So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen: Quartalsergebnisse, Bilanzen & Co - und was der größte Investor aller Zeiten daraus macht
By David Clark and Mary Buffett
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Das Tao des Warren Buffett: Lassen Sie sich von den Weisheiten der Börsenlegende leiten Rating: 4 out of 5 stars4/5
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So liest Warren Buffett Unternehmenszahlen - David Clark
BUFFETT
1
Zwei wichtige Einsichten, die Warren zum reichsten Mann der Welt gemacht haben
Mitte der 1960er-Jahre fing Warren an, die Investmentstrategien von Benjamin Graham nachzuprüfen. Dabei hatte er zwei verblüffende Einsichten, was die Art von Unternehmen betrifft, die sich am besten als Investments eignen und die auf lange Sicht am meisten Geld einbringen. Als unmittelbare Folge dieser Einsichten veränderte er die auf Graham basierende Strategie des Value Investings, die er bis zu diesem Zeitpunkt angewendet hatte. Dadurch schuf er die großartigste Strategie der Vermögensanlage, die die Welt je gesehen hat.
Zweck dieses Buches ist es, die beiden Einsichten zu untersuchen, die Warren hatte:
Wie erkennt man ein außergewöhnliches Unternehmen mit einem dauerhaften Wettbewerbsvorteil?
Wie bewertet man ein Unternehmen mit einem dauerhaften Wettbewerbsvorteil?
Damit soll erklärt werden, wie diese einmalige Strategie funktioniert und wie Warren Geschäftsberichte nutzt, um seine Strategie in die Praxis umzusetzen – eine Praxis, die ihn zum reichsten Mann der Welt gemacht hat.
2
Welche Art von Unternehmen Warren steinreich macht
Um Warrens erste großartige Einsicht zu verstehen, müssen wir die Natur der Wall Street und ihrer wichtigsten Akteure verstehen. Zwar liefert die Wall Street viele Dienstleistungen für Unternehmen, aber in den letzten 200 Jahren hat sie auch als großes Kasino fungiert, in dem Glücksspieler in Gestalt von Spekulanten mit hohen Summen auf die Entwicklungsrichtung von Aktienkursen wetten.
In der Frühzeit sind einige dieser Spieler zu großem Wohlstand und Prominenz gekommen. Sie wurden zu schillernden Figuren, von denen die Menschen gern etwas in der Presse lasen. Big „Diamond" Jim Brady und Bernard Baruch gehörten zu denen, die als Meister-Anleger ihrer Zeit ins Licht der Öffentlichkeit gerieten.
In der heutigen Zeit haben institutionelle Investoren – Investmentfonds, Hedgefonds und Kapitalanlagegesellschaften – die großen Spekulanten der alten Zeit abgelöst. Diese institutionellen Anleger „verkaufen" sich dem Massenpublikum als äußerst geschickte Stockpicker und sie präsentieren ihre Jahresergebnisse als Werbe-Köder für eine kurzsichtige Öffentlichkeit, die unbedingt schnell reich werden will.
In der Regel sind Aktienspekulanten eine launische Sippschaft, die auf gute Nachrichten hin kauft und anlässlich schlechter Nachrichten wieder aussteigt. Wenn die Aktie die gewünschte Bewegung nicht innerhalb weniger Monate vollzieht, verkaufen sie sie und schauen sich nach einer anderen um.
Die erfolgreichsten Mitglieder dieser neuen Spielergeneration haben komplexe Computerprogramme entwickelt, welche die Geschwindigkeit messen, mit der ein Aktienkurs steigt oder fällt. Wenn die Aktien eines Unternehmens schnell genug steigen, kauft der Computer. Wenn der Aktienkurs schnell genug fällt, verkauft er. Dadurch werden Tausende von Aktien ständig gekauft und verkauft.
Für solche Computer-Investoren ist es nichts Ungewöhnliches, eine Aktie am einen Tag zu verkaufen und am nächsten wieder zu verkaufen. Hedgefondsmanager, die dieses System verwenden, können für ihre Kunden eine Menge Geld erwirtschaften. Die Sache hat aber einen Haken: Sie können auch eine Menge von dem Geld ihrer Kunden verlieren. Und wenn sie das tun, raffen sich die betroffenen Kunden (falls noch Geld übrig ist) auf, verlassen den Fonds und machen sich auf die Suche nach einem anderen Stockpicker, der Aktien für sie aussucht.
An der Wall Street wimmelt es von Geschichten über den Aufstieg und Fall von heißen und weniger heißen Stockpickern.
Dieses spekulative Kauf- und Verkaufsfieber herrscht schon seit sehr langer Zeit. Einer der größten Kaufräusche aller Zeiten – nämlich der in den 1920er-Jahren – schickte die Aktienkurse in die Stratosphäre. Doch dann kam 1929 der Crash und die Aktienkurse trudelten wieder abwärts.
Einem jungen, geschäftstüchtigen Analysten an der Wall Street namens Benjamin Graham fiel Anfang der 1930er-Jahre auf, dass sich die überwältigende Mehrzahl der draufgängerischen Stockpicker von der Wall Street überhaupt nicht um die langfristigen Geschäftsaussichten der Unternehmen kümmerten, die sie kauften und verkauften. Sie beschäftigten sich ausschließlich damit, ob die Aktienkurse auf kurze Sicht stiegen oder fielen.
Außerdem fiel Graham auf, dass diese eifrigen Stockpicker im Zuge ihres Spekulationsfiebers die Aktienkurse manchmal auf Höhen hinauftrieben, die im Verhältnis zur langfristigen geschäftlichen Lage der zugrunde liegenden Unternehmen einfach lächerlich waren. Zudem wurde ihm klar, dass dieselben Draufgänger manchmal Aktien auf irrwitzige Tiefs drückten, die die langfristigen Geschäftsaussichten der Unternehmen genauso ausblendeten. Und in diesen unsinnigen Tiefs sah Graham eine fantastische Gelegenheit, Geld zu verdienen.
Er überlegte sich Folgendes: Wenn er solche „überverkauften Unternehmen" zu Preisen kaufen würde, die unter ihrem langfristigen inneren Wert lagen, würde der Markt irgendwann seinen Fehler einsehen und ihre Bewertung nach oben korrigieren. Nach dieser Aufwertung könnte er sie mit Gewinn verkaufen. Das ist die Basis dessen, was wir heutzutage als Value Investing bezeichnen. Graham war der Vater des Value Investings.
Wir müssen uns allerdings klarmachen, dass sich Graham eigentlich nicht darum kümmerte, welche Art von Unternehmen er kaufte. In seiner Welt gab es für jedes Unternehmen einen Preis, zu dem es ein Schnäppchen war.
Als er in den 1930er-Jahren mit dem Value Investing anfing, konzentrierte er sich darauf, Unternehmen zu finden, die weniger als die Hälfte ihres Bargeldbestands kosteten. Er sprach davon, dass man „einen Dollar für 50 Cent kauft". Er hatte aber noch andere Maßstäbe, zum Beispiel, dass man niemals mehr als das Zehnfache des Gewinns eines Unternehmens bezahlen sollte und dass man eine Aktie verkaufen sollte, wenn sie um 50 Prozent gestiegen war. Wenn sie nach zwei Jahren nicht gestiegen war, verkaufte er sie auf jeden Fall. Seine Perspektive war also durchaus ein wenig langfristiger als die der Spekulanten von der Wall Street, aber tatsächlich interessierte es ihn kein bisschen, wo das Unternehmen in zehn Jahren stehen würde.
Warren lernte in den 1950er-Jahren an der Columbia University in New York von Graham das Value Investing, und kurz bevor Graham in den Ruhestand ging, arbeitete Warren in Grahams Firma an der Wall Street als Analyst. Dort arbeitete er mit dem berühmten Value-Anleger Walter Schloss zusammen und dieser schulte den jungen Warren in der Kunst, unterbewertete Aktien zu finden. Das tat er, indem er ihn die Geschäftsberichte von Tausenden von Unternehmen lesen ließ.
Nachdem sich Graham zur Ruhe gesetzt hatte, kehrte Buffett in seine Heimatstadt Omaha zurück. Dort hatte er Zeit, weit abseits von der wilden Meute der Wall Street über Grahams Methodologie nachzusinnen. In dieser Zeit fielen ihm an den Lehren seines Mentors ein paar Dinge auf, die er irritierend fand.
Das Erste war, dass nicht alle Unternehmen, die Graham als unterbewertet betrachtete, später höher neu bewertet wurden. Manche gingen sogar bankrott. Auf jede Fuhre Gewinner kamen auch einige Verlierer, und das schmälerte die Gesamtperformance beträchtlich. Dagegen versuchte sich Graham dadurch abzusichern, dass er ein breit diversifiziertes Portfolio verwaltete, das manchmal über hundert Unternehmen enthielt. Außerdem gehörte es zu Grahams Strategie, jede Aktie abzustoßen, die nicht innerhalb von zwei Jahren gestiegen war. Doch am Ende des Tages blieben viele seiner „unterbewerteten Aktien" weiterhin unterbewertet.
Warren stellte fest, dass einige der Unternehmen, die er und Graham gekauft und dann gemäß Grahams 50-Prozent-Regel verkauft hatten, danach Jahr um Jahr prosperierten. Er sah, dass die Aktienkurse solcher Unternehmen weit über den Preis hinaus stiegen, zu dem er und Graham sie abgestoßen hatten. Es war, als hätten sie Fahrkarten für eine Zugfahrt gekauft, wären aber lange vor dem Zielbahnhof ausgestiegen, weil sie gar nicht wussten, wohin der Zug fahren würde.
Warren kam zu dem Schluss, dass er die Performance seines Mentors übertreffen könnte, wenn er mehr über die Geschäftsdaten dieser „Superstars" erfahren würde. Also begann er, die Geschäftsberichte der Unternehmen unter dem Gesichtspunkt zu untersuchen, was sie zu derart fantastischen langfristigen Investments machte.
Dabei merkte er, dass all diesen „Superstars" irgendeine Art von Wettbewerbsvorteil zugute kam, der zu einer monopolähnlichen Situation führte, sodass sie entweder für ihre Produkte mehr Geld verlangen oder mehr Produkte verkaufen konnten. Dadurch verdienten sie viel, viel mehr Geld als ihre Konkurrenten.
Außerdem begriff Warren, dass der Wert eines Unternehmens, das seinen Wettbewerbsvorteil lange Zeit aufrechterhalten konnte – wenn er also „dauerhaft" war –, Jahr um Jahr weiter steigen würde. Falls der zugrunde liegende Wert eines Unternehmens anhaltend stieg, erschien es Warren sinnvoller, dieses Investment so lange wie möglich zu halten. Dadurch konnte er den Wettbewerbsvorteil des Unternehmens besser ausnutzen.
Darüber hinaus fiel Warren auf, dass die Wall Street – über Value-Anleger oder Spekulanten oder beide – zu einem zukünftigen Zeitpunkt erkennen würde, dass der zugrunde liegende Wert des Unternehmens gestiegen war, und daher den Aktienkurs in die Höhe treiben würde. Das war, als würde der dauerhafte Wettbewerbsvorteil die Investition in solche Unternehmen zur selbsterfüllenden Prophezeiung machen.
Aber Warren fand noch etwas heraus, das eine noch größere Finanzmagie verströmte: Da solchen Unternehmen derart unglaubliche wirtschaftliche Fakten in die Hände spielten, war die Wahrscheinlichkeit eines Bankrotts gleich null. Das heißt, je tiefer die Spekulanten von der Wall Street den Aktienkurs drückten, umso geringer war für ihn das Verlustrisiko, wenn er die betreffende Aktie kaufte. Außerdem bedeutete ein niedriger Aktienkurs ein größeres Gewinnpotenzial. Und je länger er solche Positionen halten würde, umso mehr Zeit würde er haben, um von der großartigen Geschäftssituation der Unternehmen zu profitieren. Diese Tatsache würde ihn immens reich machen, sobald der Aktienmarkt die anhaltend günstige Situation der