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Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela: Was ist wichtig in diesem Leben?
Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela: Was ist wichtig in diesem Leben?
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Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela: Was ist wichtig in diesem Leben?

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Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela: Was ist wichtig in diesem Leben? Auf der Suche nach einer Antwort beschreibt der Autor seine Eindrücke auf dem Pilgerweg von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago de Compostela.
Hierbei offenbart der Dialog mit seinem Bruder recht unterschiedliche Auffassungen, die im Verlauf der Wanderung immer wieder durch die Begegnung mit zahlreichen Pilgern andere Nuancen erfahren.
Die Schilderung seiner Erlebnisse mit vielen Menschen aus aller Welt, denen er auf ihrer Sinnsuche begegnet ist, sowie der gedankliche Austausch mit der einheimischen Bevölkerung und auch das unmittelbare Erleben der Natur runden seine Erzählung ab.
Zum Schluß deutet sich die Erkenntnis an, daß auf dem Camino das Verlangen verschwindet und das Beharren auf Erfüllung der Wünsche vergeht. Man verbindet sich mit vielen Menschen und teilt mit ihnen glückliche Momente und kann loslassen, alle Beschwerden, welche die Menschen tragen, werden sanft aufgefangen.
LanguageDeutsch
Release dateDec 7, 2012
ISBN9783848274208
Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela: Was ist wichtig in diesem Leben?
Author

Klaus-Rupprecht Wasmuht

Klaus-Rupprecht Wasmuht hat nach seiner Ausbildung als Heilpraktiker und abgeschlossenem Hochschulstudium der Betriebswirtschaft zunächst einen beruflichen Werdegang in der Industrie und auch als selbständiger Unternehmer in England gesucht und erfolgreich bestritten. Seit 2003 widmet er sich ausschließlich heilberuflicher Tätigkeit. Bei seiner jährlich erfolgenden Aus- und Weiterbildung in authentischen ayurvedischen Heilanwendungen in Südindien hat er in den letzten 15 Jahren enge Kontakte mit zahlreichen Vaidyas knüpfen können, die einen regen Erfahrungsaustausch ermöglichen. Gegenwärtig leitet er die Ayurveda und Naturheilpraxis Lübeck und ist als Referent und Seminarleiter am "Freie Heilpraktiker e.V. Berufs- und Fachverband" tätig.

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    Zwei Brüder auf dem Camino Santiago de Compostela - Klaus-Rupprecht Wasmuht

    Bruders

    Anreise und Tageswanderungen

    21.04.2008 - mit dem Flugzeug von Montevideo (Anreise meines Bruders)

    Ein Nandu in dem Triebwerk

    Am 21.April 2008 begann mit unserem Abflug (meine Frau begleitete mich) vom Flughafen Carrasco / Montevideo nach Madrid unser Camino nach Santiago de Compostela.

    Von Madrid wollte auch unser Landnachbar, ein Weingutbesitzer mit seiner Frau uns begleiten.

    Gleich nach dem Start und als der Flieger schon eine beträchtliche Höhe erreicht hatte, gab es einen explosionsartigen Knall, der von einer Erschütterung begleitet wurde. Daraufhin meldete der Kapitän per Sprechanlage, daß er aus technischen Gründen den Treibstoff ablassen würde und wir wieder in Carrasco landen werde.

    Parallel lief das Gerücht durch die Kabine, daß angeblich ein Vogel in die Turbine gelangt sei.

    Daraufhin meinte mein Freund trocken:„ das war dann mindestens ein Nandu!"

    Ich sprach den Steward an, ob bei den hohen Petroleumpreisen und auch im Hinblick auf die Umweltverschmutzung das Ablassen des Kerosins nicht zu vermeiden gewesen wäre.

    Jedoch nach seiner Antwort, daß er, sicherlich auch ich, lieber die Umweltverschmutzung einem Absturz vorziehen würde, verkniff ich mir jeden weiteren Hinweis.

    Wir schafften es dann mit unseren Rucksäcken im Flughafen eine Maschine der American Airlines im letzten Moment zu erhaschen und bekamen dann noch in Buenos Aires in einer Iberia mit Direktflug Madrid Platz.

    Trotz einer vierstündigen Verspätung konnten wir in Madrid den Weiterflug nach Pamplona am 22.4. durchführen. Von Pamplona nahmen wir ein Taxi nach Saint Jean Pied de Port, wo wir spät nachmittags und ohne weitere besondere Umstände ankamen. Dort fanden wir Unterkunft im Hotel Central.

    Das befreundete Ehepaar war nicht so glücklich wie wir, denn erst eine Woche später konnten sie ihren Flug nach Madrid durchführen.

    23.04.2008 - Anfahrt: Mainz – Paris – Bayonne - Saint-Jean-Pied-de-Port (meine Anreise)

    Vor der Abreise erhielt ich von vielen lieben Freunden, von Bekannten und Verwandten gut gemeinte Ratschläge und auch Warnungen. Streunende Hunde würden gefährlich werden, Wasserknappheit bei den langen Tagesstrecken könne Entzündung der Nieren verursachen, die Gefahr des Verirrens in unwirtlichen Gegenden sei gegeben, schnelle Hilfe müsse im Notfall durch ein mitgeführtes GPS-System ermöglicht werden können, eine umfangreiche Wanderapotheke sei unbedingt notwendig, Sperrgebiete wegen Bau einer Autobahn erfordern Umwege, die nur mit einem Bus überbrückt werden könnten, „Schlangen" von wandernden Pilgern mit Geklapper ihrer Wanderstöcke würden an den Nerven zehren. Wandern entlang an langen Abschnitten von stark befahrenen Fernstraßen würde nicht nur gefährlich, sondern auch wegen der Kohlendioxyd Emission der endlosen Fahrzeugschlangen ungesund sein.

    Was mir bei genauem Hinhören auffiel, war, daß jeder Ratschlag, so gut gemeint er wohl auch erschien, die eigenen Ängste oder Besorgnisse widerspiegelte und von „Großstädtern" kam, die das ganze Jahr in einem unwirtlichen Umfeld leben oder ständig von Lärm und stinkenden Kraftfahrzeugen umgeben sind oder zu Hause regelmäßig Tabletten schlucken.

    Außer Warnungen und gut gemeinten Ratschlägen erhielt ich auch von einigen Freunden und Bekannten Wünsche und Bitten, darunter Fürbitten zur Genesung und ein kurioser Wunsch.

    Letzterer stammte von Eddi, einem Heilpraktikerkollegen, der mich bat Ausschau zu halten nach Wesen der geistigen Welt, die mit unidentifizierbaren Flugobjekten an gewissen einsam gelegenen heiligen Stellen der Erde, zu einer gewissen Zeit der psychischen Reife eines besonderen Menschen sich erkennbar machen und diesen Menschen zu einer Reise in den interstellaren Raum einladen.

    Auf dieser Reise werde der auserwählte homo sapiens in die höhere kosmische Ordnung eingeweiht und wieder auf die Erde entlassen zur Förderung von Frieden und Freiheit auf dieser Welt im Sinne einer neuen Gesellschaftsordnung.

    Eddi war sich auf Grund meiner mir zugeschriebenen Fähigkeit zur Exomatose sicher, daß ich einen entsprechenden „encounter" erleben würde, ich müsse mich lediglich intensiv auf dieses Ereignis einstellen.

    Meine Reaktion hierauf war recht verhalten. Der Absicht flieht es, der Unbefangenheit tritt es entgegen. Statt der intensiven Einstellung wolle ich lieber unbefangen alles auf mich zukommen lassen, war meine Antwort. „Er zog seine Straße fröhlich", dieser schöne Taufspruch wurde mir von meinen Eltern auf meinen Lebensweg mitgegeben und hat mich immer gut geführt.

    Unspoilt by progress und follow your instinct, zwei geniale Werbesprüche der Banks Bierbrauerei in Wolverhampton, einer Stadt wo ich fünfundzwanzig Jahre beruflich zu tun hatte, sind mir zwei lieb gewordene zusätzliche Begleiter auf meinen Wegen geworden. Mit Vertrauen und Zuversicht erwarte ich daher den Abreisetag.

    Wenn Du es eilig hast, gehe langsam. Diese Weisheit halte ich mir auch gerne vor Augen, jedoch heute Morgen habe ich sie leider nicht beachtet.

    Entgegen dem Ratschlag von Hanny, einen Wecker zu stellen, damit ich rechtzeitig um vier Uhr dreißig aus dem Bett komme, bin ich meiner gewohnten Art treu geblieben ohne Wecker aufzuwachen. Ich hatte mich auf vier Uhr dreißig mental eingestellt, wurde jedoch schon eine Stunde früher wach und beschloß die verbleibende „Wartestunde" im Halbschlaf zu verbringen.

    Jedoch verfiel ich zurück in den Schlaf und wurde erst durch das Frühkonzert der Schwarzdrosseln um fünf Uhr aus dem Schlummer geweckt. Der Zug geht um fünf Uhr vierzig.

    Zum Bahnsteig sind es zwanzig Minuten zu Fuß. Viel Zeit blieb mir nicht. Die noch nicht verpackten Utensilien wie Waschzeug, Zug-Tickets verpacke ich hastig in den Rucksack, Schreibkladde, Wanderführer in die Hosentasche, kein Frühstück. Nichts zu trinken… „ab die Post".

    Erst am Bahnhof bemerke ich, daß mein „Kuschelschlafsack" fehlt. Den glaubte ich über dem Zelt außen auf dem Rucksack verzurrt zu haben. Irgendwo auf dem Weg hat er sich aber selbständig gemacht.

    Ohne Schlafsack wird es im Zelt zu kalt sein, irgendwo muß ich mir einen Ersatz verschaffen. Dann die Durchsage, daß der Zug nach Mannheim zehn Minuten Verspätung hat: Wenn Du es eilig hast, gehe langsam, kam mir wieder in den Sinn. Der Verlust des Schlafsacks hätte vermieden werden können.

    Umsteigen in Mannheim, dann wieder Verspätung durch Betriebsstörung am Triebwagen. In Paris vom Gare de Est zum Gare Montparnasse mit der Metro. Dort besinne ich mich „Not (und Zeit) macht erfinderisch, so finde ich in der Nähe in einer Einkaufsgalerie im „Sport einen Ersatzschlafsack, der mich einhundertfünfunddreißig Euro kostet.

    Um zwölf Uhr zehn Uhr erfolgt die Weiterfahrt mit dem TGV über Poitiers, Bordeaux nach Bayonne und von dort mit der „Bummelbahn" nach Saint-Jean-Pied-de-Port.

    Im Zeitraffer huschen weite, blühende Rapsfelder an mir vorüber. Keine Zeit zur genaueren Beobachtung, doch erlauben Gedanken, die sich damit beschäftigen wie sinnvoll oder viel mehr wie unsinnig es ist, das fruchtbare Ackerland zur Produktion für Bio-Benzin zu nutzen.

    Zur Füllung von Millionen von Kraftfahrzeugen werden fruchtbare Landstriche genutzt zu Lasten eines Anbaus gesunder Nahrung für den Menschen, welch eine verkehrte Welt.

    Eine Reihe vor mir sitzt ein junges Ehepaar mit zwei kleinen Kindern, die Tochter mag fünf Jahre alt sein und der Sohn zwei Jahre. Der Vater hat Krauselöckchen, er könnte Pierre heißen und die Mutter trägt lange geflochtene Zöpfe, die vom Kopf herunter baumeln und erweckt daher einen etwas kindlichen Eindruck.

    Sie kümmern sich rührend um ihre Kinder und unterhalten diese mit viel Geduld. Die Kinder sind zufrieden und für lange Zeit erstaunlich ruhig. Das ändert sich allerdings, nachdem die Eltern ihnen Cola Light zu trinken geben und sie mit Süßigkeiten versorgen. Eine Weile nach dem Verzehr beginnen sie zu jammern und weisen auf ihre kleinen Bäuche, wo sie ein Blubbern verspüren.

    Der Druck in ihren kleinen Körpern scheint zuzunehmen, sie werden immer unruhiger und beginnen schließlich zu weinen. Es dauert lange bis sie sich wieder normalisieren.

    Pünktlich komme ich in Bayonne um siebzehn Uhr dreiunddreißig an. Um achtzehn Uhr fünzehn geht es weiter nach Saint-Jean-Pied-de-Port, quasi in Zeitlupe, vorbei an kleinen Ortschaften der traditionellen baskischen Provinz Labourd.

    Die Namen dieser idyllischen Dörfer erinnern an einen anderen Planeten: Itxassou, Louhossoa, Bidarray. Schöne Häuser sind im baskischen Baustil zu sehen und mittelalterliche Brücken über den kleinen Wildfluß.

    Die Szenen verändern sich in schneller Folge. Hohe Berge erheben sich majestätisch, dann Wälder, dann rattert der Zug gemütlich mehrmals über Brücken, die über den kleinen Bergfluß gebaut sind, der sich wie eine Schlange einmal zur Rechten und ein anderes Mal zur Linken windet. Hin und wieder wirbeln Wasserschnellen das Wasser des Flusses auf.

    Das Wasser ist hier noch rein, jung und belebt. Ich folge mit meinen Gedanken der Strömung dieses idyllischen Flüßchens und stelle mir vor, wie er später durch Zuflüsse breiter wird, in größere Flüsse einmündet, immer größer wird, aber auch beladener und träger und schließlich in das weite Meer fließt.

    Da denke ich an den Schlusssatz von Sri Swami Sivananda, mit dem er seine Erläuterung der Bhagavadgita beschließt:

    „Der Zweck der Bewegung des Flusses besteht darin, den unbeweglichen Zustand des Ozeans zu erreichen. Ebenso sind alle unsere Anstrengungen notwendig, um den mühelosen höchsten Bewußtseinszustand zu erreichen".

    Der Himmel lacht in aquamarinblau, die Sonne strahlt in hellem Gold, diese wohltuende Helligkeit wird je unterbrochen vom tiefen Dunkel beim Durchqueren des einen oder anderen Tunnels. Schaf- und Kuhherden weiden auf sattgrünen Wiesen. Nach der „Zeitrafferfahrt" mit dem TGV verspüre ich eine tiefe wohltuende Ruhe und eine gewisse Sehnsucht und Vorfreude bald durch diese herrliche Landschaft wandern zu dürfen.

    In Saint-Jean-Pied-de-Port hält mein Wagen des Zuges, wie in einer Theateraufführung inszeniert, direkt neben einer Bank, auf der mein Bruder und seine Frau in voller Wandermontur meine Ankunft erwarten. Großes Hallo und freudige Begrüßung folgt.

    Mein Bruder hat schon die Pilgerpässe, einschließlich einen für mich besorgt und lädt mich ein die erste Nacht ein in ihrem Hotel „Central" zu übernachten. So stellt sich heute nicht die Frage Zelt oder sonst welche Unterkunft.

    Wir bummeln durch das verträumte Städtchen und genießen einen schönen Abend.

    24.04.2008 - Von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Roncesvalles

    Mein Bruder ist bereits um sieben Uhr abmarschbereit. Seine Frau hatte mir am Vorabend jedoch sieben Uhr dreißig vorgeschlagen, was ich in Ordnung fand in der Annahme, daß dies auch meines Bruders Zustimmung findet. Als dann meine Schwägerin und ich gegen sieben Uhr noch in entgegengesetzter Richtung zu einem Brunnen gingen um unsere Trinkwasserflaschen aufzufüllen und in einer Panderia einige bocadillos einzukaufen, war das für meinen Bruder zu viel des Guten.

    Er marschierte ohne uns voraus. Später berichtete er uns, daß er kurz nach Durchschreiten des Santiago Tores, von Roland – einer gewichtigen Person in jeder Beziehung – eingeholt wurde.

    Roland breitete gleich sein ganzes Leben aus, ein pensionierter Beamter im Landschaftsamt Wolfratshausen, hat bereits dreizehn Kilogramm mit Reisen abgenommen, die mit Wanderungen verbunden sind, er schwärmt von Billigflügen nach Palermo, Griechenland und nach exotischen Orten, alles um vierzig Euro.

    In Huntto (Honto) befreite sich mein Bruder von Roland und wartete auf uns. Und nun geht es stetig aufwärts.

    Col Bentarte und Col de Lepoeder sind Gipfelpunkte, die sich unseren Füßen zu entziehen versuchen. Obwohl wir schon eine gute Strecke gegangen sind, scheinen dies Gipfel nicht näher zu kommen.

    Wir kommen an dem Rolandsbrunnen vorbei. Ein Moment zur Reflektion: Unweit von hier wurde die Nachhut des sich zurückziehenden Heeres von Karl dem Großen unter Führung eines anderen Rolands, des Ritters Roland, von einem baskischen Heer angegriffen. Bei diesem Rachezug – wegen der Zerstörung Pamplomas durch die Franken – starben Roland und elf seiner Ritter.

    Das später entstandene Rolandslied stellt die baskischen Angreifer als Mauren dar, Roland wird zum tapferen Helden erhoben und Karl der Große als Retter der Christenheit gefeiert.

    Schon in vorchrislicher Zeit ist der „Sternenweg bekannt. Der „chrisliche Jakobsweg beruht auf einer Legende, nach der Jakobus in Erfüllung des Missionsauftrages Jesu den christlichen Glauben in Spanien verkündet haben soll.

    Im Laufe der Zeit hat diese Legende immer mehr Gestalt und europäische Dimensionen angenommen. Seit dem zehnten Jahrhundert ist eine überregionale Bedeutung zu erkennen.

    Im Hochmittelalter ist Santiago de Compostela bereits ranggleich mit den Fernpilgerzentren Rom und Jerusalem. Jakobus wird als „Matamoros", der Maurentöter, zur spirituellen Symbolfigur der Reconquista.

    Die „Entdeckung" des Grabes und der aufkommende Jakobskult verschaffte dem erstarkenden asturischen Reich eine wirksame Identifikation und Legitimationshilfe. Wie so oft wird der Glaube zur Stärkung der politischen Macht benutzt.

    Schließlich haben wir es geschafft und kehren in Roncesvalles in „Posadas", unsere Bleibe für die Nacht, ein. Hier bemerke ich, daß mein Pilgerpaß fehlt.

    Nach einigem Nachdenken – man soll ja mit dem Kopf suchen – sehe ich den Paß auf der Theke der Panaderia in Saint-Jean-Piedde-Port-liegen. R.i.P. denke ich, es sollte nicht sein mit der Stempelei.

    Mein Bruder und meine Schwägerin überreden mich jedoch einen Ersatzpaß hier in Roncesvalles zu erhalten und begleiten mich in die Herberge, wo ich den zweiten Paß plus Stempel und Vermerk: „Credential de Saint Jean perdido" erhalte.

    Wir erleben eine Messe in der Kirche und leisten uns nach der langen Wanderung mit Überwindung von eintausenddreihundert Höhenmetern ein vorzügliches Abendessen.

    25.04.2008 - von Roncesvalles nach Zubiri

    Nun geht es abwärts. Unterwegs wird mein Bruder von einem Ehepaar aus Linz eingeholt und gefragt, woher er komme.

    Ich komme aus Uruguay, das liegt nicht in Afrika. Nein, nein, sagt der Ehemann, ich glaube in Südamerika. Er sagt, er sei für den Einkauf von Material für BMW in Linz zuständig und fragt ob Jos weiß, wofür BMW steht. Ja das weiß ich, mein kleiner Enkel hat mir das einmal erklärt, als er sehr von seiner Mutter, meiner Tochter, dressiert wurde, antwortete er: „Du bist eine BMW."

    Daraufhin erwiderte die Mutter, daß sie kein Auto sei. Nein, sagte der Kleine, „Du bist eine Böse Mama W......". Das ist mein ganzer Bezug zu BMW. Darüber lachte er amüsiert und meinte, er hätte schon viel gehört im Zusammenhang mit BMW, aber so etwas noch nicht. Unser Tagesziel Zubiri ist von Pilgern überlaufen. Bruder Claas, der vorausgeeilt ist, schafft es die letzten drei Betten in dem örtlichen Refugio zu erhalten und hat bereits für die Übernachtung bezahlt. Als wir sie belegen wollten, waren zwei der Betten schon wieder weg. Aus einer zufällig mitgehörten Unterhaltung entnehme ich, daß ein deutsches Pilgerpaar die Betten mit ihren Rucksäcken beschlagnahmt hatten. Sie unterhielten sich und die Frau sagte, daß es eigentlich nicht fair sei, auf diese Weise sich die Betten zu ergattern, aber in der Notlage sei es doch wohl gerechtfertigt.

    Ich stellte beide zur Rede und fragte beide, ob sie glauben, daß dieses Verhalten mit dem Geist des Pilgertums vereinbar sei. Sie waren sehr erstaunt direkt auf ihr Verhalten angesprochen zu werden und verließen mit demutsvollen Gesten die Herberge.

    In der Zwischenzeit hatte die Frau meines Bruders, der die Atmosphäre in der Herberge überhaupt nicht zusagte, sich um eine Unterkunft bemüht und war erstaunlicherweise fündig geworden.

    Sie hat zu ihrem Engel, der „Senora del Rosario de San Nicolas flehentlich Kontakt aufgenommen und die Senora hat ihr eine Frau in Zubiri über den Weg geschickt, die eine Eigentumswohnung in einem Hochhaus mit Küche und Bad und zwei Schlafzimmern uns zur Übernachtung überlasen hat. In dieses „Chalet sind wir dann eingezogen und haben unsere Betten in der Herberge erschöpften Nachzüglern übergeben, die sehr dankbar waren.

    Meine Schwägerin hatte mir von ihrem Engel vorher schon berichtet. Sie hatte in einem Malkurs für Keramik von der Lehrerin ein Medaillon erhalten, das die Nuestra Senora del Rosario de San Nicolas darstellte. Tags darauf ging sie mit ihrer Tochter am Strand spazieren und sah etwas auf dem Sand in der Sonne funkeln. Es war eine Kette mit einem Medaillon, das eben diese Senora darstellte. Sie hat die Kette bewahrt und seitdem hilft ihr die Senora in kritischen Situationen, zum Beispiel auch als sie bei einer Gratwanderung im Gebirge mit meinem Neffen beinahe den Mut verloren hätte.

    26.04.2008 - von Zubiri nach Pamplona

    Die Wohnung wurde „picobello hinterlassen. Meine Schwägerin hat sogar die Betten gemacht. Später Aufbruch, um neun Uhr dreißig über die mittelalterliche Brücke an der Magnesitfabrik vorbei, richtiger durch die „charga (offene Wunde) des

    Werksgeländes. Mein Bruder erklärt mir,

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