Doch interne Dokumente zeigen nun, dass das LVT erneut versuchte, die
Studenten als mutmaßliche Terroristen darzustellen. Auf dem Laptop einer der
vier verdächtigen Personen fanden die Ermittler 22 Videosequenzen - die
Dokumentation einer Abschiebung am Wiener Flughafen. Für das LVT ein
Grund, um bei der Staatsanwaltschaft um eine erneute Ausweitung der
Ermittlungen auf die Terrorparagrafen 278b und wenn nötig 278c (Begehung
einer terroristischen Straftat) anzusuchen. Die vier Studenten hatten von einem
Parkdeck aus die Abschiebung gefilmt. Ein universitäres Projekt, sagen die
Beschuldigten; die Akademie der bildenden Künste bestätigt das. Für die
Ermittler sind die Videos jedoch ein Hinweis darauf, dass die Verdächtigen
geplant hatten, den Flugverkehr zu sabotieren. Schließlich befinden sich auf
dem Parkdeck auch zwei Funkmasten. "Eine Manipulation an dieser Funkanlage
hätte möglicherweise für den Flughafenbetrieb aber (sic!) auch für den
Flugzeugverkehr an sich, unabsehbare Folgen“, schrieben die Ermittler. Die
Staatsanwaltschaft lehnte den Antrag ab, denn dem LVT war ein peinlicher
Fehler unterlaufen. "Im Laufe der Ermittlungen hat sich gezeigt, dass das
normale Sendemasten für den Mobilfunk sind“, sagt die Sprecherin der
Staatsanwaltschaft Wien, Michaela Schnell.
Dass das LVT klar über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus gehandelt hat,
scheint unumstritten. "Ich kann nicht einmal ansatzweise etwas erkennen, das
den Vorgaben des Terrorgesetzes gerecht wird“, sagt Albert Steinhauser,
Justizsprecher der Grünen. Es sei zudem kein Zufall, dass Unibrennt-Aktivisten
ins Visier der Ermittler geraten sind: "Das LVT ist auf dem rechten Auge blind
oder komplett unfähig, während es mit dem linken Auge besonders genau
hinschaut.“ Die Wiener Polizeidirektion möchte zu den Vorfällen keinen
Kommentar abgeben. Ihr Sprecher Mario Hejl weist allerdings die
Anschuldigung, die 278er-Paragrafen vor allem gegenüber linken Aktivisten
anzuwenden, entschieden zurück: "Wenn sich für die Wiener Polizei ein
Verdachtsmoment hinsichtlich der genannten Paragrafen ergibt, haben wir die
Pflicht, diesen nachzugehen. Und dies in alle Richtungen.“ Ob im Moment eine
besondere Bedrohung von ehemaligen Unibrennt-Aktivisten ausgehe, könne er
"aus ermittlungstaktischen Gründen“ nicht sagen.
Mit den Auskunftsbegehren werden sie Studenten wenig Erfolg haben: "Es
werden keine der Auskunftspflicht unterliegenden Daten verwendet“ - so lautet
die standardmäßige Antwort des Ministeriums auf derartige Anfragen. Für den
Antragsteller kann das zwei Dinge bedeuten: Entweder sind keine Daten zu
seiner Person vorhanden, oder er ist Gegenstand aktueller Ermittlungen - und
die Polizei muss deshalb keine Auskunft geben.
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