des Journalismus partizipative Angebote
übernehmen können.
31 Zwar entstehen auch in Sozialen Netzwerken wie Facebook oder studiVZ von Nutzern erstellte Inhalte, diese sind
jedoch nicht prinzipiell öffentlich zugänglich. Daher werden Soziale Netzwerke von dieser Betrachtung
ausgeschlossen.
23
3. Technische Orientierungsleistungen
eine nur geringe Anzahl deutschsprachiger Angebote, die dieser Prüfung standhalten können (vgl.
Neuberger / Nuernbergk / Rischke 2009b: 220 f.)32.
„Bei laienjournalistischen Blogs handelt es sich auch aus normenanalytischer Sicht nicht um
Journalismus; zum Teil sind die medienethischen Standards der professionellen Publizistik
unbekannt, zum Teil werden sie programmatisch verneint, und zum Teil sind ethische
Qualitätsstandards ohne journalistische Berufsprivilegien gar nicht erreichbar.“ (Beck 2008: 76)34
Die Rezeption partizipativer Orientierungsangebote erfordert darüber hinaus ein hohes Maß an
Medienkompetenz, um die jeweilige Quelle kritisch bewerten zu können. Als zentrale Punkte für
die Handlungsfähigkeit des Medienpublikums sind daher Kritikfähigkeit und entsprechende
Souveränität im Umgang mit Quellen zwingend notwendig (vgl. Trepte / Reinecke / Behr 2008:
529)35.
32 Aus dem ursprünglichen Sample von 97 Weblogs verblieben letztendlich 18 journalistisch relevante Angebote.
Mittlerweile dürften jedoch einige neue Weblogs entstanden sein, die einer Überprüfung ebenfalls standhalten
könnten. Die Schnelllebigkeit der Blogosphäre erweist sich hier als fundamentales Problem bei längerfristig
angelegten Forschungsvorhaben.
33 Weblog-Autoren sind zumindest an allgemein verbindliche rechtliche Beschränkungen gebunden, die auch bei
Veröffentlichungen im Internet greifen.
34 Die Frage, inwiefern Weblog-Autoren – wollen sie langfristig erfolgreich sein – durch ihre Rolle an soziale
Gepflogenheiten gebunden sind und Sanktionierungen bei Fehlverhalten befürchten müssen, kann im Rahmen
dieser Arbeit nicht geklärt werden.
35 Die Autoren bleiben dabei jedoch die Antwort schuldig, wie die breite Masse an Nutzern eine solche
Kritikfähigkeit erlernen soll.
36 Zum Beispiel als weltweite Angebote ‚Digg’ oder ‚delicious’ sowie im deutschsprachigen Bereich ‚Mister Wong’
und ‚Linkarena’.
24
3. Technische Orientierungsleistungen
andererseits als Auswertung die aggregierte Summe an Empfehlungen aller Nutzer des jeweiligen
Dienstes. Diese Auswertung – von Wichowski (2009) mit dem Stichwort ‚folksonomies’ benannt
– fällt jedoch bereits in den Bereich technischer Orientierungsleistungen und wird daher im
folgenden Kapitel weitergehend betrachtet.
Kritiker des Social Web bemängeln neben den bereits genannten Problemen zudem weitere
negative Aspekte partizipativer Angebote. Die Meinungsäußerung in partizipativen Angeboten
findet – etwa im Vergleich zur demoskopischen öffentlichen Meinung – in einem unregelmäßigen
Gefälle zugunsten von Elite-Akteuren statt (vgl. Schweiger / Weihermüller 2008: 555). Darüber
hinaus warnt Lovink davor, dass nicht zwangsläufig altruistische Motive bei der Erstellung
partizipativer Angebote im Vordergrund stehen:
„Statt eines Bemühens um inhaltliche Qualität und eine Kultur des Schreibens, Tagebuchführens
und Reflektierens ist ein gnadenloser Konkurrenzkampf um maximale Aufmerksamkeit zu
beobachten, die wiederum an der Anzahl von Links und Friends gemessen wird.“ (Lovink 2008: 29)
Die Problematik qualitativ ungenügender Beiträge wird dadurch verschärft, dass zumeist
Amateure partizipative Angebote betreiben, die nicht um eine umfassende journalistische
Darstellung ihres Themenbereiches bemüht sind. Es bleibt fraglich, inwiefern Amateure über die
entsprechende Kompetenz verfügen, um äquivalente Leistungen zu professionellen Angeboten
zu erbringen (vgl. Keen 2008: 45ff.). Somit verwundert es nicht, dass eine Analyse der
Blogosphäre auf ‚Focal Points’, also ‚Scharniere’ zwischen partizipativen und professionellen
Angeboten, nur wenige positive Ergebnisse hervorbringt (vgl. Holler / Vollnhals / Faas 2008:
109).
37 Vielmehr lassen sich partizipative Orientierungsangebote als Hinweisgeber und Dialogplattformen professionell
vermittelter Orientierungsangebote erfassen: „In fact, much of what these blogs do is push readers to other
information that they would not have otherwise read. We would therefore argue that, far from supplanting the
professional news media, they provide an important secondary market for its material.“ (Reese et al. 2007: 257)
25
3. Technische Orientierungsleistungen
Dieser vor allem zeitliche Vorteil gegenüber menschlicher Aus- und Bewertung von Inhalten
versetzt technische Aggregatoren in die Lage, Orientierungsangebote für Nutzer bereitzustellen.
Gemäß der Studie „Project for Excellence in Journalism 2010“ haben Aggregatoren in den USA
bereits einen Anteil von 27 Prozent unter den meistgenutzten Nachrichtenseiten:
„Four of the top six news sites are either pure aggregator sites (Yahoo and Google News) or
include a strong element of aggregation with some editing or original content (MSNBC and
AOL).“ (PEW 2010)
38 Die Strategien, die Bruns beschreibt, sind: ‚Harnessing the Hive’, also die Verwertung von Teilen einer
Veröffentlichung in Kooperation mit der Grundgesamtheit und unter Beachtung fairer Verwendungs- und
Zitationsregeln; ‚Harvesting the Hive’ meint die Aufbereitung der verfügbaren Ressourcen für den vereinfachten,
meist kommerziellen Einsatz; ‚Harbouring the Hive’ beschreibt die Bereitstellung einer Plattform, auf der
Produser ihre Inhalte einstellen, verwalten und teilen können – stets mit der Gefahr verbunden, durch schrittweise
Monopolisierung an eine zentrale Plattform gebunden zu werden (z.B. Flickr als Bilderverwaltung); ‚Hijacking the
Hive’ als Beschränkung der Nutzungsfreiheit fremd produzierter Inhalte, um eigene finanzielle Vorteile zu
erwirtschaften (vgl. Bruns 2007).
39 Herz (2005: 327ff.) führt diesen Begriff als Vorgehensweise in der Videospielentwicklung ein – er lässt sich analog
auf das Vorgehen technischer Orientierungsangebote übertragen.
26
3. Technische Orientierungsleistungen
Legt man die bereits beschriebenen journalistischen Merkmale zugrunde, so zeigt sich, dass –
abgesehen von redaktioneller Autonomie – alle postulierten Eigenschaften automatisiert
bereitgestellt werden können40. Ob technische Aggregatoren im Sinne redaktioneller Autonomie
agieren können, lässt sich nur unzureichend klären – letztendlich wäre eine genaue Analyse der
Bewertungsweise sowie der aggregierten Quellen notwendig41. Diese Problematik erwähnt bereits
Kuhlen:
„Suchverfahren des Information Retrieval sind zunächst wertfreie und interessenlose Software, die
aber durch den Einsatz von Filtertechniken manipuliert werden können. Kann man sich darauf
verlassen, daß [sic!] die Suchmaschinen der Yahoo, Alta Vista interessenfrei, unmanipuliert die zu
indexierenden Dokumente durcharbeiten und wirklich all das und nur das nachweisen, was aktuell
benötigt wird?“ (Kuhlen 1999: 77)
„Would the news on a Website look fundamentally different if users did not participate in its
information gathering processes? The answer for most of the gatewatcher sites […] is a resounding
‚yes’.“ (Bruns 2005: 24)
40 Neuberger begründet die Zulässigkeit dieses Vergleichs wie folgt: „Zwar sind die Rankingkriterien geheim, weil
aber die redaktionelle Nachrichtenauswahl simuliert werden soll, lässt sich der Output an journalistischen
Standards messen.“ (Neuberger 2009a: 74). Weiterführende Betrachtungen in Kapitel 3.2.1
42 Diese Eigenschaft gilt sowohl für Social Bookmarking-Seiten wie Digg oder delicious als auch für vollständig
automatisierte Angebote wie Google News oder nachrichten.de sowie Crowdsourcing-Portale wie reddit.com
43 „Da sie lediglich eine Bündelungsfunktion übernehmen und keine eigenen Inhalte erzeugen, agieren sie als Broker
auf der zweiten Stufe der Wertschöpfungskette der Medienbranche.“ (Kink / Hess 2007: 303)
44 Dieser Name entstand in Anlehnung an Cliff Wood, Redakteur der Technologienachrichtenseite Slashdot.org
27
3. Technische Orientierungsleistungen
„The idea that readers, by voting en masse on which stories and events are most interesting or
important, are now becoming a kind of editorial collective force is embodied in Web 2.0
companies, from giants like Google to more recent entrants like Digg and Memeorandum.“
(Nisenholtz 2008: 130f.)
Nutzer können bei diesen Angeboten partizipieren, indem sie für sie relevante Artikel mit einem
– wie auch immer gearteten – Hinweis versehen. Die somit verteilten Stimmen für einzelne
Artikel ergeben in der Masse letztendlich den Output des technischen Aggregators.
28
3. Technische Orientierungsleistungen
Unter diese Definition lassen sich folglich auch technische Internetaggregatoren fassen. Es soll
nun geklärt werden, ob – und wenn ja inwiefern – die Orientierungsleistungen professioneller
Anbieter durch technische Aggregatoren ersetzt werden können.
Durch das automatisierte Vorgehen bei der Auswertung von Quellen ist Aktualität durch
technische Internetaggregatoren generell gewährleistet45. Ob ein technischer Internetaggregator
in der Lage ist, Universalität im Angebot zu gewährleisten, hängt zum einen von der
Quellenbasis, zum anderen jedoch auch von der Definition der Universalität ab. Ausgehend von
der Fähigkeit technischer Aggregatoren, massenhaft Quellen zu beurteilen, dürften technische
Orientierungsangebote als thematische Offenheit gedachte Universalität garantieren. Denkt man
Universalität als möglichst vollständige Abdeckung eines Themenbereichs, so können auch hier
technische Aggregatoren durch umfassende Quellenanalysen Universalität erreichen. Durch
beständige Aktualisierung der Ergebnisse erlangen technische Orientierungsangebote das
Merkmal der Periodizität. Der zeitliche Rhythmus der Aktualisierung kann dabei je nach Angebot
variieren, geschieht häufig aber unmittelbar mit Aufruf des Angebotes. Die Publizität eines
technischen Orientierungsangebotes ist durch die generelle Erreichbarkeit als Onlineangebot
gegeben. Einschränkungen können hier für personalisierte Angebote46 bestehen. Wie bereits
erwähnt, kann die redaktionelle Autonomie technischer Orientierungsangebote nicht ohne
Weiteres versichert werden (vgl. Kapitel 3.1.3). Zusammenfassend ist jedoch davon auszugehen,
dass die für journalistische Orientierungsleistungen festgelegten Merkmale durch technische
Orientierungsangebote prinzipiell erfüllt werden können.
45 Der in der Verarbeitung generell genutzte technische Standard RSS (‚Really Simple Syndication’) zeichnet jede
Informationseinheit (Artikel o.Ä.) mit einem Erstellungsdatum aus.
46 Personalisierte Angebote schränken durch persönliche Präferenzen das jeweilige Angebot genauer ein.
29
3. Technische Orientierungsleistungen
nur Weiterleitungen zu anderen Angeboten, jedoch keine eigenen vollständigen Artikel an.
Dennoch wird ihnen eine entscheidende Rolle bei der Informationssammlung und -aufbereitung
zugeschrieben:
„Aggregators, if not originating content, are still a critical element of the online ecosystem, helping
news consumers navigate and organize an ever-expanding volume of news content produced both
by professional journalists and individuals.“ (PEW 2010)
„Yet very few people would create hyperlinks purely for their own use. Instead, the create them to
help others navigate an information space in a way that they themselves would. They use them to
express social relationships in a public space for others to see. They share hyperlinks as gifts –
through e-mail and instant messages that share information and laughs – and so reinforce existing
relationships. […] In essence, since the very inception of the World Wide Web, the hyperlink has
acted as a social element.“ (Adamic 2008: 227)
Betrachtet man Links auf Basis dieser Aussage als Empfehlungen, so bedeutet die Auswertung
dieser Elemente eine durch technische Mittel sichtbar gemachte Orientierungs-Orientierung. Ein
vielversprechender Effekt dieses Vorgehens ist die Emergenz kollektiver Gedankengänge48.
Durch die Auswertung einer hohen Zahl persönlicher Empfehlungen lässt sich ein kollektives
Meinungsbild erzeugen:
„With the ability to see hyperlinks within a larger networked structure, we have already begun to
understand that, en masse, they reflect deep social and cultural structures – a kind of collective
unconscious.“ (Halavais 2008: 39)
47 So lässt sich etwa für in Weblog-Artikeln enthaltene Links feststellen: „Because of the very timely nature of in-
post-citations, they can be used to filter the most interesting content on a daily basis“ (Adamic 2008: 231)
30
3. Technische Orientierungsleistungen
„[A]lgorithmic authority handles the “Garbage In, Garbage Out” problem by accepting the garbage
as an input, rather than trying to clean the data first; it provides the output to the end user without
any human supervisor checking it at the penultimate step; and these processes are eroding the
previous institutional monopoly on the kind of authority we are used to in a number of public
spheres, including the sphere of news.“ (Shirky 2009a)
Da technische Orientierungsangebote nicht nur für Endnutzer, sondern auch für Redaktionen
in der Vielzahl von Informationen relevante Artikel und Quellen ausfindig machen können,
lassen sich vormals langwierige Rechercheaufgaben schneller und vor allem effizienter lösen. Die
technische Aggregation von Informationen kann somit professionellen Orientierungsangeboten
gewinnbringende Erkenntnisse liefern. Zudem lassen sich Zusammenhänge zwischen Daten
durch die inhaltliche Auswertung und die Analyse von Netzwerkeffekten genauer analysieren. Die
49 Objektivität wird hier synonym zum Begriff der intersubjektiven Nachvollziehbarkeit gedacht.
50 So kann nach Kohring Vertrauen nur in einer Relation zwischen sozialen Akteuren existieren (vgl. Kohring 2004:
132).
31
3. Technische Orientierungsleistungen
multiperspektivische Darstellung von Themen im Internet kann sich für eine zeitnahe Erhebung
von Tendenzen und Einstellungen im Sinne der Meinungsforschung als hilfreich erweisen.
Die bisherigen Betrachtungen lassen den Schluss zu, dass die technische Aggregation einer
Vielzahl einzelner Orientierungsleistungen die Darstellung einer übergreifenden Orientierungs-
Orientierung ermöglicht. Technische Orientierungsangebote bündeln die massenhaft
vorhandenen Orientierungs-Orientierungen zu einer Meta-Orientierungs-Orientierung in einer
Art und einem Umfang, der für menschliche Vermittler aufgrund der Informationsmenge nicht –
zumindest nicht zeitnah und somit aktuell relevant – zu bewältigen wäre.
„The limitations and promises of folksonomies are often discussed in terms of the practice: how
things are tagged, by whom, and guided by what motivations. These questions will undoubtedly be
subject to empirical study and answered in time.“ (Wichowski 2009)
51 Zur Zeit arbeiten Forscher jedoch bereits an Algorithmen, die solche Konzepte durch Maschinen erkennbar
machen: „We found some strong features that recognize sarcastic utterances, however, a combination of more
subtle features served best in recognizing the various facets of sarcasm.“ (Tsur / Davidov / Rappoport 2010: 8)
32
3. Technische Orientierungsleistungen
52 Ob Isolationseffekte tatsächlich auftreten, ist jedoch umstritten: „This fragmentation debate remains unresolved
because of the limited empirical data available. The two sides currently support their contentions by way of a very
small pool of observations. Measurements also tend to be used selectively.“ (Dahlberg 2007: 831)
53 Verstärkereffekte treten auf, wenn bereits prominent platzierte Artikel durch eben diese Platzierung weitere
Empfehlungen erhalten. Sie verhindern dadurch das Nachrücken weiterer, aktuellerer Artikel.
33
3. Technische Orientierungsleistungen
haben. Zur Illustration möglicher Kettenreaktionen soll in gebotener Kürze ein bereits
geschehenes Beispiel dargestellt werden. Ein veralteter Artikel einer amerikanischen
Onlinezeitung wurde aufgrund fehlender Daten nach sechs Jahren automatisiert mit dem
Tagesdatum versehen, was eine fatale Entwicklung nach sich zog:
„United Airlines, eine der weltgrößten Fluggesellschaften, melde Konkurs an, wurde die
Tageszeitung Sun Sentinel aus Florida zitiert. Der Börsenkurs von United brach um 75 Prozent ein.
In zwölf Minuten wurden mehr als eine Milliarde Dollar vernichtet. Dabei hatte United gar nicht
Konkurs angemeldet. Die Meldung war sechs Jahre alt und wurde aus Versehen von einem
Computerprogramm, mit dem Google die Website der Zeitung durchsuchte, als neu ausgegeben.“
(Schuler 2008) 54
Durch Schnelllebigkeit im Medienkonsum kann sich die ungenügende Informationstiefe bei der
Lektüre von Nachrichten als problematisch erweisen. Dieser Effekt wird insbesondere durch
technische Orientierungsangebote begünstigt, die – einerseits aus Gründen der Übersichtlichkeit,
andererseits aufgrund rechtlicher Beschränkungen des Zitatrechts – nur kurze Ausschnitte von
Artikeln aufführen. Hinweise für dieses Nutzerverhalten sind bereits gegeben:
„Younger generations especially begin their news consumption through search. There are signs that
more and more people are ending it there as well, deciding that all they need is the headline, byline
and first sentence of text. In short, news consumers young and old get a good deal of news
without ever actually clicking on the story. If this cursory read is deemed valuable – or valuable
enough – it could send content producers back to the drawing board for both their content and
financial strategies.“ (PEW 2010)
Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass sich neben der Vielzahl der in Kapitel 3.2.1
dargelegten Vorteile auch negative Aspekte technischer Orientierungsangebote zeigen. Die
Nutzung dieser Angebote erfordert insbesondere die bereits in Kapitel 3.1.2 erwähnte
54 Die – nicht zu stoppende – Kettenreaktion lässt sich im Nachhinein rekonstruieren. Durch den in der späten
Nacht erfolgten einmaligen Aufruf des betreffenden Artikels gelangte dieser in die „Meist gelesen“-Liste einer
amerikanischen Tageszeitung. Aus dieser wurde der ohne Datumsangabe eingestellte Artikel von Google News
erfasst. Der Crawler versah den Artikel mit dem tagesaktuellen Datum, wodurch die Meldung am Folgetag im
Dienst großes Aufsehen erregte. Nachdem ein Investmentunternehmen die Meldung verbreitete, wurden
wiederum automatisiert Verkäufe der Aktie angestoßen.
34
3. Technische Orientierungsleistungen
Medienkompetenz, deren Vermittlung und Erwerb als entscheidender Faktor und neuralgischer
Punkt zur erfolgreichen Nutzung neuartiger Orientierungsangebote anzusehen ist.
Abgesehen von wenigen und nur grob bestimmbaren Nutzungszahlen ist der tatsächliche
Einfluss technischer Orientierungsangebote auf die Orientierung von Nutzern des World Wide
Web fraglich (vgl. Neuberger 2009a: 75). Bisher geben nur wenige Studien Aufschluss über das
tatsächliche Potential technischer Orientierungsangebote. Überdies sind diese Studien häufig auf
amerikanische Angebote beschränkt – die Vergleichbarkeit zum deutschsprachigen Teil des World
Wide Web kann nicht gewährleistet werden. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang die
Erkenntnis, dass sich nur ein geringer Teil der amerikanischen Nutzerschaft exklusiv über
technische Orientierungsangebote informiert, die Nutzermeinungen aggregiert wiedergeben –
und darüber hinaus wahrscheinlich professionelle journalistische Orientierungsangebote
konsultiert:
„For now, the percentage of Americans who rely exclusively on news from user-driven sites is just a
fraction of what it is for mainstream news sites. And in this increasingly fragmented era, many who
visit Digg, Del.icio.us and Reddit may also be reading the online versions of The New York Times
and The Wall Street Journal.“ (PEW 2007: 14)
35
3. Technische Orientierungsleistungen
„If there are aims which journalism still subscribes to, then we should no longer hesitate to
recognize the sites we have encountered here as a form of journalism, and one which is needed
now more than ever.“ (Bruns 2005: 317)
Technische Orientierungsangebote werden somit nicht als Substitut, sondern als Ergänzung zur
bisherigen professionellen Vermittlung dargestellt. Ähnliche Schlüsse lässt eine Untersuchung
von Social News-Angeboten55 im deutschsprachigen Raum zu. Sie zeigt neben großem
Entwicklungspotential auch die bereits existente Leistungsfähigkeit56 der Dienste (vgl. Rölver /
Alpar 2008: 326). Diese genügt bisher jedoch nicht, um in Konkurrenz mit dem Angebot
klassischer Massenmedien – also professionellen Orientierungsangeboten – zu treten:
„In ihrer Wirkung erzielen Social News die gesetzten Ziele, können aber gleichsam im Wettbewerb
um gute Nachrichten zusätzliche Funktionen übernehmen. Diese reichen von einer möglicherweise
unintendierten Verbreitung redaktioneller Inhalte der Internetpräsenzen klassischer Massenmedien
bis zur Hervorhebung unbekannter Internetquellen. Von einer echten Konkurrenz zum Angebot
klassischer Medien kann hier allerdings keine Rede sein.“ (Rölver / Alpar 2008: 326)
Die kritische Betrachtung des englischsprachigen Angebots Digg durch Goode (2009)
problematisiert die postulierte Demokratisierung der Orientierungsangebote anhand quantitativer
anstatt qualitativer Kriterien wie dem Nachrichtenwert. Goode kritisiert, dass es durch
partizipative Elemente zu einer Verzerrung zugunsten populärer, jedoch zulasten wichtiger
Beiträge, die durch Journalisten eher selektiert werden, kommen kann. Eine Analyse des
Abstimmungsverhaltens auf der Seite verdeutlicht, dass sie nicht zwingend die breite Meinung
55 Bei Social News-Angeboten verschwimmt die Grenze zwischen partizipativen und technischen
Orientierungsangeboten: „Social News sind Web 2.0-Anwendungen, die auf die dynamische, nutzergenerierte
Auswahl und Verteilung von Nachrichten gerichtet sind. Ihre Inhalte berücksichtigen dabei die sozialen Kontexte
ihrer Nutzer und bilden durch soziale Rückkopplungsprozesse und die Ausnutzung von Skalen- und
Netzwerkeffekten ein effizientes Konstrukt zur weitestgehend redaktionsautonomen und partizipientenkonformen
Auswahl, Evaluation und Allokation von Nachrichten.“ (Rölver / Alpar 2008: 301)
56 „Wie gezeigt werden konnte, sind Social News geeignet, aus einem dispersen Nachrichtenangebot interessante und
relevante Informationen herauszufiltern. Damit dieser Effekt eintritt, ist es allerdings erforderlich, zunächst einen
entsprechend großen Mitgliederstamm aufzubauen und geeignete Anreize zur Beitragsgenerierung zu setzen. Ist
die kritische Masse erst einmal erreicht, können kollektive Selektionsmechanismen ihre volle Wirkung entfalten.“
(Rölver / Alpar 2008: 326)
36
3. Technische Orientierungsleistungen
der Nutzerschaft abbildet57. Goode bewertet Digg dennoch aufgrund der angestoßenen
Diskussionen um neue Beiträge als wertvolles Orientierungsangebot (vgl. Goode 2009: 1296).
Das in dieser Arbeit gewählte Vorgehen zeigt eine weitere Möglichkeit auf. Während etwa
professionelle Vermittler zur Selbstreflexion fähig und somit befragbar sind, sollte die
Orientierungsleistung eines technischen Aggregators neben der Betrachtung durch
57 „A logical extension shows that the top 100 Digg Users have contributed 14,249 stories to the homepage, or
56.41%. At Digg, a very select group of users is dominating the popular homepage content. Far from being a mass
of opinion, Digg is instead showing, primarily, the content opinions of just a few, select folks.“ (Fishkin 2006)
58 Vgl. dazu Rieder (2004): „Im Inneren der digitalen Netze arbeitet schon heute Software, die Informationen nicht
nur nach fixen Schemata überträgt, sondern klassifiziert, strukturiert, bewert[et, sic!], filtert, kommuniziert und
erzeugt – und das in vielen Fällen autonom und lernfähig.“ (ebd.: 40). Zur Idee des Semantic Web bemerkt
Herman: „ The Semantic Web is about two things. It is about common formats for integration and combination
of data drawn from diverse sources, where on the original Web mainly concentrated on the interchange of
documents. It is also about language for recording how the data relates to real world objects. That allows a person,
or a machine, to start off in one database, and then move through an unending set of databases which are
connected not by wires but by being about the same thing.“ (Herman 2010)
37
3. Technische Orientierungsleistungen
Außenstehende vor allem durch die Bewertung der Nutzer eines Dienstes evaluiert werden59.
Daher richtet der empirische Teil dieser Arbeit den Blick auf die Nutzerschaft des technischen
Blog- und Nachrichtenaggregators rivva.de. Im Folgenden soll eine kurze Betrachtung des
Dienstes diese Auswahl begründen.
„Die Plattform bündelt tagesaktuell Beiträge, die in der deutschsprachigen Blogosphäre populär
sind, das heißt stark verlinkt werden. Dabei werden nicht alle verfügbaren Weblogs überwacht,
sondern es existiert eine Datenbank mit derzeit etwa 2.700 deutschsprachigen Blogs und
redaktionell erstellten Angeboten sowie etwa 800 englischsprachigen Quellen.“ (Schmidt / Frees /
Fisch 2009: 54)
Laut aktuelleren Angaben des Entwicklers Frank Westphal erfasst die Seite mittlerweile 4.500
deutschsprachige sowie 1.050 zumeist englischsprachige Quellen, außerdem sind ca. 250.000
Twitter-Accounts erfasst, von denen etwa 54.000 aktiv getrackt werden62. Diese Quellen bilden
die Grundlage für die auf der Startseite präsentierten Artikel. Die Quellenbasis wird durch
Verlinkungen von Seiten durch bereits vorhandene Quellen beständig gepflegt und aktualisiert.
59 Beer fordert drei Blickrichtungen bei der Erforschung neuartiger Orientierungsangebote: die Untersuchung der
Anwendungen und Organisationen hinter diesen, die Struktur der genutzten Software inklusive ihrer Algorithmen
sowie die Auswirkungen auf die Nutzer der Angebote (vgl. Beer 2009: 998). Auch Neuberger verweist auf die
Notwendigkeit der Nutzerbefragung (vgl. Neuberger 2008b: 28f.)
60 http://rivva.de/about
61 Die entsprechenden Parameter wollte Entwickler Frank Westphal im privaten Gespräch zum Schutz vor Plagiaten
nicht näher offenlegen.
38
3. Technische Orientierungsleistungen
Dementsprechend können Seiten auch wieder aus dem Index herausfallen. Durch die
Ausrichtung der Website liegt die – zu überprüfende – Vermutung nahe, dass hauptsächlich aktive
Nutzer des Social Web den Dienst verwenden. Im November 2009 wurde rivva.de von über
22.000 Seitenbesuchern in Anspruch genommen63.
Das Angebot wirft als Bindeglied zwischen professionell und partizipativ erstellten
Orientierungsangeboten aus der technischen Warte den Blick auf das von Neuberger eingeführte
Beziehungsdreieck zwischen Profession, Partizipation und Technik (vgl. Neuberger 2009a: 60f.).
Das Potential des Dienstes liegt somit in einer möglichen Remediation für die Nutzer – sie
erhalten den Überblick zu aktuell diskutierten Themen über diverse professionelle und
partizipative Angebote hinweg. Ausschlaggebend für diesen Überblick ist die Verlinkung der
Beiträge untereinander, da erst durch sie eine direkte Verknüpfung geschehen kann. Da rivva.de
sich darauf verlegt, die meist diskutierten Artikel auf der Startseite aufzuführen, ist folglich eine
vollständige Auflistung aktuell aus professioneller Sicht relevanter Themen wie etwa im Online-
Angebot des Spiegels oder der Tagesschau nicht zwingend gegeben. Die Möglichkeit, zu
gesonderten Ressorts Inhalte abzurufen, mindert diesen Umstand zumindest für die
vorhandenen Themenbereiche.
Legt man die in Kapitel 3 festgelegten Gütekriterien für eine Orientierungsleistung zugrunde,
so wird der Großteil dieser Kriterien durch das Angebot von rivva.de erfüllt. Da rivva.de im
Internet frei abrufbar ist, ist die Publizität des Angebotes per se gesichert. Zudem wird das auf
der Startseite aufgezeigte Themenspektrum mehrmals täglich überarbeitet, so dass auch die
Aktualität der Themen gewährleistet ist. Diese fortlaufende Aktualisierung ergibt darüber hinaus
eine regelmäßige Erneuerung des Dienstes und somit Periodizität. Die Abdeckung eines
möglichst breiten Themenspektrums im Sinne der Universalität kann jedoch nicht gewährleistet
werden – dazu wäre der Dienst auf eine entsprechend breite Berichterstattung und Diskussion
63 Angabe aus den Daten des Dienstes Google Analytics, der laut Seitenbetreiber Frank Westphal bis zum November
2009 in der Seite eingebunden war.
39
3. Technische Orientierungsleistungen
innerhalb des Quellenpools angewiesen. Auch die redaktionelle Autonomie kann durch
Unkenntnis der Programmierung nicht grundsätzlich angenommen werden.
Natürlich stellt sich die Frage, warum ausgerechnet der Dienst rivva.de betrachtet werden soll.
Die vorliegenden Arbeit leistet einen Beitrag zur Grundlagenforschung hinsichtlich technischer
Aggregationsdienste. Da im Rahmen einer Magisterarbeit eine international angelegte Studie
weder realisierbar noch sinnvoll eingrenzbar erscheint, ist die Beschränkung auf einen Dienst aus
dem deutschsprachigen Raum für dieses Forschungsvorhaben angebracht. Zudem vereint
rivva.de als technischer Internetaggregator professionelle und partizipative Angebote und
befindet sich daher auf der Schnittstelle zwischen klassischen Angeboten und neuartigen
Publikationsformen. Das Angebot ist im deutschsprachigen Teil des World Wide Web momentan
eine Ausnahmeerscheinung und auf Basis der Vorüberlegungen als weitgedachte Lösung ein
Vorreiter auf dem Gebiet technisch vermittelter Orientierungsangebote. Diese Gründe waren bei
der Auswahl des Angebotes ausschlaggebend. Im nachfolgenden Kapitel werden die
Forschungsfragen zur Nutzung von rivva.de dargestellt, die sich aus den Betrachtungen der
Sekundäranalyse deduzieren lassen.
40
4. Forschungsfragen
4. Forschungsfragen
In Anlehnung an die Sekundäranalyse sowie bisherige wissenschaftliche Evidenzen und
Konzepte lassen sich differenzierte Forschungsfragen zur näheren Untersuchung der
Orientierungsleistungen des technischen Internetaggregators rivva.de ableiten. Die vorliegende
Studie ist im Bereich der Grundlagenforschung anzusiedeln. Es wurden Forschungsfragen
konzipiert, die vor allem auf die Gewinnung deskriptiver Erkenntnisse zu Auswirkungen der
Nutzung von rivva.de abzielen. Sie sollen im Folgenden aufgeführt und näher erläutert werden.
Wie beurteilen aktive Nutzer des Social Web die Orientierungsleistung des
technischen Internetaggregators rivva.de?
Aus dieser übergeordneten Frage ergeben sich die im nächsten Kapitel beschriebenen
weiterführenden Forschungsfragen. Die forschungsleitende Frage beinhaltet als Prämisse, dass
die Nutzer des Dienstes aktiv an der Gestaltung des Social Web teilnehmen. Diese Voraussetzung
bedarf zunächst der Überprüfung. Für den Treatment-Check ergibt sich somit folgende Frage:
Nimmt die Nutzerschaft von rivva.de als Produser aktiv an der Gestaltung des
Social Web teil?
41
4. Forschungsfragen
Bei der rezeptiven Nutzung des Dienstes ist die Orientierungsleistung das ausschlaggebende
Kriterium. Die Leistungsfähigkeit des Dienstes definiert sich über die Orientierungsleistung, die
rivva.de für den Nutzer erbringt. Gemäß der in Kapitel 3 vorgenommenen Definition von
Orientierungsleistungen steht dementsprechend die Frage im Fokus:
Durch diese deskriptive Forschungsfrage soll zunächst grundsätzlich geklärt werden, ob die
Nutzer von rivva.de durch den Dienst eine Orientierungsleistung wahrnehmen.
Das Konstrukt der Wahrnehmung einer Orientierungsleistung erweist sich dabei als sehr
komplex. Aus diesem Grund wird neben der grundsätzlichen Wahrnehmung der
Orientierungsleistung im Fragebogen auch eine spezifischere Unterscheidung zwischen den
Dimensionen der Orientierung zu allgemein und zu persönlich relevanten Themen sowie der
Wahrnehmung der Aggregationsleistung des Dienstes getroffen. Die allgemeine
Orientierungsleistung wird dabei verstanden als Leistung zu für die Allgemeinheit als relevant
wahrgenommenen Themen – dies meint vor allem die in Massenmedien wie der Tagesschau oder
dem Spiegel behandelten Themen. Die persönliche Orientierungsleistung beschreibt die Leistung
zur Vermittlung von Themen, die von persönlichem Interesse des Nutzers sind. Zudem soll die
Wahrnehmung der Orientierungsleistung durch die Aggregation der Seite – als prinzipielles
Alleinstellungsmerkmal des Dienstes gegenüber anderen Angeboten – einer genauen Analyse
unterzogen werden. Diese separierte Betrachtung ermöglicht eine differenzierte Evaluation der
Wahrnehmung von Orientierungsleistungen.
Frage 2 : Erwarten die Nutzer von rivva.de vom Angebot eine Orientierungsleistung
für das Social Web?
Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob die Nutzer des Dienstes eine Orientierungsleistung für das
Social Web erwarten und in welchen Dimensionen diese Erwartungen valent werden. Da rivva.de
zum größten Teil partizipative Angebote aggregiert, stellt sich die Frage, inwiefern eine
Orientierungsleistung zu diesen Quellen erwünscht wird. Die Aggregation dieser spezifischen
Informationen zeichnet rivva.de als Dienst aus und grenzt ihn von anderen – beispielsweise
42
4. Forschungsfragen
journalistischen Angeboten – ab. Der Fokus der Frage hinsichtlich der Erwartungen einer
Orientierungsleistung liegt auf den vom Dienst vornehmlich aggregierten Weblog- und
Twitterfeeds.
Es ist zu vermuten, dass sich hohe Erwartungen an eine Orientierungsleistung für das Social
Web ergeben, da die Erfassung partizipativer Dienste in dieser Kombination ein
Alleinstellungsmerkmal von rivva.de ist. Eine entsprechende Erwartungshaltung seitens der
Nutzer scheint somit logisch.
Unterstellt man den Nutzern von rivva.de eine hinreichende Medienkompetenz, so sollten sie in
der Lage sein, die Orientierungsleistung des Dienstes zu beurteilen. Im Rahmen der Beurteilung
der Orientierungsleistung werden Substitutionspotentiale, die Qualität der aggregierten Quellen,
die Breite der dargestellten Themenbereiche sowie eine eventuelle qualitative Überlegenheit
gegenüber professionellen Angeboten erfasst.
Zudem soll diese Forschungsfrage den Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung
der Orientierungsleistung untersuchen. Es ist denkbar, dass Personen mit haupt- oder
nebenberuflicher journalistischer Tätigkeit die Orientierungsleistung des Angebotes aufgrund
ihrer beruflichen Erfahrung und berufsbedingter Reflexion zum Thema kritischer einschätzen als
Nutzer ohne journalistische Erfahrung.
Auch die Variable ‚Bekanntheit von Autoren’ könnte einen intervenierenden Einfluss auf die
Beziehung zwischen Nutzung und Bewertung der Orientierungsleistung ausüben. Innerhalb der
43
4. Forschungsfragen
deutschen Blogosphäre existiert eine Vielzahl an langfristig bekannten, zentralen Weblogs64. Es ist
anzunehmen, dass diese zentralen Weblogs einer großen Anzahl der bei rivva.de gegenwärtig
aktiven Nutzer des Social Web bekannt sind. Die meisten dieser Weblogs tragen zum Agenda
Setting innerhalb der deutschen Blogosphäre bei65. Durch die Kombination der Bekanntheit
dieser Autoren einhergehend mit dem Wissen um ihre Art und Kompetenz der
Informationsvermittlung wird die Orientierungsleistung von rivva.de vermutlich anders
eingeschätzt, als bei völliger Unbekanntheit der Autoren aggregierter Artikel.
Das Orientierungsangebot von rivva.de lässt sich auf verschiedene Arten rezipieren. Neben dem
direkten Aufruf der Seite werden sowohl ein RSS-Feed als auch ein Twitteraccount mit neu auf
der Startseite erscheinenden Artikeln befüllt. Diese Vermittlungswege unterliegen verschiedenen
Prämissen, die kurz erläutert werden sollen. Der direkte Aufruf der Seite liefert dem Leser einen
direkten Überblick über alle aktuell aggregierten Themen. Er findet dort zudem eine Auflistung
der meist verlinkten Videos sowie der populärsten Twitternachrichten. Diese
Aggregationsleistung wird nur bei direktem Aufruf der Seite angezeigt und findet über die
anderweitigen Vermittlungswege nicht statt. Der RSS-Feed der Seite lässt eine zeitlich größere
Beobachtungsspanne zu. Wird der vollständige RSS-Feed der Seite gelesen, so kann der Rezipient
dort auf Themen stoßen, die im Moment der Lektüre bereits von der Startseite des Angebotes
verdrängt wurden. Der RSS-Feed leitet den Nutzer jedoch nur auf die zum Artikel gehörige
Unterseite, so dass der aktuelle Gesamtüberblick nicht präsentiert wird. Die Rezeption per
Twitter erfolgt hingegen zumeist zufällig, sofern der Twitterfeed nicht eigens beobachtet wird66.
Auch dort wird nicht auf die Gesamtübersicht, sondern auf die zum jeweils betreffenden Artikel
gehörige Unterseite verwiesen. Es ist somit zu erwarten, dass die Bewertung der
Orientierungsleistung bei Rezeption via Twitter schlechter eingestuft wird als per RSS-
65 Siehe dazu auch die Analyse des Leitmedien-Index bei rivva.de (Schmidt 2010).
66 Dieses Vorgehen wäre im Vergleich zum Abonnement des RSS-Feeds jedoch wenig sinnvoll.
44
4. Forschungsfragen
Abonnement oder per direktem Aufruf der Seite. Der tatsächliche Einfluss der Rezeptionsart auf
die Bewertung der Orientierungsleistung soll daher betrachtet werden.
Zudem stellt sich die Frage nach dem Einfluss der Nutzungshäufigkeit auf die Bewertung von
rivva.de. Es erscheint naheliegend, dass mit einer häufigeren Nutzung eine bessere Bewertung der
Orientierungsleistung einhergeht. Zum einen kennen sich User mit einer höheren
Nutzungsfrequenz wahrscheinlich besser mit dem Angebot und dessen Aufbereitung aus. Zum
anderen erscheint es plausibel, dass sie die für sie relevanten Themen bei den durch rivva.de
aggregierten Quellen aktiver verfolgen und daher einen größeren und langfristigeren Überblick
über die jeweiligen Themen besitzen. Dadurch wiederum könnten sie neue Artikel besser
einordnen als sporadische Nutzer des Angebotes. Dieser Erfahrungsunterschied könnte
Differenzen in der Bewertung der Orientierungsleistung bedingen.
Den Nutzern von rivva.de steht prinzipiell offen, in welcher Informationstiefe sie das Angebot
rezipieren. Unter Ausschnitten aus den jeweiligen Hauptartikeln werden die Reaktionen auf die
Beiträge, die im Artikel verlinkten Seiten sowie die zum Artikel abgesetzten ‚Tweets’ aggregiert.
Fraglich ist, ob die Bewertung der Orientierungsleistung positiver ausfällt, wenn über den
Hauptartikel hinaus auch weiterführende, sich auf den Artikel beziehende Reaktionen gelesen
werden. Die aktive Rezeption verlinkter Quellen statt beiläufiger Rezeption kurzer Ausschnitte
kann den Nutzern weiterführende Aspekte eines Themas aufzeigen. Durch die umfassendere
Information vermag die Bewertung der Orientierungsleistung positiv beeinflusst zu werden. Die
Frage untersucht neben der gesamten Selektivität über Hauptartikel und Reaktionen hinweg
gesondert die Selektivität bezüglich der Hauptartikel und der Reaktionen, um auch dort
eventuelle Unterschiede der Bewertung der Orientierungsleistung festzustellen. Folglich soll
durch diese Frage das in Kapitel 3.2.2 beleuchtete Problem ungenügender Informationstiefe
basierend auf der Nutzerschaft von rivva.de untersucht werden.
45
4. Forschungsfragen
Wie in Kapitel 3.2.1 dargestellt, kann eine fortlaufende Nutzung durch den Erfahrungsgewinn
Vertrauen in die Orientierungsleistung auch technischer Dienste bilden. Es lässt sich daher
erwarten, dass Nutzer durch eine längerfristige Nutzung von rivva.de die Orientierungsleistung
besser einschätzen werden als weniger erfahrene Nutzer des Dienstes. Die Bewertung
langfristiger Nutzer sollte positiver ausfallen, da das Angebot bei langfristig negativer Erfahrung
nicht weiter genutzt werden würde.
Frage 4a: Erwarten die Nutzer von rivva.de vom Angebot eine journalistische
Orientierungsleistung?
Als Aggregationsdienst versucht rivva.de laut Beschreibung des Entwicklers Frank Westphal,
einen „einen gewichteten Schlagzeilenüberblick über die deutschsprachige Blog- und Online-
Medienlandschaft“67 zu bieten. Ein Blick auf die „Leitmedien“ der Seite68 zeigt, dass unter den
aggregierten Seiten neben zahlreichen Weblogs auch professionelle Nachrichtenangebote
vorhanden sind. Es stellt sich die Frage, ob die Nutzer aufgrund dieser Inkludierung vom
Aggregationsdienst eine journalistische Orientierungsleistung erwarten. Hierzu sollen die für
Orientierungsleistungen beschriebenen Gütekriterien der Aktualität, Universalität, Publizität und
Relevanz angelegt werden69.
Insbesondere bei dieser Fragestellung vermag sich ein potentieller Einfluss eines eventuellen
journalistischen Hintergrunds einstellen, so dass dieser bei der Untersuchung explizit einbezogen
wird. Es ist zu erwarten, dass journalistisch tätige Nutzer weitaus geringere Erwartungen an eine
journalistische Orientierungsleistung von rivva.de haben als Nutzer ohne journalistische
Erfahrung, da sie journalistische Vermittlung eher professionellen Orientierungsangeboten
zuschreiben.
67 Vgl. http://rivva.de/about
68 Die „Leitmedien“ erfassen die aggregierten Seiten, welche in den letzten 100 Tagen die meisten Hauptartikel für
die Startseite des Angebotes veröffentlicht haben.
69 Die Periodizität des Angebotes ist durch die automatisierte fortlaufende Aktualisierung per se gegeben.
46
4. Forschungsfragen
Frage 4b: Wird rivva.de durch die Nutzer als journalistisches Angebot
wahrgenommen?
Neben der Frage, ob eine journalistische Orientierungsleistung erwartet wird, lässt sich die Frage
stellen, ob die Nutzer von rivva.de das Angebot mit journalistischen Leistungen in Verbindung
bringen. Es ist zu erforschen, ob die Nutzerschaft dem Dienst Eigenschaften wie Aktualität oder
Universalität zuschreibt. Auch hier dürfte ein journalistischer Hintergrund Einfluss auf die
Konnotationen der Nutzer haben. Erwartbar ist erneut eine kritischere Wahrnehmung seitens
journalistisch tätiger Nutzer.
Frage 4c: Wird die Orientierungsleistung der technischen Aggregation durch den
Nutzer besser bewertet als die Orientierungsleistung journalistischer Angebote?
Ein entscheidender Aspekt bei der Frage nach Remediation durch technische
Orientierungsangebote ist die Bewertung der Orientierungsleistung im Vergleich zu
professionellen Angeboten. Ob rivva.de als technisches Orientierungsangebot bessere
Bewertungen erzielen kann als professionell journalistische Angebote, soll daher mit dieser
Forschungsfrage untersucht werden.
Nach den Fragen mit Bezug zu journalistischen Kriterien bietet es sich an, zu untersuchen,
inwiefern das Angebot von rivva.de als technischer Vermittler das Rezeptionsverhalten der
Nutzer ändert. Zu erforschen ist, ob durch den möglichen Einfluss auf das Rezeptionsverhalten
eine Remediation durch den technischen Aggregator stattfindet, oder ob keine Veränderungen zu
verzeichnen sind. Es ist davon auszugehen, dass die Häufigkeit der Rezeption von rivva.de ein
einflussreicher Faktor hinsichtlich der veränderten Rezeption anderer Angebote ist. Bei Personen,
die rivva.de mindestens täglich nutzen, hat der Dienst einen festen Platz im Medienrepertoire. Da
auch bei häufigerer Nutzung eines Dienstes das Zeitbudget zur Medienrezeption allgemein
gleichbleibt, sollte sich eine gesunkene Nutzung hinsichtlich einiger Medienangebote einstellen.
47
4. Forschungsfragen
Frage 5b: Werden die auf rivva.de aggregierten Inhalte kritisch rezipiert?
Bedenkt man die in Kapitel 3.2.2 betonte Bedeutsamkeit der Medienkompetenz im Umgang mit
neuartigen Orientierungsangeboten, so muss zwingend die kritische Rezeption der dargebotenen
Inhalte evaluiert werden. Dies umfasst zum Einen die Bekanntheit der Autoren von auf rivva.de
aufgeführten Seiten. Zum Anderen soll die Informationstiefe der Rezeption bei dem Nutzer
unbekannten Angeboten, die bei rivva.de aggregiert werden, untersucht werden. Es stellt sich die
Frage, ob die Nutzer ihnen unbekannte Seiten bedenkenlos rezipieren oder ob sie sich eingehend
mit den Autoren sowie den jeweiligen Seiten beschäftigen. Hinzu kommt die Evaluation der
Intensität, mit der sich die Nutzer von rivva.de über ein Thema informieren, das bei rivva.de
aufgeführt wird. Es ist zu klären, ob sie die Recherche auf die im Angebot aufgeführten Quellen
beschränken oder darüber hinaus eigeninitiativ tätig werden.
Frage 5c: Dient rivva.de den Nutzern als Instrument zur Evaluation der Reaktionen
auf eigene Beiträge?
Neben den rein rezeptiven Möglichkeiten des Angebotes lässt rivva.de auch die Evaluation von
Reaktionen auf eigene Beiträge zu, wodurch Nutzer den Erfolg eigener Veröffentlichungen
nachvollziehen können. Es ist fraglich, ob – und wenn ja, in welcher Intensität – der Dienst in
dieser Funktion in Anspruch genommen wird.
48
5. Methodik
5. Methodik
Bevor die Ergebnisse der Online-Befragung dargestellt und interpretiert werden, soll im
Folgenden ein zusammenfassender Überblick über die Methodik des Forschungsvorhabens
gegeben werden.
Die Untersuchung eines online-affinen Publikums legte die Konzeption als Online-Befragung
nahe. Zudem war die Nutzung der untersuchten Website – und damit ein eigener Online-Zugang
– zwingende Voraussetzung für die Teilnahme an der Studie. Die Durchführung der Erhebung
im Internet bedeutete somit keine Ausgrenzung potentieller Teilnehmer, sondern war vielmehr
logische Konsequenz des zugrunde liegenden Forschungsvorhabens70.
70 „Das Internet ist als Technik und Organisationsform gleichzeitig Methode bzw. Instrument (Fragebogen),
Kommunikationskanal (Vertrieb) und Forschungsgegenstand (Nutzung, Rezeption, Produktion von
Internetinhalten). Online-Befragungen sind dann besonders sinnvoll, wenn alle drei Komponenten
zusammenkommen, wenn also das Internet und seine Nutzer auch der Forschungsgegenstand selbst sind.“ (Scholl
2009: 53)
49
5. Methodik
Die Majorität der Teilnehmer partizipierte während der ersten Tage der Freischaltung an der
Umfrage. Eine Woche vor Abschluss der Befragung wurden die Nutzer über die oben genannten
Wege über das baldige Ende der Erhebung informiert, wodurch die Teilnehmerzahl noch einmal
stark anstieg.
An der Umfrage nahmen insgesamt 1306 Probanden teil. Im Hinblick auf den
Untersuchungsgegenstand wurden zunächst die Nichtnutzer aus der Stichprobe gefiltert. Von
den verbleibenden 778 Probanden wurden weitere 283 Teilnehmer ausgeschlossen, da sie die
Beantwortung vorzeitig abbrachen. Vier weitere Fälle wurden aufgrund von Inkonsistenzen im
Antwortverhalten ausgeschlossen. Dementsprechend lagen zur Auswertung n=491 Fälle vor. Die
durchschnittliche Bearbeitungszeit lag bei 14:48 Minuten. Die genaue Ausschöpfungsquote ist
nicht ermittelbar, da die exakte Anzahl der Personen, die von der Umfrage wussten, nicht
bekannt ist.
71 EFS Survey erlaubt die beispielhafte Befüllung mit Daten, um fehlerhafte Filterführungen zu erkennen.
72 Die Pretester nahmen nicht an der endgültigen Online-Umfrage teil, um Vorprägungen und eventuelle
Verzerrungen durch Bekanntheit des Fragebogens auszuschließen.
73 http://bertdesign.de/wissenleben/meine-magisterarbeit-umfrage-zu-rivva-de
74 http://blog.rivva.de/archives/2010/5/17/chasing_waterfalls/
50
5. Methodik
Das offen erfragte Alter wurde für die Analyse in die von der ARD/ZDF-Onlinestudie
genutzten Altersgruppen gruppiert75. Der größte Anteil der Befragten, nämlich 38,1 Prozent
(n=184) ist 20 bis 29 Jahre alt. Direkt danach folgen die 30-39-Jährigen mit einem Anteil von 35,8
Prozent (n=173). Die drittgrößte Gruppe der 40-49-Jährigen fällt mit einem Anteil von 18,8
Prozent (n=91) bereits deutlich ab. Nur geringe Anteile weisen schließlich die 13-19-Jährigen (2,9
Prozent, n=14), die 50-59-Jährigen (3,7 Prozent, n=18) sowie die über 60-Jährigen (0,6 Prozent,
n=3) auf. Mit 76,8 Prozent ist der Großteil der Nutzer demnach unter 40 Jahre alt. Auch bei
diesem Merkmal liegen von acht Personen keine Angaben vor.
Die befragten Nutzer weisen ein überaus hohes Bildungsniveau auf. 52,6 Prozent (n=255) der
Befragten besitzen einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss. Weitere 30,1 Prozent
(n=146) haben das Abitur als höchsten anerkannten Bildungsabschluss erworben. Rechnet man
die Teilnehmer mit Fachabitur (8,0 Prozent, n=39) und Promotion (3,3 Prozent, n=16) hinzu, so
verfügen 94 Prozent der Teilnehmer über einen überdurchschnittlich hohen formalen
Bildungsabschluss. Die Stichprobe zeigt, dass die Nutzer von rivva.de der Kategorie der ‚Early
Adopter’ sehr genau entsprechen.
5.4 Treatment-Check
Mittels eines Treatment-Checks wurde zunächst auch hinsichtlich ihres
Mediennutzungsverhaltens die postulierte Voraussetzung überprüft, dass die Nutzer von rivva.de
als Produser aktiv an der Gestaltung des Social Web teilnehmen.
75 Die leichte Diskrepanz im untersten Segment erklärt sich durch einen 13-jährigen Teilnehmer, der nicht aus
Altersgründen aus der vorliegenden Stichprobe ausgeschlossen werden sollte.
51
5. Methodik
Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1=mehrmals täglich, 2=täglich, 3=mehrmals wöchentlich, 4=wöchentlich, 5=seltener, 6=nie
(fehlender Wert)
Zunächst wurde die Nutzung verschiedener Angebote des Social Web erfasst. Dort stechen vor
allem Weblogs, Social Networks sowie Microblogging-Dienste heraus. Diese Angebote werden
vom Großteil (85,8 Prozent) der Befragten mindestens täglich genutzt. Für Social Networks liegt
dieser Wert bei 68,1 Prozent, einen ähnlichen Wert erreicht die Nutzung von Microblogging-
Diensten (67,2%).
Unter den Teilnehmern befüllen 86,76 Prozent der Gesamtheit, also 426 Befragte, ein eigenes
Weblog oder einen eigenen Twitteraccount. Die Verweildauer im Internet ist in dieser
Nutzergruppe (n=425, fehlend: 1) mit der mehrmals täglichen Nutzung des Internets durch 80,2
Prozent der Nutzer ungewöhnlich hoch. Zudem verbringen 70,5 Prozent dieser Nutzer mehr als
drei Stunden täglich im Internet (n=426).
Eine genauere Betrachtung ergibt, dass von der Gesamtzahl der Weblog-Betreiber (n=317)
insgesamt 65,2 Prozent ihr Weblog mindestens wöchentlich mit neuen Inhalten befüllen. Eine
weitaus größere Gruppe von 80,9 Prozent (n=397) der insgesamt Befragten nutzt den
Microblogging-Dienst Twitter. Dem Format entsprechend erhöht sich die Frequenz der
veröffentlichten Beiträge auf dieser Plattform im Vergleich zu Artikeln in Weblogs stark. Von
n=396 Befragten geben 54,8 Prozent (n=217) an, mindestens täglich eine Nachricht per
Microblog zu publizieren, weitere 19,9 Prozent (n=79) nutzen den Dienst mehrmals wöchentlich.
52
5. Methodik
Die angegebenen Leserzahlen weisen sowohl bei den Weblog-Betreibern als auch bei den
Twitter-Nutzern eine dem Long Tail entsprechende Verteilung auf. Während nur wenige Befragte
über eine Vielzahl an Bloglesern76 oder Twitter-„Followern“77 verfügen, schreibt der Großteil der
jeweiligen Befragten in beiden Diensten für eine geringe Zahl an Lesern.
Quelle: Eigene Darstellung; X-Achse: Anzahl der Probanden; Y-Achse: Anzahl der Leser
Insgesamt bestätigt der Treatment-Check, dass die befragten Nutzer von rivva.de als Produser
aktiv an der Gestaltung des Social Web beteiligt sind. Der hohe Anteil an Weblog-Betreibern und
Twitter-Nutzern, die zudem größtenteils regelmäßig und hochfrequent Beiträge veröffentlichen,
entspricht auch unter Einbezug des Internetnutzungsverhaltens im Hinblick auf Altersstruktur,
Geschlecht und Bildungsgrad geradezu idealtypisch dem in Kapitel 2.3 beschriebenen Typen des
‚Early Adopters’.
76 3,5 Prozent – also n=10 Weblog-Betreiber mit mehr als 800 täglichen Lesern
77 5,9 Prozent – also n=20 Twitternutzer mit mehr als 700 ‚Followern’
53
5. Methodik
Ausgehend von der grundsätzlichen Fragestellung dieser Arbeit leitet sich daher das folgende
Forschungsmodell als Grundlage der Forschungsfragen ab:
Als unabhängige Variable fungiert in der Untersuchung die Nutzung des Angebotes von rivva.de.
Dabei unterscheidet sich die Nutzung von rivva.de durch Rezeptionsart und -häufigkeit, Ausmaß
der Selektivität innerhalb des Dienstes sowie die Dauer der Nutzung des Angebotes.
Die abhängigen Variablen sind die Erwartung einer Orientierungsleistung für das Social Web,
die Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de, die Erwartung einer
(journalistischen) Orientierungsleistung sowie die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches
Angebot. Zudem treten die Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung
journalistischer Angebote, das Rezeptionsverhalten dieser Angebote, die kritische Rezeption des
Angebotes von rivva.de sowie die Evaluation der Reaktionen auf eigene bei rivva.de aggregierte
Beiträge als abhängige Variablen auf.
54
5. Methodik
Die unabhängige Variable der Nutzung enthält zudem einige tiefer gehende Ausprägungen,
die im Folgenden in gebotener Kürze dargestellt werden.
Die Rezeptionshäufigkeit wird in Abhängigkeit der Rezeptionsart in den Items v_47 (Direkter
Seitenaufruf), v_48 (Abruf per RSS-Feed) sowie v_49 (Abonnement des Twitterfeeds) mittels
einer sechs-stufigen Skala78 erfasst.
Da die Zusammenfassung der Items in diesem Fall wenig gewinnbringend erscheint, werden
diese separat betrachtet, um fundiertere Aussagen treffen zu können. Um die Analyse der
Nutzungshäufigkeit für weiterführende Betrachtungen zu vereinfachen, wurden die Items in die
Variablen v_47_häufigkeit (n=484, Mw!1,67, Sd!0,55), v_48_häufigkeit (n=458, Mw!2,44,
Sd!0,86) und v_49_häufigkeit (n=464, Mw!2,31, Sd!0,92) umcodiert. In diesen wird zwischen
(mindestens) täglicher, (mindestens) wöchentlicher und seltenerer Nutzung unterschieden.
Das Ausmaß selektiver Rezeption der Inhalte von rivva.de wurde separat für Hauptartikel und für
auf Hauptartikel verweisende Reaktionen erfasst. Die Selektivität in der Rezeption von
Hauptartikeln wurde mit den Items v_84 (wenn auf Artikel verweisende Seiten bekannt), v_85
(bei großer Anzahl verweisender Blogs), v_86 (bei großer Anzahl verweisender Tweets) sowie
55
5. Methodik
v_87 (bei Interesse am behandelten Thema) erfasst. Die Selektivität hinsichtlich der unter den
Hauptartikeln aufgeführten Reaktionen wurde mittels der Items v_89 (bei Bekanntheit
verweisender Seiten), v_90 (bei häufigen thematisch passenden Beiträgen einer Seite), v_91 (bei
professionellen Medien) sowie v_92 (bei Interesse am Thema des Hauptartikels) erfragt. Die
Zustimmung zu den Aussagen zur Selektivität konnte auf einer fünfstufigen Skala (1= „immer“;
5= „nie“) differenziert angegeben werden.
In der Reliabilitätsanalyse aller Items ergab sich ein Cronbachs !-Wert von 0,82, so dass die
genannten Items im Index selektivität_gesamt (n=469, Mw!2,56, Sd!0,64) zusammengefasst
wurden. Aufgrund eines zu geringen Cronbachs !-Wertes konnten nicht alle Items zur
Selektivität bei Hauptartikeln zusammengefasst werden. Eine zusätzliche Reliabilitätsprüfung
ergab, dass sich die Items v_84, v_85 und v_86 mit einem Cronbachs !-Wert von 0,74 in den
Index selektivität_hauptartikel (n=481, Mw!2,8, Sd!0,81) vereinen lassen konnten79. Zudem
konnten die Items für die Selektivität bei Reaktionen auf Hauptartikel in einem eigenen Index
selektivität_reaktionen (n=475, Mw!2,7, Sd!0,8) zusammengefasst werden (Cronbachs !!0,82).
Anschließend wurden die drei Indizes für weitere Analysen dichotomisiert80. Es ergaben sich
die drei verdichteten Indizes selektivität_gesamt_dichotomisiert (n=109),
selektivität_hauptartikel_dichotomisiert (n=166) sowie selektivität_reaktionen_dichotomisiert
(n=147).
Die Dauer der Nutzung von rivva.de wurde im Item v_46 anhand vorgegebener halbjähriger
Intervalle seit dem ersten Halbjahr 2007 erfasst. Die Analyse der deskriptiven Daten offenbarte
eine regelmäßige Verteilung auf die abgefragten Zeiträume. Dies legte die Gruppierung der
Ausprägungen im Item v_46_gruppiert nach vollständigen Jahren nahe.
79 Das Item v_87 – „Ich lese Hauptartikel, wenn mich das behandelte Thema interessiert“ – erwies sich bei der
Analyse der deskriptiven Daten als zu generisch (n=486, Mw=1,28, Sd=0,6).
80 Die Werte bis 2 (hohe Selektivität) wurden in die Ausprägung 1 umcodiert, die Werte ab 4 (geringe Selektivität) in
die Ausprägung 2. Alle dazwischen liegenden Werte bedeuten eine in keine Richtung sonderlich ausgeprägte
Selektion von Artikeln. Diese Werte wurden in der Analyse daher vernachlässigt.
56
5. Methodik
Die Erwartung einer Orientierungsleistung im Social Web durch rivva.de wird durch die Items
v_63 (innerhalb der Blogosphäre) und v_64 (innerhalb des Microbloggingdienstes Twitter)
erfasst. Beiden Items liegt eine fünfstufige Skala mit den Extremwerten 1 („Stimme voll und ganz
zu“) und 5 („Stimme überhaupt nicht zu“) zugrunde. Die separate Betrachtung der beiden Items
bietet sich an, da differenzierte Erwartungen in Bezug auf Weblogs und Twitter zu vermuten
sind.
Die Wahrnehmung einer Orientierungsleistung von rivva.de beinhaltet die Dimensionen Vielfalt,
Aktualität, Vollständigkeit sowie Universalität. Dabei wurde die Wahrnehmung der Orientierung
zu allgemein relevanten Themen, zu persönlich relevanten Themen sowie zur
Aggregationsleistung des Dienstes mittels einer fünfstufigen Skala mit Ausprägungen von
„stimme voll und ganz zu“ (=1) bis „stimme überhaupt nicht zu“ (=5) erfasst.
Die Items v_50 (Vielfalt), v_51 (Universalität), v_52 (Vollständigkeit) sowie v_53 (Aktualität)
erfassten dabei die Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu allgemein relevanten Themen und
konnten aufgrund eines zulässigen Cronbachs !-Wertes (!0,74) im gemeinsamen Index
wahrnehmung_orientierungsleistung_allg zusammengefasst werden (n=464, Mw!2,63, Sd!0,79).
Die Items v_57 (Universalität), v_59 (Vollständigkeit) sowie v_60 (Aktualität) ermittelten die
Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu persönlich relevanten Themen und konnten
ebenfalls aufgrund eines ausreichenden Cronbachs !-Wertes (!0,71) im gemeinsamen Index
wahrnehmung_orientierungsleistung_pers (n=458, Mw!2,43, Sd!0,76) zusammengefasst
werden.
57
5. Methodik
Darüber hinaus wurde durch die Items v_78, v_79, v_80, v_81, v_82 und v_8381 die
Wahrnehmung der Aggregationsleistung von rivva.de erfasst. Auch für die Items zur
Aggregationsleistung ließ sich bei einem Cronbachs !-Wert von 0,74 ein gemeinsamer Index
wahrnehmung_orientierungsleistung_aggregationsleistung (n=396, Mw!2,15, Sd!0,58) bilden.
Die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de wurde in den Items v_54 („rivva.de ersetzt
für mich die Tageszeitung“), v_55 („rivva.de ersetzt für mich Nachrichtenportale“), v_56
(„rivva.de ist besser als professionelle Nachrichtenangebote“), v_58 („rivva.de behandelt eine zu
enge Auswahl an Themenbereichen“) , v_61 („rivva.de ersetzt für mich themen- und
fachspezifische Angebote“) und v_82 („rivva.de aggregiert die zum jeweiligen Thema wichtigsten
Quellen“) erfasst. Die Items v_54, v_55 sowie v_61 sind für die Analyse relevant, da einer
Ersetzung des jeweiligen Angebotes durch rivva.de eine qualitativ bessere Bewertung der
Plattform zugrunde liegen muss. Bei allen Items konnte die Zustimmung auf einer fünfstufigen
Skala (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt nicht zu“ bzw. für Item v_82 1=
„trifft voll und ganz zu“; 5= „trifft überhaupt nicht zu“) abgestuft werden.
Nach Umkodierung von v_58 konnten die Items aufgrund eines Cronbachs L-Wertes von
0,71 im gemeinsamen Index bewertung_orientierungsleistung (n=385, Mw!3,27, Sd!0,76)
zusammengefasst werden.
Durch die Items v_62, v_65, v_66, v_67, v_68 und v_69 wurde die Erwartung einer
journalistischen Orientierungsleistung erfragt. Dabei wurden die für journalistische Angebote
ausschlaggebenden Dimensionen der Aktualität (v_62, v_67) sowie der Universalität (v_65, v_66,
81 v_78 = Aktualität; v_79 = Reaktionen helfen bei Einschätzung des Hauptartikels ; v_80 = Reaktionen ordnen
Hauptartikel in passenden Kontext; v_81 = zusätzliche Informationen zum Hauptartikel durch aufgeführte
Reaktionen; v_82 = Aggregation der wichtigsten Quellen; v_83 = Aufführen unbekannter Themenaspekte
58
5. Methodik
v_68, v_69) erfasst82, zudem wurde in v_70 die Relevanz der Plattform für die Themenauswahl
im eigenen Weblog abgefragt. Das Ausmaß an Zustimmung zu den einzelnen Aussagen konnte
auf einer fünfstufigen Skala (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt nicht zu“)
differenziert angegeben werden.
Die Items ließen sich aufgrund eines zu geringen Cronbachs !-Wertes von 0,56 nicht
zusammenfassen. Auch eine Aufteilung in die Untergruppen Aktualität sowie Universalität ergab
keine ausreichenden Werte in der Reliabilitätsanalyse. Für die weiterführende Betrachtung wurden
die Items daher einzeln analysiert.
Die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches Angebot wurde in den Items v_50 (vielfältige
Themenauswahl), v_51 (Überblick über allgemein relevante Themen), v_52 (Vollständigkeit des
dargebotenen Meinungsbildes) und v_53 (Aktualität der Themen) erfasst. Auch diese Variable
wurde mittels fünfstufiger Skala (Ausprägungen analog zu Kapitel 5.5.2.4) erfasst.
Die Reliabilitätsanalyse ergab einen Cronbachs !-Wert von 0,74, so dass die Items im Index
wahrnehmung_journ_angebot (n=464, Mw!2,63, Sd!0,79) zusammengefasst dargestellt werden
können.
Da nur die Betrachtung der einzelnen Items – insbesondere im Vergleich zur Bewertung der
Orientierungsleistung von rivva.de – einen Erkenntnisgewinn verspricht, wurden die Werte nicht
in einem gemeinsamen Index zusammengefasst. Stattdessen wurden die deskriptiven Daten der
einzelnen Items für eine vergleichende Analyse herangezogen.
82 Die darüber hinaus relevanten Dimensionen journalistischer Orientierungsleistung (Periodizität und Publizität)
sind durch das regelmäßig aktualisierte, öffentlich zugängliche Angebot bei rivva.de per se gegeben. Sie wurden
daher im Fragebogen nicht vertiefend thematisiert.
59
5. Methodik
Eine Veränderung des Rezeptionsverhaltens anderer Angebote neben rivva.de wurde anhand
zweier Konstrukte erfasst. Die vollständige Ersetzung professioneller Angebote aufgrund der
Nutzung von rivva.de wurden mittels der Items v_54 (Tageszeitung), v_55 (Nachrichtenportale)
und v_61 (themen- und fachspezifische Angebote) erfasst. Die Angaben konnten erneut auf
einer fünfstufigen Skala abgestuft werden (1= „stimme voll und ganz zu“; 5= „stimme überhaupt
nicht zu“). Die Aussagen zur Substituierung anderer Angebote durch rivva.de konnten aufgrund
des Cronbachs !-Wertes von 0,74 im Index rezeptionsverhalten_ersetzung_angebote (n=459,
Mw!3,68, Sd!1,03) zusammengefasst werden.
Neben der Frage der Ersetzung wurde das veränderte Nutzungsverhalten für verschiedene
Webangebote durch die Items v_96 (Professionelle Nachrichtenangebote), v_97
(Nachrichtenportale), v_98 (Themen- und fachspezifische Angebote), v_99 (einzelne Weblogs),
v_100 (Foren), v_101 (Soziale Netzwerke), v_102 (Social Bookmarking-Dienste) sowie v_103
(Suchmaschinen) abgefragt. Mögliche Veränderungen wurden anhand einer sechsstufigen Skala83
erfasst. Mittels dieser Skala konnten feinere Abstufungen gemacht werden, da es nicht nur um
absolute Ersetzung, sondern auch um geringfügig variierende Nutzung ging. Da auch in diesem
Fall lediglich die separate Betrachtung der Einzelitems zielführend und aussagekräftig sein kann,
wurde kein gemeinsamer Index angestrebt.
Mit den Items v_71 (Informationsbeschaffung über unbekannte Seiten), v_72 (Eigene Recherche
zu bei rivva.de gelisteten Themen), v_73 (vornehmlich Lektüre von Artikeln professioneller
Medien), v_74 (vornehmlich Lektüre von Artikeln aus Weblogs) sowie v_75 (Unterscheidung
zwischen Artikeln aus Weblogs und aus professionellen Medien) wurde das Maß an kritischer
Rezeption der Inhalte auf einer fünfstufigen Skala (1= „immer“; 5= „nie“) abgefragt. Die Items
ließen sich aufgrund zu geringer Cronbachs !-Werte nach thematischen Gesichtspunkten sortiert
nicht zusammenfassen. Daher wurden alle Items separat betrachtet.
Ob sich Nutzer von rivva.de darüber informieren, inwiefern und wie eigene Beiträge von anderen
Weblogbetreibern oder Twitternutzern aufgegriffen werden, erfassten die Items v_107
83 1= „nutze ich häufiger“; 2= „nutze ich gleich häufig“; 3= „nutze ich seltener“; 4= „nutze ich nicht mehr“; 5=
„habe ich nie benutzt“; 6= „kann ich nicht beurteilen“
60
5. Methodik
(Information über Anzahl verlinkender Blogs), v_108 (Information über Anzahl verlinkender
Tweets), v_109 (Evaluation von Reaktionen auf thematisch zugeordnete fremde Artikel) und
v_110 (Vergleich der Reaktionen auf eigene Artikel und thematisch verwandte Artikel)84. Um
differenzierte Antwortmöglichkeiten zu erlauben, wurde eine fünfstufige Skala (1= „immer“; 5=
„nie“) eingesetzt. Aufgrund eines Cronbachs !-Wertes von 0,96 ließen sich die Items in einem
gemeinsamen Index zur Reaktionsevaluation zusammenfassen.
Ob eigene Beiträge von rivva.de erfasst werden, wurde jeweils für das eigene Weblog (v_16,
n=106 erfasste Weblogs) sowie den eigenen Twitteraccount (v_21, n=79 erfasste
Twitteraccounts) erhoben. Um zwischen Nutzern, deren Beiträge erfasst werden, und Nutzern,
deren Beiträge nicht erfasst werden, zu unterscheiden, wurde in mehreren Schritten das Item
beiträge_erfasst_cod berechnet85.
Darüber hinaus wurde die Häufigkeit der Beitragserfassung (v_105, v_106) in den Variablen
v_105_cod und v_106_cod dichotomisiert („häufig“ und „eher häufig“ = 1 vs. „eher selten“ und
„selten“ = 2).
Ein eventueller journalistischer Hintergrund wurde im Item v_120 abgefragt. Da für die
Auswertung vor allem ein haupt- oder nebenberuflicher Hintergrund – unabhängig von aktueller
84 Diese Frage wurde nur Probanden gestellt, die angaben, dass ihre Artikel bereits aufgegriffen wurden.
85 Zunächst wurden v_16 und v_21 jeweils umkodiert in ja=1 sowie restliche Angaben=2. Die
Antwortmöglichkeiten waren in beiden Items „ja“, „nein“ sowie „weiß nicht“. Diese Items (twitter_erfasst,
weblog_erfasst) wurden im Item beiträge_erfasst zusammengefasst. Dieses Item wurde wiederum umkodiert in
das Item beiträge_erfasst_cod, indem die Ausprägungen 2 und 3 dem Wert 1 (Beiträge des Weblogs und/oder bei
Twitter erfasst) zugewiesen wurden, die Ausprägung 4 dem Wert 2 (keine Beiträge erfasst).
61
5. Methodik
oder vergangener Tätigkeit – interessant war86, wurden die Werte im Item v_120_gruppiert nach
hauptberuflichem (n=45), nebenberuflichem (n=89) und keinem (n=251) journalistischen
Hintergrund zusammengefasst.
Die Items v_76 (Bekanntheit der Weblogautoren, n=490, Mw!2,81, Sd!0,89) und v_77
(Bekanntheit der Twitternutzer, n=483, Mw!3,44, Sd!0,97) erfassten eine mögliche vorherige
Bekanntheit der Autoren von auf rivva.de aggregierten Beiträgen. Als Antwortoption wurde eine
fünfstufige Skala (1= „immer“; 5= „nie“) genutzt. Beide Items wurden dichotomisiert87. Bei
großer Bekanntheit wurde der Wert 1, bei Unbekanntheit der Wert 2 vergeben.
86 Der journalistische Hintergrund kann – unabhängig von vergangener oder aktueller Erfahrung – immer als
prägend erachtet werden. Das Ausmaß journalistischer Erfahrung ist in diesem Zusammenhang wichtiger als die
zeitliche Distanz zwischen Befragungszeitpunkt und letzter journalistischer Tätigkeit.
87 Hierbei wurde der mittlere Wert (3) aufgrund der neutralen Aussage der Ausprägung nicht in die Umkodierung
einbezogen.
62
5. Methodik
In einer tiefer gehenden Analyse werden zusätzlich die Wahrnehmung der allgemeinen und
persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung der Aggregationsleistung in
die Auswertung einbezogen. In einem ersten Schritt werden die deskriptiven Daten evaluiert.
Weiterhin werden die Auswirkungen der Nutzungshäufigkeit auf die Wahrnehmung der einzelnen
Ausprägungen der Orientierungsleistung in T-Tests mit unabhängigen Stichproben untersucht.
Analog zum oben beschrieben Vorgehen fließen auch hier nur die Ausprägungen 1 und 2 in die
Analyse ein. Bei signifikanten Unterschieden wird die Korrelation betrachtet sowie – falls nötig –
eine Regressionsanalyse durchgeführt.
Ob die Nutzer von rivva.de eine Orientierung im Social Web durch das Angebot erwarten,
ermittelt die Forschungsfrage 2. Zur Beantwortung der Forschungsfrage werden die deskriptiven
Daten der Items v_63 (Überblick über aktuelle Themen der Blogosphäre) und v_64 (Überblick
über aktuell bei Twitter diskutierte Themen) betrachtet.
89 Die Beschränkung auf diese beiden Gruppen ergibt sich durch die Analyse der Nutzungshäufigkeiten über die
einzelnen Kanäle (Direkter Aufruf, RSS-Abonnement, Twitter): Von allen Befragten nutzen n=464 Nutzer von
rivva.de, also 94,5 Prozent der Gesamtheit, den Dienst über einen der Kanäle mindestens wöchentlich. Somit
umfasst die eigentliche Beschränkung auf zwei Gruppen fast alle Befragten, zudem liegt das Hauptaugenmerk der
Befragung auf den regelmäßigen Nutzern. Diese werden so optimal erfasst.
63
5. Methodik
Zudem wird der Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung der
Orientierungsleistung anhand der Gruppenvariable v_120_gruppiert (hauptberuflicher,
nebenberuflicher oder kein journalistischer Hintergrund) untersucht90.
Ein möglicher Einfluss der Erfassung eigener Beiträge auf die Bewertung der
Orientierungsleistung wird mit einem T-Test bei unabhängigen Stichproben mit dem Item
beiträge_erfasst_cod untersucht. Um zu überprüfen, ob die Häufigkeit erfasster Beiträge
eventuelle Effekte verstärkt, werden die Items „Häufigkeit Erfassung als Hauptartikel“ (v_105)
und „Häufigkeit Erfassung als verweisender Artikel“ (v_106) dichotomisiert und die
Ausprägungen 1= „(eher) häufig erfasst“ und 2= „(eher) selten erfasst“ als Gruppenvariablen
(v_105_cod, v_106_cod) mit T-Tests für unabhängige Stichproben analysiert.
Die Bekanntheit der Autoren kann ebenfalls einen moderierenden Einfluss auf die Bewertung
der Orientierungsleistung haben. Daher wird jeweils ein T-Tests für unabhängige Stichproben mit
den dichotomisierten Items v_76 (Blog-Autoren bekannt) und v_77 (Twitter-Nutzer bekannt)
durchgeführt. Bei beiden Variablen werden die Werte 1= „(fast) immer“ und 2= „(fast) nie“ als
Gruppenvariablen zugrunde gelegt. Anschließend wird durch Filtern des Datensatzes die
Signifikanz der Differenz von v_76_dichotomisiert und v_77_dichotomisiert in T-Tests mit
einfachen Stichproben untersucht91.
Zur Beantwortung der Forschungsfrage 3a werden die Auswirkungen der Rezeptionsart auf
die Bewertung der Orientierungsleistung durch T-Tests mit unabhängigen Stichproben überprüft.
Die T-Tests werden mit den gruppierten Items v_47_häufigkeit (direkter Zugriff),
v_48_häufigkeit (RSS-Feed) sowie v_49_häufigkeit (Twitter) in den Ausprägungen 1=
„(mehrmals) täglich“ und 2= „(mehrmals) wöchentlich“ als Gruppenvariablen vorgenommen.
Zudem wird die Bewertung der Orientierungsleistung zwischen den einzelnen Rezeptionsarten
durch T-Tests bei einfachen Stichproben verglichen92.
90 Zur Untersuchung des Einflusses dieser intervenierenden Variable ist keine Filterung des Datensatzes notwendig,
da die Ausprägung „Nutzung von rivva.de“ für alle Fälle den Wert 1=ja besitzt. Dies gilt im Folgenden auch für die
intervenierenden Variablen „Erfassung der Beiträge“ und „Bekanntheit der Autoren“.
92 Hierzu wurde der Datensatz mit einem Filter für die häufigsten Nutzer der jeweiligen Rezeptionsart belegt. Die T-
Tests enthielten schließlich als Testwert die Mittelwerte der Bewertung durch die häufigsten Nutzer der anderen
Rezeptionsarten.
64
5. Methodik
Die Forschungsfrage 3b wird ebenso mit T-Tests für unabhängige Stichproben analysiert.
Dazu werden die Ausprägungen 1= „hohe Selektivität“ und 2= „geringe Selektivität“ der Indizes
zur gesamten Selektivität, zur Selektivität bei Hauptartikeln und zur Selektivität bzgl. der
Reaktionen herangezogen. Sollten sich signifikante Unterschiede zwischen den Gruppen ergeben,
wird die Korrelation zwischen der jeweiligen Variable und dem Bewertungsindex berechnet.
Darüber hinaus wird bei signifikantem Zusammenhang die Regression betrachtet.
Um zu evaluieren, ob die Nutzungsdauer von rivva.de eine Auswirkung auf die Bewertung
hat, werden T-Tests bei unabhängigen Stichproben vorgenommen. Als Gruppevariablen
fungieren die einzelnen Altersausprägungen des Index v_46_gruppiert (1=2007, 2=2008,
3=2009, 4=2010), als abhängige Variable der gebildete Index zur Bewertung der
Orientierungsleistung. Dabei werden alle Gruppierungen untereinander verglichen.
Die Forschungsfragen 4a und 4b werden zunächst durch die Analyse der deskriptiven Daten
der einzelnen Items beantwortet. Weitergehende Analysen umfassen für beide Forschungsfragen
die Überprüfung des Einflusses journalistischer Erfahrung. Für Forschungsfrage 4a wird dies bei
den beiden positivsten (v_65, v_69) und dem negativsten Item (v_68) untersucht93, für
Forschungsfrage 4b wird der Index wahrnehmung_journ_angebot herangezogen. Es werden
jeweils T_Tests bei unabhängigen Stichproben für die einzelnen Items und die jeweiligen
Ausprägungen der gruppierten Variablen zum journalistischen Hintergrund durchgeführt.
93 Nach Betrachtung der Mittelwerte aller Items zur Erwartung journalistischer Orientierungsleistung zeigt sich, dass
die Nutzer nicht unbedingt journalistische Orientierungsleistung erwarten, sondern eher Wert auf alternative und
unbekannte Themen legen. Aus diesem Grund wurden nachfolgend nur noch die angegebenen Items v_65, v_69
(Bedeutende Quellen / unbekannte Themen) sowie zum Vergleich v_68 (von professionellen Nachrichtenmedien
behandelte Themen) analysiert. Zudem ist es im Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht möglich, jedes Item
gesondert in allen Einzelheiten zu betrachten.
65
5. Methodik
Forschungsfrage 5c wird durch die Betrachtung der deskriptiven Daten des Index
evaluation_reaktionen beantwortet.
66
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.1 Forschungsfrage 1
Die erste Forschungsfrage soll die Wahrnehmung einer Orientierungsleistung durch rivva.de
seitens der Nutzer genauer untersuchen. Die Betrachtung der deskriptiven Daten zeigt, dass die
Orientierungsleistung des Angebotes mit einem Mittelwert von 2,35 zumindest tendenziell
wahrgenommen wird. Die Standardabweichung von 0,55 verdeutlicht zudem, dass von einer
relativ hohen Konsistenz in den Einschätzungen der Befragten auszugehen ist.
Die T-Tests zeigen, dass sowohl beim direkten Aufruf der Website als auch beim Abonnement
der Twitternachrichten des Angebotes ein signifikanter Unterschied in der Wahrnehmung der
Orientierungsleistung vorliegt.
67
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Der Pearsons rp-Wert für die Beziehung zwischen der Häufigkeit des direkten Aufrufs und der
Wahrnehmung der Orientierungsleistung beträgt 0,2 (zweiseitig signifikante Korrelation auf dem
Niveau von 0,01). Die Berechnung der Regression bestätigt die angenommene Richtung (b!0,16;
Beta!0,2). Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung nimmt somit durch häufigeren direkten
Aufruf der Seite zu.
Ähnliche Ergebnisse liefert die Betrachtung der Korrelation zwischen der Häufigkeit des
Empfangs von Twitternachrichten des Angebotes und der Wahrnehmung der
Orientierungsleistung. Mit einem Pearsons rp-Wert von 0,25 (zweiseitige signifikante Korrelation
auf dem Niveau von 0,01) lässt sich ein Zusammenhang konstatieren. Die angenommene
Richtung der Korrelation wird durch die Regressionsberechnung (b!0,15; Beta!0,25) bestätigt.
Die Orientierungsleistung wird damit auch bei häufigerer Lektüre der Twitternachrichten des
Dienstes eher wahrgenommen.
Die tiefgreifendere Analyse zur Wahrnehmung der Orientierungsleistung erfolgte durch die
Einteilung der Wahrnehmung in drei Dimensionen: Die Wahrnehmung der Orientierungsleistung
zu allgemeinen Themen (Mw=2,63), die Wahrnehmung der Orientierungsleistung zu persönlich
relevanten Themen (Mw=2,43) sowie die Wahrnehmung der Orientierungsleistung durch die
Aggregationsleistung der Seite (Mw=2,15). Diese Mittelwerte wurden zunächst in T-Tests bei
einer Stichprobe untereinander verglichen.
Tabelle 3: Wahrnehmung der allgemeinen und persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung
durch die Aggregationsleistung des Angebotes
Die nach Betrachtung der Mittelwerte der drei Dimensionen bereits erwartbaren Unterschiede in
der Wahrnehmung der Orientierungsleistung werden durch die T-Tests bestätigt. Die
68
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.2 Forschungsfrage 2
Um zu beantworten, ob die Nutzer von rivva.de von der Website eine Orientierungsleistung für
das Social Web erwarten, erfolgt die Analyse der deskriptiven Daten getrennt nach Erwartungen
bezüglich eines Überblicks über die Blogosphäre95 und bezüglich bei Twitter diskutierter
Themen.
Die Betrachtung zeigt, dass die Nutzer vor allem für die Blogosphäre einen aktuellen
Themenüberblick massiv erwarten. Von den Befragten stimmen 93,6 Prozent mindestens zu,
ganze 69 Prozent der Befragten stimmen der Aussage „voll und ganz“ zu. Dementsprechend liegt
94 Die für diese Betrachtung durchgeführten T-Tests, Korrelations- und Regressionsberechnungen können den der
Arbeit in digitaler Form angefügten PASW-Outputs entnommen werden. Eine Auflistung dieser Ergebnisse wäre
ob der vergleichsweise spitzen Fragestellung und angesichts der räumlichen Grenzen dieser Magisterarbeit nicht
gewinnbringend.
95 Mit „Blogosphäre“ ist – vor allem durch die Ausrichtung des Dienstes auf den deutschsprachigen Bereich – vor
allem das deutschsprachige Netzwerk von Weblogs gemeint. Dementsprechend werden auch vornehmlich
deutschsprachige bei Twitter diskutierte Themen von rivva.de erfasst.
69
6. Ergebnisse der Onlinestudie
der Mittelwert bei 1,39 – also im Rahmen sehr starker Zustimmung. Die Standardabweichung
(0,67) verweist dementsprechend zusätzlich auf eine hohe Übereinstimmung in den gegebenen
Antworten.
Für einen Überblick über aktuell bei Twitter diskutierte Themen zeigen sich hingegen eher
Erwartungstendenzen. 64,8 Prozent der Befragten stimmen der Aussage mindestens zu, etwa ein
Drittel (33,5 Prozent) äußern absolute Zustimmung. Diese zurückhaltendere Erwartung wird
durch den Mittelwert von 2,23 belegt. Die Standardabweichung bestätigt mit 1,18 zudem eine
breitere Streuung im Antwortverhalten.
Die Nutzer von rivva.de erwarten dementsprechend vor allem eine Orientierungsleistung
innerhalb der Blogosphäre, zeigen aber ebenso – wenn auch in abgeschwächter Form – Interesse
an einer Orientierungsleistung zu bei Twitter diskutierten Themen.
6.3 Forschungsfrage 3
Die Untersuchung der deskriptiven Daten des zusammengefassten Index zur Bewertung der
Orientierungsleistung ergibt einen Mittelwert von 3,27 bei einer durchschnittlichen Streuung der
gegebenen Antworten von 0,76.
Die Daten zeigen, dass die zusammengefasste Bewertung der Orientierungsleistung von
rivva.de nur mittelmäßige Werte erreicht – der Mittelwert deutet eine leichte Tendenz zu einer
ungenügenden Bewertung an. Zur genaueren Betrachtung werden daher die deskriptiven Daten
der einzelnen im Index enthaltenen Items betrachtet, um tiefere Einblicke in die Bewertung
einzelner Kategorien zu erlangen.
70
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Item N Fehlend Mw Sd
Rivva.de aggregiert die zu einem Thema wichtigsten Quellen 425 66 2,47 0,895
Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1= „Stimme voll und ganz zu“; 5= „Stimme überhaupt nicht zu“
Die dargestellten Ergebnisse verdeutlichen, dass die Nutzer von rivva.de den Aggregationsdienst
nicht unbedingt als Ersatz für Tageszeitungen, Nachrichtenportale oder themenspezifische
Angebote nutzen. So findet die Aussage, rivva.de könne die Tageszeitung ersetzen, bei 46,6
Prozent der Befragten überhaupt keine Zustimmung. Zudem wird das Angebot im Vergleich zu
professionellen Nachrichtenangeboten nicht besser, sondern tendenziell negativer bewertet.
Die Nutzer bewerten jedoch die Aggregationsleistung der Seite eher positiv – 56,9 Prozent der
Befragten stimmen der Aussage, der Dienst aggregiere die wichtigsten Quellen zum jeweiligen
Thema, mindestens zu. Zudem wird die Themenauswahl des Angebots als einigermaßen breit
gefächert angesehen.
Bedenkt man, dass Nutzer mit journalistischem Hintergrund aus beruflichen Gründen die
Orientierungsleistung eines Angebotes vermutlich kritischer beurteilen können, so liegt der
Vergleich zwischen haupt- und nebenberuflich tätigen Journalisten und anderen Nutzern nahe.
Insbesondere lässt sich auf Basis der Ergebnisse bei Neuberger / Nuernbergk / Rischke (2009c:
269ff.) erwarten, dass die Orientierungsleistung eines (vornehmlichen) Weblog- und Twitter-
Aggregators durch Journalisten deutlich negativer bewertet wird als durch normale Nutzer. Diese
Vermutungen wurden durch T-Tests bei unabhängigen Stichproben für alle drei Gruppen
untersucht:
71
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Die Ergebnisse weisen für keines der untersuchten Paare signifikante Zusammenhänge zwischen
journalistischer Erfahrung und der Bewertung der Orientierungsleistung auf. Somit hat
journalistische (Vor-)Erfahrung unter den Befragten keine Auswirkungen auf die Bewertung der
Orientierungsleistung von rivva.de.
Da anzunehmen ist, dass die Bekanntheit der Autoren und demzufolge das Wissen um ihre
Art und Kompetenz der Informationsvermittlung die Bewertung einer Orientierungsleistung von
rivva.de beeinflussen kann, wurden eventuelle Differenzen untersucht. Die Ergebnisse der zur
Überprüfung der Forschungsfrage durchgeführten T-Tests ergeben folgende Werte:
Tabelle 6: Einfluss der Bekanntheit von Autoren auf die Bewertung der Orientierungsleistung
Aggregierte Twitternutzer
Die Ergebnisse zeigen, dass die Bekanntheit der Autoren einen signifikant positiven Einfluss auf
die Bewertung der Orientierungsleistung hat.
72
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Nicht alle Rezipienten des Aggregationsdienstes sind selbst im Social Web aktiv (vgl. Kapitel
5.3, Analyse der Stichprobe). Die Anzahl der Nutzer, die eindeutig wissen, dass ihre Beiträge vom
Dienst erfasst werden, ist demgegenüber nochmals geringer. Dies legt die Vermutung nahe, dass
diese Nutzergruppe die Orientierungsleistung des Dienstes besser einschätzt als Nutzer, deren
Beiträge nicht – zumindest nicht wissentlich – erfasst werden. Der Vergleich der Bewertung
zwischen Probanden, deren Accounts erfasst werden, und dem Rest ergab jedoch keine
signifikante Differenz:
Die Bewertungen sind als statistisch gleich anzunehmen, auch wenn die Mittelwerte eine leicht
bessere Bewertung der Orientierungsleistung in Abhängigkeit der Erfassung eigener Beiträge
nahelegen. Aufgrund der statistischen Gleichheit muss jedoch konstatiert werden, dass die
Aggregation eigener Beiträge für die befragten Nutzer keine Auswirkungen auf die Einschätzung
der Orientierungsleistung hat.
Zusätzlich zum Vergleich der beiden oben genannten Gruppen wurde ein eventueller Einfluss
der Häufigkeit erfasster Beiträge untersucht. Die durchgeführten T-Tests bei unabhängigen
Stichproben ergaben keine signifikanten Unterschiede bei Probanden, deren Weblog oder
Twitter-Account (eher) häufig oder (eher) selten erfasst wurde.
6.3.1 Forschungsfrage 3a
Ob die Bewertung der Orientierungsleistung von der Rezeptionsart und -häufigkeit des Dienstes
abhängt, wurde durch Forschungsfrage 3a ermittelt. Die Ergebnisse wurden zur erleichterten
Einsicht in tabellarischer Form aufbereitet:
73
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Tabelle 8: Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit auf die Bewertung der Orientierungsleistung
Für den Einfluss der Nutzungshäufigkeit bei direktem Aufruf der Seite sowie dem Abonnement
der Twitternachrichten auf die Bewertung der Orientierungsleistung ergeben sich signifikante
Ergebnisse. Die Analyse der Korrelation ergibt für den Zusammenhang zwischen der Häufigkeit
des direkten Aufrufs der Seite und der Bewertung der Orientierungsleistung einen Pearsons rp-
Wert von 0,2 (zweiseitige signifikante Korrelation auf dem Niveau von 0,01). Der
Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Rezeption bei Twitter und der Bewertung der
Orientierungsleistung wird durch einen Pearsons rp-Wert von 0,19 (zweiseitige signifikante
Korrelation auf dem Niveau von 0,01) bestätigt. Die Überprüfung der Regression belegt die
vermutete Richtung des Kausalzusammenhangs. (Direkter Aufruf: b!0,21; Beta!0,2; R2!0,04;
Twitter: b!0,15; Beta!0,19; R2!0,04). Allerdings ist in beiden Fällen der Anteil erklärter Varianz
sehr gering, was auf weitere prägende Einflussvariablen verweist.
Die Ergebnisse verdeutlichen, dass die Orientierungsleistung bei direktem Aufruf der Seite
sowie beim Abonnement der Twitternachrichten durch häufigere Nutzung besser bewertet wird.
Für das Abonnement des RSS-Feeds der Seite zeigen sich keine signifikanten Unterschiede in der
Bewertung zwischen (mehrmals) täglicher und (mehrmals) wöchentlicher Nutzung.
Eventuelle Unterschiede zwischen den Rezeptionsarten wurden mit T-Tests bei einfachen
Stichproben überprüft. Einzig zwischen dem direkten Aufruf der Seite und dem Abonnement
der Twitter-Nachrichten ließ sich ein signifikanter Unterschied feststellen (MwDiff!0,1,
74
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Signifikanz=0,04996). Personen, die via Twitter die Inhalte von rivva.de mindestens täglich
rezipieren, bewerten demnach die Orientierungsleistung der Seite signifikant besser als Personen,
die die Inhalte mindestens täglich per direktem Aufruf der Seite lesen.
6.3.2 Forschungsfrage 3b
Die Auswirkungen des Grades an Selektivität bei der Rezeption von rivva.de auf die Bewertung
der Orientierungsleistung wurden in Forschungsfrage 3b untersucht. Die tabellarische Übersicht
gibt Auskunft über die Forschungsergebnisse:
Selektivität allgemein
Für alle untersuchten Dimensionen ergibt sich ein signifikanter Unterschied zwischen der
Bewertung der Orientierungsleistung abhängig vom Grad der Selektivität. Ein moderater
Zusammenhang wird durch eine Untersuchung der Korrelation für alle drei Fälle bestätigt: Die
Regressiondaten bestätigen zudem für alle Fälle einen kausalen Zusammenhang in vermuteter
Richtung..
96 Um Missverständnisse zu vermeiden, wurde dieser Signifikanzwert auf drei Nachkommastellen genau angegeben.
75
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Tabelle 10: Berechnung der Korrelation und Regression für den Zusammenhang zwischen Selektivität und
Bewertung der Orientierungsleistung
rp Signifikanz b Beta R2
Alle Selektivitätsdimensionen zeigen also: Je intensiver die einzelnen Quellen gelesen werden,
desto besser wird die Orientierungsleistung von rivva.de eingeschätzt. Die Selektivität bei der
Rezeption von rivva.de hat somit deutliche Auswirkung auf die Bewertung der
Orientierungsleistung.
6.3.3 Forschungsfrage 3c
Seit dem Start des Angebotes im ersten Halbjahr 2007 hat rivva.de zunehmenden Zuspruch
erfahren. Zu untersuchen ist in diesem Zusammenhang, inwiefern die Dauer der Nutzung des
Dienstes Auswirkungen auf die Bewertung der Orientierungsleistung hat. Der Vergleich der nach
Einstiegsjahr unterteilten Nutzergruppen ist in der folgenden Tabelle festgehalten:
97 Es ließ sich eine lediglich minimal bessere Bewertung der Orientierungsleistung feststellen, sofern die Autoren
bekannt waren. Allerdings liegt keiner der untersuchten Werte auch nur annähernd in einem statistisch
signifikanten Bereich, weshalb eine Gleichheit der Mittelwerte anzunehmen ist.
76
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.4. Forschungsfrage 4
Die unter Forschungsfrage 4 gefassten Teilfragen betrachten die Erwartungen und Bewertungen
des Aggregationsdienstes rivva.de im Hinblick auf journalistische Leistungen. Die Ergebnisse
werden getrennt nach Teilfragen wiedergegeben.
6.4.1 Forschungsfrage 4a
Forschungsfrage 4a thematisiert Erwartungen einer journalistischen Orientierungsleistung an
rivva.de. Die Variationsbreite der Ergebnisse umfasst etwa 25 Prozent der Skalenwerte der
positiven bis mittelmäßigen Bewertungen. Die Daten der relevanten Items werden zunächst in
übersichtlicher Form dargestellt:
77
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Item N fehlend Mw Sd
rivva.de dient der Themensuche für das eigene Weblog 409 82 2,91 1,492
Die Daten verdeutlichen, dass die Nutzer von rivva.de nicht zwingend eine journalistische
Orientierungsleistung erwarten. Vielmehr wird verlangt, dass neue und zu professionellen
Angeboten alternative, dem Nutzer noch unbekannte Themen behandelt werden. Auf umfassend
dargestellte aktuelle Nachrichten im Sinne klassischer journalistischer Vermittlung, aber auch auf
rivva.de als Quelle für Themen zur eigenen Verwertung, legen die Nutzer wenig Wert. Die
Sortierung nach Aktualität sowie die Abbildung eines ausgewogenen Meinungsbildes werden von
den Nutzern tendenziell erwartet. Hier spiegelt sich die Schwierigkeit der gleichzeitigen
Darstellung der Aktualität und der intensiv diskutierten – eventuell älteren – Themen wider.
Großen Wert legen die Nutzer außerdem auf eine möglichst vollständige Aggregation von aus
ihrer Sicht bedeutenden Quellen zu einem Thema.
98 Die Ergebnisse der zugehörigen T-Tests können dem Anhang entnommen werden. Eine Auflistung der einzelnen
Ergebnisse erscheint aufgrund des Befundes sowie der Länge dieser Magisterarbeit wenig sinnvoll.
78
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.4.2 Forschungsfrage 4b
Die Wahrnehmung des Dienstes als journalistisches Angebot lässt sich anhand des
zusammengefassten Index evaluieren: Der Mittelwert von 2,63 bei einer normalen Streuung im
Antwortverhalten (Standardabweichung 0,79) zeigt, dass rivva.de von den Nutzern tendenziell als
journalistisches Angebot wahrgenommen wird. Wie in der vorangehenden Forschungsfrage 4a
stellt sich auch hier die Frage des Einflusses journalistischer Erfahrungen. Die Ergebnisse der
entsprechenden T-Tests werden im Folgenden aufgeführt:
Tabelle 13: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Wahrnehmung als journalistisches Angebot
Die Analyse der T-Tests zeigt einen signifikanten Unterschied zwischen der Wahrnehmung von
rivva.de als journalistisches Angebot bei (ehemals) hauptberuflich tätigen Probanden und
Teilnehmern ohne journalistische Erfahrungen. Es zeigt sich, dass Nutzer ohne journalistische
Erfahrung den Dienst eher als journalistisches Angebot wahrnehmen als die hauptberuflich
journalistisch tätigen Nutzer. Der Mittelwert nebenberuflich journalistischer Probanden liegt
zwischen dem hauptberuflicher Publizisten und nicht journalistisch geprägter Personen. Dies legt
die Folgerung nahe, dass mit stärkerer journalistischer Prägung eine schlechtere Wahrnehmung
der Orientierungsleistung durch rivva.de einhergeht. Da die Mittelwertdifferenzen zwischen
neben- und hauptberuflichen Journalisten und zwischen nebenberuflichen Publizisten und
Personen ohne Erfahrung in diesem Bereich aber nicht signifikant ist, müssen die Werte als
statistisch gleich angenommen werden. Es besteht daher keine Wahrnehmungsdifferenz für
79
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.4.3 Forschungsfrage 4c
Um zu beantworten, ob Nutzer von rivva.de die Orientierungsleistung der Seite besser
einschätzen als die Orientierungsleistung professioneller Medien, wurden T-Tests bei einfachen
Stichproben mit folgenden Ergebnissen durchgeführt:
Die Ergebnisse zeigen, dass für alle verglichenen Gruppierungen signifikante Ergebnisse erzielt
werden. Es lässt sich daher feststellen, dass sowohl die Orientierungsleitungen zu allgemein
99 Es ist aber denkbar, dass die Differenzen der nebenberuflichen Probanden bei einer größeren Stichprobe
signifikant werden würden.
80
6. Ergebnisse der Onlinestudie
relevanten Themen als auch zu persönlich relevanten Themen durch journalistische Angebote
signifikant besser eingeschätzt werden als durch rivva.de.
6.5 Forschungsfrage 5
Die unter Forschungsfrage 5 gruppierten Teilfragen betreffen den Umgang der Nutzer mit dem
Angebot rivva.de sowie die Auswirkungen des Dienstes auf die Nutzung anderer Angebote im
World Wide Web.
6.5.1 Forschungsfrage 5a
Das veränderte Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de durch die Nutzung des
Dienstes wird in Forschungsfrage 5a untersucht. Die Daten aus den T-Tests zeigen folgende
Ergebnisse:
Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1= „Nutze ich häufiger“; 2= „Nutze ich gleich häufig“; 3= „Nutze ich seltener“; 4= „Nutze ich
nicht mehr“; 5= „Habe ich nie benutzt“; 6= „Kann ich nicht beurteilen“
Wie aus der Tabelle hervorgeht, konnten signifikante Ergebnisse für fast alle Items festgestellt
werden. So werden professionelle Nachrichtenangebote, Nachrichtenportale, Foren und Social
Bookmarking-Dienste seit der Nutzung von rivva.de laut Aussage der Befragten signifikant
seltener genutzt. Einzelne Weblogs und soziale Netzwerke werden hingegen signifikant häufiger
frequentiert.
81
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Tabelle 16: Zusammenhänge zwischen verändertem Rezeptionsverhalten anderer Angebote und der Rezeptionsart
und -häufigkeit von rivva.de
Die Betrachtung zeigt, dass die Nutzungshäufigkeit von rivva.de insbesondere bei direktem
Aufruf der Seite einen Einfluss auf die Rezeption anderer Angebote hat. So werden
professionelle Nachrichtenangebote, Nachrichtenportale sowie Suchmaschinen bei (mehrmals)
täglichem Aufruf der Website seltener genutzt als bei nur (mehrmals) wöchentlichem Aufruf.
Weblogs hingegen werden im Vergleich häufiger genutzt. Zudem werden professionelle
Nachrichtenangebote auch bei (mehrmals) täglicher Lektüre des rivva.de-RSS-Feeds seltener in
Anspruch genommen als bei nur (mehrmals) wöchentlicher Lektüre.
82
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.5.2 Forschungsfrage 5b
Eine eher kritische Nutzung des Aggregationsdienstes legt die in Kapitel 3.1.2 dargelegte
Ausrichtung von rivva.de auf die hauptsächlich aggregierte Publikationsform Weblog nahe. Eine
Übersicht der deskriptiven Daten aller unter dem Gesichtspunkt kritischer Rezeption erfassten
Items bietet die folgende Tabelle:
Item N fehlend Mw Sd
Quelle: Eigene Darstellung; Skala: 1=intensive Auseinandersetzung mit unbekannten Quellen; 5=keine Auseinandersetzung mit
unbekannten Quellen
Es zeigt sich, dass vornehmlich Artikel aus Weblogs statt Artikel professioneller Medien gelesen
werden. Diese Feststellung wird durch einen T-Test bei einer Stichprobe (Signifikanz=0,00)
bestätigt, liegt aufgrund der vermehrten Aggregation von Weblogs gegenüber professionellen
Medien aber nahe. Der Befund könnte jedoch auch als Indikator für die Wahrnehmung von
Weblogs als Alternativmedien zum klassischen Journalismus gedeutet werden100. Die restlichen
Items streuen um den Skalenmittelwert 3, zeigen jedoch jeweils eine minimale Tendenz zu
kritischer Nutzung. Weitere Überprüfungen hinsichtlich der Nutzungsart und -häufigkeit zeigen
folgende signifikante Ergebnisse:
100 Diese Vermutung lässt sich anhand des vorliegenden Datensatzes nicht sicher bestätigen und bedarf weiterer
Untersuchungen.
83
6. Ergebnisse der Onlinestudie
Tabelle 18: Kritische Rezeption in Abhängigkeit der Nutzungsart und -häufigkeit von rivva.de
Vornehmlich Lektüre von Artikeln aus Weblogs bei Abonnement der Twitter-Nachrichten
Die bei rivva.de dargestellten Seiten werden – auch unter Beachtung der Nutzungsart und
-häufigkeit – nicht sonderlich kritisch rezipiert. Nur in drei von 24 Fällen ergaben sich
signifikante Differenzen. Die gesteigerte Nutzung der Seite geht somit nur minimal und eher bei
Zugriff via Twitter mit weiterführenden Themenrecherchen bei anderen Angeboten einher.
6.5.3 Forschungsfrage 5c
Da rivva.de als Aggregationsdienst einen Großteil an Reaktionen auf veröffentlichte Artikel auf
der jeweiligen Übersichtsseite zum Artikel aufführt, ließe sich der Dienst auch als
Evaluationsinstrument für den Erfolg eigener Artikel nutzen. Die Betrachtung der deskriptiven
Daten des Index evaluation_reaktionen gibt darüber Aufschluss.
Von den Befragten nutzen 37,9 Prozent (n=108) rivva.de nie zur Evaluation der Reaktionen
auf eigene Beiträge. 27,7 Prozent der befragten Nutzer tun dies hingegen häufig bis immer.
Insgesamt ist rivva.de bei den Nutzern mit einem Mittelwert von 3,41 eher kein etabliertes Tool
zur Evaluation der Reaktionen auf eigene Beiträge. Die starke Streuung der Antworten bei dieser
Frage wird zusätzlich durch den hohen Wert der Standardabweichung (1,47) untermauert.
84
6. Ergebnisse der Onlinestudie
6.6 Ergebnisübersicht
Die ermittelten Ergebnisse werden zur vereinfachten Übersicht in der folgenden Tabelle noch
einmal zusammengefasst und verdichtet dargestellt:
Forschungsfrage Ergebnis
3b: Einfluss der Selektivität in der Rezeption auf die Je mehr Quellen gelesen werden, desto positiver wird
Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de die Orientierungsleistung der Seite bewertet.
3c: Einfluss der Nutzungsdauer auf die Bewertung der Die Nutzungsdauer des Dienstes hat keinen Einfluss
Orientierungsleistung von rivva.de auf die Bewertung der Orientierungsleistung.
85
6. Ergebnisse der Onlinestudie
86
7. Fazit
7. Fazit
Im Folgenden werden zunächst die Ergebnisse der Studie diskutiert und interpretiert.
Anschließend wird auf Beschränkungen der Studie eingegangen und das Vorgehen innerhalb der
Arbeit kritisch reflektiert. Schließlich werden Ansätze für die weiterführende Forschung benannt.
87
7. Fazit
Nutzerschaft der kleinste gemeinsame Nenner an Themen aufgezeigt. Fraglich bleibt, ob Nutzer
des zur Zeit der Erhebung noch neuartigen Angebotes ‚Rivva Social’101 die Orientierungsleistung
der Website zu persönlich relevanten Themen besser einschätzen.
Eindeutig fallen die Befunde für die Erwartung einer Orientierungsleistung für das Social Web
aus. Mit hoher Konsistenz erwarten die Nutzer einhellig eine Orientierungsleistung über aktuelle
diskutierte Themen der Blogosphäre. Eine Orientierungsleistung zu aktuell bei Twitter
diskutierten Themen wird weniger stark erwartet, zudem zeigt sich dort eine breite Streuung in
der Erwartungshaltung der Nutzer. Diese Orientierungsleistung ist allerdings kein originäres Ziel
des Dienstes, vielmehr hat der Microblogging-Dienst unterstützende Wirkung bei der
Aggregation der Diskussionen102.
101 Rivva Social verknüpft die aggregierten Artikel des Dienstes mit dem Twitterstream des jeweiligen Nutzers. In den
Service fließt dadurch die – durch Verlinkung ausgedrückte – Empfehlung der vom Nutzer als relevant erachteten
Twitter-Nutzer ein.
88
7. Fazit
Die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de fällt bei mäßiger Streuung der Aussagen
tendenziell leicht negativ aus. Es zeigt sich, dass rivva.de keine anderen Dienste ersetzen kann.
Vor allem wird das Angebot nicht besser als professionelle Nachrichtenangebote bewertet.
rivva.de aggregiert in den Augen der Befragten jedoch die wichtigsten Quellen zu behandelten
Themen. Die Themenbreite schätzen die Nutzer als mittelmäßig ein – was der Quellenbasis
zuzuschreiben ist, die bei breiter gestreuter Ausrichtung einen entsprechenden Einfluss auf das
Themenspektrum ausüben könnte103.
Analog zu den Befunden zur Wahrnehmung der Orientierungsleistung stellen sich die
Befunde zur Bewertung der Orientierungsleistung hinsichtlich der Rezeptionsart und -häufigkeit
dar. Während eine häufigere Nutzung per direktem Aufruf und via Twitter-Abonnement die
Bewertung der Orientierungsleistung verbessert, hat die Rezeptionshäufigkeit des RSS-Feeds
keine Auswirkungen auf die Bewertung. Verwunderlich erscheint die bessere Bewertung der
Orientierungsleistung bei häufigerer Nutzung via Twitter als bei häufigerer Nutzung per
Direktaufruf der Website. Eine mögliche Erklärung wäre, dass Abonnenten der Twitter-
Nachrichten generell Anhänger des Dienstes sind, die die Orientierungsleistung besser bewerten.
Zu beachten ist aber auch, dass häufige Twitternutzer den Dienst zumeist über anderweitige
Kanäle ebenfalls häufig nutzen. Aufgrund dieser Tatsache sind nur vage Aussage zulässig, eine
eindeutige Kausalität kann nicht postuliert werden.
103 Diese Problematik ist auch dem Entwickler von rivva.de, Frank Westphal, bewusst: „Ein Fluss (ein Rivva) kann
nie höher steigen als seine Quelle(n)“ (Michal 2010).
89
7. Fazit
Rezipieren die befragten Nutzer eine erhöhte Anzahl an Quellen, so bewerten sie die
Orientierungsleistung der Website besser als Nutzer, die nur wenige Quellen aufrufen. Beachtet
man die generelle Zufriedenheit der Nutzer mit den aggregierten Quellen zu behandelten
Themen, so erscheint der Befund aufgrund der erhöhten Informationstiefe als logische
Konsequenz. Die Bekanntheit von Autoren bleibt ohne moderierenden Einfluss auf den
Zusammenhang zwischen Grad der Selektivität und Bewertung der Orientierungsleistung.
Die Dauer der Nutzung von rivva.de hat keine Wirkung auf die Bewertung der
Orientierungsleistung. Diese Erkenntnis lässt zwei Schlüsse zu. Einerseits ließe sich das Angebot
als so schnell erfassbar und intuitiv nutzbar interpretieren, dass eine gesteigerte Nutzungsdauer
keinen weiteren Einfluss auf die Bewertung haben kann. Gegen diese Interpretation spricht
jedoch die nicht hinreichend gute Beurteilung der Orientierungsleistung. Vielmehr lässt sich
andererseits schließen, dass sich auch für erfahrene Nutzer keine positive Bewertung durch die
Nutzungserfahrung und genaue Kenntnis des Angebotes einstellt. Dieser Punkt könnte durch die
Personalisierung des Angebotes und eine damit verknüpfte Lernfähigkeit104 verbessert werden.
Eine journalistische Orientierungsleistung wird durch die Nutzer von rivva.de nur tendenziell
erwartet – die Bewertung der erhobenen Items zeigt dabei eine hohe Varianz. Die Betrachtung
der einzelnen Aussagen verdeutlicht, dass vor allem bisher unbekannte Themen durch den Dienst
gefunden werden sollen. Zudem erwarten die Nutzer die Aggregation aller bedeutenden Quellen
zu einem Thema. Tendenziell soll das Angebot ein ausgewogenes Meinungsbild darstellen sowie
die Themen nach Aktualität sortiert auflisten. Der Wunsch, rivva.de als Themenquelle sowie als
Quelle für die umfassende Information über aktuelle Nachrichten zu nutzen, ist nur mit minimal
positiver Tendenz vorhanden. Die Nutzer erwarten darüber hinaus nicht zwingend die
Behandlung von Themen professioneller Orientierungsangebote. Das Angebot soll aus
Nutzersicht keine professionellen Angebote substituieren, sondern zusätzlich zu deren Beiträgen
neue Themenkomplexe herausstellen und zu diesen die wichtigsten Quellen zusammenführen.
Ein eventueller journalistischer Hintergrund beeinflusst die Erwartungshaltung der Nutzer nicht.
Auch Nutzer ohne journalistische Vorkenntnisse erheben keinen Anspruch auf rivva.de als
journalistisches Angebot – die Nutzer von rivva.de sind sich scheinbar relativ genau darüber im
Klaren, was sie vom Angebot erwarten können.
104 Die Lernfähigkeit könnte durch die Evaluation der tatsächlich gelesenen sowie der selbst per Twitter oder Weblog
verwerteten Artikel erzielt werden. Eine treffende Vorauswahl der aggregierten Beiträge, die zudem bei dauerhafter
Nutzung beständig verfeinert und angepasst werden könnte, wäre so möglich.
90
7. Fazit
Mit leicht positiven Tendenzen zeigt sich die Wahrnehmung von rivva.de als journalistisches
Angebot. Die Befunde gehen einher mit der Erwartungshaltung der Nutzer – die nur gering
vorhandenen Erwartungen an eine journalistische Orientierungsleistung durch rivva.de werden
aus Sicht der Nutzer erfüllt. Dabei moderiert die journalistische Erfahrung diese Wahrnehmung.
Probanden ohne Vorerfahrung im journalistischen Bereich nehmen rivva.de eher als
journalistisches Angebot wahr als hauptberuflich journalistisch tätige Befragte. Es ist zu
vermuten, dass diese Nutzer aufgrund persönlicher Involvierung und Reflexion zum Thema
journalistischer Orientierungsleistungen das Angebot kritischer betrachten. Die Einschätzung der
im Nebenberuf journalistisch tätigen Probanden liegt zwischen den beiden bereits beschriebenen
Werten, erzielt jedoch keine statistische Signifikanz. Dieses Ergebnis unterstützt die Vermutung,
dass mit zunehmender journalistischer Erfahrung eine erhöht kritische Wahrnehmung
einhergeht. Die nicht signifikanten Ergebnisse für nebenberuflich journalistisch tätige Probanden
können durch methodische Ursachen, namentlich die Größe der Stichprobe, erklärt werden.
Vergleicht man die Bewertung der Orientierungsleistung von rivva.de mit der Bewertung
professioneller Orientierungsangebote, so zeigt sich sowohl für allgemein relevante als auch für
persönlich relevante Themen durchweg eine bessere Bewertung der professionellen Angebote.
Für allgemein relevante Themen werden journalistische Nachrichtenangebote mit Abstand als am
besten geeignet angesehen. Analog dazu bekunden die Befragten die beste Orientierungsleistung
zu persönlich relevanten Themen durch themen- und fachspezifische Angebote. Dieser Befund
erscheint als weiterer Beleg für die Erkenntnis, dass rivva.de nicht als Substitut für professionelle
Angebote, sondern als ergänzender Service wahrgenommen wird.
Das Rezeptionsverhalten anderer Angebote wird durch die Nutzung von rivva.de größtenteils
verändert. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse wirken in sich konsistent und bestätigen
vermutete Einflüsse. Die Lektüre einzelner Weblogs steigert sich durch die Nutzung von rivva.de
tendenziell – was durch die hauptsächliche Aggregation dieser Angebote logisch erscheint. Der
Befund, dass soziale Netzwerke seit der Nutzung von rivva.de häufiger besucht werden, lässt in
diesem Zusammenhang hingegen keine logische Erklärung zu. Vielmehr ist davon auszugehen,
dass allgemein die Nutzung dieser Netzwerke gestiegen ist und kein direkter Zusammenhang mit
dem Angebot von rivva.de vorliegt. Die Nutzung themen- und fachspezifischer Angebote wird
durch die Nutzung von rivva.de nicht signifikant verändert. Die bereits geäußerte Vermutung,
dass rivva.de nicht alle für den Leser relevanten Themenbereiche abdeckt, kann auch diesen
Befund erklären. Wie Surowiecki analog für das tiefere Wissen einzelner Gruppenmitglieder im
Vergleich zur Gesamtleistung beschreibt (Surowiecki 2005: 5), werden die Nutzer bei persönlich
relevanten Themen vermutlich spezifischere, von rivva.de nicht erfasste Angebote kennen, die sie
91
7. Fazit
für einen besseren Überblick konsultieren. Eine ebenfalls unveränderte Nutzung lässt sich für
Suchmaschinen konstatieren. Diese erfüllen generell einen anderen Zweck als rivva.de. Der eher
ungeleiteten Rezeption zur Gewinnung eines Themenüberblicks bei rivva.de steht das spitze
Informationsbedürfnis und meist die Beantwortung einer spezifischen Frage – oft unabhängig
vom aktuellen Tagesgeschehen – bei der Nutzung einer Suchmaschine gegenüber.
Eine Abnahme in der Nutzungsintensität seit der Nutzung von rivva.de konstatieren die
Nutzer für vier Angebote. Social Bookmarking-Dienste verzeichnen eine leicht gesunkene
Rezeption durch die Befragten. Zwar aggregieren auch diese Dienste aus den Empfehlungen
einzelner Nutzer die aktuell vorherrschenden Themen – diese Angebote führen jedoch im
Gegensatz zu rivva.de nur isolierte Nutzermeinungen zu einzelnen Artikeln zusammen, während
rivva.de darüber hinweg die Diskussion zu diesen Artikeln und somit die Einordnung in einen
Kontext bereitstellt. Auch professionelle Nachrichtenangebote werden von den Befragten
tendenziell seltener genutzt. Diese leichte Verschiebung kann durch den Umstand erklärt werden,
dass rivva.de auch diese Quellen in der Aggregation aufführt und sie daher von einigen Nutzern
nicht mehr gesondert aufgerufen werden. Die größten Veränderungen im Rezeptionsverhalten
geben die Befragten für Foren und Nachrichtenportale an. Bei der Nutzung von Foren lässt sich
vermuten, dass der Überblick über ein Thema bei rivva.de aufgrund der positiv eingeschätzten
Quellenaggregation genügt und die Nutzer daher den Eindruck erhalten, keine weiteren
Meinungen aus Expertenforen zu den Themen zu benötigen. Allerdings könnte auch ein
genereller Rückgang bei der Nutzung von Foren der Grund für das Ergebnis sein. Die
zurückgehende Nutzung von Nachrichtenportalen erscheint bei einer Betrachtung der
Unterschiede zwischen diesen und rivva.de logisch. Während Nachrichtenportale wie Google
News Themen nach Ähnlichkeit in der Berichterstattung gruppieren, bildet rivva.de über diese
Darstellung hinaus die Diskussion zu einem Thema ab. Es ist zu vermuten, dass die Nutzer diese
Aggregationsleistung als Mehrwert ansehen und daher vornehmlich rivva.de statt bisher genutzter
Nachrichtenportale aufrufen.
Betrachtet man in diesem Zusammenhang den Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit, so
lassen sich nur wenige signifikante Befunde feststellen. Die Rezeption per Twitter bleibt ohne
Einfluss auf andere Angebote. Da der Microblogging-Dienst an sich keinen vollwertigen Ersatz
für die aufgeführten anderen Angebote darstellen kann, ist dieses Ergebnis schlüssig. Ein
häufigerer direkter Aufruf der Seite kann das Rezeptionsverhalten anderer Angebote zwar
verändern, dieser Einfluss ist aber nicht zwingend gegeben. Vermutlich hängt dort die veränderte
Rezeption stark vom individuellen Nutzungsverhalten ab, so dass vorerst kein
verallgemeinerbarer Einfluss angenommen werden kann. Die signifikante Veränderung des
92
7. Fazit
Untersucht man den Grad kritischer Rezeption in Abhängigkeit von Rezeptionsart und
-häufigkeit, so sind von 24 Tests nur drei Ergebnisse signifikant, die in keinem direkten Verhältnis
logisch interpretierbar wären. Es ist möglich, dass diese Ergebnisse methodisch begründet oder
auf statistische Zufälle zurückzuführen sind. Die Resultate lassen die generelle Annahme zu, dass
der häufigere Zugriff bestehende Tendenzen verstärken kann. Unter welchen Bedingungen eine
solche Verstärkung erfolgt, lässt sich aus den vorliegenden Ergebnissen nicht ableiten.
Als Evaluationsinstrument wird rivva.de von den Nutzern eher marginal genutzt. Zwar zeigen
die Ergebnisse eine hohe Streuung, so dass 27 Prozent der Nutzer diese Möglichkeit in Anspruch
nehmen. Zur Evaluation eigener Beiträge sind jedoch wesentlich effizientere, primär auf
Evaluation bedachte Tools einsetzbar, während diese Option bei rivva.de eher ein Nebenprodukt
der Aggregation darstellt. Die Evaluation der Beiträge ist für den Dienst keine originäre Aufgabe,
die daher nicht prominent präsentiert wird. Zudem ist mit an Sicherheit grenzender
Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass die 27 Prozent der Befragten, die rivva.de zur
93
7. Fazit
Evaluation nutzen, diese Option ob der bloßen Existenz nutzen und darüber hinaus effizientere
Tools für die Erfolgsmessung eigener Beiträge einsetzen.
Die vorliegende Erhebung kann keinerlei Anspruch auf Repräsentativität erheben. Zum Einen
ist die genaue Anzahl der Nutzer von rivva.de nicht ermittelbar und durch wissenschaftlich
ungenügende Datensammlungen105 nur grob bestimmbar. Zum Anderen lässt die Selbstselektion
105 Nicht für die Analyse nutzbar gemacht werden konnten vorliegende Nutzungsdaten des Dienstes Google
Analytics, da sie für eine wissenschaftliche Betrachtung nicht verlässlich genug sind.
94
7. Fazit
der Nutzer keine verlässlichen Rückschlüsse auf die Grundgesamtheit zu. Aufgrund der in
Kapitel 5.2 dargestellten Verbreitungsstrategien ist jedoch davon auszugehen, dass der
Grundstock der Personen, die rivva.de häufig nutzen, in der Zeit der Feldphase von der Umfrage
erfahren und – aufgrund von persönlichem Interesse106 – an ihr teilgenommen hat. Zudem
verweist die hohe Anzahl an Teilnehmern an der Studie auf die Verbundenheit der Nutzer zum
Angebot von rivva.de. Daher sind die Ergebnisse der Studie dennoch als aussagekräftige Befunde
einzuschätzen. Die interne Validität der Studie wird durch die homogenen und vergleichbaren
Gruppen innerhalb der Umfrage nicht gemindert.
Eine grundlegende Entscheidung bei der zwangsläufig rigiden Gestaltung des Fragebogens
erwies sich im Nachhinein als Fehler: Der Beschluss, Rezeptionsart und -häufigkeit des Dienstes
in einer gemeinsamen Variable zu kombinieren, führte zwar einerseits zur Reduktion der
Fragenanzahl, bedeutete jedoch bei der Auswertung eine zusätzliche Hürde durch letztendlich
konfundierte Daten zu beiden erhobenen Dimensionen. Während Einflüsse der
Rezeptionshäufigkeit relativ eindeutig zurückgeführt werden konnten, waren die Einflüsse der
Rezeptionsart nur grob bestimmbar, da Überschneidungen hinsichtlich der Zugriffsart möglich
waren. Diese Items hätten im Nachhinein gesondert in Art und Häufigkeit getrennt abgefragt
werden müssen.
Teilweise lagen bei einzelnen Variablen zu geringe Varianzen vor, etwa in der Soziodemografie
der Nutzer. Eine detaillierte Untersuchung des Einflusses dieser Variablen ist daher nicht möglich
– was bedauerlich ist, jedoch außerhalb persönlichen Einflusses liegt.
106 Diverse Rückmeldungen und Fragen zur Umfrage, insbesondere über den Microblogging-Dienst Twitter oder per
E-Mail, lassen diesen Schluss zu.
95
7. Fazit
Generell benötigt der weitläufig genutzte Begriff der ‚Orientierung’ – ähnlich wie der
Kommunikationsbegriff – in der Kommunikationswissenschaft eine tiefergehende theoretische
Fundierung. Es verwundert, dass eine Vielzahl an Autoren den Begriff der ‚Orientierung’
unreflektiert und ohne grundlegende Definition übernimmt, anstatt ihn zunächst theoretisch
untermauert einzuführen. Die in Kapitel 3 dargelegten philosophischen Ausführungen
Stegmaiers zum Terminus bilden eine wertvolle Grundlage zur Begriffsbestimmung. Gerade für
die Verwendung des Begriffs in kommunikationswissenschaftlicher Forschung wäre eine
eingehende Diskussion des Terminus ‚Orientierung’ jedoch wünschenswert.
Das noch junge, sich rasant entwickelnde Feld der technischen Informationsverarbeitung
bedarf zunächst grundsätzlich eingehender wissenschaftlicher Betrachtung. Es ist zu erwarten,
dass in diese Richtung operierende Dienste zunehmenden Zuspruch finden werden. Die
Untersuchung der Potentiale sowie Leistungsfähigkeit ist – gerade im Vergleich zu klassischen
Ansätzen der Informationsvermittlung – zur Einstufung und Bewertung auch für Endnutzer
wertvoll. Bereits jetzt wird eine Vielzahl innovativer Ansätze in Anspruch genommen107, die in
ihren Grundprinzipien tiefgreifende Veränderungen für die Informationsvermittlung und
insbesondere den klassischen Journalismus und seine Arbeitsweisen bedeuten können. Diese
sollten langfristig untersucht werden, um Entwicklungen eindeutig nachvollziehen zu können.
107 Als Beispiele seien hier genannt: ‚Feedafever’ als intelligenter Parser von RSS-Feeds
(http://www.feedafever.com/); die Anwendung ‚Flipboard‘ für Apples iPad, welche den ‚Social Graph’ des
Nutzers (namentlich die per Twitterstream und Facebook geteilten Links des eigenen Umfelds) scannt
(http://www.flipboard.com/); das rivva.de-eigene Angebot ‚Rivva Social’, das diskutierte Artikel aus der Twitter-
Timeline des Nutzers aggregiert und mit aktuell allgemein diskutierten Themen vereint
(http://blog.rivva.de/archives/2010/1/4/float_on/); die Twitter-Link-Aggregatoren ‚paper.li’ (http://paper.li/)
und ‚twittertim.es’ (http://twittertim.es/), die bei Twitter eingestellte Links der eigenen Timeline oder im Service
eingestellte Links zu bestimmten Schlagwörten im Format einer Tageszeitung aufbereiten.
96
7. Fazit
Die Entwicklung von Weblogs als potentielle kritische Alternativmedien zum klassischen
Journalismus sollte zudem fortlaufend beobachtet werden. Durch die hohe Fluktuation der
Angebote sowie die zunehmende Akzeptanz als zusätzliche Publikationsform auch unter
Journalisten110 ist zumindest in Teilbereichen eine erhöhte Qualität und somit eine erhöhte
Relevanz einzelner Angebote zu erwarten. Sowohl die Qualität als auch die Relevanz dieser
Angebote sollte langfristig beobachtet werden.
Die in dieser Arbeit ermittelten Befunde sollten durch langfristig angelegte Studien
fortwährend überprüft und abgesichert werden, um Vergleiche über die Zeit zu erlauben und die
Entwicklung der Nutzung nachvollziehen zu können. Der Vergleich zu anderen Angeboten
durch Erhebung der Wahrnehmung und Bewertung der Orientierungsleistung dieser Angebote
wäre darüber hinaus ein lohnenswertes Forschungsunterfangen. Angebotsintern wäre – vor allem
durch die detaillierte Aufteilung an Themenbereichen auf rivva.de – eine Untersuchung der
Bewertung der Orientierungsleistung in den einzelnen Teilbereichen und hinsichtlich des
Angebots ‚Rivva Social’ sinnvoll. Somit könnte die genaue Interessenlage der Nutzer – und damit
die Einschätzung zu einzelnen Themenbereichen – exakter bestimmt werden. Eine weitere
Aufgabe für weiterführende Forschung wäre die Klärung der genauen Einflusspotentiale der
Zugriffsart, die im Rahmen dieser Arbeit leider nicht gewährleistet werden konnte.
108 Hierzu bedarf es natürlich der Zustimmung der Nutzer sowie datenschutzrechtlicher Absicherung.
109 Wertvolle Hinweise zum Potential der Verknüpfung relationaler Inhalts- und empirischer Netzwerkanalyse bietet
Adam (2008). Zudem können Konzeptionen wie das Rhizom der postmodernen Theoretiker Gilles Deleuze und
Félix Guattari (Deleuze / Guattari 1977: 11ff.) als Denkansätze im Zusammenhang mit Verlinkungsstrukturen im
Internet nutzbar gemacht werden.
110 Exemplarisch sei hier auf einige von Journalisten geführte Weblogs verwiesen: http://www.sprengsatz.de/
(Michael Spreng, ehemaliger Journalist und Wahlkampfmanager Edmund Stoibers zum politischen Geschehen in
Berlin), http://augengeradeaus.net/ (Thomas Wiegold, ehemals Focus, zu Bundeswehr, Verteidigungs- und
Sicherheitspolitik), http://fussballist.de/ (Roland Eitel, ehemaliger Journalist, als Berater des DFB zu
Fußballthemen rund um die deutsche Nationalmannschaft), http://tribuenenblog.abendzeitung.de/ (Christian
Jakubetz für die Münchener Abendzeitung zum Thema Fußball), http://www.stefan-niggemeier.de/blog/ (Stefan
Niggemeier, Medienjournalist, zu verschiedenen Aspekten des Medienbetriebs).
97
8. Schlussbetrachtung
8. Schlussbetrachtung
Das ursprüngliche Forschungsinteresse der Arbeit – inwiefern kann ein technischer Aggregator
Orientierungsleistungen bereitstellen und bisherige, zumeist professionelle
Orientierungsangebote ersetzen – wurde vor dem Hintergrund der Veränderungen in der
Medienlandschaft und ihrer Auswirkungen auf das Nutzerverhalten zunächst theoretisch
eingehend beleuchtet. Die anschließende Befragung der Nutzer des technischen
Internetaggregators rivva.de konnte die übergreifende Forschungsfrage auch in zahlreichen
Detailfragen weitgehend klären.
Im Pretest zur Umfrage wurde von einer Teilnehmerin geäußert, ein Dienst wie rivva.de wäre
für allgemein relevante Nachrichten äußerst sinnvoll. Die fortschreitende Entwicklung im Bereich
der technischen Aggregation sowie beständige Fortschritte des Semantic Web lassen die Prognose
zu, dass ein entsprechendes Angebot in wenigen Jahren bereitgestellt werden kann. Die
Leistungsfähigkeit technischer Orientierungsangebote wird in den nächsten Jahren vermutlich
soweit entwickelt werden, dass diese Orientierungsleistungen in einer Vielzahl von Facetten
bereitstellen können. Eine vielversprechende Möglichkeit mit großem Potential stellt die
Symbiose technischer und menschlicher Informationsauswahl dar – für das hier untersuchte
Angebot von rivva.de hat Entwickler Frank Westphal diesen Schritt bereits angekündigt111.
Vergessen sollte man bei dieser Aussicht jedoch nie die Grundlage dieser Angebote:
Professionell erstellter Input wird – neben partizipativen Angeboten – langfristig die
entscheidende Stütze für technische Orientierungsangebote bleiben.
98
9. Literaturverzeichnis
9. Literaturverzeichnis
Adam, Silke (2008): Medieninhalte aus der Netzwerkperspektive. Neue Erkenntnisse durch die
Kombination von Inhalts- und Netzwerkanalyse. In: Publizistik. Jg. 53. Heft 2.
Adamic, Lada A. (2008): The social hyperlink. In: Turow, Joseph / Tsui, Lokman (2008): The
Hyperlinked Society. Questioning Connections in the Digital Age. Ann Arbor. S. 227-249.
AGOF (2009): Berichtsband zur internet facts 2009-IV. Im Internet:
http://agof.de/berichtsband-if2009-iv.download.b10319958fb83d5b6a05b378dc2b181b.pdf
(Stand: 19.05.2010).
Anderson, Chris (2007): The Long Tail. Der lange Schwanz. Nischenprodukte statt
Massenmarkt. Das Geschäft der Zukunft. München: Hanser.
Associated Press (2008): A new model for news. Studying the deep structure of young-adult
news consumption. Im Internet: http://www.ap.org/newmodel.pdf (Stand: 23.08.2010)
BDZV (2009): Reichweitenentwicklung der Tageszeitungen in Deutschland 1999-2009 in
Prozent nach Altersgruppen. Im Internet: http://www.bdzv.de/schaubilder+M51fb47b30df.html
(Stand: 02.09.2010)
Beck, Klaus (2008): Neue Medien – alte Probleme? Blogs aus medien- und
kommunikaitonsethischer Sicht. In: Zerfaß, A./Welker, M./Schmidt, J. (Hrsg.): Kommunikation,
Partizipation und Wirkungen im Social Web. Grundlagen und Methoden: Von der Gesellschaft
zum Individuum. Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 62-77
Beer, David (2009): Power through the algorithm? Participatory web cultures and the
technological unconscious. In: New Media & Society. Volume 11, Number 6. S. 985-1002.
Berendt, Bettina / Schlegel, Martin / Koch, Robert (2008): Die deutschsprachige
Blogosphäre. Reifegrad, Politisierung, Themen und Bezug zu Nachrichtenmedien. In: Zerfaß,
Ansgar / Welker, Martin / Schmidt, Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen
im Social Web. Strategien und Anwendungen: Perspektiven für Wirtschaft, Politik und Publizistik.
Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 72-96.
Bertling, Markus (2010): Meine Magisterarbeit. Umfrage zu rivva.de. 17.05.2010. Im Internet:
http://bertdesign.de/wissenleben/meine-magisterarbeit-umfrage-zu-rivva-de (Stand: 12.08.2010).
Bird, S. Elizabeth (2009): The future of journalism in the digital environment. In: Journalism
3/2009. S. 293-295.
99
9. Literaturverzeichnis
BITKOM (2010): Internet per Handy erobert den Massenmarkt. 15.08.2010. Im Internet:
http://www.bitkom.org/de/presse/8477_64819.aspx (Stand: 03.09.2010).
Bruns, Axel (2005): Gatewatching. Collaborative online news production. New York /
Washington, D. C. / Baltimore u.a: Peter Lang.
Bruns, Axel (2007): Produsage. Towards a broader framework for user-led content creation. Im
Internet: http://snurb.info/files/Produsage%20(Creativity%20and%20Cognition%202007).pdf
(24.11.2009)
Bruns, Axel (2009): Vom Gatekeeping zum Gatewatching: Modelle der journalistischen
Vermittlung im Internet. In: Neuberger, Christoph / Nuernbergk, Christian / Rischke, Melanie
(2009) (Hrsg.): Journalismus im Internet: Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden:
VS-Verlag. S. 107-128.
Burda, Hubert (2009): Wir werden schleichend enteignet. FAZ.net. 30.06.2009. Im Internet:
http://www.faz.net/s/Rub475F682E3FC24868A8A5276D4FB916D7/Doc~E5A9CAF5086854
53EB782013BE79E9C91~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Busemann, Katrin / Gscheidle, Christoph (2009): Web2.0: Communitys bei jungen Nutzern
beliebt. Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009. In: Media Perspektiven 7/2009. S. 356-
364.
Dahlberg, Lincoln (2007): Rethinking the fragmentation of the cyberpublic: from consensus to
contestation. In: new media & society. 9. Jg., H. 5, S. 827-847.
Deleuze, Gilles / Guattari, Félix (1977): Rhizom. Berlin: Merve Verlag.
Diekmann, Andreas (2006): Empirische Sozialforschung. Grundlagen, Methoden,
Anwendungen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH.
Engesser, Sven (2008): Partizipativer Journalismus: Eine Begriffsanalyse. In: Zerfaß, Ansgar /
Welker, Martin / Schmidt, Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social
Web. Strategien und Anwendungen: Perspektiven für Wirtschaft, Politik und Publizistik. Köln:
Herbert von Halem Verlag. S. 47-71.
Fishkin, Rand (2006): Top 100 Digg Users Control 56% of Digg's HomePage Content.
20.07.2006. Im Internet: http://www.seomoz.org/blog/top-100-digg-users-control-56-of-diggs-
homepage-content (29.04.2010).
Gantz, John F. (2008): The Diverse and Exploding Digital Universe. An Updated Forecast of
Worldwide Information Growth Through 2011. March 2008. Framingham, MA. IDC. Im
100
9. Literaturverzeichnis
Internet: http://www.emc.com/collateral/analyst-reports/diverse-exploding-digital-universe.pdf
(30.04.2010)
Gerhards, Jürgen (2001): Der Aufstand des Publikums. Eine systemtheoretische Interpretation
des Kulturwandels in Deutschland zwischen 1960 und 1989. In: Zeitschrift für Soziologie 30(3).
S. 163-184.
Gerhards, Maria / Klingler, Walter / Trump, Thilo (2008): Das Social Web aus
Rezipientensicht. Motivation, Nutzung und Nutzertypen. In: Zerfaß, Ansgar / Welker, Martin /
Schmidt, Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Grundlagen
und Methoden: Von der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 129-
148.
Gerhards, Maria / Mende, Anette (2009): Offliner: Ab 60-jährige Frauen bilden die
Kerngruppe. Ergebnisse der ARD/ZDF-Offlinestudie 2009. In: Media Perspektiven 7/2009. S.
365-376.
Goode, Luke (2009): Social news, citizen journalism and democracy. In: new media & society.
11. Jahrgang., Heft 11, S. 1287-1305. Im Internet:
http://nms.sagepub.com/cgi/content/abstract/11/8/1287 (Stand: 29.04.2010)
Granovetter, Mark (1973): The Strength of Weak Ties. In: American Journal of Sociology. Vol.
78. Issue 6. May 1973. S. 1360-1380. Im Internet:
http://www.stanford.edu/dept/soc/people/mgranovetter/documents/granstrengthweakties.pdf
(Stand: 29.08.2010)
Halavais, Alexander (2008): The hyperlink as organizing principle. In: Turow, Joseph / Tsui,
Lokman (2008): The Hyperlinked Society. Questioning Connections in the Digital Age. Ann
Arbor. S. 39-55.
Herman, Ivan (2010): W3C Semantic Web Activity. Im Internet: http://www.w3.org/2001/sw/
(Stand: 29.08.2010).
Herz, JC (2005): Harnessing the Hive. In: Hartley, John (2005): Creative Industries. Blackwell.
Malden. S. 327-341.
Holler, Sebastian / Vollnhals, Sven / Faas, Thorsten (2008): Focal Points und Journalisten.
Bedingungen für den Einfluss der Blogosphäre? In: Zerfaß, Ansgar / Welker, Martin / Schmidt,
Jan (Hrsg.): Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Grundlagen und
Methoden: Von der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 94-111.
101
9. Literaturverzeichnis
Initiative D21 e.V. (2009): (N)Onliner Atlas 2009. Eine Topographie des digitalen Grabens
durch Deutschland. Im Internet: http://www.initiatived21.de/wp-
content/uploads/2009/06/NONLINER2009.pdf (Stand: 19.05.2010)
Keen, Andrew (2008): Die Stunde der Stümper. Wie wir im Internet unsere Kultur zerstören.
Aus dem Amerikanischen von Helmut Dierlamm. München: Hanser.
Kink, Natalie / Hess, Thomas (2007): Suchmaschinen als Substitut traditioneller Medien?
Erste Ergebnisse einer Studie zum Wandel der Informationsbeschaffung durch Suchmaschinen.
In: Machill, Marcel / Beiler, Markus (Hrsg.) (2007): Die Macht der Suchmaschinen. The Power of
Search Engines. Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 298-307.
Kohring, Matthias (2001): Vertrauen in Medien – Vertrauen in Technologie. Arbeitsbericht.
Stuttgart: Akademie für Technikfolgenabschätzung in Baden-Württemberg.
Kohring, Matthias (2004): Vertrauen in Journalismus. Theorie und Empirie. Konstanz: UVK
Verlagsgesellschaft mbH.
Kohring, Matthias (2006): Öffentlichkeit als Funktionssystem der modernen Gesellschaft. Zur
Motivationskraft der Mehrsystemzugehörigkeit. In: Ziemann, Andreas (Hrsg.) (2006): Medien der
Gesellschaft – Gesellschaft der Medien. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
Kretzschmar, Sonja (2009): Journalismus to go. Flexibilisierung der Raum- und Zeitbezüge
durch Internet und Mobilkommunikation. In: Neuberger, Christoph / Nuernbergk, Christian /
Rischke, Melanie (2009) (Hrsg.): Journalismus im Internet: Profession - Partizipation -
Technisierung. Wiesbaden: VS-Verlag. S. 335-352.
Kuhlen, Rainer (1999): Die Konsequenzen von Informationsassistenten. Was bedeutet
informationelle Autonomie oder wie kann Vertrauen in elektronische Dienste in offenen
Informationsmärkten gesichert werden. Frankfurt am Main: Suhrkamp.
Lovink, Geert (2008): Zero Comments. Elemente einer kritischen Internetkultur. Bielefeld:
transcript Verlag.
Malik, Maja / Scholl, Armin (2009): Eine besondere Spezies. Strukturen und Merkmale des
Internetjournalismus. In: Neuberger, Christoph / Nuernbergk, Christian / Rischke, Melanie
(2009) (Hrsg.): Journalismus im Internet: Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden:
VS-Verlag. S. 169-195.
Meyen, Michael / Dudenhöffer, Kathrin / Huss, Julia / Pfaff-Rüdiger, Senta (2009):
Zuhause im Netz. Eine qualitative Studie zu Mustern und Motiven der Internetnutzung. In:
Publizistik. Jg. 54, Heft 4.
102
9. Literaturverzeichnis
Michal, Wolfgang (2010): Porträt Frank Westphal: „Ich würde gern die Frank-Schirrmacher-
Maschine bauen“. In: Carta. 07.04.2010. Im Internet: http://carta.info/25259/portraet-frank-
westphal-ich-wuerde-gern-die-frank-schirrmacher-maschine-bauen/ (Stand: 29.08.2010).
Neidhardt, Friedhelm (2005): Jenseits des Palavers. Funktionen politischer Öffentlichkeit. In:
Wunden, Wolfgang (Hrsg.) (2005): Öffentlichkeit und Kommunikationskultur. Hamburg /
Stuttgart: Steinkopf. S. 19-30.
Neuberger, Christoph (2004): Wandel der aktuellen Öffentlichkeit im Internet. Gutachten für
den Deutschen Bundestag. Vorgelegt dem Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen
Bundestag. Unter Mitarbeit von Dr. Christoph Kaletka, Daniel Meyering M.A. und Inga
Schlichting M.A.
Neuberger, Christoph (2008a): Die Allgegenwart des Widerspruchs. Paradoxien der
Kommunikation, Rezeption und Vermittlung im Medienwandel. In: Pörksen, Bernhard / Loosen,
Wiebke / Scholl, Armin (Hrsg.) (2008): Paradoxien des Journalismus. Festschrift für Siegfried
Weischenberg. Wiesbaden: VS-Verlag. S. 37-62.
Neuberger, Christoph (2008b): Internet und Journalismusforschung. Theoretische
Neujustierung und Forschungsagenda. In: Schweiger, Wolfgang (Hrsg.) (2008): Journalismus
online – Partizipation oder Profession? Wiesbaden: VS Verlag. S. 17-42.
Neuberger, Christoph (2009a): Internet, Journalismus und Öffentlichkeit. Analyse des
Medienumbruchs. In: Neuberger, Christoph / Nuernbergk, Christian / Rischke, Melanie (2009)
(Hrsg.): Journalismus im Internet: Profession - Partizipation - Technisierung. Wiesbaden. VS-
Verlag. S. 19-105.
Neuberger, Christoph (2009b): Versuch über das Internet. In: Diemand, Vanessa / Hochmuth,
Uwe / Lindner, Christina / Weibel, Peter (Hrsg.): Ich, Wir und Die Anderen. Neue Medien
zwischen demokratischen und ökonomischen Potenzialen II. Hannover: dpunkt, S. 188-198. Im
Internet: http://www.dpunkt.de/leseproben/3007/Versuch%20ueber%20das%20Internet.pdf
103
9. Literaturverzeichnis
104
9. Literaturverzeichnis
Rosen, Jay (2006): The People Formerly Known as the Audience. 27.06.2006. Im Internet:
http://journalism.nyu.edu/pubzone/weblogs/pressthink/2006/06/27/ppl_frmr.html (Stand:
27.08.2010)
Schirrmacher, Frank (2009): Payback. Warum wir im Informationszeitalter gezwungen sind zu
tun, was wir nucht tun wollen, und wie wir die Kontrolle über unser Denken zurückgewinnen.
München: Karl Blessing Verlag.
Schmidt, Jan (2006): Weblogs. Eine kommunikationssoziologische Studie. Konstanz: UVK
Verlagsgesellschaft mbH.
Schmidt, Jan (2008): Was ist neu am Social Web? Soziologische und
kommunikationswissenschaftliche Grundlagen. In: Zerfaß, A./Welker, M./Schmidt, J. (Hrsg.):
Kommunikation, Partizipation und Wirkungen im Social Web. Grundlagen und Methoden: Von
der Gesellschaft zum Individuum. Köln: Herbert von Halem Verlag. S. 18-40.
Schmidt, Jan / Frees, Beate / Fisch, Michael (2009): Themenscan im Web 2.0. Neue
Öffentlichkeiten in Weblogs und Social-News-Plattformen. In: Media Perspektiven 2/2009. S. 50-
59.
Schmidt, Jan (2010): Einige Notizen zu den rivva-Leitmedien. 08.04.2010. Im Internet:
http://www.schmidtmitdete.de/archives/662 (Stand: 29.08.2010).
Schmidt, Siegfried J. (2003): Geschichten & Diskurse. Abschied vom Konstruktivismus.
Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.
Scholl, Armin (2009): Die Befragung. 2. Auflage. Konstanz: UVK Verlagsgesellschaft mbH.
Schuler, Thomas (2008): Automatischer Absturz. In: Sueddeutsche.de. 16.09.2008. Im Internet:
http://www.sueddeutsche.de/digital/google-news-automatischer-absturz-1.705184 (Stand:
29.08.2010)
Schweiger, Wolfgang / Weihermüller, Miriam (2008): Öffentliche Meinung als Online-
Diskurs – ein neuer empirischer Zugang. In: Publizistik. 53. Jg. H. 4. S. 535-559.
Shapiro, Andrew L. (1999): The Control Revolution. How the Internet is Putting Individuals in
Charge and Changing the World We Know. New York: Public Affairs.
Shirky, Clay (2008): Here comes everybody. The power of organizing without organizations.
New York: Penguin Group.
Shirky, Clay (2009a): A Speculative Post on the Idea of Algorithmic Authority. 15.09.2009. Im
Internet: http://www.shirky.com/weblog/2009/11/a-speculative-post-on-the-idea-of-
algorithmic-authority/ (15.03.2010).
105
9. Literaturverzeichnis
Shirky, Clay (2009b): Newspapers and thinking the unthinkable. 13.03.2009. Im Internet:
http://www.shirky.com/weblog/2009/03/newspapers-and-thinking-the-unthinkable/ (Stand:
28.08.2010).
Stegmaier, Werner (2007): Philosophie der Orientierung. Berlin: De Gruyter.
Surowiecki, James (2005): The Wisdom of the Crowds. New York: Anchor Books.
Trepte, Sabine / Reinecke, Leonard / Behr, Katharina-Maria (2008): Qualitätserwartungen
und ethischer Anspruch bei der Lektüre von Blogs und Tageszeitungen. In: Publizistik. Jg. 53,
Heft 4, S. 509-534.
Tsur, Oren / Davidov, Dmitry / Rappoport, Ari (2010): A Great Catchy Name. Semi-
Supervised Recognition of Sarcastic Sentences in Online Product Reviews. Proceeding of AAAI
Conference on Weblogs and Social Media - ICWSM-10, 2010. Im Internet:
http://staff.science.uva.nl/~otsur/papers/sarcasmAmazonICWSM10.pdf (Stand: 29.08.2010)
van Eimeren, Birgit / Frees, Beate (2009): Der Internetnutzer 2009 – multimedial und total
vernetzt? Ergebnisse der ARD/ZDF-Onlinestudie 2009. In: Media Perspektiven 7/2009. S. 334-
348.
Webster, James G. (2008): Structuring a Marketplace of Attention. In: Turow, Joseph / Tsui,
Lokman (2008): The Hyperlinked Society. Questioning Connections in the Digital Age. Ann
Arbor. S. 23-38.
Weinberger, David (2007): Everything is miscellaneous. The power of the new digital disorder.
New York: Holt Paperbacks.
Westphal, Frank (2010): Chasing Waterfalls. 17.05.2010. Im Internet:
http://blog.rivva.de/archives/2010/5/17/chasing_waterfalls/ (Stand: 12.08.2010).
Wichowski, Alexis (2009): Survival of the fittest tag: Folksonomies, findability, and the
evolution of information organization. In: First Monday. Volume 14 Number 5. Im Internet:
http://firstmonday.org/htbin/cgiwrap/bin/ojs/index.php/fm/article/view/2447/2175 (Stand:
23.03.2010)
106
10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
10.1 Tabellen
Tabelle 1: Nutzung von Social Web-Angeboten 52!
Tabelle 2: Wahrnehmung der Orientierungsleistung nach Nutzungsart und -häufigkeit 67!
Tabelle 3: Wahrnehmung der allgemeinen und persönlichen Orientierungsleistung sowie der Orientierungsleistung
durch die Aggregationsleistung des Angebotes 68!
Tabelle 4: Bewertung der Orientierungsleistung nach einzelnen Items getrennt 71!
Tabelle 5: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Bewertung der Orientierungsleistung 72!
Tabelle 6: Einfluss der Bekanntheit von Autoren auf die Bewertung der Orientierungsleistung 72!
Tabelle 7: Bewertung der Orientierungsleistung durch Probanden in Abhängigkeit der Beitragserfassung 73!
Tabelle 8: Einfluss der Rezeptionsart und -häufigkeit auf die Bewertung der Orientierungsleistung 74!
Tabelle 9: Auswirkungen der Selektivität auf die Bewertung der Orientierungsleistung 75!
Tabelle 10: Berechnung der Korrelation und Regression für den Zusammenhang zwischen Selektivität und
Bewertung der Orientierungsleistung 76!
Tabelle 11: Bewertung der Orientierungsleistung in Abhängigkeit der Nutzungsdauer 77!
Tabelle 12: Erwartung journalistischer Orientierungsleistung 78!
Tabelle 13: Einfluss journalistischer Erfahrung auf die Wahrnehmung als journalistisches Angebot 79!
Tabelle 14: Bewertungsunterschiede Orientierungsleistung rivva.de und professionelle Angebote 80!
Tabelle 15: Veränderung im Rezeptionsverhalten anderer Angebote neben rivva.de 81!
Tabelle 16: Zusammenhänge zwischen verändertem Rezeptionsverhalten anderer Angebote und der Rezeptionsart
und -häufigkeit von rivva.de 82!
Tabelle 17: Kritische Rezeption der bei rivva.de aggregierten Inhalte 83!
Tabelle 18: Kritische Rezeption in Abhängigkeit der Nutzungsart und -häufigkeit von rivva.de 84!
Tabelle 19: Übersicht Forschungsergebnisse 85!
10.2 Abbildungen
Abbildung 1: Verteilung der Leserzahlen bei Weblogs und Twitter 53
Abbildung 2: Das Forschungsmodell 54
107
10. Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen
10.3 Websites
Die folgende Liste führt die in der Arbeit als Beispiele genannten, nicht als Quellen in der
Bibliographie angeführten Websites auf:
108
11. Eidesstattliche Versicherung
________________________ _____________________________________________
(Datum, Ort) (Unterschrift)
109
12. Anhang: Elektronische Daten zur Magisterarbeit
110