Der neue Landdoktor 79 – Arztroman: Es war eine Fehldiagnose
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Tessa Hofreiter ist in vielen Romangenres mit großem Erfolg aktiv. Einen ihrer zahlreichen Höhepunkte bildete fraglos die Serie um "Das Chateau", die sich um ein französisches Weingut dreht. Immer populärer ist in jüngster Zeit "Der neue Landdoktor" geworden, der den Nerv einer wachsenden Lesergemeinde trifft. Der Stil dieser Schriftstellerin ist unverwechselbar.
Es reicht, dachte Karen, als sie an diesem Nachmittag kurz entschlossen in den Bus nach Bergmoosbach einstieg. Sie war wütend und verzweifelt zugleich. Sie konnte nicht mehr länger zusehen, sie musste endlich etwas unternehmen. Sie war froh, dass niemand im Bus saß, den sie kannte. Ihr war jetzt nicht nach einer leichten Plauderei, dazu war sie zu aufgeregt. Sie setzte sich auf einen der freien Plätze am Fenster und schaute auf die Felder und Wiesen, die sich neben der Straße ausbreiteten. Fünf Jahre hatte sie als Arzthelferin für Doktor Rottenberger gearbeitet. Es war ein harmonisches Miteinander zum Wohle der Patienten gewesen, und sie war jeden Tag gern zur Arbeit gegangen. Das war nun vorbei. Vor zwei Monaten hatte Titus Kronmann die Hausarztpraxis in Germhausen übernommen, und inzwischen graute es ihr vor jedem Tag, den sie dort verbringen musste. Die ersten zwei Wochen war noch alles gut verlaufen. Er hatte sich mit ihr besprochen, sie das eine oder andere über die Patienten gefragt, die sie im Gegensatz zu ihm schon lange kannte. Diese Fragen hätte er sich aber auch sparen können. Er interessierte sich nicht für ihre Meinung, und seine Patienten reduzierte er auf Geldquellen, die ordentlich sprudeln sollten. Er nahm sich kaum Zeit, ihnen zuzuhören, riet ihnen stattdessen eindringlich zu Untersuchungen, die sie aus eigener Tasche bezahlen mussten. Die Germhauser hatten Doktor Rottenberger vertraut, und sie gingen davon aus, dass sie auch Doktor Kronmann vertrauen konnten. Sie glaubten ihm, dass diese Untersuchungen wichtig für sie seien und dass er es aufrichtig bedauerte, dass die Krankenkassen sich zum Nachteil der Patienten stur stellten und die Kosten nicht übernahmen. Sie hatte ihm mehrfach erklärt, dass viele seiner Patienten mit ihrem Geld streng haushalten mussten und sich diese Untersuchungen nicht leisten konnten. "Nun, man muss abwägen, was wichtiger ist, Gesundheit oder Konsum", hatte er stets darauf geantwortet.
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Der neue Landdoktor 79 – Arztroman - Tessa Hofreiter
Der neue Landdoktor
– 79–
Es war eine Fehldiagnose
Doch Dr. Seefeld kann helfen
Tessa Hofreiter
Es reicht, dachte Karen, als sie an diesem Nachmittag kurz entschlossen in den Bus nach Bergmoosbach einstieg. Sie war wütend und verzweifelt zugleich. Sie konnte nicht mehr länger zusehen, sie musste endlich etwas unternehmen.
Sie war froh, dass niemand im Bus saß, den sie kannte. Ihr war jetzt nicht nach einer leichten Plauderei, dazu war sie zu aufgeregt. Sie setzte sich auf einen der freien Plätze am Fenster und schaute auf die Felder und Wiesen, die sich neben der Straße ausbreiteten. Fünf Jahre hatte sie als Arzthelferin für Doktor Rottenberger gearbeitet. Es war ein harmonisches Miteinander zum Wohle der Patienten gewesen, und sie war jeden Tag gern zur Arbeit gegangen. Das war nun vorbei.
Vor zwei Monaten hatte Titus Kronmann die Hausarztpraxis in Germhausen übernommen, und inzwischen graute es ihr vor jedem Tag, den sie dort verbringen musste. Die ersten zwei Wochen war noch alles gut verlaufen. Er hatte sich mit ihr besprochen, sie das eine oder andere über die Patienten gefragt, die sie im Gegensatz zu ihm schon lange kannte. Diese Fragen hätte er sich aber auch sparen können. Er interessierte sich nicht für ihre Meinung, und seine Patienten reduzierte er auf Geldquellen, die ordentlich sprudeln sollten.
Er nahm sich kaum Zeit, ihnen zuzuhören, riet ihnen stattdessen eindringlich zu Untersuchungen, die sie aus eigener Tasche bezahlen mussten. Die Germhauser hatten Doktor Rottenberger vertraut, und sie gingen davon aus, dass sie auch Doktor Kronmann vertrauen konnten. Sie glaubten ihm, dass diese Untersuchungen wichtig für sie seien und dass er es aufrichtig bedauerte, dass die Krankenkassen sich zum Nachteil der Patienten stur stellten und die Kosten nicht übernahmen.
Sie hatte ihm mehrfach erklärt, dass viele seiner Patienten mit ihrem Geld streng haushalten mussten und sich diese Untersuchungen nicht leisten konnten. »Nun, man muss abwägen, was wichtiger ist, Gesundheit oder Konsum«, hatte er stets darauf geantwortet.
»Den meisten Menschen hilft ein Gespräch, um gesund zu werden. Nach Krankheiten zu suchen, für die es absolut keine Symptome gibt, verursacht Stress, und Stress macht krank«, hatte sie ihm vor ein paar Tagen selbstbewusst entgegnet. Seine Antwort war ein herablassendes Grinsen und der Hinweis, dass sie doch erst einmal Medizin studieren sollte, bevor sie glaubte, ihm gute Ratschläge erteilen zu können.
Sie hätte gern mit Doktor Rottenberger über Doktor Kronmanns Umgang mit den Patienten gesprochen, aber er und seine Frau lebten inzwischen in ihrem Ferienhaus auf den Kanaren. Er hatte sich in den vielen Jahren als Landarzt nie einen richtigen Urlaub gegönnt, und sie würde ihn jetzt nicht in seiner wohlverdienten Ruhe stören. Sie bedauerte nur, dass er nicht dem jungen Arzt aus Norddeutschland seine Praxis verkauft hatte, der sich auch um seine Nachfolge beworben hatte. Titus Kronmann war es gelungen, sich als erfahrenen Arzt im Umgang mit den Patienten darzustellen, und er hatte den jungen Mann auch finanziell überboten. Dass Doktor Rottenberger sich davon blenden ließ, konnte sie ihm nicht vorwerfen. Titus war ein ausgezeichneter Blender, wenn es um seinen Vorteil ging.
Da sie aber unbedingt mit jemandem reden musste, jemandem, dem sie vertrauen konnte, hatte sie sich auf den Weg nach Bergmoosbach gemacht. Sie wollte zu Gerti Fechner, die seit mehr als dreißig Jahren Sprechstundenhilfe in der Praxis Seefeld war. Sie hatte sich vor einigen Jahren während einer Fortbildung in München mit ihr angefreundet und sie war sicher, dass Gerti ihr helfen konnte.
Hoffentlich hat sie überhaupt Zeit für mich, dachte Karen, nachdem sie die Umgehungsstraße verlassen hatten, die durch einen dichten Kiefernwald führte, und auf die Straße einbogen, die nach Bergmoosbach führte. Egal, jetzt bin ich hier, dann werde ich auch zu ihr gehen, dachte sie, als sie den Ortseingang von Bergmoosbach erreichten.
Sie ging davon aus, Gerti noch in der Praxis anzutreffen. Sie würde erst in einer halben Stunde schließen. Titus Kronmann dagegen hatte die Sprechstunde in der Germhauser Praxis inzwischen verkürzt, was er ihr als Gehaltserhöhung anpries. Schließlich musste sie nun weniger für ihr Geld arbeiten. Da sein Geschäft mit den Zusatzleistungen gut angelaufen war, hatte sich der Umsatz, den die Praxis erzielte, trotz der Verkürzung der Sprechzeiten erhöht.
Karen stieg an der Haltestelle am Marktplatz aus dem Bus und ging das letzte Stück zur Praxis Seefeld zu Fuß. Im Gegensatz zu Germhausen, einem einfachen bäuerlichen Dorf, das keine besonderen Attraktionen zu bieten hatte, war Bergmoosbach ein Magnet für Touristen. Der Marktplatz mit dem alten Kopfsteinpflaster, den farbenprächtigen Häusern mit ihren Lüftlmalereien und dem imposanten Rathaus, von dessen Turm die Besucher über das Tal blicken konnten, war ein beliebtes Ausflugsziel.
Auch an diesem Nachmittag war der Mittelpunkt des Dorfes wieder von gut gelaunten Urlaubsgästen bevölkert, was die Einheimischen, die vom Tourismus lebten, mit Wohlwollen zur Kenntnis nahmen. Im Café am Marktplatz teilten sie sich die Plätze an den Tischen, die im Schatten unter dem Laubdach der großen Kastanie standen. Viele Gäste kamen regelmäßig nach Bergmoosbach, hatten sich mit den Einheimischen angefreundet und tauschten Neuigkeiten mit ihnen aus.
Karen winkte der Kellnerin in dem honigfarbenen Dirndl zu, die gerade einen Tisch abräumte. Sie und ihre Freundinnen kamen oft nach Bergmoosbach, um dieses Café zu besuchen. Es war für seine Kuchen und Torten weit über das Tal hinaus bekannt. In Bergmoosbach war außerdem immer etwas los. Die Gemeinde verstand es, dörfliche Tradition mit Weltoffenheit zu verbinden, und lockte damit auch internationale Gäste an. Und sie hatten einen Arzt, der sich in allem von Titus Kronmann unterschied.
Er nahm sich Zeit, seinen Patienten zuzuhören, war für sein gutes Gespür bekannt, wenn es um die Diagnose auch seltener Krankheiten ging, und er bezog seine Patienten in die Wahl der besten Behandlungsmethoden mit ein. Karen musste lächeln, als sie daran dachte, was man sich in Bergmoosbach und den umliegenden Gemeinden erzählte. Dass es einige Damen gab, die einen Arztbesuch in Bergmoosbach in ihre Urlaubsplanung miteinbezogen.
Sie war Sebastian Seefeld schon einige Male begegnet, wenn sie mit Gerti unterwegs war. Er hatte auch schon mit ihnen an einem Tisch im Biergarten gesessen. Sie wusste, wie er auf seine Mitmenschen und besonders auf Frauen wirkte.
*
Die Praxis Seefeld lag auf einem Hügel am Ortsende von Bergmoosbach, kurz bevor die Straße durch einen Tunnel in Richtung Mainingberg führte. Sie schaute auf das Haus mit den lindgrünen Fensterläden. Die mit dunkelgrauen Natursteinen gepflasterte Terrasse war von blühenden Blumenbeeten umgeben, eine Treppe führte durch einen gepflegten Steingarten von der Straße zum Haus hinauf.
In einem Anbau im Hof war die Praxis untergebracht. Vor dem Eingang breitete eine alte Ulme die Äste ihrer mächtigen Krone aus, so als wollte sie das Anwesen beschützen. Die weiße Holzbank, die ihren Stamm umrahmte, und der Berner Sennenhund, der davor in der Sonne döste, machten den idyllischen Anblick perfekt.
»Hallo, Nolan«, begrüßte Karen den Hund, der seinen Kopf hob, als sie die Auffahrt heraufkam. Sie hatte Gerti schon einige Male in der Praxis abgeholt, wenn sie mit ihr verabredet war. Sie kannte Nolan und wusste, dass er ein liebevolles friedliches Wesen besaß.
Sie streichelt ihm über den wuscheligen Kopf und erzählte ihm, dass sie Gerti besuchen wollte. Nachdem er sie mit einem tiefen »Wuff« begrüßt hatte, ließ er seinen Kopf wieder auf seine ausgestreckten Vorderpfoten sinken und schloss die Augen.
Dann werde ich Gerti mal überraschen, dachte sie und öffnete die Tür zur Praxis.
Die Empfangsdiele war hell und freundlich eingerichtet, die