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Mein Mietnomade und ich: Eine wahre Geschichte
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Ebook130 pages1 hour

Mein Mietnomade und ich: Eine wahre Geschichte

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About this ebook

Seine Welt ist die Logik - Martin Beck ist Professor für Mathematik. Dann aber vermietet er seine Mainzer Wohnung an Jörg Kaiser und nichts ist mehr logisch. Dabei war ihm Kaiser zunächst sehr sympathisch: weil er intelligent ist und so schöne altmodische Redewendungen gebraucht. Dann aber zahlt Kaiser monatelang keine Miete. Und auch keinen Strom - er zahlt überhaupt nichts. Die rechtlichen Mittel sind schnell ausgeschöpft und der Mieter ist immer noch in der Beckschen Wohnung.

Wie Professor Dr. Martin Beck (d.i. der Autor, Professor Dr. Matthias Kreck) es schafft, seinen Mietnomaden mit Beharrlichkeit, Witz und - jawoll! - Logik aus seiner Wohnung zu bekommen. Wobei er auch vor unkonventionellen Methoden nicht zurückschreckt ...
LanguageDeutsch
Release dateNov 15, 2012
ISBN9783942291507
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    Book preview

    Mein Mietnomade und ich - Matthias Kreck

    Autor

    EIN GLÜCKLICHER ZUFALL

    Liebe auf den ersten Blick war es nicht, aber doch fast. Wir alle haben davon gehört, dass sich in Bruchteilen einer Sekunde Zuneigung oder Ablehnung entscheidet. Die meisten Ehen entstehen so. Allerdings enden viele in der Weise, dass die einmal voneinander so Begeisterten feststellen: Ich wusste es eigentlich schon immer, ich habe ihn/sie nie geliebt.

    Heute sind diese ersten Kontakte häufig Resultat einer Anzeige, die gute alte Zeitung hat dabei mehr und mehr ausgedient, stattdessen boomt die Börse Internet. Auch ich habe Jörg Kaiser auf Grund einer Internetanzeige kennengelernt:

    Innenstadtwohnung mit tollem Blick

    Es handelt sich um eine stadtnahe Eigentumswohnung mit 2 Zimmern (rund 59 qm). Die Wohnung ist in der 13. Etage eines hässlichen Hochhauses, deshalb würde ich nie gegenüber einziehen. Aber von innen ist die Wohnung sehr schön und man hat einen tollen Blick in drei Richtungen.

    Sie hat zwei große Zimmer (circa 24 qm und circa 20 qm), eine kleine Einbauküche und ein Bad mit Badewanne, das dem Geschmack der 70-er Jahre entspricht. Es stehen ein paar Möbel in der Wohnung (siehe Fotos), die man benutzen kann oder die von mir weggeräumt werden. Leider sind die Nebenkosten sehr hoch (wie häufig bei Hochhäusern), nämlich für 2010 sind laut Einzelwirtschaftsplan rund 166 Euro vorgesehen, ohne Heizung und Warmwasser. Die Heizkosten hängen stark vom Verbrauch ab. Bisher wohnte ein sehr wärmebedürftiges japanisches Paar in der Wohnung, da betrugen die Heizkosten rund 86 Euro.

    Ich lege großen Wert auf eine pflegliche Behandlung der Wohnung, da ich, wenn ich mal zu alt fürs Wohnen in einem Einfamilienhaus bin, selber einziehen möchte. Ich suche als Mieter ein Paar, das die Attraktion des Innenstadtwohnens zu schätzen weiß. Nur Nichtraucher.

    Ausstattung:

    Laminatböden in den Wohnräumen und im Flur, Raufasertapeten an den Wänden, Bad und Küche gekachelt, Teilmöblierung möglich.

    Lage:

    Innenstadt, 5 min zur Bahn, 5 min zum Dom, 10 min zum Rhein.

    Ich muss vorwegschicken, dass mir das Vermieten einer Wohnung (wie das Feilbieten überhaupt) unangenehm ist. Zum Glück ist mir das bis auf wenige Momente erspart geblieben, zum Beispiel, wenn ich mich kurz für meine Partnerin Laura auf einem Handwerkermarkt oder genauer Ostereiermarkt hinter den kunstvoll geschmückten Verkaufstisch setzen musste. Ohne Erfahrung mit dem Vermieten – das japanische Paar hatte ich über die Universität bekommen – war ich gespannt, ob und wie schnell eine Reaktion kommen würde.

    Ich musste nicht lange warten. Bereits kurz nach Einstellen der Anzeige meldete sich der erste Interessent:

    Thu, 4 Mar 2010 16:49:16

    Besichtigungstermin erwünscht. Ich interessiere mich für das Angebot. Bitte nehmen Sie Kontakt mit mir auf.

    J. Kaiser

    Und wenige Minuten später kam eine weitere Mail derselben Person:

    Thu, 4 Mar 2010 17:01:16

    Besichtigungstermin erwünscht. Schon immer wollte ich in einem stadtnahen Hochhaus wohnen! Ich würde mich freuen die Wohnung besichtigen zu dürfen.

    Herzlichen Dank

    Die mich insofern freute, als jemand die Vorzüge eines stadtnahen Hochhauses über die von mir mitgeteilte Hässlichkeit stellte und die Vorstellung attraktiv fand, darin zu wohnen, also meine eigene Vorstellung teilte. Für mich war dieses Interesse Grund genug, zu antworten und einige mir wichtige Fragen zu stellen:

    Thu, 04 Mar 2010 17:49:02

    Sehr geehrter Interessent,

    Vielen Dank für Ihre Mail. Ich würde mich freuen, wenn Sie mir etwas mehr Informationen geben würden. Können Sie mir bitte

    a) etwas über sich sagen,

    b) mitteilen, ob Sie allein oder als Paar einziehen wollen,

    c) und ob Sie die Wohnung von vorneherein für einen kürzeren Zeitraum oder länger suchen.

    Wir könnten gegebenenfalls bald einen Besichtigungstermin ausmachen.

    Mit freundlichen Grüßen

    Martin Beck

    Die Antwort befriedigte mich voll:

    Thu, 4 Mar 2010 18:07:36

    Sehr geehrter Herr Beck,

    danke für Ihre zügige Rückantwort auf meine heutige Anfrage. Selbstverständlich gebe ich Ihnen gerne Auskunft über meine Person sowie über mein Interesse an einer möglichen Anmietung Ihrer Wohnung.

    1. 41 Jahre alt – habe ich in Berlin Germanistik studiert und leite derzeit in ungekündigter Stellung die Marketingabteilung eines mittelständigen Unternehmens mit Sitz in Mainz/Wiesbaden und Mannheim. Mein Jahreseinkommen liegt bei über 70.000,00 Euro

    2. nach 12 jähriger Beziehung bin ich derzeit Single und würde somit die Wohnung alleine beziehen

    3. da ich für mindestens 5 weitere Jahre hier im Rhein-Main-Gebiet sein werde sollte die Möglichkeit von mindestens 5 Jahren der Anmietung bestehen!

    Ich könnte mir vorstellen, das meine Möbel in Ihrer Wohnung super hineinpassen würden - und ich mich dort in der 13. Etage sehr wohl fühlen könnte. Auch die gute Anbindung an die Innenstadt machen die Lage für mich Ideal.

    Gerne würde ich die Wohnung einmal sehen!

    Schöne Grüße – und bis bald

    J.Kaiser

    Hier spricht ein solventer und vertrauenerweckender Zeitgenosse, jemand, der Schicksalsschläge kennt, der Kontinuität verspricht. Was will ich als Vermieter mehr, dem das Ganze einfach nur lästig ist. Gut, es gibt den einen oder anderen Rechtschreibfehler, aber: Nobody is perfect. Auch Germanisten anscheinend nicht.

    Nun wird sich der Leser vielleicht fragen, warum ich mir überhaupt eine Wohnung zugelegt habe. Ist es die Hoffnung, das Gehalt ein wenig aufzubessern? Davon kann überhaupt keine Rede sein, denn die Finanzierung der Wohnung erfolgt vollständig über eine Bank, was bedeutet, dass für viele Jahre an Gewinn gar nicht zu denken ist. Klar, die Kinder würden irgendwann mal davon profitieren, aber angesichts deren Aussicht, selber mal gut zu verdienen, ein unnötiges Unterfangen. Der Grund ist ein ganz anderer. Die Wohnung soll unser Alterssitz werden. Mit Aufzug barrierefrei zu erreichen und nahe bei der Stadt. Dabei relativ ruhig gelegen und mit spektakulären Ausblicken in drei Richtungen: auf den Rheingau, dann über die Stadt mit den zahlreichen Kirchen zur Rheinbrücke. Und schließlich auf der dritten Seite, fast wie auf einer Postkarte, die Aussicht zum Dom und zur Stephanskirche mit den berühmten Chagallfenstern. Als ich die Wohnung angeboten bekam, habe ich mir vorgestellt, wie Laura und ich mit dem Aufzug aus der 13. Etage hinunterschweben und in Kürze die schönsten Plätze und Straßen in Mainz erreichen würden, schnell am Rhein wären, abends neben unserem eigenen zwischen zehn weiteren Wohnzimmern, sprich: Restaurants und Gaststätten, wählen könnten, wo uns leckeres Essen oder ein gutes Glas Wein serviert wird.

    Und sollte das einen gebildeten und seriösen Mieter nicht auch verlocken? Mit solchen Gedanken trug ich mich, als ich zur Verabredung mit Herrn Kaiser zum Hochhaus eilte. Würde er pünktlich sein, würde ich ihn gleich erkennen? Völlig grundlose Sorgen. Jörg Kaiser stand, mit einer schwarzen Umhängetasche, bereits vor der Haustür und die Art, wie er sich umsah, machte mir sofort klar: das ist er. Er war klein, fast gedrungen, das saubere T-Shirt spannte über einem nicht unbeträchtlichen Bauch, das freundliche Gesicht in einem etwas grobschlächtigen Kopf war sympathisch, die dunklen großen Augen vermittelten einen Anflug von Trauer und Weltschmerz. Unwillkürlich kam Mitleid auf, Erinnerung an eigene Trennungsschmerzen. Zwölf Jahre sind ja auch eine lange Zeit.

    Er kam auf mich zu und erkundigte sich höflich, ob ich Herr Beck sei und stellte sich als Jörg Kaiser vor. Die Stimme war klar und fest. Wir fuhren plaudernd mit dem Aufzug hoch, ich schloss die Tür auf und sagte: „Lassen Sie sich Zeit, Herr Kaiser, schauen Sie sich in Ruhe um. Schließlich wollen wir beide, dass Sie die Wohnung nur nehmen, wenn Sie sich hier richtig wohlfühlen werden." Er nahm sich die Zeit, äußerte dabei spontane Begeisterung über den Ausblick. Er kommentierte laut den Blick aus dem Wohnzimmer auf die grünen Hügel des Rheingaus und die dahinter etwas verschwommen aufragenden Berge des Taunus. Dann im Schlafzimmer den Blick auf die beiden großen Mainzer Kirchen. Er äußerte seine Befriedigung über die erstaunliche Ruhe im Schlafzimmer, obwohl man so nahe bei der Stadt sei. Und schließlich der Blick aus der Küche direkt auf die Stadt mit der Kuppel der Christuskirche und der Theodor-Heuss-Brücke in der Ferne, wo man einen kleinen Blick auf den ruhigen und in Mainz besonders breiten Rheinstrom erhaschen kann. Aber auch die Wohnung selbst hatte es Herrn Kaiser angetan. Er äußerte sich sehr befriedigt über die Helligkeit in beiden Zimmern mit einer über die ganze Wand gehenden Fensterfront. Der Schnitt der beiden Räume gefiel ihm gut, besonders im Schlafzimmer die etwas abgetrennte Ecke, wo er sein Bett hinstellen wollte. Ja, er begann bereits im Geiste die Wohnung einzurichten und meinte, seine schönen Möbel würden da sehr gut hinpassen. Die kleine Küche störte ihn nicht; er bekannte, nur wenig und einfach zu kochen – ganz so, wie ich es selber halte.

    Er ging noch mal zum Wohnzimmerfenster, schaute versonnen hinaus: „Da kommen mir viele Erinnerungen, ich kann ja von Ferne sogar das Elternhaus in Wiesbaden ahnen." Wir sprachen dann über die Vorteile des stadtnahen Wohnens, von den vielen schönen Lokalen, die man leicht erreichen

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