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Georg-August Universität Göttingen

Übung: „Quellenlektüre Jean Bodin“


Dozentin: Dr. M. Rhode
Sommersemester 2003
Hausarbeit

Die souveräne Gewalt bei Jean Bodin und Thomas Hobbes

xxxxx
xxxx
18010 Granada
7. Semester
3. September 2003
Inhaltverzeichnis

1. Einleitung 3

2. Voraussetzungen der Entstehung der Republique und des Leviathans 4

3. Die souveräne Gewalt 6

3.1. Die Entstehung des Staates 6


3.2. Die Souveränität 7
3.3. Staats- und Regierungsformlehre 9

4. Die Grenzen der souveränen Gewalt 11

5. Schluss 13

6. Literaturverzeichnis 16

1. Einleitung

Eine verbreitete Neigung zur fast vollständigen Demontage des früheren Absolutismus-
Bildes ist vielleicht am denkwürdigsten unter allen Revisionismen, die in der
gegenwärtigen Geschichtswissenschaft im Schwange sind. Besonders seit dem Zweiten
Weltkrieg sind die Charakteren, die traditionell der „absolute Monarchie“ zugeschrieben
wurden, so wie das ganze Erscheinungsbild der „Zeitalter des Absolutismus“ im Rahmen
administrativer, sozialer und wirtschaftlicher Gestaltungsbereiche, von der neuen
Forschungstendenzen relativvisiert geworden. Ihre Fragestellungen haben sich mit der
älteren Vorstellung von der Entmachtung aller Kräfte, die gegen der Konzentrierung der
Macht durch die Krone wirkten, beschäftigt. „Anstelle der Sicht von oben, der rein
statistischen Betrachtungsweise“, schreibt Oestreich 1969, „tritt nun das in den
Mittelpunkt, was unterhalb der staatlichen Neuschöpfung lag und von ihr weithin
unberührt geblieben ist: das Alte, die Provinzialstände, die regionalen Verbände, die
lokalen Kräfte, die Grund- und Stadtherrschaften, die pouvoirs intermédiaires (...) man
forscht und fragt heute stark nach dem Nichtabsolutistischen im Absolutismus, nach den
autonomen Bezirken.“
Die radikalen Konsequenzen dieser Forschungstendenz sind 1992 von dem Briten
Nicholas Henshall gezogen worden. In seinem berühmt gewordenen Essays, das auf
reichlicher Kenntnis der neueren französischen und angelsächsischen Forschungen
beruht, verteidigt Henshall die These, dass Absolutismus in der Vormoderne nicht mehr
als ein Mythos sei; alles, was nach landläufiger Meinung den Absolutismus bedeutet –
Gewaltmonopol des Fürsten, Unabhängigkeit von den intermediären Gewalten,
Beschränkung des Freiraums des einzelnen, Bürokratisierung, Gesetzesmonopol der
Kro n e, u sw.– sei sig n ifik an t ü b ersch ätzt wo rd en . Vielmeh r h ab e d ie
Herrschaftsgestaltung nach wie vor auf Konsultation und Konsens berührt, was in der
Formel vom „dominium regale et politicum“, Standard im vorrevolutionären Europa,
am sinnfälligsten fassbar sei.
Schon 1935 urteilte Karl Mannheim: „Der Absolutismus war nur scheinbar totalitär.
Meist besaß er gar nicht die Mittel zur Beherrschung sämtlicher Lebensbereiche aller
Einwohner des betreffenden Territoriums.“ Tatschsächlich ist die Anerkennung, das
Fürstenregiment dieser Zeit beileibe nicht so autoritär und obrigkeitsstaatliche war, wie
es die ältere Forschung aus einer vielfach machtstaatlichen Orientierung heraus
wahrhaben wollte, ein wesentliches Ergebnis der neueren Absolutismusforschung.
In der ebene der ideengeschichtlichen und politikwissenschaftlichen Forschungen ist
gleichfalls gelungen herauszuarbeiten, dass auch in der Staatslehre der Epoche dem
Fürsten keineswegs eine schrankenlose Willkür eignete, sondern in ihr durchaus eine
Begrenzung der königlichen Prärogative reklamiert wurde. Heute betont man, dass auch
die staatstheoretischen Vorentwürfe, die der ordnenden, Sicherheit und Wohlfahrt
gewährleistenden Aufgabe des Fürsten das Wort redeten, eine Begrenzung der
königlichen Macht durchaus gefordert haben. Begriffe wie Gottesrecht,
Gewohnheitsrecht, Naturrecht oder Fundamentalgesetze erschweren die
Charakterisierung der Staatlehre der Epoche als Theorisierung der unumschränkten
Willkür der Krone.
Ich möchte mich, auf eine kleine Teil der ausführlichen Literatur über das Thema
gestützt, mit dieser Staatlehre beschäftigen, und zwar mit zwei Werke, die zu den
Klassiker der politischen Theorie und Philosophie gehören: Les Six Livres de la
Republique und der Leviathan. Es handelt sich um die Hauptwerke Bodins und
Hobbes’, die in den Handbücher üblicherweise unter dem Überschrift von „Theoretiker
des Absolutismus“ stehen. In wie weit kann eigentlich den Inhalt dieser Werke als
„theoretische Begründung des Absolutismus“ bezeichnet werden? Ergibt sich eine
positive Antwort, wenn bei ihnen das „Nichtabsolutistischen“ gesucht wird?

2. Voraussetzungen der Entstehung der Republique und des Leviathans

Auch wenn ein sehr weiterer Grad von Universalität den beiden Werke zugeschrieben
wird, ist es offenkundig, dass sowohl die Republique als der Leviathan von bestimmten
geschichtlichen Umstande geprägt worden, und dass sie als Antworte auf spezifische
Probleme erschienen sind. Sowohl Bodin als Hobbes schreiben inmitten einer
aufgeregten, von Bürgerkrieg geprägten Lage, und beiden appellieren an eine Stärkung
des königlichen Gewalt als Lösung gegen den Chaos, der Frankreich bzw. England
droht.
Während der Epoche, die zwischen dem Tod Heinrichs II. (1559) und dem Mord
Heinrichs IV (1610) läuft, zerfällt in Frankreich das politische Bauwerk, die vom
Königtum in der ersten Halbe des Jahrhunderts aufgerichtet wurde, und wird das
Reichtum des Landes durch dreißig Jahren von Bürgerkrieg ins Gefahr gebracht. Die
Republique ist erstmals 1576 erschienen, also vier Jahre nach der Bartholomäusnacht,
inmitten einem militärischen Machtkampf, aber auch inmitten der lebendigen
Auseinandersetzungen der besten Geister Frankreichs über Ursprung, Sinn und Grenzen
des Staates. Monarchomachen und Verteidiger der Ligue entgegen standen die
sogenannten „Politiker“, als deren wichtigster Vertreter Michel de l’Hôpital (1505-1573)
zu nennen ist, bei dem schon wesentliche Züge der Bodinschen Theorie finden,
insbesondere die These, dass der König „legibus solutus“ sei, aber auch die Lehre, er
könne nicht Partei sein, er müsse jenseits aller Parteien deren Koexistenz garantieren.
1651, also zwei Jahre nach der Hinrichtung Karls I. und der Umwandlung von England
in einem „Commonwealth and Free State“, erscheint der Leviathan in London. So wie
für Bodin die Hugenottenkriege den Ausgangspunkt seiner Argumentation boten,
bildeten für Hobbes die Bürgerkriege in seiner englischen Heimat den Hintergrund für
seine Überlegungen zur Natur der Menschen und des Staates. Die Hauptelemente seiner
Staatslehre, Furcht, Sicherheit, Staatsmacht, spiegeln die Gefahren einer aus den Fugen
geratenen Zeit und ihre Sehnsucht nach Ruhe und Sicherheit um fast jeden Preis wider.
Als politische Theoretiker war das Ziel des Hobbes, der Bürgerkrieg versuchen zu
vermeiden, und deshalb hat er sich mit den aus der Erzeugung und Behaltung der
soziale Ordnung (the very matter of civil government) abgeleiteten Probleme beschäftigt.
Zwischen 1640 und 1660 verfasste Hobbes eine Geschichte des englischen
Bürgerkrieges: Behemoth or the Long Parliament. Es handelt sich um den Versuch des
Hobbes, an einem herausragenden Beispiel zu illustrieren, welche Ereignisse, Menschen
und vor allem Ideen die politische Ordnung Englands zerstörten und zum Bürgerkrieg
führten. Gegenstand seiner Analyse ist der Auflösungsprozess souveräner Gewalt –sei es
in der Diskussion über die Rolle des Parlaments oder in der verfassungsrechtlichen,
politischen und schließlich militärischen Auseinandersetzung der Zeit nach 1640. Steht
der „Leviathan“ für den „gesunden“ Staat, das heißt für Souveränität und Frieden, so
bezeichnet „Behemoth“ das dem Leviathan entgegenwirkende Prinzip der Unordnung,
also Auflösung der Souveränität und der aus dieser resultierenden Bürgerkrieg.

3. Die souveräne Gewalt

3.1. Die Entstehung des Staates


Es ist möglich, eine Nähe in Bodins und Hobbes’ Auffassungen über die Entsehung des
Staates zu finden, auch wenn in der politischen Theorie des zweitens die Überlegungen
darüber bedeutungsvoller sind. Sowohl Bodin wie Hobbes stellen den Herkunft des
Staates in dem Gewalttätigkeit, und beide stellen die Verwandlung der Menschen in
Untertanen dem Freiheitsverlust gleich. Für Bodin gibt es keine Zweifel darum, dass die
erste Menschen keine höhere Tugend erkannten als den anderen Menschen zu stehlen,
sie zur Sklaven zu machen oder ihnen umzubringen (Rep. I, 6). Die Republique ist ohne
das Wesen von einem souveränen Gewalt unbegrifflich, und der Art, wie der Staat
entstehen hat –im allgemeinen durch die Gewalttätigkeit, da force und violence haben
Anlass zum Staat gegeben- ist nicht so wichtig als die logische Konsequenz dieser
Tatsache: eine radikale Verminderung der natürlichen Freiheit -die von den Menschen
vor dem Werden in Untertan genossen wurde-, wenn sie dem Souverän untergestellt
werden.
Für Hobbes überwiegen im „Naturzustand“ Egoismus, Hochmut und Ruhmsucht; Es
handelt sich um Charakteren der Menschnatur, die zu einem verallgemeinerten
Kriegszustand führen, and the life of man is solitary, poore, nasty, brutisch, and short.
(Lev. I, 13) In diesem Kriegszustand every man has a Right to everything, und folglich
kann es Sicherheit für Niemand geben. Daraus ergibt sich ein generall rule of Reason,
laut dem jeder Mensch sich um den Friede Mühe geben muss; To seek Peace, and follow
it wird auf dieser Weise the First and Fundamentall Law of Nature (Lev. I, 14). Die
Naturgesetze, im Kapitel 14 und 15 aufgezählt, sind also „Friedewerkzeuge“ und als dies
befördern die Menschen, sich auf eine rationale und gewissenhafte Weise gewisser
Regeln sozialer Zwischenarbeit zu unterwerfen. Die erste unter dieser Regeln liegt darin,
dass jede Mensch auf sein naturelles Recht über alles verzichten muss, und be contented
with so much liberty against other men, as he would allow other men against himselfe.
Die Einrichtung (Institution) des Staates entspricht dem Wille jedes Mensches, als
einziges Individuum in dem Vertrag teilzunehmen. Die Formel dieses Vertrages ist: I
Authorise and give up my Right of Governing my selfe, to this Man, or to this Assembly
of men, on this condition, that thou give up thy Right to him, and Authorise all his
Actions in like manner. This done, the Multitude so united in one Person, is called a
Common-Wealth (Lev. II, 17).

3.2. Die Souveränität


Gleichfalls kann man eine Ähnlichkeit zwischen der Bodinschen Definition von
Republique und der Hobbesschen von Common-wealth finden. In den beiden spielt eine
wesentliche Rolle der Begriff von souveräner Gewalt, die als absolut, als frei von
zeitlichen Schranken und Bedingungen und als unteilbar bezeichnet wird:

Republique est un droit gouvernement de One Person, of whose Acts a great Multitude,
plusieurs mesnages, & de ce qui eur est by mutuall Covenants one with another, have
commun, avec puissance souveraine (Rep. made themselves every one the Autor, to the
I, 1) end he may use the strength and jeans of them
la souveraineté est la puissance absolue et all, as he shall think expedient, for their
perpetuelle d’una Republique (...) la Peace and Common Defence. And he that
souveraineté n’est limitée, ni en puissance, carryeth this Person, is called Soveraigne,
ni en charge, ni ‘a certain temps (Rep. I, 8) and said to have Soveraigne Power (Lev. II,
17)

Bei Bodin ist der Herrscher der liutenant de Dieu auf der Erde. Von ihm kriegt er die
Souveränität und folgendes ist “Souverän” derjenige, der nur noch Gott als Größeren
über sich anerkennt. Bei Hobbes kommt jedoch die Macht des Souveräns aus derjenigen
Vertrag, der durch die Menschen geschlossen wurde. Der absolute Charakter der Macht
des Souveräns stammt gerade aus der Tatsache, dass der Souverän kein Bestandteil
dieses Vertrages bildet.
Die beide Autoren zählen Ähnlicherweise die Kennzeichen bzw. die Eigenschaften der
So u v er än ität au f ; Un ter ih n en steh en d ie Kr ieg ser k lär u n g u n d d ie
Friedensverhandlungen, die Einsetzung der Offiziere, die Gerichtsbarkeit und die
Steuerung. Beide stellen alle diese vrayes marques de souveraineté in einem oberste
Recht, von den sich alle anderen herleiten, zusammen: nämlich die Fähigkeit, den
Untertanen Gesetze zu geben. Folgenderweise ist die Person des Souveräns exceptee en
termes de droit (Rep. I, 8) oder anders gesagt, is not Subject to the Civill Lawes (Lev. II,
26).
Die Konsequenz daraus ist, dass der Souverän seinen Untertanen gegenüber rechtlich
nicht verantwortlich ist – er ist nur Gott verantwortlich. Er steht auch über dem
Gewohnheitsrecht, da es nur kraft seiner Duldung existiert.
3.3. Staats- und Regierungsformlehre
Die Analyse der verschieden Staats- und Regierungsformen ist viel wichtiger bei Bodin
als bei Hobbes, aber die beide Autoren sind einig darüber, das die Alleinherrschaft die
beste Staatsform bildet. Durch die Trennung der Begriffe Etat und Gouvernement
gewinnt die Staats- und Regierungsformlehre der Republique ihre ganze Bedeutung. Je
nach dem Träger der Souveränität kann der Staat das Form einer Monarchie, einer
Aristokratie oder einer Demokratie (Etat populer) nehmen; Nach dem Art, wie der Staat
regiert wird, jede von diesen Staatformen kann von den Adjektiven „monarchisch“,
„aristokratisch“ oder „demokratisch“ begleitet sein. Eine dritte Einteilung wird von
Bodin durch das Grad des Gemeinsamen und die Wahrung von Freiheit und Eigentum
der Untertanen eingeführt, so dass eine Monarchie (genau wie eine Aristokratie oder ein
Etat populer) royal ou legitime, seigneuriale oder tyrannique sein kann:

Donc la Monarchie Royale, ou legitime, est celle où les sujects obeissent aux loix du
Monarque, et le Monarque aux loix de nature, demeurant la liberté naturelle et
proprieté des biens aux sujects. La Monarchie Seigneurliale est celle où le Prince est
faict Seigneur des biens et des personnes par le droit des armes, et de bonne guerre,
gouvernant ses sujects comme le pere de famille ses esclaves. La Monarchie tyrannique
est où le Monarque mesprisant les loix de nature, abuse des personnes libres comme
d’esclaves, et des biens des sujects comme des siens (Rep. II, 2)

Auf diese Weise, und da die Republique im Bezug auf dem droit gouvernment definiert
worden ist, sind die despotische und tyrannische Monarchie nur „quasipolitische“
Wesenheiten, die eigentlich keine Republique bilden. Werden in der Monarchie, in der
Aristokratie oder in der Demokratie Naturrecht, natürliche Freiheit und Eigentum der
Untertanen respektiert, so handelt es sich um ein „legitimes“ Staatswesen.
Diese Bestimmungen der Regierungsformen sind diejenige, die es Bodin erlauben, die
monarchie royale als die beste Form des Gemeinwesens zu bezeichnen. Angelegt auf die
proportion harmonique nimmt diese Monarchie Elemente der zwei anderen möglichen
proportions der Gerechtigkeit, die arithmetische und die geometrische, die den
aristokratische bzw. demokratische Regierungsprinzipen entsprechen.
Hobbes weist auf drei Common-wealths Formen hin, allerdings ohne Berücksichtigung
des Unterschiedes zwischen Staat und Regierung; je nach dem Träger der Souveränität
spricht er von monarchy, aristocracy und democracy. Es existiert andere Bezeichnungen
von Regierung (Government), z. B. Tyraannis und Oligarchie,

but they are not the names of other Formes of Government, but of the same Formes
misliked. For they that are discontented under Monarchy, call it Tyranny; and they that
are displeased with Aristocracy, called it Oligarchy: So also, thy which find themselves
grieved under a Democracy, call it Anarchy (…). And yet I think no man believes, that
want of Government, is any new kind of Government: nor by the same reason ought
they to believe, that the Government is of one kind, when they like it, and another, when
they mislike it, or are oppressed by the Governours (Lev. II, 19).

Was das Altertum also als entartete Staatsformen definiert hatte -Tyrannei, Oligarchie
und Anarchie-, ist für Hobbes das Ergebnis einer bestimmten Haltung der Untertanen
gegenüber der souveränen Herrscher oder Körperschaft. Den Unterschied zwischen
König und Tyrann verliert damit seine Bedeutung: Es handelt sich um eine „question de
mots“, die die wesentliche Qualität der Monarchie nicht berührt. Die Furcht vor
Tyrannen (Tyrannophobie) reduziert sich bei Hobbes auf fear of being strongly
governed, deren Ursache in der Lektüre griechischer und römischer Klassiker liege
(Lev. II, 29)
Die Unterscheidung von „Common-wealth by institution“ und „Commonwealth by
acquisiton“, wich some writers call despotical bezieht sich im Gegensatz zur Bodins
Monarchie seigneuriale allein auf die unterschiedliche Entstehungsart von Staaten. Auch
der Souverän by acquisiton, wenn er eine effektive Herrschaft ausübt (das heißt, er
bewahrt Friede und Sicherheit) genieß dieselbe Legitimität und Rechte als der Souverän
by institution.

4. Die Grenzen der souveränen Gewalt

Bodin setzt dem Handeln seines Fürsten, dem er durch die Theorie von der puissance
absolue und die Souveränitätsrechte einen bestimmten Spielraum geschaffen hat, feste
Grenzen, die nicht überschritten werden dürfen. Es handelt sich um eine über dem
Fürsten stehenden Gerechtigkeit, die aus der loi de Dieu et de nature besteht. Laut Bodin
sollte der Fürst sich neben Göttes- und Naturrecht durch bestimmte, „menschliche“
Gesetze gebunden fühlen, die entweder communes à tous peuples (dass heißt, auf der
Grundlage eines ius gentium) sind oder die l’estat du royaume angehen.
Der Beträchtung des Gottesrechtes und seinem irdischen Darstellung, das Naturrecht,
führt Bodin bei vielen Einzelfragen der Fürstenethik. So spricht er sich bei dem Thema,
ob der Fürst Verträge brechen dürfe, gleichgültig ob sie mit Ausländer oder mit eigenen
Untertanen abgeschlossen wurden. Auch aus dem Gottes- und Naturrecht steht eine
andere „Begrenzung“ seines Herrschers: er muss das Eigentumsrecht seiner Untertanen
respektieren. Würde er es nicht respektieren, würde die Republique –die eigentlich keine
Republique mehr wäre- als „despotische“ oder „tyrannische“ bezeichnet. Deshalb erlaubt
Bodin zwar dem Fürsten, Steuern erheben, doch das bedeutet nicht, dass er es à son
plaisir tun kann. Außer in der Notstunde, müssen die Stände die Steuererhebung
zustimmen.
Wie bei Bodin ist der Herrscher bei Hobbes obliged by the Law of Nature, and to render
an account thereof to God, the Author of that Law, and to none but him (Lev. II, 30).
Der Kapitel 30 des Leviathans enthalt die Beschreibung von the office of the
Souveraign, die in großen Zügen die Aufzählung der Rights of Soveraignes des 18.
Kapitels entspricht. Hier wird eine gerechte, nach dem Gemeininteresse gerichtete
Regierung gefördert: the Office of the Soveraign, (be it a Monarch, or an Assembly,)
consisteth in the end, for which he was trusted with the Soveraign Power, namely the
procuration of the safety of the people (Lev. II, 30). Mit Hinblick auf dieser Zweck liegt
den Office des Souveräns zunächst in einem „Selbsterhaltungsmission”, das heißt, er
muss die Souveränitätsrechte ungeteilt und an sich gebunden behalten. Dann soll er auch
den Volk eine publique Instruction anbieten, gute Gesetze erlassen und der Legislative
auf die wirklich essentiellen Regelungen beschränken, sich um die Gleichheit in der
Besteuerung und vor dem Gesetz sorgen und das Privateigentums schützen. Folgt der
Fürst diese Empfehlungen, wird er seinen Untertanen einen persönlichen Freieraum und
das Gefühl von Sicherheit schaffen, so dass diese gar nicht auf den Gedanken kommen,
sich zu empören. Entspricht die Forderung nach von der Staat garantierter Sicherheit
und Friede der Forderung nach Sicherheit innerhalb des Staates, etwa nach einem Art
„Rechtssicherheit“?
Die Grenzen der absoluten Gewalt sind bei Hobbes, vor allem, moralisch; in Hobbes’
Staatslehre hat man wichtige liberale Elemente erkennt, die ihm als „Theoretiker des
aufgeklärtes Absolutismus“ zu bezeichnen erlauben.

5. Schluss

Es ist vielleicht nützlich, wenn das „Absolutistische“ oder das „Nichtabsolutistische“ bei
Bodin und Hobbes gesucht wird, ihre Werke unter zwei verschiedene Gesichtspunkte
betrachten.
„Staatsrechtlich“, also unter juristischen Aspekt angesehen, findet man bei ihnen das
Bild ein König mit absoluter Gewalt, einziger Gesetzgeber (legibus solutus) und einziger
Richter, der über sich nur noch Gott anerkennt und der deshalb gegenüber seiner
Untertanen nicht verantwortlich ist.
Wenn man aber sie als „Fürstenspiegel“ liest, das Ergebnis ist ein anderes. Für Bodin
würde ein „gute“ Fürst weder die lois fondamentales aufheben noch den Stände
missachten, er würde auch aristokratische und demokratische Elemente in dem
Regierungspraxis einführen lassen. Ähnlich wie Bodins, Hobbes’ Fürst würde sich nur
um das Gemeinwohl und Sicherheit seiner Untertanen bemühen, er würde sich für die
Armen Sorgen machen, die Bürger vor dem Gesetz und in der Besteuerung gleich
behandeln und ihre Gesetzgebungsgewalt auf die wirklich essentiellen Regelungen
beschränken.
Aber weder Bodin noch Hobbes haben institutionelle Grenze gegenüber der fürstlichen
Gewalt gestellt. Meine Meinung nach hat dies ihnen, in einer beträchtlichen Weise auf
Grund der Umstände, in denen seine Werke entstanden sind, als sichere Ursache von
Krieg oder Unordnung erschienen.
Wird der Fürst gegen Gottes- oder Naturrecht handeln, die Grundgesetze des Staates
aufheben, die Stände –deren Existenz nur durch die Zustimmung des Königs möglich
ist- auflösen, erkennt Bodin den Untertanen nur ein passives Widerstandrecht.
Gleichfalls gibt es für die Untertanen bei Hobbes’ Auffassung keine gesetzliche
Sicherung gegen willkürliche Übergriffe von Seiten des Herrschers.
Bodin und Hobbes sind so optimistisch anzunehmen, dass der Souverän die absolute
Gewalt nicht ausnützen, nicht zur Misshandlung seiner Untertanen einsetzen, sondern
sich um das Gemeinwohl bemühen wird. Sie hoffen, der Fürst wird immer erkennen,
welche Regelungen am besten zu diesem Ziel richten, sie können jedoch nicht
garantieren, dass sich die Qualitäten, die dafür nötig sind, in der Person des Machthabers
vereignen.
Aus der genannten zwei verschiedenen Weise, die Republique und der Leviathan
anzusehen, ergibt sich eine Spannung zwischen dem, was der Souverän tun kann, und
dem, was er tun sollte. In der Republique sind die beide Ebene schon in der Definition
von Gemeinwesen als „droit gouvernement“, mit der das Werk beginnt, sehr eng
gebunden, und daraus ergeben sich zahlreiche Widerspruche im Laufe des Werkes.
Vielleicht kann man der Dualismus zwischen „sein“ und „sein sollen“ und die zwei
Gesichtspunkte -die absolutistische und die konstitutionalistische- von deren Bodins
Staatslehre betrachtet geworden ist, in Ähnlichkeit setzen.
Was das Hobessche Werk angeht, gibt es zwei juristische Elemente, die erlauben
könnten, ihm als „absolutistische“ zu bezeichnen. Zuerst die Absolute and Arbitrary
legislative Power, die er dem Fürsten anerkennt, dann auch dasjenige „Rex est populus“,
das sich aus dem „absorptiv-identitären Repräsentationsverhältnis“ des Staatsvertrags
ergibt.
Die Staatsomnipotenz des Leviathans ist aber nicht schrank- und bedingungslos. Er lässt
den Untertanen einen Ermessens- und Entscheidungsspielraum (der aber das Wesen der
Souveränität nicht beruhen kann). Ihnen wird ein Widerstandsrecht erkannt, das
möglicherweise in ihrer Konsequenz auf die Reproduktion des Naturzustandes –das
heißt, auf die Chance, einen neuen Souverän zu autorisieren- hinausläuft. Neben der
Idee der absoluten Gewalt des Souveräns, die theoretisch unbegrenzt ist, steht der
Prinzip des auch absoluten Rechtes des Mensches auf sein eigene Erhaltung, auf das
Leben und auf den Friede.
Hinrichs betont, nur durch eine einseitige Auswahl der Zitate könnte Bodin als
konsequenter Theoretiker des legibus solutus verstanden werden. Ich glaube, dasselbe
gilt für Hobbes: ihn als „Theoretiker des Absolutismus“ zu bezeichnen lasst nur teilweise
seiner Staatlehre Gerechtigkeit widerfahren.

6. Literaturverzeichnis

Quellen
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Aalen, Scientia Verlag, 1961.

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