Was Kinder brauchen und Eltern geben können
By Peter Michalik and Sara Michalik
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About this ebook
Erziehung ist NIE einfach - aber dieses Buch vermittelt Ihnen das Gefühl, dass sie gelingen kann. Und zwar so, dass es sowohl für Eltern wie auch für das Kind stimmig ist.
Die Autorin Sara Michalik-Imfeld ist psychologische Psychotherapeutin und spezialisiert auf Kinder, Jugendliche und Familien. Sie ist aber auch Mutter von drei Kindern mit ausgeprägten individuellen Bedürfnissen.
In diesem Buch beschreibt sie verständlich und mit vielen Beispielen aus ihrem Arbeits- und Familienalltag wie es gelingen kann, dass Eltern verstehen, was Kinder brauchen und erkennen, dass sie genau das ihren Kindern auch geben können.
Hier finden Sie nicht nur Erklärungen und viele wertvolle Tipps für den Erziehungsalltag, sondern Sie gewinnen auch einige neue Sichtweisen auf allzu bekannte und oft auch anstrengende Themen wie Grenzen setzen, Streit zwischen Kindern oder Umgang mit Kinderlügen.
Peter Michalik
Peter Michalik ist diplomierter Familien, Paar- und Eheberater IKP und Zertifizierter Paarlife® Coach. Er ist Dozent an verschiedenen Institutionen.
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Book preview
Was Kinder brauchen und Eltern geben können - Peter Michalik
aufgezeigt.
Grundverständnis
Dieses Kapitel widmet sich dem Grundgedanken, was Kinder brauchen und Eltern geben können.
Für Fachpersonen lässt sich in unserem Grundverständnis unschwer das humanistische Menschenbild und unter anderem ein pädagogisches Verständnis nach Carl Rogers und Janusz Korczak erkennen. Im ganzen Buch spiegeln sich diese Grundhaltungen immer wieder. Sie sollen deutlich machen, wie ein freudvolles und bereicherndes Zusammenleben mit Kindern möglich ist. Ein Zusammenleben, das Kindern Wurzeln und Flügel mitgibt.
Eine gute gegenseitige Beziehung
Eine gute gegenseitige Beziehung zwischen den Eltern und zwischen den Eltern und den Kindern ist das Wichtigste. Dazu gehört, dass sich das Elternpaar als Team versteht und auch in die Paarbeziehung investiert. Der Leitgedanke unseres Blogs Beziehungs ABC heißt: Eine glückliche Beziehung ist keine Glückssache. Wenn wir den Fokus auf die Kinder legen, sind wir überzeugt: Je besser es beiden Elternteile geht und je befriedigender die Paarbeziehung ist, desto besser ist es für die Kinder.
Eine bedingungslose Wertschätzung
Für eine gesunde Entwicklung eines Kindes sind folgende Werte ganz zentral: Geborgenheit, Sicherheit, bedingungslose Wertschätzung (eine Liebe und Wertschätzung also, die nicht an Bedingungen geknüpft ist) und Feinfühligkeit - also eine adäquate Wahrnehmung der Bedürfnisse des Kindes und das zuverlässige und angemessene Reagieren darauf (vgl. Mary Ainsworth). Diese Faktoren bilden den „sicheren Hafen" und den Halt für das Kind (vgl. sichere Bindung nach John Bowlby).
Echtes Interesse
Durch das echte Interesse am Erleben des Kindes ermöglichen wir Entwicklungs- und Wachstumsprozesse. Mit echtem Interesse pflegen und intensivieren wir unsere Beziehungen.
Vertrauen bilden
Durch eine stabile, vertrauensvolle und positive Beziehungsgestaltung entsteht Vertrauen. Dadurch lässt sich ein Kind besser begleiten, es ist Kooperation möglich und Konflikte können angegangen und gelöst werden.
Gleichwürdigkeit
Die Begegnungen sind geprägt von Partnerschaftlichkeit und Gleichwürdigkeit (was nicht zu verwechseln ist mit Gleichberechtigung). Das bedeutet auch, dass Eltern ihre Erziehung immer wieder hinterfragen und Kinder in die Gestaltung und das Einhalten von Familienregeln (z. B. Familienkonferenz nach Thomas Gordon) altersangemessen miteinbeziehen. Das Kind hat dieselbe Würde wie eine erwachsene Person.
Kooperation
Das Zusammenleben und die Aufgabenbewältigung des Alltags erfordern die Kooperation zwischen den Eltern aber auch zwischen Eltern und Kindern. Dem Kind wird altersentsprechende Mitverantwortung anvertraut. Durch die gleichwürdige Beziehung kann Kooperation gefördert werden.
Begleitung
Die Aufgabe der Eltern ist es, die Kinder zu begleiten, sie entsprechend ihrem Alter und individuellen Begebenheiten zu unterstützen, angemessen zu fordern, ihnen Erfolgserlebnisse zu ermöglichen und mit ihnen gemeinsam Misserfolge auszuhalten.
Bedürfnisse erkennen
Das Gegenüber und insbesondere das Kind verstehen zu wollen, ist ein hilfreiches Leitmotiv in Beziehungen. Insbesondere geht es darum, zu verstehen, was die Bedürfnisse und Gefühle des Kindes sind. Damit lenken wir den Fokus nicht nur auf das Verhalten eines Menschen, sondern auch auf seine individuellen Grundbedürfnisse und sein eigenes, einzigartiges Erleben.
Emotionen gehören dazu
Gefühle gehören zum Menschsein dazu. Es ist für uns Menschen eine große Stärke und ein Vorteil in vielen Belangen, wenn wir unsere Gefühle wahrnehmen und benennen können. Kinder sollen ihre Gefühle zulassen dürfen, auch negativ bewertete Gefühle wie Angst, Trauer oder Aggression. Gefühle sind nie falsch d. h. ich kann nie „falsch" fühlen. Das Kind muss lernen mit diesen Gefühlen umzugehen und diese angemessen auszudrücken. Umso wichtiger ist es, dass auch Eltern ihre Gefühle angemessen preisgeben und authentisch sind.
Gute Kommunikation ist zentral
Kommunikation zwischen Menschen findet ständig statt. Selbst wenn wir nichts sagen, drücken wir viel über unsere Körpersprache aus (vgl. Watzlawick). Insbesondere Kinder nehmen sehr viel wahr und lesen das Befinden der Eltern an deren Körpersprache ab. Auch daher ist ein offener, angemessener Umgang mit unseren Gefühlen und unserem Befinden zentral. Zudem ist ein guter Kommunikationsstil das A und O aller Beziehungen. Damit lassen sich Missverständnisse vermeiden und Konflikte besser lösen (vgl. Schulz von Thun). Die Gleichwürdigkeit in der Beziehung drückt sich im Kommunikationsstil aus.
Erfahrungen sind die besten Wegweiser
Unser ganzes Menschsein ist durch Erfahrungen geprägt. Die Prägung durch Erfahrungen beginnt mit der Zeugung. Wir lernen auch am besten durch Erfahrungen (J. Dewey). Daher ist es unvermeidbar, dass unsere Kinder eigene Erfahrungen machen müssen um etwas zu begreifen und zu lernen. Wir können aber bis zu gewissen Grad die Erfahrungen (v. a. im frühkindlichen Leben) aktiv positiv mitgestalten.
Loslassen können
Vertrauen in uns, in unsere eigenen Gefühle, Ressourcen und Instinkte, ist ebenso wichtig wie das Vertrauen in das Kind bzw. den Jugendlichen. Vertrauen bedeutet auch, loslassen zu können, Kontrolle abzugeben und damit auch Autonomie (Selbstbestimmung) zuzulassen; selbst dann, wenn etwas nicht ganz unseren Wünschen und Vorstellungen entspricht.
Wille und Selbstbestimmung anerkennen
Jedes Kind hat seinen eigenen, individuellen Willen und eine Tendenz zur Selbstbestimmung. Als Eltern erleben wir die Konfrontation mit dem Willen des Kindes gelegentlich als anstrengend. Es geht darum zu begreifen, wie wichtig dieser Wille ist, und dass er auch nicht „gebrochen" werden soll. Der Wille kann als Entwicklungsmotor verstanden werden und als Kraft, für sich selber einzustehen. So gibt es beispielsweise bei jedem Kind auch einen eigenen Willen zum Lernen, der lediglich gefördert werden muss (vgl. J. Dewey).
Konflikte und Schwächen gehören dazu
Konflikte gehören dazu. Sie können als Chance verstanden werden und lassen Beziehungen wachsen. Damit ist auch gemeint, dass der Familienalltag oder die Erziehung selten „einfach" sind und völlig stressfrei ablaufen. Im Gegenteil: Phasenweise kann es sogar ganz schön anstrengend und auch unbefriedigend sein. Das Zugeständnis von eigenen und kindlichen Schwächen lässt zu, dass man entspannter und toleranter miteinander umgeht und sich damit mehr auf die Stärken fokussieren kann.
Die Bedeutung der frühen Kindheit
Einmal fragte mich eine Mutter, was sie denn tun solle: Sie habe Angst, dass sich ihr 4 Monate altes Kind verletzen würde, sie habe schon alles Mögliche versucht, aber es nütze nichts. Als ich genauer nach der Situation fragte, berichtete mir die Mutter, dass sie beobachtet habe, dass ihr Kind bereits als Baby immer am Rand des Kinderbettchens lag und sie befürchten musste, dass es sich am Bettrahmen anschlagen und verletzen könnte. Sie habe daraufhin das Bettchen gegen eine große Matratze ausgewechselt und das Kind auf diese Matratze Schlafen gelegt. Doch auch hier habe sich das Kind dann immer gegen die Wand bewegt. Es bringe ja nichts, ihm noch eine noch größere Matratze anzubieten. Aufgrund von Verletzungsgefahr gebe es auch keine Kissen oder Kuscheltiere im Bettchen…
Diese Mutter zeigte auf den ersten Blick eine große Fürsorge für ihr Kleinkind, aber gleichzeitig auch ein Unvermögen, die Signale ihres Kindes richtig zu deuten und die Bedürfnisse von Kleinkindern zu kennen. Die Gefahr bestand für dieses Kleinkind nicht darin, dass es sich verletzen könnte, sondern darin, dass es für seine Entwicklung sehr wichtige Angebote durch seine Bezugspersonen nicht bekommen könnte: Halt, Berührung, Kontakt, Wärme, Geborgenheit.
Obwohl wir an die Erlebnisse unserer frühen Kindheit keine bewussten Erinnerungen haben, beeinflussen sie die menschliche Entwicklung stärker als jede andere Entwicklungsphase.
Dies konnten Forschungsuntersuchungen aus verschiedenen Bereichen in den letzten Jahren eindrücklich belegen. Die Erfahrungen der frühen Kindheit beeinflussen, wie wir uns fühlen, wie wir uns in Beziehungen verhalten und wie das psychische Befinden ist.
In diesem Kapitel sind einige der wichtigsten Forschungsergebnisse zusammengefasst und mit Beispielen aus dem Alltag verständlich erklärt. Am Ende des Kapitels finden sich zudem hilfreiche Tipps, die helfen können, die Bedürfnisse des Kindes wahrzunehmen und diesen gerecht zu werden.
Die Bedeutung des Körpers oder was Kinder erfahren
Obwohl sich die meisten Menschen nicht an die Zeit vor dem vierten Lebensjahr zurückerinnern