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Chile mit Osterinsel – Reiseführer von Iwanowski: Individualreiseführer mit vielen Detail-Karten und Karten-Download
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About this ebook

Chile ist in vieler Hinsicht ein Land für Individualisten und Naturliebhaber. Wer an den einsamen patagonischen Seen Fliegenfischen möchte kommt genauso auf seine Kosten wie der Geschichtsbegeisterte, der durch die verlassenen Minen in der Atacama-Wüste streift oder die riesigen Rinderfarmen der patagonischen Pampa erkundet. Ein Höhepunkt jeder Chile-Reise ist die Osterinsel. Das Iwanowski Reisehandbuch hilft bei der Planung einer individuellen Chile-Reise und vermittelt eine Vorstellung davon, was den Reisenden vor Ort erwartet und was er vorab bedenken sollte. Unterwegs führt es zu den schönsten Winkeln des Landes und gibt Tipps für die richtigen Unterkünfte. Erstmals können alle Detailkarten per QR-Code auf das eigene Smartphone oder den Tablet-PC geladen werden. Die beste Reisezeit ist von Oktober bis April.
• Grundlegend neu recherchiert, mit vielen Insider-Infos und moderner Kartographie
LanguageDeutsch
Release dateMar 18, 2016
ISBN9783864571510
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    Chile mit Osterinsel – Reiseführer von Iwanowski - Maike Stünkel

    Ein Blick in die Geschichte

    Früh- und präkolumbische Zeit

    Die Besiedlung Amerikas hat wahrscheinlich etwa 30.000 Jahre v. Chr. begonnen, als Menschen aus Asien über die Beringstraße in den neuen Kontinent vordrangen. Archäologische Funde belegen, dass es noch 20.000 Jahre dauern sollte, bis sie die Südspitze des Kontinents, die Insel Feuerland, erreichten. Das Gebiet des heutigen Chile wurde wohl um 13000 v. Chr. von den ersten Menschen erreicht, die sich zunächst die Oasen der Atacama-Wüste für ihre Ansiedlungen aussuchten und im Laufe der Zeit, wohl auch getrieben durch nachrückende Völkerschaften, immer weiter nach Süden vordrangen.

    Die Bewohner der Wüste und des Hochlands

    Die Atacama-Wüste wurde von erstaunlich vielen kleinen Völkern bewohnt, die nebeneinander lebten und in regem Kontakt standen. Einige wenige ihrer Nachfahren leben noch in der Region, doch die meisten Kulturen wurden vernichtet oder vermischten sich mit den europäischen Einwanderern.

    Die Chinchorro-Kultur hinterließ in der Atacama-Wüste einzigartige Zeugnisse ihrer Lebensweise. Die Toten wurden mit Asche, Lehm und Sand so einbalsamiert, dass sie sich teilweise bis heute erhalten haben und als die ältesten Mumien der Welt gelten. Messungen mittels der Radiokarbonmethode ergaben ein Alter zwischen 7.000 und 8.000 Jahren.

    In den nördlichen Teilen der chilenischen Anden leben bis heute die Aymara, ein Volk, das es schon vor den Inkas gab und das sein wichtigstes Heiligtum in Tiwanaku am Lago Titicaca in Bolivien hat. Die Aymara nennen sich selbst „Kinder der Sonne" und begreifen die Natur als Teil ihrer Familie. Sie leben traditionell von ihren Lama- und Alpaka-Herden, außerdem bauen sie Coca an.

    Die Changos, die in der Gegend von Arica bis Huasco lebten, waren Küstennomaden. Sie wanderten von einer Süßwasserquelle zur anderen und konnten sich in ihren Kanus aus Seelöwenhaut hervorragend an der Küste entlang bewegen. Ihre Hauptnahrung waren Fische. Um Fisch gegen andere Waren tauschen zu können, trockneten sie ihn und brachten ihn in die Dörfer des Hochlandes, wo sie Quinoa-Mehl und Coca dafür bekamen. Die wichtigsten Chango-Siedlungen waren Taltal, Paposo und Tocopilla.

    Die Atacameños sind vor ca. 11.000 Jahren wahrscheinlich aus dem Altiplano in das Gebiet um das heutige San Pedro de Atacama eingewandert. Ursprünglich lebten sie als Jäger in Höhlen, bis sie in den Oasen sesshaft wurden und begannen, Ackerbau und Viehzucht zu betreiben. Sie waren es wohl, die in diesem Gebiet Lamas und Alpakas domestizierten. Auch die Atacameños standen in regem Austausch mit ihren Nachbarvölkern, wie die Muster auf ihren Keramiken belegen. Es gab ein Netz von Handelswegen, die von der argentinischen Sierra bis zur Pazifikküste in Chile führten. Heute leben laut einem Zensus von 2002 rund 20.000 Nachkommen der Atacameños in Chile.

    Das Aymara-Dorf Cosapilla am Rande des Parque Nacional Lauca

    Noch weiter südlich, in der Gegend um La Serena, lebten die Völker der Molle-Kultur (benannt nach einem kleinen Dorf im Valle de Elqui, ca. 300 v. Chr. bis 800 n. Chr.) und die Diaguita, die ca. 1.000 v. Chr. aus Nordargentinien kamen. Beide lebten von der Landwirtschaft, kannten sich in der Technik der Kupferverarbeitung aus und stellten Keramikarbeiten her. Die Keramiken der Diaguita zählen zu den kunstvollsten in ganz Südamerika. Die reichhaltigste Sammlung hat das archäologische Museum in La Serena.

    Die Bewohner der Seenregion

    Etwa im 12. und 13. Jh. n. Chr. kamen Araukaner (Mapuche, Tehuelche und andere Völker) aus der ostpatagonischen Steppe nach Chile und siedeln sich in der Seenregion an.

    Die Mapuche

    Das Volk der Mapuche ist das einzige, das in der heutigen Gesellschaft Chiles eine politische Rolle spielt. Es kam aus Argentinien nach Chile und besiedelte ein Gebiet, das heute zur 9. und 10. Region gehört. Die Mapuche lebten nicht ausschließlich als Jäger und Sammler, wie die Völker ganz im Süden des Landes. Sie betrieben auch Ackerbau, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Sie hatten ein ausgeklügeltes System von verschiedenen Pflanzen, die zusammen oder in einer bestimmten Fruchtfolge angebaut wurden, sich gegenseitig ergänzten und einen ausgewogenen Speiseplan garantierten. Angebaut wurden u. a. Kartoffeln, verschiedene Arten von Bohnen, Mais, Kürbisse, Paprika und einige alte Kulturpflanzen wie Quinoa. Ein weiteres Standbein war die Viehzucht.

    info

    Der Kampf der Mapuche um ihr Land

    Auch wenn die Mapuche den europäischen Eroberern erbitterten Widerstand leisteten und sich niemals geschlagen gaben, konnten sie nicht verhindern, dass sie im 19. Jh. von ihrem Land vertrieben wurden, das überwiegend an europäische Siedler verteilt wurde (s. auch S. 27). Bis zum Ende der Diktatur Pinochets verringerte sich ihr Landbesitz immer mehr. Von den einstigen etwa 100.000 km² besitzen sie heute nur noch etwa 5.000. Laut einer Volkszählung von 2012 gehören dem Volk der Mapuche heute etwa 1,5 Millionen Menschen an, von denen die meisten – viele aus wirtschaftlicher Not – im Großraum Santiago leben. Geschätzte 600.000 leben in ihrem angestammten Gebiet La Araucanía, ca. 600 km südlich der chilenischen Hauptstadt.

    Erst nach dem Tod Pinochets rückte die indigene Minderheit wieder in den Fokus der Politik und Menschenrechtler. Zentraler Punkt des Mapuche-Konflikts ist die Landfrage. Seit über zwei Jahrzehnten kämpfen die Mapuche um die Rückgabe des Landes ihrer Vorfahren, das heute dem Staat, Privatleuten und Unternehmen (v. a. riesigen Holzwirtschaftsbetrieben) gehört. Verschiedene Regierungen nach der Diktatur erkannten die Schuld des chilenischen Staates an und gaben den Mapuche zumindest einen kleinen Teil ihres Landes wieder zurück. Zuletzt versuchte die Regierung Piñera (2010–2014) im Rahmen des Entwicklungsplans Plan Araucanía, die wirtschaftlich unterentwickelte Region, die das Hauptsiedlungsgebiet der Mapuche darstellt, mit mehreren Mrd. US$ zu fördern und die Armut zu verringern.

    Mitte 2010 gingen über 30 inhaftierte Mapuche in einen 82-tägigen Hungerstreik. Sie protestierten gegen ungerechte Behandlung durch die Gerichte: Bei Prozessen gegen die Mapuche wurden oft die Antiterrorgesetze oder die Militärstrafgerichtsbarkeit aus der Pinochet-Ära angewandt. Die Regierung gestand Versäumnisse ein und Ende 2010 wurden die Gesetze geändert. Der Streit um das Land aber ist damit nicht beendet. Auch der Bau und die Planung von Stauseen im Süden Chiles sowie von Windkraftanlagen sorgte für heftige Proteste.

    Zeichnung eines Mapuche- Häuptlings von ca. 1850

    Auch aktuell besetzen Mapuche-Familien Land, das sie als das ihrige ansehen. Immer wieder kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei im Süden Chiles. Mitte 2015 kündigte Präsidentin Bachelet die Schaffung eines Ministeriums für indigene Fragen an (Ministerio de Asuntos Indígenas), das sich diesen Themen widmen soll. Zudem sollen die staatlichen Mittel, aus denen der Rückkauf von Mapuche-Land finanziert werden soll, deutlich erhöht werden. Bachelet betonte auch die historische Schuld, die Chile gegenüber den Mapuche habe. Es bleibt abzuwarten, in welcher Form der Staat den Wünschen der Mapuche entsprechen kann, ohne geltendes Recht zu verletzen.

    Die Pehuenche sind ein Teil des Volks der Mapuche. Sie leben in den Anden, etwa 100 km von der Stadt Temuco entfernt. Ihr Name setzt sich aus den Wörtern pehuén (Tanne) und che (Leute) zusammen. Seit der Einwanderung der Europäer haben die Pehuenche mit zahlreichen Widerständen zu kämpfen; unter Pinochet wurden sie gezwungen, sich aus ihren traditionellen Wohngruppen zu lösen, ihr Land wurde privatisiert. Ihr Siedlungsgebiet war außerdem schon immer bedroht durch die großen Holzfirmen, die es auf die reichen Holzvorräte ihrer Wälder abgesehen hatten.

    Die Bewohner Feuerlands

    Seit der Ankunft der Europäer Mitte des 19. Jh. wurden die Ureinwohner Feuerlands erbarmungslos aus ihren Jagdgründen vertrieben. Einige von ihnen wurden einfach auf die Nachbarinsel Dawson umgesiedelt. Hier erwarteten sie die Mönche des Salesianer-Ordens, die versuchten, sie zum Christentum zu bekehren. Die Salesianer-Mönche waren wohl die Europäer, die sich der indigenen Bevölkerung am wohlwollendsten näherten. Aber auch sie konnten den Untergang der Ona und Haush nicht aufhalten. Sie starben an eingeschleppten Krankheiten oder wurden durch die ungewohnte Sesshaftigkeit lethargisch und träge. Anfang des 20. Jh. war die Zahl der Ureinwohner Feuerlands schon auf unter 300 geschrumpft und heute lebt kein Nachfahre dieser Menschen mehr.

    Die Haush

    Die Haush (oder mánekenk) waren die eigentlichen Ureinwohner Feuerlands. Ursprünglich waren sie auf der ganzen Insel zu Hause, bevor sie von den nachrückenden Ona in den Süden abgedrängt wurden. Sie zogen in kleinen Familiengruppen durchs Land und trafen sich nur zu Festen. Ihr Leben war völlig auf ihr wichtigstes Beutetier, das Guanako, ausgerichtet. Es gab ihnen Nahrung und Kleidung, aus seinen Knochen fertigten sie ihre Werkzeuge. Sie mussten ihren Beutetieren ständig hinterherziehen. Mitnehmen konnten sie nur, was sich auf dem Rücken tragen ließ. Ihre Behausungen waren daher denkbar einfach: Über Äste und Zweige, die sich überall finden ließen, wurden als Windschutz Guanakofelle gehängt.

    Die Ona

    Die Ona waren den Haush sehr ähnlich, die sie teilweise aus ihren angestammten Siedlungsgebieten vertrieben hatten. Sie selbst nannten sich Selknam. Die Ona besiedelten den östlichen Teil der Tierra del Fuego. Tag für Tag zogen sie als Jäger und Sammler auf der Suche nach Nahrung durch die Wälder und Sümpfe, meist bei feuchtkaltem Wetter, Schnee, Regen oder Sturm.

    Das einzige Kleidungsstück der Ona war das Fell der Guanakos, das sie tagsüber als Umhang trugen, das ihnen nachts als Bett diente und aus dem sie auch ihren Windschutz bauten. Außerdem versuchten sie, sich gegen die Kälte zu schützen, indem sie sich am ganzen Körper mit Tierfett einrieben. Auf die ersten Europäer, die mit den Ona in Berührung kamen (z. B. auch auf Charles Darwin), machten diese Menschen einen überwältigenden Eindruck: Sie waren den Schilderungen nach nicht nur von stattlicher Statur, sondern strömten auch einen wahrhaft atemberaubenden Geruch aus.

    Die Yámanas

    Die Yámanas lebten wie die Ona als Nomaden, ihr Revier waren aber nicht die Gipfel und Wälder des Festlands, sondern die Gewässer und Fjorde um Kap Hoorn. Sie bauten Kanus aus der Rinde einer der Buchenarten, die im Süden Patagoniens wachsen. Das Gerüst bestand aus biegsamen Zweigen, die Fugen wurden mit Moos und Algen abgedichtet. Diese Kanus waren sehr elastisch und konnten sich den Wasserbewegungen gut anpassen. In ihnen transportierten die Yámanas ihre gesamte Habe, auch das Feuer wurde in einer kleinen Mulde aus Kies von einem Rastplatz zum anderen mitgenommen.

    Am Ende der Welt: der Nationalpark Tierra del Fuego (Argentinien)

    Die Alakalufen

    Während die Yámanas den südlichsten Zipfel des amerikanischen Kontinents besetzt hatten, siedelten die Alakalufen weiter nördlich entlang der Küste Patagoniens. Ursprünglich reichte ihr Siedlungsgebiet bis in die Gegend der Stadt Puerto Montt. Bzgl. ihres Äußeren und auch ihres Lebensstils hatten sie viel mit ihren südlichen Nachbarn gemeinsam. Auch sie lebten als Nomaden, aber ihre Behausungen waren etwas komfortabler als die der Ona und Yámanas: Sie bauten sich Zelte, die aus einem einfachen Gerüst aus biegsamen Ästen und den Fellen von Guanakos oder Seehunden bestanden. Sie waren einfach aufzustellen, die Gerüste wurden oft nicht mitgeschleppt, sondern an jedem neuen Lagerplatz wieder aus dem überall im Überfluss wachsenden Holz gebaut.

    Die Zeit der Inka-Herrschaft

    Die Inka, die große Hochkultur Südamerikas, hatten in Cuzco, einige tausend Kilometer vom Zentrum des heutigen Chile entfernt, ihre Hauptstadt. Von dort aus regierten die Sonnenkönige in absoluter und zentralistischer Manier ihr Riesenreich. Die Inkas kamen erst Mitte des 15. Jh. nach Chile, als sich ihre Herrschaftszeit in Südamerika schon dem Ende zuneigte. Sie eroberten von Peru aus den nördlichen Teil des Landes, sehr viel weiter südlich als bis zum heutigen Santiago gelangten sie aber nie. Der Río Maule im Land der Mapuche war nach heutigen Erkenntnissen die südliche Grenze ihres Herrschaftsgebiets in Chile.

    Die Inka-Herrschaft in Chile dauerte nur 80 Jahre, bis die Spanier kamen und sie vertrieben. Dennoch hat der Einfluss der Herrscher aus dem Norden viele Spuren in der Kultur der Indios der Atacama hinterlassen. Die berühmte Keramik der Diaguita-Indianer veränderte sich nach dem Einfall der Inkas deutlich, Bilder aus ihrem Formenschatz vermischten sich mit den traditionellen Bildern der Diaguita.

    Ankunft der Spanier

    Für Südamerika wurde nach der Entdeckung durch Christoph Kolumbus im Oktober 1492 durch den Vertrag von Tordesillas (1494) festgelegt, dass alle neu entdeckten Gebiete entweder Spanien oder Portugal zufallen sollten, andere Nationen spielten zu diesem Zeitpunkt kaum eine Rolle.

    Chile war für die Spanier zunächst uninteressant, viel mehr waren sie an Peru interessiert. Die Eroberung Perus begann 1532 durch die Konquistadoren Francisco Pizzaro und Diego de Almagro. Nach der Ermordung des Inka-Herrschers Atahuapa und dem Bekanntwerden der reichen Goldvorräte wimmelte es in Peru bald vor Abenteurern, die sich Pizzaro anschlossen. Doch es gelang weder Pizzaro noch de Almagro, das Gebiet des heutigen Chile zu unterwerfen. Als Eroberer Chiles gilt Pedro de Valdivia, nach dem die Hafenstadt an der Küste der Seenregion benannt ist.

    Die heutige Catedral Metropolitana de Santiago an der Plaza de Armas

    info

    Fernando de Magallanes

    Sowohl Kolumbus als auch später Vespucci waren davon überzeugt gewesen, dass es eine Möglichkeit geben müsse, Asien auf dem Wasserweg von Westen her zu erreichen. Der Beweis wurde erbracht von dem portugiesischen Seefahrer Fernando de Magellan, der nach langer Suche am 21. Oktober 1520 eine Meeresstraße am Südende des amerikanischen Kontinents entdeckte: die Magellanstraße (span. Estrecho de Magallanes). Damit gilt er als erster Weltumsegler, auch wenn er nicht mehr nach Spanien zurückkehrte, sondern auf den Philippinen starb.

    Die Urbevölkerung Patagoniens beeindruckte Magellan und seine Mannschaft. Die Menschen, die sie zu sehen bekamen, waren von enormer Körpergröße und hinterließen riesige Fußspuren, was wohl dem Umstand zuzuschreiben war, dass sie ihre Füße mit Guanakofellen umwickelten. Nach ihren Füßen nannte Magellan sie Großfüßler (Patagonier), und so erhielt das Gebiet seinen Namen.

    Zu ihrer Linken sahen die Seefahrer bei der Durchfahrt durch die Magellanstraße eine große Insel liegen, auf der nachts geheimnisvolle Feuer leuchteten. Die Menschen, die hier lebten, bekamen Magellan und seine Mannschaft nie zu Gesicht, aber nach dem Eindruck, den der nächtliche Feuerschein hinterlassen hatte, nannten sie die Insel Feuerland (Tierra del Fuego).

    38 Tage nach der Einfahrt in die Passage erreichten die Schiffe wieder offenes Wasser. Durch einen Zufall wurde die Flotte von schönstem Wetter und einer ruhigen See empfangen. Nach diesem ersten Eindruck nannte Magellan den vor ihm liegenden Ozean „friedliches Meer", und obwohl schnell klar wurde, dass die Schiffe in eines der stürmischsten Küstengewässer der Erde eingefahren waren, spricht man immer noch vom Pazifischen Ozean.

    Der praktische Wert der Entdeckung der Magellanstraße blieb immer gering: Sie lag fast am Ende des Kontinents, war zudem schwer zu befahren und wurde dadurch nur selten genutzt. Man hatte sich von ihr einen Effekt erhofft, wie ihn viel später der Panamakanal haben sollte.

    Pedro de Valdivia (1497–1553) hatte an der Eroberung Venezuelas teilgenommen und zog weiter nach Peru, wo er sich der Truppe Pizzaros anschloss. 1540 machte er sich mit angeblich nur elf Mann auf den Weg nach Süden. Unterwegs konnte er jedoch weiteres Gefolge um sich scharen. Sie erreichten das Tal des Río Mapocho, das Valdivia wegen seiner üppigen Vegetation und des vorteilhaften Klimas geeignet erschien, um hier die erste Stadt seines neuen Reiches zu gründen. Am 12. Februar 1541 wurde der Grundstein für diese Siedlung gelegt, die er nach seiner Heimatprovinz in Spanien Santiago de la Nueva Extremadura nannte. Die Soldaten mussten ein Netz von acht Straßen von Norden nach Süden und zehn von Osten nach Westen ausmessen; der Block in der Mitte wurde zur Plaza de Armas erklärt, in den restlichen Blöcken konnten sich die Gefolgsleute Valdivias ihre Häuser bauen.

    Bei seinen weiteren Vorstößen nach Süden wurde Valdivia vor allem in Araukarien mit dem erbitterten Widerstand der Mapuche konfrontiert, die ihr Land lange Zeit erfolgreich gegen die Eindringlinge verteidigten. Die Mapuche lebten nicht in einem zentralistisch regierten Reich wie die Inkas oder die Azteken, sondern in vielen kleinen, politisch voneinander unabhängigen Einheiten. Zudem war die Heimat der Mapuche waldig und hügelig und damit hervorragend für einen Guerillakrieg geeignet. Außerdem lernten die Mapuche schnell von ihren Feinden und übernahmen deren Waffen und Kampftechniken. So gelang es ihnen innerhalb kurzer Zeit, zu guten Reitern zu werden und auch selbst Pferde zu züchten.

    1550 hatte Pedro de Valdivia den Río Biobío erreicht. Hier wurde der Vormarsch jedoch durch den immer heftiger werdenden Widerstand der Urbevölkerung aufgehalten. An der Mündung des Flusses gründete er die Stadt Concepción, die zur Hauptstadt seines Generalkapitanats ernannt wurde. Da ein weiteres Vordringen nach Süden im zentralen Längstal durch den Widerstand der Mapuche unmöglich gemacht wurde, entschlossen sich die Spanier, es entlang der Küste zu versuchen. 1552 wurden die Städte Valdivia und Villarrica gegründet. 1553 kam es zu einer entscheidenden Schlacht zwischen den Spaniern und den Mapuche. Die Spanier mussten eine schwere Niederlage hinnehmen, ihr Heer wurde aufgerieben und ihr Führer Pedro de Valdivia, der erste Gouverneur Chiles, getötet. Angeblich soll er gezwungen worden sein, heißes Gold zu trinken. Im Jahr 1558 wurde mit Osorno die vorerst letzte Siedlung gegründet. In den nächsten Jahren stand die Eroberung und Besiedlung des westlichen Teils des heutigen Argentiniens im Vordergrund, was von Chile aus geschah.

    Kolonialzeit

    Die Erwartungen der Eroberer, die in Chile Goldvorräte vermuteten, wurden enttäuscht. Zur reichsten Region wurden schnell die zentralen Landesteile: Hier konnte man Gemüse und Obst anbauen, das sich gut in die Minenstädte Perus und Boliviens exportieren ließ. Ab 1685 kamen die ersten Jesuiten nach Chile, die besonders in der Region um und auf Chiloé aktiv waren. 1767 wurden die Jesuiten aus allen spanischen Kolonien und auch aus Chile vertrieben.

    Chile gehörte in der Anfangszeit zum Vizekönigreich Peru, das alle spanischen Besitzungen in Südamerika – bis auf Venezuela – umfasste. Der Sitz der Zentralregierung für dieses riesige Kolonialgebiet war Lima. Ab 1567 wurde in Concepción und später in Santiago eine königliche Audiencia eingerichtet, die als eingeschränkte Selbstverwaltung fungierte. 1778 wurde Chile vom Vizekönigreich Peru unabhängig, das Land ein eigenständiges Generalkapitanat.

    In Araukarien waren die Probleme mit der Ermordung Pedro de Valdivias nicht zu Ende: Die Mapuche leisteten den Kolonialherren Widerstand, wo sie nur konnten. Das Gebiet der Mapuche war Grenzregion und sollte es auch noch jahrhundertelang bleiben. Ihren Höhepunkt hatten die Auseinandersetzungen zwischen Spaniern und Mapuche 1599, das als das Jahr des großen Mapuche-Aufstands in die Geschichte Chiles eingegangen ist. Die Spanier wurden endgültig nach Norden vertrieben, der Río Biobío bildete die Grenze des neuen Reichs.

    Anfang des 17. Jh. schickte die Regierung Expeditionen nach Araukarien, die subversive Indios festsetzen sollten – so der offizielle Auftrag. Der Hintergrund war, dass der Landwirtschaft in Zentralchile Arbeitskräfte fehlten und Sklaven gebraucht wurden. Doch die Mapuche waren keine willigen Sklaven, sie lehnten sich gegen ihre Herren auf und zettelten Aufstände an. 1683 wurde die Sklaverei verboten. 1726 wurde die spanische Oberhoheit durch die Mapuche im „Frieden von Negrete" anerkannt, die spanische Krone verzichtete vorerst auf die Eroberung der Gebiete südlich des Río Biobío. Der Frieden hielt gut 30 Jahre lang.

    19. Jahrhundert

    Unabhängigkeit

    Die Unabhängigkeitsbewegung in Chile wurde vor allem dadurch begünstigt, dass sich die Weltmacht Spanien im Niedergang befand. Am 21. Oktober 1805 vernichteten die Engländer in der berühmten Seeschlacht vor Trafalgar die spanische Flotte. Spaniens Herrschaft als Weltmacht war vorbei und erreichte einen weiteren Tiefpunkt, als Napoleon 1808 Spanien besetzte und den König zum Abdanken zwang. In den Kolonien organisierten sich Versammlungen (Juntas), die zunächst im Namen der Krone weiterregierten. Auch Chile hatte eine solche Junta, die am 18. September 1810 (heute Nationalfeiertag) von einer Bürgerversammlung zur ersten Nationalregierung gewählt wurde. Doch Spanien schickte Truppen aus Peru und Chile musste sich seine Freiheit erkämpfen.

    Unter der Führung von José Miguel Carrera und Bernardo O’Higgins wurden die Chilenen am 1. Oktober 1814 bei Rancagua vernichtend von den Spaniern geschlagen. Die beiden Heeresführer flohen nach Argentinien und verbündeten sich dort mit José de San Martín, der für die argentinische Unabhängigkeit kämpfte. Doch erst 1817 machte sich ein aus 5.000 Männern bestehendes Heer auf den Weg über die Anden. Am 12. Februar gab es bei Chacabuco eine verheerende Niederlage für die Spanier. Dann brauchten San Martín und O’Higgins nur noch drei Tage bis Santiago. Schon am Tag der Schlacht erklärte Chile seine Unabhängigkeit. Die Spanier hatten jetzt nur noch Stützpunkte in Valdivia, von wo sie 1820 durch den englischen Admiral Lord Cochrane vertrieben wurden, und auf Chiloé, wo sie sich noch bis 1826 halten konnten.

    2010 wurde der 200. Jahrestag der Unabhängigkeit Chiles mit großem Spektakel gefeiert

    Der erste Präsident nach der formalen Unabhängigkeitserklärung 1818 war Bernardo O’Higgins. Er regierte fünf Jahre, überwarf sich aber schnell mit der politisch wichtigen Gruppe der Landbesitzer und ging 1823 nach Peru ins Exil.

    Staatsgründung

    Chile konnte sich als Nationalstaat relativ schnell konsolidieren. In den 1830er-Jahren wurde eine Verfassung aufgestellt, die ganz auf den Präsidenten zugeschnitten war. Es gab die konservative und die liberale Partei, in denen sich die einflussreichen ländlichen und städtischen Schichten organisierten. So gelang es der Regierung Joaquin Prieto (1831–41) schnell, stabile Verhältnisse zu schaffen. 1836 schlossen sich Peru und Bolivien zu einer Konföderation zusammen, um dem immer stärker werdenden Chile Paroli bieten zu können. Chile erklärte der Union noch im selben Jahr den Krieg, der 1839 mit der Schlacht von Yungay gewonnen wurde.

    Spuren der deutschen Siedler im Süden Chiles: der „Deutsche Club" in Frutillar

    In den folgenden Dekaden nahm die Wirtschaft unter Regierung von Manuel Bulnes (1841–51) und Manuel Montt (1851–56) durch den Export von Getreide und Kupfer einen bemerkenswerten Aufschwung. Es etablierten sich immer mehr britische Handelshäuser, die den Transport nach Europa, Nordamerika und Australien übernahmen. Valparaíso wurde zum wichtigsten Handelshafen Chiles.1842 wurde die Universidad de Chile gegründet.

    In den folgenden Jahren wuchs in Chile durch die Ausweitung des Bergbaus (Chile wurde damals und ist bis heute der wichtigste Kupferproduzent der Welt) der Bedarf an Nahrungsmitteln. Da die Anbauflächen in Zentralchile kaum noch ausgeweitet werden konnten, richtete man den Blick nach Süden. Noch immer war das Land südlich des Río Biobío fest in Mapuche-Hand. Zunächst begann man, gezielt Siedler anzuwerben und das Gebiet jenseits des Mapuche-Landes zu kolonisieren. Dabei spielten Deutsche ab den 1850er-Jahren eine wichtige Rolle, die sich hauptsächlich in der Gegend um den Llanquihue-See und bis nach Valdivia ansiedelten. Im südlichen Patagonien ließen sich Schafzüchter nieder.

    In den 1880er- und 1890er-Jahren unternahm man einen weiteren Versuch, die Mapuche zu unterwerfen. Obwohl sie sich erbittert zur Wehr setzten, wurden sie schließlich geschlagen, von ihrem Land vertrieben und in Reservate abgedrängt. Mundtot machen konnte man sie aber nicht (s. Infokasten S. 19).

    Pazifischer Krieg (1879–1884)

    In den 1860er-Jahren kam der Salpeterabbau immer mehr in Schwung. Das als Düngemittel und Schießpulver genutzte Nitrat ließ sich für gutes Geld nach Europa exportieren. Die reichsten Salpeterlagerstätten befanden sich in den Provinzen Tarapacá (die damals zu Peru gehörte) und Antofagasta (zu Bolivien gehörig). Der auch Salpeterkrieg genannte Konflikt ergab sich aus Grenz- und Steuerstreitigkeiten zwischen Bolivien und Chile, die dazu führten, dass Chile am 14. Februar 1879 Truppen nach Antofagasta schickte: Der Pazifische Krieg war ausgebrochen.

    Peru wurde in den Konflikt mit hineingezogen, weil Lima sich vorher mit Bolivien verbündet hatte und keine Neutralitätserklärung abgeben wollte. 1881 besetzten chilenische Truppen Lima, aber gewonnen war der Krieg erst 1883. Peru und Chile handelten einen Friedensvertrag aus, in dem festgelegt wurde, dass der größte Teil der Provinz Tarapacá an Chile fiel. Mit Bolivien schlossen die Chilenen 1884 einen Waffenstillstand, aber erst 1904 wurde ein Friedensvertrag unterzeichnet. Die gesamte Region Antofagasta fiel an Chile. Es wurde zwar ein zollfreier Zugang zum Hafen von Arica vereinbart, doch Bolivien hatte damit seinen Zugang zum Meer verloren. Das schmerzt das Land bis heute und wird von der bolivianischen Regierung gerne für die schlechte Wirtschaftslage Boliviens verantwortlich gemacht. Das Verhältnis zwischen Bolivianern, Peruanern und Chilenen blieb gespannt, sowohl auf politischer als auch auf persönlicher Ebene. Bis heute unterhalten z. B. Bolivien und Chile keine offiziellen diplomatischen Beziehungen. Peru reichte 2008 Klage beim Internationalen Gerichtshof in Den Haag über den Verlauf der Seegrenze im Pazifik ein, 2014 wurde in einem Urteil die Grenze neu festgelegt. Beide Staaten versprachen, sich daran zu halten.

    Ende des 19. Jh. wurde die faktische Alleinherrschaft eines Präsidenten zum ersten Mal ernsthaft in Frage gestellt. José Manuel Balmaceda wollte Teile der Kupferindustrie nationalisieren und stellte sich damit gegen die hauptsächlich englischen Geldgeber, die die chilenischen Minenbesitzer und andere Angehörige des Geldadels hinter sich hatten. Es kam zu einem blutigen Bürgerkrieg. Die Aufständischen hatten schnell die Salpeterregion und Valparaíso besetzt und saßen damit in den Schaltzentralen der chilenischen Wirtschaft. Balmaceda gab auf, floh nach Argentinien und nahm sich dort das Leben.

    20. und 21. Jahrhundert

    Bereits gegen Ende des 19. Jh. hatte sich in den Bergbauzentren im Norden des Landes eine Arbeiterschicht herausgebildet. Gewerkschaften wurden gebildet und es kam zu Streiks, die nicht immer gewaltfrei abliefen. Anlässlich von Streiks und Protestkundgebungen, mit denen Minenarbeiter auf ihre katastrophalen Arbeitsbedingungen aufmerksam machen wollten, schoss das Militär 1907 in Iquique während einer Versammlung in einer Schule wahllos in die Menge. Eine bis heute nicht genau bekannte Zahl von Arbeitern mit ihren Frauen und Kindern wurde buchstäblich niedergemetzelt; einige Quellen sprechen von bis zu 3.000 Toten.

    Als Gegengewicht zu den konservativen und liberalen Parteien der Oligarchie wurden Arbeiterparteien gegründet: 1912 die Sozialistische Arbeiterpartei (Partido Obrera Socialista), ein Vorläufer der kommunistischen Partei Chiles (Partido Comunista de Chile), und 1933 die Sozialistische Partei (Partido Socialista). Auch der Mittelstand hatte inzwischen seine Interessenvertretungen: die Demokratische Partei (Partido Demócrata) und die Radikale Partei (Partido Radical) schlossen sich 1920 zu einer Alianza Liberal zusammen und konnten noch im selben Jahr einen Wahlsieg mit Arturo Alessandri Palma als Präsidentschaftskandidat verbuchen. Die Regierung kündigte soziale Reformen an, konnte aber wegen des Widerstandes aus der Oberschicht nur einen Bruchteil ihrer Pläne verwirklichen. Dazu gehörten immerhin das Verbot von Kinderarbeit, das Recht auf Gewerkschaften und Streik, die Gründung einer Unfallversicherung und die Einrichtung von Schiedsgerichten.

    Von 1925 bis 1932 wurde Chile von wechselnden Militärregierungen regiert, bis Alessandri ein zweites Mal Präsident wurde und versuchte, die Macht der Militärs einzuschränken.

    Wirtschaftskrise

    Durch die Möglichkeit, ab ca. 1918 Salpeter als Dünger künstlich herzustellen, sank die Nachfrage nach diesem Rohstoff schlagartig. Chile bekam die Folgen der Weltwirtschaftskrise in den 1930er-Jahren heftig zu spüren. Die Wirtschaft basierte bald nur noch auf dem Export von Kupfer. Jetzt rächte sich, dass die Regierung die Schürfrechte für die größten Minen des Landes, El Teniente und Chuquicamata, zu Anfang des Jahrhunderts an US-amerikanische Gesellschaften vergeben hatte. Die Gewinne, die die Chilenen jetzt selber so nötig gebraucht hätten, flossen zu einem großen Teil in die USA. Ab den 1940er-Jahren setzte ein wirtschaftlicher Aufschwung durch den Export von Kupfer ein, der Bedarf auf dem Weltmarkt stieg durch den Zweiten Weltkrieg beträchtlich.

    Ruinen einstiger Salpeterfabriken in der Nähe von Iquique

    Während der 1920er-Jahre wurden immer noch 80 % des besten Ackerlandes in großen Haciendas bestellt. Der Hauptanteil der in der Landwirtschaft Beschäftigten arbeitete als Tagelöhner oder Pächter für die Großgrundbesitzer. Die Besitzer der Haciendas schrieben ihren Arbeitern vor, welche Partei sie zu wählen hatten und konnten deshalb einen nicht unerheblichen Druck auf die politische Führung ausüben.

    1938 wurde zum ersten Mal in Lateinamerika eine Regierung aus einem Bündnis zwischen Sozialisten, Demokraten und Radikalen gewählt. Die Wirtschaftspolitik Alessandris hatte den Linken viele Wähler in die Arme getrieben. Bis 1952 wurde Chile von dem Bündnis der Volksfront regiert. Die Radikalen stellten immer den Präsidenten, bis 1948 mit Gabriel Gonzales Videla ein Mitglied des konservativen Flügels der Volksfront an die Regierung kam. Er gewann mit Hilfe der Kommunisten, was ihn aber nicht davon abhielt, die Kommunistische Partei kurz nach der Wahl zu verbieten. Viele chilenische Kommunisten kamen damals in Haft oder mussten ins Exil flüchten, so auch Pablo Neruda, der den Wahlkampf Videlas geleitet hatte. Die nächsten Wahlen im Jahr 1952 gewann General Carlos Ibáñez, der als Erster versuchte, den Einfluss der Landbesitzer auf die Stimmabgabe ihrer Untergebenen einzuschränken.

    Die Wahl 1958 bedeutete in gewisser Weise eine Wende in der chilenischen Politik. Zwei neue Bündnisse, die für Chile in den nächsten 20 Jahren wichtig werden sollten, stellten sich zur Wahl. Das eine war die Democracia Cristiana, angeführt von Eduardo Frei Montalva, die in der konservativ-liberalen Ecke angesiedelt war und ein katholisch-humanistisches Weltbild als Grundlage ihrer Arbeit verstand. Außerdem trat unter Salvador Allende die Frente de Acción Popular (FRAP) auf den Plan, ein Bündnis linker Parteien. Gewonnen wurde die Wahl von Jorge Alessandri, der ebenfalls die liberale Konservative vertrat, aber er konnte nur 32 % der Stimmen für sich verbuchen und hatte deswegen mit einer starken Opposition im Kongress zu kämpfen. Während dieser Legislaturperiode wurden bescheidene Anfänge einer Landreform auf den Weg gebracht.

    Die Regierung Frei 1964–1970

    1964 gewann Eduardo Frei Montalvo mit einiger Unterstützung der USA als Führer der Christdemokratischen Partei die Präsidentschaftswahl gegen den Kandidaten der Unidad Popular, Salvador Allende. Er brachte eine Reihe von Reformen auf den Weg, für die er noch heute von der chilenischen Bevölkerung bewundert wird: die Landreform nahm unter seiner Ägide Gestalt an, gleichzeitig verabschiedete er Programme im sozialen Sektor und in der Erziehung. Um Kapital, das er dringend zur Bekämpfung der Landflucht und der Armut brauchte, zu bekommen, propagierte er eine Chilenisierung der wichtigsten Exportgüter, vor allem des Kupfers, dessen Abbau sich fast ausschließlich in US-amerikanischen Händen befand. Er begann mit der Nationalisierung der Kupferminen.

    Während der Regierung Freis polarisierte sich die politische Landschaft Chiles. Auf der einen Seite standen konservative Gruppen, denen die Reformen Freis gegen den Strich gingen, auf der anderen Seite begannen sich überall linke und ultralinke Vereinigungen zu bilden, denen es mit der Landreform und der Umverteilung der Güter nicht schnell genug gehen konnte. Diese Gruppen rekrutierten ihre Mitglieder einerseits bei linken Studentenbewegungen, andererseits bei den Minen- und Landarbeitern, aber auch unter den Mapuche.

    Die Regierung Allende: Freiheit und Sozialismus

    Die drei wichtigsten Parteien, die 1970 zur Wahl antraten, waren die Unidad Popular (UP), die aus der FRAP hervorgegangen war und sich die Verstaatlichung fast aller wirtschaftlichen Zweige auf die Fahne geschrieben hatte, die Christdemokraten unter Radomiro Tomic und die Nationale Partei unter Jorge Alessandri. Allende gewann die Wahl nur knapp, er konnte 36 % der Stimmen für sich verbuchen, gefolgt von Alessandri mit 35 % und Tomic mit 28 %.

    Der Mediziner Salvador Allende Gossens, der am 26. Juli 1908 in Valparaíso in eine großbürgerliche Familie hineingeboren worden war, gehörte 1933 zu den Gründungsmitgliedern der Partido Socialista de Chile. Ab 1937 saß er im Parlament und 1939 wurde er Gesundheitsminister der Regierung Aguirre Cerda. 1943 stieg er zum Generalsekretär seiner Partei auf und 1952 trat er zum ersten Mal als Präsidentschaftskandidat an. Neben seiner politischen Arbeit war Allende immer auch Arzt, arbeitete für verschiedene Gesundheitsorganisationen und lehrte an der Hochschule.

    Mit den Jahren entwickelte sich der Sohn aus bürgerlichem Haus immer mehr zum Hoffnungsträger der Linken. 1970 gewann seine Partei die Wahl knapp – so knapp, dass der Kongress zwischen ihm und Alessandri, dem Kandidaten der rechtsorientierten Partei, entscheiden musste. Als Allende sich verpflichtete, sich trotz seiner kommunistischen Ideen an die Regeln der Demokratie zu halten, stimmten die Christdemokraten für ihn.

    Salvador Allende war weltweit der erste Landesführer, der einer frei gewählten marxistischen Regierung vorstand. Der Anfang seiner Regierungszeit war schwierig, die ganze Welt schaute mit den unterschiedlichsten Erwartungen auf ihn. Die Linke in Europa sah in ihm eine Lichtgestalt, den Amerikanern unter Präsident Nixon war der charismatische südamerikanische Führer jedoch unheimlich.

    Sofort nach Regierungsantritt begann Allende, sein ambitioniertes Wirtschaftsprogramm in die Tat umzusetzen. Er hob die Mindestlöhne an, senkte die Preise für Grundnahrungsmittel und verstaatlichte die Gesundheitsfürsorge. Außerdem brachte er fast die gesamte Wirtschaft in die Hand des Staates, die Kupferminen wurden entschädigungslos und komplett verstaatlicht.

    Im ersten Regierungsjahr konnte sich die Unidad Popular einer breiten Unterstützung sicher sein, durch die Anhebung der Löhne ging es vielen Menschen besser. Aber dann begann der Abzug des internationalen Kapitals, neue Investitionen aus dem Ausland blieben ganz aus. Die USA, verärgert durch die Enteignung nordamerikanischen Kapitals und die politische Freundschaft zwischen Chile und Kuba, begannen auf verschiedene Weise, ihren Einfluss gegen Allende einzusetzen. Seine politischen Gegner konnten sich der materiellen und ideologischen Unterstützung des CIA sicher sein. Auch in internationalen Gremien begannen die USA, die Vergabe von Krediten oder anderer Hilfen für Chile zu behindern.

    Der Präsidentenpalast La Moneda wurde 1973 von Pinochet bombardiert

    Mit der Wirtschaft ging es in allen Bereichen bergab. Auch die Landwirtschaft geriet in eine Krise, als unabhängige Kleinbauern und Landarbeiter gegen die Vergabe von Ländereien ausschließlich an Kollektive protestierten und Land besetzten. Schließlich musste die Regierung ihre schon sehr zusammengeschmolzenen Devisenreserven dazu benutzen, Nahrungsmittel zu importieren. Es kam zu Streiks und Unruhen, viele Menschen hungerten. Die Regierung hatte ihre Glaubwürdigkeit verloren. In dieser verfahrenen Situation erhoffte sich Allende 1972 den nötigen Rückhalt durch Militärs. General Carlos Prats sollte auf dem kritischen Posten des Innenministers für Stabilität sorgen. Trotzdem kam es im Juni 1973 zu einem Putsch. Die Militärs konnten sich nicht durchsetzten und der Putsch misslang, aber die Situation wurde immer prekärer. Direkt nach dem Putschversuch gab es einen Streik der unabhängigen LKW-Fahrer, der von der gesamten Opposition unterstützt wurde. General Prats, der jeglichen Rückhalt der Militärs verloren hatte, trat zurück. Allende setzte als Ersatz General Pinochet ein. Dabei unterlief ihm eine krasse Fehleinschätzung: Er hielt Pinochet für einen Simpel, der „nicht einmal die eigene Frau hinters Licht führen könne". Nur 19 Tage nach der Berufung musste er sich eines Besseren belehren lassen: Auf Pinochets Befehl bombardierten am 11. September 1973 Flugzeuge der chilenischen Luftwaffe den Präsidentenpalast.

    Putsch und die Jahre der Diktatur 1973–1990

    Pinochet hatte den Putsch, mit dem die Regierungszeit und das Leben Salvador Allendes enden sollten, über mehrere Monate minutiös vorbereitet. Am 11. September in den frühen Morgenstunden gab er das Startsignal. Truppen besetzten die strategisch wichtigen Punkte in Santiago und anderen Städten.

    Am Tag des Putsches hielt sich Allende mit einigen seiner Mitarbeiter im Regierungspalast La Moneda auf. Pinochet forderte ihn auf, den Palast zu räumen und sich zu ergeben. Als Allende ablehnte, wurde der Palast bombardiert. Schließlich drangen Soldaten in das zerstörte Gebäude ein. Was dann geschah, ist bis heute nicht geklärt. Die offizielle Version der Pinochet-Regierung lautete, dass Allende, der keinen anderen Ausweg sah, sich mit einer Kalaschnikow, die er von Fidel Castro geschenkt bekommen hatte, in den Kopf schoss. Die Anhänger Allendes sagen, dass er von den Putschisten erschossen worden sei. Heute geht man von einem Suizid aus.

    Die Opposition sah sich einer unerbittlichen Verfolgungsjagd ausgesetzt, die mindestens 3.000 Menschen nicht überlebten. Zehntausende von Chilenen mussten emigrieren, viele gingen in die USA oder nach Europa. Aber auch dort waren sie vor dem effizienten Geheimdienst Pinochets nicht sicher. Einige Regierungsmitglieder Allendes wurden im Exil ermordet. Das berühmteste Opfer der DINA (Directoria de Inteligencia Nacional, der chilenische Geheimdienst) war Orlando Letelier, ein hochrangiges Mitglied der Regierung Allende, der nach dem Putsch Lobbyarbeit in den USA gegen das Militärregime in Chile leistete. 1976 wurde er durch eine Autobombe getötet. Auch wenn der Agent der DINA, der das Attentat geplant hatte, kurz nach der Tat gefasst und in den USA vor Gericht gestellt wurde, ist die Beteiligung des Regimes, des Geheimdienstes und der „Operation Condor" (s. Kasten) bis heute nicht vollständig geklärt.

    In Pisagua wurden 1973/74 mindestens 20 politische Häftlinge ermordet und verscharrt

    Viele Mitglieder der Opposition gegen Allende, die den Putsch unterstützt hatten, wollten von den Militärs eigentlich nur den Sturz Allendes, um dann ohne großen Bruch zu demokratischen Strukturen zurückkehren zu können. Pinochet selbst hatte verkündet, er werde nur so lange regieren, wie nötig sein werde, um das zerrüttete Staatswesen wieder in Gang zu bringen. Aber dann gefiel er sich offensichtlich in der Rolle des uneingeschränkten Machthabers und wusste sie über die Jahre immer mehr zu festigen. Die linken Parteien wurden verboten, die Opposition mundtot gemacht und Gegner brutal verfolgt.

    Pinochet wollte Chile zu einem südamerikanischen Musterstaat machen. Er holte sich Berater aus den USA, die alle von der Universität in Chicago kamen. Diese sogenannten Chicago-Boys verordneten dem Land eine Radikalkur: Alle Staatsunternehmen (mit Ausnahme der Kupferminen) wurden wieder verkauft, die Preiskontrolle abgeschafft und das freie Unternehmertum gefördert. Die Staatsausgaben wurden gekappt, was nicht ohne die Entlassung eines Fünftels der Staatsbediensteten und scharfer Einschnitte im sozialen Sektor möglich war. Trotz der groben Menschenrechtsverletzungen, der Inhaftierung und Folter von politischen Gefangenen, investierten jetzt auch wieder internationale Unternehmen in Chile. Mit der Wirtschaft ging es bergauf. Allerdings mussten die Kosten des Wohlstands einiger von vielen gezahlt werden. Immer mehr Menschen lebten in Poblaciones (Slums).

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    Die „Operation Condor": Terrorismus als Mittel staatlicher Gewaltausübung

    Die „Operation Condor wird heute als eine Kooperation der Länder Chile, Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay verstanden, deren Geheimdienste zusammenarbeiteten, um Regime-Gegner zu verfolgen und unschädlich zu machen. Es wurden nicht nur Informationen ausgetauscht, sondern die Agenten der jeweiligen Länder verfolgten auch Regierungsflüchtlinge der Partnerländer, brachten sie ins Gefängnis oder töteten sie. Nicht nur in den beteiligten Ländern arbeiteten die Todesschwadrone der „Operation Condor, auch in den USA und in europäischen Ländern wurden Attentate geplant und teilweise wohl auch durchgeführt.

    Die Ermordung von General Prats in Argentinien wird dieser Organisation ebenso zugeschrieben wie die Tötung von Letelier in den USA. Angeblich gehörte die Behinderung der Verfolgung von deutschen Nazis, die nach dem Zweiten Weltkrieg nach Südamerika geflüchtet waren, sowie die Ermordung von Agenten des Mossad auch zum Aktionsbereich der „Operation Condor".

    Welche Rolle die USA und speziell die CIA in diesem Zusammenhang gespielt haben, ist bisher unklar, die entsprechenden Dokumente können nicht eingesehen werden. Dass sie von der „Operation Condor" wussten und ihr eher wohlwollend gegenüberstanden, weiß man inzwischen.

    1980 trat eine neue Verfassung in Kraft, die dem Diktator weitere neun Jahre im Amt garantierte und ihn mit weitreichenden Vollmachten ausstattete. Obwohl die Repressionen anhielten, bildeten sich zahlreiche Untergrundorganisationen, die auch aus dem Ausland Unterstützung erhielten. 1988 stellte sich Pinochet einem Referendum über die Fortsetzung seiner Regierung: 56 % stimmten mit Nein, aber immerhin 44 % mit Ja. Der Weg in die Demokratie war frei. Allerdings sicherte er sich und seinen Genossen nicht nur eine totale Amnestie, sondern auch für die Zukunft zahlreiche Privilegien. Pinochet war noch bis 1998 Oberkommandierender der Streitkräfte und Senator auf Lebenszeit. Erst nachdem seine Immunität aufgehoben und die ersten Klagen zugelassen wurden, trat er von seinen Ämtern zurück.

    Pinochet sah sich zeitlebens als Schöpfer und Garant der neuen chilenischen Demokratie. Diese Sichtweise wird von einer Vielzahl seiner Anhänger, die er unter den Chilenen auch nach seinem Tod immer noch hat, geteilt. Das zeigte sich auch, als der damals schon greise Ex-Diktator 1998 in London verhaftet wurde, als er sich dort wegen einer Bandscheiben-Operation aufhielt. Während in vielen Ländern – hauptsächlich von Exil-Chilenen – dafür demonstriert wurde, dass Pinochet endlich für die Verbrechen, die in seinem Namen geschahen, vor Gericht gestellt wird, hielten sich in Chile die Demonstrationen seiner Gegner und seiner Anhänger die Waage.

    Pinochet selbst wurde zum Leidwesen vieler bis zu seinem Tod am 10. Dezember 2006 in keinem einzigen Fall verurteilt. Sein Todestag war für Zehntausende im ganzen Land ein Grund zum Feiern. Die Zahl seiner Anhänger hatte sich in den letzten Jahren seines Lebens drastisch reduziert: Als bekannt wurde, dass Pinochet während der Zeit seiner Regierung und auch danach noch Millionen von Dollar beiseite geschafft und durch schmutzige Geschäfte verdient hatte, wandten sich viele seiner Bewunderer enttäuscht von ihm ab. Während die Opfer der Diktatur dafür kämpfen, dass auch nach Pinochets Tod die Umstände im Zusammenhang mit dem Tod und Verschwinden tausender Chilenen weiter aufgeklärt werden, macht sich aber immer noch eine Stiftung für sein Andenken stark. Die Fundación Augusto Pinochet vergibt Stipendien im Namen des Diktators und betreibt auf Konferenzen und in Publikationen eifrig Geschichtsklitterung.

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    Aufarbeitung der Diktatur

    Nach der Diktatur Pinochets wurde 1990 eine „Kommission für Wahrheit und Versöhnung" (Comisión Nacional de Verdad y Reconciliación) eingesetzt, die die Verbrechen der Diktatur benennen und dokumentieren sollte. Die sog. Rettig-Kommission benennt die Zahl der Todesopfer mit rund 2.200 Personen, von weiteren mindestens 1.000 Menschen fehlt jede Spur. Schätzungen sprechen zudem von 700.000–800.000 Folteropfern.

    Unter Präsident Lagos machte die Aufklärung der Schicksale der vom Militärregime Verfolgten entscheidende Fortschritte. Er setzte 2001 die „Comisión Nacional de Prisión Política y Tortura ein. Diese „Wahrheitskommission, angeführt von Bischof Sergio Valech, hörte über 35.000 Zeugen an und fasste ihre Erkenntnisse dann in einem zweiteiligen Bericht zusammen, dem 2004 veröffentlichten sog. Valech Report. Der Report steht unter dem Motto „Para nunca mas vivirlo, nunca mas negarlo („Um es niemals wieder zu erleben, dürfen wir es niemals verleugnen). Danach sind nun 28.000 Chilenen als Folteropfer offiziell anerkannt und erhalten staatliche Unterstützung in Form von Renten sowie Vergünstigungen bei der Gesundheitsfürsorge, an Universitäten und anderen Einrichtungen des Erziehungswesens.

    Bis heute stehen immer wieder Ex-Militärs und Mitarbeiter des Geheimdienstes vor Gericht, die sich für Mord und Folter während der Diktatur verantworten müssen.

    2010 wurde das Museum für Menschenrechte in Santiago eröffnet, das sich den Opfern der Diktatur widmet (s. S. 140).

    Rückkehr zur Demokratie

    Die ersten freien Wahlen nach 17 Jahren Militärdiktatur konnte 1989 die Concertación para la Democracia für sich entscheiden, ein Zusammenschluss von Parteien der Mitte und des gemäßigten linken Spektrums unter Patricio Aylwin. Der Wunschkandidat Pinochets, Hernan Büchi, konnte sich nicht durchsetzen. Aylwin regierte von 1990–1994 unter dem Motto „Convivencia Democrática" (demokratisches Zusammenleben) und versuchte vorsichtig, wieder demokratische Strukturen in Verwaltung und Wirtschaft zu schaffen, ohne das Wirtschaftswachstum zu gefährden. Er integrierte das Land wieder in die internationale Gemeinschaft, reformierte das Steuerwesen und legte Sozialprogramme auf.

    Im Museo de la Memoria y los Derechos Humanos wird der Opfer der Diktatur gedacht

    Sein Regierungsprogramm wurde von Eduardo Frei Ruíz-Tagle, der ebenfalls als Kandidat der Concertación 1994 die Regierung übernahm, weitergeführt. Ihm folgte 2000 Ricardo Lagos Escobar. Als Schwerpunkte seiner Regierungsperiode kann man zum einen den Abschluss mehrerer Freihandelsabkommen vor allem innerhalb Südamerikas, zum anderen den Beginn einer entschlossenen Aufarbeitung der Diktatur bezeichnen (s. S. 35).

    2006 gewann die Kinderärztin Michelle Bachelet mit einem Mitte-Links-Bündnis die Wahl zur Präsidentin. Während der Diktatur studierte Bachelet in Leipzig Medizin, sie hatte als Tochter des Allende-treuen Luftwaffengenerals Alberto Bachelet fliehen müssen. Unter Lagos war sie Gesundheits- und Verteidigungsministerin. Die in ihrer ersten Amtszeit sehr populäre Präsidentin stand für das neue Chile: zweimal geschieden, alleinerziehende Mutter und Atheistin.

    Die Amtsperiode des Präsidenten beträgt in Chile vier Jahre, er darf nicht direkt wiedergewählt werden. Daher trat Bachelet erst 2013 wieder zur Wahl an, die sie gewann. In der Zwischenzeit – von 2010 bis 2014 – bekleidete Sebastián Piñera von der Renovación Nacional das Präsidentenamt.

    Aktuelle politische Lage

    Nachdem in Chile nach dem Ende der Militärdiktatur die politische Landschaft von drei Blöcken (Rechts, Mitte, Links) beherrscht wurde, haben sich in den letzten Jahren zwei große politische Strömungen herausgebildet. Das Mitte-Links Bündnis „Concertación" (bei den Wahlen 2013 als neugruppierte „Nueva Mayoría" mit Bachelet als Chefin angetreten) – bestehend aus PDC (Partido Demócrata Cristiano), PS (Partido Socialista), PRSD (Partido Radical Social Democrata) und Independiente – stellte von 1990 bis 2010 und ab 2014 wieder den Präsidenten. Die mittig-rechts orientierte Opposition „Alianza" wird aus RN (Renovación Nacional) und UDI (Unión Democrata Independiente) gebildet. Zwischen den beiden Blöcken bestehen hauptsächlich bei Themen der inneren Sicherheit und in sozialen Fragen Meinungsverschiedenheiten, während sie bei der Außen- und Wirtschaftspolitik weitgehend konform gehen. Zudem gibt es einige kleinere Parteien und unabhängige Abgeordnete im Parlament.

    2010 wurde das Mitte-Links-Bündnis von dem Unternehmer Sebastián Piñera abgelöst, der mit seiner neoliberalen Partei „Nationale Erneuerung im Rahmen der „Coalición por el Cambio (Koalition für den Wechsel) die Stichwahl für sich entscheiden konnte. Mit Piñera regierte erstmals seit dem Ende der Diktatur wieder ein konservativer Politiker das Land. Der Milliardär und Harvard-Absolvent ist einer der reichsten Männer des Landes, Anteilseigner der Fluggesellschaft LAN sowie des Fußballclubs Colo Colo und eines Fernsehsenders. Während er sich nach dem Erdbeben 2010 als besorgter Landesvater und während der Rettung der 33 verschütteten Bergleute im August 2010 als strahlender Staatsmann präsentieren konnte, hatte er ein Jahr später monatelang mit massiven Demonstrationen im ganzen Land zu kämpfen, die für eine kostenlose und bessere Bildung eintraten. Über die Hälfte der Chilenen kann sich die Universitätsgebühren nicht leisten, die staatlichen Schulen sind teilweise schlecht ausgestattet. Zudem gingen Tausende Menschen gegen ein riesiges und extrem umstrittenes Staudammprojekt im Süden des Landes (HidroAysén) auf die Straße. Dessen Genehmigung wurde 2014 von Michelle Bachelet wieder zurückgenommen.

    2013 wurde Michelle Bachelet in der Stichwahl mit rund 62 % zum zweiten Mal zur Präsidentin Chiles gewählt und ist seit März 2014 im Amt. Unter anderem eine Reform des Bildungswesen, des Steuersystems und eine Überarbeitung der Verfassung stehen in ihrem Regierungsprogramm bis 2018. Im Mai 2015 entließ Bachelet nach Korruptionsvorwürfen und Demonstrationen der Bevölkerung das gesamte Kabinett.

    Der Sieg der chilenischen Fußballnationalmannschaft bei der Copa América im Juli 2015 tauchte das Land in einen tagelangen Siegestaumel, verschaffte der Präsidentin aber nur eine kurze Atempause. Weniger als 30 % der Chilenen sind mit der Arbeit ihrer Regierungschefin einverstanden.

    Wirtschaftlicher Überblick

    Die chilenische Wirtschaft schneidet im Vergleich mit den meisten anderen südamerikanischen Ländern äußerst gut ab. Trotz des schweren Erdbebens 2010, das Schäden in Höhe von ca. 30 Mrd. US$ verursachte, verzeichnete die Wirtschaft in jenem Jahr ein Wachstum von über 5 % (2009: -1,5 %). Der Trend zeigt weiter aufwärts: Waren es 2014 noch 1,8 %, rechnet man 2015 mit 2,7 % Wachstum des BIP, für 2016 mit 3,3 %. Damit zählt das Land zu den wachstumsstärksten des Kontinents. Die Arbeitslosigkeit lag 2014 bei rund 6 %, die Inflation bei 4 %. Auf der anderen Seite wächst auch hier die Armut, die soziale Ungleichheit ist – wie in vielen lateinamerikanischen Staaten – extrem hoch.

    Chile ist im Vergleich zu anderen südamerikanischen Ländern bzgl. der Industrialisierung weit fortgeschritten. Der Löwenanteil der Produkte wird allerdings für den Binnenmarkt hergestellt.

    Im Außenhandel ist das wichtigste Abnehmerland China (knapp 25 %, gefolgt von den USA mit rund 12 % und Japan mit 10 %), was vor allem auf die chilenischen Rohstoffe zurückzuführen ist. Auch wenn versucht wird, die Exportgüter zu diversifizieren (u. a. Wein, Lachs, Obst), besteht weiterhin eine starke Abhängigkeit von den Rohstoffpreisen auf dem Weltmarkt – etwa 50 % des Exports ist Kupfer.

    Der Bergbau ist insgesamt einer der wichtigsten Wirtschaftszweige des Landes. In Chile wird eine Vielzahl von Mineralien gefördert; bei Lithium, Jod und Rhenium gehört das Land zu den wichtigsten Anbietern weltweit. Daneben gibt es verschiedene Salze (vor allem in der Atacama-Wüste), Gold, Silber, Eisen, Mangan und Schwefel. Chile ist heute der größte Kupferproduzent weltweit, etwa 40 % der Vorkommen liegen hier. Diese Industrie blieb die einzige, die Pinochet nicht wieder privatisierte, bis heute gehört der allergrößte Teil der Kupferminen der staatlichen Gesellschaft CODELCO.

    Neben dem Bergbau hat sich in den letzten Jahren vor allem die Land-, Fisch- und Forstwirtschaft zu einer Stütze des Exports entwickelt, in erster Linie Obst, Wein, Fisch, Weizen, Mais oder Holz gehören dazu. Die Nahrungsmittelindustrie hat sich so zum zweitwichtigsten Exportmarkt entwickelt. Chilenische Weine haben in den letzten Jahren ihren Weg in immer mehr europäische Läden gefunden und gehören inzwischen zum Standardsortiment jedes Supermarktes. Immer wichtiger wird der Export von gefrorenem Lachs und Forellen, die besonders im Süden verstärkt gezüchtet werden. Chile ist inzwischen – nach Norwegen – mit 35 % des weltweit verkauften Farm-Lachses der zweitwichtigste Produzent auf dem Weltmarkt.

    Am Hafen von Coquimbo

    Im Vergleich zu anderen Ländern Südamerikas hat der sog. informelle Sektor nur einen relativ geringen Anteil am wirtschaftlichen Gesamtprodukt Chiles. Darunter fallen Kleinstbetriebe, die weder registriert sind noch Steuern zahlen. Dazu gehören Straßenverkäufer, die allen möglichen Krimskrams verkaufen, Hausfrauen, die ihre heißen Humitas vor den Märkten an den Mann bringen, aber auch Boten, Schuhputzer, Gelegenheitsgärtner und Putzfrauen.

    Die Integration des Landes in die Weltwirtschaft ist seit Jahrzehnten ein erklärtes und mit Erfolg verfolgtes Ziel der verschiedenen chilenischen Regierungen. Chile hat ganze 21 bilaterale Freihandelsabkommen unterzeichnet, die insgesamt fast 60 Länder einschließen – das ist Weltrekord. Zudem dient sich das Land ausländischen Investoren als sicherer Standort und Plattform auch für Aktivitäten in anderen südamerikanischen Ländern an.

    Energiesektor vs. Umweltschutz

    Schon beim Landeanflug auf Santiago de Chile ahnt man, dass Chile Umweltprobleme hat. Die Gipfel der Anden verschwinden aus dem Blickfeld, man taucht in eine gelblich-graue Smog-Wolke ein, die den größten Teil des Jahres über der Stadt hängt. Durch die besondere Lage der Stadt wird das Problem verschärft; die Anden verhindern wie ein Wall, dass sich die hoch belastete Luft austauschen kann.

    Als relativ hoch industrialisiertes Land hat Chile einen hohen Energiebedarf. Die Kapazitäten müssen, um mit dem Wirtschaftswachstum Schritt halten zu können, in den nächsten Jahren fast verdoppelt werden. Kohle gab und gibt es an der sogenannten Costa del Carbon (Kohle-Küste) südlich von Concepción. Die Landschaft um Lota herum ist so etwas wie der Ruhrpott Chiles. Mine nach Mine wurde geschlossen.

    Angesichts der Energiekrise steht die Förderung erneuerbarer Energien ganz oben auf der Agenda der Regierung. Es gibt mittlerweile sogar eine Energieeffizienz-Agentur. Seit 2010 müssen mind. 5 % des Stroms aus erneuerbaren Energien stammen, dieser Anteil soll bis 2024 auf 20 % erhöht werden. Chiles geografische Lage prädestiniert eigentlich für erneuerbare Energien: An der langen Küste bestehen gute Möglichkeiten zur Installation von Windrädern, sowohl auf dem Land als auch im Wasser. Zudem bietet die bekanntermaßen trockenste Wüste der Erde, die Atacama, hervorragende Bedingungen für Solarenergie.

    Chile kann zumindest im Süden den größten Teil des Stroms, den die Bevölkerung braucht, mit Wasserkraft erzeugen. Die Potenziale in diesem Sektor sind groß, bisher werden kaum 10 % der Kapazität genutzt. Aber auch, wenn Wasserkraft eine vergleichsweise saubere Energiequelle ist, bedeutet sie oft tiefgreifende Eingriffe in die Landschaft. Das lange umstrittene, erst genehmigte und dann 2014 von der neuen Regierung wieder gestoppte Projekt HidroAysén, ein Riesenstaudamm im Süden Chiles, der die beiden Flüsse Baker und Pascua aufstauen soll, zeigt die Problematik. Umweltschützer und die ansässigen Mapuche wehrten sich erfolgreich dagegen, dass über 57 km² Land (das sind über 10.000 Fußballfelder), darunter Seen, Wälder und Gletscher, überflutet werden. 2013 reichten die Mapuche zudem Klage gegen eine bereits errichtete Windkraftanlage ein. Die wachsende Industrie so umweltfreundlich wie möglich mit Energie zu versorgen und dabei die Landproblematik zu berücksichtigen, wird eine der Herausforderungen der kommenden Jahre bleiben.

    Tourismus

    Chile setzt große Hoffnungen in den Tourismus, der in den letzten Jahren wirtschaftlich immer wichtiger geworden ist. Der Anteil des Tourismus am BIP soll in den nächsten Jahren deutlich gesteigert werden. 2014 reisten laut der Tourismusbehörde Sernatur 3.672.803 Menschen nach Chile, die allermeisten davon (ca. 1,5 Mio.) aus dem benachbarten Argentinien. Bei den europäischen Touristen stehen Spanier an der Spitze (rund 75.000 in 2014), gefolgt von Deutschen, Engländern und Franzosen. 2014 reisten rund 70.000 Deutsche nach Chile.

    Chile besticht mit großartigen Landschaften: die Termas von Polloquere am Salar de Surire

    Naturschutzgebiete und Nationalparks Chiles

    Chile gehört zu den Ländern mit den größten Schutzgebieten im Verhältnis zur Landesfläche. Zu den Schutzgebieten des sog. Sistema Nacional de Áreas Silvestres Protegidas del Estado, das von der Forstbehörde CONAF verwaltet wird, gehören zzt. 101 Gebiete. Davon sind 36 Nationalparks, 49 Reservas Nacionales und 16 Monumentos Naturales mit einer Gesamtfläche von ca. 146.000 km². Damit stehen etwa 20 % der Landfläche unter Schutz.

    Ca. 85 % der geschützten Fläche liegen in der südlichen Landeshälfte, südlich des 44. Breitengrades. In den nördlichen Landesteilen fehlen dagegen Schutzgebiete. In den letzten Jahren wurde daher immer mehr Bewegungen gegründet, die sich dem Schutz bestimmter Ökosysteme oder Landschaften verschrieben haben. Sowohl Chilenen als auch Ausländer beteiligen sich an diesen Projekten, deren größtes und spektakulärstes sicherlich das Proyecto Pumalín ist: 2.900 km² Land hat der nordamerikanische Modemillionär Douglas Tompkins an der Carretera Austral gekauft, um den Urwald vor den Sägen der Holzmultis zu schützen (S. 468).

    Geografischer Überblick

    Mit einer Länge von 4.300 km (was in etwa der Entfernung von Hamburg bis zum Tschad-See entspricht) reicht Chile von fast noch tropischen Breiten bis in die Antarktis. Von einer der extremsten Wüsten der Erde über liebliche Gartenlandschaften bis zu undurchdringlichen Regenwäldern kann man hier alles finden. Breit ist Chile nirgendwo, im Durchschnitt gerade mal 180 km, an der schmalsten Stelle nur 90 km.

    Chile gliedert sich in Bezug auf die Natur in drei große Einheiten: den Norden mit der Wüste Atacama, die zentralen Landesteile mit ihren riesigen Obstanbaugebieten und den Süden mit seinen Gletschern und undurchdringlichen Urwäldern. Gegensätzlichere Landschaften als in Chile kann man in kaum einem Land erleben.

    Geologische Entwicklung

    Chile als langes Band an der südamerikanischen Pazifikküste wird auf seiner ganzen Länge von den Anden durchzogen. Sie sind das Ergebnis eines in erdgeschichtlich bemessenen Zeiträumen jungen Prozesses. Vor 100 Millionen Jahren hatte sich zwar die Küstenkordillere schon gebildet, an der Stelle, an der sich heute die Anden erheben, breitete sich aber eine vom Meer erfüllte Senke aus. Diese Senke wurde durch marine Sedimente immer mehr aufgefüllt, bis schließlich das Meer verschwunden war. Starke tektonische Bewegungen führten nun dazu, dass die Anden als Gebirge aufgefaltet wurden. Dies geschah etwa zur gleichen Zeit, als in Europa die Alpen entstanden. Jahrmillionen später, kurz bevor die Periode der Eiszeiten begann, kam es erneut zu tektonischen Bewegungen, wodurch die Region zwischen der Küsten- und der Andenkordillere zerbrochen und eingetieft wurde: Es entstand eine Depression zwischen den beiden Bergzügen. Diese Senke, die ursprünglich aus einer Vielzahl kleiner Spitzen und Gipfel bestand, füllte sich im Lauf der Zeit mit Erosionsmaterial, sodass sie heute eine sanft gewellte, fast ebene Oberfläche hat.

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    Erdbeben und Vulkanausbrüche in Chile

    An der Westküste Südamerikas treffen die Nazca-Platte und weiter südlich die antarktische Platte auf die südamerikanische Platte. Durch das Aufeinanderprallen der beiden Platten entstanden einst die Anden. Andere Erscheinungen, die mit der Bewegung der Platten in Zusammenhang stehen und sich in Chile beobachten lassen, sind Erdbeben, Vulkanismus und heiße Quellen.

    Vulkane entstehen in Spannungszonen, wie sie z. B. beim Aufprall zweier Platten zustande kommen. Deswegen sind die Ränder von Kontinenten, die mit einer Plattengrenze zusammenfallen, von einer Kette von Vulkanen durchsetzt, man spricht z. B. vom zirkumpazifischen Feuerring. In der Erdkruste bilden sich Spalten und Risse, durch die flüssiges Gestein aus dem Erdinneren (Magma) aufsteigen kann und schließlich in einem Vulkanausbruch zutage gefördert wird. Die Vulkane im Süden Chiles sind zum großen Teil bis heute aktiv. Auch wird das Land immer wieder von Erdbeben erschüttert, eine Auswahl der letzten Jahre:

    1960: Das bislang schwerste Erd- und Seebeben der Geschichte Chiles mit 9,5 auf der Richterskala zerstört große Teile Südchiles, über 1.000 Menschen sterben, der wirtschaftliche Schaden beläuft sich auf 425 Mio. US$.

    2008: Nach Jahrhunderten bricht überraschend der Vulkan Chaitén nahe dem gleichnamigen Städtchen aus und bläst eine kilometerhohe Aschewolke in den Himmel, die Stadt wird von einer dicken Ascheschicht bedeckt. Über ein Jahr gibt der Vulkan keine Ruhe, erst Mitte 2010 wird die Alarmstufe gesenkt. Mittlerweile wurde die Stadt wieder aufgebaut (s. S. 471).

    2010: Am 27. Februar erschüttert ein schweres Erdbeben das Land (8,8 auf der Richterskala), das u. a. große Teile der Städte Concepción und Copiapó zerstört. Der folgende Tsunami überrollt Teile der Küstenregionen bei Maule und Biobío. Zwei Millionen Menschen verlieren ihre Unterkunft, ca. 600 Menschen sterben.

    2011: Im Juni sorgt der ausbrechende Vulkan Puyehue für die Evakuierung tausender Anwohner und für Ausfälle im Flugverkehr. Durch den Wind werden vor allem argentinische Städte wie Bariloche mit einer bis zu zehn Zentimeter dicken Ascheschicht bedeckt – mit fatalen Folgen, vor allem für Vieh und Landwirtschaft.

    2014: In der Region Iquique bebt im April die Erde, mit 8,2 auf der Richterskala und Tsunami-Warnung. 10.000 Häuser werden zerstört, 900.000 Menschen evakuiert.

    2015: Im Mai bricht mehrmals der Vulkan Calbuco im Süden Chiles aus, rund 6.500 Menschen werden evakuiert. Die Aschewolke steigt über 15 km in den Himmel. Im September erschüttert ein Erdbeben der Stärke 8,4 die chilenische Küste, für die gesamte Pazifikregion wird eine Tsunami-Warnung herausgegeben. Das Epizentrum liegt 280 km nördlich von Santiago auf der Höhe von Illapel.

    Aktuelle Infos gibt es auf der Seite des Innenministeriums (auf Spanisch) unter www.onemi.cl.

    Beschilderungen weisen im Notfall eines Tsunamis den Weg in höher gelegene Gebiete

    Die Géiseres del Tatío gehören zu den Hauptsehenswürdigkeiten um San Pedro de Atacama

    Der Norden des Landes: Hochgebirge und Wüste

    Der Norden von Chile wird üblicherweise in den Großen Norden und den Kleinen Norden unterteilt. Der Große Norden beginnt an der peruanischen Grenze und reicht bis zum Ojos de Salado, dem höchsten Berg des Landes, der etwas südlich des 27. Breitengrades liegt. Geologisch gliedert sich die Landschaft von der Küstenebene bis zu den höchsten Andengipfeln in verschiedene Einheiten. Am Übergang zwischen Meer und Land haben die Wellen im Laufe der Jahrtausende eine Ebene aus dem Gestein gefressen: die litorale Plattform. Sie ist unterschiedlich breit und fehlt an einigen Stellen ganz, z. B. auf der Strecke zwischen Arica und Iquique, wo die Felsen der Küstenkordillere steil ins Meer stürzen. Die litorale Plattform bietet die besten Möglichkeiten für menschliche Siedlungen: Auf den flachen Sandstränden ist es wesentlich einfacher, Städte anzulegen, als an den steilen Hängen der Küstenkordillere. So liegen die größeren Städte alle auf dieser Plattform.

    Die Küstenkordillere wird von Süden nach Norden immer schmaler und verschwindet schließlich ganz, sodass die zentrale Ebene nördlich von Arica direkt bis

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