Autismus und Arbeit: Inklusion
By Kyra Müller
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Von den 273 Teilnehmenden, welche die Online-Befragung komplett beendet haben, sind 241 im autistischen Spektrum. Sie geben einen sehr guten Überblick zur aktuellen Situation und den Unterstützungswünschen der Personen. Dies sind Ansatzpunkte, damit Menschen im Autismus-Spektrum ihre Fähigkeiten einsetzen können, um damit ihren Lebensweg in einem größeren Maße als bisher eigenverantwortlich zu gehen. Die Gesellschaft und die Arbeitswelt werden davon profitieren.
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Autismus und Arbeit - Kyra Müller
Diagramme
Einleitung
Das Thema der Arbeitsplatzinklusion von Personen im Autismus-Spektrum beschäftigt die Autorin bereits seit Jahren. Während ihres Europäischen Freiwilligendienstes in der Slowakei hatte sie die Möglichkeit, mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen im autistischen Spektrum zusammen zu arbeiten. Besonders bei den älteren Teilnehmenden des Projektes war es für sie erschreckend festzustellen, wie beschränkt ihre Zukunftsaussichten, besonders in Bezug auf ein erfüllendes Berufsleben, sind. Dass Personen, die zum Beispiel bereits mit 14 Jahren fließend drei Sprachen sprechen, kaum eine Chance haben, dieses Potenzial für ihr späteres Leben zu nutzen, empfand und empfindet sie immer noch als große Verschwendung, sowohl für Betroffene als auch für Arbeitgeber.
Auch ihre Erfahrungen in Deutschland spiegelten diese Erlebnisse wieder, so dass der Bereich der Arbeitsplatzinklusion eines ihrer späteren Berufsziele geworden ist.
Diese Arbeit wird sich zunächst damit befassen, warum die Inklusion von Personen mit Behinderungen, insbesondere die im Autismus-Spektrum, so wichtig für den heutigen Arbeitsmarkt ist. Anschließend soll ein Überblick über die Symptome und verschiedene Ausprägungen des Autismus-Spektrums gegeben werden. Besonders steht dabei im Vordergrund, welche speziellen Fähigkeiten Personen im Autismus-Spektrum, auch insbesondere für das Berufsleben, mitbringen.
Die aktuelle Gesetzeslage bezüglich der Rechte von Personen mit Behinderung wird ebenfalls behandelt, da sie die Grundlage für viele Fördermaßnahmen und Entscheidungen in Deutschland bildet.
Daraus entsteht das nächste Kapitel, welches sich mit den Möglichkeiten der vom Staat geförderten Inklusionsmaßnahmen befasst. Dies überspannt Werkstätten für Menschen mit Behinderung bis hin zu den Berufsbildungswerken, die eine Berufs-ausbildung für den ersten Arbeitsmarkt anstreben.
Im Anschluss daran werden einige Praxisfälle für Arbeitsplätze für Menschen im Autismus-Spektrum beleuchtet, sowohl international als auch national. Besonderer Blick wird hier auf Arbeit in den USA und in Dänemark gelegt, da diese als besonders fortschrittlich in diesem Bereich gelten. Auch die Betrachtung einiger Organisationen in Deutschland und in Großbritannien erfolgt in diesem Kapitel.
Um sich ein eigenes Bild von der Arbeitsplatzsituation von Menschen im autistischen Spektrum in Deutschland zu machen, führte die Autorin außerdem eine Online-Befragung durch. Dessen Ergebnisse werden zusammengefasst und ausgewertet.
Abschließend wird die Autorin ihre eigene Handlungsempfehlung zur Arbeitssituation von Menschen im autistischen Spektrum geben.
1. Inklusion
Das Thema Arbeitsplatzsituation von Menschen im Autismus-Spektrum ist Teil des großen Bereichs Inklusion im Berufsleben, welches im Folgenden kurz umrissen wird.
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes lebten in Deutschland im Jahr 2011 7,3 Millionen Menschen, 8,9% der Bevölkerung, mit einer anerkannten Schwerbehinderung.¹ 2013 waren es schon 9,4%, also ca. 7,5 Millionen Menschen.² Das Thema der Inklusion wird also in Deutschland immer relevanter.
Horst Biermann definiert Inklusion als „das über Integration hinausgehende Konzept von Verschiedenheit und Vielfalt, das alle Lebensbereiche einschließt und als kontinuierlicher gesellschaft-licher Prozess verläuft"³. Es geht also um die Einbeziehung aller Menschen, wie verschieden sie auch sind, in die Gesellschaft.
In Bezug auf das Berufsleben ist dies auch als Akzeptanz und Anerkennung von den Fähigkeiten aller Menschen durchzusetzen, wie zum Beispiel Menschen aus dem Autismus-Spektrum.
Von den Gesetzgebern wird die Inklusion in Deutschland durch die Sozialgesetzgebung, aber auch die UN Behindertenrechts-konvention, vorangetrieben, die mittlerweile von 154 Staaten ratifiziert wurde.⁴ Auf die Einzelheiten wird im Kapitel „Gesetzeslage" eingegangen.
Die Träger der Inklusion und Rehabilitation in Deutschland sind die Bundesagentur für Arbeit, die deutsche Rentenversicherung und die Unfallversicherung/Berufsgenossenschaft.
Die Bundesagentur für Arbeit nimmt diese Aufgabe aufgrund der Zuweisung des III. SGB vor, bevor dies in Kraft trat, war auch schon die Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosen-versicherung für diese Aufgabe zuständig. Die Bundesagentur für Arbeit finanziert unter anderem berufsvorbereitende Bildungs-maßnahmen, ausbildungsbegleitende Hilfen, Eignungsfest-stellungen, Eingliederungszuschüsse und Lohnkostenzuschüsse. Die Gelder für diese Maßnahmen stammen aus der Arbeitslosen-versicherung. In 2011 wurden ca. 5% der Gelder für diese Maßnahmen verwendet. ⁵
Die deutsche Rentenversicherung ist unter anderem für technische Hilfen, Arbeitsassistenzen, Leistungen für Werkstätten für Menschen mit Behinderung, Umschulungen in Berufsbildungs-werken und Übergangsgelder zuständig.
Die Unfallversicherung ist nicht relevant für die Arbeitsplatzsituation von Menschen im Autismus-Spektrum, zumindest nicht, was ihre Ansprüche aus der Zugehörigkeit zum Autismus-Spektrum betrifft.
Des Weiteren gibt es einige Interessenverbände, die sich für Inklusion in Deutschland einsetzen.
Der Sozialverband VdK (Verband der Kriegsopfer, Kriegshinter-bliebenen und Sozialrentner) ist der mitgliedsstärkste Sozialverband Deutschlands und setzt sich auch für die Rechte von Menschen mit Behinderung ein.
Ebenso wie der Sozialverband Deutschland SoVD bietet er Rechtsberatung an und setzt sich gegenüber der Politik für soziale Gerechtigkeit und Gleichstellung ein.
Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation vertritt die Interessen der oben aufgezählten Kostenträger ebenso wie die von anderen Interessengruppen, wie zum Beispiel die der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen.⁶ Sie „gewährleistet bei enger Kooperation und Koordination der beteiligten Leistungsträger mit einem interdisziplinären Ansatz im Zusammenspiel mit Fachdisziplinen, Berufsgruppen und Betroffenen eine lückenlose und zielgenaue Rehabilitation".⁷
Die deutsche Vereinigung für Rehabilitation, setzt sich unter anderem dafür ein, dass sich Menschen mit Behinderung als Experten in eigener Sache in Arbeitsgruppen austauschen können und die Ergebnisse an die Öffentlichkeit zu tragen. Der Ansatz der „Experten in eigener Sache" wird von Personen im Autismus-Spektrum selbst als sehr wichtig angesehen.
Welche expliziten Maßnahmen zur Förderung der Inklusion in die Arbeitswelt für Menschen im Autismus-Spektrum angeboten werden und wie effektiv die Inklusion funktioniert, wird in den folgenden Kapiteln näher erläutert. Zunächst wird das Autismus-Spektrum beschrieben.
2. Das Autismus-Spektrum
Die Definition von Autismus ist in den letzten Jahren stark im Wandel. Die Definitionen im ICD 10, einem deutschsprachigen Nachschlagewerk für Mediziner, unterscheiden noch starr zwischen verschiedenen Formen des Autismus⁸. Aktuell setzt sich in Forschung und Veröffentlichungen immer mehr die Definition eines Autismus-Spektrums durch, welches im englischsprachigen Raum, definiert im DSM 5, bereits Standard ist. Beide Definitionen werden im Folgenden gegeneinander vorgestellt. Die Autismus-Spektrum Definition wird jedoch im weiteren