Die konkludente Konvalidation der Ehe: Rechtsvergleichende Überlegungen zur Bestätigung, Heilung und Konvalidation einer wegen Konsensmangels ungültigen Ehe
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Ehenichtigkeitsverfahren, um ihre kirchliche Ehe für von Anfang an
nichtig erklären zu lassen und unter Umständen "neu" zu heiraten. Etwa zwei Drittel der Ehenichtigkeitsprozesse haben Erfolg. Grund für die Nichtigkeit der Ehe ist meist ein Mangel im Ehekonsens der Partner zum Zeitpunkt der Eheschließung.
Die vorliegende Arbeit untersucht Möglichkeiten der Bestätigung und Heilung von Ehen, die wegen Ehekonsensmangels von Anfang an nichtig sind, sich aber später zu Ehen im vollständigen katholischen Sinne entwickeln.
Georg Dietlein
Georg Dietlein, geb. 1992 in Köln, begann sein Studium der katholischen Theologie an der Universität Bonn als Schüler im Alter von 13 Jahren. Mit 15 Jahren veröffentlichte er sein erstes Buch. Seit 2009 studiert er Rechtswissenschaften an der Universität zu Köln. 2013 schloss er sein Studium in Betriebswirtschaftslehre mit einer Arbeit zum kirchlichen Management ab.
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Book preview
Die konkludente Konvalidation der Ehe - Georg Dietlein
Fazit
1. Einführung
Jährlich eröffnen in Deutschland über 1.000 Katholiken ein Ehenichtigkeitsverfahren vor einem kirchlichen Gericht. Sie bezwecken damit, dass ihre eigene Ehe für von Beginn an ungültig und damit nichtig erklärt wird. In über zwei Drittel der zugelassenen Fälle stellt das angerufene Gericht fest, dass die infrage gestellte Ehe nicht wirksam zustande gekommen ist – meist wegen eines Mangels im Ehekonsens.¹ Die Ehepartner können von diesem Punkt an getrennte Wege gehen und neu heiraten.² Die Ehe hat nach katholischem Kirchenrecht nie bestanden.
In den meisten Ländern – auch in solchen, wo eine kirchliche Ehe zugleich zivilrechtlich anerkannt wird – regeln spezielle Vorschriften des weltlichen Rechts die weiteren familien- und unterhaltsrechtlichen Folgen. Eine kirchliche Eheannullierung hat für den schwächeren Ehegatten so meist keine nachteiligen Folgen, da ihn regelmäßig Unterhaltsansprüche aus dem weltlichen Recht „auffangen". Dies gilt allerdings nicht, wenn – wie in einigen Ländern möglich – ausschließlich eine kirchliche Ehe geschlossen wurde, die keine Bedeutung für das weltliche Recht hat. Ernste Konsequenzen kann die kirchliche Eheannullierung auch in Italien haben, wo die Nichtigkeitserklärung einer kirchlich geschlossenen, zivilrechtlich anerkannten Ehe auch im weltlichen Recht dazu führen kann, dass rückwirkend zivilrechtliche Ansprüche aus der Ehe, etwa Unterhalts- oder Ausgleichsansprüche, erlöschen.³
Kritische Stimmen sehen im kirchlichen Ehenichtigkeitsverfahren einen faktischen „Umweg zur Scheidung".⁴ Falsch daran ist freilich, dass die Kirche eine gültige und vollzogene sakramentale Ehe niemals auflösen kann. Vielmehr stellt sie in einzelnen Fällen fest, dass die Ehe, etwa wegen eines Mangels im Ehekonsens, niemals gültig zustande gekommen ist.⁵ Gleichwohl kann auch das kirchliche Verfahren durch Vorspiegelung von Tatsachen missbraucht werden. Ein kirchliches Gericht kann naturgemäß – im Gegensatz zu einem staatlichen Gericht – Tatsachenbehauptungen eines Ehepartners nicht „von Amts wegen durch staatliches Ermittlungsverfahren überprüfen. Häufig hat auch der andere Ehepartner kein Interesse, an einem kirchlichen Verfahren mitzuwirken. Die hohe Erfolgsquote in vielen Ländern legt mitunter den Verdacht nahe, dass in manchen Ländern der Satz „Wo ein Wille ist auch ein Weg
gilt.⁶
Das kirchliche Ehenichtigkeitsverfahren dient der Wahrheit der Ehe. In berechtigten Einzelfällen stellt es die Nichtigkeit einer Ehe fest. In allen anderen Fällen bleibt es bei der Unauflöslichkeit einer wahren Ehe (c. 1056 CIC). Möglicherweise kann in der kirchenrechtlichen Praxis das Instrument der „Gültigmachung" (Konvalidation) einer zunächst ungültigen Ehe eine Rolle spielen, wie Karl Rainer Hennes bereits in seiner 1988 erschienenen Dissertation feststellt: „Die von Papst Johannes Paul II. besonders herausgestellte Unauflöslichkeit einer sakramental gültigen