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VffG, Jahrgang 3, Nr.

2, Juni 1999, 120 Seiten

Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung, 7. Jahrgang, Heft 3 & 4, Dezember 2003


Kriegsgründe: Kosovo 1999 – Westpreußen 1939 · Partisanenkrieg und Repressaltötungen · Der 1. Holocaust 1914-1927 · Polnische Bevölkerungsverluste ISSN: 1370-7507
während des 2. Weltkrieges · Lebensweg eines tschechischen »Partisanen« · Geschichte und Pseudogeschichte, Teil 2 · Versuche der Widerlegung revisioni-
stischer Thesen · Woher stammt der David-Stern? · Gewißheit um Heisenberg · Irrtümer und Unsinn über Wagner · Der Abfall eines jüdischen Revisionisten ·

Vierteljahreshefte
Redefreiheit…, Teil 3 · Zensur und Willkür ohne Ende · Kristallnacht in Barcelona, u.v.a.m.
VffG, Jahrgang 3, Nr. 3, September 1999, 120 Seiten
KL Stutthof · Der große Patentraub · Wlassow in neuem Licht · Wandlungen der Totenzahl von Auschwitz · Wieviele Tote gab es in Auschwitz?
· Das Schicksal der Juden Deutschlands 1939-45 · Unbekannter Hunger-Holocaust · Sowjetische Bildfälschungen · Britische Propaganda 1939-

für freie
45 · Aufstieg und Fall von Lindbergh · Die Beneš-Dekrete · Konrad Henlein und die sudetendeutsche Frage · Grenzen der Naturwissenschaft
· Wahnwelten · Redefreiheit…, Teil 4 · Jürgen Graf: Urteil von Appelationsgericht bestätigt, u.v.a.m.
VffG, Jahrgang 3, Nr. 4, Dezember 1999, 120 Seiten
Fremdarbeiter im Dritten Reich · Deutsche Zwangsarbeit und ihr Entschädigung · Ist Amerika seit 250.000 Jahren besiedelt? · Wer waren die
Ureinwohner Amerikas? · Perspektive in „Holocaust“-Kontroverse · Holocaust-Religion · 100 Mio. Kommunismus-Opfer: Warum? · Kulmhof/Chelmno · Sinti

Geschichtsforschung
und Roma · Peenemünde und Los Alamos · Entmachtung der deutschen Vertriebenen · „Deutsche Geschichtsschreibung“ · Bundesprüfstelle verweigert Poli-
tical Correctness · Holocaust im Internet · Wissenschaft oder Ideologie?
VffG, Jahrgang 4, Nr. 1, Juni 2000, 120 Seiten
Verschiedene Beiträge zum Prozeß David Irving gegen D.E. Lipstadt · »Schlüsseldokument« – alternative Interpretation · Vergasungslügen
gegen Deutschland · Verfahrenstechniker zu Vergasungsbehauptungen · Treblinka-Archäologie · England – Aggressorstaat Nr. 1 · Churchill
plante 3. Weltkrieg gegen Stalin · Englands Kriegsgründe für WKII · Rätselhafter General Wlassow · Japan: einen Holocaust verschwindet ·
Einkreisung Deutschlands · Freispruch für polnischen Historiker · Prozeß gegen Dr. Toben · Zweierlei Kronzeugen · u.a.m.
VffG, Jahrgang 4, Nr. 2, August 2000, 120 Seiten
Holo-Orthodoxie · Gedenken an Pfeifenberger und Elstner · Deutschland – Sommer-Alptraum · Was geschah mit unregistrierten Juden? · 7. Jahrgang • Heft 3 & 4 • Dezember 2003
“Schon 1942 wußte man…” · Leichenkeller von Birkenau · Serienlügner Wiesel · Üben bis zur Vergasung! · Lügner Lanzmann · Gaskammer-Besichtigung ·
Juden unter NS-Herrschaft · Tod Himmlers · WK II: Wessen Krieg? · Leistungen der Wehrmacht zur Flüchtlingsrettung · Galileo Galilei · Neue Weltreligion ·
Nazifizierung der Deutschen · Ideologische Versuchung · Unsere jüdischen Wurzeln? · u.a.m.
VffG, Jahrgang 4, Nr. 3&4 (Doppelnummer), Dezember 2000, 232 Seiten (als Einzelheft € 30,-) 11. September 2001:
Ganzjahres-Alptraum Deutschland · 20. Jahrhundert – ein „deutsches“ Jahrhundert? · Revisionistische Wiedergeburt · Kongreß der Verfolgten ·
Historische Vergangenheit, politische Gegenwart · Was widerfuhr den ungarischen Juden? · Luftschutz in Birkenau: Neubewertung · Berichte zu Terror oder Betrug?, S. 250-287
Auschwitz · Amtlich sanktionierter Betrug in Dachau · Giftmordfall Marie Besnard · „Swing tanzen verboten“ · Das Ende von U 85 · Armee von
Nieten · Washington oder Wilson? · Entstehung des jüdischen Volkes · Wilhelm II. und T. Herzl · Sieg der verlorenen Revolution · u.a.m. Der Krieg gegen den Irak:
VffG, Jahrgang 5, Nr. 1, Mai 2001, 120 Seiten Die auserwählte Komponente, S. 288
Revisionismus und Zionismus · Großbritannien und Palästina · Englands Propagandanetz in den USA · US-Intrigen zur Ausweitung des 2. Weltkriegs · Roose-
velt und der Fall Kent · Pläne zur Ausrottung des deutschen Volkes · Grabschändung durch Behörde · Vergewaltigte E. Wiesel deutsche Mädels? · Der Holocaust
begann 1648 · Die Shoah: bloßer Glaube? · Esquire über Revisionismus · Bedrohung und Gewalt gegen Revisionisten · »Strafbarkeit des Auschwitz-Leugnens«
Weltkrieg gegen das „Böse“:
· Fälschungen zum Holocaust · Legenden des Sklavenhandels, u.a.m. USA gegen den Rest der Welt, S. 304-328
VffG, Jahrgang 5, Nr. 2, Juli 2001, 120 Seiten
Beirut: Die unmögliche revisionistische Konferenz · Die Führer der islamischen Staaten sollten ihr Schweigen zum „Holocaust“-Betrug bre- Leidendes Palästina:
chen · Auswirkung und Zukunft des Holocaust-Revisionismus · Zyklon B, Auschwitz und der Prozeß gegen Dr. Bruno Tesch · Neubewertung Deutsche Medienblindheit, S. 329
Churchills – Teil 1 · J. Goebbels und die „Kristallnacht“ · Die Wiege der Zivilisation am falschen Ort? · Ein Volk gibt es unter uns… · Reali-
tät und Wirklichkeit · Der Angler, der Karpfen und der Revisionist · Jagd auf Germar Rudolf, Teil 3 · u.a.m. Israel ermordet Frieden, S. 340-344
VffG, Jahrgang 5, Nr. 3, September 2001, 120 Seiten
Folgen des Großterrorismus · »den holocaust hat es nie gegeben« · Offener Brief an arabische Intellektuelle · N. Finkelstein über Juden,
Exaktheit als Methode:
Antisemitismus, Israel · Revisionisten sind schwer zu widerlegen · Schwimmbad in Auschwitz · Marschall Pétain · Finnischer Winterkrieg 1939 · Unternehmen Faurissons Revisionismus, S. 350
Barbarossa und Europas Überleben · Ardennenschlacht · Neubewertung Churchills – Teil 2 · Britische Kriegsverbrechen · Weiße “Mumien” von Ürümchi ·
Kelten in Westchina · Pressefreiheit abgeschafft · Der Fall Gamlich · Die Neuseeland-Saga · u.a.m. Auschwitz Dokumente und Versuche:
VffG, Jahrgang 5, Nr. 4, Dezember 2001, 120 Seiten Leichenkeller = „Gaskammer“?, S. 357
Schützt unsere Demokratie! · Der Verfassungsschutz zum Revisionismus · Politische Romantik des Holocaust · J. Spanuth · Deportation
ungarischer Juden 1944 · Mythos von Gebrauchsobjekten aus Menschenhaut · Revision zur Französischen Revolution · Wendepunkt Erster Gasprüfer und Gasrestprobe, S. 380
Weltkrieg – Teil 1 · Unterdrückung Lettlands, 1918-1991 · OSI – US-Nazijäger · Stalins Säuberung der Roten Armee · Offene Fragen zu den Flammen und Rauch, S. 386
Terrorangriffen auf die USA · Amerika & England: Das Ende der Freiheit? · Gaskammern im Altreich? · Zeugen · u.a.m.
VffG, Jahrgang 6, Nr. 1, April 2002, 120 Seiten Humanes Töten:
Politisch verfolgte Deutsche genießen Asyl … im Ausland · Fort Eben-Emael: Wendepunkt der Geschichte · Bombardierung von Bergen Deutsche ermorden ist gut, S. 392
1944/45 · Durchbrach die Me 262 die Schallmauer? · Konzentrationslagergeld · Miklos Nyiszli · Israels Geburt durch Blut und Terror · Holocaust-Dynamik ·
Juden, Katholiken und der Holocaust · Revisionismus und die Würde der Besiegten · Globale Probleme der Weltgeschichte · N.G. Finkelstein in Beirut: Gegen-
veranstaltung arabischer Revisionisten · Jagd auf Germar Rudolf · Nachrufe · u.a.m. Pseudowissenschaft:
VffG, Jahrgang 6, Nr. 2, Juni 2002, 120 Seiten Eine Definition, S. 403
Naher Osten: Lunte am Pulverfaß · Geopolitik des Afghanistankrieges · 11. September 2001 · Helden von Bethlehem · V. Frankl über Auschwitz
· „Entdeckung“ des „Bunkers 1“ von Birkenau · Kosten von Auschwitz · Rückblick auf GULag · Kinderlandverschickung im 2. Weltkrieg · Ehrendes Angedenken:
Antigermanismus · Totalitarismus in der Springer-Presse · Gutachten im Asylverfahren von G. Rudolf · Geistesfreiheit in Deutschland · Japan Jean-Claude Pressac, S. 406-414
knackte US-Funkverkehr im Sommer 1941 · Hitler ohne Völkermordprogramm gegen Slawen · Ausgrabungen in Sobibor? · u.a.m.
VffG, Jahrgang 6, Nr. 3, September 2002, 128 Seiten Leni Riefenstahl, S. 415

½ KL Mauthausen:
IHR: Sinkt das Schiff? · Douglas: Revisionist oder Scharlatan? · »Keine Löcher, keine Gaskammer(n)« · V.E. Frankl in Auschwitz · Treblinka: Vernichtungsla-
ger oder Durchgangslager? · C.A. Lindbergh: Prinzipien vor Privatleben · Trübe Machenschaften der Anti-Defamation League · Auch Kulturrevisionismus ist
dringend erforderlich · Ich, der Antisemit? · Stalins Vernichtungskrieg – amtlicher Verleumdungskrieg · Nachruf auf Thor Heyerdahl · Schwimmbad im Ghetto Der Fall Lachout, S. 422
Castle Hill Publishers
Theresienstadt · Wie die USA den Vietnamkrieg vom Zaune brachen · Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses · u.v.a.m.
VffG, Jahrgang 6, Nr. 4, December 2002, 120 Seiten Emil Lachout 2003 Aufstand für die Wahrheit:
Auschwitz-Opferzahl: Zahlen-Roulette dreht sich weiter · Russen recherchieren in “Sache Holocaust” · Sowjetischen Befragung der Topf- Verein für Holo-Verfolgte, S. 436-450
Ingenieure · “Verbrennungsgruben” und Grundwasserstand in Birkenau · Die Stärkebücher von Auschwitz · Giftgas über alles, von Friedrich
Paul Berg · Vrba entlarvt Lanzmanns Film Shoah... und sich selbst · Mondlandung: Schwindel oder Wahrheit? · Männer beiderlei Geschlechts
und der kalte Verfassungsputsch · Von der Gefahr, Revisionist zu sein… · Hundert Jahre Leni Riefenstahl · Zensur im Internet, u.a.m.
VffG, Jahrgang 7, Nr. 1, April 2003, 120 Seiten
E. Zündel: Kampf für Deutschland · Die 4-Mio. Zahl von Auschwitz: Entstehung, Revision, Konsequenz · Zigeuner-“Vergasung” in Auschwitz
· Lodz-Ghetto in der Holocaust-Propaganda · Neues Gesicht des “Holocaust” · Der General im Eis · Klimaforschung: Wissenschaft oder Ideologie? · Umer-
ziehung an deutschen Schulen · Hintergründe der 68er-Kulturrevolution · Entstehung des Dt. Reiches · Warum die USA den Internationalen Strafgerichtshof
ablehnen · Revisionismus in Estland · Dissidentenverfolgung: Rennicke, Amaudruz, Plantin · u.a.m.
VffG, Jahrgang 7, Nr. 2, Juli 2003, 120 Seiten
Am Rande des Dritten Weltkriegs · Die Opiumkriege · Sind alle Menschen gleich? · Wie die Psychologie Darwin verlor · Gruppendenken ·
Dachau-Greuelmärchen bloßgelegt · Jüdische Mythen um die Berliner Olympiade (1936) · Walter A. Peltz als Holocaust-Falschzeuge · Schicksal
der jüdischen Familie Goldsteen aus Holland · KL Sachsenhausen · Verbrennungsexperimente mit Tierfleisch und -fett · Dissidentenverfolgung:
Kanada, Neuseeland, Deutschland · Die Versenkung des Schlachtschiffes Bismarck u.a.m
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Offenkundigkeit · Zyklon B · Selbstassistierter Holocaust-Schwindel · Französischer Hersteller von Zyklon B? · Affäre Garaudy/
Versand: außerhalb Großbritanniens per Luftpost, Porto und bitten wir Sie herzlich, uns nach Kräften zu unterstützen, sei Abbé Pierre · Historiker: Keine Beweise für Gaskammern! · Zur Legalität von Geiselerschießungen · Ein anderer Auschwitz-
Verpackung sind inklusive. es durch Abonnements, die Übernahme von Patenschaften, prozeß · Englands Oberjuden vor Gericht · Juden in Wehrmachtsuniform · Guido Knopp und die historische Wahrheit · Zur
Zahlungsbedingungen: 60 Tage rein netto. die Vermittlung neuer Abonnenten und Interessenten oder gar Wissenschaftsfreiheit in Deutschland · Bücherverbrennung in Deutschland heute · »Prawda«: Der Holocaust ist ein Mythos
Zahlungsweise: durch Spenden. Spendenüberschüsse fließen zu 100% in die VffG, Jahrgang 1, Nr. 2, Juni 1997, 74 Seiten
– bar: vorzugsweise €, SF, £ oder US$. Erforschung wichtiger geschichtlicher Fragen. Wannsee-Konferenz · Wieviele Juden überlebten Holocaust? · Sonderbehandlung · Gespensterkrankheit · Loch in der Tür · Anne Frank ·
Unbefohlener Völkermord · Völkermord durch Telepathie · KGB-Novellist G. Fleming · Revisionismus im Cyberspace · Focus, Monitor und
die Wahrheit · Revisionistische Gutachten · Rudolf Gutachten in der Kritik · Zur Lage des Holocaust-Revisionismus · Aktion Troja · Völkermord
Voraussetzungen für den Abdruck von Artikeln in den Vierteljahresheften für freie Geschichtsforschung: nicht gleich Völkermord · Deutschland verletzt Meinungsfreiheit
Inhaltliche Voraussetzungen: Vorgehensweise: Mit Ausnahme anonym zugesandter Beiträge VffG, Jahrgang 1, Nr. 3, September 1997, 90 Seiten: zur Zeit ausverkauft
Themengebiete: Geschichte, insbesondere Zeitgeschichte; werden Korrekturbögen nach Erfassung zugesandt, ein VffG, Jahrgang 1, Nr. 4, Dezember 1997, 82 Seiten
daneben auch Meinungs- und Forschungsfreiheit. Nach Recht auf Abdruck entsteht dadurch nicht. Das eventuelle Rudolf Gutachten: »gefährlich« · Technik deutscher Gasschutzbunker · Sauna ein »Verbrechen«? · Was geschah den aus Frankreich deportierten
Möglichkeit neuartige, bisher unveröffentlichte Berichte, Erscheinungsdatum behält sich die Redaktion vor. Ein Juden? · Juden von Kaszony · Wieviel Gefangene wurden nach Auschwitz gebracht ? · Himmler-Befehl zum Vergasung-Stop · NS-Sprache
gegenüber Juden · Ch. Browning: unwissender Experte · Deutscher Soldat in Auschwitz und Buchenwald · Die Ignoranz der deutschen Elite ·
Übersichtsartikel bzw. Forschungsergebnisse; Autorenhonorar wird nur gezahlt, falls der Autor unter Menschenrechtsorganisationen und Revisionismus
Stil: systematischer Aufbau; sachlich; Belegung von Tat- gesellschaftlicher und/oder staatlicher Verfolgung wegen
VffG, Jahrgang 2, Nr. 1, März 1998, 82 Seiten
sachenbehauptungen; merkliche Trennung von Meinung und seinen Meinungsäußerungen leidet. Es wird jeweils nur ein Grundwasser in Auschwitz-Birkenau · Die »Gasprüfer« von Auschwitz · Zweimal Dachau · Irren-Offensive · Ein Australier in
Tatsachenbehauptungen. Belegexemplar versandt. Auf ausdrücklichen Wunsch können Auschwitz · Die Affäre Papon-Jouffa-Faurisson · Maurice Papon und Yves Jouffa: zweierlei Maß? · Milliarden Franc den Juden
bis zu fünf Belegexemplare zugesandt werden. geraubt… oder von Marschall Pétain? · Büchervernichter und ihre Opfer · 451 Grad Fahrenheit · Vom Holocaust Museum
Äußere Voraussetzungen: Aus naheliegenden Gründen drucken ausgeladen: Schriftsteller spricht beim Nationalen Presseclub
wir Beiträge gegebenfalls auch unter Pseudonymen ab, die Daten: Wir bevorzugen Daten auf Diskette (PC, evtl. auch VffG, Jahrgang 2, Nr. 2, Juni 1998, 82 Seiten
wir selbstverständlich streng vertraulich behandeln. Anonym MAC, 3,5”/1,44MB und ZIP/100 oder 250 MB). Die Datei- Appell an unsere Unterstützer · Kurzwellen-Entlausungsanlagen in Auschwitz · ›Gaskammern‹ von Majdanek · »Ein Kommentar ist Stelle
zugesandte Beiträge, die ebenfalls willkommen sind, können formate der üblichen Textverarbeitungsprogramme können in überflüssig« · Auschwitz: Krema-Zerstörung als Propaganda-Bremse · Das Detail · »Gaskammer« von Auschwitz I · Wiedergutmachung:
nur veröffentlicht werden, wenn sie inhaltlich annähernd der Regel alle verarbeitet werden, vorteilhaft sind jedoch aus Korrektur eines Fehlurteils · Der Mythos von der Vernichtung Homosexueller im Dritten Reich · Guido Knopp: Meister der Gehirnwäsche ·
druckreif sind. Gründen der Portabilität Dateien des Formats *.rtf (Rich Text Deutschland und seine Neurosen · Zweifeln verboten, fragen verboten, zitieren verboten!
Es besteht keine Umfangsbeschränkung für eingereichte Format). Wir selbst verwenden bevorzugt MS Word97/2000 VffG, Jahrgang 2, Nr. 3, September 1998, 82 Seiten
»Schlüsseldokument« ist Fälschung · Dokumentation eines Massenmordes · Verdrängte Schiffskatastrophen · Vatikan und
Beiträge. Beiträge, die merklich 10 Seiten in unserer Zeitschrift sowie PageMaker 6.5/InDesign (MS Publisher und Quark »Holocaust«: »Komplizenschaft« zurückgewiesen · R. Graham und Revisionismus · Lügen über Waffen-SS-Division · Auschwitz
überschreiten (etwa 50.000 Zeichen, bzw. 9.000 Wörter), Express können gelesen werden). Bitte senden Sie Ihre Sterbebücher · Auschwitz-Überleben · Kriegsgerüchte · »Vor dem Lesen vernichten!« · Falsche Erinnerungen überall – nur
müssen damit rechnen, in mehrere Teile zerlegt in aufein- Manusripte nicht per Fax, da dies ein automatische Erfassung nicht in der Zeitgeschichte · J. W. Goethe knapp BRD-Zensur entgangen · Polizeistaatliche Intoleranz.
anderfolgenden Ausgaben publiziert zu werden. In solchen (OCR) erschwert. Bilder können sowohl in allen gängigen VffG, Jahrgang 2, Nr. 4, Dezember 1998, 82 Seiten
Fällen ist dafür zu sorgen, daß der Beitrag eine Gliederung Bildformaten auf Diskette als auch im Original zugesandt Zensoren und Zensierte · Cremonini-Preis 1999 · »Gasdichte« Türen in Auschwitz · Kurzwellen-Entlausungsanlage, Teil 2 ·
aufweist, die eine solche Teilung erlaubt. werden. Redefreiheit, dissidente Historiker und Revisionisten, Teil 1 · Aus Kriegspropaganda werden historische »Tatsachen« · 1944: Schreckensjahr
Beiträge von zwei Seiten Länge oder mehr sollten mit 3,5”-Disketten sowie unverlangte Manuskripte werden im Kaukasus · »Holocaust in neuem Licht« – Hintergrundinformationen · Repression gegen Dissidenten in Schweiz · Eine Zensur findet nicht
Abbildungen versehen sein, um den Text aufzulockern nicht zurückgesandt, verlangte Original-Manuskripte und statt, es sei denn... · Liste eingezogener Schriften · Dänisches Zeugen-Potpourri.
(Buchumschläge behandelter Werke, Dokumenten-Faksimiles, Abbildungen nur auf ausdrückliche Bitte. VffG, Jahrgang 3, Nr. 1, März 1999, 120 Seiten
Deutschlands Historiker anno 1999 · Eine Fallstudie früher integrierter Kriegführung · Redefreiheit…, Teil 2 · Rückblick auf
Portraits behandelter Personen und evtl. der Beitragsautoren, Falls Sie mit diesen Bedingungen einverstanden sind, den Revisionismus · Wie die Siegerpropaganda aus Bäckereien »Krematorien« schuf · »Zur Bestreitung des Holocaust – Fakten
Autorvorstellungen, Bilder historischer Ereignisse etc.). erwarten wir gerne Ihre Arbeiten. und Motive« · Geschichte und Pseudogeschichte · Die 1998’er Konferenz in Adelaide, Australien · Das Rudolf Gutachten
in der Kritik, Teil 2 · Pyrrhussieg in der Schweiz für die jüdische Gedankenpolizei · Die Wilkomirski-Pleite · Fragen an die
* zuzüglich 8% Porto & Verpackung in Europa, 16% außerhalb Europas. UNESCO zum Thema Auschwitz.
Inhalt

George Bush wider den Revisionismus ..................................................................................................................................243


Von Richard Widman
Revisionistische Notizen ..........................................................................................................................................................244
Von Bradley Smith
11. September 2001: Terrorangriff oder Betrugsmanöver der US-Regierung?
Geisterreiter am Himmel: Ein alternatives Szenario zum 11. September 2001, von Alexander K. Dewdney .......................250
Mobiltelefon-Experimente in Linienflugzeugen, von Germar Rudolf ....................................................................................275
Die merkwürdige Untätigkeit der US-Luftwaffe, von Mark Elsis ..........................................................................................277
Der Krieg gegen den Irak: In Israel konzipiert.....................................................................................................................288
Von Stephen J. Sniegoski
Eine Übersicht über den Krieg gegen den Terrorismus .......................................................................................................304
Von Jim Marrs
Entweder Weltherrscher oder das Nichts..............................................................................................................................313
Von Andreas Wesserle
Die furchtbaren Leiden der Palästinenser .............................................................................................................................329
Von Georg Wiesholler
Wie Israel den Frieden ermordet
Israelischer Planierraupen-Fahrer ermordet US-Friedensaktivistin, von Nigel Parry und Arjan El Fassed.......................340
Nachruf auf Rachel, von Colonel Maguire ............................................................................................................................342
Wie deutsches und amerikanisches Geld in Israel ausgegeben wird, von Germar Rudolf....................................................343
Simon Wiesenthals Kriegsjahre: Neues Licht in eine düstere Vergangenheit ...................................................................344
Von Theodore O‘Keefe
Meine revisionistische Methode ..............................................................................................................................................350
Von Prof. a.D. Dr. Robert Faurisson
Die Leichenkeller der Krematorien von Birkenau im Lichte der Dokumente ...................................................................357
Von Carlo Mattogno
Auschwitz: Gasprüfer und Gasrestprobe ..............................................................................................................................380
Von Carlo Mattogno
Flammen und Rauch aus Krematoriumskaminen................................................................................................................386
Von Carlo Mattogno
Der glückliche Drachen Nummer 5 ........................................................................................................................................391
Von Minoru Reich-Sato
Humanes Töten ........................................................................................................................................................................392
Von Ernst Manon
Revisionismus in Portugal .......................................................................................................................................................398
Von Jürgen Graf
Der Holocaust-Revisionismus in den Massenmedien............................................................................................................399
Von Paul Grubach
Pseudowissenschaft ..................................................................................................................................................................403
Von Germar Rudolf
In Memoriam Jean-Claude Pressac
Jean-Claude Pressac und der Revisionismus, von Jürgen Graf ............................................................................................406
Meine Erinnerungen an Jean-Claude Pressac, von Carlo Mattogno ....................................................................................412
Leni Riefenstahl – kein Abschied............................................................................................................................................415
Von Martha Jüngst
Gerechtigkeit für Deutschland – vielleicht nächstes Jahr ....................................................................................................417
Über und von Martin Hohmann, MdB

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4 241


Die „Gaskammer“ im KL Mauthausen – Der Fall Emil Lachout .......................................................................................422
Von Johannes Heyne
Aufstand für die Wahrheit ......................................................................................................................................................436
Von Horst Mahler
Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht, von Ursula Haverbeck................................................................................................445
Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten, von Horst Mahler .......................................448
Offener Brief an Horst Mahler, von Prof. a.D. Dr. Robert Faurisson...................................................................................449
Bücherschau
Der Terror begann nicht erst unter Stalin, von Thomas Dunskus .........................................................................................450
Das Ende der Legenden, von Wolfgang Strauss ....................................................................................................................451
Unauslöschliche Schatten: Die Filmwelt und der Holocaust, von Francis Dixon.................................................................460
Aus der Forschung
Erpreßte Geständnisse: Warum Unschuldige einen Mord gestehen, von Manfred Köhler ...................................................461
Intelligenz: vererbt oder erlernt?, von Andrea Schneider .....................................................................................................464
Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 5, von Germar Rudolf ................................................................465
Leserbriefe ................................................................................................................................................................................470
In Kürze ....................................................................................................................................................................................475
Erratum ..................................................................................................................................................................................480

Appell an alle Leser


Erst Möllemannn, dann Hohmann und Brigadegeneral Gün- werden müssen, um ihren Untertanengeist endlich abzulegen.
zel; die Bevölkerungsstatistiken Deutschlands weisen unauf- Und wie können Sie uns dabei helfen? Ganz einfach: Wer
hörlich auf einen baldigen Völkerselbstmord hin; die impor- immer uns in folgenden Bereichen helfen und entlasten kann,
tierten Ausländermassen können nicht integriert werden, weil wird herzlich gebeten, sich mit uns in Verbindung zu setzen:
nichts mehr da ist, worin sich integrieren ließe; immer noch Übersetzungen vom Englischen und Französischen ins Deut-
zahlt Deutschland jährlich Milliarden über Milliarden an alle sche; und vom Deutschen ins Englisch; ein Email-Konto ist
Welt; die Wirtschaft geht daher den Bach hinunter. Der große unbedingte Voraussetzung.
Kladderadatsch steht schon bald bevor. Man muß nur bis Korrekturlesen von deutschen Texten; ein Email-Konto ist
zehn zählen können, um das zu erkennen. unbedingte Voraussetzung.
Leider können die meisten Leute nicht bis zehn zählen, am Massen-Email-Versendung Entwurf und Organisation von
allerwenigsten die deutschen Politiker. Und die, die zählen Aussendungen via Email; Email-Konto ist unbedingte Vor-
können, sind vom rotfaschistischen und Zionnazi-Staatsterror aussetzung.
so eingeschüchtert, daß man unausweichlich den Eindruck Neuwerbung von Kunden durch Ansprechen von Verwand-
bekommt, Deutschland habe sich von einer freiheitlichen ten und Bekannten; durch Mitteilung von potentiellen Inter-
Demokratie in eine stalinistische Diktatur verwandelt. Was essenten; durch Angabe von Kontaktaddressen örtlicher oder
also tun? regionaler/überregionaler Periodika, in denen wir Anzeigen
Das größte Problem der 70 Millionen verbliebenen Deut- schalten können.
schen ist, daß Millionen unter ihnen glauben, sie seien ja Entwurf von Werbung für Inserate im Internet oder in Print-
ganz alleine und könnten alleine ja doch nichts ändern. medien.
Und genau da muß man ansetzen! Wahrscheinlich in typi- Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos. Wenn allerdings
scher Entwicklung haben auch die Vierteljahreshefte für freie die Abonnentenentwicklung noch drei Jahre so weitergeht,
Geschichtsforschung in den letzten Jahren Abonnenten verlo- werden die Vierteljahreshefte für freie Geschichtsforschung
ren: Die Alten sterben weg, neue Deutsche werden erst gar aus finanziellen Gründen zwangsweise eingestellt werden
nicht geboren oder kommen mit einem Ariel-rein gewasche- müssen. Dann würde das letzte deutsche nicht-zensierbare
nen Hirn auf diese Welt. Das größte Problem aber ist, die po- Organ von internationalem Rang und wissenschaftlichem
tentiellen, sich einsam fühlenden Millionen zu erreichen. Wir Ansehen aufhören zu bestehen. Das kann keiner wollen.
haben uns dazu etwas einfallen lassen, aber um es effektiv zu Darf ich daher mit Ihrer Hilfe rechnen? Wenn ja, so wenden
gestalten, kann ich hier nicht offen darüber schreiben. Kurz Sie sich bitte an mich.
gesagt werden wir mehr Gewicht auf die Menschenrechte le- Mit Dank im voraus verbleibe ich verbindlichst Ihr
gen, die bekanntlich in Deutschland mit den Füßen getreten
werden. Die meisten Deutschen wissen gar nicht mehr, daß Germar Rudolf
sie überhaupt Rechte haben. Die halten es für absolut in Ord- Castle Hill Publishers
nung, daß Politiker entlassen, Beamte gefeuert, Wissen- PO Box 257768
schaftler eingekerkert und Bücher verbrannt werden, wenn es Chicago, IL 60625, USA
um unerwünschte Äußerungen zu umstrittenen Themen geht. chp@vho.org
Ich denke, daß die Deutschen umerzogen und dadurch befreit 001-773-769-1121

242 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


George Bush wider den Revisionismus
Von Richard Widman
Am Montag, den 16. Juni 2003, gaben die Schlagzeilen in res Bild der tatsächlichen Ereignisse – und schon gar über
ganz Amerika das neueste Ziel des Unmutes von Präsident Ursachen und Beweggründe für derartige Geschehnisse.
Bush bekannt: Geschichts-Revisionisten. Während Bush sei- Bushs Kommentar: »Ich weiß, daß jetzt sehr viel Geschichte
ne Aufmerksamkeit von Al-Qaida und Iraq gen Iran verlager- revidiert wird. Aber er [Saddam Hussein] ist nicht länger ei-
te, entschloß er sich, die Revisionisten zu kritisieren. Eine ne Bedrohung der freien Welt« ist unaufrichtig. Obgleich
Schlagzeile meldete: »Bush greift „Historische Revisioni- Bush über den letzteren Punkt bezüglich Hussein recht hat,
sten“ über Irak an«.1 Harry Barnes, ein früher Pionier des beweist dies auf keinem Fall Bushs Implikation. Bush ver-
Revisionismus, sagte einmal, daß den Antirevisionisten »der langte, daß Hussein aus der Machtposition entfernt werden
Ausdruck [Revisionismus] nach Böswilligkeit und Rachsucht müsse, weil er angeblich ein Programm mit Massenvernich-
schmeckt, und einem teuflischen Verlangen, den Retter der tungswaffen entwickelte. Falls dies der Grund war und es
Menschheit zu verleumden.«2 Sicherlich hat sich Bush nicht sich zeigt, daß tatsächlich gar keine Massenvernichtungswaf-
nur als „Antirevisionist“ plaziert, sondern auch als „Retter fen existierten, dann war der Krieg selbst ungerechtfertigt.
der Menschheit“ für seinen jüngsten Feldzug im Irak. In den Tagen kurz vor dem Krieg war die Propaganda des
Ich bin hier weder an Bushs Motivation noch an einer Kritik Weißen Hauses ungenau und anscheinend auf der Suche
seiner Pläne interessiert, sondern nur an dem Angriff auf den nach dem richtigen Ton, der am besten bei den Amerikanern
Revisionismus selbst. Bushs Kritik behauptet irrtümlich, daß ankam. Wir hörten von Husseins Brutalität gegen seine eige-
der Revisionismus verfälsche. Es ist wichtig zu verstehen, nen Landsleute; wir hörten von den Massenvernichtungswaf-
daß der Revisionismus weder rachsüchtig ist und auch nicht fen; wir hörten von Verbindungen zur Al-Qaida und zum in-
die Geschichte verfälscht. Es ist bekannt, daß alle gute Ge- ternationalem Terrorismus. Am Ende war es jedoch das un-
schichtsschreibung notwendigerweise revisionistische Ge- klar definierte Programm der Massenvernichtungswaffen,
schichtsschreibung ist. Revisionisten haben nie versucht, die welches die Vergasung der Kurden von 1988 ausstach.5 Da-
Geschichte zu verfälschen, sondern sie versuchen, die Wahr- raus leiteten die Amerikaner der Zeit nach dem 11. Septem-
heit festzustellen und die Ursachen von Kriegen zu entdecken. ber Schreckensszenarien ab, in denen sie selbst vergast wer-
Bush Kritik an den Revisionisten war eine Antwort an die den, und natürlich erwachte ihre kollektive Erinnerung an die
Zweifler an der offiziellen Begründung für den Irak-Krieg. In phantastischen Legenden über NS-Vergasungen während des
einer Rede vor Geschäftsführern aus New Jersey kritisierte Zweiten Weltkrieges. Hussein kam die Rolle eines modernen
Bush: „Hitlers“ zu. Dieser „Hitler“ war nicht der Hitler der Ge-
»Es gibt Leute, die die Geschichte ändern wollen: Ich nen- schichte, sondern der Hitler der populären Legende und des
ne sie Geschichts-Revisionisten.« Mythos. Es war der Hitler mit der Teufelsgabel in der Hand.6
Um zu zeigen, daß er nicht mit Revisionisten übereinstimme, Die Welt mag sehr wohl ein sichererer Platz sein, nachdem
machte er eine ähnliche Bemerkung einen Tag später in einer Saddam Hussein ausgeschaltet wurde. Die ungeschickte Pro-
Rede in einer Volkshochschule in einem Vorort Washingtons: 3 paganda der US-Regierung und der Mangel eines Beweises,
»Ich weiß, daß jetzt viel Geschichte revidiert wird. Er daß der Irak Massenvernichtungswaffen besaß, ist jedoch
[Saddam Hussein] ist jedoch keine Bedrohung der freien wert, von Historikern analysiert zu werden. Vielleicht besaß
Welt mehr.« der Irak solche Waffen und hat sie einfach in der Wüste gut
Reporter suchten Klarheit und fragten Bushs Pressesprecher versteckt. Vielleicht hatte der Irak keine solche Waffen, aber
Ari Fleischer, was Bush mit „Geschichtsrevision“ meinte. Bush hatte es ehrlich geglaubt – eine Vorstellung mit
Fleischer antwortete:3 schrecklichen Schlußfolgerungen. Oder vielleicht war die
»Die Vorstellung, daß Saddam Hussein vor dem Krieg kei- ganze Geschichte ein Machwerk, fabriziert für die öffentli-
ne Massenvernichtungswaffen hatte.« chen Verbreitung.7
Fleischers Antwort ist jedoch nicht sehr Die Wahrheit über diese Ereignisse und
befriedigend. Um zu verstehen, was der die Beweggründe, die amerikanische
Grund für die jüngste Aufregung war, Militärmacht auf den Irak loszulassen,
wendet man sich am besten an Harry werden eines Tages herauskommen.
Elmer Barnes. Barnes definierte „Revi- Vielleicht dauert es Jahre, bis die Do-
sionismus“ wie folgt:4 kumente der Öffentlichkeit zugänglich
»Revisionismus ist nichts anderes als werden, aber es wird dann bekannt wer-
der Versuch, geschichtliche Aufzeich- den, was diese jüngste Vernichtung
nungen zu korrigieren angesichts bes- menschlichen Lebens verursachte. Und
serer historischer Beweise, einer ru- eines ist sicher: wenn dieser Tag
higeren politischen Atmosphäre und kommt, dann werden die Bücher, die
einer objektiveren Einstellung.« dann geschrieben werden, von Ge-
Revisionisten wissen, daß Geschichts- schichts-Revisionisten verfaßt sein.
schreibung oft darauf beruht, was wäh- Die Geschichtsschreibung wird ein wei-
rend der Kriegszeit gelesen wurde, und teres Mal mit den Tatsachen in Überein-
wenig Ähnlichkeit mit der Realität hat. stimmung gebracht werden. Das kann
Während der Kriegszeit verhindern nur geschehen, wenn die offizielle Ge-
Emotionen und Propaganda oft ein kla- schichtsschreibung, die von Politikern
Ari Fleischer

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4 243


und ihren Sprechern fabriziert wurde, überarbeitet wird. Das historical review, Costa Mesa, California, 1991, S. 273.
3
war immer die Rolle des Revisionismus gewesen. Nur durch Scott Lindlaw, »Bush Again Defends Rationale for Iraq War«, Yahoo!
News, June 17, 2003;
Kenntnisse der Tatsachen über die internationalen Beziehun- http://story.news.yahoo.com/news?tmpl=story&u=/ap/20030617/ap_on_g
gen und die Ursachen von Kriegen können wir wirklich unse- o_pr_wh/bush_59
re Hoffnung auf Wohlstand, Sicherheit und Frieden in den 4
Barnes, aaO. (Anm. 2), S. 273.
5
kommenden Jahren verstärken. Bush ist im Unrecht, wenn er Die Beschuldigung, daß Hussein die Kurden vergast habe, ist nicht be-
wiesen. Tatsächlich ist diese Anklage sehr umstritten. Es wurde sogar
meint, daß Revisionisten ihn verunglimpfen wollen; sie tun
vorgeschlagen, daß tatsächlich der Iran und nicht der Irak die Kurden
nur das, was sie immer schon getan haben: Lügen und My- vergast habe. Für zusätzliche Information siehe
then zu entlarven, die den Frieden und den guten Willen zwi- www.informationclearinghouse.info/article1779.htm
6
schen den Nationen beeinträchtigen. Es gibt mehrere Artikel und Briefe, die Saddam Hussein mit Adolf Hitler
vergleichen. Dies wurde eine populäre Ansicht. Einige von diesen sind
»Hitler and Hussein and the Lesson of History«,
Anmerkungen www.mikehersh.com/Hitler_Hussein_and_History.shtml und »Of Hitler
Zuerst veröffentlicht in The Revisionist 1(3) (2003), Übesetzt von Fabian and Hussein«, http://stacks.msnbc.com/news/919790.asp und »Saddam
Eschen Hussein – could he be another Adolf Hitler?«
1
Randall Mikkelsen, »Bush Blasts „Revisionist historians“ on Iraq«, Ya- www.stp.uh.edu/vol63/89/OpEd2/8921198/8921198.html
7
hoo! News, 16. Juni 2003; Bezüglich der Massenvernichtungswaffen wird jetzt bestätigt, daß sogar
http://story.news.yahoo.com/news?tmpl=story&u=/nm/20030616/ts_nm/i Colin Powell ernstliche Zweifel über Iraks Waffenbesitz hatte. Siehe
raq_usa_bush_dc_7 »Straw, Powell had serious doubts over their Iraqi weapons claims: Se-
2
Harry Elmer Barnes, »Revisionism and the Promotion of Peace«, in: Bar- cret Transcript revealed«
nes Against the Blackout: Essays Against Interventionism, Institute for www.guardian.co.uk/Iraq/Story/0,2763,967548,00.html

Revisionistische Notizen
Von Bradley Smith
Die Betonköpfe im Auschwitz-Museum geben zu: der rung der These von einer singulären deutschen Monstrosität
„Urzustand“ der Gaskammer ist getürkt einfach alles erlaubt sei.
Seit mehr als einem halben Jahrhundert haben die im Au- Ohne viel Aufhebens hat man jetzt die Tonart des Liedes
schwitz-Museum tätigen Fremdenführer Besuchern aus aller über die vermeintliche „Gaskammer“ auf der Internet-Seite
Welt erzählt, die „Gaskammer“ im Lager Auschwitz I sei im von Auschwitz etwas geändert:2
„Urzustand“ belassen worden. Jeder geht dorthin. Niemand »Nach dem Kriege wurde in Auschwitz ein Teilumbau
weiß, wie viele Leute – Millionen? – das gehört haben. Mil- durchgeführt. Der Schornstein und zwei Brennkammern
lionen und Abermillionen auf der ganzen Welt haben das ge- wurden unter Verwendung von Originalteilen nachgebaut,
lesen oder sich erzählen lassen. Wir haben einige dieser wie auch einige der Öffnungen im Dach der Gaskammer.«
Fremdenführer 1994 auf Video aufgenommen, als sie einer Noch ein Punkt hinsichtlich des Abrutschens der Auschwitz-
Gruppe von Besuchern genau dies auf englisch verkündeten.1 Geschichte. Bis vor einigen Jahren hörten wir immer und
Auf polnisch haben sie vielleicht Gott weiß was gesagt. immer wieder, die deutschen Ungeheuer hätten in Auschwitz
Revisionisten haben schon vor über dreißig Jahren gesagt, „vier Millionen“ Juden umgebracht. Die Geschichte war so
und seitdem endlos wiederholt, daß diese Behauptung nach- unsagbar dumm, daß sogar die Betonköpfe im Museum
weislich eine Lüge ist. Es ist eine Lüge, die so leicht zu über- schließlich meinten, man müsse das aufgeben. Die Presse in
prüfen ist, daß man meinen sollte, nur Dummköpfe oder Leu- Amerika und Europa hätte ohne weiteres die Sache auch
te, denen die Verteufelung der Deutschen am Herzen liegt, noch ein halbes Jahrhundert lang mitgemacht, aber die zu-
könnten so etwas verbreiten. Die Leiter des Museums und nehmende Blamage der Leute, die diese Geschichte so lange
diejenigen, die es unterstützen, meinen, daß zur Untermaue- wider besseres Wissen aufrecht erhalten hatten, hat ihnen
diesen Spaß vermasselt. Eine „Verfälschung“
war es nicht gewesen, sondern ganz schlicht
eine Lüge.
Jetzt erzählen uns die Betonköpfe im Au-
schwitz-Museum, daß dort ungefähr „eine Mil-
lion“ Juden getötet worden sind. Um der
Wahrheit die Ehre zu geben: wir wissen nicht,
wieviele Juden in Auschwitz getötet worden
sind. Vielleicht ein Dutzend. Oder mehr. Eine
Sache scheint sicher: Niemand kam in einer
„Gaskammer“ ums Leben, niemand wurde Op-
fer eines organisierten Versuchs, einen Völ-
kermord durchzuführen. Niemand. Punkt.
Wenn einer etwa für die New York Times ar-
beitet, dann hat er den Auschwitz-Betonköp-
2
fen die Sache mit den „vier Millionen in Au-
Die offizielle Internet-Seite des Auschwitz-Museums

244 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


schwitz getöteten Juden“ ein halbes Jahrhundert lang abge- auf die Olympischen Spiele von Atlanta im Jahre 1996. In
kauft. Fast genau so lange auch die Sache mit dem „Urzu- seiner Jugend hat er mal einen Schulaufsatz verfaßt, in dem
stand“ der „Gaskammer“. So einer soll sich das nicht allzu er schrieb: »der Holocaust hat nie stattgefunden«.4 Damals
sehr zu Herzen nehmen. Alle anderen Zeitungen in Amerika, war er offenbar noch an intellektuellen Dingen interessiert
nicht nur die Times, haben nachgedruckt, was diese Beton- und hatte sich noch nicht vorgenommen, Leute umzubringen,
köpfe vorgaben. von denen er meinte, sie hätten Unrecht (ja, ja, ich weiß – er
Ich frage mich, was die Elie Wiesels über diese kleine, aber gilt erst einmal als unschuldig).
sehr bezeichnende Geschichte sagen werden. Sie fassen sich Abgesehen von seiner Holocaust-Leugnung, steht Rudolph in
vermutlich an den Kopf. Immerhin wird es Jahre dauern, bis Verbindung mit den Leuten von Christian Identity, einer
die Bedeutung dieses neuerlichen Eingeständnisses persönli- Sekte mit einer phantasievollen Deutung christlicher heiliger
cher und historischer Beschämung in die Presse sickert. Elie Schriften. Die menschliche Wesensart ist unbegrenzt, und
Wiesel und seine Leute wissen, wie man mit der Presse um- somit auch die Interpretation heiliger Texte oder die Zahl der
geht. Erst kauft man sie, dann programmiert man sie, dann Leute, die sich damit befassen. Auch in revisionistischen
benutzt man sie. Kein Problem. Auch die Betonköpfe von Kreisen trifft man sie an, meist nette Leute, die einem im ein-
Auschwitz sind beherrschbar. zelnen auseinandersetzen können, wie die historischen Wan-
derungen die Israeliten schließlich auf die Britischen Inseln
Der palästinensische Präsident als Holocaust Revisionist führten, wo sie dann zu Engländern wurden.
Eine fast leere israelische Knesset (Parlament) beschloß am Die Identity-Leute mißtrauen den Juden, mögen sie häufig
Dienstag, alle Holocaust-Leugner zu ‘verfolgen’, wobei hier nicht und wünschen ihnen Übles an den Hals. Das ist eine
der neue palästinensische Präsident Mahmud Abbas beson- ganz vernünftige Einstellung, wenn man das glaubt, was sie
ders anvisiert wurde. Der von der rechtsextremen Nationalen von der Bibel glauben, die Schlange, Kain, und den Rest der
Union-Partei am späten Abend herbeigeführte Beschluß wur- Geschichte der Juden. Das liegt so ungefähr auf der selben
de, wie der Vorsitzende des parlamentarischen Gesetz-Aus- Linie wie die Ideen mancher Juden, die meinen, der Vater
schusses im staatlichen Fernsehen bekannt gab, mit 13 gegen 5 von Kain habe ihnen auf immer und ewig irgendeine Ecke im
Stimmen des 120-köpfigen Parlaments angenommen. Nahen Osten zugesprochen.
Der Sprecher sagte, die Abstimmung habe keine gesetzliche Wenn wir meinen, daß der Revisionismus eine bedeutende
Wirkung. Rolle in der amerikanischen Kultur spielen kann und soll, tä-
Abbas hatte seinerzeit an der Moskauer Universität eine Dis- ten wir gut daran, die revisionistische Theorie als solche von
sertation über das Thema »Geheime Beziehungen zwischen den Leuten abzusondern, die sich aus einem bestenfalls ex-
Nazismus und Zionismus« eingereicht, in der er in Abrede zentrischen und völlig überzogenen Eigeninteresse zu ihr
stellte, der Holocaust der Nazis habe zum Tode von 6 Millio- hingezogen fühlen. Ihr Ehrgeiz ist nicht minder gefährlich als
nen Juden geführt und in der er statt dessen von „weniger als der von Leuten, die das Tabu päppeln und ausnutzen, das die
einer Million“ sprach.3 Holocaustgeschichte vor nüchterner Untersuchung schützt.
Abbu Mazen, alias Mahmud Abbas, der neue palästinensi- Wenn jemand die revisionistische Theorie abtut, weil manche
sche Premierminister, ist zwar ein Holocaust-Revisionist, er Leute sie für eigene Zwecke mißbrauchen, sollte er daran
wird jedoch von der Linken nicht als „Hasser“ attackiert. So denken, daß es nicht die Leute von, beispielsweise, der Chri-
denkt man eben. Das Schlichte und das Bedeutsame gehen stian Identity sind, die für uns totschlagen. Es sind die Repu-
nahtlos in einander über, man merkt es kaum, so leicht geht blikaner und die Demokraten. Immer. Nicht die „Hasser“,
das. Politisierer und Intellektuelle haben beim Nicht- sondern Demokraten und Republikaner – alles „gute Leute“.
Hinsehen Übung. Erst neulich fiel mir auf, daß J. Krishna-
murti, einer meiner prinzipienhaften Helden, mit der Frau Gehirnwäsche und Gehirn-Säuberung
seines besten Freundes schlief und die Sache vertuschte. Sein Ein Leser aus New Jersey schreibt, sein Interesse am Revi-
ganzer wichtigtuerischer Bekanntenkreis half ihm dabei. sionismus sei wiedererwacht, nachdem er entdeckt habe, sei-
Woran dachten diese Leute? Man stelle sich vor, wir könnten ne Tochter sei im achten Schuljahr an einer öffentlichen
wirklich in die Gehirne der Mächtigen, der Einflußreichen, Schule mit Holocaust-„Stuß“ genudelt worden. Die Sache
der Beispielhaften hineinsehen. Die Welt stünde Kopf. gipfelte in der Pflichtteilnahme an einer Aufführung des mie-
Viele auf der linken Seite setzen sich für die „Menschenrech- sen Spielberg-Films Schindlers Liste, der seinerseits auf ei-
te“ der Palästinenser ein und sind gegen die israelische Be- nem billigen australischen Roman beruht. Er schreibt:
setzung Palästinas. Alle auf der linken Seite sind gegen intel- Nichtteilnahme zog die üblichen Strafarbeiten, Aufsätze usw.
lektuelle Freiheit für Holocaust-Revisionisten, als ob es nicht nach sich. Also erst kamen fünf Stunden Schindler und dann
ein „Menschenrecht“ wäre, frei zu sagen, was man denkt. noch zwei Stunden, in denen die Lehrer weitere Holocaust-
Gleichzeitig, weil sie ja ihr etwas mangelhaftes Programm ‘Fakten’ eintrichterten. Das kam alles, nachdem ein Holo-
der menschlichen „Rechte“ fördern will, sagt die Linke nichts caust-Überlebender von den 11 (elf) Millionen geschwatzt
über Abu Marzuns Holocaust-Revisionismus. Wenn man ein hatte. So sehen die ‘Fakten’ aus, die die öffentlichen Schulen
bekannter Palästinenser ist, kann man sagen, daß manches in New Jersey unseren Achtklässlern vermitteln. Elf Millio-
am Holocaust durchaus nicht stimmt. Wenn man ein norma- nen, das sind 6 Millionen Juden und 5 Millionen andere.
ler Amerikaner ist – oder, schlimmer, ein normaler Europäer Gaskammern. Seife aus Judenleichen. Tätowierungen, die jü-
– riskiert man dabei alles. So ist es halt mit der linken Politik. dischen Häftlingen abgeschnitten und als ‘Kunst am Bau’
verwendet wurden. Meine Lieblingsgeschichte (die auch Sa-
Amerikas meistgesuchter Verbrecher nach 5 Jahren im muel Crowell5 gefallen würde), ist die Sache mit dem Ad-
Netz renalin, das bei den Vergasten so stark anstieg, daß sie noch
Vor kurzem wurde Eric Rudolph verhaftet, dieser Mann, dem mit ihren Fingernägeln Worte in die Betonwände der ‘Gas-
vier Bombenanschläge zur Last gelegt werden, darunter der kammer’ kratzten.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 245


Was würden die Leute denn schreiben? „Ich wurde vergast“? Nun kann man sagen, daß niemand jemals den Weg der Gu-
Eigentlich wollte ich mich zurückhalten, aber dann ging’s mit rus auch wirklich gegangen ist und daß wir in einer anderen
mir durch, und ich erklärte meiner Tochter die Sache mit der Welt leben würden, wenn das der Fall gewesen wäre. Es liegt
‘Gaskammer von Sherlock Holmes’. Später sahen wir dann aber auf der Hand, nachdem wir ihnen nun fünf- oder zehn-
ein Interview von David Cole mit Dr. Franciszek Piper. Je- tausend Jahre lang zugehört haben, daß sie unerheblich sind.
denfalls ist meiner Tochter der Unsinn inzwischen klar. Genauer gesagt, sie sind geradezu gefährlich. Sehen sie sich
Der Staat New Jersey benutzt also einen Hollywoodfilm, auf doch bloß einmal den Jubel in Gaza an, wenn wieder jüdi-
einer Romangrundlage, um den Schülern Holocaust-‘Ges- sche Zivilisten absichtlich von frommen Moslems umge-
chichte’ zu vermitteln. Wer profitiert von so einer unehrli- bracht worden sind, oder diese zigarrenqualmige Selbstzu-
chen Handlung? Verfolgen sie mal den Kampf um kulturelle friedenheit in Tel Aviv, wenn wieder mal die Apache-
Hegemonie. Verfolgen sie das Geld. Hubschrauber Araber umgelegt haben, die für die Befreiung
ihrer Heimat von den jüdischen Eroberern kämpfen, oder den
Sind die Gurus unerheblich? Ärger in Washington, wenn mal wieder Juden und Palästi-
Am Sonntagmorgen schaue ich den Fox-Nachrichtensender nenser draufgehen und nicht nur Palästinenser.
an. Nach der üblichen Diskussion mit Brit Hulme und den Es ist nutzlos, weiterzureden. Wir sind so. Es ändert sich
anderen Leuten, wie jede Woche, tritt der kalifornische bud- nicht. Wir hoffen alle, daß es sich mal ändert. Wir wollen
dhistische Guru auf. Weiß nicht mehr, wie er heißt. So etwa tun, was wir tun können, damit es sich ändert. Aber wir sind
das erste, was er sagt, ist: »Es geht nicht darum, was du bist, die, die wir sind und sind das, was wir tun, und weil Sein und
sondern darum, wer du bist.« Das interessiert mich heute und Tun dasselbe ist, sieht es eben für uns nicht gut aus.
ich suche nach einem Bleistift in der Küche, um es zu notie-
ren. Als ich dann soweit bin, weiß ich nicht mehr genau, ob New Yorker Persönlichkeit möchte Strafen für
er das gesagt hat, oder aber »nicht wer du bist ist wichtig, „Gedankenverbrechen“
sondern, was du tust«. Rudolf Giuliani schreibt, daß in der Welt, und besonders in
Jetzt, mit dem Bleistift in der Hand, habe ich auch Zeit, dar- Europa, ein Aufflammen antisemitischer Gewalt festzustellen
über nachzudenken, wie man das, was ich bin, von dem, was sei.6 Er vermerkt, daß Antisemitismus der älteste Haß in der
ich tue, trennen kann. Wer ich bin, ist, was ich tue, und was westlichen Kultur sei und der „Holocaust“ dies beweise. Er
ich tue, ist, wer ich bin. Wo ist der Unterschied? Wenn ich bringt vor, daß es daher »unumgänglich ist, [Europas] Bür-
etwas entsetzlich Dummes tue, wäre es schön, einfach zu sa- gern ein ehrliches Verständnis des Holocausts zu vermitteln,
gen »ja, ja, das habe ich schon gemacht, aber ich war es da revisionistische Standpunkte die Wiederholung eines auf
nicht.« Wenn nicht ich, wer denn? dem Rassebegriff fußenden Genozids hervorrufen könnten.«
Wenn ein frommer Muslim seine heiligen Schriften liest und Revisionistische Standpunkte sind Standpunkte, die ich und
dann absichtlich einen Bus in die Luft sprengt, um die Israe- einige meiner Freunde einnehmen – nicht alle meiner Freun-
lis darin umzubringen, kann er sagen: »Ja, ich habe das ge- de sind Revisionisten und nicht alle Revisionisten sind meine
tan, aber das war eigentlich nicht ich. Wenn die Juden in Is- Freunde. Jedenfalls glaubt Rudolf Giuliani, daß ich einer von
rael sich bis hierhin oder bis dahin zurückziehen würden, den Leuten bin, die Europa, wenn nicht sogar die ganze Welt,
und mich in Ruhe ließen, täte ich etwas anderes und wäre ein dem Risiko eines »auf dem Rassebegriff fußenden Genozids«
ganz anderer Mensch.« Bis dahin ist er leider ein frommer aussetzen.
Muslim, der willkürlich Juden in israelischen Bussen tötet. Das ist einfach ein bißchen zu dumm (Proust sagt so etwas
Das macht er und das ist er. und mir gefällt die Formulierung), aber es entspricht der
Dasselbe gilt für die Juden in Israel, die sich Land nehmen, durchschnittlichen Meinung unserer kulturellen und politi-
das Palästinensern gehört. Sie berufen sich auf ihre heiligen schen Eliten in Sachen Revisionismus.
Schriften oder auf irgendeinen moralischen oder politischen Auf der Tagung in Wien wird Giuliani anregen, daß die Eu-
Grundsatz. Sie bleiben jedoch, was sie sind, Juden, die nach ropäer auf Haß begründete Verbrechen beobachten und sie
palästinensischem Land gieren und es sich aneignen. Die als eine Besonderheit gegenüber anderen Verbrechen wie
Ironie ist dabei, daß sie häufig um so gieriger sind, je fröm- Mord, Tätlichkeiten, oder Sachbeschädigung behandeln soll-
mer sie sind. ten, und daß solche Beobachtungen analysiert und verfolgt
Auch der amerikanische Präsident ist ein frommer Mann. Er und entsprechende Gesetze erlassen werden müssen.
liest die heiligen Schriften auf seine Weise. Wie er sie sieht, Giuliani erwähnt keine „Gedankenverbrechen“. In den mei-
weiß ich nicht, aber diejenigen, die wir und die sich selbst sten europäischen Ländern ist die revisionistische Theorie
„Christliche Zionisten“ nennen, glauben anscheinend, daß die schon heute ein Gedankenverbrechen, und die Täter können
Lesart des Präsidenten die richtige ist. Er hat vielleicht diese Jahr für Jahr ruiniert, verfolgt, angeklagt und eingesperrt
richtige Lesart erworben, kurz nachdem er, wie er sagt, „wie- werden. Giuliani (sagt er) sei ein Kind der ethnischen Vielfalt
dergeboren“ wurde. von Brooklyn, von New York, und der jüdischen Kultur und
Eine Sache ist bei all dem sicher. Wenn wir den Gurus folgen Politik, und man hat ihm beigebracht zu glauben, daß revi-
– ob sie nun Juden, Moslems, Christen, oder Buddhisten sind sionistische Theorien über die Holocaustgeschichte zu geno-
– dann bleiben wir auf dem Weg, den wir seit fünf- oder zidhaftem Massenmord führen können, und daß es daher ein
zehntausend Jahren entlanglaufen, auf dem Weg, der uns auf Haß begründetes Verbrechen ist, die Gaskammerge-
„Auge um Auge“ lehrt, auf dem Weg, dessen Ereignisse uns schichten in Frage zu stellen. So sieht die ethnische Vielfalt
lehren, daß Macht vor Recht geht, auf dem Weg, der uns in Brooklyn aus.
zeigt, daß – unabhängig davon, in welche Religion du nun In Kanada sitzt seit Monaten Ernst Zündel im Gefängnis,
gerade hineingeboren wurdest – deine Gurus schlauer sind weil er ein Revisionist ist. Kanada ist also fürs erste sicher. In
und mehr über Gott wissen, als die Gurus in allen anderen Deutschland ist Germar Rudolf wegen eines Gedankenver-
Kulturen, egal, wie sehr sie angebetet werden. brechens verurteilt worden; er hatte das Rudolf Gutachten

246 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


über chemische und technische Aspekte der „Gaskammern“ – Welche „Güter“ verkaufte Otto Frank der deutschen Ar-
von Auschwitz veröffentlicht.7 Ich frage mich, was Giuliani mee?
davon halten würde, die wissenschaftliche chemische Analy- – Warum berichten die Medien über Gustav Schwarzeneg-
se von Wandproben aus einem nicht in Polen gelegenen Ge- ger?
bäude zum Gedankenverbrechen zu machen. – Warum schweigen die Medien nach einem halben Jahr-
Na, das würde natürlich von dem Gebäude abhängen, nicht hundert immer noch über Otto Frank?
wahr? Für manche Gebäude wäre das ja ganz in Ordnung. – Können wir Männer wie Gustav Schwarzenegger und Otto
Bei anderen – tja, da käme man für vier oder fünf Jahre rein, Frank überhaupt beurteilen?
wenn man so etwas tut und die „falschen“ Ergebnisse findet. – Wem nützt es, Gustavs Geschichte hochzuspielen und Ar-
Das wäre ein „Haß-Verbrechen“. Es gibt eben bestimmte nold damit anzugreifen, während Ottos Geschichte ver-
Wände, in bestimmten Gebäuden wo man die chemischen schwiegen wird und seine Tochter Anne zugleich ein gro-
Verbindungen in der Wand besser nicht analysiert, denn was ßes kulturelles Kleinod bleibt? Wer profitiert davon?
man dann findet, könnte bedeuten, daß das, was da sein soll-
te, nicht da ist, und daß das, was nicht da sein sollte, doch da Das „verborgene Leben“ von Anne Franks Vater Otto:
ist und das könnte dann zu einem auf Haß begründetem Ge- Eine Überraschung nach der anderen
nozid führen – an wem? an unseren jüdischen Freunden? Mir war nicht bekannt, daß Anne Franks Vater Otto ein NS-
Nochmal, he? Kollaborateur und Kriegsprofitmacher war. Wo war ich nur
Giuliani schreibt: die ganze Zeit?10 Ich wußte nicht, daß Otto Waren für die
»Eins der Ziele des Gesetzes ist zu lehren, ist Grenzen zu deutsche Armee herstellte und als Großhändler verkaufte,
ziehen zwischen dem, was erlaubt und dem, was verboten während er sich im berühmten Hinterhaus in Amsterdam ver-
ist.« steckte. Ich wußte auch nicht, daß er sowohl mit den deut-
Wir ziehen also besser eine Linie zwischen revisionistischen schen als auch mit den niederländischen Nationalsozialisten
Theorien einerseits und der orthodoxen Theorie über den Ho- kollaborierte.
locaust andererseits, so wie sie von den Professoren gelehrt Diese Fakten wurden mir zuerst bekannt durch Joe Orolin.
wird. Wir müssen revisionistische Theorien verbieten. Wir Joe sandte mir Ausschnitte von regionalen Zeitungen aus
müssen es Revisionisten untersagen, die Resultate ihrer Ar- Pennsylvania und überregionalen Medien. Die meisten seiner
beiten zu veröffentlichen. Wir müssen Professoren verbieten, Geschichten kenne ich bereits aus Meldungen vom Internet,
darüber zu sprechen, Studenten verbieten, so etwas zu unter- aber es gibt immer wieder welche, von den ich sonst nie et-
suchen, und der Bevölkerung verbieten, so etwas in den Me- was gehört hätte, weil es entweder Lokalnachrichten sind
dien zu hören. Das sind alles Gedankenverbrechen, oder wie oder weil sie zwar überregional sind, aber irgendwie im In-
man in unserer von einem angeschmutzten Liberalismus be- ternet untergehen.
wegten Kultur sagt, „Haßverbrechen“. Eines Nachmittags erhielt ich also Joes Ausschnitt einer am
Das ist der Zweck der Holocaust-Industrie. Giuliani entpuppt 27.8.2003 veröffentlichten Pressemeldung von Associated
sich als einer der Sprecher dieser Industrie, die auf Zensur Press, verfaßt von Ray Locker. Bei dem Artikel handelte es
spezialisiert ist und die freiheitliche Behandlung einer spezi- sich um die Rezension des Buches The Hidden Life of Otto
ellen historischen Frage unterdrückt. Wem nützt das? Wollen Frank von Carol Ann Lee, erschienen im Verlag Harper-
Sie das wissen? Folgen Sie dem Geld! Collins/William Morrow. Und der Anfang dieser erstaunli-
Wenn Sie meinen, daß man gegen das Holocaust-Tabu ange- chen Rezension: liest sich so
hen sollte, und wenn Sie meinen, daß das Tabu – das Tabu »Für einen Mann, der auf ewig mit dem Holocaust und der
selbst – das eine offene Diskussion über die Allianz der USA Sache des Weltjudentums in Verbindung gebracht werden
mit Israel verhindert, Unrecht ist, dann geben Sie mir ein wird, ging Otto Frank – der Vater der Holocaust-
paar Dollar, damit ich eine öffentliche Plattform gestalten Tagebuchschreiberin Anne Frank – mit einem steten Sinn
kann, auf der diese dunklen Tabus bei Tageslicht betrachtet für die Ambivalenz durch sein Leben. Jetzt, angesichts die-
werden können. Vielen Dank! ses forschenden und einsichtsreichen Buches von Carol
Ann Lee, wissen wir auch warum.
Arnold Schwarzeneggers Vater war ein SA-Mann; Anne Wenn es auch zu weit ginge, Frank einen „Kollaborateur“
Franks Vater war ein NS-Kollaborateur und jener Nazi-Regierung zu nennen, die ihn und seine Familie
Kriegsprofitmacher; warum wird die eine dieser beiden letztlich ins Konzentrationslager sandte, so machte er den-
Geschichten unterdrückt? noch Geschäfte mit der deutschen Armee, die damals die
Arnold Schwarzeneggers Vater Gustav trat im Mai 1939 Niederlande besetzt hatte.
freiwillig den „Braunhemden“ bei, – etwa »sechs Monate, Frank arbeitete auch mit niederländischen Sympathisanten
nachdem die Braunhemden bei der Reichskristallnacht mit- von Hitlers Dritten Reich zusammen und hielt sich in Krei-
halfen […], bei der jüdische Häuser, Geschäfte und Synago- sen auf, die letztlich dafür sorgten, daß er und seine Fami-
gen überall in Deutschland angegriffen wurden.«8 lie nach fast drei Jahren des Versteckens im Hinterhaus
Anne Franks Vater Otto Frank war ein Kriegsprofitmacher, seines Geschäftes verhaftet wurden.«
der Güter an die deutsche Armee verkaufte, als diese in ei- Diese Beobachtungen erstaunten mich. Ich hatte nie etwas
nem gigantischen Programm der ethnischen Säuberung Eu- von diesem Buch gehört. Ich durchsuchte das Internet und
ropa von den Juden „befreite“ (vgl. die Details weiter unter).9 fand heraus, daß dieses Buch im Februar, also sechs Monate
Fragen: zuvor veröffentlicht worden war. Ich suchte in der New York
– Woher wissen wird, daß Gustav Schwarzenegger ein SA- Times, im Atlantic Monthly und im Wall Street Journal nach
Mann war? Rezensionen dieses Buches. All diese Organe haben die Ge-
– Woher wissen wird, daß Otto Frank mit den Nationalsozia- schichte von Anne Frank ein halbes Jahrhundert lang propa-
listen kollaborierte? giert. Ich fand allerdings nichts bei diesen Großkopferten.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 247


Ich fand drei weitere Rezensionen in kleinen Blättern. Ich »Otto Frank ging einen Pakt mit dem Teufel ein […]«
fand auch heraus, daß das Buch schon 2002, also ein ganzes Und das ist, was sie damit meint: Otto war Hersteller und
Jahr zuvor, in England veröffentlicht worden war. Ich hatte Großhändler des Geliermittels Opekta und anderer Produkte,
nie etwas davon gehört. In Amerika hört die öffentliche die er im großen Maßstab unter anderem an die Wehrmacht
Aufmerksamkeit und die Geschäftigkeit um Anne Frank verkaufte.
niemals auf. Nie! Und nun haben wir ein dramatisches Buch »Pektin war ein Konservierungsmittel und fand vielseitige
über Annes Vater von einem angesehenen Autor, das Buch Anwendungen in Abhängigkeit von der Art des verwende-
enthält sehr kontroverse Informationen, aber es gibt keinerlei ten Pektins. Alles Pektin war für die Herstellung von Le-
Interesse. Man fragt sich verwundert, warum das so ist. bensmitteln von Bedeutung, aber bestimmte Sorten dienten
Ich bestellte das Buch im Internet bei Amazon.com und er- auch als Wundbalsam sowie als Blutverdickungsmittel bei
hielt es fünf Tage später. Ich las das Buch teils am kommen- Bluttransfusionen. Wieder andere Pektin-Arten wurden in
den Abend in meinem Bett und teils am nächsten Nachmittag der Stahlindustrie als Härtemittel und in der Ölindustrie
in einem Straßencafe, während meine Frau mit einer Freun- als Emulgatoren eingesetzt. Es ist daher möglich, daß die
din einkaufen ging. Otto scheint ein guter und anständiger Wehrmacht das von Franks Firma gekaufte Pektin in der
Mann gewesen zu sein, der in Angelegenheiten verwickelt Kriegsindustrie einsetzte.«
war, die sich seiner Kontrolle entzogen, so wie fast jeder in Bezüglich Ottos Produktion und Verkauf von Produkten an
jener Zeit in diesem Teil der Welt. die Wehrmacht schreibt Lee:
Ich habe mir über Otto Frank niemals viele Gedanken ge- »Die Lieferungen an die Wehrmacht (über Zwischenhänd-
macht. Ich habe auch nie viel von ihm gehört. Ich wußte ler) sicherten das Überleben von Ottos Betrieb. Mehr als
mehr oder weniger, was wir alle wußten. Er verließ Amster- 80% aller niederländischen Firmen lieferten während des
dam mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern unter der Auf- Krieges Produkte an die Wehrmacht, so daß man ange-
sicht der Deutschen, und als er nach Amsterdam zurückkam, sichts dieser statistischen Zahlen kaum schockiert darüber
waren seine Frau und seine zwei Töchter tot. Wir alle haben sein kann, daß Otto genau dasselbe tat.«
Familienmitglieder verloren, viele von uns haben Familien- Miep Gies, jene Dame, die Annes Tagebuch auf dem Boden
mitglieder fast verloren, und ich kann mir in etwa vorstellen, des Hinterhauses fand, nachdem die Franks deportiert wor-
wie sich Otto gefühlt haben muß, als ihm Miep Gies Annes den waren, wird wie folgt zitiert:
Tagebuch gab, das sie vom Dachboden gerettet hatte, nach- »[…] Die Bedingungen, unter der seine [Ottos] Firma im
dem die Familie abgeführt worden war. Krieg operierte, sollte man im Auge behalten. Es gab keine
Otto muß von einer Flutwelle von Erinnerungen und Überra- Alternative – nicht zu liefern hätte bedeuten können, daß
schungen überwältigt worden sein sowie anschließend von die Firma hätte zugemacht werden müssen.«
einer ekstatischen Freude, zumindest diese Seiten in den Hier ist die „revisionistische“ Betrachtungsweise von Otto
Händen halten zu dürfen, die von seiner Tochter geschriebe- Franks Leben in Amsterdam während des Zweiten Weltkrie-
nen wurden, als sie alle noch zusammenlebten. Er hatte etwas ges: Otto Frank leitet während des Krieges ein Unternehmen
von ihr behalten. Sie war nicht völlig verschwunden. Er hatte vom Erdgeschoß des Hinterhauses aus, in dem sich seine
wenigstens etwas. Familie verbarg. Das Unternehmen lieferte Güter an die
Eine früher erschienenes Buch von Carol Ann Lee über Anne Wehrmacht. Otto machte damit Gewinne. Er schmierte damit
Frank (Roses from the Earth: The Biography of Anne Frank) einen niederländischen Nationalsozialisten, damit dieser sein
erhielt in England gute Kritiken. Aufgrund ihrer Forschungen Betriebs-„Geheimnis“ nicht verriet.
hat die Verfasserin in dem neuen Buch eine Menge darüber Otto war demnach also ein Jude, ein NS-Kollaborateur, ein
zu sagen, wie das „Tagebuch“ zusammengeschustert wurde. Kriegsgewinnler sowie ein guter Mensch mit hochentwickel-
Sie berichtet offen, wie Anne ihr eigenes Tagebuch um- tem Feingespür. Ich würde ihn gerne gekannt haben, sein
schrieb, mit den Problemen, die sich aus den verschiedenen Freund gewesen sein und alles in meiner Macht stehende ge-
von Otto in Auftrag gegebenen Übersetzungen ergeben, Ot- tan haben, um seine Tochter vor jenen retten zu können, die
tos eigenes Umschreiben des Textes und so weiter. Im Grun- sie als ihre Feinde ansah.
de vertritt sie die in den 1970er und 80er Jahren geformte re- Hinzugefügt werden sollte, daß es sehr wahrscheinlich ist,
visionistische Ansicht – ohne dies allerdings so auszudrücken daß Otto seinem niederländisch-nationalsozialistischen Ge-
–, daß das „Tagebuch“ ein Roman ist, der auf Tagebuchein- genüber Tonny Ahlers sowohl während des Krieges als auch
tragungen basiert, die sowohl von Annes Vater wie auch von danach Erpressungsgelder zahlte, um Ottos Kollaboration mit
anderen umgeschrieben wurden, nicht aber um ein Tagebuch den Nationalsozialisten während des Krieges zu verschwei-
an sich. gen. Es sieht sogar so auch, als ob Otto Tonny Ahlers bis zu
Daran ist nichts auszusetzen – abgesehen freilich von der seinem Tode im Jahre 1980 Erpressungsgelder zahlte!
Tatsache, daß jene, die die Holocaust-Lobby vertreten, jahr- Was aber heißt dies alles für jemanden wie mich? Zunächst
zehntelang Lügen über diesen Roman verbreitet haben. gilt festzustellen, daß eine Zusammenarbeit mit den Deutschen
Das Kernanliegen von Carol Ann Lees The Hidden Life of bzw. Nationalsozialisten offenbar etwas ganz anderes bedeute-
Otto Frank ist herauszufinden, wer das Versteck der Franks te, als was uns die Holocaust-Industrie glauben machen will,
verraten und sie somit an die deutsche Besatzungsmacht aus- und auch etwas ganz anderes als das, was die US-„Nazijäger“
geliefert hat. Was mich anbetrifft, so ist dieser Aspekt das vom Office of Special Investigations meinen, wenn sie das
Uninteressanteste an der ganzen Geschichte. Das mag Ge- Wort „Kollaboration“ in den Mund nehmen bei ihren Men-
schmacksache sein. Aber wie nebenbei dokumentiert Fräu- schenjagden auf alte europäische Männer, die während des
lein Lee die faszinierende Geschichte von Otto Franks Kolla- Zweiten Weltkrieges mit den Deutschen „kollaborierten“.
boration mit dem nationalsozialistischen Regime, also so- Kollaboration war die Regel, auch wenn zugegebenermaßen
wohl mit den deutschen Besatzern als auch den niederländi- nicht für jeden. In den Niederlanden kollaborierten zum Bei-
schen Behörden. Sie schreibt: spiel 80% der niederländischen Geschäftsleute mit den Deut-

248 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


schen. In den Lagern entschieden sich praktisch alle Juden, sammengeschlossen, um meiner Arbeit an den Universitäten
die von den Nationalsozialisten zur Erfüllung bestimmter der USA höchstpersönlich den Garaus zu machen. Man möge
Aufgaben ausgewählt wurden, mit ihnen zusammenzuarbei- sich dies vorstellen: Sulzberger und Foxman, zwei der ein-
ten. Das war die Regel. Freilich gab es auch einige, die eine flußreichsten Männer der US-amerikanischen Kultur und Po-
Zusammenarbeit verweigerten, wie auch unter den niederlän- litik, jeder von ihnen mit dem Zugriff auf Zigmillionen von
dischen Geschäftsleuten. Dollars, schließen sich zusammen, um ein Projekt auszurot-
Sodann sollte man fragen, wieviele belgische Firmen die ten, das von einem einzigen Mann mit ein paar freiwilligen
deutschen Kriegsanstrengungen unterstützten. Und wie viele Helfern und keinerlei Budget durchgeführt wird.
französische? Polnische, dänische, norwegische, tschechi- Der unten wiedergegebene Artikel erschien 2003 in der Son-
sche? Und wieviele dieser Firmen in deutsch-besetzten Ge- derausgabe der ADL-Druckschrift ADL on the Frontline (der
bieten wurde von Juden geleitet? Artikel befindet sich nicht auf der ADL-Webseite – falls ich
Und weiter: wieviele Juden dienten in der Wehrmacht wäh- ihn übersehen habe, möge man mich korrigieren und mir die
rend des Hitler-Regimes?11 Wie vielen Juden gelang es in URL mitteilen).
Deutschland, ihre Betriebe auch während des Krieges weiter- »NEW YORK TIMES UND ADL KLÄREN ÜBER EXTREMISMUS
zuführen? Gabe es so etwas überhaupt? Weiß man darüber AUF
etwas? Wird deren Geschichte auf ähnlich Weise unter den Wenn der Herausgeber einer Studentenzeitung gebeten
Teppich gekehrt wie Ottos Geschichte? wird, eine Anzeige zu veröffentlichen, in der geleugnet
Am 1. August 2003 wurde dem 79-jährigen US-Bürger Jakiw wird, daß der Holocaust stattfand – oder in der eine „offe-
Palij aus Queens, der verdächtigt wird, früher als Wachmann ne Debatte“ zu diesem Thema gefordert wird – kann er
ein deutsches Lager bewacht zu haben, von einem US-Bun- oder sie dann „nein“ dazu sagen, ohne die Pressefreiheit
desrichter die US-Staatsbürgerschaft aberkannt. Die Staats- zu unterminieren?
anwaltschaft warf Palij nicht vor, selbst irgendwelche Grau- Nach Ansicht der ADL und der New York Times ist die
samkeiten verübt zu haben. Aber der US-Staatsanwalt von Antwort darauf ein Ja. Beide Organisationen sind beunru-
Brooklyn Roslynn Mauskopf meinte, Palij habe Blut an den higt durch die andauernden – und oft erfolgreichen – Ver-
Fingern: suche von Holocaust-Leugnern und anderen Extremisten,
»Indem er die Gefangenen, die unter unmenschlichen Be- Anzeigen und anderes Material in Universitätszeitschriften
dingungen in Trawniki festgehalten wurden, bewachte, unterzubringen. Aus dieser gemeinsamen Sorge erwuchs
verhinderte Jakiw Palij deren Flucht und trug direkt zu de- ein jährliches Kolloquium mit dem Titel „Extremismus zielt
ren gelegentlicher Abschlachtung durch die Nazis bei.« auf die Studentenmedien: Zur Ausgewogenheit zwischen
Im August 2003 war Palij 79 Jahre alt. 1944, als er mit den Freiheit und Verantwortung.“
Deutschen „kollaborierte“, indem er das Lager Trawniki von Jeffrey Ross, ADL-Direktor für Universitätsangelegenhei-
außen bewachte, muß er ungefähr 21 gewesen sein. Im glei- ten und Höhere Bildung, führte aus: „Wir möchten Hoch-
chen Jahr 1944, als Otto Frank mithalf, die deutsche Wehr- schul-Journalisten dazu erziehen, die Pressefreiheit gegen
macht zu ernähren und womöglich gar auszurüsten, war die- die Verantwortung der Medien abzuwägen, wenn ihnen
ser bereits 55 Jahre alt. Haßmaterial zugesandt wird.“
Man sollte annehmen, daß man mit 55 Jahren wesentlich bes- Das dritte Kolloquium in dieser Reihe wurde im Haupt-
ser in der Lage ist, die politische und moralische Tragweite quartier der New York Times in New York City abgehalten.
der großen Ereignisse zu erfassen, die man durchlebt, als An ihm nahmen 100 Hochschul-Journalisten und Heraus-
wenn man erst 21 Jahre alt ist. Vielleicht werden die ADL geber sowie Mitglieder aus den Universitätsverwaltungen
und die Holocaust-Industrie ja vorbringen, daß Otto als Jude teil, einschließlich zehn Hochschul- und Universitätspräsi-
ein paar extra Jahrzehnte brauchte, um ein moralisches Ge- denten, wodurch 53 verschiedene akademische Körper-
wissen zu entwickeln. Aber das glaube ich nicht. schaften vertreten waren, die höchste bisher erzielt Zahl.
Als ich 21 Jahre alt war, befand ich mich mit der Siebten US- Die Teilnehmer kamen aus allen Gegenden der USA, eini-
Kavallerie-Division in Korea. Ich war ein junger Mann, der ge von so entfernten Gegenden wie Kalifornien.
einfach auf Spaß aus war, wie es ein Schlager vor ein paar Der Bundesdirektor der ADL, Abraham H. Foxman, und
Jahren ausdrückte. Ich war ein Kriegsfreiwilliger. Ich hatte der Verleger der New York Times, Arthur Sulzberger juni-
keine politischen Vorstellungen. Ich wollte niemandem weh- or, hielten Reden vor der Versammlung. An der von Steven
tun, aber ich hätte alles getan, was meine Vorgesetzten von Freeman, ADL-Direktor für Rechtsangelegenheiten, mode-
mir verlangt hätten. Tatsächlich war es genau das, was ich rierten Podiumsdiskussion nahmen teil: Mr. Ross, Stephen
getan habe: alles, was man von mir verlangte. Jespersen (Direktor für Inserat-Annahme der Times) und
Ich kann mir kaum vorstellen, wie ein 21-jähiger ukraini- Dorothy Samuels, Mitglied des Aufsichtsrates der Times.
scher oder deutscher oder niederländischer Junge damals die Herr Freeman und Herr Ross leiteten zudem interaktive
„moralischen“ Fragen des Zweiten Weltkrieges hätte auf die Diskussionsrunden.«
Reihe bekommen und dann auch noch danach handeln kön-
nen. Einige habe es in gewissem Umfang getan, aber diese Anmerkungen
jungen Männer heute, sechzig Jahre danach, also nach einem Wenn nicht am Abschnittsende anders angegeben, zuerst veröffentlicht in
ganzen Lebensalter, diesbezüglich zu beurteilen, ist eine häß- The Revisionist 1(3) (2003), p. 245-248; ebd., 1(4) (2003) S. 364-366. Über-
liche, eigennützige Farce selbstverherrlichender „Moralität“. setzt von Thomas Dunskus und G. Rudolf.
1
Zuerst veröffentlicht in Smith’s Report (gedruckte Fassung) im August 2003 David Cole Interviews Dr. Franciszek Piper, Director, Auschwitz State
Museum , VHS Video, zu beziehen bei CODOH, P.O. Box 439016, San
Diego, CA 92143, USA (online: codoh.com/cole.ra (enthält Audio)); rei-
Gehirnwäsche für studentische Herausgeber ne Text-Version bei: David Cole, »A Jewish Revisionist’s Visit to Au-
Arthur Sulzberger von der New York Times sowie Abraham schwitz«, JHR 13(2) (1993), S. 11-13 (online: co-
Foxman von der Anti-Defamation League haben sich zu- doh.com/gcgv/gcgvcole.html (Auszug))

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 249


2
www.auschwitz- Zeitschrift.
8
muzeum.oswiecim.pl/html/eng/zwiedzanie/krematorium_1.html LA Times, 23.8.2003.
3 9
»Knesset Votes to Pursue Holocaust Deniers, Including New Palestinian Carol Ann Lee, The Hidden Life of Otto Frank, William Morrow, NYC,
Prime Minister«, Agence France Presse, May 21, 2003; Inquiry and 2003.
10
Analysis Series, Nr. 95, 30.5.2002; Mahmud Abbas, The Other Side: The Siehe den Eintrag vom 1.4.1943 in Anne Franks Tagebuch; Robert Fau-
Secret Relations between Nazism and the Leadership of the Zionist risson war der erste, der diese Tatsache feststellte: »The Diary of Anne
Movement, Dissertation, Moscow Oriental College, 1983. Frank: Is it Genuine?«, Journal of Historical Review 19(6) (2000), S. 2-
4
JTA, 2.6.2003; vgl. www.fbi.gov/mostwant/topten/fugitives/rudolph.htm 11, bes. S. 5f.
5 11
www.codoh.com/incon/inconshr123.html Bryan Mark Rigg, Hitler’s Jewish Soldiers: The Untold Story of Nazi Ra-
6
New York Times, 17.6.2003. cial Laws and Men of Jewish Descent in the German Military, University
7
Castle Hill Publishers, Hastings 2001, zu beziehen über den Verlag dieser Press of Kansas, 2002.

11. September 2001:


Terrorangriff oder Betrugsmanöver der US-Regierung?
Zu den florierenden Verschwörungstheorien über den Angriff auf Amerika

Jedermann kennt die offizielle Version dessen, was am 11. September 2001 geschah. Doch schon eine kurze Suche
im Internet ergibt, daß viele Menschen diese Version in Frage stellen. Manche bezweifeln lediglich, daß die Angrif-
fe – wie regierungsamtlich behauptet – vollkommen überraschend kamen und keinerlei Zeit zum Einsatz der Luft-
abwehr oder für andere Verteidigungsmaßnahmen ließen. Andere gelangen zu weit radikaleren Schlüssen. Wurde
die zum Flug 93 gestartete Maschine, die auf einem Feld in Pennsylvania zerschellte, von einem US-
Kampfflugzeug abgeschossen? Wurden die Flugzeuge, die in die Türme des World Trade Center krachten, tatsäch-
lich von arabischen Terroristen gesteuert, oder wurden sie ferngelenkt? Stürzten die Türme als Ergebnis der Ver-
heerungen ein, welche die Wucht des Aufpralls sowie das brennende Kerosin angerichtet hatten, oder war in ihnen
Sprengstoff verborgen gewesen? Traf tatsächlich eine Boeing 767 das Pentagon, oder handelte es sich um ein ganz
anderes Flugzeug, oder letzten Endes gar um eine Rakete?
Wenn es um die dramatischen Ereignisse des 11. September geht, schießen die wildesten Verschwörungstheorien
ins Kraut. Nach all den haarsträubenden Lügen, die sich verschiedene US-Regierungen im 20. Jahrhunderten zu-
schulden kommen ließen, neigt eine rasch wachsende Schar von Menschen dazu, stets das Gegenteil dessen für
wahr zu halten, was uns Washington auftischt. Es mag sogar sein, daß die amerikanischen Geheimdienste bei der
Fabrizierung von Gerüchten und mehr oder weniger plausibel anmutenden Theorien, welche die der offiziösen Dar-
stellung widersprechen, die Finger mit im Spiel hatten. Der Zweck eines solchen Vorgehens bestünde natürlich dar-
in, die Wahrheit hinter einem Rauchvorhang zahlloser widersprüchlicher Thesen zu verbergen. Diese Taktik hat
sich im Falle des Kennedy-Mordes als äußerst effizient erwiesen. Deshalb sollte ein skeptischer Leser sehr vorsich-
tig sein, wenn man ihn mit alternativen Erklärungen der Geschehnisse des 11. September konfrontiert. Im folgen-
den werden nun zwei solche alternative Erklärungen vorgelegt, von denen die erste den Vorteil hat, daß jedermann
sie überprüfen kann.

Geisterreiter am Himmel: Ein alternatives Szenario zum 11. September 2001


Von Alexander K. Dewdney

Ein Mobiltelefon kann nur dann funktionieren, wenn sein Signal von einem in der Nähe gelegenen Sendeturm auf-
gefangen wird und es sich eine gewisse Zeitspanne lang innerhalb der Reichweite dieses Turms befindet, so daß ei-
ne stabile Verbindung zwischen Telefon und Turm zustande kommen und aufrechterhalten werden kann. Aus die-
sem Grund ist es für Mobiltelefonnetzwerke stets ein Problem gewesen, eine stabile Verbindung zu Telefonen zu
gewährleisten, deren Eigentümer mit hoher Geschwindigkeit (110 Stundenkilometer und mehr) in einem Auto fah-
ren. Allgemein ist auch bekannt, daß Mobiltelefone unbenutzbar werden, wenn sie sich mehrere Kilometer ober-
halb eines Netzwerks befinden. Darum können sie in Flugzeugen, die in großer Höhe fliegen, nicht funktionieren.
Bei den tragischen Ereignissen des 11. September 2001 erfolgten angeblich zahlreiche Mobiltelefonanrufe aus den
entführten Maschinen an verschiedene auf dem Erdboden befindliche Personen. Von besonderem Interesse ist hier
Flug 93 der United Airlines, weil aus diesem Flugzeug – das dann auf einem Feld in Pennsylvania zerschellte – be-
sonders viele Anrufe zu verzeichnen waren. Daß diese zustande kamen, obgleich die Maschine zu jenem Zeitpunkt
in großer Höhe und mit großer Geschwindigkeit flog, muß sogleich unsere Aufmerksamkeit erwecken. Wir begin-

250 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


nen unsere Darlegungen darum mit der Beschreibung einer Reihe von Experimenten mit Mobiltelefonanrufen aus
Flugzeugen, die auf verschiedener Höhe flogen. Diese Experimente sowie Zeugenaussagen von Experten und Laien
sollen eine Antwort auf die Frage liefern, ob diese Mobiltelefonanrufe technisch überhaupt möglich waren, und
wenn nein, wie sie sich dann erklären lassen.

Projekt Achilles sen meine Frau zu Hause an. Die Anrufe an die Geschäfts-
nummer wurden vom Anrufbeantworter registriert. Zwei An-
Bericht über das „Projekt Achilles“. Teil eins: 23. Januar rufe kamen durch. Von den 17 Anrufen an meine Hausnum-
2003, 16:35 bis 17:40 Uhr; Civic Airport, London, mer kamen nur rund zehn durch. In drei Fällen konnten wir
Ontario/Kanada ein rudimentäres Gespräch führen, in den restlichen Fällen
AUSRÜSTUNG war bloß ein Geräusch zu hören.
Flugzeug: Diamond DA20/C1. Katana-Zweisitzer, Motor:
125 PS. Rumpf und Gestell aus Fiberglas-Kohlenfaser- ZUSAMMENFASSUNG
Gemisch, Gewicht bei voller Ladung: 745kg. Beim ersten Test führten lediglich fünf der 16 versuchten
Mobiltelefone: Ein Mobiltelefon Modell Motorola »120 Anrufe zu einem Stimmenkontakt, der ein sinnvolles Ge-
CDMA« (A); zwei Mobiltelefone Motorola »i1000 plus« (B) spräch ermöglichte. In wenigstens zwei Fällen konnte keiner-
(beide zur Zeit des Flugs voll geladen). lei Verbindung mit auf dem Erdboden befindlichen Mobilte-
Der Flugplan bestand aus vier „Runden“ (ovalen Flugstrek- lefonanlagen erreicht werden. Das Material, aus dem die
ken in Form einer Büroklammer) über dem Flugraum von (hier in London, Ontario hergestellte) Diamond Katana be-
London, Ontario (Kanada). Jede Runde war sieben bis acht steht, macht diese für EM-Strahlung bei Radiowellenlänge
Meilen lang und zwei bis drei Meilen breit. Die Anrufe er- fast ganz durchlässig, und die Ergebnisse des Experiments
folgten abwechselnd aus Telefon A und Telefon B. Ein zwei- sind deshalb als optimal zu betrachten. Bei Flugzeugen mit
tes Mobiltelefon des Modells i1000, das für den Einsatz in metallener Hülle wird unter diesen Umständen zweifellos ei-
größerer Höhe gedacht gewesen war, rutschte auf den Boden ne geringere Zahl von Anrufen durchkommen.
des Cockpits und konnte angesichts der gedrängten Raum-
Höhe Höhe in Fuß Erfolgsquotient
verhältnisse nicht geborgen werden. Eine Kontrolle des Bat-
Geringe Höhe (1100- 2100) 4/12 33%
teriebestands des ersten Telefons dieses Modells ergab aber,
daß dieses keinen nennenswerten Energieverlust zu verzeich- Mittlere Höhe (3100 – 3500) 1/7 14%
nen hatte.
Nach dem dritten Anruf kam ich zum Schluß, daß im Cockpit SCHLUSSFOLGERUNG
zu viel Lärm herrscht, um den Anrufbeantworter verstehen Der Zweck des Experiments bestand darin, die Auswirkung
zu können; deshalb änderte ich meinen Plan und rief stattdes- der Höhe auf die Erfolgsquote bei Mobiltelefonanrufen aus
Flugzeugen zu ermitteln und allfällige Mängel bei der prakti-
T1: ERGEBNISSE VON EXPERIMENT NR. 1 schen Durchführung solcher Versuche auszubügeln. Bezüg-
MOBILTELEFONANRUFE AUS GROSSEN HÖHEN lich des ersten Punktes deutet alles darauf hin, daß die Er-
Runde 1 in 1100 Fuß Höhe (335,5 m) folgsquote mit steigender Höhe sinkt, doch bedarf dies einer
1. Abschnitt A an Geschäftsnummer Keine Verbindung? gründlicheren Klärung.
B an Geschäftsnummer 1 min. erfolgreich Was das Vorgehen bei solchen Anrufen betrifft, ist es wohl
A an Geschäftsnummer 1 min. erfolgreich am besten, eine Nummer zu wählen, die man gut kennt, um
2. Abschnitt B an Privatnummer Keine Verbindung? die verschiedenen Botschaften auf der Anzeige richtig zu
A an Privatnummer unterbrochen, erfolgreich deuten; außerdem hat dies den Vorteil, daß der Gesprächs-
B an Privatnummer erfolgreich partner die Zeit des Anrufs notieren und den Inhalt des Ge-
sprächs zusammenfassen kann. (In den meisten leichten Ma-
Runde 2 in 2100 Fuß Höhe (640,5 m) schinen herrscht im Cockpit soviel Lärm, daß man die Stim-
1. Abschnitt A an Privatnummer Keine Verbindung? me des Angerufenen nicht immer hören kann; in nur zwei
B an Privatnummer Keine Stimme, nur Piepton Fällen konnte ich meine Frau mehr oder weniger deutlich
A an Privatnummer Keine Verbindung verstehen.) Wichtig ist ferner, daß man sich gut vorbereitet,
2. Abschnitt B an Privatnummer 1 min. erfolgreich ein spezielles Futteral für das Mobiltelefon sowie Schreibma-
A an Privatnummer Keine Stimme terial, ein Tonband etc. bei sich trägt. Die Geschwindigkeit
B an Privatnummer Keine Stimme der Katana war ein wenig zu hoch, als daß ich die Anrufe
Runde 3 in 3100 Fuß Höhe (945,5 m) mühelos tätigen und zugleich alles sorgfältig hätte notieren
1. Abschnitt A an Privatnummer Anruf vergessen können. Zwei der Anrufe erfolgten erst gegen Ende einer
B an Privatnummer System überlastet Runde, unmittelbar vor dem Aufstieg in die nächste. Es wäre
A an Privatnummer Unvollständig besser gewesen, wenn eine andere Person die Mobiltelefone
2. Abschnitt B an Privatnummer »Bitte warten: Clearnet« bedient hätte. Zu guter Letzt wäre ein sauberes Klassifizie-
A an Privatnummer Unvollständig rungssystem erforderlich, mit dessen Hilfe man die Zwi-
B an Privatnummer Anruf verspätet, unvollständig schenstufen zwischen völligen Fehlschlägen und gut hörba-
ren Gesprächen erfassen könnte.
Runde 4 in 3500 Fuß Höhe (1067,5 m) Sämtliche Anrufe liefen über das Bell Mobility Network, das
A an Privatnummer Unvollständig in der Gegend von London, Ontario, rund 25 Mobiltelefonan-
B an Privatnummer Vollständig, doch abgebrochen lagen installiert hat. Dank einer höchst nützlichen Serie von
Anmerkung: Unter „Höhe“ ist Höhe über dem Erdboden und nicht Karten, die mir ein lokaler Mobiltelefonfan zur Verfügung
über dem Meeresspiegel zu verstehen.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 251


gestellt hat (www.arcx.com/sites/), ist es mir gelungen, sämt- (Versuchsleiter); Pat Dewdney (Kontaktperson auf dem Erd-
liche solche Anlagen in London, Ontario, zu orten. boden).
A. K. Dewdney Wetter: unbegrenzte Sicht, leichte Bewölkung mit vereinzel-
(Der Verfasser dankt Corey Barrington, Pilot bei Empire ten Wolken auf 3.000 und 25.000 Fuß Höhe, Sichtbarkeit 15
Aviation, der bei diesem Flug am Steuer saß.) Meilen, Lufttemperatur -12°C.
Bei diesem Experiment flogen wir eine kreisförmige Route
Bericht über das „Project Achilles“. Teil zwei. anstelle des länglichen Ovals. Das Zentrum des Kreises lag in
25. Februar 2003 der Mitte der Innenstadt, und der Flug führte uns über den
AUSRÜSTUNG größten Teil der Vorstädte. Sämtliche unten angegebenen
Flugzeug: Diamond Katana Viersitzer (Empire Aviation). Lokalisierungen beziehen sich auf das Stadtzentrum und sind
Mobiltelefone: C1, C2, C3, C4 (Beschreibung im Anhang.) jeweils rund drei Meilen von diesem entfernt.
Personal: Corey Barrington (Pilot); Darren Spicknell (Opera-
tor, Techniker bei Wireless Concepts, Inc); Kee Dewdney PROTOKOLL
Zu vom Operationsleiter angegebenen Zeiten machte der
T2: ERGEBNISSE DES EXPERIMENTS 2
Operator jeweils einen Anruf an eine vorgegebene Nummer,
MOBILTELEFONANRUFE AUS GROSSER HÖHE
wobei er die Kodenummer des Mobiltelefons (1 bis 4) sowie
Zeit Anruf T. Ausrichtung Registriertes Ergebnis
die Höhe angab. Die Kontaktperson am Boden notierte, was
17:05 Im Taxi zum Flugzeug
sie gehört hatte, und verzeichnete die Zeit des Anrufs. Auf
17:12 Start
den ersten drei Höhen von 2000, 4000 und 6000 Fuß wurde
17:14 auf 2000 Fuß (610 m) über Grund jedes der Telefone benutzt. Auf 8000 Fuß über dem Erdbo-
17:15 1 1 N Zustandekommen unklar den wurden lediglich C2 und C3 verwendet, da C1 und C4
17:17 2 2 W Zustandekommen unklar nicht mehr einsatzfähig waren.
17:19 3 3 SW Fehlschlag Die Ergebnisse sowie der zeitliche Rahmen gehen aus Tabel-
17:21 4 4 S unklarer Erfolg/unterbrochen le T2 hervor.
17:24 Aufstieg auf 4000 Fuß (1220 m)
über Grund SCHLUSSFOLGERUNGEN
17:25 5 1 NO Fehlschlag Da es sich bei sämtlichen hier verwendeten Mobiltelefonen
17:26 6 2 N Klarer Erfolg um allgemein verbreitete Typen handelt, läßt sich folgern,
17:27 7 3 NW Fehlschlag daß von diesem besonderen Flugzeugtypus aus Mobiltelefone
17:29 8 4 W Fehlschlag mit steigender Höhe sehr rasch nutzlos werden. Dies gilt na-
17:33 Aufstieg auf 6000 Fuß (1830 m) mentlich für zwei der verwendeten Telefontypen, Mike und
über Grund Nokia, die in mehr als 2000 Fuß (610 m) Höhe nicht mehr
17:34 9 1 SO Fehlschlag funktionierten. Von den beiden übrigen war der Audiovox
17:36 10 2 E Fehlschlag bis 6000 Fuß (1220 m) streckenweise einsatzfähig, versagte
17:37 11 3 NO Fehlschlag jedoch oberhalb dieser Höhe, während das BM Analog Mo-
17:38 12 4 N Fehlschlag biltelefon in über 7000 Fuß Höhe (2135 m) einmal funktio-
17:39 13 1 NW Fehlschlag nierte, in größeren Höhen jedoch nie. Wir dürfen somit ge-
17:40 14 2 SW Klarer Erfolg trost folgern, daß gewöhnliche Mobiltelefone, digital oder
17:42 15 3 S Fehlschlag analog, in 8000 oder mehr Fuß Höhe (2440 m) keine Verbin-
17:43 16 4 SO Fehlschlag dung mit dem Erdboden herstellen können.
17:44 17 1 O Fehlschlag
Es sei darauf hingewiesen, daß mehrere der hier als „Erfolge“
bezeichneten Anrufe für den Registrierenden schwer zu hö-
17:45 18 2 NO Fehlschlag
ren waren; deshalb die hier verwendeten Ausdrücke „unter-
17:45 19 3 NO Erfolg, doch unterbrochen
brochen“ oder „summend“.
17:46 20 4 N Fehlschlag
17:49 Beginn des Aufstiegs auf 8000 Fuß ZUSAMMENFASSUNG DER TABELLE T2
(2440 m) über Grund (nur Telefone Höhe (Fuß/m) Versuche Erfolge Erfolgsquote
2 und 3) 2000 (610) 4 3 75%
17:50 21 2 W Fehlschlag 4000 (1220) 4 1 25%
17:50 22 3 SW Fehlschlag 6000 (1830) 12 2 17%
17:51 23 2 S Erfolg, doch starker Summton 8000 (2440) 12* 1 8%
17:53 Höhe von 8000 Fuß (2440 m) über * Einschließlich dreier Erfolge beim Aufstieg; der letzte erfolgrei-
che Anruf erfolgte aus etwas über 7000 Fuß Höhe.
dem Erdboden erreicht
17:58 24 3 SO Fehlschlag Die vier eingesetzten Mobiltelefone wurden von vier ver-
17:58 25 2 O Fehlschlag schiedenen Telefonbetreibern (Mobiltelefonanlagen) bedient.
17:58 26 3 O Fehlschlag Da die Anrufe im Fall eines jeden Netzwerks aus einer Reihe
17:59 27 2 NO Fehlschlag unterschiedlicher Positionen erfolgten, können die Fehlschlä-
18:00 28 3 N Fehlschlag ge nicht auf die Position der Anlagen zurückgeführt werden.
18:01 29 1 N Fehlschlag Die Gegend von London, Ontario, weist eine große Anzahl
18:01 30 2 NW Fehlschlag von Mobiltelefonanlagen auf, die fünf verschiedenen Netzbe-
18:02 31 3 NW Fehlschlag treibern angehören.
18:02 32 4 NW Fehlschlag
Vermerkt sei, daß auch dieses Experiment in einem radio-
transparenten Flugzeug mit einem Rumpf aus Kohlefasern
18:15 Auf dem Flughafen gelandet

252 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


durchgeführt wurde. Mißlingt aus einem solchen Flugzeug ne von Flugzeugen aus funktionieren, und wenn ja, wie gut.
ein Mobiltelefonanruf, so wird ein solcher erst recht aus einer Der erste Flug (Teil eins) war im wesentlichen ein Test der
auf gleicher Höhe fliegenden Maschine mit Metallhülle experimentellen Situation, dessen Zweck darin bestand, eini-
scheitern. Eine solche schwächt nämlich sämtliche Mobiltele- ge erste Daten zu erlangen und eine einfache, wirksame Ar-
fonsignale merklich ab. Alles berechtigt zu dem Schluß, daß beitsmethode zu entwickeln. Die Ergebnisse von Teil 2
die Erfolgsquote in einem Flugzeuge mit Aluminiumhülle (Diamond Katana Viersitzer) habe ich bereits vorgelegt; jene
(wie sie die meisten Passagierflugzeuge besitzen) erheblich von Teil drei (Cessna 172-R) folgen unten.
niedriger läge als beim hier geschilderten Versuch. Man wird Da die Experimentierreihe damit abgeschlossen ist, möchte
nicht fehlgehen mit der Annahme, daß von Passagierflugzeu- ich nun meine Ergebnisse resümieren und einige Schlußfol-
gen erfolgreiche Mobiltelefonanrufe aus mehr als 8000 Fuß gerungen unterbreiten. Diese fußen teils auf den Experimen-
Höhe (2440 m) unmöglich und aus einer geringfügig niedri- ten selbst, teils auf zwei anderen Quellen (vgl. Anhang B am
gen Höhe statistisch unwahrscheinlich sind. Ende des Berichts). Expertenmeinungen und Augenzeugen-
berichte sind nicht nur vor Gericht zulässig, sondern auch bei
MOBILTELEFONTYPEN, NETZWERKE manchen wissenschaftlichen Untersuchungen, wenn die Er-
– C1 Motorola i95cl – Telus Mike Network – 800 Mhz eignisse von kurzer Dauer waren und Experimente entweder
IDEN zu teuer oder unmöglich durchzuführen sind. Natürlich wie-
– C2 Motorola StarTac – Bell Mobility – 800 Mhz Analog gen Zeugenaussagen nicht gleich schwer wie Expertenmei-
– C3 Audiovox 8300 – Telus PCS Network – 1.9 Ghz nungen oder tatsächliche Experimente, doch im vorliegenden
CDMA / 800 MHz Fall scheinen die Augenzeugenberichte übereinzustimmen
– C4 Nokia 6310i – Rogers AT&T – 1.9 Ghz GHz GSM. und in die gleiche Richtung zu weisen.
(Tri-Band – hat einen 1.8 GHz und 900 Mhz GSM. Hierbei Hinweis: Die Unternehmen, deren Geräte bei diesem Expe-
handelt es sich um europäische Frequenzen.) riment zum Einsatz kamen, Empire Aviation und Cellular So-
– IDEN – Integriertes digitalbetriebenes Netzwerk. lutions (beide London, Ontario, Kanada), haben aus rein
– CDMA – Code Division Multiple Access kommerziellen Gründen mit mir zusammengearbeitet. Sie
– GSM – Global Systems for Mobile Communications waren über den Zweck der Versuche nicht unterrichtet und
Ausgangsleistung: Das Nokia 6310i und das Audiovox 8300 verbanden keinerlei Interessen mit deren Ergebnis.
Telefon besitzen im Digitalbetrieb eine Sendeleistung von
0,2 Watt. Das Motorola StarTac Telefon hat eine Ausgangs- EXPERIMENTE
leistung von 0,6 Watt. Das vorhergehende Experiment, Teil zwei genannt, wies klar
Wenn das Audiovox 8300 Telefon im Analogbetrieb einge- darauf hin, daß die Erfolgsquote bei Mobiltelefonanrufen aus
setzt wird, sendet es mit 0,6 Watt. (Dies ist normalerweise Flugzeugen mit steigender Höhe drastisch sinkt. Es wurde in
freilich nicht der Fall – die Leistung beläuft sich unter nor- einem Viersitzer des Modells Diamond Katana über der ka-
malen Umständen auf 0,52-0,45 W). nadischen Stadt London, Ontario (300.000 Einwohner),
Frequenz: Sowohl Telus Mike (C1) als auch Motorola Star- durchgeführt. Jene Gegend besitzt ca. 35 Zellanlagen, die
Tac (C2) operieren im Bereich von 800 MHz. Dies bewirkt über eine Fläche von rund 25 Quadratmeilen verteilt sind.
ein größere Signalreichweite. Doch weist das IDEN (Mike) Die Flugroute war eine nach oben führende Spirale, alle 200
Netzwerk weniger Mobiltelefonanlagen auf und ist ein jünge- Fuß (61 m) unterbrochen, wobei die Grenze der Route ober-
res digitales Netzwerk. Die meisten digitalen Technologien halb des Stadtrandes verlief. Bei jeder Umfliegung versuchte
operieren auf der Grundlage des „alles oder nichts“. Wenn ein erfahrener Operator eine im voraus festgelegte Anzahl
ein Signal durchkommt, so ist es deutlich. Mit Nachlassen von Mobiltelefonanrufen durchzuführen, wobei er sich einer
des Signals nimmt die Deutlichkeit nicht etwa kontinuierlich Reihe gut geladener Mobiltelefone bediente, die weitgehend
ab, sondern man nimmt einige digitale Verzerrungen wahr, repräsentativ für die heute sowie im Jahre 2001 benutzten
worauf das Gespräch jäh unterbrochen wird. Modelle waren.
Netzwerke: Mike Network: Neueres, vollkommen digitales (In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, daß die
Netzwerk mit moderner Antennenkonstruktion und weniger kanadische Mobiltelefontechnologie nicht nur identisch mit
Zellanlagen; Bell Mobility Analog: Älteres, analoges Netz- der amerikanischen ist, sondern daß Kanada auf dem Felde
werk mit weniger fokussierender Antennenbauweise, doch der Kommunikationstechnologie den Vergleich mit keinem
zahlreichen Zellanlagen; Telus PCS:
Neueres, digitales Netzwerk mit vielen
Frequenzen, moderner Antennenbau-
weise und vielen Zellanlagen; Rogers
GMS: Unser neuestes digitales Netz-
werk mit moderner Antennenbauweise
und vielen Zellanlagen. (Ich danke Dar-
ren Spicknell dafür, daß er mir diese Da-
ten zur Verfügung gestellt hat.)
A. K. Dewdney, 25. Februar 2003

„Project Achilles“: Schlußbericht und


Zusammenfassung der Ergebnisse.
In den ersten Monaten des Jahres 2003
führte der Verfasser drei Experimente
durch, um zu ermitteln, ob Mobiltelefo- Eines der bei den Mobiltelefonexperimenten benutzten Flugzeuge

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 253


T3: EXPERIMENT 3: ANRUFE AUS GROSSER HÖHE 19:45 16 1 N Fehlschlag, kein Läuten
Zeit Anruf Tel. Lok. Ergebnis 19:46 17 2 N Klarer Erfolg
19:05 – Im Taxi 19:47 18 3 NW Fehlschlag, kein Läuten
zum Flugzeug 19:48 19 4 NW Fehlschlag, kein Läuten
19:12 – Abflug 19:49 20 5 W Klarer Erfolg
19:15 – auf 2000 19:50 21 1 W Fehlschlag, kein Läuten
Fuß über Grund 19:51 22 2 SW Fehlschlag, kein Läuten
19:17 1 1 N Klarer Erfolg, kurze Unter- 19:52 23 3 SW Fehlschlag, kein Läuten
brechung 19:53 24 4 S Fehlschlag, kein Läuten
19:18 2 2 W Klarer Erfolg 19:54 25 5 S Klarer Erfolg
19:20 3 3 SW Klarer Erfolg 19:55 – Beginn
19:22 4 4 S Klarer Erfolg (2 Versuche) des Aufstiegs auf
19:23 5 5 SO Klarer Erfolg 8000 Fuß (Tele-
19:27 – Aufstieg fone C2, C3 and
auf 4000 Fuß C5)
19:28 6 1 NO Klarer Erfolg 19:55 26 2 SO Fehlschlag, kein Läuten
19:30 7 2 N Klarer Erfolg 19:57 27 3 O Fehlschlag, kein Läuten
19:31 8 3 NW „Erfolg“ (fragmentarisch) kein 19:59 28 5 O Klarer Erfolg, kurze Unterbre-
vollständiges Wort chung
19:32 9 4 W Fehlschlag, kein Läuten 20:00 – Aufstieg
19:34 10 5 SW Klarer Erfolg auf 8000 Fuß
19:35 – Aufstieg vollendet
auf 6000 Fuß 20:01 29 2 NO Fehlschlag, kein Läuten
19:39 11 1 SO Klarer Erfolg 20:02 30 3 NO Fehlschlag, kein Läuten
19:41 12 2 O Klarer Erfolg 20:03 31 5 N Fehlschlag, kein Läuten
19:42 13 3 O Klarer Erfolg, kurze Unter- 20:04 32 2 NW Klarer Erfolg
brechung 20:05 33 3 NW Fehlschlag, kein Läuten
19:44 14 4 NO Fehlschlag, kein Läuten 20:07 34 5 W Fehlschlag, kein Läuten
19:44 15 5 NO Fehlschlag, kein Läuten 20:20 – Landung

anderen Land der Welt zu scheuen braucht. In Forschung und len (19,2 km), Wind 20 km/h von SSW, Lufttemperatur
Entwicklung ist Kanada eines der weltweit führenden Länder.) 19°C.
Der Zweck der dritten Phase des Experiments lag in dem, Bei diesem Experiment war die Flugroute dieselbe wie in
was man als „Faradaysche Abschwächung“ der Erfolgsquote Teil zwei. Das Zentrum des Flugkreises lag über der Innen-
und Qualität der Anrufe bezeichnen könnte. Das Vorhanden- stadt, und der Flug erstreckte sich über den größten Teil des
sein einer Metallhülle um manche elektronischen Geräte än- Stadtrandes. Sämtliche unten angeführten örtlichen Angaben
dert unter Umständen deren Verhalten, weil eine solche Hülle beziehen sich auf das Stadtzentrum und liegen jeweils unge-
elektromagnetische Wellen abschwächen oder gar völlig ab- fähr 2 Meilen (3,2 km) von diesem entfernt.
schirmen kann. Aus diesem Grund wurde das Katana-
Flugzeug des vorhergehenden Experiments, von dem allge- PROTOKOLL
mein angenommen wird, daß es verhältnismäßig leicht von Zu jeweils vom Versuchsleiter angegebenen Zeiten machte
elektromagnetischen Wellen durchdrungen werden kann, der Operator einen Mobiltelefonanruf an eine vorgegebene
durch ein Flugzeug mit Aluminiumhülle ersetzt. Nummer, wobei er die Codenummer des benutzten Telefons
(1 bis 5) sowie die Höhe angab. Die Ansprechpartnerin auf
AUSRÜSTUNG, VERSUCHSTEILNEHMER, WETTER dem Boden notierte alles, was zu ihr durchkam, sowie die
Flugzeug: Cessna 172-R (2002), Viersitzer (Empire Aviati- Zeit des Anrufs. Auf den beiden ersten Höhen von 2000 bzw.
on) 4000 Fuß über dem Erdboden (610/1220 m) wurde jedes Te-
Mobiltelefone: C1, C2, C3, C4, C5 (Beschreibung in Anhang lefon einmal verwendet. Auf 6000 und 8000 Fuß Höhe
A). (1830/2440) wurden nur die Telefone C2, C3 und C4 be-
Personal: Corey Barrington (Pilot – Empire Aviation); Dar- nutzt, da C1 und C4 betriebsunfähig waren.
ren Spicknell (Operator – Techniker bei Wireless Concepts, Zu den Ergebnissen siehe Tabelle 3, zur Zusammenfassung
Inc); Kee Dewdney (Versuchsleiter); Pat Dewdney (An- die Tabelle unten links.
sprechpartnerin auf dem Erdboden). Anmerkung: Unter den „versuchten“ Anrufen befanden sich
Wetter: Leichte Bewölkung mit vereinzelten Wolken auf auch solche mit den ausgefallenen Telefonen C1 und C4 auf
5000 Fuß Höhe (1525 m), dicke, aber durchbrochene Wol- über 4000 Fuß Höhe, wo diese nach Angaben des Mobiltele-
kendecke auf 24.000 Fuß Höhe (7320 m), Sichtweite 12 Mei- fonfachmanns ohnehin nicht mehr hätten funktionieren kön-
nen. Es war notwendig, diese Anrufe in die Statistik mitein-
ZUSAMMENFASSENDE TABELLE ZU EXPERIMENT 3
zubeziehen, da die Ergebnisse auf verschiedenen Höhen
Höhe (Fuß /m) Versuche Erfolge Erfolgsquote
sonst nicht vergleichbar wären.
2000 (610) 5 5 100%
Die Resultate dieses Experiments können mit jenen von Teil
4000 (1220) 5 3 60%
zwei verglichen werden, wo wir anstelle der Cessna die Dia-
6000 (1830) 15 6 40%
mond Katana benutzten:
8000 (2440) 15 2 13%

254 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Höhe (Fuß) Versuche Erfolge Erfolgsquote scheiden, wenn man sich so ausdrücken darf.
2000 4 3 75% Setzen wir den Durchschnittswert von k mit 6.400.000 an, so
4000 4 1 25% erhalten wir die Formel:
6000 12 2 17% Erfolgschance = 6.400.000/Höhe²
8000 20 1 5% Unter Verwendung dieser Formel erhalten wir eine wohlbe-
gründete, durch untenstehende Tabelle veranschaulichte
Um die Ergebnisse vergleichbar zu gestalten, wurde Telefon
Schätzung der Wahrscheinlichkeit, daß ein Mobiltelefon aus
C5 nicht in die Berechnungen miteinbezogen, da es beim er-
einem langsam fliegenden Flugzeug durchkommt.
sten Experiment nicht gebraucht worden war.
Höhe (Fuß) Wahrscheinlichkeit eines
Höhe (Fuß) Versuche Erfolge Erfolgsquote
erfolgreichen Anrufs
2000 4 3 75%
4.000 0,400
4000 4 1 25%
8.000 0,100
6000 12 2 17%
12.000 0,040
8000 12 1 8%
16.000 0,025
20.000 0,016
Analyse 24.000 0,011
Da die (1,5 mm dicke) Hülle der Cessna allem Anschein nach 28.000 0,008
den Ausgang des Experiments kaum beeinflußt hat, können 32.000 0,006
die Daten der Teile zwei und drei wie folgt miteinander
kombiniert werden, um verläßlichere Zahlen für die beim Privatpiloten, die leichte Maschinen fliegen, sind heutzutage
Experiment verwendete Reihe von Testtelefonen zu erhalten: mit der Tatsache vertraut, daß sie ihre Mobiltelefone für An-
rufe auf den Boden benutzen können, zumindest wenn sie
Höhe (Fuß) Versuche Erfolge Erfolgsquote nicht höher als ein- oder zweitausend Fuß fliegen. Oberhalb
2000 9 8 89% dieser Höhe werden Anrufe recht schwierig; manchmal
4000 9 4 44% kommen sie durch, manchmal nicht. Je höher ein Pilot fliegt,
6000 27 8 30% desto geringer sind die Erfolgsaussichten. Auf 8000 Fuß Hö-
8000 35 3 9% he sind die Chancen null, außer wenn der Pilot ein Mobiltele-
Die auf den ersten drei Höhen erhaltenen Daten passen allem fon mit denselben Fähigkeiten wie C5 benutzt (siehe Anhang
Anschein nach in ein allgemein gültiges Schema, nach dem A). Doch auch dieser Telefontyp versagt ab 6000 Fuß Höhe
die Erfolgsquote mit steigender Höhe schrumpft. Anders ge- häufig. In einer Höhe von 20.000 Fuß stehen die Erfolg-
sagt, die Chance eines erfolgreichen Mobiltelefonanrufs aus schancen bei kaum einem Prozent.
einem Flugzeugs verhält sich umgekehrt proportional zur Die hier dargelegten Ergebnisse beziehen sich lediglich auf
Höhe, entsprechend der Formel: leichte Flugzeuge und sind insofern klar optimal, als Anrufe
Erfolgschance = k/Höhe, wobei k eine Konstante ist. aus einem großen, mit einer schweren Hülle umgebenen, sich
Man beachte, daß die Werte von k, die aus diesen Daten her- schnell bewegenden Passagierflugzeug bedeutend schwieri-
vorzugehen scheinen, zumindest bis in 6000 Fuß Höhe be- ger zu tätigen sind.
merkenswert konstant sind. Auf 8000 Fuß freilich fällt der
Wert von k steil ab, was darauf hindeutet, daß dort andere Schlußfolgerungen
Verhältnisse gelten. Es läßt sich nicht sagen, daß das Faradaysche Abschirmungs-
experiment (Teil drei) vollständig war, da der Bediener das
Höhe (Fuß) k-Wert Telefon meist in normaler Stellung sitzend an sein Ohr hielt.
2000 1780 Dies bedeutet, daß die Signale von den Testtelefonen nur
4000 1760 teilweise abgeschwächt wurden, da der Bediener von Fen-
6000 1800 stern umgeben war, die selbst wellendurchlässig sind.
8000 720 Obwohl es sich noch nicht sagen läßt, in welchem Umfang
Das zu erwartende Schema der Verringerung der Erfolgsquo- sich die schwerere Aluminiumhülle eines Flugzeuges der Bo-
te ist selbstverständlich umgekehrt quadratisch. Es ist dies ei- eing 700-Serie auf Mobiltelefonanrufe von innerhalb des
ne natürliche Folge der drei Dimensionen, welche jede ein- Flugzeugs auswirken würde, wäre sicherlich ein Effekt vor-
förmige Strahlung durchqueren muß. Die umgekehrte qua- handen, weil der Sende- und Empfangswinkel durch diese
dratische Verringerung folgt einem umgekehrten Muster kleinen Fenster erheblich kleiner ist.
bzw. einer umgekehrten Formel: Wie zuvor gezeigt, ist die Chance, daß ein normaler Mobilte-
Erfolgschance = k/Höhe² lefonanruf aus großer Höhe zu einer Zellanlage durchkommt,
Es scheint legitim, die auf 4000 und 8000 Fuß gewonnenen weniger als ein Prozent. Die Chance, daß zwei Anrufer Er-
Daten als Ecksteine bei der Berechnung der Konstante k zu folg haben, beträgt weniger als ein Zehntausendstel. Dieser
verwenden (bei der es sich wohlverstanden nicht um dieselbe Wahrscheinlichkeitsquotient ist nämlich das Ergebnis zweier
Konstante handelt wie bei der vorhergehenden Analyse). separater Wahrscheinlichkeiten (1/100 × 1/100). Werden
Auf 4000 Fuß über dem Erdboden ergibt sich ein k-Wert von hundert Anrufe getätigt, so ist, auch wenn die meisten schei-
7.040.000. auf 8.000 Fuß einer von 5.760.000. Obgleich der tern, die Chance, daß auch nur beispielsweise dreizehn
k-Wert hier abermals zu sinken scheint (was darauf hindeu- durchkommen, astronomisch gering. Praktisch bedeutet dies
tet, daß die Verminderung noch brüsker erfolgen kann als „unmöglich“.
umgekehrt quadratisch), benutzen wir den Durchschnittswert Bei geringeren Höhen steigt die Wahrscheinlichkeit einer
der beiden Schätzungen, entsprechend unserer regelmäßig Verbindung von „unmöglich“ auf verschiedene Abstufungen
geübten Praxis, im Zweifelsfall für die Mobiltelefone zu ent- von „unwahrscheinlich“. Doch hier heißt es einem anderen

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 255


Phänomen Rechnung tragen, das in einem propellerbetriebe- Team dahingehend instruieren, daß die Unterstützung
nen Flugzeug nicht getestet werden kann. Bei 500 Meilen pro durch einen Operator nicht funktioniert. Haben Sie je ver-
Stunde (800 km/h) braucht ein tieffliegendes Flugzeug nur sucht, ein Mobiltelefon in einem öffentlichen Gebäude zu
sehr wenig Zeit zum Überfliegen einer jeden Zelle. Wenn benutzen? Unmöglich. Es gibt darin zu viele Stellen, wo es
beispielsweise eine Zelle (d.h. eine von einer bestimmten kein Signal gibt. Dies nur als kleine Informationsstücke.
Zellanlage bediente Fläche) einen Durchmesser von einer Megan Conley <megan_conley@hotmail.com>«
Meile (1,6 km) aufweist, braucht das Flugzeug zu ihrem
Überfliegen eine bis acht Sekunden. Bevor ein Mobiltelefon- »Guten Tag,
anruf durchkommen kann, muß das Gerät einen elektroni- Ich bin ein Radiofrequenz-Konstruktionsingenieur, der
schen „Handschlag“ mit der Zellanlage vollziehen, über wel- beim Ausbau von Sprint, Verizon und anderen Mobiltele-
che der Anruf läuft. Dieser „Handschlag“ kann kaum in acht fon-Netzwerken in New Orleans beteiligt war. Sie haben
Sekunden erfolgen. Erreicht das Flugzeug die nächste Zelle, vollkommen recht. In Autos, die mit 55 Meilen pro Stunde
muß der Anruf an diese weitergereicht werden. Dieser Pro- [88 km/h] fahren, funktionieren diese Dinger nur mit
zeß dauert auch einige Sekunden. Zusammen brauchen die Schwierigkeiten. Wenn Sie aus irgendwelchen Gründen die
beiden Voraussetzungen für das Zustandekommen und die Zeugenaussage eines anderen Ingenieurs benötigen soll-
Aufrechterhaltung eines Gesprächs allem Anschein nach zu- ten, dann lassen Sie mich dies wissen. Ich werde jemanden
viel Zeit, als daß ein solches in die Wege geleitet werden finden, der meine Angaben bestätigt. Meine Ingenieurs-
könnte. Früher oder später wird der Anruf seitens der Tech- website: http://www.geocities.com/rf_man_cdma/
nik aufgegeben. Brad Mayeux <cdmaman@engineer.com>«
Diese Einschätzung wird sowohl durch Zeugenaussagen als
auch durch Expertenmeinungen untermauert, die wir unten in PERSÖNLICHE ERLEBNISSE
Anhang B wiedergeben. Was sich anhand theoretischer Be- »Sehr geehrter Herr,
rechnungen voraussagen läßt, stimmt also mit dem überein, Ihr Artikel ist der erste mir bekannte, der diese zweifelhaf-
was Experten bestätigen. Unter diesen Umständen scheint die ten „Mobiltelefonanrufe“ in den Mittelpunkt stellt. Letzten
Folgerung gerechtfertigt, daß Mobiltelefonanrufe aus einem Monat flogen meine Frau und ich nach Melbourne, ca.
rasch fliegenden Flugzeug (aus jeder beliebigen Höhe) nicht 1.000 Meilen [1.600 km] südlich von hier. In Passagier-
mehr Erfolgschancen haben als solche aus in großer Höhe flugzeugen sind Mobiltelefone bei uns verboten, doch auf
langsam fliegenden Flugzeugen. dem Rückflug hatte ich ein neues NOKIA-Telefon, eben in
A.K. Dewdney, 19. April 2003 Melbourne gekauft. Wegen seiner Kleinheit vergaß ich fast,
daß es sich in meiner Tasche befand. Ich stellte es verstoh-
Hinweis len an. Kein Empfang, nicht einmal über Städten oder als
Der Verfasser hat weder seinen akademischen Titel noch sei- wir uns Brisbane näherten. Vielleicht ist dies in den USA
ne akademische Stellungen aufgeführt, weil die hier geschil- anders, doch ich bezweifle es.
derten Forschungen in keinerlei Verbindungen zu irgendwel- Dieses Verbrechen schreit nach einer Untersuchung. Die
chen Universitätseinrichtungen standen und von solchen auch Gerechtigkeit für die Tausende von Opfern und ihre Fami-
nicht finanziell unterstützt wurden. Er hat gegenwärtig den lien erfordert dies.
Titel eines emeritierten Professors für Computerwissenschaft Mit den besten Grüßen
sowie eines beigeordneten Gastprofessors für Biologie an der Bernie Busch <bbusch@iprimus.com.au>«
Universität von Western Ontario und eines Professors für
Computerwissenschaft an der Universität von Waterloo. »Hallo Herr Professor,
Ich habe mehrmals versucht, mein Mobiltelefon in einem
Anhang A: Mobiltelefontypen Flugzeug in über zwei- bis dreitausend Fuß Höhe zu benut-
– C1 - Motorola i95cl - Telus Mike Network - 800 Mhz IDEN
– C2 - Motorola StarTac - Bell Mobility - 800 Mhz Analog zen, aber es klappt nicht. Meine Experimente erfolgten dis-
– C3 - Audiovox 8300 - Telus PCS Network - 1.9 Ghz CDMA / 800 MHz kret bei mehr als 20 Flügen mit Southwest Airlines zwi-
– C4 - Nokia 6310i - Rogers AT&T - 1.9 Ghz GHz GSM. (Tri-Band - Has schen Ontario, Kalifornien und Phoenix, Arizona. Ihre Er-
an 1.8 GHz and 900 Mhz GSM these are European frequencies) gebnisse entsprechen den meinigen. Mit Sprinttelefonen
– C5 - Motorola Timeport 8767 - Bell Mobility - 800 MHz Analog (CDMA
Tri-Mode 1.9 GHz CDMA / 800 Mhz CDMA) der Modelle 3500 und 6000 kam kein Anruf auf über 2500
Fuß durch, und auf schätzungsweise 5000 Fuß erschien
Anhang B: Briefe der Hinweis „Kein Betrieb“.
EXPERTENMEINUNGEN Es scheint zwei Gründe dafür zu geben: 1. Die Zellanlagen
»Sehr geehrter Herr, besitzen nicht genug Energie, um viel weiter als eine Meile
Ich habe den Artikel [Geisterreiter] noch nicht zu Ende ge- zu reichen; 2. Das Mobiltelefonsystem ist nicht in der La-
lesen, doch habe ich beruflich mit Telekommunikation zu ge, Anrufe zu vermitteln, wenn das Flugzeug eine Ge-
tun. Die Verwendung eines Mobiltelefons in einem Flug- schwindigkeit von mehr als 400 Meilen pro Stunde aufweist
zeug ist beinahe unmöglich. Die Gründe sind vielschichtig, [640 km/h].
doch die Hauptursache liegt darin, daß das Flugzeug den Dies sind sehr simple experimentelle Daten. Wenn einer
Funkverkehr stören würde und daß die Türme, welche die Ihrer Kontaktpersonen sie verifizieren kann, indem er er-
Signale tragen, wegen der Geschwindigkeit des Flugzeugs mittelt, auf welcher Höhe und mit welcher Geschwindigkeit
mit dem Senden und Empfangen überfordert wären. Die das dann in Pennsylvania abgestürzte Flugzeug flog, läßt
Auskunft anrufen? Nun, dies ist grundsätzlich unmöglich. es sich beweisen, daß die ganze Geschichte mit den Tele-
Ich habe jeweils für einen namhaften kanadischen und fonanrufen ein Schwindel ist.
amerikanischen Anbieter gearbeitet, und ich mußte mein Rafe <rafeh@rdlabs.com> (airline pilot)«

256 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


tentelefone) bedienten. Da ich jedes Wochenende per Flug-
»Guten Tag,
zeug zu reisen pflegte, ignorierte ich die Sicherheitsvor-
Ich möchte Ihnen zu Ihrem Bericht gratulieren, da ich vom
schriften, welche die Fahrgäste zum Ausschalten ihrer Mo-
allerersten Tage an das Gefühl hatte, daß der „Beweis“
biltelefone anhalten, und versuchte aus purer Neugier, ob
mit den Mobiltelefonanrufen der wohl faulste Teil der Ge-
ich einen Anruf zustande bringen könnte.
schichte war, und es mich sehr erstaunte, daß bisher nie-
Erstens bricht die Verbindung schon beim Start recht
mand diesen Aspekt zur Sprache gebracht hat.
schnell ab (Aufstiegsgeschwindigkeit, seitlicher Empfang
Ich möchte ferner die Frage der Fluggeschwindigkeit an-
von Bodenstationen etc.). Ich schätze, daß die Verbindung
schneiden, die mich zuerst mißtrauisch gegenüber den Mo-
ab 500 Meter Höhe nicht mehr klappt.
biltelefonanrufen gemacht hat. Ich weiß nicht, welche
Zweitens verläuft vor der Landung der Abstieg langsamer,
Höchstgeschwindigkeit Sie in dem kleinen Flugzeug er-
und das Flugzeug hält sich länger im Bereich der Mobilte-
reicht haben, doch in einem großen Passagierflugzeug
lefonstationen auf, doch nur in weniger als 500 m Höhe.
dürfte die Geschwindigkeit (vermutlich) nicht unter 450
Ich habe festgestellt, daß, weil sich das Flugzeug sehr
Meilen pro Stunde [720 km/h] gelegen haben, und die mei-
rasch fortbewegt, die Verbindung von einem Sendeturm
sten Mobiltelefone wären nicht in der Lage, rasch genug
zum anderen hüpft und einem nie die Chance läßt, wirklich
von einer Zelle zur anderen überzugehen, um eine Verbin-
einen Anruf zu tätigen. (Beim Reisen über Land, beispiels-
dung aufrechtzuerhalten (wenigstens nach dem, was ich
weise in einem Auto, habe ich dieses Phänomen niemals
von dieser Technologie verstehe). Außerdem reden wir von
bemerkt.) Dann, wenn eine Verbindung zustande gekom-
der Mobiltelefontechnologie des Jahres 2001, als bekannt-
men ist, braucht es wenigstens zehn bis dreißig Sekunden,
lich Anrufe aus Autos, die mit über 70 Meilen pro Stunde
bis der Anbieter einen Telefonanruf genehmigt. Nach die-
[112 km/h] fuhren, unterbrochen wurden (auch diesmal,
ser Zeit ist (da die Geschwindigkeit immer noch mehr als
weil der Übergang von einer Zelle zur anderen zu schnell
300 km pro Stunde beträgt) bereits die nächste Station er-
erfolgte).
reicht, und das Telefon, das stets nach der besten Verbin-
Auf jeden Fall vielen Dank für Ihre Aufklärungsarbeit.
dung sucht, bricht die eben zustande gekommene Verbin-
Machen Sie so weiter.
dung ab und versucht eine neue Station anzupeilen.
Ben Adam <email auf Anfrage>«
Ich habe dieses Experiment mehr als 18 Monate lang be-
trieben, so daß Witterungsverhältnisse, örtliche Gegeben-
»Lieber Herr Professor, heiten oder der Zufall als Faktoren ausscheiden. Die ganze
Als Antwort auf Ihren Artikel möchte ich meiner Genugtu- Zeit über ließ sich dasselbe Phänomen beobachten: Von
ung darüber Ausdruck verleihen, daß sich jemand mit der einem Flugzeug aus einen Mobiltelefonanruf zu tätigen, ist
nötigen Sachkenntnis die Mühe genommen hat, den Unsinn unrealistisch und so gut wie unmöglich.
mit dem 11. September wissenschaftlich zu widerlegen. In Anbetracht dieser Fakten kann ich Ihren Schlußfolge-
Ich reiste an jedem Wochenende zwischen zwei großen eu- rungen nur beipflichten, daß die offiziellen (und vielleicht
ropäischen Städten hin und her, als sich die Ereignisse in fabrizierten) Geschichten als Unsinn abgetan werden dür-
den USA zutrugen. Besonders merkwürdig erschienen mir fen.
die Berichte, wonach zahlreiche Passagiere an Bord der Mit freundlichen Grüßen
entführten Flugzeuge lange Gespräche mit Bodentelefonen Peter Kes <kpkes@yahoo.com>«
geführt haben sollen, wobei sie sich angeblich ihrer Mobil-
telefone (und nicht etwa der an Bord befindlichen Satelli-

Ein alternatives Szenario


Ein wirksam dargebotenes Zauberkunststück auf der Bühne mögliche Lösung dargeboten. Der Zaubertrick heißt „Gei-
ist ein Ereignis, das nicht tatsächlich stattgefunden hat, zu- sterreiter am Himmel“. Beginnen mit einem Blick hinter den
mindest nicht auf die dem Publikum vorgegaukelte Art und Vorhang an jenem schicksalhaften Tage.
Weise. Dieses soll dazu veranlaßt werden, an einen „Zauber“
zu glauben, während die tatsächliche Erklärung stets weit Flug 11
komplexer und ganz anders ist. Die meisten Zuschauer sind Der Morgen schimmerte hell und klar über dem Logan Air-
sich bewußt, daß die scheinbare Erklärung falsch ist und ver- port in Boston, als sich die Mannschaften für die ersten Flüge
suchen sich vorzustellen, wie der Effekt denn wirklich er- des Tages einfanden. Die Passagiere des Flugs 11 der Ameri-
reicht wurde. Nur sehr wenige nehmen die „offizielle“ Erklä- can Airlines füllten bereits die Lounge, als der Pilot John
rung für bare Münze. Ogonowski und der erste Offizier Thomas McGuiness ihre
Bei anderen, schwärzeren Formen der Magie wird kaum we- Boeing 767 bestiegen, um die routinemäßige Inspektion vor-
niger manipuliert, doch reagieren die Zuschauer anders dar- zunehmen.
auf. Die allermeisten wähnen zu wissen, daß die ihnen ser- Bei seinem Marsch durch die Lounge warf Ogonowski einen
vierte Erklärung richtig ist, und zerbrechen sich gar nicht erst flüchtigen Blick auf die wartenden Passagiere, wie er es stets
den Kopf darüber, wie der Effekt zustande gekommen sein zu tun pflegte. Er bemerkte nichts Ungewöhnliches.
mag. Die Zahl der Zweifler ist sehr gering. Wenn die Ge- Im Cockpit gingen er und McGuiness die lange Checkliste
schehnisse des 11. September 2001 wirklich Bestandteile ei- durch, und als sie die Motoren in Betrieb gesetzt hatten, er-
nes raffinierten Zauberkunststücks waren, wie wurde das wachten die beiden gewaltigen General-Electric-Turbo-
Ganze dann inszeniert? Im vorliegenden Artikel wird eine Triebwerke dröhnend zum Leben. Die Wettervorhersage ver-

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hieß schönes Wetter bis nach Los Angeles. Alles deutete auf flog mit voller Wucht in den Südturm. Flug 175 der United
einen Routineflug hin. Airlines war an jenem Morgen – um 8:15 Uhr – ebenfalls
Um 7:45 Uhr schloß die Flugmannschaft die Kabinentüren, vom Bostoner Logan-Flughafen gestartet.
und die 767 begann auf die Landebahn hinauszurollen. We- Um 9:45 Uhr brauste ein drittes Flugzeug in eine Ecke des
nige Minuten später erhielt die Maschine die Starterlaubnis. Pentagon-Gebäudes. Um 10:00 Uhr zerschellte eine vierte
Um 7:59 Uhr liefen die Motoren voll an, und die 767 hob Maschine auf einem Feld in der Nähe von Pittsburgh; offen-
vom Boden ab. Sie stieg in den klaren, blauen Himmel em- bar hatte sie ihr Ziel gänzlich verfehlt.
por, erreichte auf 25.000 Fuß ihre maximale Flughöhe und Schon Minuten nach dem ersten Einschlag berichteten die
schoß westwärts in Richtung Los Angeles. Ogonowski fragte wichtigsten Nachrichtenmedien über die Geschehnisse und
auf dem Flugkontrollcomputer die Koordinaten für Los An- warteten mit immer neuen Einzelheiten auf. Anscheinend
geles ab und setzte dann das INS/Autopilot-System in Be- hatten vier von Selbstmördern gesteuerte Flugzeuge soeben
trieb. Eine Stewardesse brachte Kaffee ins Cockpit und un- zwei der wichtigsten Wahrzeichen Amerikas getroffen. Nach
terhielt sich kurz mit Pilot und Co-Pilot, ehe sie sich wieder ihren Eindrücken gefragt, beschrieben die Menschen auf der
ihren Pflichten zuwandte. Straße diese als „irreal“. Etwas Ähnliches hatte die Welt
Bis 8:27 Uhr, fast eine halbe Stunde nach dem Start, verlief noch nie erlebt. Das Drama drängte alle anderen Themen in
der Flug völlig normal. Doch zu jenem Zeitpunkt verspürte den Hintergrund und rief bei den Amerikanern zuerst schiere
Ogonowski ein Drücken in der Brust, und plötzlich fiel ihm Sprachlosigkeit und dann ungeheure Empörung hervor.
das Atmen schwer. Ein Herzanfall? Der Pilot warf einen ner- In den folgenden Tagen verbreitete sich die Geschichte von
vösen Blick auf McGuiness; wenn sich die Symptome ver- vier Zellen arabischer Terroristen im Nu. Man enthüllte die
schärften, würde er diesen wohl warnen müssen, daß er sich Namen der Flugzeugentführer sowie ihre Verbindungen oder
unwohl fühlte. Doch McGuiness’ Gesicht war schneeweiß, Beziehungen mit Al Qaida und dem gefürchteten Osama bin
und er schien mühsam um Atem zu ringen. Dann übergab er Laden. Schon bald sollte Bush seinen „Krieg gegen den Ter-
sich. »Wir stecken in der Klemme«, sagte sich Ogonowski rorismus“ ausrufen. Schon bald sollten sich amerikanische
und versuchte verzweifelt zu denken. Aus dem Passagierab- Truppen zum Einfall in Afghanistan rüsten, und Israel sollte
teil hinter den geschlossenen Cockpittüren drangen Rufe und das Gebiet westlich des Jordans und den Gazastreifen wieder
Schreie. Dem Piloten wurde nun dunkel vor den Augen, und besetzen.
er konnte nicht mehr atmen. »Ruf die Stewardessen«, ver- Die Septemberangriffe nahmen von Anfang an apokalypti-
mochte er noch zu sagen, ehe er starb. Der Kopf des Co- sche Dimensionen an, und die Entführer erschienen fast
Piloten hing bereits seitwärts herab. schon als die vier Reiter der Apokalypse. In der vorliegenden
Im Passagierabteil verlor eben die letzte Stewardesse das Analyse wird die Möglichkeit erörtert, daß die Flugzeuge
Bewußtsein und sank langsam in die Knie, ehe sie im Gang nicht von physisch vorhandenen Personen entführt worden
zwischen den Sitzreihen ihr Leben aushauchte. Das Flugzeug sind, sondern durch eine einfache Kombination zweier tech-
roch nach Erbrochenem und Kot. Außer einem oder zwei nologisch raffinierten Methoden. In diesem Fall hätten wir es
Passagieren, die in den Gängen lagen, waren alle in ihren Sit- nicht mit apokalyptischen Reitern zu tun, sondern mit „Gei-
zen zusammengesunken. Sie schienen alle in tiefen Schlaf sterreitern“, die an die amerikanische Ballade Ghost Riders in
versunken, doch in Wirklichkeit waren sie tot. An Bord be- the Sky gemahnen.
fand sich keine lebende Seele mehr.
Im Cockpit saßen Pilot und Copilot regungslos in ihren Sit- Eine Analyse der Terrorangriffe
zen und starrten mit leeren Augen in den tiefen blauen Him- Die Diskrepanz zwischen der eben von mir gelieferten Schil-
mel über den Fenstern. Das Flugzeug flog mit unverändertem derung der Entführung und der von den Medien feilgebote-
Kurs weiter, als sich unversehens die Zahlen auf dem zuvor nen ist nur allzu offenkundig, und erstere wird vielen absolut
reglosen Navigationssystemsschirm änderten. Anstelle der unwahrscheinlich vorkommen. Wie könnte auch jemand auf
Koordinaten für den Raum Los Angeles erschienen neue Zif- den Gedanken verfallen, einen scheinbar so eindeutigen Fall
fern auf dem Schirm. Das Flugzeug vollzog eine jähe zu hinterfragen? Die FBI-Ermittlungen hatten schon erstaun-
Schwenkung nach links und begann einen langsamen Ab- lich rasch zu eindeutigen Ergebnissen geführt, war es dem
stieg, wobei es seine Geschwindigkeit um 100 Meilen pro FBI doch geglückt, einen Fall, in den nicht weniger als 19
Stunde erhöhte (160 km/h). Terroristen verwickelt waren, in sage und schreibe zwei Ta-
Wäre im Cockpit noch jemand am Leben gewesen, so hätte gen zu lösen. (Hingegen hatte man mehrere Jahre gebraucht,
er durch das Fenster sehen können, wie die Stadt New York um einen einzelnen Terroristen – den Unabomber – dingbar
näher rückte. Das Flugzeug senkte sich immer tiefer und zu machen.) Dazu kam ein steter Strom von vorsichtigen
nahm Kurs auf Untermanhattan. Presseerklärungen und Meldungen aus dem Pentagon, und
Als die 767 den East River überflog, war es schon völlig klar, schon ein paar Tage nach dem Angriff wurden Kriegspläne
wo das Ziel der Maschine lag. Das World Trade Center ge- des Weißen Hauses ruchbar. Diese deuteten zwangsläufig auf
wann immer deutlichere Konturen. Um 8:45 Uhr raste die eine sehr gut vorbereitete Regierung hin. Man hätte eigent-
Boeing 767 krachend in den Nordturm. Ein riesenhafter lich meinen sollen, Menschen, die sich eben erst mit einer
Flammenball, brennender Treibstoff, schoß auf der Südost- „neuen Realität“ abgefunden hatten, würden schwerlich ge-
seite des Nordturms hoch. Die vergasten Passagiere und Be- willt sein, diese gegen etwas noch viel Schlimmeres einzu-
satzungsmitglieder des Flugs 11 wurden nun kremiert, und tauschen. Trotzdem schien sich die „Irrealität“ der Angriffe
zusammen mit ihnen Hunderte von Büroangestellten im nahtlos in die Irrealität des darauf folgenden Dramas einzu-
Nordturm. fügen.
18 Minuten später, um 9:03 Uhr, als Tausende von New Im folgenden will ich die technische Machbarkeit der elek-
Yorkern atemlos und entsetzt den brennenden Nordturm an- tronischen Entführung großer Passagierflugzeuge erörtern,
starrten, erschien aus Südwesten eine zweite Boeing 767 und wie sie im einleitenden Szenario beschrieben wird. Ich be-

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haupte nicht, genau so habe es sich am 11. September zuge- ich mein Bestes, um nicht zu lügen. Ich hatte keine Vor-
tragen. Doch noch viel weniger bin ich der Ansicht, daß die kenntnis von diesen Attacken und betrachte die Tötung un-
Angriffe von „arabischen Terroristen“ ausgeheckt und ausge- schuldiger Frauen, Kinder und Menschen auch nicht als
führt worden sind. schätzenswerten [sic] Akt.« (Unmat, 2001)
Ich mache lediglich geltend, daß die unten beschriebene Me- Trotzdem behauptete das Weiße Haus, es habe „Verbindun-
thode eine von mehreren – freilich die effizienteste – zur gen“ zwischen Al Qaida und den Anschlägen vom 11. Sep-
Umwandlung von Passagierflugzeugen in fliegende Bomben tember aufgedeckt und verfüge über geheime Informationen,
ist. Daraus folgt gleich meine nächste Behauptung, nämlich die aus Gründen der „nationalen Sicherheit“ der Öffentlich-
daß die gleich nach dem 11. September erfolgten hastigen keit nicht bekannt gemacht werden dürften.
Erklärungen bestenfalls eine unverzeihliche Torheit seitens
der Bush-Regierung und schlimmstenfalls ein Desaster für Undichte Stellen im Geheimdienst
Amerika waren. In letzterem Fall deutet das hier vorgebrach- Eine andere Ungereimtheit bei den Angriffen vom 11. Sep-
te Beweismaterial auf gewisse Elemente in der Machtstruktur tember muß jedermann stutzig machen, der sich ein wenig in
der US-Regierung hin, und der einzig mögliche Schluß be- der Geschichte des „Terrorismus“ auskennt. Allein schon der
steht darin, daß die Vereinigten Staaten selbst gekidnappt Umfang einer solchen Operation, die perfekte Koordination
worden sind. sowie die Notwendigkeit absoluter Geheimhaltung stellten
Ehe wir uns der Frage zuwenden, wie eine mit ausgeklügel- alles in den Schatten, was eine Terrororganisation je zuvor
ten technologischen Mitteln durchgeführte Entführung mög- zustande gebracht hatte. Auch die früheren Al Qaida angela-
lich ist, scheint es am Platz, einige im Zusammenhang mit steten Anschläge waren vergleichsweise einfache Aktionen
den Attacken stehende Erkenntnisse zu offenbaren, da diese gewesen, bei denen es lediglich darum ging, Sprengstoff auf
Indizien dafür enthalten könnten, daß an jenem Tage etwas heimlichen Wegen (per Schiff oder Auto) zum Tatort zu
ganz anderes geschehen ist als Flugzeugentführungen durch schaffen. Besondere Bedeutung kam bei der umfassenden
„arabische Terroristen“. Operation des 11. September der Geheimhaltung zu.
Von seinen Dimensionen her paßte ein solches Unternehmen
Der historische Kontext weit eher zu einem großen, wohlorganisierten Geheimdienst,
Zuerst der wichtigste Punkt: Niemals hat eine bekannte „ter- der dabei bis zu 50 Agenten einsetzen konnte, von welchen
roristische“ Gruppe, mag es sich nun um Palästinenser, bas- jeder von einem oder mehreren Aspekten des Plans Kenntnis
kische Separatisten, irische Nationalisten, die Tamil Tigers, hatte. Doch bei einem solchen Unterfangen sickert unver-
die Rote Armee Fraktion oder eine sonstige Organisation meidlicherweise das eine oder andere durch. Dies war auch
handeln, je einen Anschlag durchgeführt, ohne dann die Ver- im vorliegenden Fall nicht anders. Wir führen zwei Beispiele
antwortung dafür zu übernehmen. Der Zweck eines solchen an, die auf einen ganz anderen Urheber der Anschläge deuten
Angriffs besteht ja darin, Werbung für eine Sache zu ma- als „arabische Terroristen“.
chen. Die einzige Ausnahme von dieser für die Geschichte Laut Ha’aretz, der größten israelischen Tageszeitung, erhiel-
des Terrorismus gültige Regel ist die mysteriöse Al Qaida, an ten zwei in einem der WTC-Türme arbeitende Angestellte
deren Spitze der nicht minder mysteriöse Osama bin Laden des Dienstleistungsunternehmens Odigo, dessen Sitz in Israel
stehen soll. Der bekannte britische Reporter Robert Fisk hat liegt, zwei Stunden vor dem Anschlag am 11. September
dieselbe Auffassung verfochten: 2001 per Email Warnungen zugestellt (Dror, 2001). Die bei-
»Sie haben keine Botschaft hinterlassen, sondern nur den unterrichteten sogleich ihre – mit dem israelischen Si-
Schweigen.« cherheitsdienst zusammenarbeitende – Firma sowie die ame-
Nach Fisks Ansicht war dies ganz und gar untypisch für jeg- rikanische Polizei und teilten ihnen mit, woher die Warnun-
liche terroristische Organisation (MacIntyre, 2001). gen gekommen waren. Wie sich das Ganze weiter entwickel-
Wäre Al Qaida für die Angriffe verantwortlich gewesen, te, ist nie bekannt geworden, woraus sich folgern läßt, daß
warum hätte bin Laden die Verantwortung dafür denn nicht die Botschaften nicht von „terroristischer“ Seite gekommen
übernehmen sollen? Die vom Weißen Haus aufgestellte Be- waren: Hätte es Indizien oder gar Beweise dafür gegeben, so
hauptung, wonach Al Qaida Amerika mit „namenlosem hätte die US-Regierung diese in ihrem „Krieg gegen den Ter-
Schrecken“ überziehen wollte, ist zutiefst unlogisch. Die ein- ror“ zweifellos weidlich ausgeschlachtet.
zigen anderen Terrorakte, für welche sich keine der „regulä- Interessante Hinweise auf andere vor den Anschlägen durch-
ren“ Organisationen für verantwortlich erklärte, nämlich die gesickerte Informationen vermittelt folgender Report:
Bombenanschläge auf die US-Botschaften in Kenia und Tan- »Ein Bericht des militärischen Nachrichtendienstes der
sania im Jahre 1998 sowie der Angriff auf das Kriegsschiff USA enthüllte Details eines internen Geheimdienstmemo-
USS Cole anno 2000, wurden ebenfalls Al Qaida zur Last ge- randums, das den Mossad mit den Angriffen auf das World
legt. Wie hätte bin Laden da annehmen können, von Al Qai- Trade Center und das Pentagon in Verbindung brachte.
da am 11. September 2001 verübte Terroranschläge könnten Das Memorandum zirkulierte schon drei Wochen vor den
einer anderen Gruppierung angelastet werden, oder man kön- Anschlägen.« (Stern, 2001)
ne die Urheber gar nicht ausfindig machen! Das Ganze ergibt In dem Memorandum wurde darauf hingewiesen, daß der
schlicht und einfach keinen Sinn. Doch nicht genug damit: Mossad eine geheime Operation auf amerikanischem Boden
bin Laden hat mehrfach bestritten, etwas mit den Angriffen plante, um die öffentliche Meinung gegen die Araber aufzu-
zu tun zu haben. Noch am 11. September 2001 erklärte er: hetzen. David Stern, ein Experte für Operationen des israeli-
»Dieser Terrorakt ist das Werk einer amerikanischen schen Geheimdienstes, hielt fest:
Gruppe. Ich habe nichts damit zu tun.« »Die Angriffe erforderten ein hohes Maß an militärischer
Später, am 28. September, doppelte er nach: Präzision und die finanziellen Mittel eines erstklassigen
»Ich habe bereits gesagt, daß ich nicht in die Angriffe in Geheimdienstes. Außerdem mußten die Urheber der An-
den USA vom 11. September verwickelt bin. Als Muslim tue schläge gründlich vertraut mit den Flugoperationen der

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Air Force One, den Flugrouten ziviler Passagiermaschinen Der libanesische Playboy
sowie den Taktiken eines Luftangriffs auf besonders wich- Die Gestalt des Ziad Jarrah, der angeblich die – dann in
tige amerikanische Städte wie Washington sein.« Pennsylvania abgestürzte – Maschine der United Airlines,
Stern unterstrich auch, daß die Angriffe »den Interessen kei- Flug 93, nach ihrer Entführung steuerte, ist für jeden, der sich
ner arabischen Gruppe oder Nation nützen und zu einem mit den Geschehnissen des 11. September befaßt, ein Rätsel.
Zeitpunkt erfolgten, als Israel Zielscheibe internationaler Laut einem erstmals im November 2001 ausgestrahlten Do-
Verurteilungen war«. kumentarbericht der CBC (Canadian Broadcasting Corpora-
tion) war Jarrah ein Playboy und Sproß einer wohlhabenden
Eine virtuelle Freudenfeier libanesischen Familie. (MacIntyre, 2001). Diese bekannte
Höchst verdächtig war die Ausstrahlung eines Videofilms, sich nur nominell zum islamischen Glauben, und dasselbe
der angeblich noch am Tag der Anschläge in Palästina ge- galt in erhöhtem Maße für Jarrah selbst. Er ging gerne zu-
dreht worden war. Er zeigte Palästinenser, die irgend etwas sammen mit anderen jungen Leuten tanzen und hatte sogar
feierten. Die Medien machten geltend, diese Palästinenser be- eine feste Freundin, was einem gläubigen Muselmanen, und
jubelten die Angriffe auf das World Trade Center und das erst recht einem Fanatiker, schlecht ansteht. Der Reporter
Pentagon. Doch wird diese Behauptung durch die Tageszeit Linden MacIntyre ist in den Libanon gereist, um die Familie
widerlegt, an dem der Film gedreht worden sein muß. Die Jarrah zu interviewen; anschließend fuhr er nach Hamburg,
von Buden und Gebäuden in der Nähe der jubelnden Menge wo er sich mit Jarrahs früherer Zimmervermieterin über des-
geworfenen Schatten lassen nämlich klar erkennen, daß es zu sen Verhalten in den Monaten vor dem 11. September unter-
jedem Zeitpunkt ungefähr Mittag war. Doch als sich die An- hielt. Die Jarrahs waren vollkommen sprachlos über die an-
schläge ereigneten, war es in Palästina bereits fünf Uhr gebliche Rolle ihres Sohns bei den Flugzeugentführungen,
nachmittags. Zu dieser Zeit hätten die Schatten im September und auch die Zimmervermieterin, die ihn offensichtlich ge-
einen Winkel von höchstens 30 Grad von der Horizontalen mocht hatte, war völlig fassungslos.
aufgewiesen und wären auf dem Videofilm deutlich als tiefe Jarrah wußte ein Leben in Wohlstand zu schätzen, doch seine
Schatten sichtbar gewesen. große Leidenschaft galt der Luftfahrt, und mit größter Wahr-
Dies bedeutet, daß der Videofilm zu einem früheren Zeit- scheinlichkeit wollte er selbst fliegen lernen. Er nahm in
punkt entstanden war und der Grund für den Jubel der Palä- Hamburg ein Studium auf. Wie seine Zimmervermieterin zu
stinenser ein ganz anderer gewesen sein muß; der Kommen- berichten wußte, begann er dort rätselhafte Ausflüge nach
tar war also bewußt irreführend. Somit drängt sich die Frage Harburg zu unternehmen, von denen er manchmal erst in der
auf, wie der – angeblich von einem „unabhängigen Kamera- Morgendämmerung zurückkehrte. In Harburg wohnte auch
mann“ gedrehte – Streifen so verdächtig rasch in die Hände Mohammed Atta, einer der berüchtigtsten unter den angebli-
der US-Medien geriet. Die einzige Erklärung ist, daß er in chen Flugzeugentführern. Nach Ansicht MacIntyres war es
voller Kenntnis der bevorstehenden Angriffe hergestellt wor- letzterer, der Jarrah für eine Sondermission rekrutiert hat. Ob
den war. dies zutrifft, sei dahingestellt, und wenn es stimmt, wissen
wir nicht, worin diese Mission bestand. Jedenfalls befand
Getürktes Beweismaterial sich Jarrah im Juni 2000 in Florida, wo er Flugstunden nahm
Vor unlösbare Schwierigkeiten stellt uns auch das Beweisma- (nur für leichte Flugzeuge) und mit seinen (später ebenfalls
terial, das von FBI-Ermittlern auf den Parkplätzen der angeb- für den Dokumentarfilm interviewten) Wohngenossen dar-
lich von den Flugzeugentführern benutzten Flughäfen zu- über fachsimpelte, wie es wohl wäre, ein großes Passagier-
sammengetragen worden sein soll. In mehreren Mietwagen flugzeug zu steuern.
entdeckten FBI-Offiziere Exemplare des Koran sowie Flug- Jeder mit auch nur halbwegs fruchtbarer Einbildungskraft
lehrbücher. Vor dem Hintergrund der vom Weißen Haus be- Gesegnete kann sich außer einer Anwerbung durch Al Qaida
schworenen mörderischen „Effizienz“ der Täter, die in der eine ganze Reihe von verschiedenen Gründen vorstellen, die
Tat zur Durchführung eines so komplexen Unternehmens er- den Anstoß dazu gegeben haben könnten, daß Jarrah ein paar
forderlich war, müßte man eigentlich annehmen, daß die Hin- Nächte in Harburg verbrachte und Flugstunden in Florida
termänner den Terroristen die absolute Notwendigkeit der nahm. Jeder einigermaßen kompetente Detektiv fände
Spurenverwischung eingeschärft hätten – man wollte ja zwanglose Erklärungen für dieses Verhalten: Eine fesche und
schließlich „namenlosen Schrecken“ säen… Die Flugzeug- anschmiegsame Maid in Harburg beispielsweise, oder die
entführer hätten bestimmt keine persönlichen Besitzgegen- Aussicht auf einen Posten als Privatpilot eines steinreichen
stände, religiösen Schriften, Flughandbücher etc. zurückge- nahöstlichen Geschäftsmanns in Florida.
lassen. Die Mietwagen wären so sauber und leer gewesen wie Am 9. September 2001, genau zwei Tage vor den Terrorak-
zum Zeitpunkt, als sie gemietet wurden. Kein Moslem, ge- ten, rief Jarrah seinen Oheim im Libanon an. Diesem zufolge
schweige denn ein „islamischer Fanatiker“, wird übrigens ei- machte er einen durchaus normalen und recht glücklichen
nen Koran in einem gemieteten Fahrzeug liegen lassen, be- Eindruck. Er berichtete, in zwei Wochen gedenke er in den
sonders wenn er weiß, daß er nicht zu diesem zurückkehren Libanon zurückzukehren und an einer Party teilzunehmen,
wird. die seine Familie geben wollte. Auf ihn wartete ein funkelna-
Dies führt uns gleich zum nächsten Punkt. Warum in aller gelneuer Mercedes, den ihm sein Vater im Hinblick auf eine
Welt hätte eine dermaßen effiziente terroristische Organisati- künftige Hochzeit gekauft hatte. MacIntyre war dies alles
on überhaupt Mietwagen benutzen sollen? Viel einfacher und nicht ganz geheuer:
nicht weniger sicher wäre es doch gewesen, mit dem Taxi »Je tiefer man in das Geheimnis eindringt, desto verwir-
zum Flughafen zu fahren. Wiederum klaffen die offenkundi- render kommt einem dieses vor.«
gen Fakten und die offizielle Version himmelweit auseinan- Ich werde später noch auf die angeblichen Flugzeugentführer
der. zurückkommen.

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Der Bombenanschlag auf das World Trade Center im beim Bombenanschlag mitgewirkt. Die Jury befand diesen
Jahre 1993 sowie Ayyad für schuldig (Abdel Rahman wurde bei einem
Das wichtigste Ziel der Anschläge vom 11. September waren anderen Prozeß verurteilt). Dem Schuldspruch lagen Indizien
selbstverständlich die Zwillingstürme des World Trade Cen- zugrunde, die auf eine Verschwörung hinwiesen, obgleich
ter in Untermanhattan. Schon früher, am 26. Februar 1993, kein Zeuge die Verdächtigen am Tatort gesehen hatte und
waren diese Zielscheibe eines Attentats gewesen. Einer der auch keine Sachbeweise gegen diese vorlagen. (Pringle,
Bombenleger soll Mohammed Salameh gewesen sein, ein 1994)
Student, der damals in Jersey City lebte. Nach dem Prozeß berichtete Salem eine völlig andere Ge-
Am 26. Februar 1993, um 12:18 Uhr, erschütterte eine hefti- schichte. In miesem Englisch sagte er nun folgendes aus:
ge Explosion in der Parkgarage B unter den Zwillingstürmen »Wir hatten schon anfangen Bombe basteln, wo dann in
das Gebäude. Sieben Menschen kamen dabei ums Leben; World Trade Center hochging. Sie ist von aufsehende Auf-
Tausende von Angestellten wurden für mehrere Stunden ein- seher von Büro gebaut […] und wir haben alle informiert
geschlossen und mußten starken Rauch einatmen. Innerhalb gewesen und haben wir gewißt, daß man hat anfangen mit
einer Woche gingen dem FBI Mohammed A. Salameh sowie Bombe basteln.« (Morales & DeRienzo, 1995)
dessen Freund Nidal Ayyad als Hauptverdächtige ins Netz. Wer nicht über die bei größeren Geheimdienstoperationen
Salameh war aufgrund eines Metallsplitters dingbar gemacht üblichen Mätzchen Bescheid weiß, der sei darauf hingewie-
worden, den man in der Parkgarage des World Trade Center sen, daß die Belastung Unschuldiger sowie andere schmutzi-
gefunden hatte. Er trug die Seriennummer eines Ford- ge Tricks in diesen Kreisen gang und gäbe sind. (Ostrovsky
Enocoline-Lastwagens, welcher einer Autovermietungsagen- & Hoy, 1990/91). Besondere Schwierigkeiten treten dabei
tur der Kette Ryder in Jersey City gehörte. Es stellte sich her- meist nicht auf. Im vorliegenden Fall konnte Hadas Salameh
aus, daß Salameh den betreffenden Wagen unlängst gemietet beispielsweise damit beauftragen, irgendeine harmlose Fracht
hatte. Am 25. Februar, dem Tag vor dem Bombenattentat, zu einer Adresse in Jersey City zu transportieren, wo er ein
hatte er den Wagen bei der Polizei von Jersey City als ge- Gebäude betreten mußte, um die Ankunft der Ladung zu
stohlen gemeldet, was für einen Terroristen ein gelinde ge- melden. Während er sich innerhalb des Gebäudes aufhielt,
sagt befremdliches Verhalten ist. Die Lizenznummer konnte konnte man den LKW stehlen und an einen Ort schaffen, wo
er nicht angeben, da sich die betreffenden Dokumente in dem man ihn mit der todbringenden Fracht belud.
entwendeten Fahrzeug befanden. Er meldete den Diebstahl
auch bei der Vermietungsagentur und versuchte, die 400 Dol- Die fehlenden Passagiere
lar zurückzubekommen, die er für den Wagen hingeblättert Auf den meisten Websites, wo Listen mit den Passagieren
hatte. Am nächsten Tag, als der Anschlag auf das World Tra- der Unglücksflugzeuge veröffentlicht werden (CNN, 2001;
de Center Gesprächsthema Nummer eins war, rief Salameh WRH, 2001; IIIEb, 2001), fehlen die Namen der Entführer.
abermals die Agentur Ryder an, erfuhr von dieser die Li- Es mag natürliche triftige Gründe dafür geben, diese der Öf-
zenznummer und reichte eine zweite, diesmal vollständige fentlichkeit vorzuenthalten. Einer davon könnte sein, daß die
Diebstahlsanzeige bei der Polizei an. Kurz: Der junge Mann Luftfahrtgesellschaften, als sie die Passagierlisten den Medi-
verhielt sich so, als habe er keine Ahnung davon, daß der ge- en zur Verfügung stellten, beschlossen, die Namen der Terro-
stohlene Lastwagen beim Terroranschlag auf das World Tra- risten zu tilgen, um die Opfer nicht dadurch zu entehren, daß
de Center Verwendung gefunden hatte. man sie mit ihren Mördern in einem Atemzug nannte. Frei-
Doch nicht genug der Merkwürdigkeiten. Salameh und lich hat keine der Luftfahrtgesellschaften je eine diesbezügli-
Ayyad pflegten eine kleine Moschee im zweiten Stock eines che Stellungnahme abgegeben. Bei den Passagieren wurden
Gebäudes im Zentrum von Jersey City zu besuchen. Der dor- nicht nur die Namen, sondern auch die Berufe und Wohnorte
tige Imam war Scheich Omar Abdel-Rahman. Er wurde angegeben. In keinem Fall steht unter der Rubrik Beruf „Ter-
ebenfalls festgenommen und später in einem separaten Ver- rorist“. Der Schluß mag ja gewagt anmuten, doch wenn die
fahren unter Ausschluß der Öffentlichkeit abgeurteilt. Bei ei- Namen der Flugzeugentführer nicht auf den Passagierlisten
ner Durchsuchung der Moschee hatte die Polizei keine Hin- stehen, dann vielleicht schlicht und einfach darum, weil es
weise darauf entdeckt, daß dort Bomben hergestellt worden gar keine Flugzeugentführer an Bord gab.
wären. Auch in Salamehs Wohnung hatte man nichts Bela-
stendes gefunden. Die fehlenden Blackboxes
Hingegen fand die Polizei in der Wohnung eines „Freundes“ Jede der entführten Boeings besaß eine Blackbox des Stan-
von Salameh Drähte, wie sie bei der Herstellung von Bom- dardformats, einen FDR (Flight data recorder) sowie einen
ben benutzt werden, schriftliche Instruktionen zum Bomben- CVR (Cockpit voice recorder). Vor dem 11. September ist
bau sowie Spuren von Sprengstoff. Am Tag vor dem An- kein Fall eines Flugzeugabsturzes bekannt, bei dem die wich-
schlag wurde Salameh von Josie Hadas, einem Bekannten tigsten Flugdaten und Stimmenaufnahmen nicht geborgen
Salamehs aus Jersey City, damit beauftragt, einen LKW für worden wären. Doch nur eine der betreffenden Kästen aus
den Transport einer gewissen Fracht zu mieten. Hadas, ein is- den Unglücksflugzeugen des 11. September ist je geborgen
raelischer Bürger, wurde von der Polizei in Gewahrsam ge- worden, und zwar der CVP des Flugs 93 (die betreffende
nommen, jedoch schon bald wieder auf freien Fuß gesetzt United-Airlines-Maschine zerschellte, wie bereits erwähnt,
und nach Israel zurückgeschickt, wo man ihn (angeblich) bis auf einem Feld in Pennsylvania). Die Nachrichtensendung
zum heutigen Tage einfach nicht finden kann. (IIIE, 2001) ABC News berichtete:
Belastungszeuge Nummer eins beim Prozeß war der FBI- »Es hieß, der CVR sei schwer beschädigt, und der Herstel-
Schnüffler Emad Salem, ein früherer ägyptischer Armeeoffi- ler sei mit einer gründlichen Analyse beauftragt worden.
zier, der sich bei Scheich Abdel Rahman angebiedert und Das in Pennsylvania abgestürzte Flugzeug soll mit einer
sich in dessen Bekanntenkreis eingeschlichen hatte, wo er Geschwindigkeit von mehr als 500 Meilen pro Stunde auf
Spitzeldienste für das FBI leistete. Er gab an, Salameh habe dem Boden aufgeprallt sein.«

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 261


Schwarze Kästen sind so konstruiert, daß sie einer Beschleu- waffe dort Flugzeuge bereit. Freilich wurde der Inhalt der
nigung von dem 3.400-fachen der Erdanziehung widerstehen Website schon zwei Tage später dahingehend verändert, daß
können, was einer Abbremsung von 33.489 m/sec² ent- an jenem Morgen keine Flugzeuge verfügbar gewesen seien
spricht. – angesichts der Wichtigkeit jener Gegend und der Anzahl
Eine mit einer Geschwindigkeit von 800 km/h auf dem Bo- dort stationierter Jäger fürwahr eine Merkwürdigkeit. (Rup-
den aufprallende oder in ein Gebäude rasende Maschine pert, 2002)
kommt binnen einer Zehntelsekunde zum Stillstand, was ei- Der Luftwaffe standen nicht fünf Minuten, sondern mehr als
ner Abbremsung von höchstens 2.236 m/sec² oder ungefähr seine Stunde zum Abfangen der Passagierflugzeuge zur Ver-
7% des angegebenen Höchstwerts entspricht. Die Hitzeresi- fügung. [Näher mit diesem Thema befaßt sich der folgende
stenz der Kästen liegt bei 1.100°C während eines Zeitraums Beitrag in diesem Heft, der Herausgeber.]
von 30 Minuten. Die Temperatur wäre beim Absturz in Pen-
sylvania nicht ins Gewicht gefallen, doch selbst der beim Eine virtuelle Flugzeugentführung
Einschlag in die Türme auflodernde Feuerball war nicht hei- Jeder Beobachter der Angriffe vom 11. September nahm na-
ßer als 1.000°C (NTSB, 2002). Die Hitze konnte nur so lange türlich an, daß die Flugzeuge von Menschen kontrolliert
andauern, wie Kerosin verbrannte, und die Temperaturen wurden. Alles schien auf eine Entführung durch Terroristen
mögen innerhalb der hitzeisolierten Kästen kaum halb so hinzudeuten. Doch was auf den ersten Blick unmöglich er-
hoch gewesen sein. Jedenfalls stürzte jeder der beiden Türme scheinen mag, stellt sich bei näherer Untersuchung manchmal
weniger als eine halbe Stunde nach dem Aufprall ein. als nicht nur möglich, sondern durchaus real heraus. Meine
Es besteht kaum Zweifel daran, daß die Blackboxes, hätte Argumentation beruht auf einer Spekulation, und da der Teu-
man sie bergen können, gegebenenfalls alle notwendigen In- fel oft im Detail steckt, könnte sich das eine oder andere
formationen zur Bestätigung der Behauptung geliefert hätten, durchaus anders zugetragen haben. Doch hinsichtlich der
wonach die vier Flugzeuge von Terroristen entführt worden zentralen Schlußfolgerung kann kein Zweifel vorliegen.
sein sollen. Die Medien haben sich über den Inhalt des CVR In einem modernen Passagierflugzeug wie der Boeing 757
von Flug 93 ausgeschwiegen. Das FBI hat zwar behauptet, oder 767 durchlaufen alle Kontrollsignale vom Piloten und
auf dem Tonband seien Schreie und Schüsse zu hören gewe- Co-Piloten das Flugkontrollsystem (Flight Control System,
sen, hat dieses jedoch nicht freigegeben (Quinn, 2001). Falls FCS). (Safford, 1975; Spitzer, 1987). Das Herz des Systems
die Maschine auf die von mir vorher geschilderte alternative ist ein Computer mit drei Prozessoren, welche eine fehlerlose
Methode umgelenkt worden ist, wären Schreie in der Tat zu Operation gewährleisten. Jeder Prozessor vermag separate
erwarten gewesen – Schreie von vergifteten und sterbenden Versionen dessen zu steuern, was im wesentlichen ein und
Passagieren und Besatzungsmitgliedern nämlich. dieselbe Software ist. Nur ein Prozessor ist jeweils in Betrieb,
doch kann der Pilot von einem Prozessor auf den anderen
Die fehlenden Abfangjäger umstellen, wenn Verdacht auf fehlerhafte Funktion besteht.
Seit vielen Jahren ist es gängige Praxis, jedes Flugzeug, das Wie jeder multifunktionale Computer besitzt jeder Prozessor
vom Kurs abweicht, binnen Minuten von Abfangjägern stel- ein Operationssystem. Wenn mit dem Computer oder mit dem
len zu lassen. Sobald ein Fluglotse bei einer in der Luft be- Flugkontrollsystem als Ganzem nicht in Ordnung ist, steuert
findlichen Maschine eine Kursabweichung registriert, ver- der Pilot die Maschine von Hand – außer wenn er tot ist.
sucht er zunächst, Kontakt mit dem betreffenden Piloten auf- Das einfachste Schema zur Umwandlung eines modernen
zunehmen. Kommt keine Verbindung zustande (was sowohl Passagierflugzeugs in eine fliegende Brandbombe stützt sich
bei der offiziellen als auch bei der alternativen Erklärung der auf zwei Instrumente: a) Zwei kleine Kanister mit tödlichem
Geschehnisse des 11. September der Fall gewesen wäre), Gas, die in den Lüftungsröhren des Flugzeugs verborgen sind
wendet sich der Lotse an das Militär (NORAD) und ersucht und entweder durch einen Zünder oder durch ein Funksignal
um die Stellung eines Abfangjägers. Dem Begehren wird au- geöffnet werden. b) Ein kleines Informationsimplantat (drei
tomatisch stattgegeben, ohne daß eine höhere Instanz als der Zahlen) im Flugkontrollsystem sowie eine Methode zu des-
Verbindungsoffizier zur zivilen Luftfahrtorganisation FAA sen Auslösung.
bei NORAD ihre Genehmigung erteilen müßte. Das Ganze Das geeignetste Giftgas wäre wohl das rasch wirkende Sarin,
dauert fünf bis fünfzehn Minuten, je nachdem, wann das ein tödliches Nervengas, das innerhalb einer Minute jeden
Flugzeug vom Kurs abgekommen ist und in welcher Entfer- Flugzeuginsassen außer Gefecht setzen würde. Selbst wenn
nung sich die nächste Operationsbasis befindet. Sobald der sämtliche Sauerstoffmasken aus ihren Schließfächern fielen,
Abfangjäger in Sichtweite der Maschine ist, wackelt er mit brächte dies keine Rettung mehr, denn jeder, der das Gas
den Flügeln, um dem Piloten eine Reaktion zu entlocken; an- auch nur einmal eingeatmet hat, ist dem Tode geweiht. Die in
schließend hat er die Anweisung, visuell nachzuprüfen, wer unserem alternativen Szenario beschriebenen Symptome sind
sich im Cockpit befindet. jene einer Sarinvergiftung. Sarin löst sich chemisch binnen
New York und Washington gehören zu den bestbewachten kurzer Zeit auf und hinterläßt keine Spuren.
Städten der Vereinigten Staaten. Zum ersten Mal seit dem In- Das unter Punkt b genannte Informationsimplantat würde die
krafttreten der eben umrissenen Standardmaßnahmen wurde neuen Flugkoordinaten (Breitengrad, Längengrad, Höhe) in
kein einziger Abfangjäger entsandt, obgleich nicht nur ein einer Form umfassen, die von dem Teil des Flugkontrollsy-
Passagierflugzeug vom Kurs abgekommen war, sondern stem bildenden INS (inertial navigation system, inertes Navi-
gleich vier. gationssystem) verwendet wird. Das zentrale Problem der
Ein auf dem Luftstützpunkt Andrews Air stationiertes vorliegenden Analyse besteht darin zu ermitteln, welcher der
Kampfflugzeug hätte rund fünf Minuten gebraucht, um bei- zwei Wege der effizientere zur Erreichung dieses Ziels ist.
spielsweise eine der beiden Boeings abzufangen, die dann in Betrachten wir zunächst die einfachere Variante. Ein im vor-
die Türme des World Trade Center krachten. Am Morgen des aus installierter virusähnlicher Code-Implantat im Flugkon-
11. September standen laut der offiziellen Website der Luft- trollcomputer (oder den Flugkontrollcomputern), das wie die

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Gasbehälter entweder durch einen Zünder oder durch ein Eine solche Präzision ist ausreichend, um die genauen drei-
Funksignal aktiviert wird, sendet neue Koordinaten an das dimensionalen Koordinaten von Zielen wie den Türmen des
INS. Dazu wären nur wenige Programmzeilen erforderlich: World Trade Center oder des Pentagons einzuhalten.
Anschließend an einen Zeit/Signal-Check würde die Anwei- Die Organisation, welche die Anschläge ausführt, kann nach
sung folgen, die Koordinaten für Los Angeles durch die im der heimlichen Installierung der Software auf die oben ge-
Speicher abgelegten zu ersetzen, usw. Bei der zweiten Me- schilderte Art und Weise die ganze Operation in Gang setzen,
thode (Vialls, 2001) existiert diese Software bereits im Ope- sobald sie sich vergewissert hat, daß das betreffende Flug-
rationssystem des Flugkontrollsystems; sie wird in Zukunft zeug mit INS und Autopilot fliegt. Dann werden die Gaska-
höchstwahrscheinlich als Waffe gegen Flugzeugentführun- nister geöffnet, und nach etwa fünf bis zehn Minuten würde
gen Verwendung finden. Diese Software wäre wohl in der die installierte Software die neuen Koordinaten an den INS
Lage, die neuen Koordinaten direkt per Funk vom Boden zu weiterleiten. Sobald die neuen Zielkoordinaten eingegeben
lesen. Es ist mir bisher freilich nicht gelungen, diese Mög- sind, ändert das Flugzeug seinen Kurs. Bei den Ereignissen
lichkeit anhand zuverlässiger Quellen zu dokumentieren. des 11. September wären diese Richtungsänderungen auf
Bei dieser Methode würde die Installierung der mörderischen dem Bodenradar (mit oder ohne Transponder) als „abrupte
Software und Hardware im betreffenden Flugzeug während Schwenkung nach links“ oder „abrupte Schwenkung nach
einer routinemäßigen Wartung durchgeführt. Die mit dieser rechts“ sichtbar. Genau so hat das Flugkontrollpersonal diese
Aufgabe betrauten Agenten könnten sich als Mechaniker Schwenkungen denn auch beschrieben.
oder auch als Reinigungspersonal verkleiden. Im Cockpit Beim Einsatz mehrerer Koordinaten wäre es auch möglich,
würden sie die spezielle Software wenn nötig in allen drei eine kompliziertere Flugroute mit mehreren Richtungsände-
Flugkontrollsystemprozessoren installieren. In einem War- rungen zu programmieren.
tungstürchen des Ventilationssystems würden sie zwei mit
Zündern ausgerüstete Sarinkanister installieren. Dies zu be- Virtuelle Telefonanrufe
werkstelligen, wäre noch der leichteste Teil der gesamten Wie auch immer eine elektronische Flugzeugentführung ab-
Operation; deren Schwierigkeit hängt davon ab, wie unbeob- laufen mag – die hinter ihr stehende Organisation wird unter
achtet sich die Agenten in der Maschine bewegen können. allen Umständen weitere Elemente in ihren Plan einbauen,
Ein Zugang zum Wartung- und Standortplänen der Maschine nämlich Listen von Geisterpassagieren sowie falsche Anrufe
wäre für diese zwar nicht absolut notwendig, doch sehr nütz- seitens einiger Fluggäste. Die folgende Analyse konzentriert
lich, da dann die Notwendigkeit entfiele, dieselben Dinge in sich auf Flug 93, da aus der betreffenden Maschine mehr An-
einem Reserveflugzeug zu installieren, wo sie vielleicht nie rufe zu verzeichnen waren als aus allen drei anderen zusam-
gebraucht werden. men. Die Durchführung dieser Anrufe wäre nicht minder
Jene Teile des Flugkontrollsystems, die uns hier interessie- komplex und würde nicht weniger Planung erheischen als die
ren, sind der Flugkontrollcomputer, das INS sowie der Auto- virtuelle Entführung selbst.
pilot. Bei den meisten kommerziellen Flügen läßt der Pilot Jede Analyse der Anrufe aus jenem Flugzeug muß mit eini-
die Maschine durch den Autopiloten fliegen, der seinerseits gen grundlegenden Fakten zu Mobiltelefonanrufen aus gro-
vom INS gelenkt wird. Der Autopilot vermag einen reibungs- ßer Höhe beginnen. Laut der AT&T-Sprecherin Alexa Graf
losen, angenehmen Flug zu garantieren und lästige Nebenef- sind Mobiltelefone nicht für Anrufe aus großen Höhen kon-
fekte wie das Rütteln durch starke Windeinwirkung weitge- zipiert, auf denen sich Passagierflugzeuge normalerweise
hend abzumildern. Autopiloten existieren schon seit rund 50 bewegen. Ihrer Ansicht nach war es ein „Glücksfall“, daß so
Jahren und sind mit der Zeit technisch immer vollendeter viele Anrufe ihren Bestimmungsort erreicht hatten (Harter
geworden. Sie erledigen das, was man „örtliche Kontrolle“ 2001). Einer meiner Kollegen, der in der Mobiltelefonindu-
bezeichnen könnte, ganz hervorragend, sorgen dafür, daß das strie gearbeitet hat, bezeichnete es sogar als „Wunder“, daß
Flugzeug auf der richtigen Höhe den richtigen Kurs einhält überhaupt ein Anruf durchkam. Ein Flugzeug mit Metallhülle
etc. Doch bildlich gesprochen haben sie keine Ahnung, „wo- und -rumpf verhält sich wie ein Faradayscher Käfig und ten-
hin die Reise geht“. Diese Information muß vom INS kom- diert dazu, elektromagnetische Wellen abzuschirmen oder
men. Die im Flugkontrollsystem gespeicherten Zielkoordina- zumindest abzuschwächen. Aus einem am Boden stationier-
ten können vom Piloten abgerufen und dem INS zugestellt ten Flugzeug ist ein Mobiltelefonanruf möglich, weil das Si-
werden. Für die Piloten von Passagierflugzeugen ist es zur gnal zwar stark abgeschwächt, aber immer noch nahe genug
Routine geworden, INS und Autopilot gemeinsam in Betrieb beim nächstgelegenen Mobiltelefonturm ist, um von diesem
zu halten, wobei das INS dem Autopiloten kontinuierlich aufgefangen zu werden. Auf mehr als 10.000 Fuß (3.050 m)
neue Richtungsanweisungen erteilt, um die Maschine auf Höhe kommt man freilich nur ganz selten durch, wenn über-
Kurs zu halten. haupt.
Inerte Navigationssysteme existieren seit ungefähr 30 Jah- Ein erfahrener Pilot meint dazu folgendes:
ren und haben – genau wie die Autopiloten – während die- »Die Vorstellung, beim Fliegen ein Mobiltelefon zu benut-
ser Zeit eine atemberaubend rasante Entwicklung durchge- zen, ist ganz unrealistisch. Sobald man über 10.000 Fuß
macht. Edward Safford, der Nestor der US-Luftfahrt, mein- fliegt, funktioniert das Ding nicht mehr, weil die Höhe zu
te dazu: groß ist, man zu rasch fliegt (und darum zu rasch von einer
»Das Flugzeug kann jede beliebige Route auf der Welt zu- Zelle zur anderen wechselt), als daß das Telefon ein Signal
rücklegen, ohne daß es einen Navigator oder äußere Hilfe von sich geben könnte.« (AVWeb, 1999)
beim Navigieren braucht.« (Safford, 1975) Wer im Verlauf des letzten Jahrzehnts ein Flugzeug bestieg,
Dieses Zitat ist mehr als ein Vierteljahrhundert alt. Heutzuta- weiß, daß die Passagiere vor dem Abflug stets ersucht wer-
ge sind die Möglichkeiten des INS noch weit größer, so etwa den, während des Flugs ihre Mobiltelefone auszuschalten.
das Positionieren eines Flugzeuges über der Mitte einer Lan- Dies hängt nicht etwa mit einer allfälligen Beschädigung der
debahn hunderte von Kilometer vom Abflugsort entfernt. Funkeinrichtungen an Bord zu tun, da diese ohnehin elektro-

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nisch geschützt sind. Der Grund liegt vielmehr darin, daß ei- remy Glick nannte, seine Gattin Lyz Glick anrufen, die je-
ne Flut von Mobiltelefonanrufen aus niedriger Höhe zu doch gerade auf Besuch bei Verwandten in Catskills, Staat
„Kaskaden“ führen kann, welche unter Umständen den Zu- New York war. Das Telefon wurde von Glicks Schwieger-
sammenbruch der Operationen einer Mobiltelefonanlage be- mutter JoAnne Makely abgenommen.
wirken. JoAnne: »Jeremy. Gott sei Dank. Wir machen uns solche
Auf einer Höhe von 10.000 Fuß oder weniger ist das „Kas- Sorgen.«
kaden“-Problem sehr reell, weil Mobiltelefonanrufe unter Anrufer: »Es gibt schlechte Nachrichten. Ist Liz da?«
dieser Bedingung zwar schwierig, aber nicht unmöglich sind. Der Anrufer schilderte im folgenden arabisch aussehende
Aufgrund seiner Position kann ein Mobiltelefon dann sofort Entführer mit roten Kopfbinden und Messern. Einer hatte den
mehrere Anlagen erreichen. Dies kann Probleme heraufbe- Fluggästen mitgeteilt, er habe eine Bombe. Der Anrufer frag-
schwören, da die Software, die bestimmt, welche Station den te, ob es stimme, daß Flugzeuge im World Trade Center ein-
Anruf übernehmen soll, ihren Entscheid anhand der relativen geschlagen hätten. Seine Schwiegermutter bestätigte dies.
Stärke des Anrufs trifft. Erfolgt dieser aus großer Höhe, so Der Anrufer erwähnte, daß ein anderer Passagier die Nach-
vermag die Software die relative Stärke an verschiedenen richt per Mobiltelefon erfahren hatte.
Anlagen möglicherweise nicht zu unterscheiden. Wenn dies Anruf A2: Wieder rief der Mann, der sich Tom Burnett nann-
geschieht, so ist das System darauf programmiert, diese Sen- te, Deena an. Es war inzwischen etwa 9:30 h. Deena sagte
defrequenz zu schließen und statt dessen eine neue zu wäh- später: »Er machte keinen verängstigten Eindruck, sprach
len. Doch wird dasselbe Problem – der Entscheid darüber, aber schneller als sonst.« Er teilte ihr mit, im Cockpit befän-
welche Zelle den Anruf übernehmen soll – einfach an die den sich Entführer.
neue Frequenz weitergereicht, so daß diese geschlossen wird Deena: »Es sind mehrere Flugzeuge entführt worden, doch
etc. Als Folge einer nur Sekunden dauernden Kaskade würde man weiß nicht wieviele.«
dann eine Frequenz nach der anderen geschlossen, und das Anrufer: »Du machst wohl Witze.«
ganze Netzwerk bräche zusammen. (Fraizer 2002) [Anm. der Redaktion: Eine seltsame Bemerkung für jeman-
Obgleich beim Flug der später auf einem Feld abgestürzten den, der sich in seiner Todesstunde wähnt.]
Maschine während der ersten Phase nach der Entführung, als Deena: »Nein.«
sie sich noch auf maximaler Höhe befand, ein Anrufer prak- Anrufer: »Waren es Fracht- oder Passagierflugzeuge?«
tisch keine Erfolgschancen gehabt hätte, wären Anrufe spä- [Anm. der Redaktion: Eine äußerst unangebrachte Frage für
ter, beim langsamen Abstieg über Pennsylvania, sicher mög- jemanden, der sich in seiner Todesstunde wähnt.]
lich gewesen. Doch auch dann wären mit größter Wahr- Deena: »Ich weiß es nicht.«
scheinlichkeit Mobiltelefonnetzwerkkaskaden erfolgt. Solche Anrufer: »Okay. Ich muß auflegen.«
blieben jedoch am Morgen des 11. September ganz aus. Zwei Anruf C: Ein Mann, der angab, Mark Brigham zu sein, rief
weitere Gründe sprechen gegen die offizielle Darstellung. Brighams Schwägerin Cathy Hoglan an, bei der Brighams
Zunächst sei darauf hingewiesen, daß die angeblichen Ent- Mutter Alice auf Besuch war. Cathy beantwortete den Anruf
führer sich den Fluggästen gegenüber verdächtig tolerant und reichte den Hörer mit der Bemerkung an Alice weiter:
verhielten, indem sie ihnen rund 13 Anrufe zugestanden. »Alice, spricht mit Mark. Er ist entführt worden.«
Man müßte doch annehmen, daß Terroristen sich jegliche Anrufer: »Mama? Hier spricht Mark Brigham.« (Alice Brig-
Anrufe verbäten, weil solche den Behörden am Boden wert- ham erklärte diese merkwürdige Begrüßung mit samt Nach-
volle Auskünfte über die Lage an Bord etc. vermitteln und so namen damit, daß ihr Sohn zutiefst verstört gewesen sei.)
die ganze Operation gefährden könnten. Anrufer: »Ich will dir sagen, daß ich dich lieb habe. Ich bin
Die folgende Analyse der Anrufe beruht auf den von vier auf einem Flug von Newark nach San Francisco, und drei
Reportern der Pittsburgh Post-Gazette gesammelten Informa- Kerle haben das Flugzeug übernommen. Sie sagen, sie hätten
tionen. (Roddy et al. 2001) Die Anrufe waren meist sehr eine Bombe.«
kurz, und man muß sich vor Augen halten, daß nur zwei da- Alice: »Wer sind diese Kerle?«
von aufgenommen wurden; bei den restlichen haben die an- Anrufer (nach einer Pause): »Du glaubst mir doch, oder?«
gerufenen Personen den Inhalt der Gespräche aus dem Ge- Alice: »Ja, Mark. Ich glaube dir. Doch wer sind diese Ker-
dächtnis wiedergeben müssen, so daß der exakte Wortlaut le?«
nicht mehr zu ermitteln ist. (Nach einer weiteren Pause wurde das Gespräch unterbro-
Nach einer Abflugsverspätung (sie hätte eigentlich um 8:01 chen.) [Anm. der Redaktion: Die Nachfrage nach der Identi-
Uhr starten sollen) erreichte die Maschine von Flug 93 ihre tät der „Kerle“ hat den Anrufer offenbar aus der Fassung ge-
Reisehöhe von ca. 30.000 Fuß (9150 m) rund 40 Minuten bracht.]
nach dem Start. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt hätten INS Anruf D: Ein Mann, der vorgibt, Todd Beamer zu sein, kam
und Autopilot in Betrieb genommen werden müssen, und ge- mit einem United Airlines Flugtelefon zu niemandem durch
rade in diesem Moment wurde das Flugzeug laut mehreren als zum Kundendienstzentrum der Firma Verizon, wo der
Mobiltelefonanrufen „entführt“. Operator den Anruf um 9:45 Uhr an die Verizon-Aufseherin
Anruf A1: Ein Mann, der sich als Tom Burnett ausgab, rief Lisa Jefferson weiterleitete. (Verizon ist eine große Kommu-
seine Frau Deena in San Ramon, Kalifornien, an. Soweit sich nikationsmittelfirma, welche United Airlines mit Flugtelefo-
diese erinnert, erfolgte der Anruf ca. um 9:20 Uhr. nen versorgt.) Der Mann teilte Frau Jefferson mit, das Flug-
Deena: »Ist bei dir alles in Ordnung?« zeug sei entführt worden; er sehe drei Terroristen mit Mes-
Anrufer: »Nein. Ich bin auf dem United Flight 93 von Ne- sern, von denen einer behaupte, eine Bombe bei sich zu ha-
wark nach San Francisco. Das Flugzeug ist entführt worden. ben. Er schilderte, wie die Passagiere in den hinteren Teil der
Wir sind in der Luft. Man hat bereits einen Mann niederge- Maschine getrieben worden seien, wo der Mann mit der
stochen. Es ist eine Bombe an Bord. Ruf das FBI an.« Bombe sie bewache. Er bat den Aufseher, die Familie Bea-
Anruf B: Kurz vor 9:30 Uhr wollte ein Mann, der sich Je- mer in seinem Namen anzurufen.

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Anrufer: »Oh! Wir gehen nach unten. [Pause.] Nein. Es ist Wainio sagte, sie könne ihre Arme fühlen.
alles o.k. Mir scheint, wir drehen ab.« (Ungefähr zu diesem Heymann: »Schauen wir den schönen blauen Himmel an.
Zeitpunkt vollzog die Maschine, die sich in der Nähe von Seien wir für einen Augenblick zusammen. Atmen wir zu-
Cleveland befand, einen jähen Schwenker nach links in Rich- sammen tief ein.« (Pause.)
tung Washington, DC.) Anruferin: »Es tut mir weh, daß es für dich soviel schwerer
Anruf A3: Der Mann, der sich Tom Burnett nennt, rief Deena sein wird als für mich.«
Burnett abermals an. Anruf A4: Kurz vor 10:00 Uhr erhielt Deena Burnett einen
Deena: »Sie entführen überall an der Ostküste Flugzeuge und vierten Anruf.
rammen damit bekannte Gebäude.« Anrufer: »Eine Gruppe von uns wird etwas tun.«
Anrufer: »Okay. Wir werden etwas unternehmen. Ich rufe Deena: »Nein, Tom. Setz dich doch und verhalte dich unauf-
dich nochmals an.« fällig.«
Anruf F1: Um 9:47 Uhr registrierte der Anrufbeantworter Anrufer: »Deena, wenn Sie das Flugzeug abstützen lassen
von Lorne Lyles einen Anruf, der seiner Ansicht nach von wollen, müssen wir etwas tun. Wir können nicht auf die Be-
seiner Frau CeeCee stammte. Man konnte hören, wie die hörden warten. Wir müssen nun handeln.«
Frau für sich, ihre Familie, ja sogar für die Seelen der Ent- Anrufer: »Bete. Bete ganz einfach, Deena. Wir müssen etwas
führer betete. tun.«
Anruf B (Fortsetzung): Die Staatspolizei telefonierte mit der Anruf D (Fortsetzung): Der Anrufer, der sich als Todd Bea-
Schwiegermutter von Jeremy Glick und bat sie, eine Frage an mer vorgestellt hatte, scheint fast bis zum Ende des Flugs mit
Jeremy weiterzuleiten. Wußte er, wo sich sein Flugzeug be- der Verizon-Aufseherin Lisa Jefferson in Verbindung geblie-
fand? Er wußte es nicht, gab jedoch an, die Maschine habe ben zu sein. Zu diesem Zeitpunkt rezitierte der Anrufer
ihren Kurs geändert. Psalm 23 aus der Bibel.
Anrufer: »Ich will, daß du glücklich bist, und werde jeden Anruf F2: Die Anruferin, die sich als CeeCee Lyles ausgege-
Entscheid respektieren, den du triffst.« ben hatte, kam diesmal zu Lorne Lyles durch.
Er sagte, die Passagiere stimmten darüber ab, ob sie versu- Anruferin: »Spatzi, mein Flugzeug ist entführt worden.«
chen sollten, das Flugzeug in ihre Gewalt zu bekommen. Lyles: »Was??? Mach bloß keine Witze.«
Lyz: »Schatz, du mußt es tun.« Sie unterhielten sich über Anruferin: »Nein, Spatzi, solche Witze mache ich nicht. Ich
Waffen. Der Anrufer scherzte. liebe dich. Sag den Jungen, daß ich sie liebe.«
Anrufer: »Ich habe mein Buttermesser vom Frühstück.« Während das Paar zusammen betete, hörte Lorne Geräusche,
Anruf G: Ungefähr um diese Zeit erhielt Phil Bradshaw, die er später als Hinweis auf einen Gegenangriff seitens der
Ehemann der Stewardesse Sandy Bradshaw, einen Anruf von Passagiere deuten sollte.
einer Frau, die angab, seine Gattin zu sein. Anruferin: »Sie dringen gewaltsam in das Cockpit ein.«
Anruferin: »Hast du gehört, was los ist? Mein Flugzeug ist Anruf D (Fortsetzung): Nachdem er mit Lisa Jefferson zu
entführt worden. Es ist von drei Kerlen mit Messern entführt Ende gebetet hatte, hängte der Anrufer, der sich Todd Bea-
worden.« mer nannte, nicht ab. Lisa Jefferson erinnert sich an seinen
Phil fragte sie, ob sie wisse, wer die Maschine fliege. inzwischen berühmt gewordenen Schlachtruf: »Seid ihr be-
Anruferin: »Ich weiß nicht, wer die Maschine fliegt, oder wo reit, Jungs? Na dann, an die Säcke!«
wir sind. Ich sehe einen Fluß.« Anruf J (Fortsetzung): Esther Heymann, die überzeugt war,
Bradshaw: »Mach’s gut und komm bald heim.« mit ihrer Stieftochter zu reden, hörte deren letzte Worte.
Die Anruferin erklärte, sie müsse gehen. Sie wollte Wasser Anruferin: »Ich muß gehen. Sie sind bereit zum Sturm auf
kochen, um es auf die Entführer zu schütten. das Cockpit. Ich liebe dich. Auf Wiedersehen.«
Anruf H: Kurz nach 9:30 Uhr erhielt Fred Fiumano einen Anruf G (Fortsetzung): Phil Bradshaw hörte die letzten Wor-
Anruf von jemandem, der angab, seine Freundin Marion Brit- te des Anrufers an ihn.
ton zu sein. Die Anruferin weinte und erzählte, die Maschine Anrufer: »Alle rennen in die erste Klasse. Ich muß gehen.
sei entführt und zwei Fluggäste seien bereits getötet worden. Tschüß.«
Fiumano versuchte seine Freundin zu trösten und meinte, die Anruf F2 (Fortsetzung): Lorne Lyles erinnert sich daran, wie
Entführer würden sie wahrscheinlich spazierenfliegen. »Es sie die letzten Augenblicke von Flug 93 mitverfolgte.
passiert dir nichts.« Anrufer (schreiend): »Sie tun es. Sie tun es. Sie tun es.«
Anruf I: Jack Grandcolas in San Rafael, Kalifornien, erhielt Der Anrufer schrie wieder, sagte etwas Unverständliches,
einen Anruf von einer Frau, die seine Gattin Lauren Catuzzi und die Verbindung brach ab.
Grandnicolas zu sein behauptete. Die auf dem Telefonbeant-
worter registrierte Nachricht war sehr kurz: Einzelheiten einer Operation
»Schatzi, nimm das Telefon ab, wenn du mich hörst. Nun Wie in aller Welt könnte irgendeine Organisation die eben
gut. Ich habe dich lieb. Es gibt ein kleines Problem mit geschilderten Telefonanrufe fälschen? Während ich diesen
dem Flugzeug. Im Moment ist bei mir alles in Ordnung. Satz niederschrieb, wurde mein Nachdenken durch eine
[…]« Stimme unterbrochen, die durch die Hintertür unserer Gar-
Sie bat Jack, allen auszurichten, daß sie sie liebe, und gab das tenterrasse drang: »Ist jemand daheim?« Es war mein Sohn,
Flugtelefon dann an die Person neben ihr weiter. der in der Stadt gewesen war und nun auf Besuch zu uns
Anruferin: »Nun rufen Sie ihre Angehörigen an.« kam. Er war mit ein paar alten Freunden auf Tour gewesen.
Anruf J: Esther Heymann erhielt einen Anruf von einer Frau, Ich ging zur Gartenterrasse, um ihn zu begrüßen.
die sich als ihre Stieftochter Honor Elizabeth Wainio ausgab, Doch war es gar nicht mein Sohn, sondern der Nachbar von
die Frau neben Grandcolas. nebenan, der eine Leiter borgen wollte. Es wunderte mich
Anruferin: »Elizabeth, wir wissen noch nicht, wie das her- sehr, daß ich seine Stimme mit dem meines Sohnes hatte
auskommt. Ich umarme dich.« verwechseln können. Sie hat eine andere Höhe und einen an-

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deren Klang, doch die damalige Situation – ich wartete auf Betreffenden sowie schließlich eine ganze Menge persönli-
die Heimkehr meines Sohns – bewirkte, daß ich diese Unter- cher Informationen, die teils „durch Feldforschung“ erlangt
schiede überhörte. worden sind, wie es im Jargon dieser Leute heißt. Sobald die
Natürlich beweist dieses Beispiel an sich noch nichts, doch Passagierliste verfügbar ist, geht jeder Operator seine eigene
veranschaulicht es eine Tatsache, die sich Spiritisten und Kopie durch, um zu ermitteln, ob sich darauf Namen von
Medien seit Jahrhunderten zunutze machen, um ihre Kunden Personen befinden, über die er Unterlagen besitzt. Die ande-
hinters Licht zu führen. Verzweifelte Menschen, die mit ei- ren Fahrgäste interessieren ihn nicht.
nem teuren Verstorbenen Kontakt aufnehmen wollen, sind Der erste, stets von summenden Geräuschen begleitete Satz
am Ende einer spiritistischen Séance meist zufrieden und sa- lautet stets etwa so: »Schatz, wir sind entführt worden!« Von
gen etwa: »Ich schwöre, das war mein Sohn. Ich habe seine nun an steht der Angerufene ganz unter dem Eindruck dieser
liebe, süße Stimme erkannt.« Die Atmosphäre verleitet den niederschmetternden Nachricht, die er natürlich nicht im ge-
Empfänger einer solchen Botschaft dazu, den geliebten Men- ringsten bezweifelt. Danach kann der Operator Fragen be-
schen tatsächlich zu hören. Selbstverständlich muß die Stim- antworten und seinem Gesprächspartner eine Komödie vor-
me zumindest eine starke Ähnlichkeit aufweisen. Im vorlie- spielen, in der natürlich wichtige Details wie „arabisch aus-
genden Fall hätten die Fälscher aber noch zusätzliche Vortei- sehende Kerle“ oder „Messer“ nicht fehlen dürfen. Ist der
le gehabt: Das Summen im Telefon nämlich sowie die Ten- Bediener der Ansicht, seine Botschaft sei auf fruchtbaren
denz von Telefonfrequenzen mit sehr geringer Bandbreite, Boden gefallen, kann er den Anruf jederzeit mehr oder weni-
eine menschliche Stimme verzerrt zu übermitteln. Außerdem ger taktvoll beenden, je nachdem, wie weit die Handlung des
verändert extremer Streß die menschliche Stimme bisweilen Szenarios inzwischen gediehen ist. Er kann beispielsweise
noch stärker, so daß die Unterschiede dem Angesprochenen sagen: „Okay. Wir werden etwas unternehmen. Ich ruf dich
nicht auffallen. wieder an.“ Ende des Anrufs.
Um sich Namen und relevante persönliche Daten zu besor- Jeder Bediener hat eine Stimme, die derjenigen der nachge-
gen, hätten die Agenten der für die Anschläge verantwortli- äfften Person einigermaßen ähnelt (oder sie wird in Echtzeit
chen Organisation die betreffenden Flüge vor dem 11. Sep- mit moderner Computertechnologie dahingehend verändert).
tember mehrmals selbst benutzen und Mitreisende dabei in Dies bereitet keine allzu großen Schwierigkeiten. Beispiels-
freundliche Gespräche verwickeln müssen: »Fliegen Sie oft weise ist es wesentlich einfacher, jemanden zu finden, dessen
mit dieser Route?« Es hätte nicht allzu viel Zeit erfordert, ei- Stimme – besonders am Telefon – der meinen gleicht, als je-
ne Dossier mit Namen zu erstellen, Stimmen heimlich auf manden, der – sogar auf einer unscharfen Foto – ähnlich aus-
Tonband aufzunehmen und eine Reihe von mehr oder weni- sieht wie ich. Schließlich können die meisten Menschen ler-
ger wichtigen Details aus dem Leben einiger Passagiere in nen, Stimmen nachzuahmen. Besondere Fertigkeiten in dieser
Erfahrung zu bringen. Schließlich hätte eine solche Liste un- Kunst pflegen Komödianten zu besitzen, die wohlbekannte
ter Umständen mehrere Dutzend Passagiere umfassen kön- Persönlichkeiten parodieren.
nen, von denen natürlich nicht alle an jenem schicksalhaften Die Bediener haben Anweisungen erhalten, wie sie bei einem
Morgen des 11. September 2001 mit Flug 93 reisten. Anruf zu verhalten haben. Zwar kennt jeder zumindest ein
In der Zwischenzeit hatten die Drahtzieher ein Szenario ent- paar „intime“ Einzelheiten aus dem Leben des Anzurufen-
worfen, um eine Reihe von Ereignissen vorzutäuschen. Der den, doch verfügen alle auch über Techniken des Abschwei-
Kern dieses Szenarios, das den Zeitraum von der Öffnung der fens; sie wissen ferner, daß sie lange Unterhaltungen vermei-
Sarinkanister bis zum Aufprall umfaßte, war eine Reihe von den müssen, bei denen elementare Kenntnismängel den gan-
Pseudo-Ereignissen an Bord: Das erste Auftauchen der Ent- zen Schwindel platzen ließen, etc. Drei solche Ablenkungs-
führer, deren Erklärungen, Keilereien mit Passagieren, der techniken sind Beten (wenn nötig durch Ablesen eines Tex-
Kriegsrat der Fluggäste im hinteren Teil der Maschine und tes; Anrufe D, F1 und J), Weinen (Anruf H) oder Diskussion
schließlich der Sturm auf das Cockpit. Auch einige tatsäch- der anderen Angriffe (Anrufe A2 und B).
lich eingetretene Geschehnisse wie der jähe Schwenk der Im vorliegenden Fall, Flug 93, können nun mehrere Anrufe
Maschine (vgl. Anruf D) gehörten mit zum Skript. näher analysiert werden. Zunächst sei darauf verwiesen, daß
Man stelle sich dann ein Studio vor (jeder Geheimdienst der längste Anruf von der Person gemacht wurde, die sich als
verfügt über mehrere solche). Im Raum befindet sich eine Todd Beamer ausgab (Anruf D), und zwar an die Verizon-
Leinwand, auf der die Ereignisse als Text ablaufen, so daß Aufseherin Lisa Jefferson, die den wirklichen Todd Beamer
alle Beteiligten stets auf dem laufenden sind. Dem Direktor gar nicht kannte.
der Operation käme eine ähnliche Rolle zu wie dem Diri- Zu Beginn von Anruf B (Glick) teilt der Anrufer mit, die
genten eines Symphonieorchesters, der das Spiel seiner Passagiere wüßten von der Entführung anderer Maschinen an
Musiker koordiniert. Ein Toningenieur hält mehrere in ei- jenem Morgen. Gegen das Ende der Unterhaltung, als der
nem anderen Studio hergestellte Aufnahmen bereit. Auf ih- Anrufende mögliche Aktionen gegen die Entführer diskutiert,
nen sind Geräusche zu hören, die auf gemurmelte Diskus- bemerkt er scherzhaft: »Ich habe mein Buttermesser vom
sionen zwischen Fahrgästen oder ein Handgemenge hinzu- Frühstück.« Dies ist darum eigentümlich, weil dies voraus-
deuten scheinen, und man hört auch Schreie und Flüche. setzt, daß die Passagiere bereits gefrühstückt haben, obwohl
Solch eine Aufnahme kann dann über irgendeine Telefon- Mahlzeiten in einem Flugzeug normalerweise erst serviert
leitung abgespielt werden, wenn das Szenario dies vorsieht, werden, wenn dieses seine durchschnittliche Flughöhe bereits
oder es kann einfach zur lautlichen Untermalung im Kon- erreicht hat, im vorliegenden Fall also, als die angebliche
trollraum dienen. Entführung begann.
Geschulte Bediener mit Kopfhörern erledigen die Telefonan- Bei Anruf A2 (Burnett) geht Deena Burnett auf die anderen
rufe. Jeder von ihnen hat die zur Verfügung stehenden Unter- Entführungen ein. »Es sind mehrere Flugzeuge entführt wor-
lagen für mehrere Personen, die früher schon mit Flug 93 ge- den, aber man weiß nicht, wie viele.«
reist sind, gründlich studiert: Stimmaufnahmen, ein Profil der Anrufer: »Du machst wohl Witze.«

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Deena: »Nein.« soll. In Nachrichtensendungen (San Diego, 01; BBC, 01; Te-
Anrufer: »Waren es Fracht- oder Passagierflugzeuge?« legraph, 01) wurden zwei Anrufe geschildert, die sie an ihren
Hier scheint der Anrufer auf Zeit zu spielen. Erstens sind Gatten Ted Olson, Generalstaatsanwalt der Vereinigten Staa-
Entführungen von Frachtflugzeugen so gut wie unbekannt, ten, gemacht haben soll.
und zweitens widerspricht die offenkundige Erstauntheit des Die Frau, die sich als Barbara Olson ausgab, sagte, sie habe
Anrufers der früher, in Anruf B, gemachten Behauptung, sich in der Toilette eingeschlossen und zehnmal vergeblich
wonach die Passagiere von Flug 93 allgemein Bescheid über versucht, ihren Mann anzurufen, ehe sie endlich durchkam.
die anderen Entführungen wußten. Das erste Gespräch, in dem die Anruferin sagte: »Ob du es
Auch bei Anruf C scheint ein grober Fehler aufgetreten zu glaubst oder nicht, wir sind entführt worden«, wurde aus ir-
sein. Ob wohl einer der Sprecher im Studio geschlafen hat? gendeinem Grund unterbrochen. Bei einem zweiten Versuch
Anrufer: »Mama? Hier spricht Mark Brigham. Ich will dir beschrieb die Anruferin Männer mit Messern, welche die Be-
sagen, daß ich dich lieb habe. Ich bin auf einem Flug von satzung überwältigt hätten, und fragte dann: »Was soll ich
Newark nach San Francisco, und drei Kerle haben das Flug- dem Piloten sagen, daß er tun soll?«
zeug übernommen. Sie sagen, sie hätten eine Bombe.« Dies alles ist nicht minder mysteriös als die vorher beschrie-
Alice: »Wer sind diese Kerle?« benen Anrufe. Was für weise Ratschläge hätte Ted Olson
Anrufer (nach einer Pause): »Du glaubst mir doch, oder?« dem Piloten (der angeblich mit den Passagieren in den hinte-
Alice: »Ja, Mark. Ich glaube dir. Doch wer sind diese Ker- ren Teil der Maschine verbannt worden sein soll) denn schon
le?« erteilen können?
Alice Brigham erklärte den seltsamen ersten Satz damit, daß Die hier vorgenommenen Analysen beweisen an sich noch
ihr Sohn verwirrt gewesen sei. Doch wenn Mark entschieden nicht, daß eine Operation zur Vortäuschung von Mobiltele-
hatte, seine Mutter anzurufen, hätte er sich dann ausgerechnet fonanrufen stattgefunden hat. Sie belegen aber eindeutig, daß
ihr gegenüber mit Vor- und Familiennamen vorgestellt? Ei- alle Anrufe sehr gut zu einer solchen Operation passen wür-
nen solchen Schnitzer kann ein Anrufer nur dann begehen, den. Eine ganze Reihe von Indizien spricht dafür, daß wir es
wenn er an etwas ganz anderes denkt als an das, was angeb- mit einer solchen Operation zu tun haben und nicht mit tat-
lich den Grund für seinen Anruf darstellt. Was aber könnte sächlich von Flugzeugen aus gemachten Mobiltelefonanru-
dies im vorliegenden Fall gewesen sein? fen. Mehr läßt sich anhand einer solchen Analyse kaum sa-
Statt dann die Frage seiner Mutter, wer denn diese Kerle sei- gen.
en, zu beantworten, antwortet der Anrufer mit der Gegenfra- Jedenfalls gibt es allen Grund zum Zweifel daran, daß Mobil-
ge: »Du glaubst mir doch, oder?« Allem Anschein nach hat telefonanrufe von großer Höhe aus überhaupt möglich gewe-
er das Vertrauen in seine Fähigkeit verloren, Mark Brigham sen wären, und daß solche aus geringerer Höhe keine Mobil-
nachzuäffen, und beendet das Gespräch. (Man kann sich telefonanlagenkaskaden hervorgerufen hätten.
ausmalen, wie er sich frustriert auf die Stirn hämmert…)
Anrufer C machte keinen zweiten Anruf. Von den 13 Anru- Nochmals zu den fehlenden Abfangjägern
fen, die angeblich von diesem Flugzeug aus erfolgten, Wenn Flug 93 bei der in diesem Artikel skizzierten alternati-
stammten vier von Burnett (A), zwei von einer Lyles (F) und ven Methode ferngesteuert wurde, kann der vorzeitige Ab-
die restlichen sieben von jeweils einer verschiedenen Person, sturz der Maschine durchaus Bestandteil des Plans gewesen
wobei die von diesen sieben Anrufern gemachten Mitteilun- sein. Ein solcher Absturz ließe sich durch das INS des betref-
gen teils eher wirr, teils klar waren. Die Anrufe fügen sich in fenden Flugs leicht verursachen. Während die Maschine
den Rahmen eines logisch aufgebauten Szenarios ein, das scheinbar schnurstracks auf das Weiße Haus zuflog, wären
dem Mythos Rückhalt verleihen soll. die INS-Koordinaten in diesem Fall so eingestellt gewesen,
Da hätten wir Todd Beamer, der bei seinen Freunden (und daß das Flugzeug über einem leeren Feld in Pennsylvania ab-
Beobachtern) als Draufgänger bekannt ist. Er ist also der stürzte. Die Absturzstelle hätte auf einer Linie gelegen, die in
ideale Mann, um den „Sturm auf das Cockpit“ zu führen. Richtung Weißes Haus führte. Vor ihrem Zerschellen hätte
Schon lange vor dem 11. September ist entschieden worden, die Maschine zu einem langen, schrägen Abflug angesetzt,
daß er der „Grund“ für den vorzeitigen Absturz dieser Ma- der einen Aufprall mit hoher Geschwindigkeit garantierte
schine fern vom Weißen Haus sein wird. und dafür sorgte, daß zahlreiche Trümmer auf dem Feld zu-
Anrufer D, der sich als Todd Beamer ausgab, hatte offen- rückblieben.
sichtlich Schwierigkeiten mit der Benutzung seines Flug- Allem Anschein nach wurden drei F-16-Jäger auf einem
zeugtelefons. Dies ließe sich noch erklären, wenn das ver- Luftstützpunkt in Langley, Virginia, mobilisiert, um das Pas-
wendete Telefon nicht Teil des Verizon-Systems gewesen sagierflugzeug abzuschießen. Einer Schätzung zufolge waren
wäre. Doch fiel es dem Anrufer leicht, mit einem gewöhnli- sie zum Zeitpunkt, als diese abstürzte, noch volle 14 Minuten
chen Mobiltelefon das Aufsichtsbüro der Firma Verizon zu von ihr entfernt, so daß sie von Anfang an keine Chance auf
erreichen, dem er dann erklärte, er habe versucht, jemand an- einen Abschuß gehabt hätten.
zurufen! Merkwürdigerweise zog er es angesichts seines be- Bei allen vier Flügen war es bei einer ferngesteuerten Entfüh-
vorstehenden Hinscheidens vor, mit der ihm unbekannten Li- rung von entscheidender Bedeutung, daß keine Jagdflugzeu-
sa Jefferson zu sprechen und diese zu bitten, seinen Lieben ge in der Nähe stationiert waren. Bei einer Abfangoperation
Grüße auszurichten! müssen die Piloten der betreffenden Jäger nämlich den Vor-
Von den aus den anderen Flugzeugen gemachten Anrufen schriften zufolge einen Blick ins Cockpit der vom Kurs ab-
verdient vor allem einer Beachtung, der von Barbara Olson, gekommenen Maschine werfen, um zu ermitteln, ob diese
einer wohlbekannten Anwältin aus Washington und bekann- entführt worden ist. Im vorliegenden Fall hätte ein Jägerpilot
ten politischen Fernsehkommentatorin gemacht worden sein Pilot und Co-Pilot regungslos in ihren Sitzen zusammenge-
soll. Frau Olson starb auf Flug 77 der American Airlines, je- sunken gesehen. Nach Kerlen mit dunklen Bärten hätte er
nem Flugzeug, das angeblich das Pentagon getroffen haben freilich vergebens ausgespäht…

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Virtuelle Flugzeugentführer wie es etliche seiner berühmteren Kollegen ungeniert taten.
Ein Hinweis darauf, daß es sich bei den angeblichen Terrori- Mehrere der angeblichen Entführer wurden nämlich beim
sten um Phantasiegestalten handelte, ergibt sich aus der Kluft Alkoholgenuß beobachtet und unterhielten sexuelle Bezie-
zwischen dem offiziellen Bild und der Realität. Wir haben hungen zu mehreren Partnerinnen.
bereits den Fall des Ziad Jarrah kennengelernt, eines jungen Wie konnten mehr als ein Dutzend „Flugzeugentführer“ über
Mannes ohne Bindungen an den islamischen Glauben, der ein Jahr lang in den USA leben, all das tun, was die Medien
sich über Nacht zu einem teuflischen Flugzeugentführer ge- ihnen zuschreiben, und dabei gar keine Entführer sein? Im
mausert haben soll. Auf die Frage „Wie hältst Du’s mit der folgenden will ich darlegen, daß diese Männer sehr wohl all
Religion?“ erhalten wir bei fast jedem der vermeintlichen die Handlungen ausführen konnten, die von ihnen berichtet
Entführer dieselbe beunruhige Antwort, wie wir schon bald werden, ohne deshalb Terroristen gewesen zu sein. Alles
sehen werden. hängt nämlich davon ab, welche Absichten sie mit ihren Ta-
Jarrah wollte unbedingt Flugzeugingenieur werden. Wenn ten verfolgten. Ich will (als eine unter mehreren Möglichkei-
der Islam (oder „muselmanische Fanatiker“) ihn nicht von ten) ein Betrugsmanöver skizzieren, das eine prinzipielle
diesem Wunsch abbrachten und ihn dazu bewogen, jung in Antwort auf diese Frage liefert.
den Tod zu gehen, wer hat ihn dann dazu gebracht? Viel- Zuerst gilt es freilich eine Liste der „19“ angeblichen Terrori-
leicht niemand! sten zu erstellen und einen Teil der Verwirrung zu klären, die
Allerlei Rätsel gibt uns auch Hani Hanjour auf, ein klein- mit ihren Namen verknüpft ist. Eine erste Liste enthält 19
wüchsiges, schüchternes Bürschchen, das als Teenager in Namen, die sich auf vier Flugzeuge verteilen:
Saudiarabien keinen sehnlicheren Wunsch verspürte, als United Airlines Flight 175 (Südturm des WTC)
Steward zu werden. Er nahm Flugunterricht, legte dabei aber – Marwan Al-Shehhi
weniger Interesse an den Tag, flog bei manchen Kursen mit – Fayez Ahmed
Pauken und Trompeten durch und brach andere vorzeitig ab. – Mohald Alshehri
Trotzdem soll er der Pilot bei Flug 77 der American Airlines – Hamza Alghamdi
gewesen sein, d.h. er soll die Maschine gesteuert haben, die – Ahmed Alghamdi
dann angeblich ins Pentagon raste. American Airlines Flight 11 (Nordturm des WTC)
1998 nahm Hanjour eine Fluglektion. Wes Fults, Manager – Waleed M. Alshehri
der betreffenden Flugschule, kommentierte später: – Wail Alshehri
»Er hatte nur ganz nebelhafte Vorstellungen davon, wozu – Mohamed Atta
die Instrumente dienten.« – Abdulaziz Alomari
Dennoch schaffte es Hanjour im April 1999 nach mehrjähri- – Satam Al Suqami
gen erfolglosen Versuchen, eine kommerzielle Pilotenlizenz American Airlines Flight 77 (Pentagon)
zu erwerben. Wie dies vor sich ging, darüber hüllen sich die – Khalid Al-Midhar
Verantwortlichen der FAA in Schweigen. Zuvor, im April – Majed Moqed
1996, nahm er an einer dreißigminütigen Lektion an der Sier- – Nawaq Alhamzi
ra Academy of Aeronautics in Oaklahoma teil, blieb dem Un- – Salem Alhamzi
terricht aber darauf stets fern. Einen Monat später hielt er – Hani Hanjour
sich in Scottsdale, Arizona, auf, wo er sich beim CRM Flight United Airlines Flight 93 (Pennsylvania)
Cockpit Resource Management für Flugstunden anmeldete. – Ahmed Alhaznawi
Nach drei Monaten verließ er die Schule ohne Zertifikat. Er – Ahmed Alnami
kehrte ein Jahr später dorthin zurück, nahm ein paar Wochen – Ziad Jarrah(i)
am Unterricht teil und empfahl sich dann abermals. Im Ver- – Saeed Alghamdi
lauf der folgenden drei Jahre bewarb er sich um Wiederzu- Gab es 20 „Terroristen“ und nicht nur 19? Am Flug 175 der
lassung an der Scottsdale-Flugschule, doch wurde ihm ab- United Airlines soll auch ein Amer Kenfer teilgenommen ha-
schlägig beschieden, da er nicht das Zeug zum Piloten besit- ben. Vielleicht spielt dies keine Rolle, da fünf der den Medi-
ze. 1998 schrieb er sich in Phoenix, Arizona, bei Sawyer en vom FBI zur Verfügung gestellten Namen nachweislich
Aviation ein. Er nahm an einigen wenigen Lektionen mit falsch sind. Ebenso wie vier andere „Entführer“, deren Na-
dem Flugsimulator teil und schüttelte dann Arizonas Staub men wir gleich anführen werden, wurde Kenfer vom FBI
von seinen Füßen. (Goldstein et al., 2001) nicht nur mit Namen, sondern auch mit Beruf und Geburtsda-
Im August 2001 meldete sich Hanjour auf dem Freeway Air- tum identifiziert. Es stellte sich dann aber heraus, daß alle
port in Bowie, Maryland, wo er ein einmotoriges Flugzeug fünf quicklebendig und hell empört darüber waren, als „Ter-
mieten wollte, sich jedoch abermals eine Abfuhr holte: Ange- roristen“ angeschwärzt worden zu sein. Neben Kenfer han-
sichts seiner allgemeinen Inkompetenz weigerten sich die delte es sich um folgende Männer:
Behörden des Flughafens, ihm ein Flugzeug zu vermieten. – Waleed Al Shehri (BBC, 2001)
(Goldstein et al., 2001). Hält man sich vor Augen, daß Han- – Abdulaziz Al Omari (BBC, 2001)
jour noch nicht einmal ein einmotoriges Flugzeug lenken – Ahmed Ibrahim Al Ghamdi (Islam Online, 2001)
konnte, verwundert es einen fürwahr, daß er eine Boeing zu – Fayez Mohammad al-Shehri (Islam Online 2001)
steuern und mit ihr das Weiße Haus zu treffen vermochte. Wie konnte jeder vierte „Entführer“ falsch identifiziert wor-
Die zweite enorme Diskrepanz zwischen Offizialversion und den sein? FBI-Quellen reden sich damit heraus, daß arabi-
Wirklichkeit liegt in der Einstellung der angeblichen Entfüh- sche Namen leicht zu verwechseln seien. Doch wie stellt man
rer zur Religion. Hanjour mag von allen noch der gläubigste es an, um Berufe und Geburtsdaten zu verwechseln? Mehr
gewesen sein; laut seinem älteren Bruder war er tatsächlich als einem der betreffenden Herren war in der Vergangenheit
recht fromm, und es liegen keine Berichte darüber vor, daß er der Paß gestohlen worden (Telegraph, 2001). Diese Tatsache
sich offen über die Gebote des Islam hinweggesetzt hätte, läßt sich ohne weiteres mit dem von uns umrissenen alterna-

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tiven Szenario in Übereinklang bringen, auch wenn die gro- Da nur neun der 19 angeblichen Entführer dokumentarische
ßen US-Medien die These vertreten, die Pässe seien vor 2001 Spuren hinterließen, ist es gut möglich, daß nur neun Perso-
von Al-Qaida-Agenten entwendet worden. Allerdings leuch- nen durch ein solches Schwindelunternehmen geködert wor-
tet es nicht ein, warum Al Qaida auf diese Weise den den sind. Dieses müßte spätestens Anfang 1999 begonnen
Schwarzen Peter an andere Araber hätte weitergeben sollen. haben, denn die ersten Dokumente fallen in diesen Zeitraum.
Was hätte ihr das genützt? Von besonderem Interesse sind die Aktivitäten Mohammad At-
Und überhaupt – wie hätte das FBI die belastenden Pässe in tas, an den sich mehrere Zeugen aus dem Jahr 2000 erinnern.
die Hände bekommen können? Da sie bei den Flugzeugab- Mitte März jenes Jahres zog Atta bei Amanda Keller ein, ei-
stürzen natürlich zu Asche verbrannt wären, müßten sie in ner Dame von zweifelhaftem Leumund, die ihr Haar hellrosa
den gemieteten Fahrzeugen zurückgelassen worden sein. zu färben pflegte. Fräulein Keller ist heute unauffindbar.
Will man uns zumuten, dies zu glauben? Hatten die Terrori- (MCMN, 2002b). Zwischen Ende April und der dritten Mai-
sten letzten Endes alle 20 Pässe in den Mietwagen gelassen, woche soll Atta laut Johnette Bryant, einer für Darlehen zu-
um die Ermittler raschestens auf ihre Fährte zu bringen? Sehr ständigen Beamtin im Landwirtschaftsdepartement, ein Dar-
viel triftiger ist da doch die Annahme, daß sich das FBI seine lehen zum Kauf eines Crop Dusters (Flugzeug zum Besprü-
Informationen aus anderer Quelle besorgt hat. hen landwirtschaftlicher Flächen) beantragt haben. (MCMN,
2002b). Das FBI bestreitet sowohl Attas Aufenthalt bei
Dienstleistungsfirma Fliegender Teppich Amanda Keller als auch sein Gesuch um ein Darlehen vehe-
Ich möchte nun eine Möglichkeit darlegen, wie die angebli- ment, vermutlich weil sich Atta damals noch in Hamburg
chen Entführer des 11. September dazu gebracht worden sein aufgehalten und potentielle Selbstmordpiloten wie Ziad Jar-
könnten, die gewünschten Spuren zu legen: Jede von ihnen rah angeworben haben soll.
war mit der Aussicht auf eine gutbezahlte Stelle in die USA Laut der offiziellen Version traf Atta am 3. Juni 2000 in den
gelockt worden. Man stelle sich beispielsweise eine Operati- USA ein. Der zuvor bärtige Mann soll zu jenem Zeitpunkt
on namens Dienstleistungsfirma Fliegender Teppich vor. Ein glattrasiert gewesen sein. Im Juli 2000 meldeten sich Atta
Agent, der sich als höherer Manager dieser eben aus der Tau- und Marwan Al Shehhi bei Huffman Aviation in Venice, Flo-
fe gehobenen Firma ausgibt, schildert deren künftige Aktivi- rida, für Flugstunden an, während Naway Alhamzi und Kha-
täten mit folgenden Worten: lid Al-Midhar ihren Flugunterricht in San Diego, Kalifornien,
»Wir möchten unser neues Unternehmen „Dienstleistungs- begonnen haben sollen (ABC, 2001). Die beiden letztgenann-
firma Fliegender Teppich“ nennen. Zwar werden wir uns ten Männer brachen den Unterricht schon bald ab, da es bei
in erster Linie auf schnelle Flugverbindungen zwischen ihnen mit dem Englischen haperte. Angeblich begaben sie
Städten im Mittleren Osten und darüber hinaus spezialisie- sich anschließend nach Arizona, um weitere
ren, doch gedenken wir auch eine ganze Reihe anderer Flugstunden zu nehmen. In Florida, wo die meisten der künf-
Möglichkeiten auszunutzen, einschließlich spezialisierter tigen Entführer lebten, betrieben etliche von ihnen Sport (was
Cargo-Operationen, Zerstäubung von Pestiziden für die auf die Empfehlungen der Schwindelfirma zurückzuführen
Landwirtschaft etc. Dazu brauchen wir eine Gruppe talen- gewesen sein mag) und besuchten regelmäßig das World
tierter junger Männer wie Sie als Manager der Firma. Gym in Boynton Beach, Florida. Freilich legten sie bei ihren
Weitere Manager sowie das restliche Personal rekrutieren Leibesübungen bedauerlich geringen Eifer an den Tag:
wir später, doch brauchen wir ein festes Kader, und dabei »Waleed Al-Shehri, Wail Alshri und Satam Al-Suqami
denken wir an Sie, meine Herren. In den kommenden Mo- standen einfach um eine paar Sportgeräte herum, baten nie
naten werden Sie reichlich Gelegenheit erhalten, ihre In- jemanden um Hilfe […] und hoben nie Gewichte.«
itiative und Phantasie unter Beweis zu stellen. Während Atta hingegen trainierte sehr hart. (Golden & Moss, 2002).
der Ausbildungsperiode erhalten Sie selbstverständlich ein Bei Huffmann Aviation, wo Atta und Al-Shehhi ihren Flu-
Salär, und zwar ein angemessenes. Doch jenen von Ihnen, gunterricht nahmen, scheinen sie dem Schuldirektor mitge-
welche das Training erfolgreich abschließen, winken weit teilt zu haben, sie gedächten in den Vereinigten Arabischen
attraktivere Gehälter, wenn wir erst einmal mit unseren Emiraten zu arbeiten. Sie erhielten ihre Pilotenlizenz am 21.
Operationen beginnen. Dezember 2000. Acht Tage darauf, am 29. Dezember, absol-
Sie werden eine Ausbildung auf mehreren Gebieten erhal- vierten sie beide drei Trainingsstunden an einem Boeing-
ten, darunter auch Flugstunden, damit sie die verschiede- 727-Flugsimulator in Opalocka bei Miami.
nen Aspekte unserer künftigen Tätigkeit persönlich kennen- Die angeblichen Entführer, allen voran Atta, hinterließen ei-
lernen. Das Niveau eines Berufspiloten werden Sie freilich ne breite Spur: Zeugen, Videoüberwachungsaufnahmen,
nicht erreichen, doch möchten wir, daß Sie mit den diver- Mietwagen etc. Die Organisatoren der „Dienstleistungsfirma
sen Operationen unserer Firma vertraut sind. Schließlich Fliegender Teppich“ waren über alle ihre Aktivitäten auf dem
ist es eine wohlbekannte Tatsache, daß Kader mit einem laufenden und spielten ihre Informationen nach dem 11. Sep-
gewissen Maß an praktischer Erfahrung mehr leisten als tember dem FBI zu, das anhand dieser Unterlage den Werde-
solche, denen diese Erfahrung abgeht. Wir erwarten von gang der „Terroristen“ rekonstruieren konnte. Mehrere Do-
Ihnen ferner, daß Sie den Angestellten ein gutes Beispiel kumente zeigen beispielsweise, wo sich Atta zu dieser oder
geben, indem Sie auf Ihre Gesundheit achten, beim Essen jener Zeit aufgehalten hat. (ABC, 2001). Seine Tätigkeit läßt
maßhalten, ausreichend schlafen und regelmäßig Sport sich nicht nur als Bestandteil eines ungeheuer ehrgeizigen
treiben. terroristischen Plans gegen die USA erklären, sondern nicht
Aus Sicherheitsgründen muß ich Sie ersuchen, mit nieman- minder zwanglos als die Bemühungen eines (moralisch nicht
dem, nicht einmal mit Freunden und Verwandten, über die sonderlich hoch stehenden) Tölpels, der scharf auf das von
Firma und ihre Ziele zu sprechen. Wir wollen unseren der Schwindelfirma verheißene märchenhafte Salär war.
Konkurrenten ja um eine Nasenlänge voraus sein, wenn Unter den von Atta hinterlassenen Spuren gibt es, soweit sich
wir mit unseren Aktivitäten beginnen.« heute beurteilen läßt, lediglich drei, die auf seine Rolle als

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Terrorist hinzuweisen scheinen. Doch geht man vom Szena- Sports Bar in Daytona Beach die Ehre ihres Besuchs, wobei
rio „Fliegender Teppich“ aus, so ergibt sich für jede davon sie eine ganze Menge Geld für starke Getränke und Striptea-
eine andere Deutungsmöglichkeit. Beispielsweise flog Atta se-Tänzerinnen springen ließen. Ob ein vierter Mann dabei
im Januar 2001 nach Madrid und kehrte schon nach sechs Ta- war, läßt sich nicht mehr einwandfrei ermitteln. Sie zogen
gen von dort zurück. Hat er sich in der spanischen Hauptstadt wüst gegen Amerika vom Leder, und zwar so laut, daß es
mit der Crème von Al Qaeda getroffen, oder konnte er dank möglichst jeder hörte. »Wartet nur bis morgen, dann fließt in
seinem hohen Lohn Urlaub machen? Im Februar und März Amerika das Blut in Strömen«, drohten sie. Selbstverständ-
2001 sollen sich Atta und andere laut Augenzeugen bei South lich versäumten sie es auch nicht, in der Bar ein Exemplar
Florida Crope Care, einer auf Pestizide spezialisierten Firma, des Koran zurückzulassen… (CBS News, 2001)
nach Flugzeugen zum Versprühen von Insektiziden und Herbi- Später am gleichen Abend bezogen Atta und Alomari Zim-
ziden erkundigt haben. Im August desselben Jahres lancierten mer im Comfort Inn in South Portland.
Atta und seine Freunde bei einer Firma in Belle Glade, Florida, Bei einer nahegelegenen Tankstelle, zwei Geldautomaten
eine ähnliche Anfrage. Planten sie Milzbrand-Attacken, oder sowie einem lokalen Supermarkt (Wal Mart) wurden sie von
bereiteten sie sich im Auftrag der Firma fliegender Teppich auf Sicherheitskameras aufgenommen. War dies die Nacht vor
die Zerstäubung von Pestiziden aus der Luft vor? ihrer Selbstmordmission oder eine ganz normale Geschäfts-
Von Mitte Mai bis Mitte Juni lebten Atta und Al-Shehhi in reise für die Firma Fliegender Teppich? (ABM, 2001) Daß
Hollywood, Florida, wo sie ein Flugtraining absolvierten. Für das FBI die Videoaufnahmen flugs zur Hand hatte, beweist
Al Qaeda oder die Firma fliegender Teppich? Ende Juni rei- wohl, daß es in schier übermenschlicher Anstrengung im
ste Atta nach Las Vegas, wo er sich mit Alhazmi, Hanjour, Handumdrehen viele tausend Stunden Videofilme von jeder
Al-Shehhi und Jarrah traf. Bei einem weiteren Stelldichein in Tankstelle und jedem Markt jener Gegend überprüft hatte…
Las Vegas waren auch Hanjour und Alhamzi zugegen. Wa- Es ist durchaus möglich, daß es nie eine „Dienstleistungsfir-
ren dies Al-Qaeda-Sitzungen oder Ge- ma Fliegender Teppich“ oder etwas Ähnli-
schäftstreffen der Schwindelfirma? ches gab. In diesem Fall waren sich Atta
Im Juni und Juli desselben Jahres unter- und wenigstens ein Teil der anderen „Ter-
nahm Atta eine Reihe von Flügen (Fort roristen“ sehr wohl bewußt, daß sie Rollen
Lauderdale-Boston, Boston-New York, in einer Komödie spielten, bei der sie fette
Newark-Fort Lauderdale). Diese Flüge las- Löhne aus der Kasse der CIA einstrichen.
sen sich sowohl im Licht der offiziellen Ein Hinweis darauf, daß es sich so verhal-
wie auch der alternativen Version der Ge- ten haben könnte, sind Gerüchte, die von
schehnisse erklären. Anfang Juli flog Atta Neewsweek, der Washington Post und dem
abermals nach Spanien und unternahm dort Miami Herald kolportiert wurden
eine zwölftägige Rundreise, was eher auf (MCMN, 2001). Diese Blätter behaupteten
einen Sonderurlaub bei der Firma fliegen- nämlich, Atta habe die International Of-
der Teppich als auf eine Mission für Al ficers School auf dem Maxwell-
Qaeda hinzuweisen scheint. Luftwaffenstützpunkt in Montgomery, Al-
Am 31. Juli 2000 hörte eine Kellnerin und abama, besucht.
Barmaid im Pelican Alley Restaurant, Ve- Der „Vater aller Flugzeugentführer“ ist na-
nice, Florida, ein Gespräch zwischen Atta, türlich Osama bin Laden selbst. Seit dem
Al Shehhi und einem dritten, schwerge- 11. September 2001 sind in verlassenen
wichtigen Mann, die sich über Geld unter- Häusern, Höhlen und anderen gemütlichen
hielten. Der korpulente Herr soll folgendes Orten so viele Videobänder mit bin-Laden-
gesagt haben: STRENGSTENS EMPFOHLEN! Auftritten „gefunden worden“, daß man Al
»Wir reden hier über 200.000 Dollar. Wir stehen in Ver- Qaida mit Fug und Recht wegen Umweltverschmutzung vor
antwortung gegenüber der Familie!« den Kadi zerren könnte.
Die Kellnerin meinte, die drei gehörten zur Mafia. (MCMN, Die – unglaublich stümperhaft gemachten – Videos sind aku-
2002a). Im eben geschilderten Zusammenhang könnte der stisch so schlecht, daß man in sie beinahe alles hineindeuten
Hinweis auf die 200.000 Dollars ohne weiteres Bestandteil kann. Bei den früheren Exemplaren ließe sich dies zur Not
einer Diskussion über Löhne gewesen sein. noch mit Inkompetenz erklären, doch bei den späteren, von
Mitte August mieteten Atta und Al-Shehhi in Pompano Be- denen die Hersteller wußten, daß sie an die Medien gelangen
ach für vier Tage einen Wagen, und Atta mietete in Palm Be- würden, versagt auch diese Deutung. Der Inhalt der Bänder
ach für drei Tage ein Flugzeug. Wiederum stellt sich die Fra- variiert stark. Auf den einen werden die Angriffe auf das
ge: Trafen sie sich dabei mit Al-Qaeda-Agenten, oder gönn- World Trade Center diskutiert; auf den anderen wird erläutert,
ten sie sich einfach ein paar freie Tage? weshalb Al Qaeda westliche Ziele angreift. Die Texte enthalten
Ende August 2001 erwarb Atta (via Internet) zwei Tickets für zeitgenössische islamische Standard-Platitüden, die von Stu-
den American-Airlines-Flug 11 und tauchte dann mit Al- denten des Nahen Ostens als solche erkannt werden würden.
Shehhi in der Shuckum’s Oyster Bar in Hollywood, Florida, Schon 2001 hegten viele den Verdacht, daß zumindest ein
auf. Atta trank Preiselbeerensaft und vergnügte sich am Flip- Teil der Bänder gefälscht war. Dieser Verdacht hat seither
perkasten, während Al-Shehhi in Begleitung eines dritten, Auftrieb erhalten. Beispielsweise wurde Ende November
nicht identifizierten Mannes dem Alkohol zusprach. Wer war 2002 ein Videoband „gefunden“, das angeblich den gesamten
der unbekannte Dritte – ein anderer Flugzeugentführer oder Text einer Brandrede gegen den Westen enthielt. Der Text
ein Manager der Firma fliegender Teppich? wurde bald in zahlreichen Zeitungen veröffentlicht und rief
An dem Abend, der vielleicht ihr letzter auf Erden war, er- ungeheure Wut auf bin Laden und Al Qaeda hervor (ganz zu
wiesen Atta, Alomari und Al-Shehhi der Red Eyed Jacks schweigen von dem wachsenden Argwohn, mit dem man in

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Nordeuropa danach jedem Araber und/oder Moslem begeg- Da der Kauf der Möbel schon in drei Wochen erfolgen sollte,
nete). Das Band wurde von einem schweizerischen Institut mußten sich die Agenten gehörig sputen. Sie gründeten eine
für künstliche Intelligenz analysiert. Dieses hielt in einer an- fiktive Möbelmaklerfirma, druckten teure Broschüren, schul-
schließenden Stellungnahme fest, der Sprechtext stimme ten einen Offizier (Katsa) in Verkaufstechniken und -jargon,
nicht mit dem Bild überein, sondern sei später zu diesem hin- ließen Helfer (Sayanim) aufmarschieren, die als Statisten bei
zugefügt worden (SMH, 2002). der geplanten Schmierenkomödie gebraucht wurden, verfolg-
ten jede Bewegung des Luftwaffenattachés und seines Assi-
Spurenverwischung stenten während der paar Tage, welche sie in Brüssel ver-
Das umfassende „Trainingsprogramm“, die mit den ausge- brachten, warteten, bis der Attaché nach Paris abreiste, und
klügeltsten Mitteln der Technik vollzogene ferngesteuerte folgten dem Assistenten in ein teures Möbelgeschäft. In die-
Entführung sowie die Mobiltelefonanrufe setzen den Einsatz sem Moment tauchte dort ein Katsa auf, der vorgab, ein Mö-
mehrerer Dutzend Personen voraus. Würde beispielsweise belhändler zu sein, und zu diesem gesellte sich alsbald ein
der Mossad eine solche Operation durchführen, wären viele Sayan, der die Rolle eines zufriedenen Kunden spielte. Der
der daran beteiligten Agenten Mossadoffiziere (Katsas) und Sayan dankte dem Katsa überschwenglich, und zwar so laut,
Helfer (Sayanim), aber auch Außenstehende mit besonderen daß der Assistent des Luftwaffenattachés jedes Wort hören
Fertigkeiten, die diverse Sonderaufgaben zu erfüllen hätten. konnte, worauf er den Laden verließ. Nun verwickelte der
Nun kann man ja davon ausgehen, daß Mossad-Agenten nach Katsa den Syrer in ein Gespräch und zeigte ihm eine Bro-
getaner Arbeit den Mund halten, aber wenn doch einer zuviel schüre mit teuren Möbeln.
plaudert? Und die Außenstehenden? So brutal es auch anmu- Der ahnungslose Mann war so beeindruckt von dem Bom-
ten mag: das Einfachste ist unter diesen Umständen, die un- bengeschäft, das der Katsa angeblich eben getätigt hatte, daß
zuverlässigen Elemente ein für alle Male loszuwerden. er zusammen mit diesem eine Einkaufsliste mit Stühlen, Ti-
Die simpelste Methode, nach einer hochgeheimen Operation schen und allerlei anderem Mobiliar erstellte. Als der Assi-
lästigen Mitwissern den Mund für immer zu stopfen, besteht stent dann noch merkte, daß er den Unterschied zwischen den
darin, diese in ein Passagierflugzeug zu setzen und ihnen auf den Listen figurierenden Preisen und dem tatsächlich zu
weiszumachen, sie würden „zu ihrem eigenen Besten“ an ei- entrichtenden Betrag in seiner eigenen Tasche verschwinden
nen sicheren Ort geschafft, bis sich die Wogen geglättet hät- lassen konnte, wurde die Verlockung für ihn unwiderstehlich.
ten. Am 4. Oktober 2001, keinen Monat nach den Anschlä- Der Mossad kaufte nun die betreffenden Möbel und ließ zwei
gen vom 11. September, stürzte eine TU-154 der Sibur Airli- der Tische mit einem Privatflugzeug nach Israel schaffen, wo
nes, die auf dem Flug von Tel Aviv nach Novosibirsk war, Spezialisten tagelang damit beschäftigt waren, komplizierte
ins Schwarze Meer, wobei alle 77 Insassen sowie das gesam- Mikrofone und Funkgeräte einzubauen. Dann wurden die Ti-
te Bordpersonal den Tod fanden. Anfänglichen Berichten zu- sche zurück nach Brüssel expediert, und nach ihrem Kauf
folge hatte es an Bord zwei Explosionen gegeben, die erste durch die Syrer traten sie – zusammen mit dem Rest der Wa-
auf großer Höhe, die zweite unmittelbar vor dem Aufprall, re – ihre nächste Reise in den Nahen Osten an, doch diesmal
was den Verdacht nährte, im Flugzeug könnten sich zwei nach Damaskus.
Bomben befunden haben. Doch schon nach wenigen Tagen Was ich hier geschildert habe, ist nur ein Teil einer Operati-
erzählte man eine andere Geschichte: „Offizielle amerikani- on, die in ihrer Gesamtheit wesentlich komplizierter war.
sche Sprecher“ gaben nun an, die Maschine sei bei Militär- Man mag ja einwenden: „Warum bloß so kompliziert?“, be-
manövern von einer ukrainischen Rakete getroffen worden – sonders wenn der zu erwartende Nutzen so bescheiden war
eine Version, welche von Sprechern der ukrainischen Streit- wie in diesem konkreten Fall. Doch für den Mossad waren
kräfte kategorisch dementiert wurde. (CNN, 2001) die auf diese Weise erhältlichen Informationen offenbar so
wichtig, daß er grünes Licht für die Operation gab, sobald er
Was ist „kompliziert?“ sich vergewissert hatte, daß sie machbar war. Unter den ge-
Einige Leser haben darüber geklagt, daß von mir entworfene rade herrschenden Umständen mag es sehr wohl die einfach-
alternative Szenario sei „zu kompliziert“. Doch Kompliziert- ste Methode gewesen sein, um an Insiderinformationen aus
heit ist stets etwas Relatives. Was für Otto Normalverbrau- der syrischen Luftwaffe heranzukommen. Schenkt man
cher „zu kompliziert“ scheinen mag, kann sich als verhält- Ostrovsky Glauben, so sind derartige Operationen für den
nismäßig einfach erweisen, wenn man sich vor Augen hält, Mossad reine Routine. Moderne Nachrichtendienste wie der
welche weitreichenden Ziele bei einer Operation verfolgt Mossad sammeln nicht nur Informationen – sie schaffen auch
werden. Zur Vergleich sei hier eine um das vielfacher weni- „Tatsachen“, locken Menschen in Fallen, morden, inszenie-
ger dramatische und folgenreiche Operation beschrieben, ren politische Ereignisse und trainieren sogar militante Oppo-
wobei wir uns auf die Darstellungen des ehemaligen Mossad- sitionelle in anderen Ländern.
Offiziers Victor Ostrovsky stützen. Die betreffenden Ereig- Wenn es nun um eine wirklich wichtige Operation wie die
nisse trugen sich zu einer Zeit zu, wo Ostrovsky noch als Entführung von vier Flugzeugen geht, die man dann arabi-
Mossad-Mitarbeiter in Europa stationiert war. (Ostrovsky & schen Terroristen in die Schuhe schieben kann, wird der
Hoy, 1990) Mossad bestimmt keinen Aufwand scheuen. Angesichts des
Der Mossad hatte aus internen Quellen davon Wind bekom- immensen Nutzens für Israel sind die in meinem alternativen
men, daß ein syrischer Luftwaffenattaché nach Europa reisen Szenario skizzierten Methoden nicht nur verhältnismäßig ein-
wollte, um dort Möbel für das neue Verwaltungsquartier der fach, sondern sie scheinen geradezu aus dem Lehrbuch des
syrischen Luftwaffe in Damaskus einzukaufen. Dies gedachte Mossad zu stammen.
sich der israelische Geheimdienst zunutze zu machen, indem
er zwischen Kauf und Lieferung in den Möbeln Abhörgeräte Wer profitierte?
anbrachte. Der potentielle Gewinn ließ die folgende, „kom- Betrachtet man die Attentate vom 11. September 2001 als
plizierte“ Operation lohnend erscheinen. ungelöstes Verbrechen, so besteht die vielversprechendste

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Methode zu dessen Lösung darin, wie bei jedem beliebigen bei den anderen Al Qaida angelasteten Terroranschlägen um
Kriminalfall zu fragen: Qui bono? Wer profitierte? Nehmen „schmutzige Tricks“ aus der CIA-Giftküche gehandelt haben
wir einmal an, Al Qaida sei unschuldig, so deutet alles auf könnte. Dazu würden dann auch die Bombenattentate auf die
ganz andere Täter hin. Ehud Sprinzak, israelischer Terroris- US-Botschaften in Kenia und Tansania am 7. August 1998
mus-Experte an der Hebräischen Universität Jerusalem, sowie der Angriff auf das Schlachtschiff USS Cole am 12.
kommentierte die Anschläge wie folgt: Oktober 2000 im Hafen von Aden, Jemen, gehören.
»Vom Standpunkt der Juden aus ist dies der wirksamste Schon vor Jahrzehnten hatten die Armeechefs sowie die Na-
Werbeakt, der zu unseren Gunsten unternommen worden tional Security Agency den skandalösen Vorschlag gemacht,
ist.« (Jackson, 2001) Angriffe auf amerikanische Ziele durchzuführen und sie „ku-
Diese Bemerkung paßt haargenau zu einer Nachrichtensen- banischen Terroristen“ in die Schuhe zu schieben (Bamford,
dung, die im Wirbel um den 11. September beinahe unterging. 2001). Die mit den Codewörtern »Operation Northwoods«
Schon eine Stunde nach den Angriffen auf die Türme des und »Operation Mongoose« bezeichneten Aktionen sahen die
World Trade Center wurden fünf Israelis an einem Parkplatz Sprengung eines Schiffs auf dem US-Flottenstützpunkt in
in der Nähe des Liberty State Park, New Jersey, beobachtet. Guantanamo (Kuba) vor, ferner die Versenkung von Flücht-
Der Park befindet sich genau gegenüber den jenseits des lingsbooten sowie schließlich die Entfachung einer „kommu-
Hudson River gelegenen Zwillingstürmen. Drei der Israelis nistischen“ Terrorkampagne in Miami mit Bomben- und
standen auf dem Dach eines weißen Lastwagens, nahmen die Mordanschlägen auf prominente Exilkubaner. Noch stärker
Katastrophe auf Video auf und stießen laut einem Augenzeu- an die Ereignisse des Jahres 2001 erinnerte ein von den Chefs
gen, der sie durch einen Feldstecher betrachtete, Hohn- und der drei Waffengattungen gemeinsam unterzeichneter und
Jubelrufe aus. (Melman, 2001) Der Zeuge, der das Quintett Präsident Kennedy unterbreiteter Plan, die Entführung eines
von einem Gebäude neben dem Parkplatz aus sah, meldete Passagierflugzeugs durchzuführen oder vorzutäuschen, bei
deren seltsames Verhalten sofort dem FBI. Die als „israeli- der sämtliche Personen an Bord umkommen sollten. Der
sche Touristen“ beschriebenen Männer wurden vom FBI in Zweck dieser Operationen bestand darin, Kuba als Schuldi-
Gewahrsam genommen; zwei von ihnen wurden später als gen zu brandmarken und die öffentliche Meinung so aufzuput-
Mitarbeiter des „israelischen Geheimdienstes“ identifiziert. schen, daß die Medien eine direkte militärische Invasion der
Man hielt alle fünf ungefähr zwei Monate lang in Gewahrsam Insel hätten gutheißen müssen. Kennedy verwarf den Plan.
und schob sie dann nach Israel ab. Diese tatsächliche Freu- Eine weitere logische Schlußfolgerung wäre unter diesen
denfeier bildet einen ironischen Kontrast zu der falschen, die Umständen, daß Al Qaida beileibe nicht jene Art von Ter-
man den Palästinensern unterstellt hat. rororganisation ist, als die man sie darzustellen pflegt. Es
Gewisse Elemente in den USA zogen ebenfalls Nutzen aus schiene dann durchaus möglich, daß es sich bei Al Qaida um
den Geschehnissen. Zunächst lieferten diese einen unmittel- eine gemeinsam von Israel und den USA kontrollierte Fron-
baren Vorwand für eine längere militärische Übung, bei der torganisation handelt. Die Verbindungen zwischen bin Laden
Munition im Wert von Hunderten von Millionen Dollar ver- und der CIA sowie jene zwischen den Familien bin Laden
schossen wurde – ein Plus für die Waffenindustrie. Strate- und Bush sind wohlbekannt. „Al Qaida“ käme dann die Auf-
gisch sollten die Vereinigten Staaten vom folgenden „Krieg gabe zu, jene Terroranschläge zu verüben, die den USA ei-
gegen den Terrorismus“ profitieren, da ihnen dieser die nen Vorwand für jede beliebige militärische Intervention bie-
Chance bot, die amerikanische Kontrolle der unermeßlich ten, während Israel freie Hand auf der Westbank und im Ga-
reichen zentralasiatischen Ölfelder via Afghanistan zu si- zastreifen erhält. Dies schließt die Möglichkeit keineswegs
chern, den natürlichen Korridor für eine Pipeline zum Persi- aus, daß manche Mitglieder von Al Qaida – eventuell sogar
schen Golf. Wie erinnerlich wurde behauptet, Afghanistan bin Laden selbst – aufrichtig davon überzeugt sind, einer mi-
diene Al Qaida als Operationsbasis. litanten islamischen Kampforganisation anzugehören. (Die
Falls die USA und Israel die Missetat gemeinsam verübt ha- ganze Operation erinnert fatal an Joseph Hellers Roman
ben sollten, darf man sich mit Fug und Recht fragen, wer da- Catch-22, in dem Milo Minderbinder den Deutschen die
bei welche Rolle gespielt hat. Geht man vom alternativen Dienste der US-Bomber für Geld zur Verfügung stellt.)
Szenario aus, so spricht alles dafür, daß der Mossad nach ei- Doch leider haben wir es hier nicht mit einem Roman oder
nem geheimen (natürlich nur mündlichen) Abkommen die einem Film zu tun. Wenn viele Beobachter von einem „sur-
Flugzeugentführungen übernahm. Die rechte Hand wußte realistischen“ Ausmaß der Anschläge vom 11. September
dann nicht, was die linke tat; gewisse Kreise in der US- sprachen, so mag dies eine unbewußte Reaktion auf deren
Regierung dürften gewiß darüber unterrichtet gewesen sein, allzu dramatische, an einen Film gemahnende Natur gewesen
daß sich etwas ganz Großes zusammenbraute, ohne aber die sein. Was man als das „Hollywood-Böse“ bezeichnen könnte
Einzelheiten zu kennen. (im Gegensatz zum „banalen Bösen“, das angeblich den An-
Eine der vielen ironischen Pointen dieses Szenarios ist, daß stoß zum jüdischen „Holocaust“ gab), hat die Gestalt eines
die Erklärung des US-Außenministeriums, wonach eindeuti- Terroristen angenommen, der keinen wirklichen Grund zum
ge Informationen auf die Schuld Al Qaidas hinwiesen, tat- Morden hat, jedoch durch seine Religion irrsinnig geworden
sächlich wahr gewesen sein mag. Natürlich waren die „ein- ist, Menschen aus purem Vergnügen abschlachtet und sich
deutigen Informationen“ samt und sonders getürkt… auf seinen Märtyrertod freut. (Vielleicht ist er auch nur „nei-
disch“ auf die westliche Zivilisation.) Solche Klischeevor-
Bedeutung des alternativen Szenarios stellungen haben die Medienberichterstattung über den Na-
Wenn die Angriffe des 11. September Ergebnis einer ge- hen Osten schon lange vor dem 11. September 2003 geprägt.
meinsamen Geheimoperation des Mossad und mancher US-
Agenturen wie der CIA und NSA war (wobei kein Mensch Weshalb gerade im September 2001?
weiß, welche Rolle die Armeechefs und das Weiße Haus ge- Unter Annahme des alternativen Szenarios wurde der Zeit-
spielt haben mögen), liegt der Schluß nahe, daß es sich auch punkt der Anschläge so gewählt, daß Israel aus der Schußli-

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nie geriet. Der Judenstaat befand sich damals in einer äußerst manentes Klima der Gewalt aufrechtzuerhalten, das es Israel
bedrängten Lage, und sein Ansehen in der westlichen Welt ermöglicht, sich als Opfer zu gebärden, statt als Täter dazu-
verschlechterte sich wegen seiner brutalen Behandlung der stehen.
Palästinenser unerbittlich. Diese Tendenz ließ sich zwar in
Europa deutlicher beobachten als in Nordamerika, doch hatte Die Medien
Israel triftigen Grund zur Furcht, mehr und mehr Amerikaner Bedauerlicherweise stehen die US-Medien, insbesondere das
könnten die Geduld mit ihm verlieren, und die gewählten Fernsehen, seit dem Golfkrieg von 1991 unter strikter Kon-
Volksvertreter könnten unter wachsenden Druck geraten, auf trolle des Pentagon, sobald es um militärische Fragen jeder
eine Änderung des amerikanischen Verhältnisses zu Israel Art geht. (MacArthur, 1993) Die Tage, wo unabhängige Re-
hinzuarbeiten. porter noch – wie weiland in Vietnam – durch die Kampfzo-
Dies konnte Israel nicht einfach hinnehmen, hat es doch seit nen streifen konnten, sind längst Geschichte. Ein Journalist,
den fünfziger Jahren nach den allervorsichtigsten Schätzun- der sich den Vorgaben des Pentagon nicht unterwirft und
gen über 100 Milliarden Dollar Unterstützung („Entwick- dessen Version nicht vorbehaltlos übernimmt, wird nicht zu
lungshilfe“ und Geschenke) von den USA erhalten. Einzig den Konferenzen eingeladen, bei denen die Militärs der Pres-
und allein dank diesem Geld war Israel in der Lage, wirt- se ihre Sicht der Dinge darlegen. Zudem neigen die Medien
schaftlich zu überleben. Ein erheblicher Teil der „Entwick- immer mehr dazu, ganze Gruppen pauschal als „Terroristen“
lungshilfe“ geht übrigens in die USA zurück, da er zum Kauf zu verketzern, was natürlich darauf abzielt, den Haß auf Ara-
amerikanischer Waffen verwendet wird. ber und/oder Muslime zu schüren.
Was in Israel endgültig die Alarmglocken läuten ließ, war die Insofern sind die US-Nachrichtenmedien begeisterte Partner
UN-Konferenz über Rassismus in Durban, bei der unter an- im „Krieg gegen den Terrorismus“ geworden und dienen
derem der staatliche Rassismus Israels zur Sprache kam. So- damit Sonderinteressen, die sie als „Interessen Amerikas“
bald dieses Thema auf die Tagesordnung gesetzt wurde, mar- ausgeben. Geht man davon aus, daß es sich bei den Ereignis-
schierten amerikanische und israelische Delegierte gemein- sen des 11. September tatsächlich um eine Provokation han-
sam aus dem Konferenzsaal. delte, so kann die Folge nur lauten, daß uns die Anschläge
Große Besorgnis mußte in Israel auch die von palästinensi- erspart geblieben wären, hätten die Medien sich während der
schen Klägern am 18. Juni 2001 beim belgischen Gerichtshof letzten beiden Jahrzehnte nicht an die Kandare nehmen las-
für internationales Recht eingereichte Strafanzeige erwecken. sen.
Diese Palästinenser waren Überlebende der 1982 in den liba- Hätten die Hintermänner dieses Verbrechens nämlich nicht
nesischen Orten Sabra und Shatila begangenen Massaker. Ih- von Anfang an darauf bauen können, daß die Medien gehor-
re Anzeige richtete sich gegen Ariel Sharon und andere Israe- sam die Parolen des Pentagon nachplappern und die Attentate
lis. Sie erfolgte genau einen Tag nach einer BBC-Dokumen- „arabischen Terroristen“ anlasten würden, so hätten sie es
tarsendung, in der die These verfochten wurde, Sharon habe sich ganz gewiß zweimal überlegt, ob sie dieses Risiko ein-
sich Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Mensch- gehen sollten. (Wo sind die Woodwards und Bernsteins,
lichkeit zuschulden kommen lassen. wenn man sie wirklich braucht?)
Die Strafanzeige schien fundiert genug, um zu einem Prozeß Indem die Medien den „Terroristen“ als entmenschte Horror-
zu führen. Sharon wäre dann laut dem 1993 erlassenen Ge- figur aus einem Filmstudio darstellen, tragen sie ihr Scher-
setz zur Ahndung schwerer Verstöße gegen die Genfer Kon- flein dazu bei, daß der gerechte Kampf um Selbstbestim-
vention von 1949 sowie der Zusatzprotokolle I und II ange- mung, der bisweilen gewaltsame Formen annimmt, immer
klagt worden. Er nahm die Gefahr eines Prozesses ernst ge- neue „Terroristen“ hervorbringen wird und die amerikani-
nug, um eine belgische Anwältin, Michele Hirsch, anzuheu- schen Truppen endlos auf der Suche nach dem Finsterling
ern, welche das Verfahren vereiteln sollte. des neuen Jahrtausends sein werden.
Die US-Politik im Nahen Osten ähnelt der israelischen Poli-
tik auf der Westbank und gegenüber seinen arabischen Nach- Zusammenfassung
barstaaten immer mehr. Seit Jahrzehnten verwendet Israel das Im vorliegenden Artikel wird eine alternative Methode zur
Wort „Terrorist“ inflationär, und die US-Medien tun es ihm Hervorbringung jener Ergebnisse geschildert, deren Zeuge
bei jeder Gelegenheit gleich. Dabei werden die Wurzeln des die Welt am Morgen des 11. September 2001 wurde. Daß das
„Terrorismus“, die in der israelischen Politik auf der West- hier beschriebene Szenario – Vergiftung der Fluggäste und
bank, im Gazastreifen und gegenüber den arabischen Nach- Besatzung mit Sarin, Fernsteuerung der Flugzeuge, Operati-
barstaaten liegen, schlicht und einfach unter den Teppich ge- on zur Vortäuschung von Mobiltelefonanrufen – machbar ist,
kehrt. Die israelischen Reaktionen auf die Taten militanter kann keinem Zweifel unterliegen. Ich behaupte wohlverstan-
Palästinenser scheinen bewußt darauf hinzuarbeiten, ein per- den nicht, das Ganze habe sich genau so und nicht anders zu-

Über den Verfasser


Dr. Dewdney ist ein bekannter kanadischer Computerwissenschaftler, der in der
Zeitschrift Scientific American mathematische Beiträge schrieb. Er ist Autor zahl-
reicher Bücher und wissenschaftlicher Publikationen sowie Professor Emeritus
der University of Western Ontario. A. K. Dewdney verfolgt die Ereignisse im Na-
hen Osten und setzt sich für die Menschenrechte ein. Seine elektronische
Adresse lautet akd@uwo.ca (und seine Telefonnummer 519 6798-8105). Aka-
demische Website: www.csd.uwo.ca/faculty/akd/.

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getragen, sondern halte lediglich fest, daß eine Geheimopera- entdeckt), oder die Taten des Washingtoner Snipers (der
tion, ausgeführt von jenen, die dabei am meisten zu gewin- Name des Täters war nicht, wie behauptet, Muhamad; er hat-
nen hatten, unvergleichlich besser zu den Tatsachen paßt als te keinen „weißen Lastwagen“, etc.).
die offizielle Version, wonach „arabische Flugzeugentführer“
und Al Qaida für die Angriffe verantwortlich gewesen seien. Empfehlungen
Zu diesen Tatsachen gehört der politische Hintergrund: Al Allein schon die Möglichkeit, daß die Angriffe des 11. Sep-
Qaida wäre, wenn die offizielle Darstellung stimmt, die ein- tember von ganz anderen Leuten als behauptet ausgeführt
zige Terrororganisation der Geschichte, die Ziele angreift, worden sind, ruft gebieterisch nach folgenden Maßnahmen:
ohne dann die Verantwortung dafür zu übernehmen; Israel 1. Eine offene, unter den Augen der Öffentlichkeit durchge-
und die USA sind die einzigen Profiteure der Geschehnisse. führte Untersuchung der Vorkommnisse durch eine unab-
Das alternative Szenario trägt all dem Rechnung, während hängige juristische Instanz. Die gegenwärtig im US-
die Standardversion von Ungereimtheiten wimmelt: Die vor- Kongreß ablaufenden Ermittlungen dürften durch die Ver-
getäuschte Freudenfeier in Palästina am Tag der Angriffe; suche Bushs und Cheneys beeinträchtigt werden, ihren
der frühere Anschlag auf das World Trade Center; die feh- Umfang zu begrenzen, was an sich schon ein verdächtiger
lenden Abfangjäger; die fehlenden Passagiere; die fehlenden Umstand ist.
Schwarzen Kästen; das allem Anschein nach getürkte Be- 2. Eine von einer unabhängigen juristischen Instanz im Rah-
weismaterial; das Geheimnis des Ziad Jarrah. men öffentlicher Verhandlungen durchzuführende Über-
Kurzum: Betrachtet man die gesamte Konstellation der Er- prüfung des Beweismaterials, das bei den Prozessen gegen
eignisse, vor deren Hintergrund sich die Attentate des 11. Salameh, Ayyad und andere im Anschluß an den Bom-
September abspielten, als Mosaik, so entsprechen die bereits benanschlag auf das World Trade Center im Jahre 1993
eingesetzten Mosaiksteine jenen Fakten, die allgemein be- vorgelegt wurde.
kannt sind und an denen niemand zweifelt. Die fehlenden
Steine entsprechen entweder der vom Weißen Haus aufge- Weiterführende Lektüre
tischten Version oder dem hier umrissenen alternativen Szen- N. M. Ahmed, The War on Freedom: How and why America
ario. Erstere scheint äußerlich zu passen, doch wenn wir ver- was attacked, September 11, 2001, Tree of Life Publications,
suchen, die Steine wirklich einzusetzen, bemerken wir rasch, CA, 2002. Dieses gutrecherchierte und wohldokumentierte
daß sie sich nicht in das Mosaik einfügen lassen. Buch stammt von einem bekannten Autor, der sich als Wis-
Man könnte diese Probleme, welche die Version des Weißen senschaftler einen Namen gemacht hat. Mein hier vorliegen-
Hauses aufwirft, von einem rein mathematischem Standpunkt der Artikel ergänzt Ahmeds Buch, in dem nur ein wesentli-
aus anpacken. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, daß sie ches Element fehlt – ein echtes alternatives Szenario zur Er-
den Tatsachen entspricht? Um diese Frage zu beantworten, klärung der Geschehnisse des 11. September. Ahmeds Werk
müßte man ganz einfach die Wahrscheinlichkeit der einzel- ist in vielen Buchläden erhältlich und kann auch via ama-
nen Bestandteile miteinander multiplizieren. Wenn man bei- zon.com bestellt werden.
spielsweise davon ausgeht, daß nur in der Hälfte der Fälle,
wo Flugzeuge vom Kurs abkommen, Abfangjäger aus- Zuerst veröffentlicht in The Revisionist, 1(3) (2003), S. 248-271. Die Über-
schwärmen (obwohl dies praktisch immer geschieht), daß setzung aus dem Englischen stammt von Jürgen Graf
Schwarze Kästen bloß in der Hälfte der Fälle gefunden wer-
den (obwohl man sie so gut wie immer findet), und daß bei Empfohlene Lektüre
jedem zweiten Flug Passagiere nicht auf der Liste figurieren Andreas von Bülow, Die CIA und der 11. September.
(obwohl dies selten vorkommt), ist die Wahrscheinlichkeit, Internationaler Terror und die Rolle der Geheimdienste, 2.
daß all diese Pannen am 11. September zusammenkamen, be- Aufl., Piper, München 2003, 271 S., ISBN: 3-492-04545-6
reits schon auf ein Achtel reduziert. Dabei sind die vielen an-
deren Unwahrscheinlichkeiten, allen voran die Mobiltelefon- Quellen
– (ABC, 2001) ABC. 2001 (12. November ). A mission to die for. Four
anrufe aus großer Höhe, noch gar nicht berücksichtigt. Dies Corners, ABC TV. Am 3.Oktober 2002 heruntergeladen von
allein sollte genügen, um jeden denkenden Menschen miß- www.abc.net.au/4corners/atta/default.htm.
trauisch zu stimmen, zumal die von uns angesetzten Wahr- – (AVWeb, 1999) Dahler C. 1999. AVWeb letters. Am 20. November 2002
scheinlichkeitswerte viel zu hoch angesetzt sind, um der offi- heruntergeladen von www.avweb.com/other/avma9910.html
– (Bamford, 2001) Bamford J. 2001. Body of Secrets: Anatomy of the Ultra-
ziellen These entgegenzukommen. secret National Security Agency, New York, NY: Houghton-Mifflin.
Der Verfasser ist sich sehr wohl bewußt, daß noch zahlreiche – (BBC, 2001) British Broadcasting Corporation, 2001. Final calls from
andere Argumente gegen die Richtigkeit der offiziellen Ver- doomed flights, am 3. November 2002 heruntergeladen von
sion vorliegen. In der Tat vertreten manche Kritiker die Auf- http://news.bbc.co.uk/1/hi/world/americas/1539193.stm
fassung, der Angriff auf das Pentagon sei nur vorgetäuscht – (CBS News, 2001) CBS News (AP), 2001. Focus on Florida. 12. Septem-
ber 2001. Am 2. Oktober 2002 heruntergeladen von
worden, und es sei dabei ein sehr viel kleineres Flugzeug www.cbsnews.com/stories/2001/09/14/national/main311268.shtml
zum Einsatz gekommen; in den Türmen des World Trade – (CNN, 2001) Cable Network News. 2001. Trade Center Victims. Am 22.
Center sei Sprengstoff verborgen gewesen; rund 130 Israeli, Januar 2002 heruntergeladen von
die sich nach ersten Angaben unter den Opfern befanden, www.cnn.com/SPECIALS/2001/trade.center/victims/ua175.victims.html
– (Dror, 2001) Dror Y. 2001. Odigo says workers were warned of attack. Is-
hätten in Tat und Wahrheit überlebt. Aus Gründen der Ein- rael: Ha’aretz. (27. September)
fachheit habe ich diese Möglichkeiten hier unberücksichtigt – (Eager & Musso, 2001) Eager TW, Musso C. 2001. »Why did the World
gelassen und mich jeden Kommentars dazu enthalten. Auch Trade Center collapse? Science, engineering, and speculation«. Journal
habe ich auf eine Analyse zahlloser anderer Terrorakte ver- of the Minerals, Metals, and Materials Society. 53 (12): 8-11.
www.tms.org/pubs/journals/JOM/0112/Eagar/Eagar-0112.html. Am 17.
zichtet, die womöglich ebenfalls dazu dienten, falsche Fähr-
Dezember 2001 heruntergeladen.
ten zu legen, wie beispielsweise der Bombenanschlag auf Ba- – (FAA, 1998) 1998 (3. Juli). »Special military operations«. Kap. 4, Ab-
li (am Tatort wurde aus Israel stammender C4-Sprengstoff schnitt 5, Federal Aviation Agency Order 7610.4J.

274 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


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Mobiltelefon-Experimente in Linienflugzeugen
Von Germar Rudolf
Zumal das im obigen Beitrag diskutierte Thema von äußer- setzt für 18:05 Zentraler Sommerzeit. Wetter: sonnig, nur
ster Wichtigkeit ist, entschied ich mich, meine eigenen Expe- wenige Wolken sowohl bei Start als auch bei Landung in
rimente durchzuführen, während ich von Chicago, IL, nach Burlington, VT, um 20:54 Ostzonen-Sommerzeit.
Burlington, VT, flog zu einer Familienfeier eines Freundes. 2. Flug: Flugzeug: Airbus A319. United Airlines Flug 397.
Start von Burlington, VT, am Sonntag, 20. Juli 2003, um
Telefone 17:40 Ostzonen-Sommerzeit. Wetter: sonnig, nur wenige
– Audiovox CDM 9000 mit Verizon Wireless Netzwerk. Wolken sowohl bei Start als auch bei Landung. Ankunft in
– Nokia 8260 mit Cingular Wireless Netzwerk. Chicago O’Hare um 19:00 Zentraler Sommerzeit.

Reisedaten Experimente
1. Flug: Flugzeug: Airbus A320. United Airlines Flug 568. Beim Abflug wurde nur das Audiovox Telefon benutzt. Wäh-
Start von Chicago O’Hare am Freitag, 18. Juli 2003, ange- rend das Flugzeug noch auf der Startbahn beschleunigte,

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 275


wählte ich meine Nachrichtbox an und erhielt unmittelbar ei- telbar danach hergestellt werden und blieb bis zur Landung
ne klare Verbindung gerade als das Flugzeug abhob. Ich leg- um 19:00 bestehen. Nach Angaben des Piloten muß das
te sofort auf und wählte erneut. Während das Flugzeug Fahrwerk spätestens in einer Höhe von 1.500 Fuß über
schnell aufstieg, erhielt ich erneut schnell eine klare Verbin- Grund (457,5 m) ausgefahren werden. Er konnte sich nicht
dung, jedoch nach der Eingabe meiner PIN-Nummer zum genau daran erinnern, wann er das Fahrwerk in diesem Fall
Zugriff auf meine Nachrichtenbox ging die Verbindung ver- ausfuhr, aber er meinte, dies sei gut vor dieser Marke erfolgt,
loren, und jeder Versuch, eine Verbindung herzustellen, wahrscheinlich in etwa 2.200 bis 2.500 Fuß Höhe (671-762,5
schlug anschließend fehl. Nach einer weiteren Minute be- m) bei einer Geschwindigkeit von etwa 200 Knoten (371
schwerte sich das Telefon mit einem lauten Alarmton dar- km/h).
über, daß kein Signal mehr vorhanden sei. Nach der später Während der Nokia-Benutzer in beiden Fällen eine Sitzreihe
erteilten Auskunft der Piloten erreichte das Flugzeug inner- entfernt vom Fenster saß, saß der Audiovox-Benutzer zwei
halb von fünf Minuten eine Flughöhe von 15.000 Fuß über Sitzreihen entfernt vom Fenster während des ersten Fluges
Grund (4.575 m) innerhalb von fünf Minuten. und unmittelbar am Fenster während des Anflugs auf Chica-
Während des gesamten Fluges auf einer Reisehöhe von go. Tatsächlich wurde das Telefon im zweiten Fall nur etwa
37.000 Fuß (11.285 m) gab es nie ein Signal. Sobald das 10 cm vom Fenster entfernt gehalten, um den bestmöglichen
Flugzeug in den Sinkflug Richtung Burlington überging, Empfang zu gewährleisten.
wurden beide Telefone wieder eingeschaltet in dem Versuch,
ein Signal zu erhalten. Sobald die Telefone ihre Suche nach Schlußfolgerungen
einem Signal aufgaben, jeweils signalisiert durch einen lau- Burlington, VT, liegt in einer eher ländlichen Gegend, wäh-
ten Alarmton, wurden sie umgehend aus und wieder einge- rend Chicago, die drittgrößte Stadt der Vereinigten Staaten,
schaltet, wodurch sie ständig gezwungen wurden, erneut eines der best-entwickelten Mobiltelefon-Netzwerke hat.
nach einem Signal zu suchen. Einige Minuten, bevor der Pi- Dessen ungeachtet waren die Ergebnisse in beiden Fällen
lot um 20:49 Ostzonen-Sommerzeit das Fahrwerk zur Lan- ähnlich für das Verizon Wireless Netzwerk, das von sich
dung ausfuhr, zeigten beide Telefone an, daß sie nun ein Si- selbst behauptet, daß bestentwickelte Netzwerk der USA zu
gnal hätten, allerdings scheiterte jeder ununterbrochen sein. Es ist nicht klar, warum das zweite Telefon beim An-
durchgeführte Versuch beider Telefone, die Nachrichtenbox flug auf Chicago nicht in der Lage war, ein Signal zu lokali-
anzurufen. Um 20:51, zwei Minuten, nachdem das Fahrwerk sieren.
ausgefahren worden war, konnte erstmals eine klare und sta- Mobiltelefone in Linienflugzeugen können ein Signal bis zu
bile Verbindung zur Nachrichtenbox durch beide Telefone einer Reisehöhe von etwa 6.000 Fuß (1830 m) empfangen,
hergestellt werden. Diese Verbindung konnte ab da zu jeder aber es ist nicht möglich, eine Verbindung herzustellen, zu-
Zeit bis zur Landung um 20:54 unmittelbar wieder hergestellt mindest nicht während der üblichen Reisegeschwindigkeit
werden. Um ihre Hilfe gebeten, erklärten die Piloten, daß sie normaler Linienflugzeuge (800-880 km/h). Da – wenn über-
das Fahrwerk bei einer Flughöhe von 2.000 Fuß
über Grund (610 m) bei einer Geschwindigkeit
von etwa 200 Knoten (371 km/h) ausgefahren hät-
ten.
Da für den Zeitpunkt des Abbruchs der Verbin-
dung beim Start keine exakte Informationen über
Flughöhe und -geschwindigkeit in Erfahrung zu
bringen waren – noch nicht einmal der exakte
Zeitpunkt des Abbruchs der Verbindung ist be-
kannt – wurden bei dem zweiten Experiment beim
Abflug von Burlington keine Versuche beim Start
durchgeführt.
Beim Anflug auf Chicago konnte das No-
kia/Cingular Telefon bis zum Zeitpunkt unmittel-
bar nach der Landung kein Signal registrieren.
Das Audiovox/Verizon Telefon registrierte ein Si-
gnal zu dem Zeitpunkt, als sich das Flugzeug von
Osten kommend gerade über dem Michigan See
befand auf einer geschätzten Flughöhe von etwa
6.000 Fuß (1.830 m). Es konnte allerdings keine
Verbindung aufgebaut werden. Das Signal wurde
wieder verloren, als wir uns der Mitte des Sees
näherten, und wurde wiedergefunden bei der An-
näherung an die Westküste des Sees. Ununterbro-
chene Versuche zum Aufbau einer Verbindung
schlugen ausnahmslos fehl bis zum Zeitpunkt von
etwa einer Minute, nachdem der Pilot das Fahr-
werk etwa 10-13 km westlich der Westküste des
Michigan Sees um 18:56 Zentraler Sommerzeit
ausgefahren hatte. Die erste erfolgreiche Verbin-
dung erfolgte um 18:57. Die zweite konnte unmit-

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haupt – erst dann eine Verbindung hergestellt werden konnte, daß unter solchen Umständen kein Mobiltelefon, welcher Art
nachdem der Pilot das Fahrwerk bei einer Flughöhe von etwa auch immer, eine stabile Verbindung zu welchem Netzwerk
610 Metern und einer Geschwindigkeit von 370 km/h oder auch immer hätte aufbauen können, unabhängig davon, in
weniger ausgefahren hatte, scheint die Schlußfolgerung ge- welcher Höhe das betrachtete Flugzeug flog. Dies trifft ins-
rechtfertigt zu sein, daß es im Sommer 2003 unmöglich war, besondere auf United Airlines Flug Nr. 93 zu, der nicht nur
eine Verbindung mit einem Mobiltelefon von einem in den mit unvermindert hoher Geschwindigkeit flog, sondern zu-
USA fliegenden Linienflugzeug herzustellen, das in einer dem zu der Zeit, als die angeblichen Mobiltelefonanrufe getä-
Höhe von über 610 m über Grund und mit einer Geschwin- tigt wurden, auch in einer relativ hohen Flughöhe.
digkeit von 370 km/h oder schneller flog. Wenn man den
schnellen Abstieg des Flugzeugs in Betracht zieht sowie die Aufruf an alle Leser
Tatsache, daß es beim Annähern an die Landebahn immer Jeder, der seine eigenen Erkenntnisse zu diesem Problem bei-
langsamer wird, so kann die tatsächliche Höhe, bei der eine tragen möchte, indem er die Fähigkeit seines Mobiltelefons
Verbindung zustande kam, auch nur etwa 500 m und die Ge- testet, von Linienflugzeugen aus während des Landeanfluges
schwindigkeit lediglich 320 km/h betragen haben. Telefonanrufe zu machen, sei dazu herzlich aufgerufen. Wir
Der Grund, warum eine Verbindung erst ab etwa 500 m zu- werden die entsprechenden Ergebnisse je nach Wunsch ent-
stande kam trotz der Tatsache, daß ein Signal ab etwa 2.000 weder mit vollem Namen des Experimentierers oder unter
m zur Verfügung stand, wird der sein, daß die Geschwindig- Wahrung der Anonymität veröffentlichen. Bitte geben Sie
keit des Flugzeugs in größeren Höhen einfach zu hoch ist. Es folgende Daten an:
kann daher mit Sicherheit geschlossen werden, daß es einer – Telefonmarke, benutztes Netzwerk;
Geschwindigkeit von gut unter 370 km/h bedarf, um eine – Flugzeugtyp, Fluglinie, Flugnummer, Datum und Zeit des
stabile Verbindung zum Bodennetzwerk aufzubauen. Dies ist Abflugs (planmäßig) und der Ankunft (tatsächlich);
allerdings eine Geschwindigkeit, die ein modernes Passagier- – Wetterbedingungen bei der Landung;
flugzeug nur während des Landeanflugs erreichen kann, mit – Exakte Zeiten, wann Sie was machten und wann Sie erfolg-
ausgefahrenem Fahrwerk und den Brems- und Landeklappen reich eine Verbindung herstellen konnten, und da der Zeit-
voll ausgefahren. punkt des Ausfahrens des Fahrwerks ein guter Bezugs-
Man stimmt allgemein darüber ein, daß alle der am 11. Sep- punkt ist, notieren Sie sich dies bitte auch, und fragen Sie
tember abgestürzten Flugzeuge mit voller Reisegeschwindig- den Piloten während Sie von Bord gehen, bei welcher Hö-
keit von 800 km/h und mehr bis zu ihrem Absturz/Einschlag her er das Fahrwerk ausfuhr.
flogen. Es kann daher mit Sicherheit geschlußfolgert werden,

Die merkwürdige Untätigkeit der US-Luftwaffe


Wurden am 11. September 2001 absichtlich keine Abfangjänger entsandt?
Von Mark Elsis
»Am Anfang seines Kampfes für Recht und Freiheit
Steht der Patriot allein auf weiter Flur,
Haß und Verachtung schlagen ihm entgegen. »Fürchte nicht den Pfad der Wahrheit,
Doch winket seinem Streben der Erfolg weil so wenige auf ihm wandeln.«
Schar’n sich die Lauen eilends um sein Banner, Robert Francis Kennedy
Nun lohnt es sich ja, Patriot zu sein!«
Mark Twain

Im vorliegenden Artikel wird die Chronologie der Ereignisse Bei der Lektüre unserer Analyse halte man sich bitte die fünf
am Morgen des 11. September 2001 von 7:59 Uhr bis folgenden, äußerst wichtigen Fakten vor Augen:
10:06:05 Uhr genau nachgezeichnet und die Presseerklärung 1) Im Steuerjahr 2003 wird die Regierung der Vereinigten
widerlegt,1 die eine Woche nach den Anschlägen, am 18. Staaten mehr Geld für das Militär ausgeben als sämtliche
September, vom NORAD (North American Aerospace De- anderen Länder der Welt zusammen. Die gegenwärtigen
fense Command, Nordamerikanisches Oberkommando der Ausgaben belaufen sich auf 437 Milliarden Dollar, wozu
Luftabwehr) veröffentlicht wurde. noch 339 Milliarden für bereits eingegangene Verpflich-
Von dem Moment, als Flug 11 der American Airlines die tungen kommen. Somit ergibt sich eine Gesamtsumme von
Sprechverbindung mit der Luftverkehrskontrolle verlor und 776 Milliarden. 46% unserer Steuern gehen an den militä-
um 8:13:31 Uhr entführt wurde, bis zum Aufprall der United- risch-industriellen Komplex.2 Nicht berücksichtigt sind
Airlines-Maschine des Flugs 93 in Shanksville, Pennsylva- dabei die nicht im Budget enthaltenen Ausgaben, die so-
nia, verstrichen annähernd eine Stunde und dreiundfünfzig genannten „schwarzen“ Projekte sowie die Heimwehr;
Minuten. Was ist in diesem Zeitraum geschehen? Die ebensowenig die mehr als 40 Milliarden Dollar, welche
folgenden Darlegungen erteilen eine präzise Antwort auf die Washingtoner Regierung im Jahre 2003 für die Ge-
diese Frage. heimdienste ausgeben wird.

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2) Die amerikanische Luftwaffe (United States Air Force, öffentlichte offizielle Totenliste studiert, stellt man fest, daß
USAF) ist die technologisch fortschrittlichste und stärkste dort nur 86 Opfer genannt werden.
Luftwaffe, welche die Menschheit jemals gekannt hat. Am Ähnliches gilt für die drei anderen Unglücksflüge des 11.
Dienstag, dem 11. September 2001, gab es sieben voll- September. Addiert man die Zahl der Passagiere sowie der
ständig ausgerüstete und in voller Alarmbereitschaft be- Angehörigen des Bordpersonals, so kommt man auf offiziell
findliche Luftwaffenstützpunkte zum Schutz des nordame- 265 Namen. Doch ergeben die auf CNN.com einsehbaren
rikanischen Kontinents. Die Air National Guard ist exklu- vier offiziellen Totenlisten insgesamt lediglich 229 Namen.
siv für die Sicherheit des Luftraums des nordamerikani- Somit fehlen auf diesen Listen insgesamt 36 Personen, ein-
schen Kontinents verantwortlich, und die betreffenden schließlich aller 19 Entführer. Warum?6
Einheiten unterstehen dem Befehl der 1st Air Force, die Die vier entführten Maschinen, zwei Flugzeuge des Typs
auf der Tyndall Air Force Base (AFB) in Panama City, Boeing 767 und zwei des Modells Boeing 757, verfügten
Florida, stationiert ist. Die Air National Guard unterhält über eine Gesamtzahl von 762 Passagiersitzen.7 Wie war es
sieben Luftwaffenstützpunkte mit 14 voll bewaffneten da möglich, daß lediglich zwischen 30,1% (229 Passagiere
Kampfflugzeugen und Piloten, die rund um die Uhr abruf- plus Besatzung) und 34,7% (265 Passagiere und Besatzung)
bereit sind. Außer in Tyndall stehen jederzeit einsatzberei- der Plätze belegt waren? Wie kam es, daß in allen vier Flug-
te Abfangjäger auch auf folgenden Stützpunkten: Home- zeugen zusammen mehr als zwei Drittel der Plätze leer blie-
stead Air Reserve Base (ARB), Homestead, Florida; ben?
Langley AFB, Hampton, Virginia; Otis Air National 8:01 Uhr: United Airlines Flug 93, eine Boeing 757-222 mit
Guard (ANG), Falmouth, Massachusetts; Oregon ANG, einer Maximalkapazität von 200 Passagieren und 43.486 Gal-
Portland, Oregon; March ARB, Riverside, Kalifornien; El- lonen Treibstoff, rollt auf die Startbahn des Newark Interna-
lington ANG, Houston, Texas.3 tional Airport in New Jersey. An Bord sind angeblich 44
Doch nicht genug damit: Am 11. September gab es wenig- Menschen; Ziel der Reise ist der San Francisco International
stens 28 weitere Basen der US-Luftwaffe, die sich in Reich- Airport in Kalifornien. Dieses Flugzeug wird noch 41 Minu-
weite der vier entführten Passagierflugzeuge befanden4 ten am Boden stehen, bevor es sich in die Luft erhebt. Wie
3) Für potentielle Terroristen sind New York City und Wa- eben erwähnt, sollen sich in ihm 44 Personen befinden, doch
shington, D.C., die mit Abstand verlockendsten Ziele auf auf der offiziellen CNN.com-Totenliste sind nur 33 Opfer
amerikanischem Boden. verzeichnet.
4) Bei NORAD handelt es sich um eine bilaterale, von den 8:13:31 Uhr: Flug 11 der American Airlines erhält die letzte
USA und Kanada gemeinsam gebildete Organisation, de- Botschaft von der Flugkontrolle Boston: AAL11, drehen Sie
ren Aufgabe darin besteht, den nordamerikanischen Kon- 20 Grad nach rechts. Flug 11 antwortet: 20 Grad rechts,
tinent vor Angriffen aus der Luft zu schützen, mögen die- AAL11. Einige Sekunden später ordnet der Lotse an:
se nun von Flugzeugen, Raketen oder Raumschiffen aus- AAL11, steigen Sie nun hoch und halten Sie FL350 (35.000
gehen. NORAD arbeitet eng mit anderen Militärorganisa- Fuß) ein. Lotse: AAL11 Boston. Flug 11 antwortet nicht.
tion zusammen, um den Schutz des Luftraums zu gewähr- 8:14 bis 8:20 Uhr: Flug 11 der American Airlines wird ent-
leisten, wozu die Überwachung und Kontrolle des Him- führt und kommt vom Kurs ab.
mels über Kanada und den USA gehört. Es ist NORADs 8:14 Uhr: Flug 175 der United Airlines, eine Boeing 767-222
Aufgabe, jeden Quadratzentimeter Luftraum über dem mit einer Maximalkapazität von 181 Passagieren und 90.764
nordamerikanischen Kontinent zu kennen. Liter Treibstoff, hebt sich vom Logan International Airport in
5) Vom Zeitpunkt, als Flug 11 der American Airlines den Boston, Massachusetts, ab. Reiseziel ist der Los Angeles In-
Sprechkontakt verlor und um 8:13:31 Uhr entführt wurde, ternational Airport. Eigentlich war der Start für 7:58 Uhr
bis zum Absturz der United-Airlines-Maschine des Flugs vorgesehen. Es sollen 65 Menschen an Bord sein, doch auf
93 in Shanksville, Pennsylvania, um 10:06:05 Uhr, ver- der CNN.com-Totenliste stehen bloß 56.
strichen fast eine Stunde und dreiundfünfzig Minuten. 8:17 Uhr: Nach 3 Minuten und 30 Sekunden unterbrochenem
Hundertdreizehn Minuten lang unternahm die US- Sprechkontakt mit Flug 11 hätte die FAA die Standardab-
Luftwaffe nicht den geringsten Versuch, auch nur eine der fangprozeduren in die Wege leiten sollen.8
vier entführten Maschinen abzufangen. Wer die Regeln, 8:20 Uhr: Der Transponder von Flug Nr. 11 der American
Vorschriften und Prozeduren, die eine solche Untätigkeit Airlines hört auf, das IFF-Signal (Identification Friend Foe,
als Ding der Unmöglichkeit erscheinen lassen, verstehen Freund-Feind Identifizierung) zu senden. Verliert ein Pilot
will, sollte das Dokument The Federal Aviation
Administration (FAA) Standard Intercept
Procedure (Standardabfangprozedur der Staat-
lichen Luftfahrtverwaltung FAA) lesen.5
Alle folgenden Zeitangaben erfolgen nach der
Eastern Daylight Time (östliche Tageszeit).
7:59 Uhr: Flug 11 der American Airlines, eine
Boeing 767-223ER mit einer Maximalkapazität
von 181 Passagieren und 90.764 Liter Treibstoff,
startet auf dem Logan International Airport in Bo-
ston, Massachusetts. Zielort ist der Los Angeles
International Airport. Die geplante Abflugzeit war
7:45 Uhr.
Es heißt, an Bord dieses Fluges seien 92 Opfer
gewesen, doch wenn man die auf CNN.com ver- Das Weiße Haus: Opfer oder Täter?

278 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


sein Transponder-Signal, so macht ihn die Luftverkehrskon- nuten hätten erreichen können, was bedeutet, daß sie zwi-
trolle sofort darauf aufmerksam, da ihr der Flugzeug-Code schen 8:42 und 8:44 Uhr dort gewesen wären.
und die Flughöhe nicht mehr zur Verfügung stehen. Dies Diese beiden F-15 hätten den Flug 11 der American Airlines
verursacht den Lotsen große Schwierigkeiten, insbesondere leicht abfangen können – vorausgesetzt, die Luftverkehrs-
im verkehrsreichsten Luftraum der Erde, dem nordöstlichen kontrolle Boston, die doch bereits um 8:25 mehrere andere
Korridor der USA. Luftverkehrskontrollzentren über die Entführung von Flug 11
Nach 6 Minuten und 30 Sekunden fehlendem Stimmenkon- ins Bild gesetzt hatte, hätte NORAD ebenfalls unterrichtet.
takt sowie angesichts des Ausfalls des Transponder-Signals Warum geschah dies nicht? Oder wurde NORAD sehr wohl
von Flug Nr. 11 gibt es für die FAA keinen Grund mehr, mit unterrichtet, leugnet es aber? Ich wiederhole, daß es NO-
der Einleitung der Standardabfangprozeduren zu zögern. RADs Aufgabe ist, jeden Quadratzentimeter Himmel über
Man hat dies bei dem bekannten Golfer Payne Stewart getan, Nordamerika zu kennen; dementsprechend konnte es dieser
und zwar nur wenige Minuten nach dem Abbruch des Institution unmöglich entgangen sein, daß Flug 11 der Ame-
Sprechkontakts mit seinem Lear-Jet. Warum unterließ man rican Airlines irgendwann zwischen 8:14 und 8:20 Uhr ent-
dies nun hier? Oder hat die FAA die Standardabfangprozedu- führt worden war.
ren tatsächlich angeordnet und NORAD zwischen 8:14 und 8:26 Uhr: Flug 11 der American Airlines hält Westkurs ein;
8:20 informiert? Hat sich NORAD dann untätig verhalten er befindet sich zwischen Albany und Lake George, New
und die Nachricht 26 bis 32 Minuten lang für sich behalten, York, doch dort dreht er plötzlich um 100 Grad nach Süden
bis man schließlich um 8:46 Uhr das 102. Abfanggeschwader ab und nimmt direkt Kurs auf New York City. Die Maschine
auf der Otis Air National Guard Base in Falmouth, Mas- folgt dem Hudson River südwärts, bis sie in die Nordseite
sachusetts, anwies, sich in die Luft zu erheben? Irgendwann des Nordturms des World Trade Centers kracht.
zwischen 8:13:31 und 8:20 Uhr war Flug 11 der American Knapp 40 Meilen nördlich des World Trade Center, am Hud-
Airlines entführt worden, und spätestens um 8:20 Uhr funk- son River, liegt das weitaus verlockendste Ziel für Terrori-
tionierte auch sein Transponder nicht mehr, aber NORAD er- sten in den USA, Indian Point mit seinen drei Kernkraftwer-
teilt Otis erst um 8:46 den Befehl zum Abflug. ken, von denen zwei in Betrieb sind. In diesen drei Atom-
8:20 Uhr: American Airlines Flug 77, eine Boeing 757-223, kraftwerken befinden sich hochradioaktive Abfälle, die sich
mit einer Maximalkapazität von 200 Passagieren und 43.486 im Verlauf von 65 Betriebsjahren angesammelt haben. Auch
Liter Treibstoff, startet von Dulles International Airport, ca. Flug 175 der United Airlines flog nahe an Indian Point vor-
30 Meilen westlich von Washington D. C. und dem Penta- bei; der Abstand betrug lediglich ein paar Flugminuten.
gon, in Richtung Los Angeles International Airport. Der Start Indian Point ist ganze 24 Meilen von der Stadtgrenze von
war auf 8:01 Uhr anberaumt gewesen. Angeblich befinden New York City entfernt. Es liegt in der dichtbevölkertsten
sich 64 künftige Opfer an Bord, doch betrachtet man die offi- Zone Nordamerikas, dem sogenannten nordöstlichen Korri-
zielle Totenliste von CNN.com, findet man nur 56. dor.
8:24:38 Uhr: Der Pilot von Flug 11, John Ogonowski, oder Warum hat Flug 11 der American Airlines das lohnendste
einer der Entführer, aktiviert die Sprechtaste, so daß die Terrorziel in den USA, Indian Point mit seinen Kernkraft-
Luftverkehrskontrolle in Boston einen der Entführer zu den werken, einfach überflogen, anstatt hier abzustürzen und ein
Passagieren sagen hört: nukleares Inferno zu entfachen? (Mehr dazu im Vermerk zu
»Wir haben ein paar Flugzeuge. Verhaltet euch bloß ruhig, den Geschehnissen um 8:39 Uhr.)
und alles ist in Ordnung. Wir kehren zum Flughafen zu- 8:33:59 Uhr: Ein weiterer Funkspruch von Flug 11: »Keiner
rück. Keiner soll sich rühren.« soll sich rühren. Wir kehren zum Flughafen zurück. Keine
Anscheinend hat einer der Entführer das Ansagesystem mit unvorsichtigen Bewegungen, bitte.«
dem Sprechfunksystem verwechselt. Die Luftverkehrskon- 8:36 Uhr: Ein NORAD-Sprecher, Major Mike Snyder, soll
trolle antwortet: »Wer versucht mich anzurufen?« Berichten zufolge gesagt haben, der FAA habe NORAD ca.
8:25 Uhr: Die Luftverkehrskontrolle Boston unterrichtet zehn Minuten vor dessen Aufprall im World Trade Center
mehrere Luftkontrollzentren, daß Flug 11 der American Air- über die Entführung von Flug 11 in Kenntnis gesetzt.
lines entführt worden ist. Vor mehr als 11 Minuten hat die 8:37 Uhr: Flugkontrolleure bitten die Piloten von Flug 175
Luftverkehrskontrolle Boston erstmals die Verbindung mit der United Airlines, Ausschau nach der vom Kurs abgekom-
Flug 11 verloren. Warum dauerte es so lange bis zur Einlei- menen Maschine des Flugs 11 zu halten, die sich ca. 10 Mei-
tung der vorschriftsmäßigen Prozedur? Warum hat man NO- len weiter südlich befinden muß. Die Piloten entgegnen, sie
RAD nicht auch gleich unterrichtet? Oder hat man dies getan? könnten das Flugzeug sehen. Sie erhalten Anweisungen, Di-
Falls die Vorschriften eingehalten und NORAD um 8:25 stanz zu halten. Dieser Zwischenfall wird in dem Transkript
alarmiert wurde, und wenn sich NORAD seinerseits an das der von den Fluglotsen geführten Gespräche, die in der New
Reglement hielt und dem 102. Abfanggeschwader auf der York Times veröffentlicht worden sind, nicht erwähnt. War-
Otis National Guard Base in Falmouth, Massachusetts bei- um nicht?
spielsweise um 8:26 Uhr den Startbefehl erteilte, mußten 8:38 Uhr: Luftverkehrskontrolle Boston informiert NORAD,
zwei Maschinen des Typs F-15 nicht später als um 8:32 Uhr daß Flug 11 der American Airlines entführt worden ist.
in der Luft sein und das World Trade Center wenigstens 14 8:39 Uhr: Flug 11 der American Airlines befindet sich nun
Minuten und 26 Sekunden erreichen, bevor Flug 11 um direkt über dem verheißungsvollsten Terroristenziel der
8:46:26 Uhr in den Nordturm krachte. Wenn diese beiden F- USA, den drei Kernkraftwerken von Indian Point. Wie be-
15-Maschinen mit Höchstgeschwindigkeit flogen, waren 14 reits erwähnt, sind zwei davon in Betrieb, und zwar seit 1973
Minuten und 26 Sekunden genau das Doppelte der Zeit, die und 1976, während das dritte abgeschaltet ist. Zur Erinne-
sie zum Erreichen des World Trade Center benötigten. Auch rung: Indian Point ist nur 24 Meilen von der New Yorker
ein Otis-Sprecher hat eingeräumt, daß die beiden Flugzeuge Stadtgrenze und ungefähr 40 Meilen vom World Trade Cen-
vom Typ F-15 das World Trade Center in zehn bis zwölf Mi- ter entfernt.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 279


Wäre Flug 11 auf eines der drei Kernkraftwerke abgestürzt, 8:40 Uhr: Die Federal Aviation Administration (FAA) unter-
so wäre eine ungeheure Menge radioaktiver Strahlung freige- richtet NORAD, Flug 11 der American Airlines sei entführt
setzt worden. Da dort nukleare Abfälle von 65 Betriebsjahren worden. NORAD selbst hat offiziell zugegeben, um diese
aufbewahrt werden, hätte ein solcher Absturz unter Umstän- Zeit von den Geschehnissen in Kenntnis gesetzt worden zu
den den vorzeitigen Tod von bis zu 20 Millionen Menschen sein. Wie bereits früher hervorgehoben, hat Flug 11 um
durch Verstrahlung heraufbeschworen. Der ganze nordöstli- 8:13:31 Uhr den Sprechkontakt mit der Luftverkehrskontrolle
che Korridor, von New York City bis Boston, wäre im Nu für verloren, was bedeutet, daß man 26 Minuten und 29 Sekun-
Jahrtausende zu einem Ödland geworden. den lang die Hände in den Schoß gelegt hat. Flug 11 hat sei-
Warum haben die Terroristen, die Flug 11 entführten, diese nen Transponder um 8:20 Uhr ausgeschaltet, was bedeutet,
Gelegenheit versäumt und sind statt dessen noch sieben Mi- daß man zwanzig Minuten lang ungenutzt verstreichen ließ.
nuten lang den Hudson River entlang in Richtung World So etwas kommt in der Praxis einfach nicht vor.
Trade Center geflogen? Erstens hätte die Maschine während Nun hat die FAA also glücklich NORAD über die Entführung
dieser sieben Minuten von Militärflugzeugen abgefangen von Flug 11 informiert. Was tut NORAD? Erteilt es dem 102.
werden können, und zweitens führte das Rammen des World Abfanggeschwader der Otis Air National Guard Base in Fal-
Trade Center, wo die Maschine die Zone zwischen dem 94. mouth, Massachusetts, sofort den Startbefehl? Weit gefehlt –
und dem 98. Stockwerk traf, zum Tod von kaum anderthalb- NORAD behält diese ungeheuer wichtige Information noch
tausend Menschen. volle sechs Minuten für sich. Es passiert vorerst also nichts.
Das Mabuse-Hirn hinter diesen „Terroristen“ hätte gewiß be- 8:41:32 Uhr: United Airlines Flug 175 sendet eine letzte Bot-
griffen, daß ein Angriff auf Indian Point der vernichtendste schaft an die Luftverkehrskontrolle New York: »Wir wollten
Schlag gewesen wäre, den man der stärksten Militärmacht noch etwas abwarten, bis wir uns mit eurem Zentrum in Ver-
der Welt hätte zufügen können. Warum also wurde Indian bindung setzten. Wir haben nach unserem Abflug aus BOS
Point verschont? [Boston] eine verdächtige Botschaft gehört; es klingt so, als
Wenn die Terroristen aber unbedingt das World Trade Center habe jemand das Mikrofon manipuliert und gesagt, jeder solle
angreifen wollten, hätten sie dann nicht besser daran getan, auf seinem Platz sitzen bleiben.«
bis ca. elf Uhr vormittags zu warten, da sich dann rund 8:42 Uhr: Flug 93 der United Airlines, eine Boeing 757-222
50.000 Menschen, oder noch mehr, in den Gebäuden aufge- mit einer Maximalkapazität von 200 Passagieren und 43.486
halten hätten? Außerdem hätte die effizienteste Strategie zur Liter Treibstoff, hebt sich vom Newark International Airport
Tötung einer möglichst großen Zahl von Menschen natürlich ab. Ziel der Reise ist der San Francisco International Airport.
darin bestanden, so tief wie möglich in die Türme zu fliegen, Die geplante Abflugszeit wäre 8:01 Uhr gewesen. Es heißt,
d.h. ca. um den dreißigsten Stock herum. an Bord seien 44 Menschen gewesen, doch auf der offiziel-
Somit haben diese meisterhaft organisierten „Terroristen“ le- len, auf CNN.com veröffentlichten Totenliste figurieren le-
diglich 3.056 Menschen umgebracht, obgleich sie leicht eine diglich 33 Opfer.
zehnmal höhere Zahl hätten töten können. Ähnlich verhält es 8:42 Uhr: Ein Fluglotse meint zum Flug 175 der United Air-
sich im Fall des Angriffs auf das Pentagon. Warum wurde lines, es sehe so aus, als nehme dieser Kurs nach Süden, doch
dieses auf der sogenannten „friedlichen“ Westseite getroffen, sende der Transponder nicht, und niemand melde sich.
wo umfangreiche Bauarbeiten im Gange waren, statt auf der 8:43 Uhr: Die FAA unterrichtet NORAD, daß der Flug 175
Ostseite, wo sich das Kommandozentrum befand? der United Airlines entführt worden sei. NORAD hat offiziell
Zurück zu Indian Point. Nehmen wir an, ein Flugzeug hätte eingeräumt, um 8:43 ins Bild gesetzt worden zu sein. Somit
dieses Ziel verfehlt. Daß gleich zwei Flugzeuge nicht getrof- weiß NORAD nun über zwei Entführungen Bescheid. Flug
fen hätten, ist aber sehr unwahrscheinlich. Flug 175 der Uni- 11 der American Airlines hat sich – siebzehn Minuten nach
ted Airlines war zu einem gegebenen Zeitpunkt ebenfalls nur seinem jähen Schwenk nach Süden – inzwischen über New
einige Flugminuten von Indian Point entfernt. Doch unter der York City niedergesenkt und ist nur noch drei Minuten vom
unrealistischen Annahme, daß auch zwei Flugzeuge den Er- World Trade Center entfernt. Wie reagiert NORAD auf diese
folg der Operation nicht garantiert hätten, wäre noch eine neue Hiobsbotschaft? Erteilt es dem 102. Abfanggeschwader
dritte Maschine zur Verfügung gestanden, nämlich Flug 93 der Otis Air National Guard Base nun endlich den sofortigen
der United Airlines, eine Boeing 757-222, die drei Minuten Startbefehl? Keine Rede davon!
später vom Newark International Airport, New Jersey, nach 8:46 Uhr: NORAD rafft sich nun dazu auf, dem 102. Ab-
San Francisco abfliegen sollte. Den Newark International fanggeschwader Anweisung zum Einsatz zwei seiner F-15-
Airport trennen nur zehn Flugminuten von Indian Point. Kampfflugzeuge zu erteilen. Für den 11. September 2001
Somit hätten drei Passagierflugzeuge Indian Point innerhalb lautete die Mission dieser Einheit wie folgt:
von dreizehn Minuten, zwischen 8:39 Uhr und 8:52 Uhr, tref- »Unsere Flugzeuge und ihre Besatzung sind 24 Stunden
fen können, wenn dies beabsichtigt gewesen wäre. Der ganze pro Tag jederzeit bereit, unseren Himmel zu schützen. Der
nordöstliche Korridor wäre im Handumdrehen zu einer für Verantwortlichkeitsbereich des 102. Abfanggeschwader er-
Jahrtausende strahlenverseuchten Todeszone geworden.9 streckt sich über einen Bereich von mehr als 500.000 Qua-
8:40 Uhr: Nasty und Duff sind die Codenamen der beiden F- dratmeilen mit 90 Millionen Einwohnern, ein Gebiet mit
15-Piloten vom 102. Abfanggeschwader der Otis Air Natio- den großen Industriezentren Boston, New York, Philadel-
nal Guard Base in Falmouth, Massachusetts, die sich mit phia und Washington, D.C.«
großer Verspätung in die Luft erheben und Jagd auf Flug 175 Nach seinen eigenen Angaben war NORAD wenigstens
der United Airlines machen sollten. Nasty berichtet, zu die- sechs Minuten lang über die Entführung von Flug 11 auf dem
sem Zeitpunkt habe ihm ein Kollege mitgeteilt, ein in Boston laufenden, ehe es dem Luftwaffenstützpunkt Otis den Befehl
abgeflogenes Flugzeug sei entführt worden, und es herrsche zur Entsendung der Abfangjäger gab. Im Fall des Fluges 175
Alarm. Die beiden Piloten werfen sich in Montur und ma- verstrichen zwischen dem Erhalt der Entführungsmeldung
chen sich startbereit. und dem Einsatzbefehl immerhin drei Minuten.

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Möglichweise zögerte NORAD bei Flug 11 allerdings über 8 8:49 Uhr: Flug 175 der United Airlines weicht nun vom vor-
Minuten, eventuell 10 Minuten, vielleicht gar 26 Minuten mit geschriebenen Kurs ab.
dem Befehl zum Einsatz der Abfangjäger. Für die zweite Va- 8:50:51 Uhr: Ca. 285 Meilen westlich des Pentagon erfolgt
riante spricht die zuvor zitierte Erklärung des NORAD- der letzte Funkkontakt von Flug 77 der American Airlines.
Majors Mike Snyder (vgl. den Kommentar zu 8:36 Uhr), für 8:52 Uhr: Zwei Flugzeuge des Typs F-15 Eagle, die dem
die zweite die Tatsache, daß um 8:20 Uhr die Transponder- 102. Fighter Wing angehören, haben sich von ihrem Stütz-
Signale von Flug 11 aufhörten. Vergessen wir auch nicht, punkt, der Otis Air National Guard Base in Falmouth, Mas-
daß der letzte Sprechkontakt zwischen Flug 11 und der Luft- sachusetts, in die Luft erhoben. Die Höchstgeschwindigkeit
verkehrskontrolle Boston um 8:13:31 erfolgte, was bedeuten eines solchen Kampfflugzeugs liegt bei 1875+ mph. Laut der
könnte, daß NORAD gar über 32 Minuten verfügte, ehe es New York Times befindet sich Otis 153 Meilen ostnordöstlich
den Einsatzbefehl an Otis gab. des World Trade Center. Innerhalb von 6 Minuten nach dem
Aber auch falls NORAD die Nachricht von der Entführung Erhalt des Einsatzbefehls (8:46 Uhr) sind sie in der Luft. Gu-
von Flug 11 erst um 8:40 Uhr und jene von der Entführung te Arbeit. 38 Minuten nach der Entführung von Flug 11 der
von Flug 175 erst um 8:43 Uhr erhielt, wie kam es dann, daß American Airlines befanden sich endlich Kampfflugzeuge in
es nicht unverzüglich über Otis die Entsendung der Einsatz- der Luft. Doch diese wissen immer noch nicht, daß Flug 11 ins
jäger anordnete? Und da New York City und Washington World Trade Center gekracht ist, oder daß Flug 175 vor drei
unbestrittenermaßen die beiden verlockendsten Ziele für Ter- Minuten eine Schwenkung vollzogen hat und direkt auf New
roristen sind, hätte man da nicht annehmen dürfen, daß der York City zufliegt. Warum hat man ihnen dies vorenthalten?
Luftwaffenstützpunkt Langley um 8:46 Uhr den Befehl zum 8:53 Uhr: Ein Fluglotse berichtet anderen in der Luft befind-
Schutz der US-Hauptstadt hätte erhalten sollen? Doch nein, lichen Flugzeugen, was mit Flug 175 geschehen ist. »Wir
NORAD nahm sich 38 Minuten Zeit und geruhte die Anwei- könnten es mit einer Flugzeugentführung zu tun haben. Wir
sung erst um 9:24 Uhr zu erteilen. Es wird jedem einleuch- haben ein paar ernsthafte Probleme.«
ten, daß da etwas nicht stimmen kann. 8:55 Uhr: Barbara Olson, Passagier von Flug 11, ruft ihren
8:46:26 Uhr: Flug 11 der American Airlines kracht in den Mann an, Generalstaatsanwalt Theodore Olson vom US-
Nordturm des World Trade Center, und zwar in der Zone Justizministerium. Er verfolgt am Fernsehen, was sich im
zwischen dem 94. und dem 98. Stockwerk. Die Flugge- World Trade Center tut. Frau Olson teilt ihm mit, die Entfüh-
schwindigkeit betrug 490 Meilen pro Stunde. rer besäßen Teppichmesser und andere Messer und hätten die
Den Aufprall schilderte der Augenzeuge Lerner-Lam wie Passagiere im hinteren Teil des Flugzeugs zusammengetrie-
folgt: ben. Sie fragt ihn: »Was soll ich dem Piloten sagen, daß er
»Die Maschine sandte Vibrationen aus, die das ganze Ge- tun soll?« Das Gespräch wird unterbrochen, und Olson ruft
bäude durchfuhren, bis in seine Grundfesten und in den das Kommandozentrum des Justizministeriums an, um es
Boden hinein.« über die Entführung zu unterrichten. Frau Olson meldet sich
Laut Seismographen in Lamont-Doherty und anderen Orten ein zweites Mal und sagt ihrem Mann, das Flugzeug vollzie-
erreichten diese Vibrationen den Gegenwert eines Erdbebens he eine Kursänderung. Allem Anschein nach war sie die ein-
der Stärke 0,9. Ein solches Beben ist zu schwach, um wahr- zige Person, die von Flug 77 mit einem Anruf an eine Person
genommen zu werden. am Boden durchkam.
8:46 Uhr: Die Transponder-Signale des Flugs 175 der United 8:56 Uhr: Flug 77 der American Airlines entsendet keine
Airlines hören auf. Transponder-Signale mehr.
8:47 Uhr: Die FAA teilt NORAD mit, daß Flug 11 das World 8:56 Uhr: Flug 77 der American Airlines kommt vom Kurs
Trade Center getroffen hat. Seinen eigenen Angaben zufolge ab und vollzieht über Südohio/Nordostkentucky eine
hat NORAD diese Nachricht nicht an die Piloten der beiden Südwendung um 180 Grad.
Abfangjäger mitgeteilten, die eben vom Stützpunkt Otis ab- 8:57 Uhr: Die FAA setzt das Militär formell davon in Kennt-
hoben. Weshalb nicht? Schließlich befindet sich inzwischen nis, daß Flug 11 ins World Trade Center gekracht ist. Bis zu
ein anderes entführtes Verkehrsflugzeug, Flug 175 der Ame- diesem Zeitpunkt wußten die beiden F-15-Jagdflugzeuge
rican Airlines, bereits in der Nähe von New York City; in vom Stützpunkt Otis nichts von diesem Ereignis, obwohl
zwei Minuten wird es seine Schwenkung vollziehen und di- NORAD bereits zehn Minuten zuvor auf dem laufenden war.
rekt auf New York zusteuern. Warum dauerte es zehn Minuten, bis man die Meldung an die
8:47 Uhr: Joe Pfeiffer, Chef des 7. Bataillons der New Yor- beiden Flieger weiterleitete? Und erfahren diese auch, daß
ker Feuerwehr, sendet einen Notruf aus, in dem er mitteilt, Flug 175 seinen Kurs jäh geändert hat und seit acht Minuten
der Aufprall eines Flugzeugs auf den Nordturm sei kein Un- direkt auf New York City zufliegt? Ach woher.
fall gewesen, sondern ein bewußter Angriff, dessen Ziel es 8:59 Uhr: Flug 77 der American Airlines hat seine Kehrt-
gewesen sei, Massensterben und Verwüstung herbeizuführen. wendung um 180 Grad vollzogen und fliegt direkt zurück in
Während das kleine Videoteam (sein Videofilm, das soge- Richtung Washington D. C. sowie das Pentagon, von dem es
nannte Feuerwehrvideo, zeigt als einziges den Einschlag von noch 330 Meilen entfernt ist.
Flug 11 ins World Trade Center) sowie die Feuerwehrmän- 9:00 Uhr: Die Betriebsaufsicht von United Airlines hat eine
ner, die den Aufprall der ersten Maschine gesehen hatten, an das ganze System umfassende Botschaft ausgesandt, in der
den Ort der Tragödie eilten, sandte Feuerwehrchef Pfeiffer die Piloten vor potentiellen »Eindringlingen ins Cockpit«
Notrufe über Funk und Telefon, wobei er klar festhielt, es gewarnt werden. Flug 93 der United Airlines, der sich über
habe sich um einen »direkten Angriff« gehandelt und nicht Pennsylvania befindet, entgegnet: »Nachricht erhalten.«
um einen Unfall. 9:00 Uhr: Das letzte Radarsignal von Flug 175 der United
8:48 Uhr: Im Fernsehen und Radio melden die ersten Nach- Airlines wird in einer Höhe von 18.000 Fuß verzeichnet. Die
richten, wonach möglicherweise ein Flugzeug ins World Maschine setzt zum Tiefflug an, mit einer Geschwindigkeit
Trade Center geflogen sei. über Grund von 885 km/h.

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9:00 Uhr: Die FAA beginnt, sämtliche Passagierflugzeuge zu »Die F-15-Piloten flogen wie vom Affen gebissen und er-
kontaktieren, um sie vor Entführern zu warnen. reichten über 500 [sic!] Meilen pro Stunde, waren aber
9:00 Uhr: Das Pentagon erhöht seine Alarmbereitschaft um ei- nicht in der Lage, das Passagierflugzeug [Flug 175] einzu-
nen Grad von Normal auf Alpha. Eine weitere Erhöhung er- holen.«
folgt bis nach dem Einschlag von Flug 77 im Pentagon nicht. Das einzige Passagierflugzeug, daß sich ohne IFF-
9:01 Uhr: Präsident Bush gibt folgende Erklärung ab: »Und Transpondersignale in der Luft befindet, ist nun Flug 77 der
ich saß vor dem Klassenzimmer und wollte eben hineingehen, American Airlines, der soeben über Süd-Ohio/Nordost-
als ich ein Flugzeug sah, das in den Turm flog – das Fernse- Kentucky eine Kehrtwendung um 180 Grad vollzogen hat
hen war offenbar eingeschaltet, und da ich selber Pilot war, und seit 8:59 Uhr direkt zurück Richtung Washington mit
sagte ich: „Das ist ein schrecklicher Pilot.“ Und ich sagte: seinem Pentagon fliegt. Warum wurden die beiden Abfang-
„Es muß ein fürchterlicher Unfall gewesen sein.“ Doch dann jäger, die noch 71 Meilen von New York und dem World
führte man mich weg – ich hatte wenig Zeit zum Nachden- Trade Center weg waren, jetzt nicht sofort umgeleitet, um die
ken.« Bush kann aber ganz unmöglich gesehen haben, wie einzige noch in der Luft befindliche gefährliche Maschine
das erste Flugzeug das World Trade Center traf, denn die abzufangen, nämlich Flug 77 der American Airlines? Die
einzige Videoaufnahme, die den Aufprall zeigt, wurde erst beiden F-15 hätten Washington schon lange erreicht, ehe
später im Fernsehen gezeigt. Wie kam Bush also dazu, sich Flug 77 34 Minuten später, um 9:37, Uhr ins Pentagon don-
dergleichen aus den Fingern zu saugen? nerte. Schließlich besteht die Aufgabe der auf Otis stationier-
9:02:54 Uhr: Flug 175 der United Airlines saust in die Süd- ten Jäger darin, den Himmel von Washington D. C. aus in
seite des Südturms des World Trade Center. Der Aufprall er- nördlicher Richtung zu schützen. Angesichts der Tatsache,
folgt in der Zone zwischen dem 78. und dem 84. Stockwerk, daß ihre Höchstgeschwindigkeit bei 1875+ Meilen pro Stun-
und zwar mit einer Geschwindigkeit von über 500 Meilen de liegt, hätten die zwei F-15 die ca. 300 Meilen, die sie von
pro Stunde. Teile des Flugzeugs einschließlich eines Motors der Hauptstadt trennten, in etwa 11 Minuten zurücklegen
durchdringen das ganze Gebäudes und fallen auf dessen können. Es hätte ausgereicht, mit Höchstgeschwindigkeit zu
Nordseite sechs Blöcke weiter auf den Boden. fliegen, und sie wären 23 Minuten vor Flug 77 über dem
Als Flug 175 den Südturm traf, sandte es, so Lerner-Lam, Pentagon gewesen. Doch nicht genug damit: Selbst wenn sie
»Vibrationen aus, die durch das ganze Gebäude liefen, durch lediglich mit der gleichen Geschwindigkeit geflogen hätten,
seine Grundfesten bis in den Boden«. Seismographen in La- mit der sie laut NORAD die letzten 71 Meilen bis zum World
mont-Doherty und anderswo gaben an, die Vibrationen hät- Trade Center zurückgelegt hatten (532.5 Meilen pro Stunde
ten einem Erdbeben von Stärke 0,7 entsprochen. NORAD oder 28,4% der Maximalgeschwindigkeit), hätten sie den
gibt an, zum Zeitpunkt des Aufpralls von Flug 175 im World Wettflug zum Pentagon gewonnen. Warum erhielten die bei-
Trade Center, also um 9:02:54 Uhr, seien die beiden F-15- den F-15 keinen Befehl, schleunigst das einzige noch in der
Maschinen vom Stützpunkt Otis noch 71 Meilen entfernt ge- Luft befindliche Flugzeug abzufangen, von dem man wußte,
wesen. Dies bedeutet, daß sie im Schnitt lediglich mit 23,9% daß es entführt worden war, und das schnurstracks auf die
ihrer Höchstgeschwindigkeit geflogen sind, während sie sich amerikanische Hauptstadt zusteuerte?
anschickten, Flug 175 abzufangen. Doch das ist noch lange nicht alles. Warum haben die zwei
Otis ist 153 Meilen vom World Trade Center entfernt. Die F-15, die das World Trade Center um 9:11 Uhr erreichten
Höchstgeschwindigkeit eines Jagdflugzeugs vom Typ F-15 und inzwischen wußten, daß Flug 77 seit 12 Minuten Wa-
beläuft sich auf 1875+ Meilen pro Stunde. 153 Meilen minus shington ansteuerte, keinen Versuch unternommen, diese
71 Meilen macht nach Adam Riese 82 Meilen, die in den 11 Maschine abzufangen? Ihnen standen bis zum Zeitpunkt, wo
Minuten zwischen 8:52 Uhr und 9:03 Uhr zurückgelegt wur- letztere das Pentagon traf (9:37 Uhr), immer noch satte 26
den. Die Fluggeschwindigkeit war also 447,3 Meilen pro Minuten zur Verfügung. Es hätte ausgereicht, mit 576,9 Mei-
Stunde. Teilt man diesen Wert durch 1875 Meilen pro Stun- len pro Stunde oder 30,8% der Höchstgeschwindigkeit zu
de, so gelangt man zum Ergebnis, daß die Flugzeuge mit nur fliegen. Wofür bezahlen wir diese Herrschaften eigentlich?
23,9% ihrer Höchstgeschwindigkeit flogen. Selbst wenn man Führen wir unseren Gedankengang weiter. Die beiden F-15
berücksichtigt, daß eine Maschine einige Augenblicke hätten bis 9:26 Uhr über dem Himmel von New York verhar-
braucht, um ihre Höchstgeschwindigkeit zu erreichen, ist die- ren und erst dann Kurs auf Washington nehmen können, um
ses langsame Flugtempo unerklärlich. die Hauptstadt samt dem Pentagon zu schützen. Zu jener Zeit
Die folgenden Zitate entstammen einem am 30. August 2002 nahm Flug 77 seit immerhin 27 Minuten Kurs auf Washing-
veröffentlichten BBC-Beitrag. Die zwei entsandten F-15- ton; seit genau einer halben Stunde war sie vom Kurs abge-
Piloten berichteten den Journalisten gegenüber, wie sehr sie kommen, und ihr Transponder sendete keine Signale mehr
sich nach dem Einschlag des ersten Flugzeugs im World Tra- aus. Mit Höchstgeschwindigkeit fliegend, hätten die F-15 das
de Center bemüht hätten, rasch nach New York zu kommen. Pentagon in knapp zehn Minuten erreicht und wären Flug 77
„Duff“ und „Nasty“ erinnerten sich, daß sie nur noch Minu- immer noch um eine Minute zuvorgekommen. Warum ge-
ten von diesem entfernt waren, als das zweite Flugzeug ein- schah dies alles nicht, ihr Herren von NORAD?
schlug. Pilot Duff sagte:10 Ein sehr interessanter Videofilm zeigt möglicherweise, wie
»Ich habe mich lange gefragt, was geschehen wäre, hätten eine F-15 in der Nähe des World Trade Center herumfliegt,
wir den Einsatzbefehl rechtzeitig bekommen. Im Geist ha- gerade als Flug 175 in den Südturm donnert. Warum spricht
ben wir den Flug tausendmal nachvollzogen, und ich weiß niemand von diesem Video?12
nicht, was wir hätten tun können, um rascher hinzukom- 9:03 Uhr: Das Luftverkehrskontrollzentrum Boston ordnet
men.« den Stop sämtlicher Flüge von den ihm unterstehenden Flug-
Vielleicht wäre es hilfreich gewesen, ein wenig schneller zu plätzen in den gesamten New Yorker Luftraum an.
fliegen als mit 23,9% der Höchstgeschwindigkeit? Ein weite- 9:05 Uhr: Andrew Card tritt an Bush heran, während sich
res Zitat von Generalmajor Paul Weaver.11 dieser zusammen mit 16 Schulkindern und deren Lehrerin

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Sandra Kay Daniels in der Emma E. Booker Elementary daß Flug 175 der United Airlines das World Trade Center ge-
School in Sarasota, Florida, eine Geschichte über eine Ziege troffen hat.
anhört. Card flüstert dem Präsidenten ins Ohr: »Ein zweites 9:15 Uhr: American Airlines untersagt jegliche neuen Abflü-
Flugzeug hat das World Trade Center getroffen. Amerika ge in den USA.
wird angegriffen.« Bush (unseres Wissens doch immerhin 9:16 bis 9:20 Uhr: Die FAA teilt NORAD mit, daß Flug 93
Oberkommandierender der US-Streitkräfte) läßt sich zusam- der United Airlines entführt worden ist. (Laut der Pittsburgh
men mit den Kindern noch wenigstens weitere sieben, wenn Post-Gazette war der genaue Zeitpunkt 9:20 Uhr.) Weder so-
nicht gar achtzehn Minuten lang die Ziegengeschichte erzäh- fort noch später werden irgendwelche Jäger als Reaktion in
len. Warum er sich nicht gleich von den Kindern verabschie- die Luft beordert. Daß die beiden F-15-Maschinen, die sich
det und auf die dramatische Lage reagiert hat, ist vollkom- zuvor auf die Jagd nach Flug 77 gemacht hatten, nun Flug 93
men unlogisch und unerklärlich. abzufangen versuchten, ist ausgeschlossen. Aus der von
Dies alles hätte einfach nicht passieren dürfen. Folgendes NORAD selbst erstellten zeitlichen Rekonstruktion der Ge-
hätte geschehen müssen: Sobald der Geheimdienst vom Ein- schehnisse geht unerklärlicherweise nicht hervor, wann man
schlag des Flugs 175 ins World Trade Center erfuhr (im Be- dort von der FAA über die letzte Entführung informiert wur-
wußtsein, daß es sich um einen „terroristischen Akt“ handel- de. Es handelt sich um das einzige der vier Flugzeuge, für
te), hätte er Bush sofort zu einem geheimen Ort bringen sol- das diesbezügliche Angaben fehlen. Weshalb?
len. Es ist schlicht nicht vorstellbar, daß der Geheimdienst 9:17 Uhr. Die FAA erläßt ein Startverbot für alle Flugplätze
Bush an einem Ort – in diesem Fall in der erwähnten Schule in der Gegend um New York City.
– bleiben ließ, wo seine Anwesenheit allgemein bekannt war. 9:20 Uhr: United Airlines ordnet ein Startverbot für das gan-
9:05 Uhr: Die Flugkontrolle von West Virginia bemerkt ein ze Territorium der USA an.
neues, in Richtung Osten fliegendes Flugzeug, das ohne 9:21 Uhr: Die Hafenbehörde von New York City befiehlt die
Funkkontakt und ohne Transponder-Identifizierung in ihre Schließung sämtlicher Brücken und Tunnels in der Gegend
Radarzone eindringt. Man ist sich nicht sicher, ob es sich um von New York City.
Flug 77 der American Airlines handelt. Angeblich warteten 9:22 Uhr: Ein von einem Erdbebenmonitor in Südpennsylva-
die Herrschaften volle 19 Minuten lang, ehe sie NORAD ins nia, 60 Meilen von Shanksville entfernt, registrierter Über-
Bild setzten. schallknall geht vermutlich auf ein Jagdflugzeug zurück, das
Warum hatte NORAD bis 9:05 Uhr keine Jäger aufsteigen die Schallgrenze überschritten hat.13
lassen, um Washington zu schützen? Wie war solch ein 9:23 Uhr: Bush führt Telefongespräche mit Cheney, seiner
groteskes Versäumnis überhaupt möglich? Zu jenem Zeit- nationalen Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice, FBI-Chef
punkt hatten bereits zwei Passagierflugzeuge das World Robert Mueller sowie Gouverneur George Pataki von New
Trade Center getroffen. Neun Minuten zuvor hörte der York. Warum hat Bush von 9:05 Uhr (als ihm Card mitteilte,
Transponder von Flug 77 der American Airlines auf zu Flug 175 sei im World Trade Center eingeschlagen) bis 9:23
funktionieren; die Maschine hatte eine Wendung von 180 Uhr gewartet, bis er sich endlich ans Telefon bequemte? Er
Grad vollzogen und flog seit sechs Minuten direkt auf die hat den Jägern immer noch keine Erlaubnis zum Abschuß
US-Hauptstadt zu. Vielleicht wäre es nun wirklich an der jedweder feindlichen Passagierflugzeuge erteilt. Um Flug-
Zeit gewesen, sich in Erinnerung zu rufen, daß Washington zeuge abzufangen, brauchen Jäger natürlich keine spezielle
neben New York in den Vereinigten Staaten das verlok- Genehmigung – dies hätten sie tun sollen, oder wußten sie
kendste Ziel für Terroristen darstellt. Doch nein, man rea- etwa nicht Bescheid darüber?14 -, doch zum Abschuß eines
giert auch weiterhin nicht. Passagierflugzeugs braucht es einen Befehl vom Präsidenten.
9:06 Uhr: Das Startverbot für Flugzeuge wird auf den ganzen Worauf wartete Bush eigentlich noch?
Nordosten von Washington bis Cleveland ausgedehnt. Das 9:24 Uhr: Die FAA teilt NORAD mit, daß Flug 77 der Ame-
Luftverkehrskontrollzentrum außerhalb von Washington in- rican Airlines entführt worden ist. Sie hat mit dieser Maschi-
formiert sämtliche mit der Luftfahrt in Verbindung stehenden ne den Kontakt verloren, als das Transponder-Signal um 8:56
Institutionen landesweit über die vermutete Entführung von Uhr aufhörte. Warum hat die FAA 28 Minuten lang zugewar-
Flug 11. tet, ehe sie NORAD über die Entführung in Kenntnis setzte?
9:06 Uhr: Die FAA setzt das Militär formell davon in Kennt- Rätsel über Rätsel!
nis, daß Flug 175 der United Airlines entführt worden ist. 9:24 Uhr: NORAD erteilt dem ersten Abfanggeschwader auf
9:08 Uhr: Die FAA erteilt allen in der Luft befindlichen der Langley Air Force Base in Hampton, Virginia, den Befehl
Flugzeugen Anweisungen, den New Yorker Luftraum zu ver- zur Entsendung zweier, möglicherweise dreier F-16-Kampf-
lassen und ordnet die Annullierung sämtlicher geplanten Flü- flugzeuge. Diesmal wartet die Organisation also keine sechs
ge Richtung New York an. Minuten mehr ab, bis sie die Konsequenzen aus der eben erhal-
9:10 bis 9:20 Uhr: Flug 93 der United Airlines wird entführt. tenen Botschaft zieht. Langley liegt 130 Meilen südlich von
9:11 Uhr: Die beiden F-15 Eagles vom Luftwaffenstützpunkt Washington D. C. und dem Pentagon. Die Maximalgeschwin-
Otis haben New York City und das World Trade Center end- digkeit der F-16 beläuft sich auf 1500 Meilen pro Stunde.
lich erreicht. Sie haben also 19 Minuten benötigt, um die 153 Weswegen erhielt Langley den Befehl zur Entsendung der
Meilen zwischen Otis und dem World Trade Center zurück- Flugzeuge nicht um 8:20 Uhr oder um 8:40 Uhr oder um
zulegen, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von nur 8:46:26 Uhr oder allerspätestens um 9:02:54 Uhr? Wie konn-
483,2 Meilen pro Stunde oder 25,8% der Höchstgeschwin- te es NORAD einfallen, nach dem Einschlag von Flug 175 in
digkeit von 1875+ Meilen pro Stunde entspricht. Ein Min- den Südturm noch 21 Minuten zu zaudern, bevor Langley
destmaß an mathematischen Kenntnissen enthüllt die Faden- endlich um 9:24 Uhr den Einsatzbefehl erhielt?
scheinigkeit der von NORAD in seiner Presseerklärung vom Dies allein beweist klipp und klar, daß an der offiziellen Ver-
18. September vorgebrachten Argumente. sion der Ereignisse des 11. September etwas nicht stimmt; an
9:12 Uhr: Die FAA unterrichtet das Militär formell darüber, dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei.

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Unbegreiflicherweise wurde die Andrew Air Force Base, die tionale Tragödie« ereignet. Er werde, so kündet er an, »die
nur ca. elf Meilen vom Pentagon entfernt ist und über zwei Personen, welche diesen Akt begangen haben«, zur Strecke
Abfanggeschwader verfügt, niemals zur Entsendung auch nur bringen, und fügt hinzu:15
eines einzigen Flugzeugs aufgefordert, bis das ganze Drama »Der Terrorismus gegen unsere Nation wird keinen Erfolg
vorüber war. Die Besatzung dieses Stützpunkts muß folglich haben.«
angewiesen worden sein, sich untätig zu verhalten. Dasselbe Es war dies ein Echo der Worte, die sein Vater, George H.
gilt für sämtliche wenigstens 35 Luftwaffenbasen, die sich W. Bush, einige Tage nach der irakischen Besetzung Kuwaits
nahe genug am Ort der Geschehnisse befanden, um diese zu im August 1990 von sich gegeben hatte. »Sie werden damit
verhüten. Sie alle hatten den Befehl zur Untätigkeit erhalten. keinen Erfolg haben«, hatte der alte Bush damals gesagt, und
9:25 Uhr: Luftverkehrskontrolleure unterrichten den Ge- nach der Meinung seines Sohns war das eines seiner größten
heimdienst der Vereinigten Staaten, daß sich Flug 77 der Augenblicke gewesen.
American Airlines der Hauptstadt Washington nähert. Während seiner Ansprache an die Nation versprach Bush
9:26 Uhr: Die FAA ordnet ein landesweites Flugverbot an. ferner eine umfassende Untersuchung des Angriffs. Nun,
Sämtliche bereits gestarteten internationalen Flüge erhalten heute, 16 Monate später, nachdem Bush alles in seinen Kräf-
Order, in Kanada zu landen. ten Stehende zur Verhinderung einer Untersuchung getan
9:26 Uhr: Barbara K. Olsen, Passagierin des Flugs 77, ruft hat, ist endlich eine solche in Gang gekommen. Daß Henry
ihren Gatten, Generalstaatsanwalt Theodore Olsen, abermals Kissinger und George Mitchell als Vorsitzender und Vize-
im Justizministerium an, um ihn über die Entführung auf dem vorsitzender des Komitees zurückgetreten sind, ist hochinter-
laufenden zu halten. Sie berichtet ihm von den Entführern essant. Die Ernennung des Killers Kissingers zum Leiter der
und sagt aus, diese hätten Passagiere und Piloten im hinteren Untersuchungskommission war natürlich eine Garantie dafür
Flugzeugteil zusammengetrieben. Abermals ist sie die einzi- gewesen, daß diese vor keinen noch so schmutzigen Tricks
ge Person, die von Flug 77 anruft. Ist es nicht höchst seltsam, zurückschrecken würde. Hat Kissinger den Handschuh ge-
daß von diesem Flugzeug nur eine einzige Anruferin durch- worfen, weil einige seiner Kunden Gefahr liefen, entlarvt zu
kam, aber dafür gleich zweimal? werden und vor dem Richter zu landen? Lag da vielleicht ein
9:28 Uhr: United Airlines Flug 93: Durch ein offenes Mikro- Interessenkonflikt vor, Henry?
fon an Bord hört man, wie jemand sagt: »Schert euch bloß Bushs Ansprache an die Nation hätte mindestens 15 bis 20
weg von hier!« Minuten früher erfolgen müssen. Doch natürlich hatte der
9:28 Uhr: United Airlines Flug 93: »Es treten die ersten hör- Präsident zuvor wichtigeren Aufgaben gefrönt. Er lauschte ja
baren Anzeichen von Problemen auf, im Cockpit vernimmt mit den ABC-Schützen wenigstens bis 9:12 Uhr, möglicher-
man Hintergrundgeräusche.« Fluglotsen hören über ein offe- weise gar bis 9:23 Uhr, gebannt der Ziegengeschichte.
nes Mikrophon Schreie und Geräusche, die auf ein Handge- 9:30 Uhr: United Airlines ordnet die Landung aller ihr unter-
menge hindeuten. Dann hört man die Entführer auf arabisch stehenden Flüge auf amerikanischem Boden an.
miteinander reden. Doch geschieht dies alles wenigstens acht, 9:32 Uhr: Geheimdienstagenten schneien in Cheneys Büro
vielleicht gar zwölf Minuten, nachdem die Entführer das im Weißen Haus herein. Sie stützen ihn unter den Armen,
Cockpit übernommen haben. wobei sie ihn beinahe vom Erdboden hochheben, und
9:30 Uhr: Zwei, eventuell drei F-16-Flugzeuge des Modells schleppen ihn in den Untergrundbunker im Keller des Wei-
Fighting Falcon mit dem Codenamen Huntress heben vom ßen Hauses. Warum haben sie so lange damit zugewartet?
Stützpunkt Langley ab und fliegen zunächst Richtung New 9:32 Uhr: Die New Yorker Börse wird geschlossen.
York City. Ein paar Minuten nach ihrem Start ereignet sich 9:33 Uhr: Laut der New York Times brach der Kontakt mit
laut General Haugen folgendes: »Eine Person kam ans Funk- Flug 77 der American Air Lines um 8:56 ab, als der Trans-
gerät, gab sich als Angehöriger des Geheimdienstes aus und ponder jener Maschine verstummte. Die Luftverkehrskontrol-
sagte: „Ich will, daß ihr das Weiße Haus um jeden Preis le Washington sieht auf den Radarschirmen einen sich rasch
schützt.“« Die F-16 änderten ihren Kurs und flogen nun auf bewegenden Fleck und sandte eine Warnung an den Dulles
Washington zu. Da sowohl Washington als auch New York Airport in Washington. Ist es überhaupt denkbar, daß ein
nördlich von Langley liegen, und sich die Kursänderung we- Flugzeug im amerikanischen Flugraum für volle 37 Minuten
nige Minuten nach dem Abflug vollzog, kann dies kein einfach verschwindet?
Grund dafür gewesen sein, daß diese F16-Jäger so langsam 9:35 Uhr: Flug 93 der United Airlines kommt bei Cleveland,
flogen. Ohio, vom Kurs ab, vollzieht eine Schwenkung um 135 Grad
Warum wurden diese Jäger zuerst nach New York entsandt, und fliegt nun Richtung Südosten. Die Maschine befindet
wenn Flug 77 der American Airlines doch seit bereits minde- sich 375 Meilen von Newark, New Jersey, entfernt. Von ih-
stens 31 Minuten schnurstracks auf Washington zuflog und rem neuen Ziel, Washington, trennen sie noch 280 Meilen.
der Transponder der Maschine sowie die anderen Kommuni- Laut der Nachrichtensendung ABC News funkte kurz vor der
kationssysteme schon seit 34 Minuten ausgeschaltet waren? Richtungsänderung dieses Flugzeugs jemand im Cockpit und
Es gibt inzwischen keine anderen Passagierflugzeuge mehr, ersuchte die FAA um einen neuen Flugplan mit Bestim-
die mit ausgeschalteten Transpondern irgendwohin fliegen. mungsort Washington. Dies hätte alle Alarmglocken läuten
Um 9:25 Uhr haben die Fluglotsen den Geheimdienst der lassen sollen, da ein Flugzeug, das sich in Not befinden,
USA in Washington bereits darüber informiert, daß Flug 77 normalerweise den nächstgelegenen Flughafen anpeilt.
sich der Hauptstadt unerbittlich nähert. Warum düsen die F- 9:35 Uhr: Die ersten American-Airlines-Flüge beginnen auf
16-Jäger unter diesen Umständen erst nach New York? Flughäfen in den USA zu landen.
9:30 Uhr: Bush hält aus der Emma E. Booker Elementary 9:36 Uhr: Der Ronald Reagan Washington National Airport
School in Sarasota, Florida, eine Ansprache an die Nation. Er erteilt einem eben von der Andrew Air Force Base gestarte-
sagt, das Land sei zur Zielscheibe eines »anscheinend terro- ten Militärflugzeug des Modells 130, einen Versuch zur
ristischen Anschlags« geworden, und es habe sich eine »na- Identifizierung von Flug 77 der American Airlines zu unter-

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nehmen. Die C130 meldet, es handle sich um eine Boeing rasota aufgefordert werden müssen, wo sich der Präsident be-
767, die sich in geringer Höhe und mit großer Geschwindig- fand, doch unverständlicherweise unterblieb dies.
keit bewege. Um 8:56 Uhr war der Transponder von Flug 77 der American
9:37 Uhr: Flug 77 verschwindet von den Radarschirmen und Airlines verstummt, also 41 Minuten vor dem Einschlag im
rast in die Westseite des Pentagon. Diese Sektion des Gebäu- Pentagon. Neben jenen von Otis und Langley hätten auch die
des enthält hauptsächlich unlängst renovierte, leere Büros. Jäger von Tyndall rechtzeitig an Ort und Stelle sein können.
Laut dem Pentagon selbst erfolgte der Aufprall um 9:37 Uhr, 9:38 Uhr: Flug 93 der United Airlines vollendet seine
nach anderen Berichten freilich später, um 9:40 oder um 9:43 Schwenkung um 135 Grad und fliegt nun direkt auf Wa-
Uhr, laut der New York Times gar um 9:45 Uhr. shington zu.
Um 9:37 Uhr hatte NORAD gemeldet, die F-106-Jäger aus 9:40 Uhr: Der Transponder von Flug 93 verstummt.
Langley seien immer noch 105 Meilen oder 12 Flugminuten 9:40 Uhr: Verkehrsminister Norman Y. Mineta, der vom
vom Pentagon entfernt. Dies bedeutet unglaublicherweise, Weißen Haus in den Bunker bestellt worden ist, stand in
daß die Maschinen mit sage und schreibe 14,3% ihrer permanenter Verbindung mit dem Operationszentrum der
Höchstgeschwindigkeit flogen, während sie versuchten, Flug Federal Aviation Administration und verfolgte, wie Flug 77
175 vor seinem Aufprall im Pentagon anzufangen. Hätten die auf Washington zusteuerte, wobei alle sieben Sekunden Ra-
Maschinen ihre Höchstgeschwindigkeit eingehalten, so wä- darsignale gesendet wurden. Man meldete, die Maschine sei
ren sie genau um 9:37 Uhr an Ort und Stelle gewesen. noch 50 Meilen entfernt, dann noch 30 Meilen, dann noch 10
Langley ist 130 Meilen vom Pentagon entfernt. Die Maxi- Meilen – bis man im Bunker erfuhr, daß es im Pentagon eine
malgeschwindigkeit der F-16 beträgt 1500 Meilen pro Stun- Explosion gegeben hatte.
de. Zieht man von 130 Meilen 105 Meilen ab, so bleiben Mineta schrie Monte Belger von der FAA durchs Telefon an:
nach Adam Riese noch 25 Meilen übrig, die man in 7 Minu- »Monte, hol alle Flugzeuge vom Himmel.« Es war dies ein
ten zurücklegen konnte. Die um 9:30 gestarteten Maschinen beispielloser Befehl, denn damals befanden sich 4.546 Flug-
hätten demnach um 9:37 am Ziel sein können. 60 Minuten zeuge in der Luft. Belger, stellvertretender und handlungsbe-
dividiert durch 7 Minuten ergibt 8,57. Multipliziert man die- vollmächtigter Verwalter der FAA, erinnerte Mineta daran,
sen Wert mit den 25 zurückgelegten Meilen, gelangt man daß die Piloten von Passagierflugzeugen in solchen Fällen
zum Ergebnis, daß die Flugzeuge mit einer Geschwindigkeit die Befugnis besitzen, selbst zu entscheiden. »Wir überlassen
von 214,3 Meilen pro Stunde geflogen sind, also mit 14,3% es dem jeweiligen Piloten, ob die Flugzeuge landen«, sagte
der Höchstgeschwindigkeit. Wie in drei Teufels Namen Belger dem Minister. »Ich scheiße auf die Befugnis der Pilo-
konnten diese beiden F-16 bloß bei der Jagd auf Flug 77 mit ten«, heulte Mineta. »Sorgen Sie gefälligst dafür, daß diese
einem Siebtel ihrer Höchstgeschwindigkeit fliegen? Selbst gottverdammten Flugzeuge landen!«
wenn es stimmt, daß sie zuerst Kurs auf New York einschlu- Die FAA untersagte sämtliche Abflüge von amerikanischen
gen, liefert dies keine Erklärung für ihr unglaublich langsa- Flughäfen und wies alle in der Luft befindlichen Flugzeuge
mes Tempo, da sie schon wenige Minuten nach ihrem Abflug an, auf dem nächsten Flughafen zu landen. Kein Zivilflugzeug
Befehl zur Kursänderung auf Washington bekamen und so- durfte sich mehr in die Luft erheben. Nur militärische und me-
wohl Washington als New York fast genau gleich weit nörd- dizinischen Zwecken dienende Flüge waren noch erlaubt.
lich von Langley liegen. 9:42 Uhr: Mark Bingham, Passagier von Flug 93, ruft seine
Von den sieben rund um die Uhr voll einsatzbereiten Luft- Mutter an: »Mama, hier spricht Mark Bingham« sagt er ner-
waffenstützpunkten lagen weitere drei in Reichweite Wa- vös. »Du sollst wissen, daß ich dich liebe. Ich rufe vom Flug-
shingtons: Tyndall AFB in Panama City, Florida, liegt 800 zeug aus an. Wir sind entführt worden. Es sind drei Männer
Meilen von der Hauptstadt entfernt; nach ihrem Start und an Bord, die behaupten, sie hätten eine Bombe.«
dem Erreichen der Höchstgeschwindigkeit hätten die dorti- 9:45 Uhr: Bushs Fahrzeugkolonne verläßt die Emma E. Booker
gen Flugzeuge Washington in 35 bis 40 Minuten erreichen Elementary School in Sarasota und begibt sich zum Präsiden-
können. Homestead ARB in Florida trennen 1000 Meilen tenflugzeug auf dem Sarasota-Bradenton International Airport.
von der Hauptstadt, die, war die Höchstgeschwindigkeit erst 9:45 bis 9:48 Uhr: Das Kapitol sowie das Weiße Haus wer-
einmal erreicht, in 45 bis 50 Minuten zu erreichen gewesen den evakuiert.
wäre. Schließlich beträgt die Entfernung zwischen Washing- 9:47 Uhr: US-Militärbefehlshaber in aller Welt erhalten den
ton und Ellington ANG in Houston, Texas, 1250 Meilen, und Befehl, ihre Alarmbereitschaft um vier Punkte auf „Delta“ zu
diese Distanz wäre in 55 bis 60 Minuten zu überbrücken ge- erhöhen, was der Höchststufe entspricht. Verteidigungsmini-
wesen. ster Donald Rumsfeld erhöht die Kampfbereitschaft der USA
Man wird sich erinnern, daß NORAD um 8:40 Uhr von der auf Stufe DefCon 3, die höchste seit dem arabisch-
FAA über die Entführung von Flug 11 und um 8:43 Uhr über israelischen Krieg von 1973. Hochrangige US-Beamte sen-
die Entführung von Flug 175 unterrichtet worden war. NO- den auch eine Botschaft an die Russen, die eben mit Militär-
RAD räumt somit ein, volle 54 Minuten vor dem Einschlag manövern in der Nähe von Alaska beginnen wollen und bit-
von Flug 77 ins Pentagon über die Entführung beider Ma- ten sie um eine Überdenkung ihrer Pläne.
schinen Bescheid gewußt zu haben. Ganz abgesehen von Otis 9:49 Uhr: Die F-16-Maschinen aus Langley erreichen endlich
ANG, das (um 8:52 Uhr) bereits Jagdflugzeuge entsandt hat- Washington, wo sie über der Stadt patrouillieren. Sie haben
te, und Langley AFB (das seinen Abfangjägern um 9:24 den 19 Minuten benötigt, um vom 130 km südlich gelegenen
Startbefehl erteilte; um 9:30 waren sie dann in der Luft), hät- Langley zur Hauptstadt zu fliegen. Hätten sie Höchstge-
ten Kampfflugzeuge von Tyndall AFB und Homestead ARB schwindigkeit eingehalten, so wären sie ungefähr um 9:37
vor Flug 77 am Pentagon sein können; jene von Ellington Uhr dort gewesen, also zu jenem Zeitpunkt, zu dem das Pen-
ANG besaßen zumindest eine Außenseiterchance. Selbstver- tagon von Flug 77 getroffen wurde.
ständlich hätten zumindest die beiden Basen in Florida, Tyn- Daß sie Washington erst um 9:49 erreichten, weist darauf
dall und Homestead zur Entsendung von Maschinen nach Sa- hin, daß ihre Durchschnittsgeschwindigkeit bei lediglich

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410,5 Meilen pro Stunde lag. Bei ihrem Versuch, die Haupt- Eine Notrufzentrale in Pennsylvania erhält einen Anruf seitens
stadt der Nation zu schützen, flogen die Piloten also nur mit eines Passagiers von Flug 93. Dieser sagt: »Wir werden ent-
27,4% ihrer Maximalgeschwindigkeit. (Diese beträgt 1500 führt!«
Meilen pro Stunde. 60 Minuten dividiert durch 19 Minuten 9:58 Uhr: Ein aufgeregter Passagier an Bord von Flug 93 der
ergibt 3,16. Multipliziert man diesen Wert mit 130 Meilen, so United Airlines ruft die Notrufnummer 911 an. Er teilt dem Te-
kommt man auf 410,5 Meilen pro Stunde, was 27,4% von lefonisten – der Glen Cramer heißt – mit, er habe sich in einer
1500 Meilen pro Stunde entspricht.) der Toiletten eingeschlossen. Cramer sagte in einem am 11.
Die F-16 sind um 9:30 gestartet, d.h. 43 Minuten nach dem September ausgestrahlten Bericht, der Passagier habe eine vol-
Aufprall von Flug 11 im Nordturm und 27 Minuten nach je- le Minute lang gesprochen. »Wir werden entführt, wir werden
nem von Flug 175 im Südturm. In voller Kenntnis dieser Tat- entführt«, habe er in sein Mobiltelefon geschrien. »Wir haben
sache fliegen die Piloten mit 27,4% ihrer Höchstgeschwin- uns dies mehrmals bestätigen lassen«, unterstrich Cramer,
digkeit, um Flug 77 abzufangen und eine ähnliche Tragödie »und wir haben ihn gebeten, zu wiederholen, was er sagte. Er
in Washington zu verhüten! Wie erklärt sich dies? war ganz verzweifelt. Er sagte, seiner Meinung nach werde das
Wozu dient überhaupt eine Höchstgeschwindigkeit von Flugzeug abstürzen. Er habe eine Art Explosion gehört und
1875+ bzw. 1500 Meilen pro Stunde, wenn die Flugzeuge zu weißen Rauch aus dem Flugzeug dringen sehen, wisse jedoch
einem Zeitpunkt, wo man sie dringend braucht, weil die USA nicht wo. Und dann brach der Kontakt ab.« Es war dies der
angegriffen werden, nur mit einem Viertel dieses Tempos letzte Mobiltelefonanruf eines Passagiers der entführten Ma-
fliegen? schinen.
Betonen wir es nochmals: Die US-Luftwaffe ist die techno- 9:59 Uhr: Das Präsidentenflugzeug startet von Sarasota-
logisch fortgeschrittenste und überlegenste militärische Bradenton International Airport in Florida nach Washington,
Streitkraft, welche die Menschheit je gekannt hat. Nichtsde- und zwar ohne zusätzlichen Militärschutz. Dies spricht jeder
stoweniger will man uns einreden, wir hätten an jenem Mor- Logik Hohn. Zwei der sieben an jenem Tag voll einsatzberei-
gan keinerlei andere Kampfflugzeuge gehabt, die sich weni- ten Militärstützpunkte, deren Zweck im Schutz des nordameri-
ger als 1000 Meilen von New York City und Washington kanischen Kontinents besteht, liegen in Florida. Die Home-
entfernt auf Routinepatrouillen oder Trainingsflügen befun- stead Air Reserve Base liegt 185 Meilen, die Tyndall Air Force
den haben. Ich habe mit etlichen Angehörigen der Luftwaffe Base in Panama City 235 Meilen von Sarasota entfernt. Diese
gesprochen, und alle haben mir bestätigt, daß dergleichen ein beiden Stützpunkte hätten um 8:20 Uhr, oder um 8:40 Uhr,
Ding der Unmöglichkeit ist. Zu jedem beliebigen Zeitpunkt oder um 8:43 Uhr, oder um 8:46:26 Uhr, oder um 9:02:54 Uhr,
gibt es Kampfflugzeuge, die Routinepatrouillen fliegen oder oder um 9:24 Uhr, oder allerspätestens um 9:37 Uhr den Be-
an Übungen teilnehmen. Wo waren sie am 11. September fehl erhalten müssen, ihre Jäger zu entsenden. Innerhalb von 16
2001? bis 18 Minuten hätten sie in Sarasota sein können, um das Prä-
Schließlich: Weswegen hat sich die Luftwaffe nicht an ihre sidentenflugzeug zu schützen. Selbst wenn man mit dem Ein-
Standardprozeduren gehalten und sogleich Flugzeuge ent- satzbefehl an die Jäger bis 9:37 Uhr gezögert hätte, als das Pen-
sandt, um wenigstens eine der vier entführten Maschinen ab- tagon getroffen wurde, hätten sie vier bis sechs Minuten vor
zufangen, wie man es für den verstorbenen großen Golfspie- dem Start der Präsidentenmaschine zur Stelle sein können. Was
ler Payne Stewart getan hat, als sein Lear Jet vom Kurs ab- war mit den Jagdflugzeugen auf diesen beiden Stützpunkten
kam? Immerhin ging es diesmal nicht um einen bedauerli- los? Hatte man an jenem Morgen dringlichere Aufgaben zu er-
chen Zwischenfall in Oshkosh, Wisconsin, sondern um New ledigen als den Schutz des Präsidentenflugzeugs? Warum stellt
York City und die US-Hauptstadt Washington. Erstere Stadt außer mir niemand diese Fragen?
war eine Stunde und dreiundzwanzig Minuten vollkommen Am 30. August 2002 vermeldete BBC:17
ungeschützt (von 8:14 bis 9:37 Uhr), letztere eine Stunde und »Unmittelbar nach den Terroranschlägen erhoben sich
fünfunddreißig Minuten – und dies in einem Land, dessen US-Kampfflugzeuge in die Luft, um Amerika gegen weitere
Luftwaffe jener aller anderen Länder turmhoch überlegen ist. Schläge zu verteidigen. Ihre Mission bestand darin, Präsi-
Warum war diese Luftwaffe am 11. September zahnlos? dent George W. Bush zu schützen und jedes entführte Flug-
Die beiden entsandten Jägergruppen, die F-15 von Otis und zeug zu stellen, das ein anderes Ziel in den USA ansteuer-
die F-16 von Langley, wurden nur zu Dekorationszwecken in te.«
die Luft beordert. Die Öffentlichkeit sollte den Eindruck er- 9:59:04 Uhr: Der Südturm des World Trade Center stürzt
halten, die Piloten hätten tapfer versucht, die vier entführten plötzlich ein. Eine gewaltige Staub- und Schuttwolke senkt
Maschinen abzufangen. Dies ist die einzig mögliche Erklä- sich im Nu über Untermanhattan. Später heißt es, der Einsturz
rung. Unsere Luftwaffe hatte am 11. September den Befehl sei nicht direkt durch den Aufprall heraufbeschworen worden,
erhalten, nichts zu tun. sondern durch die große Hitze des brennenden Flugzeugtreib-
9:55 Uhr: Bush erreicht den Sarasota-Bradenton International stoffs, welche die Stahlstützgerüste der Betonböden ge-
Airport und besteigt die Präsidentenmaschine.16 schwächt habe. Die Türme wurden aber so gebaut, daß sie der
9:55 Uhr: Im Bunker des Weißen Hauses sagt ein militärischer Wucht einer in sie prallenden Boeing 707 widerstehen konn-
Assistent zu Cheney: »Ein vom Kurs abgekommenes Flugzeug ten. Die Boeing 767 trägt praktisch die gleiche Menge Treib-
befindet sich 80 Meilen von hier. Wir haben ein Kampfflugzeug stoff wie die Boeing 707.18
in der Gegend. Sollen wir ihm den Befehl erteilen, die Maschi- 10:00 Uhr: Bill Wright sitzt am Steuer eines kleinen Flug-
ne zu stellen?« Cheney bejaht die Frage sofort. Während sich zeugs. Ein Fluglotse bittet ihn, aus dem Fenster zu blicken.
das Kampfflugzeug dem Flug 93 der United Airlines immer Er sieht Flug 93 der United Airlines in drei Meilen Entfer-
mehr nähert, wird die Frage an Cheney zweimal wiederholt, nung – nahe genug, um das Wappen der United Airlines zu
und jedesmal antwortet er mit Ja. erkennen. Die Luftverkehrskontrolle fragt Wright, auf wel-
9:59 Uhr: An Bord von Flug 93 der United Airlines kommt es cher Höhe sich die Maschine befinde, und weist ihn dann an,
zu einem Handgemenge zwischen Entführern und Passagieren. sich von ihr zu entfernen und sofort zu landen. Wright sah

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Flug 93 drei- oder viermal hin- und herschaukeln, bevor er »Während der ganzen Jahre, als ich beim Pentagon war,
dem Befehl stattgab. Er meint, vielleicht hätten die Entführer hätte so etwas nicht geschehen können. ATC-Radarbilder
versucht, angreifende Passagiere zurückzuschlagen. waren (und sind) in den unterirdischen Teilen des Penta-
10:00 Uhr: NRC weist sämtliche Kernkraftwerke an, die gon verfügbar, und jedes Passagierflugzeug, das sich nä-
höchste Alarmstufe zu verhängen. her als 300 Meilen bei Washington befunden und plötzlich
10:01 Uhr: Die FAA erteilt den Startbefehl für F-16-Kampf- auf die Hauptstadt Kurs genommen hätte oder das seinen
flugzeuge in Toledo, Ohio. Obwohl dort keine Alarmbereit- Transponder ausgeschaltet und auf Signale der Luftver-
schaft rund um die Uhr herrscht, erheben sich die Jäger be- kehrskontrolle nicht geantwortet hätte, wäre binnen Minu-
reits nach 16 Minuten in die Luft – eine hervorragende Lei- ten von mit Überschallgeschwindigkeit fliegenden Jägern
stung. Freilich sind seit dem Absturz des letzten entführten vom Luftwaffenstützpunkt Andrews AFB gestellt worden.
Flugzeugs nun schon 11 Minuten vergangen. Warum Andrews keine Jäger entsandt hat, will mir einfach
Beachtung verdient folgende Tatsache: Daß keine Jäger von nicht in den Kopf. Wenn wir früher innerhalb von sechs
näher bei den entführten Flugzeugen befindlichen Basen ent- Minuten Kampfflugzeuge alarmieren und starten lassen
sendet worden sind, erklärt NORAD damit, das die Organisa- konnten, so können wir dies auch heute noch.«
tion lediglich Stützpunkte benutze, die Teil des NORAD- Bald nach dem 11. September setzte sich ein Fluglotse in
Verteidigungsnetzwerks bildeten (sieben dem Schutz des New Hampshire über das Verbot hinweg, mit den Medien zu
kontinentalen Teils der USA dienende Basen waren in stän- sprechen. Dem Vernehmen nach sagte er, ein F-16-
diger Alarmbereitschaft). Der Stützpunkt Toledo gehörte Kampfflugzeug sei »Flug 93 der United Airlines dicht ge-
nicht zum NORAD-Netzwerk und erhielt doch um 10:01 Uhr folgt«. Die F-16 »vollzog Kehrtwendungen um 360 Grad, um
den Befehl zur Entsendung von Jagdflugzeugen. Warum war nahe bei dem Passagierflugzeug zu bleiben«. Der Jägerpilot
dies nicht schon mindestens eine Stunde zuvor geschehen? müsse »alles gesehen haben«, meinte der Fluglotse zum Ab-
Könnte es womöglich sein, daß dies in der Tat der Fall gewe- sturz von Flug 93.
sen war und jenes Flugzeug, das Flug 93 verfolgte, aus Tole- Was ist mit unserem ersten Amendment passiert? Warum
do kam? Unbeachtet von den Medien, hat ein Seismologe gibt es zu den Ereignissen des 11. September 2001 in den
vermeldet, um 9:22 habe es in West-Pennsylvania einen USA keine freie und offene Debatte? Ich, Mark Elsis, bin be-
Überschallknall gegeben. Könnte es sich dabei um ein reit, mit jedermann vor jedem beliebigen Forum darüber zu
Kampfflugzeug gehandelt haben, das sich auf die Jagd nach diskutieren. Gibt es einen unerschrockenen Kontrahenten, der
Flug 93 machte? mit mir die Klingen kreuzen und darüber debattieren will,
10:02 Uhr: Nach einer Kontrolle von Radarbändern wird bei was an jenem Tag tatsächlich geschehen ist?
Shanksville, Pennsylvania, ein Radarsignal von Flug 93 der © 8. Januar 2003
United Airlines entdeckt.
10:03 Uhr: Laut dem FBI verstummt der Cockpit- Anmerkungen
Stimmenrecorder, und Flug 93 der United Airlines stürzt bei 1
Siehe www.norad.mil/newsreleases/news_rel_09_18_01.htm; siehe auch
Shanksville, Pennsylvania, in Somerset County ca. 80 Meilen den AP-Artikel zur NORAD-Presseerklärung:
südöstlich von Pittsburgh ab. www.attackonamerica.net/8minutesaway.htm
2
10:04 Uhr: Johnstown-Cambra County Airport meldet, daß www.warresisters.org/piechart.htm.
3
www.af.mil/news/airman/1299/home2.htm.
Flug 93 der United Airlines sich 15 Meilen weiter südlich be- 4
Auf folgender Website findet man die Namen der sieben in voller Alarm-
finde. bereitschaft befindlichen sowie der weiteren 28 in Reichweite der An-
10:06:05 Uhr: Gemäß seismologischen Daten stürzt Flug 93 griffsziele liegenden Luftwaffenstützpunkte:
der United Airlines bei Shanksville, Pennsylvania, in Somer- www.StandDown.net/USAFbases.htm.
5
set County ca. 80 Meilen südöstlich von Pittsburgh ab. Die www.standdown.net/FAAStandardInterceptProcedures.htm.
6
Man gehe zu www.attackonamerica.net/, dort weiter zur Sektion »Evi-
Entfernung zu Washington beträgt 124 Meilen, die man bei dence« und dann weiter nach unten bis: AA11 Passenger List, UA 175
500 Meilen Stundengeschwindigkeit in ca. 15 Minuten zu- Passenger List, AA 77 Passenger List und UA 93 Passenger List. Man gehe
rücklegen kann. Ein Augenzeuge berichtet, er habe ein wei- zu jedem beliebigen dieser vier Links und zähle die Passagiere selbst.
7
ßes Flugzeug gesehen, das einem Kampfflugzeug glich und Boeing 767 Seating Charts:
www.boeing.com/commercial/767family/pf/pf_seating_charts.html
unmittelbar nach dem Absturz über der Unglücksstelle seine Boeing 757 Seating Charts:
Kreise zog. www.boeing.com/commercial/757family/pf/pf_seating_charts.html.
8
Die F-16-Maschinen von Langley AFB haben Washington www.standdown.net/FAAStandardInterceptProcedures.htm
9
um 9:49 Uhr erreicht. Wie schon hervorgehoben, beläuft sich »Jet [757 / 767] Could Wreck TMI [Three Mile Island], NCR [Nuclear
Regulatory Commission] Admits«,
die Maximalgeschwindigkeit dieses Flugzeugtyps auf 1500 www.AttackOnAmerica.net/JetCouldWreckNuclearNRCAdmits.htm.
Meilen pro Stunde. Nachdem Flug 77 um 9:37 Uhr das Pen- 10
»US Considered „Suicide Jet Missions“«,
tagon getroffen hat, befindet sich nur noch eine Maschine mit news.bbc.co.uk/1/hi/world/americas/2222205.stm
11
verstummtem Transponder in der Luft, und die fliegt schnur- »National Guard Fighters Raced After 2 Airliners«,
stracks Richtung Washington – Flug 93 der United Airlines. www.staugustine.com/stories/091601/ter_0916010027.shtml
12
www.MyCountryRightOrWrong.net/F-15.htm
Wären die F-16 mit Höchstgeschwindigkeit geflogen, so hät- 13
www.worldnetdaily.com/news/article.asp?ARTICLE_ID=30682
ten sie das entführte Passagierflugzeug innerhalb von 5 bis 8 14
www.attackonamerica.net/ignorad.htm
15
Minuten gestellt, je nachdem, um wieviel Uhr sie gestartet http://www.AttackOnAmerica.net/BushAtEmmaEBookerSchool.mov.
16
waren. Warum haben sie keinen diesbezüglichen Versuch un- Wir haben eine Videoaufnahme von Bush, wie er am Sarasota-Bradenton
International Airport ankommt; darauf ist auch zu sehen, wie Air Force
ternommen? Warum machten sie sich nicht schleunigst auf One startet. Man gehe zu:
die Jagd nach dem einzigen noch in der Luft befindlichen www.AttackOnAmerica.net/AirForceOneLeavingSarasota.ra
entführten Flugzeug? 17
news.bbc.co.uk/1/hi/world/americas/2222205.stm
18
Lassen wir zum Schluß einen Fluglotsen des Pentagon zu www.fema.gov/library/wtcstudy.shtm liefert eine detaillierte forensische
Studie des Einsturzes der beiden Türme.
Wort kommen:

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Der Krieg gegen den Irak: In Israel konzipiert
Von Stephen J. Sniegoski
Paul W. Schroeder, ein erfahrener Historiker auf dem Gebiet sche Bewegung, die Israels Sicherheit garantieren würde.«
der auswärtigen Beziehungen, kritisierte in einem langen Ar- Schon eine Zeitlang vor dem 11. September 2001 hatten
tikel in The American Conservative die Gründe für den ge- Neokonservative öffentlich einen amerikanischen Krieg ge-
planten US-Angriff auf den Irak und bemerkte ganz nebenbei: gen den Irak befürwortet. Die Schrecken des 11. Septembers
»was vielleicht der uneingestandene wirkliche Grund und boten den Vorwand. Der Gedanke, daß die Neokonservativen
das Motiv hinter der Politik ist: Sicherheit für Israel.« als treibende Kraft hinter der US-Kriegsbewegung stehen,
Wenn Israels Sicherheit tatsächlich das wirkliche amerikani- wurde durch eine Reihe Kommentatoren verbreitet. Zum
sche Motiv für den Krieg ist, so schrieb Schroeder,1 Beispiel war Joshua Micah Marshall Verfasser eines Artikels
»würde dies etwas meines Wissens Einmaliges in der Ge- in The Washington Monthly mit dem Titel: »Bomb Saddam?:
schichte darstellen. Es kommt oft vor, daß Großmächte How the obsession of a few neocon hawks became the central
versuchen, ihre Kriege durch Stellvertreter zu führen, in- goal of U.S. foreign policy« (Saddam Bombardieren? Wie die
dem sie kleinere Mächte für ihre Interessen kämpfen las- Zwangsvorstellungen von ein paar neokonservativen Falken
sen. Dies wäre aber der erste mir bekannte Fall, wo eine das Hauptziel der US-Außenpolitik bestimmte)
Großmacht – ja, sogar eine Supermacht – den Kampf als Und in der linksgerichteten e-Zeitschrift CounterPunch,
Stellvertreter für einen kleinen Vasallenstaat übernimmt.« schrieben Kathleen und Bill Christison:3
Gibt es denn Hinweise darauf, daß Israel und seine Partei- »Es gibt starke Anzeichen dafür, daß der Krieg gegen den
gänger es geschafft haben, die USA für ihre Interessen kämp- Irak auf Geheiß von Israel oder dem Drängen von Politik-
fen zu lassen? machern geplant wird, deren Hauptziel es ist, ein sicheres
Um die wirklichen Motive für den geplanten Krieg gegen Umfeld für Israel zu schaffen. Viele israelische Analytiker
den Irak ans Licht zu bringen, muß man die entscheidende glauben dies. Der israelische Kommentator Akiva Eldar
Frage stellen: Wie führte der Terroristen-Angriff vom 11. bemerkte kürzlich offenherzig in einer Spalte der Zeitung
September zu dem geplanten Krieg gegen Ha’aretz, daß [Richard] Perle,
den Irak, obwohl es keine wirklichen Be- [Douglas] Feith und ihre Mitstrategen
weise dafür gibt, daß der Irak in den 11. „einen Balanceakt zwischen ihrer
September verwickelt war? Seit dem An- Loyalität zur amerikanischen Regie-
griff vom 11. September versuchen Neo- rung und israelischen Interessen durch-
konservative, die überwiegend (wenn führen.“ Der Hinweis auf eine doppelte
auch nicht ausschließlich) dem jüdischen Loyalität ist in der israelischen Presse
Volk angehören und rechtsgerichteten kein Tabu – anders als in den USA. Der
zionistischen Überzeugungen huldigen, Friedensaktivist Uri Avnery, der den is-
den 11. September auszunutzen, um ge- raelischen Premierminister Sharon gut
gen den islamischen Terrorismus einen kennt, hat geschrieben, daß Sharon
großangelegten Krieg zu entfachen, des- Richard Perl lange Zeit grandiose Pläne zur Um-
sen Angriffsziel mit den Feinden Israels strukturierung des Nahen Ostens ge-
identisch ist. schmiedet habe, und daß „mich die Signale, die jetzt aus
Obwohl der Ausdruck Neokonservative für diese Gruppe in Washington kommen, an Sharon erinnern. Ich habe durch-
den USA allgemein gebräuchlich ist, scheint eine kurze Be- aus keinen Beweis dafür, daß die Bush-Leute ihre Ideen
schreibung dieser Gruppe hilfreich zu sein. Viele der Neo- von ihm bekommen haben. Aber der Stil ist der gleiche.“«
konservativen der ersten Generation waren ursprünglich linke In dem folgenden Beitrag will ich versuchen, dieser These
Demokraten oder gar Sozialisten und Marxisten, oftmals Fleisch und Blut zu geben und die Verbindungen zwischen
Trotzkisten. Sie schwenkten in den 60er und 70er Jahren des der Kriegshaltung der Neokonservativen und der Lang-
letzten Jahrhunderts nach rechts, als sich die Demokratische zeitstrategie der israelischen Rechten, wenn nicht gar breiter
Partei der kriegsgegnerischen Linken McGoverns zuwandte. Kreise in Israel aufzuzeigen. Kurz gesagt: schon seit vielen
Und die Sorge um Israel war deutlich im Vordergrund bei Jahren geistert in Israel die Idee eines Nahost-Krieges herum
dieser Schwenkung nach rechts. Der Politikwissenschaftler als Mittel zur Lösung der israelischen Sicherheitsprobleme,
Benjamin Ginsberg formulierte es so:2 die sich aus einer endgültigen Lösung des Palästinenserpro-
»Ein Hauptgrund, der sie unbarmherzig nach rechts trieb, blems ergeben.
war ihre Verbundenheit mit Israel und ihre wachsende
Frustration während der 60er Jahre, als sich die Demokra- Krieg und Vertreibung
tische Partei immer mehr gegen eine amerikanische Mili- Wenn man verstehen will, warum israelische Führer einen
tärbereitschaft stellte und sich zunehmend für die Interes- Nahost-Krieg wollen, muß man zuerst einen kurzen Blick auf
sen der Dritten Welt (z.B. palästinensische Rechte) begei- die Geschichte und die Ziele der zionistischen Bewegung
sterte. Reagans Rechte mit ihrer stramm antikommunisti- werfen. Trotz öffentlicher rhetorischer Beteuerungen des Ge-
schen Haltung, dem Engagement für eine amerikanische genteils war die Idee einer Vertreibung (oder, mit dem akzep-
Militärstärke, der Bereitschaft, sich politisch und militä- tierten Euphemismus: Transfer) der eingesessenen palästi-
risch in die Angelegenheiten anderer Nationen einzumi- nensischen Bevölkerung ein integraler Bestandteil der zioni-
schen, um demokratische Werte (und amerikanische Inter- stischen Bemühungen, einen jüdischen Staat in Palästina zu
essen) zu fördern, boten den Neokonservativen eine politi- gründen. Der Historiker Tom Segev schreibt:

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»Die Idee eines Transfers hat die zionistische Bewegung führen müsse. Der Krieg, so sagte er, würde »die Umstände«
von Anfang an begleitet und erschien zuerst in Theodor für die Entfernung der gesamten palästinensischen Bevölke-
Herzls Tagebuch. Tatsächlich fingen die Zionisten seit dem rung vom Westufer des Jordans und Gaza und sogar aus Isra-
Zeitpunkt mit der Durchführung eines Mini-Transfers an, el selbst liefern.6
als sie Land kauften und die arabischen Bewohner evaku- Der israelische Außenpolitik-Experte Yehoshafat Harkabi
ierten... Die Araber „verschwinden“ zu lassen, war eine kritisierte das Kriegs- und Vertreibungs-Szenario und sprach
Grundvorstellung des zionistischen Traumes und war auch in seinem bedeutenden Werk Israels Fateful Hour (Israels
eine notwendige Bedingung seiner Verwirklichung... Mit Schicksalsstunde), das 1988 herauskam, von »israelischen
wenigen Ausnahmen stellte kein Zionist die Erwünschtheit Absichten, dem Nahen Osten eine Pax Israelica aufzuerlegen
eines Zwangstransfers in Frage – oder dessen Moralität.« und die arabischen Länder zu beherrschen und sie rück-
Die zionistischen Führer lernten jedoch, so führt Segev wei- sichtslos zu behandeln«. Harkabi schrieb aus einer realisti-
ter aus, ihren Plan einer Massenvertreibung nicht öffentlich schen Perspektive und schlußfolgerte, daß Israel angesichts
zu verkünden, weil »dies den Zionisten die Sympathien der der Stärke der arabischen Staaten und der betroffenen großen
Welt verscherzen würde.«4 palästinensischen Bevölkerung sowie der heftigen Oppositi-
Der Schlüssel für die Lösung des Problems bestand darin, ei- on der Weltmeinung nicht die Macht habe, dieses Ziel zu er-
nen geeigneten Zeitpunkt für den Beginn der Vertreibung zu reichen. Er hoffte, daß »der mißlungene israelische Versuch,
finden, damit sie nicht von der ganzen Welt verurteilt würde. dem schwächsten arabischen Staat – Libanon – eine Neu-
Ende der 30er Jahre schrieb David Ben Gurion:5 ordnung aufzuzwingen, den Leuten ähnliche Ambitionen in
»Was in normalen Zeiten nicht absehbar ist, wird in revo- anderen Gebieten nehmen werde.«7 Nicht berücksichtigt
lutionären Zeiten möglich: und wenn dann die Gelegenheit wurde von Harkabi die Möglichkeit, daß die USA als Stell-
verpaßt und nicht durchgeführt wird, was in solch großen vertreter Israels tätig werden könnten, um das Endziel zu er-
Stunden möglich ist – dann ist eine ganze Welt verloren.« reichen.
Die »revolutionären Zeiten« sollten 1948 mit dem ersten ara-
bisch-israelischen Krieg kommen, als die Zionisten in der US-Realpolitik
Lage waren, 750.000 Palästinenser (über 80% der eingeses- In den 70er und 80er Jahren des letzten Jahrhunderts war die
senen Bevölkerung) zu vertreiben und dadurch einen über- US-Nahost-Politik zwar voller Sympathie für Israel, aber
wiegend jüdischen Staat zu erlangen, wenngleich dessen Ge- nicht identisch mit dessen Politik. Das Grundziel der US-
biet nicht ganz Palästina oder das Politik war die Schaffung stabiler Re-
»Land Israel« umfaßte, das die Zioni- gierungen in Nahost, die es möglich
sten als notwendig für einen lebens- machten, daß das Öl verläßlich in die
fähigen Staat ansahen. westlichen Industriestaaten fließen
Die Gelegenheit, noch mehr Land zu konnte. Die islamischen Länder muß-
erhaschen, ergab sich als Resultat des ten nicht mit Israel befreundet sein –
Krieges von 1967. Allerdings brachte ja, sie konnten sogar offen gegen den
diese Besetzung das Problem einer jüdischen Staat auftreten. Die USA
großen palästinensischen Bevölke- arbeiteten auf einen Frieden zwischen
rung mit sich. Zu dieser Zeit war die Israel und den mohammedanischen
Weltmeinung völlig gegen erzwunge- Staaten dieser Region hin, aber es soll-
Elliott Abrams
ne Bevölkerungstransfers. Die 1949 te ein Friede sein, der den Bedürfnis-
ratifizierte, epochemachende vierte Genfer Konvention hatte sen der mohammedanischen Nationen Rechnung trug – vor al-
einstimmig Deportationen von Zivilisten während einer Be- lem ihren Forderungen in Verbindung mit den Palästinensern.
setzung verboten.5 Seit dem Krieg von 1967 war die Aufgrund der Politik zur Sicherung der Ölversorgung aus
Hauptfrage der israelischen Politik: Was soll mit diesem Ge- Nahost unterstützte Washington in der Mitte der 80er Jahre
biet und seiner palästinensischen Bevölkerung geschehen? stark den Irak in seinem Krieg gegen den Iran, obwohl die
In den 80er Jahren, als die rechtsgerichtete Likud-Partei an USA auch dem Iran eine Zeitlang Hilfe zukommen ließen
die Macht kam, tauchte die Idee einer Vertreibung wieder öf- (siehe den Iran-Contra-Skandal). Ironischerweise war es Do-
fentlich auf. Und dieses Mal war sie direkt mit einem größe- nald Rumsfeld, der 1983 als US-Gesandter den Weg für die
ren Krieg verbunden, wobei die Destabilisierung des Nahen Wiederaufnahme der Beziehungen mit dem Irak ebnete,
Ostens als Vorbedingung für die palästinensische Vertrei- nachdem die Beziehungen 1967 abgebrochen worden waren.
bung angesehen wurde. Ein solcher Vorschlag – einschließ- Die Vereinigten Staaten sahen, wie andere westliche Staaten,
lich der Entfernung der palästinensischen Bevölkerung – den Irak als ein Bollwerk gegen die radikalen Islamisten des
wurde in einem Artikel von Oded Yinon mit dem Titel »Eine Ayatollahs im Iran an, die die westlichen Ölinteressen be-
Strategie für Israel in den 80er Jahren« umrissen, der im Fe- drohten. Die US-Unterstützung für den Irak beinhaltete auch
bruar 1982 in der Zeitschrift Kivunim der Zionistischen Geheimdienst- Informationen, Militärausrüstung und Land-
Weltorganisation erschien. Yinon war mit dem israelischen wirtschaftskredite. Und die USA schickten die größte Flot-
Außenministerium verbunden gewesen und sein Artikel gab tenstreitmacht seit dem Vietnam-Krieg in den Persischen
zweifellos das Denken hochstehender israelischer Militärs Golf. Angeblich zum Schutz der Öltanker entsandt, führte sie
und des intellektuellen Establishments wieder. Der Artikel schließlich schwere Angriffe auf die Flotte des Iran durch.
rief Israel dazu auf, die Auflösung und Aufspaltung der ara- Während dieser Zeit der Unterstützung durch die USA be-
bischen Staaten in ein Mosaik ethnischer Gruppen zu betrei- nutzte der Irak Giftgas gegen die Iraner und die Kurden, eine
ben. Mit Gedanken in dieser Richtung erklärte Ariel Sharon Vorgehensweise, die jetzt von der US-Regierung und ihren
am 24. März 1988, daß Israel, wenn die palästinensische Er- Unterstützern in den Medien als so furchtbar bezeichnet
hebung andauere, gegen seine arabischen Nachbarn Krieg wird. Tatsächlich wurde es dem Irak durch US-Geheim-

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dienste ermöglicht, Giftgas gegen die Iraner anzuwenden. sondern die von ihr vorgeschlagene „Neue Weltordnung“
Außerdem lockerte Washington gegenüber dem Irak seine war in der Form, wie sie von Außenminister James Baker
eigenen Export-Restriktionen für Technologie, was es den umgesetzt wurde, in Konflikt mit neokonservativen/israeli-
Irakern ermöglichte, Supercomputer, Werkzeugmaschinen, schen Zielen, da sie darauf ausgerichtet war, die arabische
giftige Chemikalien und sogar Anthrax- und Beulenpest- Koalition zu besänftigen, die den Krieg unterstützte. Das
Erreger zu importieren. Kurzum: die USA halfen dem armen führte Bestrebungen mit sich, die israelische Herrschaft in
Irak mit genau den Schreckenswaffen, die Regierungsbeamte den besetzten Gebieten im Zaum zu halten. Die Regierung
jetzt als Rechtfertigung für eine gewaltsame Entmachtung Bush forderte, Israel solle den Bau neuer Siedlungen in den
Saddams hinaustrompeten.8 besetzten Gebieten einstellen und machte davon die Vergabe
Als 1988 der Krieg zwischen Iran und Irak endete, behielten einer Kreditgarantie über 10 Mrd. $ abhängig, mit der Hun-
die USA ihre Unterstützung des Irak bei und überschütteten derttausende Einwanderer aus der ehemaligen Sowjetunion
das Land mit militärischer Elektronik, moderner Technologie angesiedelt werden sollten. Obwohl sich Bush schließlich
und Landwirtschaftskrediten. Die USA rechneten offenbar kurz vor der Wahl im November 1992 dem prozionisti-
damit, daß Saddam die Stabilität in der Golfregion aufrecht- schen Druck in Amerika beugte, waren viele Neokonserva-
erhalten würde. Als aber der Irak im August 1990 in Kuwait tive über seinen Widerstand unzufrieden, was einige, wie
einmarschierte, änderte sich die US-Politik abrupt. Wie Fal- z.B. Safire, veranlaßte, bei der Wahl 1992 Bill Clinton zu
ken erzeugten die Neokonservativen Unterstützung für einen unterstützten.12
US-Krieg gegen den Irak. Das Komitee für Frieden und Si-
cherheit am Golf wurde mit Richard Perle an der Spitze eta- Das Netzwerk
bliert, um den Krieg zu propagieren.9 Und neokonservative Während der Regierung Clinton brachten die Neokonservati-
Kriegsfalken wie Perle, Frank Gaffney Jr., A.M. Rosenthal, ven ihre Ansichten durch ein eng verbundenes Netzwerk von
William Safire und The Wall Forschungsgruppen weiter,
Street Journal vertraten die dem American Enterprise In-
Auffassung, daß Amerikas stitute (AEI), dem Middle
Kriegsziel nicht nur darin East Media Research Institu-
bestehen sollte, den Irak aus te (Memri), dem Hudson In-
Kuwait zu vertreiben, son- stitute, dem Washington In-
dern auch Iraks Militärpo- stitute for Near East Policy,
tential zu zerschlagen, vor dem Middle East Forum,
allem seine Fähigkeit zur dem Jewish Institute for Na-
Herstellung von Nuklear- tional Security Affairs (JIN-
waffen. Die erste Bush- SA), dem Center for Securi-
Regierung machte sich diese ty Policy (CSP) – die großen
Haltung zu eigen.10 Einfluß bei den Medien hat-
Die Neokonservativen hoff- ten und die den Republika-
ten indessen darüber hinaus, nern bei der Bemannung von
daß der Krieg zu einer Ab- Regierungsposten halfen.
setzung von Saddam Hus- Manche dieser Organisatio-
sein und einer amerikani- nen waren ursprünglich von
schen Besetzung des Irak eigentlichen Konservativen
führen würde. Aber trotz gegründet und erst später
dem Drängen des damaligen Paul Wolfowitz von den Neokonservativen
Verteidigungsministers Ri- übernommen worden,13 an-
chard Cheney und seines Stellvertreters Paul Wolfowitz wur- dere sind von den Neokonservativen gebildet worden, wobei
de die völlige Eroberung des Irak wegen des Widerstands einige der Gruppen eine direkte israelische Verbindung hat-
von General Colin Powell, dem Generalstabschef, und von ten. Zum Beispiel war Oberst Yigal Carmon, ehemals beim
General Norman Schwarzkopf, dem Kommandeur vor Ort, israelischen Militärnachrichtendienst, ein Mitbegründer des
nicht durchgeführt. Außerdem hatten die USA nur ein UN- Middle East Media Research Institute (Memri). Und die ver-
Mandat zur Befreiung Kuwaits, nicht zur Absetzung von schiedenen Organisationen sind untereinander eng verbun-
Saddam. Letzteres zu versuchen, hätte zum Zerbrechen der den. Zum Beispiel war die Mitgründerin von Memri, Meyrav
Koalition unter US-Befehl geführt.11 Amerikas Koalitions- Wurmser, Mitglied des Hudson Institute, während ihr Ehe-
partner in der Region, vor allem die Türkei und Saudi- mann David Wurmser an der Spitze der Nahost-
Arabien, fürchteten, daß die Beseitigung von Saddams Re- Forschungsabteilung des AEI stand. Und Pede war sowohl
gierung dazu führen könnte, daß der Irak in sich bekriegende Mitglied beim American Enterprise Institute (AEI), wie auch
ethnische und religiöse Gruppen zerfallen würde. Das hätte Direktionsmitglied des Hudson Institute.14
zu einem kurdischen Aufstand im Irak führen können, der In einem kürzlich erschienenen Artikel in The Nation erörtert
sich dann auf die unzufriedene eigene kurdische Bevölkerung Jason Vest den immensen Einfluß auf die derzeitige Regie-
der Türkei hätte ausbreiten können. Außerdem hätten die rung Bush durch Leute aus zwei wichtigen neokonservativen
Schiiten des Irak unter den Einfluß des Iran kommen können, Forschungseinrichtungen, JINSA und SCP. Vest geht detail-
wodurch die Bedrohung durch den islamischen Radikalismus liert auf die engen Verbindungen ein zwischen den beiden
in der Region erhöht worden wäre. Organisationen, rechten Politikern, Waffenhändlern, Militärs,
Die Bush-Regierung zerschmetterte nicht nur die neokonser- jüdischen Milliardären und der republikanischen Regierung.
vativen Hoffnungen, weil sie Saddam an der Macht beließ, In bezug auf JINSA schreibt Vest:15

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»1976 von Neokonservativen gegründet, die sich sorgten, sauberer Bruch: eine neue Strategie zur Sicherung des Rei-
daß die USA vielleicht nicht in der Lage wären, an Israel ches« und war als politischer Plan für die neue Regierung
im Fall eines weiteren arabisch-israelischen Krieges aus- Benjamin Netanjahus gedacht. Die Studie besagte, daß Ne-
reichend Militärgüter zu liefern, entwickelte sich JINSA tanjahu »einen klaren Bruch« mit dem Osloer Friedensprozeß
von einer lose verbundenen Vorgruppe zu einem 1,4 Mio. vornehmen und Israels Anspruch auf das Westufer und Gaza
$-pro-Jahr-Projekt mit einem imponierenden Aufgebot erneut bekräftigen solle. Sie legte einen Plan vor, anhand
Washingtoner Machtspieler auf seiner Gehaltsliste. Bis dessen Israel »seine strategische Umgebung formen« könnte,
zum Beginn der jetzigen Bush-Regierung gehörten angefangen mit der Beseitigung Saddam Husseins und der
Schwergewichtler wie Cheney, John Bolton (jetzt Unter- Einsetzung einer haschemitischen Monarchie in Bagdad, was
staatssekretär für Waffenkontrolle) und Douglas J. Feith zu als erster Schritt dazu dienen sollte, um die antiisraelischen
dem JINSA-Beratungsgremium. Feith ist der dritthöchste Regierungen in Syrien, dem Libanon, Saudi-Arabien und
Beamte im Pentagon. Sowohl Pede wie auch der frühere dem Iran zu eliminieren.16
CIA-Direktor James Woolsey, zwei der lautesten Stimmen Man beachte, daß diese Amerikaner – Perle, Feith und
im Chor für einen Irak-Angriff, gehören Wurmser – einer fremden Regierung Rat-
ebenso zu dem Gremium, wie auch sol- schläge erteilten, und daß sie derzeit Po-
che Überbleibsel aus der Reagan-Ära sten in der Regierung George W. Bush
wie Jeane Kirkpatrick, Eugene Rostow innehaben. Perle ist Chef des Verteidi-
und [Michael] Ledeen – Oliver Norths gungsrates (Defense Policy Board), Feith
Iran/Contra Verbindung mit den Israe- ist Staatssekretär für Verteidigungspolitik
lis.« (Assistant Secretary of Defense for Po-
Vest bemerkt, daß »Dutzende« von JIN- licy) und Wurmser ist Sonderbeauftragter
SA- und CSP- von John Bolton, dem Chefunterhändler
»Mitglieder zu machtvollen Regie- des Außenministeriums für Waffenkon-
rungsposten aufgestiegen sind, wo sie trolle. Weiter ist bemerkenswert, daß
sich weiterhin zugunsten der gleichen 1996 Israel durch Beseitigung seiner
Ziele einsetzen, wobei ihnen die aus der Feinde »seine strategische Umgebung
Regierung ausgeschiedenen Helfer zu formen« sollte, während jetzt die gleichen
Diensten sind, aus deren Reihen sie Personen vorschlagen, daß die USA die
stammen. Fleißig und beharrlich haben Nahost-Umgebung formen, um Israels
sie dafür gesorgt, eine Reihe von The- Feinde zu beseitigen. Mit anderen Wor-
men – Unterstützung der nationalen ten: die USA sollen als Handlanger Israels
Raketen-Verteidigung, Widerstand ge- dienen, um israelische Interessen zu för-
gen Waffenbegrenzungsverträge, Vor- dern.
kämpfer für verschwenderische Waffen- William Kristol Am 19. Februar 1998 schlug das neokon-
systeme, Waffenhilfe für die Türkei und amerikanischen servative Komitee für Frieden und Sicherheit im Golf in ei-
Unilateralismus im allgemeinen – zu einer harten Linie zu nem »Offenen Brief an den Präsidenten« »eine umfassende
verknüpfen, in deren Zentrum die Unterstützung der israe- politische und militärische Strategie« vor, »um Saddam und
lischen Rechten steht.« sein Regime zu beseitigen«. Der Brief fuhr fort:
Und Vest fährt fort:15 »Es wird nicht leicht sein – und der Handlungsverlauf, den
»Bei keinem Thema fällt die harte Linie von JINSA/CSP wir bevorzugen, ist nicht ohne Probleme und Gefahren.
mehr ins Auge als bei ihrer unbarmherzigen Kampagne für Aber wir glauben, daß die vitalen Interessen unseres Lan-
einen Krieg – nicht nur in bezug auf den Irak, sondern für des erfordern, daß die USA [eine solche Strategie über-
einen totalen Krieg, wie Michael Ledeen, einer der einfluß- nehmen].«
reichsten JINSAs in Washington, es im letzten Jahr formu- Zu den Unterzeichnern des Briefes gehören folgende Beam-
lierte. Für diese Mannschaft ist ein „Regimewechsel“ mit ten, die derzeit der Regierung Bush angehören: Elliott Ab-
allen Mitteln im Irak, im Iran, in Syrien, Saudi-Arabien rams (National Security Council), Richard Armitage (State
und bei den palästinensischen Behörden ein zwingendes Department), Bolton (State Department), Feith (Defense De-
Muß.« partment), Fred We (Defense Policy Board), Zalmay Kha-
Rekapitulieren wir Vests Hauptpunkte: Das JINSA/CSP – lilzad (White House), Peter Rodman (Verteidigungsministe-
Netzwerk hat »die Unterstützung für die israelische Rechte rium), Wolfowitz (Verteidigungsministerium), David Wurm-
im Zentrum«. In Übereinstimmung mit den Ansichten der is- ser (Außenministerium), Dov Zakheim (Verteidigungsmini-
raelischen Rechten befürwortet es einen Nahost-Krieg, um sterium), Perle (Verteidigungsrat) und Rumsfeld (Verteidi-
die Feinde Israels zu eliminieren. Und Mitglieder des JIN- gungsminister).17 1998 gehörte Donald Rumsfeld zum Neo-
SA/CSP-Netzwerkes haben einflußreiche Positionen in der kon-Netzwerk und forderte damals bereits einen Krieg gegen
Außenpolitik der republikanischen Regierung erlangt, ganz be- den Irak.18
sonders in der gegenwärtigen Regierung von George W. Bush. Zu den Unterzeichnern gehörten auch Prozionisten und neo-
konservative Leuchten wie Robert Kagan, William Kristol,
„Sicherung des Reiches“ Gaffney (Direktor des Center for Security Policy), Joshua
Eine klare Veranschaulichung des neokonservativen Kriegs- Muravchik (American Enterprise Institute), Martin Peretz
denkens gegen den Irak ist ein 1996 von Perle, Feith, David (Chefredakteur, The New Republic), Leon Wieseltier (The
Wurmer u.a. entwickelter Plan, der von einer israelischen New Republic), und der frühere Abgeordnete Stephen Solarz
Forschungsgruppe, dem Institute for Advanced Strategic and (D-N.Y.).17 Präsident Clinton wollte seinerzeit nur das Irak-
Political Studies, publiziert wurde. Er trägt den Titel »Ein Befreiungs-Gesetz unterstützen, das 97 Mio. $ für die Aus-

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bildung und die Militärausrüstung der irakischen Opposition machte sich in den 70er Jahren als Top-Assistent von Senator
bewilligte.19 Henry „Scoop“ Jackson (D-Wash.) bemerkt, der eines der ra-
Im September 2000 gab die neokonservative Forschungs- dikalsten antikommunistischen und proisraelischen Senats-
gruppe Project for the New American Century (PNAC)20 ei- mitglieder war. Nach 1980 diente Perle unter Ronald Reagan
nen Bericht heraus: »Rebuilding America’s Defenses: Stra- als Vizeverteidigungsminister, wobei sein stramm antisowje-
tegy, Forces and Resources for a New Century« (Erneuerung tischer Standpunkt, vor allem seine Gegnerschaft zu jeglicher
der Verteidigung Amerikas: Strategie, Kräfte und Ressourcen Form von Waffenkontrollen, ihm von seinen Feinden den
für ein neues Jahrhundert), der eine Ausweitung der globalen Beinahmen »Prinz der Dunkelheit« einbrachte. Seine Freun-
Stellung der Vereinigten Staaten vorsah. In bezug auf den de sahen ihn jedoch, wie einer es ausdrückte, als »einen der
Nahen Osten forderte der Bericht eine verstärkte amerikani- wunderbarsten Menschen in Washington« an. Daß Perle be-
sche Militärpräsenz am Golf, ungeachtet ob Saddam an der kannt ist als ein Mann von scharfem Intellekt, als liebens-
Macht war oder nicht:21 würdiger und großzügiger Gastgeber, als witziger Begleiter
»Die Vereinigten Staaten haben jahrzehntelang versucht, und loyaler Bundesgenosse, hilft, sein Prestige in neokonser-
bei der Sicherung der Golfregion mehr Präsenz zu zeigen. vativen Kreisen zu erklären.25
Zwar liefert der ungelöste Konflikt mit dem Irak die unmit- Perle ist nicht einfach nur ein Exponent projüdischer Ansich-
telbare Rechtfertigung hierfür, aber die Notwendigkeit für ten; er hat auch enge Beziehungen zu Israel, da er ein persön-
die Anwesenheit beträchtlicher amerikanischer Streitkräfte licher Freund von Sharon ist und Aufsichtsratsmitglied der
im Golf geht über die Frage des Regimes von Saddam Jerusalem Post sowie ein ehemaliger Angestellter des israeli-
Hussein hinaus.« schen Waffenherstellers Soltam. Dem Autor Seymour M.
Zu den Mitarbeitern der Studie gehörten Personen, die in der Hersh zufolge wurde Perle, als er noch Kongreßassistent für
zweiten Regierung Bush eine führende Rolle einnehmen soll- Jackson war, vom FBI durch Telefonabhörungen dabei er-
ten: Cheney (Vizepräsident), Rumsfeld (Verteidigungsmini- wischt, wie er als geheim eingestufte Informationen vom Na-
ster), Wolfowitz (stellv. Verteidigungsminister), und Lewis tionalen Sicherheitsrat an die israelische Botschaft lieferte.26
Libby (Cheneys Stabschef). Der Herausgeber des Weekly Obwohl er formal gesehen nicht der Bush-Regierung ange-
Standard, William Kristol, war ebenfalls Mitautor. hört, hat Perle den unbezahlten Vorsitz im Ausschuß für Ver-
Um die Politik des Weißen Hauses direkt beeinflussen zu teidigungspolitik (Defense Policy Board) inne. Durch diese
können, verschafften sich Wolfowitz und Perle im Wahl- Position hat Perle Zugang zu als geheim eingestuften Doku-
kampf 2000 eine führende Rolle im Ratgeberstab für Außen- menten und enge Kontakte mit Regierungsführern. Ein Arti-
politik und nationale Sicherheit. kel in Salon formulierte es so:27
Das Team, an dessen Spitze der Sowjetspezialist Condolezza »Das Defense Policy Board, das ursprünglich ein obskures
Rice stand, wurde als »die Vulkane« bezeichnet. Bush hatte ziviles Komitee war, um dem Verteidigungsminister unver-
keine direkten Erfahrungen in der Außenpolitik und wenig bindlich Ratschläge im ganzen Spektrum militärischer
Weltkenntnis, was durch seine berüchtigten Schnitzer illu- Fragen zu erteilen, ist jetzt mit beherzten Irak-Falken auf-
striert wird – er verwechselte die Slowakei mit Slowenien, gefüllt und wurde quasi eine Lobby-Organisation, deren
bezeichnete die Griechen (Greeks) als »Grecians« und fiel Hauptziels zu sein scheint, Krieg gegen den Irak zu füh-
bei einem unerwartetem Test bezüglich der Namen von vier ren.«
ausländischen Staatsführern durch. Er muß sich daher sehr
auf seine Ratgeber stützen. »Derzeit unvorstellbare Aktionen«
Kagan bemerkte, »sein außenpolitisches Team wird von ent- Als Bush und seine Leute im Januar 2001 ihr Amt antraten,
scheidender Bedeutung dafür sein, welche Politik er betrei- zitierten israelische Presseberichte Regierungsbeamte und
ben wird«, und der Kolumnist Robert Novak bemerkte:22 Politiker, die offen von einer Massenvertreibung der Palästi-
»Da Rice in bezug auf Nahost-Angelegenheiten keine Er- nenser sprachen. Ariel Sharon wurde im Februar 2001 zum
fahrungen hat, werden Wolfowitz und Perle die Nahostpo- Ministerpräsidenten von Israel gewählt. Er ist für seine
litik am meisten beeinflussen.[23] Kurz gesagt: Wolfowitz Schonungslosigkeit bekannt und hatte in der Vergangenheit
und Perle würden dem „Weiß-nichts-Bush“ eine Außenpo- gesagt, daß Jordanien der Palästinenserstaat werden sollte,
litik fix und fertig liefern. Und sicherlich würden solche wo die aus Israel entfernten Palästinenser angesiedelt werden
rechtsgerichteten zionistischen Standpunkte von Cheney sollten.28 Die Öffentlichkeit in Israel sorgte sich zunehmend
und Rumsfeld bekräftigt, wie auch von der großen Anzahl über demographische Veränderungen, die den jüdischen Cha-
sonstiger Neokons, welche die Regierung Bush über- rakter des Staates Israel bedrohten. Amon Sofer, Professor an
schwemmen werden. der Universität Haifa, veröffentlichte eine Studie Demogra-
Neokonservative werden die Schlüsselstellungen in der phie von Eretz Israel (Groß-Israel), die voraussagte, daß etwa
Verteidigungs- und Außenpolitik besetzen. In Rumsfelds 2020 die Nichtjuden in Israel und den besetzten Gebieten ei-
Stab sind Wolfowitz und Feith. In Cheneys Stab gehören zu ne Mehrheit von 58 % ausmachen würden.29 Darüber hinaus
den wichtigsten Neokonservativen Libby, Eric Edelman wurde erkannt, daß der Gesamtanstieg der Bevölkerung das
und John Hannah. Und Cheney selbst hat mit seinen lang- übersteigen würde, was das Land mit seinen begrenzten
währenden Neokon-Verbindungen und Ansichten eine Wasservorräten ertragen konnte.30
wichtige Rolle bei der Ausformung von „Bushs“ Außenpo- Es schien für manche, daß Sharon beabsichtige, die Vertrei-
litik gespielt.« bung mittels militanter Maßnahmen zu bewerkstelligen. Ein
linksgerichteter Analytiker sagte damals:31
Eine Perle unter den Männern »Ein großer Krieg mit einem Transfer am Schluß – das ist
Perle wird oft als der einflußreichste Neokonservative in der der Plan der Falken, die den Augenblick seiner Verwirkli-
Außenpolitik beschrieben, als ihre Graue Eminenz.24 Er chung in der Tat fast erreicht haben.«

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Im Sommer 2001 berichtete die maßgebliche Jane’s Informa- Israels traditionelle Feinde sollten jetzt auch die Feinde Ame-
tion Group, daß Israel die Planung eines massiven und bluti- rika werden. Und Israel würde unter dem Mäntelchen eines
gen Einmarsches in die besetzten Gebiete abgeschlossen ha- „Krieges gegen den Terrorismus“ eine bessere Möglichkeit
be, bei dem auch »Luftangriffe durch F-15 und F-16- haben, sich mit den Palästinensern zu befassen.
Bomber, schwerer Artillerie-Beschuß und ein anschließender Direkt nach den Angriffen des 11.9. begannen die Neokon-
Angriff durch eine 30.000 Mann starke ... kombinierte Pan- servativen, öffentlich auf einen breiter angelegten Krieg ge-
zer- und Infanterietruppe erfolgen würden.« gen den Terrorismus zu drängen, der sich unmittelbar mit den
Solche gewaltigen Angriffe würden weit mehr als nur die Feinden Israels befassen sollte. Zum Beispiel war Safire der
Beseitigung Arafats und der PLO-Führung zum Ziel haben. Ansicht, daß die wirklichen Terroristen, auf die sich Amerika
Aber die Vereinigten Staaten legten ihr Veto gegen den Plan konzentrieren sollte, nicht Gruppen religiöser Fanatiker sei-
ein, und auch Europa machte seine Ablehnung von Sharons en, »sondern irakische Wissenschaftler, die heute fieberhaft
Plan deutlich.32 in versteckten biologischen Laboratorien und unterirdischen
Ein mit der israelisch-palästinensischen Szene vertrauter Be- Nukleareinrichtungen arbeiten, [und die,] wenn man sie un-
obachter schrieb im August 2001 voraussehend:33 gestört ließe, es dem von Haß getriebenen machthungrigen
»Es liegt nur am gegenwärtigen politischen Klima, daß Saddam ermöglichen würden, Millionen Menschen zu töten.
solche Vertreibungspläne nicht durchgeführt werden kön- Diese Macht würde ihn von einem eingesperrten Tyrannen zu
nen. Obwohl gegenwärtig das politische Klima heiß ist, einer um sich greifenden Weltmacht verwandeln.«35
sieht man deutlich, daß die Zeit für eine derartige drasti- Innerhalb der US-Regierung deutete Wolfowitz deutlich ei-
sche Aktion noch nicht reif ist. Erst wenn die Temperatur nen umfassenderen Krieg gegen bestehende Regierungen an,
weiter hochgebracht wird, werden Aktionen möglich, die als er sagte:36
derzeit unvorstellbar erscheinen.« »Ich denke, man muß sagen, daß es nicht einfach darum
Wieder einmal waren »revolutionäre Zeiten« für Israel not- geht, Leute zu fangen und zur Rechenschaft zu ziehen, son-
wendig, um seine politischen Ziele zu verwirklichen. Und dern man muß ihre Zufluchtsstätten beseitigen, ihre Unter-
dann kamen die Angriffe vom 11. September. stützungssysteme, und den Staaten ein Ende machen, die
den Terrorismus begünstigen. Und deshalb muß es ein
Revolutionärer September breiter und anhaltender Feldzug sein. Es wird nicht aufhö-
Die Schreckenstaten des 11. September lieferten die »revolu- ren, wenn [nur] ein paar Kriminelle in Gewahrsam ge-
tionären Zeiten«, in denen Israel radikale Maßnahmen durch- nommen werden.«
führen könnte, die unter normalen Verhältnissen unannehm- Am 20. September 2001 schickten Neokonservative vom
bar wären. Auf die Frage, wie sich die Angriffe auf die US- Project for the New American Century Präsident Bush einen
israelischen Beziehungen auswirken würden, erwiderte der Brief, mit dem sie den Krieg gegen den Terrorismus unter-
frühere Premierminister Benjamin Netanjahu: stützten und betonten, daß die Beseitigung Saddams ein we-
»Das ist sehr gut.« sentlicher Bestandteil dieses Krieges sei. Sie behaupteten,
Dann merkte er selbst an: daß »selbst wenn die Beweise den Irak nicht direkt mit dem
»Nun, also nicht sehr gut, aber es wird unmittelbares Mit- Angriff in Verbindung bringen, muß eine jede Strategie, die
gefühl erzeugen.« eine Vernichtung des Terrorismus und seiner Förderer zum
Dann sagte Netanjahu richtig voraus, die Angriffe würden Ziel hat, entschlossene Bemühungen beinhalten, Saddam
»das Band zwischen den zwei Völkern stärken, weil wir Hussein von der Macht im Irak zu entfernen. Sofern man
schon über so viele Jahrzehnte hinweg feindlichen Terror er- derartige Bemühungen nicht unternimmt, würde dies eine
fahren haben, während die Vereinigten Staaten erst jetzt ein frühe und vielleicht entscheidende Niederlage im Krieg ge-
massives Terrorblutbad
erleben mußten.« Sharon
verglich Israel mit der
Lage der USA und be-
zeichnete die Attacke als
einen Angriff auf »unsere
gemeinsamen Werte«. Er
erklärte:34
»Ich glaube, gemein-
sam können wir diese
Kräfte des Bösen ver-
nichten.«
In den Augen der israeli-
schen Führung hatten die
Angriffe vom 11. Sep-
tember die USA und die
Israelis gegen einen ge-
meinsamen Feind verei-
nigt. Und dieser Feind
befand sich nicht im ent-
fernten Afghanistan, son-
dern geographisch ganz
in der Nähe von Israel. Wiederhole: Wer gehört zur Achse des Bösen?

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gen den internationalen Terrorismus bedeuten.« Weiter was »kein weniger wichtiger Sieg in diesem Krieg wäre als
meinten die Briefschreiber, daß, wenn Syrien und der Iran die Vernichtung bin Ladens.«40
nicht alle Unterstützung für die Hisbollah einstellen, die USA Kritiker eines größeren Krieges im Nahen Osten erkannten
»geeignete Maßnahmen gegen diese bekannten Förderer des bald die Kriegspropaganda-Bemühungen der Neokonservati-
Terrorismus erwägen« sollten. Unter den Unterzeichnern des ven. Der Altkonservative U. Scott McConnell analysierte die
Briefes waren neokonservative Größen wie William Kristol, Lage im September 2002 und schrieb:41
Midge Decter, Eliot Cohen, Francis Fukuyama, Gaffney, »Für die Neokonservativen [...] ist bin Laden nur ein Ne-
Kagan, Kirkpatrick, Charles Krauthammer, Perle, Peretz, benschauplatz. [...] Sie hoffen, den 11. September als Vor-
Norman Podhoretz, Solarz, und Wieseltier.37 wand für die Eröffnung eines größeren Krieges im Nahen
Osten benutzen zu können. Ihr Hauptziel – wenn auch nicht
Der IV. Weltkrieg ihr einziges – ist der Irak Saddam Husseins, auch wenn der
In der Ausgabe vom 29. Oktober 2002 sagten Kagan und Irak nichts mit dem Anschlag auf das World Trade Center
Kristol im Weekly Standard einen größeren Nahostkrieg vor- zu tun hat.«
aus:38 McConnell hielt jedoch die Neokon-Haltung fälschlich für
»Letzten Endes wird der Konflikt in Afghanistan zum Krieg die Ansicht von nur einer kleinen Minderheit in der Bush-
gegen den Terrorismus im gleichen Verhältnis stehen wie Regierung.41
der Nordafrika-Feldzug zum Zweiten Weltkrieg: ein ent- »Die Neokon-Wunschliste ist ein Rezept, um einen riesigen
scheidender Anfang auf dem Pfad zum Sieg. Aber im Ver- Weltenbrand zwischen den Vereinigten Staaten und den
gleich zu dem, was sich am Horizont drohend abzeichnet, – Ländern in der ganzen Arabische Welt zu entzünden, des-
ein weitreichender Krieg in Gebieten von Zentralasien bis sen Folgen niemand mehr als noch kalkulierbar ausgeben
zum Nahen Osten und leider auch wieder zurück zu den kann. Die Unterstützung für einen solchen Krieg – der nur
USA – wird sich Afghanistan als Eröffnungsschlacht er- allzu leicht zu einem globalen Krieg werden könnte – be-
weisen... Aber dieser Krieg wird nicht in Afghanistan en- schränkt sich auf eine Minderheit innerhalb der Regierung
den. Er wird sich ausbreiten und eine Reihe Länder mit Bush (Vize-Außenminister Paul Wolfowitz ist ihr Hauptfür-
Konflikten unterschiedlicher Intensität erfassen. Er könnte sprecher) und im Lande. Aber sie beherrscht gegenwärtig
durchaus den Einsatz amerikanischer Militärmacht in die wichtigsten konservativen Zeitschriften, das Wall Street
zahlreichen Gebieten gleichzeitig erfordern. Er wird dem Journal, die National Review, den Weekly Standard, und
Zusammenstoß der Kulturen gleichen, den jedermann ger- die Washington Times, wie auch die neoliberale New Re-
ne vermieden hätte.« public von Marty Peretz. In einer instabilen Lage können
Kagan und Kristol scheinen sich auf diesen gigantischen solche Meinungsträger von Bedeutung sein.«
Weltenbrand zu freuen. Die altgediente Kolumnistin Georgie Anne Geyer äußerte ei-
In einem Artikel des Wall Street Journal vom 20. November ne ähnliche Ansicht und bemerkte:
2001 tauft Eliot Cohen den Konflikt »IV. Weltkrieg«, ein »Die „Irak-Einnehmen“-Kampagne [...] begann innerhalb
Ausdruck, der von anderen Neokonservativen aufgegriffen weniger Tage nach den Bombenanschlägen vom Septem-
wurde. Cohen proklamiert:39 ber. [...] Sie kam zuerst und besonders bei den proisraeli-
»Der Feind in diesem Krieg ist nicht der „Terrorismus“ schen Hardlinern im Pentagon auf, wie etwa dem stellver-
[...], sondern der militante Islam. [...] Afghanistan stellt nur tretenden Außenminister Paul Wolfowitz und Berater Ri-
eine Front im IV. Weltkrieg dar, und die Gefechte dort sind chard Perle, aber auch von strammen Neokonservativen
nur ein Feldzug.« wie auch einigen Journalisten und Kongreßangehörigen.
Cohen fordert nicht nur einen US-Angriff auf den Irak, son- Es wurde bald deutlich, daß viele von ihnen, wenn auch
dern auch die Auslöschung des islamischen Regimes im Iran, nicht alle, der Gruppe angehören, die in diplomatischen
und politischen Kreisen
oftmals als „Israel-zuerst-
Leute“ bezeichnet wird,
was bedeutet, daß sie im-
mer die israelische Poli-
tik, oder was sie eben da-
für halten, über alles an-
dere stellen.«
Geyer meinte, diese Den-
krichtung werde »von küh-
len Köpfen in der Regierung
in Schach gehalten, das
könnte sich aber jederzeit
ändern.«42

Bushs Innerstes erhellt


Die Neokonservativen ha-
ben die Schreckenstaten des
11. September als Blitz-
schlag dargestellt, um Präsi-
dent Bush seiner Sendung
Israel beendet die Belagerung Arafats… die andere Belagerung hält an!!! bewußt zu machen: das

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Übel des Weltterrorismus zu vernichten. Es ist eine Ironie, machen. Und wenn es Staaten, Regime und Nationen gibt,
daß sich Podhoretz christlicher Terminologie bedient, um den die den Terrorismus unterstützen, hoffen wir, sie zu überre-
veränderten Bush zu beschreiben:43 den, daß es in ihrem eigenen Interesse ist, damit aufzuhören.
»Ein verwandelter – oder genauer, ein verklärter – George Aber ich denke, ich würde es bei „dem Terrorismus ein Ende
W. Bush erschien vor uns. In einem früheren Artikel [...] machen“ belassen, Herr Wolfowitz mag für sich selbst spre-
habe ich, vielleicht etwas voreilig, vorhergesagt, daß aus chen.«47
der Schwärze von Rauch und Feuertod, die der 11. Sep- Es ist jedoch bezeichnend, daß, obwohl der „Krieg gegen den
tember verbreitet hat, eine Art Offenbarung mit einer ihr Terrorismus“ nicht mit einem Angriff auf den Irak beginnen
eigenen ganz anderen Art Feuer aufgeflammt ist, die Bush sollte, die Militärpläne für genau ein solches Unterfangen
im tiefsten Inneren, in Herz und Seele erleuchtet hat. Das ausgearbeitet wurden. Ein streng geheimes Dokument, das
heißt, daß Bush sich zuvor unsicher war, warum er auser- Bush am 17. September 2001 unterzeichnete und das den
wählt worden sein sollte, Präsident der Vereinten Staaten Kriegsplan für Afghanistan umriß, beinhaltete, als einen Ne-
zu werden, jetzt plötzlich wußte er, daß ihn der Gott, dem benpunkt, Instruktionen an das Pentagon, auch Pläne für ei-
er sich schon früher als wiedergeborener Christ geweiht nen Angriff auf den Irak auszuarbeiten.48
hatte, zu einem bestimmten Zweck in das Ovale Büro ge- Bushs öffentliche Äußerungen entwickelten sich rasch in
stellt hatte. Er hatte ihn an diesen Platz gestellt, damit er Richtung auf eine Ausweitung des Krieges auf den Irak. Am
den Krieg gegen das Übel des Terrorismus führe.« 21. November 2001 erklärte er in einer Rede in Fort Camp-
Im direkten Gefolge des 11.9. erörterten Regierungs- bell, Kentucky, daß »Afghanistan nur der Anfang des Krieges
Schwergewichtler die Zielsetzung des „Krieges gegen den gegen den Terror ist. Es gibt noch andere Terroristen, die
Terrorismus“. Bob Woodward zufolge (Bush at War), hat Amerika und unsere Freunde bedrohen, und es gibt andere
Rumsfeld bereits am 12. September Nationen, die gewillt sind, sie zu unterstützen. Wir werden
»die Frage eines Angriffs auf den Irak aufgeworfen. War- nicht als Nation sicher sein, bis alle diese Bedrohungen
um sollten wir nicht gegen den Irak vorgehen, nicht nur beseitigt sind. In der ganzen Welt, und über Jahre hinweg
gegen al Kaida, fragte er. Rumsfeld sprach nicht nur für werden wir diese Bösen bekämpfen, und wir werden gewin-
sich selbst, als er die Frage aufbrachte. Sein Stellvertreter, nen.«49
Paul D. Wolfowitz hatte sich einer Politik verschrieben, die Am 26. November sagte Bush in Erwiderung auf die Frage,
den Irak zum Hauptziel in der ersten Runde im Krieg ob der Irak einer der Terroristen-Nationen sei, die er meine:
gegen den Terrorismus machen sollte.«44 »Nun, meine Botschaft ist, daß wenn man einen Terroristen
Woodward fügt hinzu: beherbergt, dann ist man ein Terrorist. Wenn man einen
»Die Terroristenangriffe vom 11. September öffneten für Terroristen füttert, dann ist man ein Terrorist. Wenn man
die USA ein neues Fenster, um gegen Hussein vorzuge- Massenvernichtungswaffen entwickelt, um die Welt zu ter-
hen.« rorisieren, wird man zur Rechenschaft gezogen werden.«
Am 15. September brachte Wolfowitz militärische Argumen- Man bemerke, daß Bush den Besitz von Massenvernich-
te vor, die eher für einen US-Angriff auf den Irak als auf Af- tungswaffen als Indikator für „Terrorismus“ mit einbezog,
ghanistan sprachen. Wolfowitz drückte die Auffassung aus, nicht hingegen Terroristen-Aktivitäten, die unabdingbar mit
daß »Afghanistan anzugreifen ungewiß sei« und gab der den Angriffen des 11. September in Verbindung standen.50
Befürchtung Ausdruck, daß die amerikanischen Truppen »in
Gebirgsgefechten stecken bleiben könnten. [...] Dagegen war Wandel vollzogen
der Irak ein wenig widerstandsfähiges unterdrückerisches Der Wandel zur Unterstützung eines breiter angelegten Krie-
Regime, das leicht zerfallen könnte. Ihn konnte man schaf- ges war vollzogen mit Bushs Rede zur Lage der Nation vom
fen.«45 29. Januar 2002, in der er offiziell den „Krieg gegen den Ter-
Die Neokonservativen konnten jedoch am Anfang ihr Ziel, rorismus“ von den speziellen Geschehnissen des 11.9. ab-
einen breiter angelegten Krieg, nicht erreichen, teilweise we- koppelte. Bush erwähnte nicht einmal bin Laden oder Al
gen des Widerstands von Außenminister Powell, der meinte, Kaida. Die Gefahr, so hieß es nun, ginge hauptsächlich von
daß sich der Krieg auf die wirklichen Täter des 11. Septem- drei Ländern aus – Iran, Irak und Nordkorea – die er „Achse
bers konzentrieren sollte. (So stellten sich tatsächlich die des Bösen“ taufte und die angeblich die Welt mit ihren Mas-
meisten Amerikaner den Krieg vor). Powells wirksamstes senvernichtungswaffen bedrohten. Bush sagte:51
Argument war seine Erklärung, daß ein amerikanischer An- »Staaten wie diese und ihre Terroristen-Verbündeten stel-
griff auf den Irak keine internationale Unterstützung erlangen len eine Achse des Bösen dar, und sind gerüstet, um den
würde. Er meinte, daß ein US-Sieg in Afghanistan es den Weltfrieden zu bedrohen. Wenn sie versuchen, Massenver-
USA erleichtern würde, sich den Irak zu einem späteren nichtungswaffen zu erlangen, stellen diese Regime eine
Zeitpunkt militärisch vorzunehmen, »wenn wir beweisen ernste und wachsende Gefahr dar. Sie könnten diese Waf-
können, daß der Irak [beim 11. September] eine Rolle ge- fen an Terroristen liefern und diesen damit das Mittel ge-
spielt hat«.46 ben, das ihrem Haß entspricht. Sie könnten unsere Ver-
Powell unterschied sich von den neokonservativen Falken bündeten angreifen oder versuchen, die Vereinigten Staa-
darin, daß er die Notwendigkeit einer internationalen Unter- ten zu erpressen. In einem jeden dieser Fälle wäre der
stützung hervorhob, im Gegensatz zum amerikanischen Uni- Preis der Gleichgültigkeit katastrophal.«
lateralismus, aber ein noch größerer Unterschied lag in seiner Die Phrase „Achse des Bösen“ ist von Bushs neokonservati-
Auffassung, daß der „Krieg gegen den Terror“ direkt mit den vem Redenschreiber David Frum geprägt worden.52
Tätern des 11. Septembers verknüpft sein müsse – Osama bin Im April 2002 führte Bush öffentlich aus, daß die amerikani-
Ladens Netzwerk. Powell wies öffentlich die Forderung von sche Politik auf einen „Regimewechsel“ im Irak ausgerichtet
Wolfowitz zurück, »Staaten ein Ende zu machen« und erwi- sei. Und im Juni erklärte er, daß die USA Präventivschläge
derte, »wir sind darauf aus, dem Terrorismus ein Ende zu gegen die Länder führen würden, die die USA bedrohten.53

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Dem zufolge, was allgemein als Weisheit gilt, stellte der Irak Angriffe den Zusammenbruch von Saddams Regime bewir-
Anfang 2002 offenbar eine solche Bedrohung dar. Außerdem ken. Amerikanische Militärführer lehnten diese Vorgehens-
begann General Tommy R. Franks, der Chef des US- weise hartnäckig als zu gefährlich ab und boten statt dessen
Zentralkommandos, Bush alle drei oder vier Wochen unter einen Plan an, bei dem ein wesentlich größeres Truppenkon-
vier Augen über die Pläne für einen neuen Irak-Krieg zu in- tingent – etwa 250.000 – zum Einsatz kommen sollte, das in
formieren.54 eher konventioneller Weise in den Irak einmarschieren sollte,
Die Neokonservativen sowohl in wie außerhalb der Regie- indem man, wie beim Golfkrieg von 1991, von den Nachbar-
rung wollten einen unilateralen US-Angriff auf den Irak, der staaten her anrückte.
nicht durch widerstrebende Ziele irgendeines Koalitionspart- Perle und die Neokonservativen fürchteten ihrerseits, daß
ners beeinträchtigt werden sollte. Diesem Vorstoß waren kein Nachbarstaat die notwendigen Basen zur Verfügung
Powells Bemühungen entgegengerichtet, Bush zu überzeu- stellen würde, so daß diese Vorgehensweise wahrscheinlich
gen, daß UN-Sanktionen notwendig seien, um einen US- bedeuten würde, daß der Krieg überhaupt nicht losginge,
Angriff zu rechtfertigen, was der Präsident zu guter Letzt oder daß sich der Widerstand gegen den Krieg in der langen
plausibel fand. Das bremste die Kriegstreiberei, stellte zu- Zeit, die zur Ansammlung einer großen Streitmacht notwen-
gleich aber auch eine Abkehr Powells von seiner ursprüngli- dig war, so formieren würde, daß die Operation aus politi-
chen Haltung dar, daß Washington nur dann gegen den Irak schen Gründen undurchführbar würde. Perle reagierte ärger-
Krieg führen sollte, wenn Bagdad eine Verwicklung in den lich auf die Einwände der Militärs und sagte, die Entschei-
Terrorismus des 11. September nachgewiesen würde. dung, den Irak anzugreifen, sei »eine politische Beurteilung,
Der UN-Sicherheitsrat beschloß, daß UN-Inspektoren mit für die diese Jungs keine Kompetenz haben«.58 Cheney und
umfassenden Inspektionsrechten bestimmen sollten, ob der Rumsfeld gingen sogar noch weiter und bezeichneten die
Irak seine Verpflichtung verletzte, alle seine Massenvernich- Generale als Feiglinge, weil sie sich nicht genug für einen
tungswaffen zu zerstören. Die Resolution 1441 des UN- Einmarsch im Irak begeisterten.59
Sicherheitsrats (8. November 2002) bürdete dem Irak die Man könnte versucht sein, Perle und den anderen Neokon-
Beweislast dafür auf, keine Massenvernich- servativen anzulasten, daß sie verrückt und
tungswaffen mehr zu besitzen. Die Resolu- größenwahnsinnig sind, wenn sie die Vor-
tion stellt fest, daß eine jede falsche Erklä- sicht der Militärs zurückweisen – wie kön-
rung oder Auslassung in der irakischen nen Laien so tun, als ob sie mehr von Mili-
Waffenauflistung einen weiteren wesentli- tärstrategie verstehen als professionelle Mi-
chen Verstoß des Irak gegen seine Ver- litärs? Richard Perle mag jedoch sein, was
pflichtungen darstelle. Dies könne den Si- er will – verrückt ist er bestimmt nicht. Er
cherheitsrat veranlassen, die Anwendung ist auch nicht dumm. Zweifellos hat er die
von militärischer Gewalt gegen den Irak in Implikationen seines Planes durchdacht.
Betracht zu ziehen. Und es ist offenbar, daß die „von-innen-
Während manche behauptet hatten, dies heraus“-Option aus Perles Perspektive ein
könne eine Abwendung des Krieges bedeu- Vorschlag war, bei dem auf jeden Fall et-
ten,55 so erlaubt dies zugleich den Vereinig- was heraus kommt.
ten Staaten, die neue UN-Resolution als le- Nehmen wir an, es funktioniert – daß mit
gale Rechtfertigung für einen Krieg zu ge- einer geringen amerikanischen Streitmacht
brauchen. Tatsächlich stand es den USA einige strategische Gebiete erobert werden
David Frum
frei, die Resolution durch einen Krieg können und die irakische Armee schnell zu-
durchzusetzen, ohne weitere Bevollmächtigung durch die sammenbricht. Dann erscheinen Perle und die Neokonservati-
UN. Der britische Journalist Robert Fisk schreibt:56 ven als Militärgenies und erhalten als Belohnung freie Zügel
»Die Vereinten Nationen können eine jede Nichtmitarbeit zur Vorbereitung einer Reihe weiterer Billigkriege in Nahost.
des Iraks mit den Waffeninspektoren debattieren, aber die Andererseits, nehmen wir an, daß die Mini-Invasion ein voll-
USA werden entscheiden, ob der Irak UN-Resolutionen ständiges Fiasko wird. Die amerikanischen Truppen werden
gebrochen hat. Mit anderen Worten: Amerika kann ohne in den Städten besiegt. Viele werden gefangengenommen
Erlaubnis der UN den Krieg erklären.« und vor der ganzen Welt vorgeführt. Saddam hält bombasti-
sche Reden, daß er die amerikanischen Angreifer besiegen
Lehnstuhl-Strategen werde. Die ganze arabische und islamische Welt feiert die
Die Neokonservativen haben nicht nur die Außenpolitik, die amerikanische Niederlage. Amerikanische Flaggen werden
zum Krieg gegen den Irak führte, bestimmt, sondern sie ha- bei massiven antiamerikanischen Demonstrationen im gesam-
ben auch bei der Ausarbeitung der Militärstrategie eine Rolle ten Nahen Osten verbrannt. Amerika wird völlig gedemütigt,
gespielt. Spitzenleute des Militärs einschließlich Angehörige als Papiertiger dargestellt, und die normalen Amerikaner se-
des Generalstabs äußerten sich ursprünglich ablehnend ge- hen all das im Fernsehen. Wie werden sie reagieren?
genüber der ganzen Idee eines solchen Krieges.57 Aber Perle Eine solche Katastrophe wäre ein neues Pearl Harbor in be-
und andere Neokonservative haben geraume Zeit darauf be- zug auf den Haß, der damit gegen den Feind hervorgerufen
harrt, daß ein Sturz Saddams wenig militärische Anstrengun- würde. Die Öffentlichkeit würde fordern, die Ehre und das
gen oder Risiken beinhalten würde. Sie drängten auf eine Ansehen Amerikas wieder herzustellen. Sie würde die ihr
Kriegsstrategie, die „von-innen-heraus“ genannt wurde, bei von den neokonservativen Propagandisten verabreichte Idee
der Bagdad und ein paar andere wichtige Städte mit einer akzeptieren, daß es um einen Krieg zwischen Amerika und
sehr kleinen Zahl von Luftlandetruppen – manchen Schät- dem Islam gehe. Washington würde einen totalen Krieg ent-
zungen zufolge mit nur 5.000 Soldaten – angegriffen werden fachen, der ein starkes Bombardement der Städte beinhalten
sollten. Den Befürwortern des Planes zufolge sollten solche würde. Und die Luftangriffe könnten sich leicht vom Irak auf

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die übrigen islamischen Nachbarstaaten ausweiten. Ein Er- Wie man vorhersehen konnte, distanzierte sich die Regierung
oberungs- und Auslöschungskrieg ist der liebste Traum der Bush am Tag nach der Konferenz von Murawiecs Szenario,
Neokonservativen, da er alle Feinde Israels im Nahen Osten dieses habe nichts mit der tatsächlichen amerikanischen Au-
vernichten würde. (Es scheint, daß das Pentagon die Irak- ßenpolitik zu tun, und Saudi-Arabien wurde als loyaler Ver-
Streitkräfte vergrößert hat, um das Risiko des oben beschrie- bündeter bezeichnet.61 Aber das Weiße Haus unternahm
benen Szenarios zu verhindern.)60 nichts, um Perle zu entfernen oder auch nur eine Rüge zu er-
teilen, weil er einen Plan zum Angriff auf einen engen Ver-
„Unsere Feinde, die Saudis“ bündeten hatte diskutieren lassen – dabei sind manche Leute
Es gibt eine Fülle von Hinweisen, daß sich der Krieg nicht wegen weit kleinerer Vergehen aus Regierungsämtern ent-
auf den Irak allein beschränken wird. Am 10. Juli 2002 in- fernt worden. Wir können ziemlich sicher sein, daß es der
formierte Laurent Murawiec auf Geheiß von Perle kurz den Regierung Bush aufgrund dieser Unterlassung nicht gelungen
Ausschuß für Verteidigungspolitik über Saudi-Arabien, des- ist, die Saudis davon zu überzeugen, daß Murawiecs Plan au-
sen freundschaftliche Beziehungen mit den USA seit über 50 ßerhalb des Bereichs der Möglichkeiten ist.
Jahren der Stützpfeiler der amerikanischen Sicherheitsstrate- Murawiecs antisaudisches Szenario tauchte gleichzeitig in
gie im Nahen Osten ist. Murawiec beschrieb das Königreich der neokonservativen Presse auf. The Weekly Standard
als Hauptunterstützer von antiamerikanischem Terrorismus, brachte in seiner Ausgabe vom 15. Juli 2002 einen Artikel
als »Kern des Bösen, die Haupttriebkraft, der gefährlichste mit der Überschrift: „Die bevorstehende Abrechnung“, von
Gegner.« Er behauptete, es sei für die USA nötig, Saudi- Simon Henderson vom neokonservativen Washington Institu-
Arabien als Feind zu betrachten. Murawiec sagte, Washing- te for Near East Policy. Und die Juli/August-Ausgabe von
ton sollte fordern, daß Riad die Finanzierung fundamentalis- Commentary, das vom American Jewish Committee heraus-
lamischer Gruppen in der ganzen Welt stoppen und alle Pro- gegeben wird, enthielt einen Artikel mit dem Titel: »Unsere
paganda gegen die USA und Israel im Land verbieten solle, Feinde, die Saudis.«62
sowie »die in die Terrorkette Verstrickten strafverfolgen oder Auch Stephen Schwartz, führender neokonservativer Experte
isolieren, einschließlich der Saudi-Nachrichtendienste«. Falls in bezug auf Saudi Arabia, gab seine Ansichten kund, aller-
sich die Saudis weigerten, das Ultimatum einzuhalten, so ar- dings mußte er einen Preis dafür zahlen. Schwartz hat zahl-
gumentierte Murawiec, dann sollten die USA in das Land reiche Artikel und kürzlich auch ein Buch verfaßt: The Two
einmarschieren und es besetzen, einschließlich der heiligen Faces of Islam: The House of Sa’ud from Tradition to Terror
Stätten Mekka und Medina, seine Ölfelder in Besitz nehmen (Die zwei Gesichter des Islam: Das Haus Sa’ud von der Tra-
und seine Finanzwerte beschlagnahmen.61 dition zum Terror), worin er eine Saudi/Wahhab-Verschwö-
Murawiec schloß die Informationsrunde mit der verblüffen- rung postuliert, den ganzen Islam zu übernehmen und Terror
den Zusammenfassung dessen, was er »eine Großstrategie in der ganzen Welt zu verbreiten. Als Folge seiner antisaudi-
für den Nahen Osten« nannte: schen Kommentare wurde Schwartz Anfang Juli 2002 von
»Irak ist der taktische Drehpunkt. Saudi-Arabien der stra- seinem erst kurz zuvor übernommenen Posten als Kommen-
tegische Drehpunkt. Ägypten ist der Preis.« tator bei Voice of Amerika entlassen und wurde dadurch in
Kurzum, das Ziel des Krieges gegen den Irak wäre die Ver- neokonservativen Kreisen zum Märtyrer.63
nichtung der engsten Verbündeten der USA. Man kann sich Wie Thomas F. Ricks in der Washington Post ausführt, stellt
schwerlich eine Politik vorstellen, die besser geeignet wäre, die von Murawiec ausgedrückte antisaudische Kriegslust eine
den gesamten Nahen Osten gegen die USA zu entflammen. Ansicht dar, die bei der Regierung Bush zunehmend um sich
Aber genau das ist das von den Neokonservativen gewünsch- greift – vor allem beim Stab von Vizepräsident Cheney und
te Ergebnis.61 bei der zivilen Führung des Pentagons – und bei neokonser-
vativen Verfassern und
Denkern, die eng mit den
Politikmachern in der
Regierung verbündet
sind.64
Im November 2002 war
das antisaudische Thema
bei den Massenmedien
angelangt – mit einem
Artikel in Newsweek, der
eine finanzielle Unter-
stützung der Terroristen
des 11. Septembers durch
die königliche Familie
der Saudis andeutete so-
wie diesbezüglichen
Kommentaren durch füh-
rende Personen im Senat,
wie Joseph Lieberman (D-
Conn.), John McCain (R-
Ariz.), Charles Schumer
»Du nennst mich einen „Mann des Friedes“??? (D-New York), and Ri-
Warum bestehst Du darauf, meinen Ruf zu ruinieren?« chard Shelby (R-Ala.).65

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Die Politik der Bush-Regierung ist weit vorangekommen, hat Im April 2002 äußerte der führende israelische Militärhisto-
aber immer noch nicht das erreicht, was die Neokonservati- riker Martin van Creveld, daß ein US-Angriff auf den Irak
ven wollen: einen Krieg der USA gegen den gesamten Islam. für Premierminister Sharon die Deckung liefern könnte, um
Podhoretz, der ranghöchste Sprecher der Neokonservativen die Palästinenser mit Gewalt vom Westufer wegzuschaffen.
erklärte: »Der militante Islam stellt heute ein Wiederaufleben Nach Crevelds Ansicht »würde die Vertreibung der Palästi-
des Expansionismus durch das Schwert« aus der Frühzeit des nenser nur ein paar Brigaden erfordern«, wenn sich diese
Islams dar.66 Nach Auffassung von Podhoretz dürfen die auf »schwere Artillerie« stütze. Creveld fuhr fort:70
USA nicht einfach in der Defensive verharren, wenn sie ei- »Israelische Militärexperten schätzen, daß ein derartiger
nen wieder hochkommenden Islam überleben wollen, son- Krieg in nur acht Tagen vorbei sein könnte. Wenn die ara-
dern müssen den militanten Islam an seinem direkten Ur- bischen Staaten nicht intervenieren, werden am Ende die
sprung in Nahost zermalmen. Palästinenser vertrieben sein und Jordanien in Ruinen lie-
»Die Regime, die es reichlich verdienen, gestürzt und er- gen. Wenn sie aber intervenieren, wäre das Ergebnis das
setzt zu werden, beschränken sich nicht auf die drei im ein- gleiche, und der Großteil der arabischen Armeen wäre
zelnen bezeichneten Mitglieder der Achse des Bösen. Diese vernichtet. [...] Israel würde wieder triumphieren, wie
Achse sollte mindestens auch Syrien und den Libanon und schon 1948, 1956, 1967 und 1973.«
Libyen umfassen, wie auch „Freunde“ Amerikas wie die Obwohl Creveld sich nicht gegen diese drohende Vertrei-
königliche Familie der Saudis und Ägyptens Hosni Mu- bung aussprach, gab im September 2002 eine Gruppe israeli-
barak, zusammen mit den palästinensischen Behörden, scher Akademiker ihre Opposition kund. In ihrer Erklärung
egal ob Arafat oder einer seiner Henker an ihrer Spitze hieß es:71
steht.« »Wir sind tief besorgt über die Anzeichen, daß die israeli-
Nach der großen Eroberung sollten die USA die gesamte Re- sche Regierung den „Nebel des Krieges“ dazu ausnutzen
gion neu organisieren, was eine Zwangsumerziehung der könnte, weitere Verbrechen gegen das palästinensische
Menschen dort zur Folge haben sollte, damit sie die Denkli- Volk zu begehen, bis hin zu einer kompletten ethnischen
nie von Amerikas Führung übernehmen. Podhoretz gesteht Säuberung. [...] Der israelischen Regierungskoalition ge-
ein, daß die Menschen des Nahen Ostens, bei einer freien hören Parteien an, die einen „Transfer“ der palästinensi-
demokratischen Wahl eine antiamerikanische und antiisraeli- schen Bevölkerung propagieren, als Lösung dessen, was
sche Politik und entsprechende Führer wählen könnten. Aber sie ‚das demographische Problem’ nennen. Es werden re-
er verkündet, daß »es eine Politik gibt, die dies abwenden gelmäßig Politiker in den Medien zitiert, die eine Zwangs-
kann«, vorausgesetzt, »daß wir dann hart genug sind, den vertreibung vorschlagen, erst kürzlich [die Knesset-
besiegten Parteien eine neue politische Kultur aufzuzwingen. Abgeordneten] Michael Kleiner und Benny Elon, wie am
Genau das haben wir direkt und ohne uns zu entschuldigen 19. September 2002 auf der Webseite von Yediot Ahronot
in Deutschland und Japan getan, nachdem wir den Zweiten berichtet wurde. In einem Interview mit der Zeitung
Weltkrieg gewonnen haben.«67 Ha’aretz beschrieb Stabschef Moshe Ya’alon kürzlich die
Palästinenser als „Krebserscheinung“ und verglich die
Vertreibung Militäraktionen in den besetzten Gebieten mit „Chemothe-
In Israel selbst wäre jedoch nicht zu erwarten, daß die Araber rapie“. Er regte an, daß eine noch radikalere „Behand-
»eine neue politischer Kultur« übernehmen; man würde da- lung“ nötig sein könnte. Premierminister Sharon hat dies
von ausgehen, daß sie verschwinden. als „Beschreibung der Realität“ mitgetragen. Zunehmende
Eine Vertreibung der Palästinenser ist unabdingbar mit einem rassistische Demagogie in bezug auf die palästinensischen
Nahost-Krieg zusammengekoppelt – oder, mit Ben Gurions Bürger Israels geben einen Hinweis auf das Ausmaß der
Ausdruck, mit »revolutionären Zeiten«. Als der „Krieg gegen Verbrechen, die möglicherweise erwogen werden.«
den Terror“ nach dem 11. September heißer wurde, kam auch Die jordanische Regierung, die fürchtete, daß Israel bei ei-
die Erörterung eines Zwangs-„Transfers“ der Palästinenser nem zu erwartenden US-Angriff auf den Irak die palästinen-
wieder ins Zentrum der israelischen Politik. Illan Pappe zu- sische Bevölkerung nach Jordan treiben könnte, forderte im
folge, einem jüdisch-israelischen revisionistischen Histori- Herbst 2002 eine öffentliche Versicherung von der israeli-
ker:68 schen Regierung, daß diese nichts Derartiges unternehmen
»Man kann sehen, wie über diese neue Beteuerung in ganz werde. Die Sharon-Regierung hat es aber abgelehnt, sich öf-
Israel geredet wird: die Erörterungen von Transfer und fentlich von einer Vertreibungspolitik zu distanzieren.72
Vertreibung, die von der extremen Rechten benutzt wurden,
sind jetzt der gute Ton bei der Mitte.« Nur ein Vorwand
Sogar Benny Morris, der Papst der revisionistischen Histori- Wie man jetzt sieht, war der „Krieg gegen den Terrorismus“
ker Israels, unterstützt ausdrücklich die Vertreibung der Palä- nie als Krieg zur Ergreifung und Bestrafung der Täter der
stinenser im Falle eines Krieges. »Dieses Land ist so klein,« Verbrechen des 11. Septembers geplant. Der 11. September
rief Morris aus, »daß es keinen Platz für zwei Völker gibt. In lieferte für die Regierungsführer einfach einen Vorwand, um
fünfzig oder hundert Jahren wird es nur einen Staat zwischen langfristige politische Pläne umzusetzen. Wie schon anders-
dem Meer und dem Jordan geben. Dieser Staat muß Israel wo ausgeführt wurde, einschließlich meiner eigenen Artikel,
sein.« sahen die Ölinteressen und die amerikanischen Imperialisten
Laut einer jüngst erhobenen Umfrage, die von Israels Jaffee den Krieg als ein Mittel an, um das ölreiche Zentralasien dem
Center for Strategic Studies durchgeführt wurde, unterstützt amerikanischen Herrschaftsbereich einzuverleiben.73
fast die Hälfte der Israelis eine Vertreibung der Palästinenser Obwohl dies erreicht wurde, ist die US-Marionettenregierung
vom Westufer und Gaza, und fast ein Drittel unterstützt die von Hamid Karzai in Afghanistan in einer gefährlichen Lage.
Vertreibung der israelischen Araber. Drei Fünftel befürwor- Karzais Macht scheint auf seine unmittelbare Umgebung be-
ten, »israelische Araber zu ermuntern, wegzugehen.«69 grenzt zu sein, und er muß von amerikanischen Leibwächtern

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geschützt werden. Um den Rest von Afghanistan kämpfen das Wachstum anderswo den möglichen Anteil des Irak auf
weiterhin verschiedene Kriegsherren und sogar die wieder vielleicht 5% begrenzen, was zwar signifikant, aber immer
hochkommenden Taliban.74 Anstatt mit eigenen Bemühungen noch im zweiten Drittel der Ölnationen ist.«
zur Konsolidierung der Lage in Zentralasien beizutragen, hat Ein Krieg würde die Ölindustrie in der gesamten Golfregion
Washington sein Augenmerk jetzt darauf gerichtet, die Kon- einer großen Gefahr aussetzen. William D. Nordhaus, Ster-
trolle über den Nahen Osten zu erlangen. ling Professor of Economics in Yale und Mitglied von Präsi-
Allem Anschein nach sind die Hauptpolitikmacher in der Re- dent Carters Ökonomischen Ratgeberausschuß schreibt:79
gierung Bush schon die ganze Zeit über die neokonservativen »Ein Krieg im Persischen Golf könnte eine größere Um-
Likud-Anhänger. Die Kontrolle über Zentralasien ist sekun- wälzung auf dem Ölmarkt hervorrufen, sei es aufgrund von
där in bezug auf die Kontrolle des Nahen Ostens. Tatsächlich materiellen Schäden oder weil die politischen Ereignisse
könnte der Krieg gegen Afghanistan für die führenden Neo- die Ölproduzenten dazu veranlassen, die Produktion nach
konservativen nur ein Eröffnungsspiel gewesen sein, das dem Krieg zu drosseln.
notwendig war, um ihr letztes und entscheidendes Ziel zu er- Ein besonders besorgniserregender Ausgang wäre eine
reichen: die US-Kontrolle über den Nahen Osten, im Interes- vollständige Zerstörung der Ölanlagen im Irak und mögli-
se Israels. Das entspricht dem, was revisionistische Historiker cherweise in Kuwait, dem Iran und Saudi-Arabien. Im er-
als Franklin D. Roosevelts „Hintertür zum Krieg“ für den sten Golfkrieg zerstörte der Irak auf dem Rückzug viele
Zweiten Weltkrieg dargestellt haben. Roosevelt wollte Krieg kuwaitischen Ölquellen und andere Öl-Infrastruktur.
mit Japan, um gegen Deutschland kämpfen zu können, und Die Sabotage verminderte die kuwaitische Ölproduktion
er provozierte Japan, US-Kolonialbesitz im Fernen Osten fast ein Jahr lang, und der Vorkriegsstand der Ölprodukti-
anzugreifen. Nachdem die Vereinigten Staaten durch die on wurde erst wieder 1993 erreicht – fast zwei Jahre nach
Hintertür in den Krieg eingetreten waren, konzentrierte Kriegsende im Februar 1991.
Roosevelt die militärischen Bemühungen Amerikas auf Sofern die irakische Führung bei einem neuen Krieg nicht
Deutschland.75 völlig überrumpelt wird, wären die Streitkräfte des Irak
wahrscheinlich in der Lage, die Ölförderanlagen des Irak
Öl als Motiv zu zerstören. Zwar spricht in Friedenszeiten nichts für eine
Aber was hat es mit dem amerikanischen Wunsch auf sich, derartige Zerstörung, aber in Kriegszeiten kann ein solches
das irakische Öl zu kontrollieren? Der Irak besitzt nach Sau- Selbstopfer nicht ausgeschlossen werden. Die Kontaminie-
di-Arabien die zweitgrößten nachgewiesenen Ölreserven. rung der Ölanlagen in der Golfregion durch biologische
Außerdem glauben viele Experten, daß der Irak unermeßliche oder chemische Waffen würde eine noch schlimmere Be-
noch nicht entdeckte Ölreserven hat, durch die das Land fast drohung für die Ölmärkte darstellen.«
Saudi-Arabien gleichkommt. Die meisten Kriegskritiker un- Nordhausens Vorhersage mag übertrieben schwarz sein. Das
terstellen, daß der Wunsch amerikanischer Ölgesellschaften, entscheidende ist jedoch, daß die Experten einfach nicht ab-
das irakische Öl zu kontrollieren, das Motiv der US-Kriegs- schätzen können, was passieren wird. Ein Krieg stellt ein
politik sei. Manche Leute, vor allem Kriegsbefürworter, ha- enormes Risiko dar. Der Wirtschaftsanalytiker Robert J. Sa-
ben auch argumentiert, daß die Vereinigten Staaten, wenn sie muelson schlußfolgert in seiner Abschätzung der möglichen
erst die Kontrolle über das irakische Öl erlangt hätten, die wirtschaftlichen Folgen eines Krieges gegen den Irak:80
Welt mit billigem Öl überschwemmen und so die amerikani- »Wenn es um Frieden und Wohlstand geht, dann macht
sche wie auch die Weltwirtschaft aus der Rezession heraus- Krieg keinen Sinn. Aber wenn eine jetzige Auseinanderset-
stoßen könnten.76 zung einen späteren Krieg verhindert, der kostspieliger
Obwohl diese Argumente oberflächlich plausibel erscheinen, wäre, dann macht er durchaus Sinn.«
hat das Öl-Kriegsmotiv eine Reihe ernster Fehler. Zum ersten Damit soll nicht geleugnet werden, daß gewisse Ölgesell-
scheinen es nicht die Vertreter der Ölindustrie oder die gro- schaften von einem Krieg in Nahost profitieren könnten, wie
ßen Wirtschafts-Mogule zu sein, die nach einem Krieg auch manche Unternehmen von jedem Krieg profitieren. Vor
schreien. Dem Ölanalytiker Anthony Sampson zufolge „ha- allem für US-Ölgesellschaften bestünde die Aussicht, Ge-
ben die Ölgesellschaften wenig Einfluß auf die Entschei- winn aus der amerikanischen Kontrolle über den Irak zu zie-
dungsprozesse der US-Politik. Die meisten großen amerika- hen, da zu erwarten wäre, daß amerikanischen Gesellschaften
nischen Gesellschaften, einschließlich der Ölgesellschaften, in einer US-geförderten Nachkriegsregierung des Irak bevor-
glauben nicht, daß ein Krieg gut fürs Geschäft sei, wie die zugt und die einträglichsten Ölgeschäfte ergattern würden.
fallenden Aktienpreise zeigen.77 Daß spezielle Ölgesellschaften davon profitieren würden,
Ferner ist nicht ersichtlich, daß ein Krieg für die Ölindustrie widerlegt aber nicht das allgemeine Argument, daß ein Krieg
oder die Weltwirtschaft gut wäre. Warum sollte das Große Öl ein großes Risiko für die amerikanische Ölindustrie und die
einen Krieg riskieren wollen, der in einer ganzen Region ei- amerikanische Wirtschaft insgesamt bedeutet.
nen Großbrand entfachen, und damit seine derzeitigen Inve- Amerikanischer Imperialismus dürfte als strategisches Motiv
stitionen im Golf gefährden könnte? Der Irak hat in der Tat plausibler sein als die wirtschaftlichen Interessen der Ölindu-
bedeutende Ölreserven, aber es gibt keinen Grund zu glau- strie und der Wirtschaft im allgemeinen. Statt des derzeitigen
ben, daß sie eine direkte Auswirkung auf den Ölmarkt haben indirekten Einflusses über die ölproduzierenden Gebiete des
würden. Daniel Yergin, der Vorsitzende von Cambridge Nahen Ostens könnten die USA direkte Kontrolle erlangen,
Energy Research Associates führt aus:78 entweder mittels einer Marionetten-Regierung im Irak, die
»Was die Produktionskapazität angeht, repräsentiert der Washington genügend Einfluß gewährt, um den restlichen
Irak nur 3% der Welt-Gesamtmenge. Seine Ölexporte sind Staaten im Nahen Osten zu diktieren, oder eine tatsächliche
auf dem gleichen Niveau wie die von Nigeria. Selbst wenn direkte US-Kontrolle über sowohl den Irak wie auch andere
der Irak seine Kapazität verdoppeln würde, könnte dies Teile des Nahen Ostens. Vermutlich würde dieser Zustand
mehr als ein Jahrzehnt dauern. In der Zwischenzeit würde eine größere Sicherheit für den Ölfluß bieten, als dies ge-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 299


genwärtig der Fall ist, wo die Vasallenstaaten etwas Auto- Da Amerika durch seine Vasallen-Staaten – Saudi-Arabien
nomie genießen und die Möglichkeit besteht, daß sie von an- und die Golf-Emirate – bereits beträchtliche Macht in der öl-
tiamerikanischen Kräften gestürzt werden. Der Neokonserva- produzierenden Golfregion ausübt, ist es schwer zu verste-
tive Robert Kagan behauptet:81 hen, warum die amerikanischen Imperialisten eine radikale
»Wenn wir wirtschaftliche Probleme haben, wurde dies Abwendung von ihrer Status-quo-Politik machen sollten.
durch eine Unterbrechung unserer Ölversorgung verur- Würde der Nutzen, der durch eine direkte Kontrolle der Re-
sacht. Wenn wir Streitkräfte im Irak haben, wird es keine gion erlangt werden könnte, die damit verbundenen Risiken
Unterbrechung der Ölversorgung geben.« aufwiegen? Ein Krieg könnte virulente antiamerikanische
Die Neokonservativen versuchen oft, diesen geplanten ame- Kräfte freisetzen, die Amerikas Vasallenstaaten in Nahost
rikanischen Kolonialismus zu beschönigen, indem sie be- destabilisieren und zu Terroristen-Angriffe auf die amerika-
haupten, daß die USA nur Demokratie verbreiten würden. Sie nische Heimat aufreizen könnten. Außerdem würde eine
implizieren, daß die „demokratischen“ Regierungen in Nah- amerikanische Militärbesetzung des Irak – ganz zu schwei-
ost die amerikanische Politik unterstützen würden, ein- gen von anderen Nahostländern – dem Volk und der Regie-
schließlich einer Unterstützung Israels und einer Ölpolitik, rung der Vereinigten Staaten eine schwere Last aufbürden.86
die sich am Wohlergehen der USA ausrichtet. Würde das amerikanische Volk eine solche Belastung akzep-
Aber angesichts der dort weitverbreiteten antizionistischen tieren? Würde es die brutale Vorgehensweise mittragen, die
und antiamerikanischen Haltung erscheint es höchst unwahr- notwendig wäre, um eine jede Opposition zu unterdrücken?
scheinlich, daß Regierungen, die den Volkswillen vertreten, Um 1950 wollten die Franzosen nicht die Brutalität mittra-
jemals eine solche Politik verfolgen würden. Nur eine gen, die notwendig war, um die Kolonialherrschaft in Algeri-
nichtrepräsentative Diktatur kann proamerikanisch und prois- en aufrechtzuerhalten. Selbst in der totalitären Sowjetunion
raelisch sein. Der zionistische US-Abgeordnete Tom Lantos erzwang die Volksmeinung die Aufgabe des imperialisti-
(D-Kalif.) äußerte offen, um die Befürchtungen eines israeli- schen Abenteuers in Afghanistan, was zum Zerfall des ge-
schen Knesset-Abgeordneten zu dämpfen:82 samten Sowjetreiches beitrug. Kurzum, ein Wechsel von der
»Ihr werdet keinerlei Probleme mit Saddam haben. Wir indirekten zur direkten Kontrolle über den Nahen Osten müß-
werden den Bastard schon bald loswerden. Und an seiner te den Männern, denen es nur um das Anwachsen der ameri-
Stelle werden wir einen pro-westlichen Diktator installie- kanischen Imperialmacht geht, als das schlimmste Risiko er-
ren, der für uns und für euch gut sein wird.« scheinen, weil dadurch Amerikas gesamte imperiale Planung
unterminiert werden könnte.
Banaler Imperialismus einer raumfremden Macht Eine direkte amerikanische Kontrolle des Nahen Ostens wür-
Die USA würden durch eine Kontrolle der Öllieferungen aus de sich nicht nur als schwere Belastung für das amerikani-
Nahost sicherlich ihre Welt-Dominierung erhöhen. Aber die sche Volk erweisen, sondern zweifellos auch Rückschläge
amerikanischen Imperialisten, die nicht in irgendeiner Weise bei anderen Ländern hervorrufen. Das scheint geradezu ein
mit der Likud-Position Israels verknüpft sind – z.B. Zbigniew Gesetz der internationalen Beziehungen zu sein, das schon
Brzezinski und Brent Scowcroft – stehen einem Nahost- seit der im Peloponnesischen Krieg geübten Politik des
Krieg ablehnend gegenüber .83 Wenn eine solche Kriegspoli- Gleichgewichts der Kräfte gilt. Christopher Layne führt
tik ein offensichtlicher Segen für den amerikanischen Impe- aus:87
rialismus wäre, warum wird sie dann von führenden ameri- »Die Geschichtsüberlieferung zeigt, daß Hegemonie in der
kanischen Imperialisten nicht gierig aufgenommen? Eine di- realen Welt nie eine auf Dauer gewinnbringende Strategie
rekte koloniale Kontrolle der internen Angelegenheiten eines gewesen ist. Der Grund ist einfach: Das Hauptziel der
Staates wäre ein bedeutsamer Bruch mit der amerikanischen Staaten in der internationalen Politik ist es, zu überleben
Politik des letzten halben Jahrhunderts. Amerika kann zwar und die eigene Souveränität zu bewahren. Und wenn ein
Vasallenstaaten und ein inoffizielles Empire haben, aber ein Staat zu mächtig wird – die Vorherrschaft übernimmt – ist
direkter Imperialismus, wie ihn eine Besetzung des Nahen das Ungleichgewicht der Kräfte zu seinen Gunsten eine
Osten mit sich brächte, wäre, wie Mark Danner es in der New Bedrohung für die Sicherheit aller anderen Staaten. Daher
York Times formulierte, »dem Sich-Bescheiden auf eine Ein- hat in der ganzen modernen Geschichte der Politik rund
dämmungspolitik, der Ideologie einer Status-quo-Macht ganz um die Welt das Entstehen einer Hegemonialmacht die Bil-
fremd, die der amerikanischen Strategie ein halbes Jahrhun- dung von Allianzen anderer Staaten gegen die Hegemonie
dert lang am Herzen lag.«84 ausgelöst.«
Darüber hinaus besteht ein grundlegender Aspekt der ameri- Das britische Empire, das eine Ausnahme von der Regel ei-
kanischen Globalpolitik in der Aufrechterhaltung von Frie- nes unvermeidlichen Fehlschlags der Hegemonialmacht zu
den und Stabilität in der Welt. Washington predigt anderen bilden scheint, erlangte seinen Erfolg aufgrund seiner Vor-
Ländern in bezug auf Gewaltanwendung Redlichkeit und Zu- sicht. Owen Harries, der Herausgeber von National Interest,
rückhaltung. Sofern also die USA einen Präventivschlag ge- hat ausgeführt, daß Englands imperiale Erfolge auf seine
gen ein Land führen, würde dies zweifellos ihre Fähigkeit ziemlich behutsame Vorgehensweise zurückgehen. In der
beeinträchtigen, anderen Ländern, die auch einen Präventiv- Ausgabe vom Frühling 2001 bemerkt Harries:88
schlag gegen ihre Feinde für notwendig erachten, Zurückhal- »England war die einzige Hegemonialmacht, die nicht die
tung aufzuerlegen. Kurzum, die Führung eines Präventiv- Bildung einer feindlichen Koalition gegen sich auslöste. Es
krieges würde die gesamte Weltordnung destabilisieren, die vermied dieses Schicksal, indem es sich bei der Ausübung
die USA angeblich in ihrem „Krieg gegen den Terrorismus“ seiner Macht in der Hauptarena große Beschränkungen
bewahren wollen. In der Tat wird die globale Stabilität oft- auferlegte, Vorsicht und Fingerspitzengefühl walten ließ,
mals als zentraler Punkt der weltweiten Wirtschaftsverflech- indem es im allgemeinen abseits stand und sich auf die
tungen angesehen, die der Schlüssel des amerikanischen Rolle eines Vermittlers beschränkte, der nur im äußersten
Wohlstands sind.85 Notfall eingreift. Damit folgte es der Warnung, die Edmund

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Burke gegeben hatte, als die Ära seiner Vorherrschaft eben fürworter eines solchen Krieges, und sie haben einflußreiche
anfing: „Ich fürchte unsere eigene Macht und unseren ei- Posten in der Außenpolitik und der Nationalen Sicherheit der
genen Ehrgeiz. Ich fürchte, zu sehr gefürchtet zu werden.“ Bush-Regierung inne.
Ich glaube, die USA brauchen jetzt unbedingt eine solche Wenn es nicht um Israel und Juden ginge, wäre nichts Be-
Warnung.« sonderes an meiner These. In der Geschichte der Außenpoli-
Ganz augenscheinlich wäre eine amerikanische Übernahme tik wurde oft behauptet, daß die eine oder andere Führungs-
der wichtigsten ölproduzierenden Gebiete der Welt alles an- persönlichkeit durch Bande zur Wirtschaft, einer Ideologie
dere als ein vorsichtiger Zug. Es wäre ein klassisches Bei- oder einem auswärtigen Staat motiviert sei. George Washing-
spiel für das, was der Historiker Paul Kennedy als „imperiale ton hat in seiner Abschiedsrede die Auffassung ausgedrückt,
Überdehnung“ bezeichnet. Im Nahen Osten festgebunden, daß die größte Gefahr für die amerikanische Außenpolitik die
wäre es für die USA schwieriger, Bedrohungen ihrer Macht „Hingabe“ einflußreicher Amerikaner an eine auswärtige
im Rest der Welt zu begegnen. Selbst jetzt schon ist es frag- Macht sei, wodurch die US-Außenpolitik auf den Nutzen
würdig, ob das US-Militär dazu in der Lage ist, zwei Kriege dieser Macht und zum Schaden der USA ausgerichtet werde.
gleichzeitig auszufechten, ein Problem das (aus Sicht des US- Genau eine solche Situation liegt derzeit vor.
Regimes) mit der Streitlust Nordkoreas zum Vorschein ge- Wir können nur mit Furcht in die nahe Zukunft schauen,
kommen ist.89 Es ist eigentlich nicht ersichtlich, warum intel- denn, um es mit den unheilkündenden Worten Robert Fisks
ligente amerikanische Imperialisten, für die nur die Machtfül- auszudrücken:92
le der USA zählt, die gerade jetzt an erster Stelle in der gan- »Ein Feuersturm naht heran.«
zen Welt stehen, den Wunsch haben sollten, das Risiko eines
Nahost-Krieges und einer Besetzung einzugehen. Anmerkungen
1
Paul W. Schroeder, »Iraq: The Case Against Preemptive War«, The
Kein amerikanisches Motiv American Conservative, 21. Oktober 2002
Die vorstehende Analyse führt nicht nur zu der Schlußfolge- (www.amconmag.com/10_21/iraq.html). In Wirklichkeit beobachten wir
rung, daß die Neokonservativen offensichtlich an vorderster nicht zum ersten Mal, daß eine mächtige Nation unter Führung einer
Front der Kriegsbefürworter sind, sondern auch, daß die Mo- schwächeren steht. Charles C. Tansill, der große revisionistische Histori-
ker diplomatischer Beziehungen schrieb: »Das Hauptziel der amerikani-
tive der proisraelischen Likud-Anhänger die logischsten,
schen Außenpolitik seit 1900 ist die Erhaltung des Britischen Weltrei-
vielleicht gar die einzigen logischen Motive für einen Krieg ches«. (Back Door to War. Chicago: Chicago University Press, 1952,
sind. Wie ich ausgeführt habe, wollten die Likud-Anhänger S.3.) England konnte sein Ziel aufgrund der Propaganda der Medien und
immer in einer radikalen Weise das Palästinenserproblem in hochstehenden Sympathisanten in den USA erreichen. Siehe Nicholas
den besetzen Gebieten behandeln – ein Problem, das aus ih- John Cull, Selling War. The British Propaganda Campaign against
rer Sicht wegen der demographischen Veränderungen American “Neutrality” in World War II (Oxford University Press, 1995)
und Thomas E. Mahl, Desperate Deception: British Covert Operations in
schlimmer geworden ist. Ein US-Krieg im Nahen Osten wür- the United States, 1939-44 (Washington: Brassey’s, 1998).
de zum gegenwärtigen Zeitpunkt ein Fenster voller Möglich- 2
Benjamin Ginsberg, The Fatal Embrace. Jews and the State (Chicago:
keiten für eine Endlösung dieses Problems ergeben und Isra- University of Chicago Press, 1993), S. 231. Über die Verbindungen zwi-
els Dominanz in der Region erhöhen. Die derzeitige aus Sicht schen Juden, dem Zionismus und den Neokonservativen siehe Paul Gott-
der Likud-Strategen so gefährliche Lage würde erhebliche fried, The Conservative Movement (New York: Twayne Publishers,
1993); J. J. Goldberg, Jewish Power. Inside the Jewish Establishment
Risiken rechtfertigen. Und ein Blick in die Geschichte zeigt, (Reading, Mass.: Addison Wesley Publishing Company, Inc., 1996), S.
daß Länder, deren Führer glaubten, schweren Problemen ge- 159-162; Peter Steinfels, The Neoconservatives: The Men Who Are
genüberzustehen, eine risikoreiche Politik verfolgten – wie Changing America’s America’s Politics (New York: Simon and Schuster,
Japan 1941.90 1979); Gary Dorrien, The Neoconservative Mind Politics, Culture, and
Im Gegensatz dazu stehen die USA derartig schlimmen Be- the War of Ideology (Philadelphia: Temple University, 1993); und James
Neuchterlein, »This Time: Neoconservatism Redux«, First Things, 66
drohungen keineswegs gegenüber. Die amerikanischen Impe-
(Oktober 1996), S. 7f.
rialisten dürften mit dem Status quo einigermaßen zufrieden (www.firstthings.com/ftissues/ft9610/opinion/neuchterlein.html).
und nicht geneigt sein, irgendein Risiko einzugehen, das ihn 3
Joshua Micah Marshall, »Bomb Sadddam?: How the obsession of a few
gefährdet. neocon hawks became the central goal of U.S. foreign policy«, Washing-
Die Schlußfolgerungen, die ich in diesem Artikel gezogen ton Monthly, Juni 2002
habe, erscheinen offensichtlich, werden aber selten in der Öf- (www.washingtonmonthly.com/features/2001/0206.marshall.html); Kath-
leen und Bill Christison, »A Rose By Another Name. The Bush Admini-
fentlichkeit angeschnitten, weil die jüdische Macht ein Tabu- stration’s Dual Loyalties«, CounterPunch, 13. Dezember 2002
Thema ist. Der unerschrockene Joseph Sobran formulierte es (www.counterpunch.org/christison1213.html). Siehe auch Christopher
so:91 Matthews, »The road to Baghdad«, San Francisco Chronicle, 24. März
»Man darf die Macht einer jeden anderen Gruppe erör- 2002; Justin Raimondo, »Our Hijacked Foreign Policy: Neoconserva-
tern, von den Black Muslims bis zur christlichen Rechten, tives take Washington – Baghdad is next«, 25.März 2002
(www.antiwar.com/justin/j032502.html); Holger Jensen, »Pre-Emption,
aber die viel größere Macht des jüdischen Establishments
Disarmament Or Regime Change? Teil III«, 7. Oktober 2002
ist verbotenes Terrain.« (www.antiwar.com/orig/jensen1b.html); Scott McConnell, »The Struggle
Rekapitulieren wir also nochmals die Hauptpunkte dieses Es- over War Aims: Bush versus the Neo-Cons«, 25. September 2002
says, um „Haß“ oder „Antisemitismus“ Einhalt zu gebieten. (www.antiwar.com/mcconnell/mc092501.html); und Jim Lobe, »Neocon-
Erstens, die Auslösung eines Nahostkrieges zur Lösung der servatives Consolidate Control over U.S. Mideast Policy«, Foreign Pol-
Sicherheitsprobleme Israels ist seit langem eine Bestrebung icy in Focus, 6.Dezember 2002 (http://www.foreignpolicy-
infocus.org/commentary/2002/0212abrams.html). Wie man sehen wird,
bei rechten Likudanhängern in Israel. Ferner argumentierten stammt ein Großteil des Materials dieses Artikels von Verfassern, die der
die Likud-hörigen Neokonservativen schon vor den Schrek- Auffassung sind, daß die Neokonservativen eine treibende Kraft in bezug
kensereignissen des 11. September 2001 für eine amerikani- auf einen Krieg gegen den Irak sind.
4
sche Beteiligung an einem solchen Krieg. Seit dem 11. Sep- Tom Segev, One Palestine, Complete: Jews und Arabs under the British
tember stehen die Neokonservativen an der Spitze der Be- Mandate (New York: Metropolitan Books, 2000), S. 404f. Bezüglich ei-

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ner Geschichte der zionistischen Vertreibungsvorstellungen siehe Nur In Interagency Fights, His Views Often Prevail,« Washington Post, 13.
Masalha, Expulsion of the Palestinians: The Concept of ‘Transfer” in Oktober 2002, A-1.
23
Zionist Political Thought, 1882-1948 (Washington: Institute of Palestine Ian Urbina, »Rogues’ Gallery: Who Advises Bush and Gore on the Mid-
Studies, 1992). dle East?«, Middle East Report, 216, Herbst 2000
5
Zitiert in Norman Finkelstein, Image und Reality of the Israel-Palestine (www.merip.org/mer/mer216/216_urbina.html).
24
Conflict, Einleitung zur deutschen Ausgabe (10. Juli 2002) J.M. Marshall, aaO. (Anm. 3).
25
(www.normanfinkelstein.com/id127.htm). Eric Boehlert, »The Armchair General«, Salon, 5. September 2002
6
Ralph Schoenman, The Hidden History of Zionism, Kapitel 12, »Strategy (www.salon.com/news/feature/2002/09/05/perle/). Sidney Blumenthal
for Conquest«, 1988 schrieb, daß Perk »bei der Ausformung der Nuklearwaffen-Politik der
(http://www.balkanunity.org/mideast/english/zionism/ch12.htm). Regierung wohl mehr als jede andere Person aktiv war, mit Ausnahme
7
Yehoshafat Harkabi, Israeli Fateful Hour (New York: Harper & Row, von Reagan selbst.« (»Richard Pede, Disarmed but Undeterred«, Wa-
1988), S. 57f. shington Post, 23. November 1987, S. B-1.)
8
Stephen R. Shalom, »The United States and the Iran-Iraq War«, 26
Holger Jensen, aaO. (Anm. 3); J. Vest, aaO. (Anm. 15); und Seymour M.
http://www.zmag.org/zmag/articles/ShalomIranIraq.html; Jeremy Scahill, Hersh, »Kissinger and Nixon in the White House«, The Atlantic Monthly,
»The Saddam in Rumsfeld’s Closet«, Common Dreams, 2. August 2002, 24:5 (Mai 1982) (www.theatlantic.com/issues/82may/hershwh2.htm).
http://www.commondreams.org/views02/0802-01.htm; Robert Windrem, 27
E. Boehlert, aaO. (Anm. 25).
»Rumsfeld key player in Iraq policy shift«, MSNBC, 18. August 2002, 28
Ronald Bleier, »Sharon Routs Bush: Palestinians now vulnerable to ex-
http://www.msnbc.com/news/795649.asp; Chris Bury, »The U.S.-Iraq re- pulsion«, August 2001 (http://desip.igc.org/SharonRoutsBush.html), und
lationship was not always about confrontation«, 18. September 2002, Bleier, »The Next Expulsion of the Palestinians«, Januar 2001
http://abcnews.go.com/sections/nightline/DailyNews/us_iraq_history_1_ (http://desip.igc.org/TheNextExpulsion.html).
020917.ht ml; und Michael Dobbs, »U.S. Had Key Role in Iraq Buildup«, 29
Tikva Honig Parnass, »Israel’s Recent Conviction: Apartheid in Palestine
Washington Post, 30. Dezember 2002, S. A-1,
Can Only Be Preserved through Force«, Between the Lines, September
http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/articles/A52241-
2001 (www.between- lines.org/archives/2001/sep/Tikva_Honig-
2002Dec29.html.
9 Parnass.htm).
B. Ginsberg, aaO. (Anm. 2), S. 208. 30
10 R. Bleier, »Sharon Gears Up for Expulsion«, Januar 2002
Christopher Lane, »Why the Gulf War was Not in the National Interest«,
(http://desip.igc.org/SharonGearsUp.html).
The Atlantic, Juli 1991 (www.theatlantic.com/issues/91jul/layne.htm). 31
11 Tikvah Honig-Parnass, »Louder Voices of War. Manufacturing Consent
Arnold Beichman, »How the divide over Iraq strategies began«, Wash-
at its Peak«, Between the Lines, 1:8 (Juli 2001), zitiert in R. Bleier,
ington Times, 27. November 2002
»Sharon Routs Bush« (Anm. 28).
(www.washtimes.com/commentary/beichman.htm). 32
12 Jane’s Foreign Report (Juli 12, 2001), zitiert in Finkelstein, »Israelis Ge-
Warren Strobel, »Bush won’t back loan to Jewish state«, Washington
nerals’ Plan to „Smash“ Palestinians«, 12. Juli 2002, Mid-Easy Reali-
Times, 18. März 1992, S. A7; Michael Hedge, »Israeli lobby president
ties,
resigns over promises«, Washington Times, 4. November 1992, S. A-3;
(www.middleeast.org/premium/read.cgi?category=Magazine&standalone
»Loan Guarantees for Israel«, Washington Times, 11. September 1992,
=&num= 278&month=7&year=2001&function=text); und Tanya
S. F-2; Frank Gaffney, Jr., »Neocon job that begs for answers,« ebd., 13.
Reinhart, »The Second Half of 1948«, Mid-East Realities, 20. Juni 2001
Oktober 1992, S. F-1; Andrew Borowiec, »Group counters Bush on Is-
(www.middleeast.org/premium/read.cgi?category=Magazine&num=251
rael,« ebd., 27. Februar 1992, S. A-1; und Ginsberg, aaO. (Anm. 2), S.
&month=6&year=2001&function=text).
218-223. Eine interessante Nebenbemerkung J.J. Goldberg bemerkt in 33
Bleier, »Sharon Routs Bush« (Anm. 28).
Jewish Power, (S. 234) daß »1991, als die Kontroverse zwischen der 34
James Bennet, »Spilled Blood Is Seen as Bond That Draws 2 Nations
Bush-Regierung und Israel ihren Höhepunkt hatte, waren nicht weniger Closer«, New York Times, 12. September 2001, S. A22
als 7 der 19 Staatssekretäre im Außenministerium Juden.« (www.nytimes.com/2001/09/12/international/12ISRA.html); »Horrific
13
Wie sich die Neonkonservativen an die Spitze der Bewegung der etablier- tragedy, the media, Palestinian reaction«, Jerusalem Media & Communi-
ten konservativen Intellektuellen setzte mainstream conservative intel- cation Centre (www.jmcc.org/new/01/Sep/us.htm).
lectual movement wird bei Paul Gottfried, aaO. (Anm. 2) beschrieben. 35
William Safire, »The Ultimate Enemy«, New York Times, 24. September
14
Brian Whitaker, »US thinktanks give lessons in foreign policy«, The 2001
Guardian, 19. August 2002 (www.embargos.de/irak/post1109/english/ultimate_enemy_nyt.htm).
(www.guardian.co.uk/elsewhere/journalist/story/0,7792,777100,00.html). 36
Department of Defense News Briefing – Deputy Secretary Wolfowitz,
15
Jason Vest, »The Men From JINSA and CSP«, The Nation, 2. September 13. September 2001
2002 (www.thenation.com/doc.mhtml?i=20020902&s=vest&c=1). (www.defenselink.mil/news/Sep2001/t09132001_t0913dsd.html).
16
The Institute for Advanced Strategic and Political Studies, »Study Group 37
William Kristol u.a., »Toward a Comprehensive Strategy: A letter to the
on a New Israeli Strategy Toward 2000«, »A Clean Break: A New Strat- president«, 20. September 2001
egy for Securing the Realm« (www.israeleconomy.org/strat1.htm). (www.nationalreview.com/document/document092101b.shtml), und
17
»Open Letter to the President,« 19. Februar 1998, »Project for the New American Century«
www.iraqwatch.org/perspectives/rumsfeld-openletter.htm; Frank Gaff- (www.newamericancentury.org/Bushletter.htm).
ney, »End Saddam’s Reign of Terror: Better late than never,« National 38
Robert Kagan und William Kristol, »The Gathering Storm«, The Weekly
Review Online, 21. Februar 2002, Standard, 7:7 (29. Oktober 2001)
www.nationalreview.com/contributors/gaffney 022101.shtml. (http://theweeklystandard.com/Content/Public/Articles/000/000/000/384t
18
Rumsfeld ist seit langem ein eifriger Unterstützer Israels. Er hat z.B. bei hhhq.asp).
„Solidarität-mit-Israel“-Essen Reden gehalten, die von der „Internationa- 39
Eliot A. Cohen, »World War IV«, The Wall Street Journal, 20. November
len Gemeinschaft von Christen und Juden“ (International Fellowship of 2001 (www.opinionjournal.com/editorial/feature.html?id=95001493).
Christians and Jews.) veranstaltet wurden. Michael Gillespie, »Bill Moy- 40
Paläokonservative sind die konservativen Gegner der Neokonservativen.
ers, modernity, Islam«, Middle East Times, 30 (2002) In bezug auf die Außenpolitik neigen sie zur Unterstützung eines Nichtin-
(www.metimes.com/2K2/issue2002-30/opin/bill_moyers.htm). terventionismus. Die Paläokonservativen sind weit weniger mächtig als
19
Seymour Hersh, »The Iraq Hawks«, New Yorker, 20. Dezember 2001 die Neokonservativen. Die Neokonservativen dominieren fast alle For-
(http://www.globalpolicy.org/wtc/targets/1220hawks.htm). schungsgruppen, die von den Medien des Establishments als „konserva-
20
PNAC beschreibt sich selbst wie folgt: »Das im Frühjahr 1997 gegrün- tiv“ oder „rechtsgerichtet“ bezeichnet werden.
dete Projekt für das Neue Amerikanische Jahrhundert ist eine gemeinnüt- 41
Scott McConnell, aaO. (Anm. 3).
zige Bildungseinrichtung, deren Ziel es ist, die globale Führung der USA 42
Georgic Anne Geyer, »Pro-Israeli, Anti-Arab Campaigns Could Isolate
zu fördern. Das Projekt ist eine Initiative des New Citizenship Project America«, 25. Oktober 2001
(501c3), dessen Vorsitzender William Kristol und dessen Präsident Gary (www.uexpress.com/georgieannegeyer/index.cfm?uc_full_date=2001102
Schmitt ist.« (www.newamericancentury.org/aboutpnac.htm 5&uc_comic=gg&uc_daction= X).
21
Neil Mackay, »Bush planned Iraq „regime change” before becoming 43
Norman Podhoretz, »In Praise of the Bush Doctrine«, Commentary (Sep-
President«, Scottish Sunday Herald, 15. September 2002 tember 2002)
(www.sundayherald.com/print27735). (www.ourjerusalem.com/opinion/story/opinion20020904a.html).
22
Glenn Kessler und Peter Slevin, »Cheney Is Fulcrum of Foreign Policy:

302 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


44
Bob Woodward, Bush at War (New York: Simon & Schuster, 2002), S. der Liste der Feinde zu streichen, sieht es nicht so aus, als ob dies tatsäch-
49. lich geschehe.
45 64
Ebd., S. 83. T.E. Ricks, aaO. (Anm. 61).
46 65
Ebd., S. 84. Michael Isikoff und Evan Thomas, »The Saudi Money Trail«, Newsweek,
47
Patrick E. Tyler and Elaine Sciolino, »Bush’s Advisers Split on Scope of 2. Dezember 2002; Calvin Woodward, »Saudi princess’s largess may ex-
Retaliation«, New York Times, 20. September 2002 tend to terrorists«, The Associated Press, The News Tribune (Tacoma,
(www.stanford.edu/class/intnlrel193/readings/week4/split.html), und Wash.), 25. November 2002 (www.tribnet.com/news/story/2218751p-
Julian Borger, »Washington’s hawk trains sights on Iraq«, 15. Oktober 2286814c.html).
66
2001 (www.guardian.co.uk/waronterror/story/0,1361,558276,00.html). Norman Podhoretz, »How to Win World War IV«, Commentary, Februar
48
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dent addressed the troops at Fort Campbell, KY«, 21. November 2002, 06/PalestineTransferApartheid.htm).
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ber 2002 (http://usinfo.state.gov/topical/pol/terror/01112607.htm). idea of transfer«, in Haaretz (April 5, 2002), zitiert in Finkelstein, Image
51
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70
(www.whitehouse.gov/news/releases/2002/01/20020129-11.html). Martin van Creveld, »Warning: Sharon’s plan is to drive Palestinians
52
Matthew Engel, »Proud wife turns “axis of evil” speech into a resigna- across the Jordan«, Daily Telegraph, 28. April 2002
tion letter«, The Guardian, 27. Februar 2002 (www.telegraph.co.uk/news/main.jhtml?xml=/news/2002/04/28/wpal28.x
(www.guardian.co.uk/bush/story/0,7369,658724,00.html). ml; www.seeingred.com/Copy/5.3_sharons_plan.html).
71
53
B. Woodward, aaO. (Anm. 44), S. 330. »Urgent Plea to Prevent Massive War Crimes Comes from Israeli Aca-
54
Glenn Kessler, »U.S. Decision on Iraq Has Puzzling Past«, Washington demics«, Mid-East Realities, 22. September 2002
Post, 12. Januar 2002, S. A-20. (www.middleeast.org/premium/read.cgi?category=Magazine&num=752
55
Justin Raimondo, »War Party Stalled«, 20. November 2002 &month=9&year=2002&function=text).
72
(www.antiwar.com/justin/j112002.html). Aluf Benn, »PM rejects Jordan’s request to rule out “transfer” in Iraq
56 war«, Ha’aretz, 29. November 2002
Robert Fisk, »George Bush Crosses Rubicon – But What Lies Beyond?«,
The Independent, 9. November 2002 (www.haaretzdaily.com/hasen/pages/ShArt.jhtml?itemNo=235416&contr
(www.commondreams.org/views02/1109-03.htm). assID= 2&subContrassID=4&sbSubContrassID=0&listSrc=Y).
57 73
Thomas F. Ricks, »Some Top Military Brass Favor Status Quo in Iraq«, Siehe Stephen J. Sniegoski, »September 11 and the origins of the “War
58
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plans«, The Age, 31. Juli 2002 (www.thornwalker.com/ditch/towers_3.htm).
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(www.theage.com.au/articles/2002/07/30/1027926884871.html). Eric Margolis, »Details of U.S. victory are a little premature«, Toronto
59
Justin Raimondo, »Attack of the Chicken-Hawks«, 2. August 2002 Sun, 22. Dezember 2002
(www.antiwar.com/justin/pf/p-j080202.html); und Doug Thompson, (www.canoe.ca/Columnists/margolis_dec22.html).
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»Suddenly, the hawks are doves and the doves are hawks«, Capitol Hill Bezüglich einer Übersicht über Roosevelts Bemühungen, die Vereinigten
Blue (http://chblue.com/artman/publish/article_165.shtml). Staaten in den Krieg zu bekommen, siehe Stephen J. Sniegoski, »The Ca-
60
Julian Borger, »Pentagon build-up reaches unstoppable momentum«, The se for Pearl Harbor Revisionism«, The Occidental Quarterly, 1:2 (Winter
Guardian, 31. Dezember 2002 2001) (www.charlesmartelsociety.org/toq/vol1no2/ss-pearlharbor.html),
(www.guardian.co.uk/Iraq/Story/0,2763,866919,00.html). und »Pearl Harbor: Facing facts«, The Last Ditch
61
Thomas E. Ricks, »Briefing Depicted Saudis as Enemies«, Washington (www.thornwalker.com/ditch/pearl.htm).
76
Post, 6. August 2002,S. A-1; und Jack Shafer, »The PowerPoint That Grant Aldonas, Staatssekretär im Handelsministerium (Undersecretary of
Rocked the Pentagon: The LaRouchie defector who’s advising the de- Commerce) sagte vor einem Forum von Geschäftsleuten, daß ein Krieg
fense establishment on Saudi Arabia«, Slate, 7. August 2002 im Irak »den Ölhahn des irakischen Öls öffnen würde, was sicherlich in
(http://slate.msn.com//?id=2069119). Bezug auf die Weltwirtschaft für die Leistung der Länder, die Öl herstel-
62
Simon Henderson, »The Coming Saudi Showdown«, The Weekly Stan- len und verbrauchen, tiefgreifende Auswirkungen haben würde.« Michael
dard, 15. Juli 2002 Moran und Alex Johnson, »Oil after Saddam: All bets are in«, MSNBC
(www.washingtoninstitute.org/media/henderson/henderson071502.htm); News, 7.November 2002 (www.msnbc.com/news/823985.asp?0sl=-
Victor Davis Hanson, »Our Enemies, the Saudis«, Commentary, 10#BODY).
Juli/August 2002. Siehe auch Simon Henderson, »The Saudi Way«, Wall 77
Anthony Sampson, »Oilmen don’t want another Suez«, Guardian Unlim-
Street Journal, 12. August 2002 ited, 22. Dezember 2002
(www.opinionjournal.com/editorial/feature.html?id=110002116); und (www.observer.co.uk/international/story/0,6903,864336,00.html). Samp-
Claudia Rosett, »Free Arabia«, Wall Street Journal, 14. August 2002 son ist der Autor von The Seven Sisters (New York: Bantam Books,
(www.opinionjournal.com/columnists/cRosett/?id=110002126).
63 1976), in dem das große Öl und der Nahe Osten behandelt werden. Dan
Ronald Radosh, »State Department Outrage: The Firing of Stephen
Morgan und David B. Ottaway schreiben: »Vertreter mehrerer größerer
Schwartz«, Front Page Magazine, 2. Juli 2002
Firmen sagten, daß sie in der Debatte in Washington, wie gegenüber dem
(www.frontpagemag.com/Articles/Printable.asp?ID=1610); Stephen
Irak vorgegangen werden solle, möglichst keine Rolle spielen wollen.
Schwartz, »Defeating Wahabbism«, Front Page Magazine, 25. Oktober
„Für die amerikanischen Ölgesellschaften ist es nicht von Vorteil, im ge-
2002 (www.frontpagemag.com/Articles/Printable.asp?ID=4178); und
genwärtigen Stadium einen besonders aggressiven Standpunkt einzuneh-
Stephen Schwartz, Two Faces of Islam: The House of Sa’ud from Tradi-
men. Es wird genügend Zeit in der Zukunft geben“, sagte James Lucier,
tion to Terror (New York: Doubleday & Co., 2002).
ein Ölanalytiker bei Prudential Securities.« (»In Iraqi War Scenario, Oil
Von den Schwarz Wohlgesonnenen schreibt William Kristol, daß »nie-
Is Key Issue«, Washington Post, 15. September 2002, S.A-1. Für MSNBC
mand hat mehr als Stephen Schwartz getan um das radikale, Saudi-
schreibt John W. Schoen: »Bis jetzt haben die U.S. Ölgesellschaften in
Wahhabi-Antlitz des Islam aufzudecken.« Und der unabhängige linke
bezug auf die mögliche Kriegsbeute geschwiegen.« (»Iraqi oil, American
Kriegsbefürworter Christopher Hichens fällt mit ein, daß »die Arbeit von
bonanza?«, 11. November 2002;
Stephen Schwartz beispielhaft innermoslemische Eigenheiten (Begriffe,
www.msnbc.com/news/824407.asp?0bl=-0)
Unterschiede) erhellt, – sowohl historische wie auch theologische – Ei- 78
Daniel Yergin, »A Crude View of the Crisis in Iraq«, Washington Post, 8.
genheiten, deren Verständnis für den Rest der Welt von höchster Bedeu-
Dezember 2002, Seite B-1. Yergins Buch The Prize. The Epic Quest for
tung sind. Er ist der ausgeprägteste Feind eines Islamofaschismus.«
Oil, Money, and Power (New York: Simon & Schuster, 1991) gewann
(www.randomhouse.com/doubleday/display.pperl?isbn=0385506929)
den Pulitzer Preis.
Schwartz beschreibt den Islam im großen und ganzen als friedfertig, nur 79
William D. Nordhaus, »Iraq: The Economic Consequences of War«, New
die Wahhabi-Richtung sei gefährlich. Obwohl seine Argumentation dazu
York Review of Books, 5. Dezember 2002
dienen könnte, einige islamische Länder (wie den Irak und den Iran) aus

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 303


(www.nybooks.com/articles/15850). Siehe auch einen ausführlicheren Business: Instability and aggression are regarded as a threat to the
Artikel von Nordhaus, »The Economic Consequences of a War with global stability upon which U.S. markets depend«, Los Angeles Times, 2.
Iraq«, 29. Oktober 2002, (www.econ.yale.edu/~nordhaus/iraq.pdf); und April 1999 (www.diaspora- net.org/food4thought/layneschwarz.htm).
86
George L. Perry, »The War on Terrorism, the World Oil Market and the Stratfor, »U.S. Could Become Mired in Iraq Occupation«, 30. Dezember
U.S. Economy«, Analysis Paper #7, America’s Response to Terrorism 2002 (http://world- analysis.1accesshost.com/stratfor2.html).
87
(geändert am 28. November 2001) Christopher Layne, »The Power Paradox: History teaches that holding a
(www.brookingsinstitution.org/dybdocroot/views/papers/perry/20011024 monopoly on might – as the United States now does – is likely to provoke
.htm). a backlash«, Los Angeles Times, 6. Oktober 2002.
80 88
Robert J. Samuelson, »The Economic Impact of War«, Newsweek, 2. Owen Harries, »The Anglosphere Illusion«, National Interest, 63 (Früh-
Dezember 2002. jahr 2001).
89
81
Zitiert in Jay Bookman, »The presidents real goal in Iraq«, The Atlanta Rowan Scarborough, »U.S. ability to fight two wars doubted«, Washing-
Journal-Constitution, 29. September 2002 ton Times, 25. Dezember 2002, A-1, A-9.
90
(www.accessatlanta.com/ajc/opinion/0902/29bookman.html). Robert Smith Thompson, A Time for War. Franklin D. Roosevelt and the
82
Akiva Eldar, »They’re jumping in head first«, Ha’aretz, 30. September Path to Pearl Harbor (New York: Prentice Hall Press, 1991), S. 379; und
2002 (www.haaretzdaily.com/hasen/pages/ShArt.jhtml?itemNo=214159). Bruce M. Russet, No Clear and Present Danger. A Skeptical View of the
Eine Zusammenfassung über einige der nicht-demokratischen Lösungen, United States Entry into World War II (New York: Harp er Torchbooks,
die von der US-Regierung in bezug auf den Nachkriegs-Irak erwogen 1972), S. 53f
91
werden, (einschließlich der Einsetzung des jordanischen Prinzen Hassan Joseph Sobran, »The Jewish Establishment«, Sobran’s, September, 1995,
als König) gibt Conn Hallinan, »Favored Post- Saddam Leaders Believe S. 4. Ähnliches führt Philip Weiss aus, der im New York Observer
Bush’s Democracy Rhetoric«, Foreign Policy in Focus, 26. November schreibt: »In bezug auf die Castro-Lobby oder die Nationale Schützen-
2002 (www.foreignpolicy- vereinigung, zwei mächtige Interessen-Lobbies, schleicht die Times nicht
infocus.org/commentary/2002/0211invasion.html); und Brian Whitaker, auf Katzenpfoten. Wenn diese dem System die Muskeln zeigen, lesen wir
»Jordan prince touted to succeed Saddam«, The Guardian, 19. Juli 2002 ziemlich bösartige Berichte über das Arlingtoner Hauptquartier der
(www.guardian.co.uk/Archive/Article/0,4273,4464346,00.html). Schußwaffen-Lobby und den faden, fremden Wayne LaPierre, oder hyste-
83
Todd S. Purdum, Patrick E. Tyler, »Top Republicans Break With Bush on rische Interviews mit Castro-Hassern der Achten Straße in Miami... Eine
Iraq Strategy«, New York Times, 16. August 2002 der Schwierigkeiten dieser Frage [des jüdischen Einflusses] ist [jedoch],
(www.rider.edu/users/phanc/courses/350- daß die Massenmedien sich weigern, ihn direkt anzusprechen, weil dies
web/mideast/iraq/topGOPbreakwGWBreiraq.htm); Zbigniew Brzezinski, als zu heikel angesehen wird.« (»Holy or Unholy, Jews and Right in an
»If We Must Fight ...«, Washington Post, 18. August 2002, S. B07 Alliance«, New York Observer, 19. September 2002;
(www.rider.edu/users/phanc/courses/350- www.observer.com/pages/story.asp?ID=6336) Bezüglich der Macht jüdi-
web/mideast/iraq/brzezinski.htm). scher Gruppen in Amerika, Kritik an Israel zum Schweigen zu bringen,
84
Mark Danner, »The Struggles of Democracy and Empire«, New York siehe Alexander Cochburn, »Israel and „Anti-Semitism“«, Counter-
Times, 10. Oktober 2002 punch, 16. Mai 2002 (www.counterpunch.org/cockburn0516.html).
92
(www.globalpolicy.org/globaliz/politics/1010empire.htm). Robert Fisk, »The Coming Firestorm«,” 27. Mai 2002
85
Christopher Layne und Benjamin Schwarz, »Making the World Safer for (www.counterpunch.org/fisk0527.html).

Eine Übersicht über den Krieg gegen den Terrorismus


Von Jim Marrs

»Haß kann nicht Haß austreiben; das vermag nur Liebe.« Es ist ein Krieg, der unter der Prämisse erklärt wurde, daß am
Dr. Martin Luther King Jr. 11. September 2001 ein heimtückischer Angriff gegen die
Vereinigten Staaten geführt wurde. Im Gegensatz zu früheren
»Wer nicht aus der Geschichte lernt, ist dazu verurteilt, sie Kriegen gibt es kein Berlin oder Tokio zu erobern, und daher
zu wiederholen.« Der Philosoph George Santayana kann auch kein Sieg errungen werden – außer für die, die
vom Krieg profitieren. Die wirklichen Opfer dieses Krieges
»Wir scheuen uns nicht, das amerikanische Volk mit un- werden die normalen amerikanischen Bürger sein, zusammen
liebsamen Tatsachen zu konfrontieren, mit Ideen aus ande- mit den hungernden Afghanen.
ren Ländern, mit fremden Philosophien und rivalisierenden Dieser neue Krieg kann durchaus mit dem fehlgeschlagenen
Wertsystemen. Denn eine Nation, die Angst davor hat, daß Drogen-Krieg und dem fast vergessenen Krieg gegen die
ihre Bevölkerung auf offenem Markt über wahr und falsch Armut verglichen werden. Es gab noch keinen erkennbaren
urteilt, ist eine Nation, die ihre Bevölkerung fürchtet.« Sieg gegen den Drogenmißbrauch oder die Verheerungen der
Präsident John F. Kennedy Armut in unserer eigenen Nation. Unsere Gefängnisse sind
überfüllt mit Drogen-Straftätern, ohne erkennbare Verringe-
Die Amerikaner zahlen jetzt allmählich den Preis dafür, daß rung von Nachfrage oder Angebot, und unsere bürgerlichen
sie im Geschichtsunterricht geschlafen, wichtige Informatio- Grundrechte wurden schwer in Mitleidenschaft gezogen. Ge-
nen in den alternativen Medien ignoriert und es versäumt ha- nau wie diese fehlgeschlagenen Kampagnen wird der Krieg
ben, an ihrem eigenen politischen Geschehen mitzuwirken. gegen den Terrorismus uns alle für die absehbare Zukunft auf
Sie finden sich in einem neuen Krieg wieder – dem Krieg ge- einen Kurs bringen, der uns teuer zu stehen kommt: durch
gen den Terrorismus. Das ist ein Krieg, den sie sich nicht Einschränkungen der persönlichen Freiheit, eine noch stärker
gewünscht und den sie nie ins Auge gefaßt haben, weil wir zentralisierte Staatsmacht und allgegenwärtige Angst.
alle von der flimmernden Unterhaltungs-Röhre betäubt wer- Und wo sind die Stimmen derer, die den Nutzen dieses neuen
den. Krieges in Frage stellen? Die Medien treiben den Angst-

304 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Faktor jeden Tag weiter nach oben und geben sich wenig den. Das war ein gutes Beispiel für die Doppelzüngigkeit un-
oder keine Mühe, auf die wenigen denkenden Amerikaner zu serer modernen Kriege.
hören, die sich die Frage stellen: „Muß ich wirklich meine Der Golfkrieg drehte sich nur ums Öl, von den Ölbohrungen,
Freiheit aufgeben, um sie zu retten?“ Mit Flaggen an den An- die von Kuwait schräg in die südwestlichen Reserven Iraks
tennen unserer benzinschluckenden Vehikel und der Vater- geführt wurden, bis zur Zerstörung der Ölfelder am Schluß.
landsliebe im Herzen marschieren wir also wieder los in ei- Hier fanden wir in Saddam Hussein einen neuen „Hitler“, ei-
nen neuen Ölkrieg. nen Feind, der vom CIA bewaffnet und finanziert worden
war. Der CIA ist eine Einrichtung, deren Spitzenleute schon
Ölkriege seit langem in Verbindung mit den Öl-Leuten der CFR-
Jawohl, Öl. Erdöl stand hinter all den Kriegen der letzten Mitglieder und anderen Globalisten sind (siehe Rule by Se-
Zeit, seit Anfang der 40er Jahre, als ein überwiegend land- crecy). Saddam Hussein, der wegen seines achtjährigen
wirtschaftliches und isolationistisches Amerika als Reaktion Krieges gegen den Iran im Auftrag der USA knapp bei Kasse
auf den japanischen Angriff auf Pearl Harbor plötzlich in ei- war, beschloß, Kuwait wiederzugewinnen, um dadurch seine
nen Weltkrieg gestürzt wurde. Die Amerikaner betrauerten Einnahmen zu erhöhen. Kuwait war von den britischen
den Verlust von etwa 3000 Soldaten und Zivilisten auf Ha- Truppen vom Südirak abgetrennt worden. Als die USA nach
waii und ließen es in rechtschaffener Empörung zu, daß ihr ihren Vorstellungen hierzu befragt wurden, erwiderte die US-
Land in ein riesiges Militärlager verwandelt wurde. Botschafterin April Glaspie, daß die US-Regierung dazu
Die US-Bundesregierung, die unter Präsident Franklin Roo- „keine Meinung“ habe, und daß Kuwaits Angelegenheiten
sevelts Politik zur Bekämpfung der Depression soviel Macht nicht mit denen der USA gekoppelt seien. Als aber irakische
an sich gerissen hatte, wurde unter Propagierung der „natio- Truppen nach Kuwait einmarschierten, mobilisierte Bush ge-
nalen Sicherheit“ noch stärker und zentralisierter. Das er- gen sie eine Streitmacht der Vereinten Nationen, die mit 4
schien damals ganz natürlich und notwendig. Mrd. Dollar aus einem geheimen Fonds unterstützt wurde,
Aber heute wissen ernsthafte Geschichtsforscher, daß selbst für den seine Geschäftspartner in Saudi-Arabien gesorgt hat-
dieser „gute Krieg“ das Ergebnis der Manipulationen einer ten.
Handvoll reicher und mächtiger Leute war. Als Roosevelt, Aber als sich diese patriotischen US-Soldaten Saddam näher-
der typische Wall-Street-Insider, im Sommer 1941 Japans ten, stoppte der ganze Krieg und George H. W. Bushs alter
Ölversorgung abschnürte, stellte er damit sicher, daß die Geschäftspartner ist immer noch an der Macht. Es scheint,
Vereinigten Staaten zu guter Letzt angegriffen würden. Es ist daß dies nur eine weitere Provokation war. Und, wie in Viet-
inzwischen gut belegt, daß Roosevelt und einige enge Ratge- nam, garantierte der amerikanische Steuerzahler eine 500
ber sehr wohl wußten, daß Pearl Harbor am 7. Dezember Mio. Dollar Anleihe, die Saddam benutzte, um Waffen gegen
1941 angegriffen werden sollte, daß sie sich aber dafür ent- US-Truppen anzukaufen – sogar als sich die USA anschick-
schieden, es geschehen zu lassen, um ihre Zielsetzung zu ten, gegen ihn zu kämpfen.
fördern, Amerika in den Krieg zu bringen. (Die Einzelheiten
hierzu können meinem Buch Rule by Secrecy entnommen Die Kaperung des Öls am Kaspischen Meer
werden, HarperCollins, 2000) Heute geht es in Wirklichkeit um die reichen Ölreserven um
Der Vietnam-Krieg wurde von Leuten betrieben, die Roose- das Kaspische Meer, den Preis, der schon Hitler lockte, des-
velt und dem Council on Foreign Relations (CFR) nahestan- sen Zug in dieses Gebiet nur von der zähen sowjetischen
den, die lange den Wunsch geäußert hatten, die Kontrolle Verteidigung von Stalingrad, der Stadt an der Wolga, ge-
über Indochinas Öl-, Magnesium- und Gummibestände zu er- stoppt wurde.
langen. Wieder wurde eine Provokation geschaffen. Im Au- Ende der 70er Jahre, als die Sowjets große nichtgenutzte Öl-
gust 1964 brachte Präsident Lyndon Johnson den Kongreß vorräte in Tschetschenien entdeckten, war diese Region reif
zur Raserei, als er behauptete, daß nordvietnamesische Ka- zur Ausbeutung, aber die Kontrolle über Afghanistan war
nonenboote die 6. US-Flotte im Golf von Tonkin vor der Kü- notwendig, um die Pipeline zu sichern, mit der das Öl dem
ste von Vietnam angegriffen hätten. »Unsere Jungs treiben Weltmarkt zugeführt werden sollte. Doch nach fast
im Wasser«, jammerte er. Der Kongreß reagierte darauf mit 10jährigem brutalen Krieg ohne Pardon gegen die afghani-
Erlaß der Golf-von-Tonkin-Resolution, die die Verfassung schen und arabischen Söldner, die – einschließlich Osama
verletzte und Johnson die Befugnis gab, Krieg zu führen, um bin Laden – von den Vereinigten Staaten unterstützt wurden,
Angriffe auf Amerikaner zu stoppen. Das war der Anfang waren die Sowjets gezwungen, sich zurückzuziehen. Die
des echten Vietnam-Krieges, bei dem geschossen wurde. wirtschaftliche Belastung des russisch-afghanischen Krieges
Dabei war alles eine Lüge. Es ist nie jemals ein Beweis vor- war so groß, daß sie den Kommunismus Anfang der 90er
gebracht worden, daß ein derartiger Angriff stattgefunden Jahre zu Fall brachte.
hat. Tatsächlich nannten die Herausgeber von US News & Jetzt haben die internationalen Banken und Ölleute eine Ba-
World Report (23. Juli 1984) dies »den „Phantom-Krieg“, sis in dem von Geldmangel beherrschten Rußland, und erneut
der zum Krieg führte«. Während Amerika Krieg gegen ziehen die Ölvorräte vom Kaspischen Meer im Wert von
Nordvietnam führte, das, wie man uns sagte, nur eine Mario- schätzungsweise 40 Mrd. Dollar ernsthafte Aufmerksamkeit
nette der kommunistischen Regierungen von Rußland und auf sich. 1997 bildeten sechs internationale Gesellschaften
China war, wurde Johnson von seinen CFR-Beratern ermun- und die Regierung von Turkmenistan die Central Asian Gas
tert, der Sowjetunion Anleihen zu gewähren, und zwar in hö- Pipeline Ltd. (CentGas), um eine 790-Meilen-Pipeline nach
herem Umfang, als während des Zweiten Weltkrieges, als sie Pakistan zu bauen, und vielleicht weiter ins Gebiet von Neu-
der Verbündete der USA war. US-garantierte Kredite gaben Delhi in Indien.
Rußland die Mittel zur Errichtung von Anlagen, die Kriegs- Die Führung des Konsortiums hat die Unocal Corporation
material produzierten, das dann nach Nordvietnam geschickt inne, deren Präsident, John F. Imle Jr. sagte, das Projekt be-
wurde, um gegen amerikanische Truppen eingesetzt zu wer- deute »die Bildung eines neuen Wirtschaftskorridors für die

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 305


Region – oft auch Seidenstraße des 21. Jahrhunderts ge- schen Aktivitäten in Afghanistan tatsächlich sechs Monate
nannt.« vor dem sowjetischen Vorgehen begannen.
Aber mit der fundamentalistischen moslemischen Regierung Brzezinski sagte, die Regierung Jimmy Carters habe im Juli
in Afghanistan kam es zu Problemen, von denen nicht das 1979 heimlich begonnen, Gegner des prosowjetischen Regi-
geringste die Behandlung der Frauen durch die Taliban- mes in Kabul zu finanzieren, wohl wissend, daß ein solches
Regierung war, die Frauenaufmärsche gegen Firmen hervor- Vorgehen einen sowjetischen Einmarsch provozieren könnte.
rief, die dort Geschäfte machen wollten. Zudem verursachte Sowjetische Führer vertraten damals die Ansicht, daß der
das Taliban-Regime chaotische Zustände, als es die verschie- Einmarsch notwendig sei, um einen amerikanischen Angriff
denen islamischen Sekten gegeneinander ausspielte, um auf Afghanistan zu vereiteln. Der ehemalige Sicherheitsbera-
selbst an der Herrschaft zu bleiben. Mitte 1999 zog sich Unocal ter, der bei der Gründung der globalistischen Trilateral-
unter Berufung auf die gefährliche politische Lage aus dem Kommission mitgewirkt hat, drückte kein Bedauern aus über
Pipeline-Konsortium zurück und das Projekt ging ein. diese Provokation und erklärte:
Man beachte, daß Präsident Bush, als er dem Terrorismus »Die Geheimoperation war eine ausgezeichnete Idee. Sie
den Krieg erklärte, überhaupt nicht die Terroristen in Nord- brachte die Demoralisierung und schließlich den Zusam-
Irland oder die palästinensischen Selbstmord-Attentäter er- menbruch des Sowjetreichs mit sich.«
wähnte. Die Aufmerksamkeit richtete sich ausschließlich auf Sie brachte auch die Taliban-Regierung hervor, gegen die wir
Afghanistan – genau die Nation, die gebraucht wurde, um die heute kämpfen, und auch Osama bin Laden.
lukrative Pipeline fertigzustellen. Es sollte ebenfalls beachtet Etwa 1984, als Vizepräsident George H.W. Bush die Lage in
werden, daß Vizepräsident Dick Cheney den Vorsitz bei Hal- Afghanistan kontrollierte, war bin Laden Leiter der Maktab
liburton führte, einem riesigen Dienstleistungsunternehmen al-Khidamir (MAK), die Gelder, Waffen und Leute von der
für die Ölindustrie, und man nimmt allgemein an, daß er Außenwelt in den Krieg gegen die Sowjetunion kanalisierte.
mächtiger ist als der Präsident. Er half bald, einen vielsprachigen Verband arabischer Trup-
Heute kann bewiesen werden, daß Militäraktionen gegen Af- pen aus Ägypten, Pakistan, dem Libanon, Syrien und palästi-
ghanistan schon lange vor den Angriffen des 11. September nensischen Flüchtlingslagern aufzustellen, mit dem es der
ausgearbeitet wurden. CIA einfacher fand zu verhandeln, als mit den fundamentali-
stischen Muslimen Afghanistans.
Lange vorausgeplantes Vorgehen gegen Afghanistan Eine eingehende Gewissensprüfung wäre angebracht bezüg-
Wie George Amey von der BBC berichtete, wurde der paki- lich Amerikas Rolle bei der Bewaffnung und Ausbildung ei-
stanische Außenminister Niaz Naik Mitte Juli von amerikani- ner internationalen Gruppe extremistischer Muslime in Af-
schen Beamten gewarnt, daß etwa Mitte Oktober eine Mili- ghanistan, lange nachdem deren Kameraden die Kasernen der
täraktion gegen Afghanistan in Gang gesetzt werde. Bei einer Marinesoldaten in Beirut zerstört und zahllose Flugzeuge ent-
von den UN gesponserten Afghanistan-Konferenz in Berlin führt haben.
wurde Naik informiert, daß, sofern bin Laden nicht ausgelie- Im Gefolge der Anschläge vom 11. September fanden Be-
fert würde, Amerika militärisch vorgehen würde, um ihn wie richte wenig Beachtung, daß China ein Bündnis mit den Af-
auch den Taliban-Führer Mullah Omar zu töten oder gefan- ghanen unterschrieben hatte und ganz still in die umstrittene
genzunehmen, als erster Schritt um dort eine neue Regierung Welthandelsorganisation aufgenommen wurde, ein Vorge-
einzusetzen. hen, das unter normalen Verhältnissen eine große Protestwel-
Es muß jedoch bemerkt werden, daß die amerikanische Ein- le hervorgerufen hätte. Zwar ist ein derartiges Bündnis bisher
mischung in Afghanistan bereits vor Jahren begonnen hat, nicht bestätigt worden, doch besuchte dieses Jahr der paki-
mindestens sechs Monate vor der Sowjetinvasion im Dezem- stanische General Pervez Musharraf, der Chef des General-
ber 1979. stabs und der pakistanischen Heeresverbände, China auf des-
Der ehemalige Berater für Nationale Sicherheit, Zbigniew sen Wunsch und erörterte Angelegenheiten von gegenseiti-
Brzezinski, gab 1998 in einem Interview mit der französi- gem Interesse.
schen Zeitung Le Nouvel Observateur, dessen entscheiden- Obwohl behauptet wird, daß Pakistan im gegenwärtigen
den Teile nie in die USA gelangten, zu, daß die amerikani- Krieg gegen den Terrorismus die USA unterstütze, sagte der
Koordinator für Terrorismus-Abwehr vom Außenmi-
nisterium, Michael Sheehan, vor einem Unteraus-
schuß des Senats zu auswärtigen Angelegenheiten,
daß Pakistan terroristische Gruppen in Afghanistan
unterstütze und ausbilde. Damit erhebt sich das Ge-
spenst einer chinesischen Einmischung, wenn die US-
Streitkräfte im bergigen Afghanistan stecken bleiben
sollten.

Würden Amerikaner Amerikaner angreifen?


Die Anschläge auf das World Trade Center und das
Pentagon lieferten eine passende Entschuldigung, um
die vorgefertigten Pläne für eine Militäraktion gegen
Afghanistan in Gang zu setzten. Aber wurde es ein-
fach zugelassen, daß diese Ereignisse passierten, oder
wurde darauf hingearbeitet? Die Frage ist: Würde ir-
Rechts die Klagemauer, links die Lachmauer gendein Amerikaner einen Angriff auf seine Lands-
mit UNO-Generalsekretär Kofi Annan leute zulassen, nur um sein eigenes Geschäft oder

306 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


seine politischen Ziele zu fördern? Leider scheint die Ant- Wir können daraus ersehen, daß die Schaffung von Krisen
wort „Ja“ zu lauten. zur Verfolgung politischer Ziele eine Methode ist, auf die
Es erscheint unglaublich, aber kürzlich kamen 40 Jahre alte man sich im 20. Jahrhundert durchaus verstand und die man
Regierungsdokumente an die Öffentlichkeit, die für längst auch anwandte. Geht so auch heute das Spiel? Betrachten wir
vernichtet gehalten worden waren. Sie zeigen, daß das US- den Angriff vom 11. September.
Militär Anfang der 60er Jahre vorschlug, terroristische An-
schläge in den USA durchzuführen und Fidel Castro die Fragen zum 11. September
Schuld zu geben. Oberflächlich gesehen erscheint alles hinreichend klar. Der
Diese Dokumente werden in einem kürzlich erschienenen offiziellen Version zufolge entführten 19 nahöstliche Selbst-
Buch über die National Security Agency (NSA) erörtert. Es mord-Attentäter – das Herz voller Haß gegen die amerikani-
hat den Titel Body of Secrets: Anatomy of the Ultra-Secret sche Freiheit und Demokratie – vier Flugzeuge, von denen
National Security Agency, Verfasser ist James Bamford. Die- zwei in die Zwillingstürme des World Trade Center von New
se Dokumente wurden seit Ende 1961 erstellt, nach der fehl- York rasten und ein drittes in das Pentagon. Das vierte soll
geschlagenen Invasion der Schweinebucht von Kuba im den Meldungen zufolge nach Versuchen von Passagieren, die
Frühjahr desselben Jahres. Präsident John F. Kennedy, der Terroristen zu bekämpfen, in West-Pennsylvania abgestürzt
über die ungeschickten Aktionen des CIA verärgert war, hat- sein.
te die Verantwortung für Kuba vom CIA an das Verteidi- Aber es ist eine Reihe störender Fragen aufgetaucht:
gungsministerium übertragen. Hier erwogen Militärstrategen – Warum war das US-Militär bereits Monate vor den An-
Pläne zur Schaffung terroristischer Aktionen, damit die ame- schlägen des 11. September dabei, Kriegspläne gegen Af-
rikanische Bevölkerung erschrecken und in wilder Panik ei- ghanistan vorzubereiten? Warteten sie nur auf irgendein
nen militärischen Angriff auf Kuba unterstützen würde. Bei Ereignis, um die normalerweise uninteressierte amerikani-
der »Operation Northwoods« wurden folgende Pläne in Be- sche Öffentlichkeit in einen Krieg zu treiben – wie in der
tracht gezogen: Vergangenheit?
– die Fabrizierung »einer Reihe gutkoordinierter Vorfälle« in – Wie konnten bin Laden belastende Dokumente unbeschä-
oder um den US-Marinestützpunkt an der kubanischen digt im WTC gefunden werden, während die Schwarzen
Guantanamo-Bucht, das Anzetteln von Aufständen, die Aufzeichnungskästen des Flugzeugs, die so gebaut sind,
Sprengung von Munitionslagern, Flugzeugen und Schiffen; daß sie Abstürze überdauern können, unbrauchbar waren?
– Entfaltung »einer Schreckenskampagne des kommunisti- – Selbst Tage und Wochen nach dem Angriff auf das WTC
schen Kuba« in der Gegend von Miami, in weiteren Städ- wurden Nachrichten-Kameraleute daran gehindert, die
ten Floridas, und sogar in Washington; Ruinen aus bestimmten Winkeln zu fotografieren, wie sich
– Versenkung »einer Schiffsladung Kubaner auf dem Weg CBS-Korrespondent Lou Young beklagte, der fragte:
nach Florida (tatsächlich oder zum Schein), Anschlagsver- »Warum fürchten sie, was wir sehen können?«
suche auf kubanische Flüchtlinge in den Vereinigten Staa- – Warum wurde die Verbindungsperson der New Yorker Po-
ten fördern«; lizei zum FBI als „Sicherheitsrisiko“ rausgeworfen, wie die
– Bomben an genau ausgesuchten Stellen explodieren zu las- New York Times am 16. Oktober berichtete? Wessen Si-
sen, zusammen mit der Veröffentlichung von »präparier- cherheit ist in Gefahr? Die des FBI? Was darf die New
ten Dokumenten«, die auf eine kubanische Mittäterschaft Yorker Polizei nach Meinung des FBI nicht erfahren?
wiesen; – Wie konnte ein offensichtlich ausgeklügelter Terroristen-
– die Verwendung falscher russischer Flugzeuge, um zivile Plan mit vielleicht bis zu 100 Beteiligten fünf Jahre lang
Flugzeuge zu bedrängen; durchgezogen werden, ohne unseren Nachrichtendiensten,
– »Versuche zu machen, zivile Flugzeuge und Fahrzeuge zu vor allem dem FBI und dem CIA, aufzufallen? Und warum
entführen«, sogar den Abschuß eines zivilen Flugzeugs zu verdoppeln wir das Budget dieser Einrichtungen, anstatt sei
simulieren. völlig umzustrukturieren und die für dieses Fiasko Verant-
Kennedy lehnte die »Operation Northwoods« ab und wortlichen zu feuern? Werden wir jetzt doppelt so viel
hochrangige Militäroffiziere befahlen, die Dokumente zu Fehlschläge wie vorher bekommen?
vernichten. Aber irgend jemand hatte einen Ausrutscher und – Warum stürzte der Südturm zuerst ein, wo er doch nicht so
die Papiere wurden vom Assassination Records Review Bo- umfassend beschädigt worden war wie der Nordturm, der
ard entdeckt und kürzlich von den National Archives an die fast anderthalb Stunden lang brannte, bevor er zusammen-
Öffentlichkeit gegeben. sackte?
Ein neuerer Fall ist der New York Times (28. Oktober 1993) – Warum behaupteten viele Zeugen, daß sie weitere Explo-
zufolge der eines Informanten namens Emad Salem, der An- sionen innerhalb des Gebäudes gehört hätten? Und warum
fang 1993 mit Terroristen aus Nahost zu tun hatten, die mit erschien der Zusammenbruch der WTC-Türme eher wie
Osama bin Laden in Verbindung waren, um eine Bombe zu eine kontrollierte Implosion als wie ein tragischer Unfall?
entwickeln, die gegen das New Yorker World Trade Center – Warum räumte FBI-Direktor Robert Mueller ein, daß die
verwendet werden sollte. Salem, ein ehemaliger ägyptischer Namensliste der Entführer möglicherweise nicht deren
Armee-Offizier, wollte den Sprengstoff durch ein harmloses wirkliche Namen enthielt? Muß nicht jedermann einen
Pulver ersetzen, aber sein Plan, den Angriff zu vereiteln, Ausweis mit Foto vorzeigen, um einen Boarding-Paß zu
wurde durch einen FBI-Beamten gestoppt, der offenbar sei- erhalten? Was war mit den normalen Sicherheitsmaßnah-
nen Insider-Informanten nicht preisgeben wollte. Man ließ es men?
zu, daß der Anschlag weiter betrieben wurde. – Warum gab es bei den veröffentlichten Passagierlisten und
Die Explosion im World Trade Center am 26. Februar hatte 6 den offiziellen Verlustangaben der vier Unglücksflugzeuge
Tote, über 1000 Verletzte und Schäden in Höhe von über ei- in Bezug auf 35 Namen keine Übereinstimmung? Der In-
ner halben Milliarde Dollar zur Folge. ternet-Kolumnist Gary North berichtete: »Die publizierten

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Namen stimmen in keinem Fall mit den Gesamtlisten der ren geheimsten Computern? (Hanssens letzte Aufgabe, be-
an Bord befindlichen Personen überein.« Warum diese vor er als Spion verhaftet wurde, bestand darin, die Nach-
Diskrepanz? richten-Computersysteme des FBI auf den neuesten Stand
– Da keiner der aufgelisteten Passagiere einen arabisch- zu bringen).
klingenden Namen hatte, woher wußte dann die Regierung, – Wenn der Flug 93 von United Airlines infolge des Kamp-
wer die Entführer waren? fes zwischen heroischen Passagieren und den Entführern
– Warum stimmte die Sitznummer der Entführer, die Flug- abstürzte, warum erzählten dann Zeugen von einem zwei-
begleiterin Madeleine Amy Sweeney telefonisch an die ten Flugzeug, das dem Linienflugzeug folgte, von herabfal-
Bostoner Luftverkehrskontrolle durchgab, nicht mit den lenden brennenden Trümmern, warum gab es keinen tiefen
Sitzen der Männer überein, die laut FBI verantwortlich wa- Krater, und warum waren die Wrackteile über ein Gebiet
ren? von 10 Kilometern verstreut, was alles auf eine Explosion
– Da Saudi-Arabiens Außenminister behauptete, daß fünf der in der Luft hindeutet?
behaupteten Entführer nicht an Bord der Todesflugzeuge – Warum beschrieben Nachrichtensender, daß Passagieren
gewesen und tatsächlich noch am Leben seien und ein von Flug 93 mit Teppichmessern die Kehle durchschnitten
sechster Mann der Liste laut Berichten lebendig und wohl- und sie verstümmelt wurden, wo doch das Time Magazin
auf in Tunesien lebt – warum befinden sich diese Namen am 24. September berichtete, daß einer der Passagiere mit
immer noch auf der FBI-Liste? einem Mobiltelefon zu Hause anrief um zu berichten: »Wir
– Warum befand sich keiner der Namen der genannten Ent- sind entführt worden. Sie sind freundlich.«?
führer auf irgendeiner der Passagierlisten? Wenn sie alle Der Internet-Kolumnist Gary North stellte fest:
falsche Namen benutzten, wie konnte das FBI sie dann so »Wir brauchen eine Theorie über die koordinierten Entfüh-
schnell identifizieren? rungen, die auf einer einleuchtenden Abfolge von Ursache
– Warum nahm einer der genannten Entführer Gepäck mit und Wirkung beruht, die nicht bei vier Maschinen und zwei
auf einen Selbstmord-Flug, und ließ es dann zusammen mit verschiedenen Luftfahrtgesellschaften davon ausgeht, daß
einer belastenden Notiz in seinem Wagen auf dem Flugha- sowohl die Sicherheitsregeln beim Einchecken wie auch
fen? bei der Sitzzuweisung an Bord völlig versagten. Ich kann
– In Bezug auf die Untersuchungen der September-An- nicht verstehen, wie jemand richtig beurteilen kann, wer
schläge insgesamt gaben die US-Behörden Ende Oktober hinter den Angriffen steht, wenn er nicht eine einleuchten-
laut New York Times zu, daß die Mehrzahl der vielverspre- de Erklärung dafür hat, wie die Entführer an Bord kamen
chenden Hinweise zur Auffindung von Mittätern und eini- und nicht rausgeworfen wurden.«
ge der Spuren zu Verdächtigen, die sie seit langem mit Aber die Staatsregierung ließ – unter Mithilfe der kriecheri-
Argwohn bedacht haben, sich in Luft aufgelöst hat. Warum schen Medien – nicht zu, daß solche rationalen Erwägungen
ergab sich bei der umfassendsten Kriminaluntersuchung in der Eilverurteilung im Wege standen, der zufolge bin Laden
der Geschichte der USA nichts Substantielles, wo doch der Schuldige hinter den Anschlägen sei.
mehr als 800 Leute verhaftet wurden und über 365.000
Hinweise von der Öffentlichkeit eingegangen sind? Bin Laden und seine Freunde
– Warum wird keiner der fast 100 Leute, die noch vom FBI Wie bei der Ermordung von John F. Kennedy hatten die Be-
gesucht werden, als Hauptverdächtiger angesehen? hörden einen Verdächtigen, bevor überhaupt jemand richtig
– Warum bombardierten die USA Afghanistan, wo doch of- wußte, was eigentlich geschehen war. Es war der Sohn einer
fensichtlich keiner der aufgelisteten Entführer Afghane reichen Ölfamilie aus Nahost, Osama bin Laden, der während
war, sondern Araber aus verschiedenen nahöstlichen Län- des russisch-afghanischen Krieges der 80er Jahre von der
dern? Da manchmal behauptet wird, der Irak sei in den US-Regierung Waffen erhielt und finanziert wurde. Trotz der
Angriff auf das WTC 1993 verwickelt gewesen, warum Tatsache, daß bin Laden jede Kenntnis von dem Angriff ver-
sind wir dann nicht sofort gegen diese „Schurken“-Nation neint, wurde er sowohl von der Regierung wie auch von der
vorgegangen? Presse als schuldig angesehen. In den gleichgeschalteten
– Warum denkt man bei Berichten über Saufgelage und Nut- Massenmedien wurde keine andere Deutung der Angriffe er-
tensuche, wie sie von Reuters Nachrichtendienst über eini- laubt.
ge der Entführer in Boston verbreitet wurden, mehr an Bin Laden ist ein maßgeschneiderter Feind, der Mann, der
Söldner, die vor einer Mission zechen, als an fromme reli- Berichten zufolge hinter dem Angriff von 1993 auf das WTC
giöse Fundamentalisten, die bald vor ihren Schöpfer treten stand und seit mehr als einem Jahrzehnt vor der amerikani-
sollen? schen Justiz auf der Flucht ist. Es wurde bemerkt, daß die
– Wie erhielten die Terroristen streng geheime Codes und amerikanische Regierung offensichtlich mehr Zeit und Geld
Signale des Weißen Hauses und des Präsidentenflugzeugs, darin investiert hat, Microsofts Bill Gates zu jagen, als bin
die Rechtfertigung dafür, daß Präsident Bush am 11. Sep- Laden zu fangen.
tember durchs ganze Land gescheucht wurde? Zeugte das Das kann an den Geschäftsverbindungen zwischen unserem
von einer Insider-Aktion, oder bewies das, wie Fox News neuen terroristischen Feind und reichen amerikanischen Ge-
berichtete, daß der frühere FBI-Angestellte und Doppela- sellschaften liegen.
gent Robert Hanssen die neueste Version der gestohlenen Mehreren Berichten zufolge, einschließlich dem Buch The
Computer-Software Promis an seinen russischen Agenten- Outlaw Bank: A Wild Ride into the Secret Heart of the BCCI
führer ausgehändigt hat, der sie an bin Laden weitergege- (New York: Random House, 1993) von Jonathan Beaty und
ben haben soll? Gibt diese Software, die während der Rea- S.C. Gwynne sowie der American Free Press (15. Oktober
gan-Regierung von Beamten des Justizministeriums unter 2001), einer Wiederauflage der Washingtoner Zeitung The
Staatsanwalt Ed Meese von einer US-Gesellschaft gestoh- Spotlight, benutzte der Freund der Familie Bush, James R.
len wurde, Außenstehenden einen Blanko-Zugang zu unse- Bath, Geld von Osama bin Ladens Bruder Salem, um mit Ar-

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busto Energy, einer Bohrgesellschaft in West-Texas, eine Im Wall Street Journal hieß es (28. Sept. 2001):
Partnerschaft mit George W. Bush zu eröffnen. (Arbusto ist »George H.W. Bush, der Vater von Präsident Bush, arbei-
Spanisch für Busch/Strauch.) tet über die Carlyle-Gruppe, eine internationale Berater-
Laut dem Houston Chronicle wurde Bath von Salem bin La- firma, für das bin-Laden-Familienunternehmen in Saudi-
den zu seinem Geschäftsrepräsentanten in Texas ernannt, Arabien.«
kurz nachdem Bush Senior 1975 von dem zum Präsidenten Vom Stabschef von Bush senior wurde bestätigt, daß Bush
ernannten Gerald Ford zum CIA-Direktor gemacht wurde. Es Anfang 2001 nach einer gesellschaftlichen Zusammenkunft
war die Familie Bush, vor allem die Herren Jeb und Neil der bin-Laden-Familie ein Dankschreiben geschickt habe.
Bush, die in das Spar- und Anleihen-Debakel von 1989 bis Angesichts solcher Verbindungen und seinem Sohn als am-
1993 verwickelt war, das den Steuerzahler mehr als 500 Mrd. tierenden Präsidenten der Vereinigten Staaten hinterfragte
Dollar kostete. Larry Klayman, der Vorsitzende und Hauptberater von Judi-
Über ein verschlungenes Netz von Ölleuten aus Texas, rei- cial Watch (Justizbeobachter) die Carlyle-Beteiligung von
chen Saudi-Scheichen und skrupellosen, mit der inzwischen Bush senior:
zwangsaufgelösten Geldwäscherbank Bank Of Credit And »Jeder ausländische Staat oder Investor, der versucht, sich
Commerce International (BCCI) verbundenen Bankiers er- bei der gegenwärtigen Bush-Regierung Lieb-Kind zu ma-
langte Bush Junior schließlich einen beträchtlichen Anteil an chen, gibt sicherlich seinen Auftrag an die Carlyle-Gruppe.
einer neuen Ölgesellschaft namens Harken Energy. Zwei Und angesichts des früheren Präsidenten Bush, der die In-
Monate bevor Saddam Hussein irakische Truppen nach Ku- vestitionen der Firma im Ausland vorantreibt, könnten an-
wait hineinschickte, verkaufte Bush zwei Drittel seiner An- dere Länder verständlicherweise die Interessen der Carly-
teile bei Harken, was ihm einen Gewinn von fast einer Mil- le-Gruppe mit den Interessen der Regierung der Vereinig-
lion Dollar einbrachte. Die Aktien fielen, als die Invasion der ten Staaten verwechseln.«
Iraker begann. Nachdem er Einzelheiten der Carlyle/bin Laden-Gruppe in
Es sollte erwähnt werden, daß es während des Golf-Krieges verschiedenen Wirtschaftsbereichen einschließlich der Luft-
die Binladen Brothers Construction (jetzt Binladen Group) fahrtindustrie beschrieben hatte, kommentierte der Verfasser
war, die half, Flugplätze für die US-Flugzeuge zu bauen. Die Michael C. Ruppert:
bin-Laden-Brüder wurden damals als „gute Freunde der US- »Mit anderen Worten: Osama bin Ladens Angriffe auf das
Regierung“ beschrieben. World Trade Center und das Pentagon haben seiner Fami-
Auch später wurde die bin-Laden-Firma weiterhin in An- lie mit der sich daraus ergebenden massiven Erhöhung des
spruch genommen, um einen amerikanischen Luftstützpunkt US-Verteidigungshaushalts gerade einen dicken Haufen
in Saudi-Arabien zu errichten, trotz der Tatsache, daß Osama Geld eingebracht.«
bereits terroristischer Handlungen beschuldigt worden war, Noch verdächtiger werden diese Geschäftsbeziehungen, mit
wie etwa der Lastwagen-Bombe gegen die Khobar-Türme denen frühere und jetzige politische Führer Amerikas mit
auf der Base Dharan, die 19 Amerikaner tötete. Ein Mitarbei- Leuten aus Nahost verbunden sind, durch die Bekanntma-
ter von WorldNetDaily kommentierte: chung, daß gegen mehrere US-Firmen Untersuchungen ein-
»Sagen wir es gerade heraus. Osama sprengt unsere Anla- geleitet wurden, weil sie genau vor den Angriffen des 11.
gen, und seine Familie bekommt den Vertrag, um sie wie- September Aktien mit Spekulation auf eine Baisse verkauft
der aufzubauen. Bekommen Sie das Gefühl, daß da mehr haben.
abläuft, als wir zu sehen bekommen?«
Osamas älterer Bruder Salem wurde 1988 bei dem merkwür- Aktien-Spekulationsverkäufe deutet auf Vorabwissen
digen Absturz eines Ultraleicht-Flugzeuges getötet. Das Derartige Aktenverkäufe bieten die Möglichkeit, große Ge-
Flugzeug, das nur für einen Passagier war, kam bei San An- winne zu machen, indem man Aktien an eine befreundete
tonio, Texas, plötzlich und unerklärlich vom Kurs ab und ge- dritte Partei gibt, und sie dann zurückkauft, wenn der Preis
riet in eine Hochspannungsleitung. Die BCCI-Bank wurde fällt. Wenn so etwas einem tragischen Ereignis vorausgeht,
1991 durch Bundesermittler geschlossen, nachdem sie etwa dann kann man mit den Erfahrungen der Geschichte auf ein
10 Mrd. Dollar Verluste erlitten hatte. BCCI war eine von Vorabwissen schließen. Es ist in weiten Kreisen bekannt, daß
Pakistanis betriebene Einrichtung mit Tarngesellschaften auf der CIA die Promis-Software benutzt, um routinemäßig den
den Kaiman-Inseln, die mittels Geheimkonten globale Geld- Aktienhandel auf mögliche Warnsignale für einen terroristi-
wäsche betrieben und die vom US-Nachrichtendienst benutzt schen Anschlag oder ein verdächtiges Finanzgebaren zu be-
wurden, um Geld an bin Laden und die Mujaheddin in Af- obachten.
ghanistan zu übermitteln, als diese gegen die von den So- Eine Woche nach den Angriffen vom 11. September berich-
wjets unterstützte Regierung kämpften. tete die Londoner Times, daß der CIA Kontrollbeamte der
Eine weitere enge Verbindung zwischen bin Laden und der Londoner Behörde für Finanzdienste gebeten hat, verdächti-
Bush-Familie ist eine private internationale Investment-Firma ge Verkäufe von Millionen Aktienposten zu untersuchen, die
mit einem Volumen von 12 Mrd. Dollar, bekannt als die Car- genau vor den terroristischen Angriffen erfolgt waren. Man
lyle-Gruppe. Obwohl sie ihre Web-Seite seit den Anschlägen hoffte, daß von den Geschäftspapieren eine Spur zu den Ter-
des 11. September entfernt hat, ist bekannt, daß zu den Carly- roristen führen würde. Die Times erklärte, daß Marktbeob-
le-Direktoren Frank Carlucci, der frühere Verteidigungsmini- achter in Deutschland, Japan wie auch den USA Informatio-
ster unter Reagan, der ehemalige Außenminister James Baker nen über den Spekulationsverkauf von Versicherungs- und
und der ehemalige Reagan-Berater und Unternehmer Richard Flugzeugaktien sowie von Aktien von Rüstungsfirmen erhal-
Darman gehören. Die New York Times berichtete, daß dem ten hatten, die allesamt im Gefolge der Angriffe drastisch fie-
früheren Präsidenten Bush gestattet wurde, sich in Carlyles len.
Investments einzukaufen, die aus mindestens 164 Gesell- Richard Crossley, Analyst und Aktienmakler der City von
schaften rund um die Welt besteht. London, bemerkte, daß jemand drei Wochen vor dem Angriff

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auf das WTC und das Pentagon begann, Aktien in unge- stellte in Israel Nachrichtentexte erhielten, die zwei Stunden,
wöhnlich großen Mengen zu verkaufen. Er sagte, daß dies für bevor die Flugzeuge in das Gebäude stürzten, vor einem An-
ihn der Beweis war, daß jemand Insider-Vorabwissen von griff auf das WTC warnten. Der für Verkauf und Marketing
den Angriffen hatte. Er fügte hinzu: verantwortliche Vize-Präsident der Firma, Alex Diamandis,
»Was ist schrecklicher, als mit dem Stilett einen Stoß ins sagte, es sei möglich, daß die Warnung an weitere Odigo-
Herz des westlichen Finanzmarktes zu zielen? Davon zu Angehörige geschickt wurde, man habe aber keine diesbe-
profitieren. Mir fehlen die Worte.« züglichen Mitteilungen erhalten.
Auch die US-Regierung gab zu, daß sie spekulative Aktien- Die Streitkräfte befanden sich mehrere Tage vor dem Angriff
verkäufe untersuchte, die von einem Vorabwissen von der in erhöhter Alarmbereitschaft, und mehrere Hellseher be-
Tragödie zeugen. Mehrere Tage vor dem 11. September gab haupteten, sie hätten eine Vorahnung gehabt, daß etwas im
es einen ungewöhnlich eifrigen Handel mit Luftgesellschafts- Gange sei.
und Versicherungsaktien, die hauptsächlich auf einen Wert- Sogar die Russen traten auf die Bühne. Dr. Tatjana Koragina,
verlust der Aktien setzten. Vom Interdisciplinary Center, ei- eine erfahrene Forscherin am Institut für makrowirtschaftli-
ner Anti-Terrorismus-Denkfabrik, an der ehemalige israeli- che Forschung, das zum Russischen Ministerium für Wirt-
sche Nachrichtenoffiziere beteiligt sind, wurde berichtet, daß schaftsentwicklung gehört, gewann an Glaubwürdigkeit
Insider beinahe 16 Mio. Dollar Profit gemacht haben, indem durch ihre Voraussage vom Juli, daß Ende August eine un-
sie Aktien von American und United Airlines verkauften, je- gewöhnliche Katastrophe Amerika treffen und die Wirtschaft
ner zwei Fluggesellschaften, die von den Entführungen be- ruinieren würde. In einem Interview mit der Prawda erklärte
troffen waren, und der Investmentfirma von Morgan Stanley, sie:
die 22 Etagen des WTC einnahm. »Die USA ist als Ziel des Finanzangriffs ausgewählt wor-
Offensichtlich konnte keine der verdächtigen Transaktionen den, weil sich dort das Wirtschaftszentrum des Planeten
mit bin Laden in Verbindung gebracht werden, weil dieses befindet. Dort wird die Wirkung am stärksten sein. Die
Nachrichtenthema stillschweigend aus dem Blickwinkel ver- Wellenfront einer wirtschaftlichen Krise wird sich über den
loren wurde, wobei sich viele Leute fragten, Planeten ausbreiten.«
ob die Spur zu amerikanischen Firmen oder Nach dem 11. September wurde Dr. Kora-
Nachrichtendiensten zurückführte. gina nochmals interviewt und sie versicher-
Dem Internet-Verfasser und früheren Poli- te, daß die „mächtige Gruppe“ hinter den
zisten von Los Angeles Michael C. Ruppert Anschlägen erneut zuschlagen werde.
zufolge wurden diese Transaktionen in er- »Wenn [die Amerikaner] nach den zu er-
ster Linie von der US-Filiale der Deutschen wartenden neuen Anschlägen erkennen,
Bank/A.B. Brown ausgeführt, einer Firma, daß ihre Regierung ihnen nichts garan-
deren Vorsitz bis 1998 A.B. „Buzzy“ tieren kann, werden sie in Panik geraten
Krongard innehatte, der heute leitender Di- – mit einem Kollaps ihres Wirtschaftssy-
rektor des CIA ist. stems als Folge.«
Außer Krongard gehört zu den weiteren Auf die Frage, wer tatsächlich hinter dem
prominenten Amerikanern, die sowohl mit widerwärtigen Plan stehe, erwiderte sie, es
der Macht des CIA wie auch der Wallstreet seien nicht die 19 Terroristen, die vom FBI
Verbindung haben, Clark Clifford (der eine identifiziert worden sind, vielmehr eine
Schlüsselfigur war, daß BCCI zu Ansehen größere Gruppe, die die Welt umformen
gelangte), John Foster und Allen Dulles John Deutch wolle. Sie sagte, diese Gruppe von äußerst
(Allen überwachte die fehlgeschlagene In- mächtigen Privatpersonen halte ein Aktien-
vasion an der Schweinebuch und kontrollierte die Warren- volumen von insgesamt etwa 300 Billionen Dollar und beab-
Kommission), Bill Casey, David Doherty, George Herbert sichtige, ihre Macht unter einer neuen Weltregierung zu lega-
Walker Bush, John Deutch, Nora Slatkin und Hank Green- lisieren.
burg. Manche hielten Dr. Koraginas unheimlich richtigen Voraus-
Wie in Rule by Secrecy im Einzelnen beschrieben wird, sind sagen für ein Anzeichen dafür, daß Rußland hinter manchen
von Anfang an viele Spitzenposten der CIA mit Angehörigen der gegenwärtigen Ereignisse stehe. Tatsache ist, daß Ruß-
der Wallstreet-Elite besetzt, die ihre globalistische Zielset- land mehrere Staaten unterstützt hat, die Terroristen finanzie-
zung fördern wollen. Die CIA betreibt auch eine Reihe ren, einschließlich Irak, Iran, Syrien, Libyen, Nordkorea und
Scheinfirmen (Briefkasten-Gesellschaften), die selbst mit Ak- Kuba.
tien und Anleihen handeln. »Ich bin absolut davon über-
zeugt, daß die CIA ein vollständiges und perfektes Vorabwis- Vorabwissen der Israelis?
sen von den Angriffen hatte, bis hin zum Datum, Zeitpunkt, Aber vergessen wir nicht die Anzeichen, daß jemand in Israel
Ort und Ziel,« sagte Ruppert dem OnLine Journal am 12. vorab von den Angriffen wußte. Und es gab Zweifel in Be-
Oktober. zug auf die Zahl israelischer Staatsbürger, die bei dem An-
Es gab noch weitere Anzeichen für ein Vorabwissen. Der griff getötet worden sind. Am Tag danach behauptete die Je-
Bürgermeister von San Francisco, Willie Brown, erklärte laut rusalem Post, daß zwei Israelis in den entführten Flugzeugen
Radiosender KSFO, daß er am 10. September von seinem umgekommen seien und 4.000 im WTC vermißt würden. Ei-
persönlichen Flughafen-Sicherheitsdienst gewarnt wurde, ne Woche später berichtete ein Beiruter Fernsehsender, daß
nicht am nächsten Tag zu fliegen. 4.000 israelische Angestellte im WTC am Tag des Angriffs
Noch ominöser war ein Artikel in der Washington Post vom nicht dort waren. Diese Nachricht verbreitete sich über das
28. September, demzufolge in New York Angehörige der So- Internet, wurde aber schnell als Lüge abgestempelt. Am 19.
fort-Nachrichten-Firma Odigo bestätigten, daß zwei Ange- September berichtete die Washington Post, daß etwa 113 Is-

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raelis beim WTC vermißt würden, und am nächsten Tag be- Als die Öffentlichkeit erstmals von Global Hawk erfuhr, gab
merkte Präsident Bush, daß über 130 Israelis zu den Opfern es Spekulationen, daß die UAV-Technologie zur Vereitelung
gehörten. Schließlich, am 22. September, stellte die New York von Entführungen benutzt werden könnte. Im Falle einer Ent-
Times fest: führung würde die Global-Hawk-Technologie eingesetzt, und
»Es gab tatsächlich nur drei Israelis, deren Tod bestätigt das gekaperte Flugzeug könnte zur Landung an einen siche-
wurde: zwei in den Flugzeugen und ein weiterer hatte ge- ren Ort geflogen werden, ungeachtet dessen, was die Mann-
schäftlich die Türme besucht. Er wurde identifiziert und schaft oder die Entführer tun würden.
beerdigt.« In der Tat erwähnte die New York Times nach den Anschlä-
Von allen Nationen der Welt hat Israel wahrscheinlich am gen am 28. September 2001 in einem Artikel über die Erhö-
meisten von den Ereignissen des 11. September profitiert. hung der Flugsicherheit eine »neue Technologie, die es den
Jetzt ist eine ständige amerikanische Militärstreitkraft im Na- Fluglotsen wahrscheinlich in ferner Zukunft erlauben wird,
hen Osten gewährleistet, die dieser kleinen Nation trotz der in Bedrängnis geratene Flugzeuge über Fernsteuerung zu
in den arabischen Staaten erzeugten Wut einen Schutzschild landen.« Das erweckte den Anschein, als ob eine solche
bietet. Nachdem Ariel Sharons provokativer Besuch der Technologie noch nicht verfügbar wäre, aber bereits früher in
mohammedanischen Moschee in Jerusalem zu umfassender diesem Jahr schlug ein ehemaliger Chef von British Airways
palästinensischer Gewalt geführt hatte, begann die Welt- vor, daß eine solche Technologie im Falle einer Entführung
meinung von der unkritischen Unterstützung Israels abzu- benutzt werden könnte, um ein Flugzeug vom Boden aus
schwenken. Es war berichtet worden, daß die Bush-Regie- fernzusteuern und zu dirigieren.
rung dabei gewesen war, ernsthafte Überlegungen zugun- Es braucht wohl nicht gesagt zu werden, daß es Leute gibt,
sten eines unabhängigen palästinensischen Staates anzustel- die fragen, ob der erste wirkliche Einsatz von Global Hawk
len. am 11. September erfolgt ist. Schließlich wissen alle erfahre-
Israels mächtiger und effektiver Geheimdienst Mossad ist zu- nen Flieger und Militärs recht gut: wenn eine Technologie
folge der US-Heeresschule für moderne Militärforschung wie Global Hawk öffentlich gezeigt wird, dann wurde sie al-
(Army School of Advanced Military Studies) nicht über allen ler Wahrscheinlichkeit nach schon jahrelang im Geheimen
Verdacht erhaben. Die Washington Times brachte am 10. benutzt. Aber ganz gleich, wie die Flugzeuge von den Terro-
September, genau 24 Stunden vor den Anschlägen, einen Ar- risten gesteuert wurden: es liegt nahe, daß ihre Hintermänner
tikel, in dem Offiziere der Schule mit einer Beschreibung des Informationen, wenn nicht gar Hilfe aus Regierungskreisen
Mossad zitiert wurden: erhalten haben müssen.
»Zu allem fähig, brutal und verschlagen. Ist in der Lage,
die US-Streitkräfte anzugreifen und es wie eine palästinen- Osama bin Laden antwortet
sisch/arabische Tat aussehen zu lassen.« Folgendes hat bin Laden laut der pakistanischen Zeitung
Es ist allgemein bekannt, daß der Mossad jede arabische und Ummat in einem Interview am 28. September gesagt:
mohammedanische Organisation infiltriert hat und kaum »Ich habe bereits gesagt, daß ich nicht an den Anschlägen
Probleme hätte, eine beliebige Anzahl Fanatiker zu finden, vom 11. September in den Vereinigten Staaten beteiligt bin.
um eine solche Selbstmord-Mission durchzuführen – im Als Mohammedaner versuche ich mein Bestes, niemals zu
Glauben, daß sie damit Allah dienten. Tatsächlich gab es lügen. Ich hatte keine Kenntnis von diesen Anschlägen,
kürzlich Berichte in den Nachrichten, daß nicht alle Entfüh- noch sehe ich die Ermordung unschuldiger Frauen, Kinder
rer wußten, daß ihre Mission zum Tode führen würde. und anderer Menschen als lobenswerte Tat an. Der Islam
verbietet streng, unschuldigen Frauen, Kindern und son-
Ferngesteuerte Flugzeuge – eine Realität stigen Leuten Schaden zuzufügen. So etwas ist sogar im
Dank einer kürzlich vorgestellten Technologie kann jetzt die Verlauf einer Schlacht verboten. Es sind die Vereinigten
Theorie aufgestellt werden, daß keiner der Entführer vor hat- Staaten, die jede Mißhandlung von Frauen, Kindern und
te, zu sterben. einfachen Leuten zu vertreten haben.«
Global Hawk (Globaler Falke) heißt die neueste Version ei- In diesem, in den USA offensichtlich unterdrückten Interview
nes unbemannten Flugkörpers (UAV), der in hoher Flughöhe gab bin Laden Israel die Schuld an den Anschlägen und rief:
über lange Strecken operieren kann, mit anderen Worten: ei- »Alles, was in den letzten 11 Monaten in Palästina ge-
ne unbemannte Drohne, die mittels elektronischer Fernsteue- schieht, reicht aus, um Gottes Zorn auf die Vereinigten
rung abheben, Aufgaben ausführen – z.B. Schlachtfelder fo- Staaten und Israel herabzurufen [und] was früher den un-
tografieren – und landen kann. Diese nach Science Fiction schuldigen Menschen des Irak, von Tschetschenien und
anmutende Ausrüstung führte am 7. Oktober 2001 ihre erste Bosnien angetan wurde.«
offizielle Flugaufgabe durch, als sie über Afghanistan zur Bin Laden fuhr fort:
Erkundung eingesetzt wurde, um US-Luft- und Bombenan- »Wir sind nicht feindselig gegenüber den USA. Wir sind
griffe gegen das Taliban-Regime vorzubereiten. Dieses fernge- gegen das System [der US-Regierung], das andere Natio-
steuerte Flugzeug, das einem üblichen Passagierflugzeug Bo- nen zu Sklaven der Vereinigten Staaten macht oder sie
eing 737 ähnelt, wurde aber schon früher in diesem Jahr erfolg- zwingt, ihre politische oder wirtschaftliche Freiheit zu ver-
reich getestet, zuerst am Luftwaffenstützpunkt Edwards und pfänden.« (Der Wortlaut befand sich zeitweilig auf der
später am Luftwaffenstützpunkt Edinburgh in Südaustralien. Webseite www.khilafah.com)
Dr. Brendan Nelson, der parlamentarische Staatssekretär des Natürlich kann man bin Laden nicht unbesehen Glauben
Verteidigungsministers sagte, bevor er Australien verließ: schenken, aber dann könnte man das gleiche in bezug auf die
»Global Hawk wird bei seiner Rückreise nochmals Flugge- US-Regierung sagen, die bei so vielen Lügen und Schwinde-
schichte machen, als erster unbemannter Flugkörper, der leien ertappt wurde, daß es erstaunlich ist, daß überhaupt
nonstop von Australien an die Westküste der Vereinigten noch jemand offiziellen Verlautbarungen Aufmerksamkeit
Staaten fliegt.« schenkt.

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Die trostlose Geschichte der US-Außenpolitik seit dem Zwei- – Ebenfalls im Jahr 1965 begannen die USA, Nordvietnam
ten Weltkrieg müßte wirklich einmal sorgsam betrachtet zu bombardieren, nachdem Präsident Johnson den dortigen
werden. Diese Politik war spätestens seit 1939 in den Händen Bürgerkrieg zu einer „Aggression“ des Nordens erklärt hat-
der Elite des Council on Foreign Relations, wie die New York te. Zwei Jahre später war die Stärke der amerikanischen
Times vor Jahren bestätigt hat. Zu dieser Elite und ihren Truppen in Vietnam auf 380.000 angewachsen. Die Gefal-
Partnern gehören die früheren Präsidenten Bush und Bill lenen der USA beliefen sich am Ende dieses asiatischen
Clinton, Gerald Ford, Jimmy Carter und Richard Nixon, Krieges auf etwa 58.000, während die Verluste Vietnams –
praktisch jeder CIA-Direktor wie auch eine beträchtliche Nord wie auch Süd – sich eher in der Größenordnung von
Reihe bekannter früherer und gegenwärtiger Regierungsbe- Millionen beliefen.
amter wie Dick Cheney, Henry Kissinger, Wesley Clark, – 1973 wurde die gewählte Regierung von Salvador Allende
Strobe Talbott, Alexander Haig, Alan Greenspan, Bruce in Chile durch einen Militärputsch mit Hilfe des CIA ge-
Babbitt, James A. Baker III, Sandy Berger, Colin Powell, Ha- stürzt. Allende wurde getötet, und etwa 30.000 Menschen
rold Brown, Zbigniew Brzezinski, Frank C. Carlucci, Ri- starben durch die sich anschließende Gewalt und Unter-
chard Darman, John Deutch, Lawrence Eagleburger, Robert drückung, darunter auch einige Amerikaner.
McFarlane, Brent Snowcroft, Condoleezza Rice und Casper – 1968 wurde General Sukarno, Diktator von Indonesien,
Weinberger. durch General Suharto gestürzt – wieder mit Hilfe des CIA.
Diese Politik stellte Neokolonialismus dar, also die Unter- Suharto erwies sich als noch diktatorischer und korrupter
werfung und Beherrschung anderer Nationen durch Militär- als sein Vorgänger. Berichten zufolge starben 800.000
Diktatoren oder reiche Familien, die oft vom US-Militär oder Menschen während seines Regimes.
Nachrichtendienst zur Macht gebracht worden sind. Das Er- – Weitere 250.000 Menschen starben 1975 bei der brutalen
gebnis dieser neokolonialistischen Politik war im besten Fall Invasion von Ost-Timor durch das Suharto-Regime, das
trostlos und im schlimmsten Fall katastrophal. von der US-Regierung und Henry Kissinger Hilfe erhielt.
Es geht nicht um die Aggression, die die amerikanische Au- – 1979 wurde schließlich die mächtige Somoza-Familie, die
ßenpolitik in der Geschichte, etwa beim mexikanischen Krieg Nikaragua seit 1937 regiert hatte, gestürzt und Daniel Or-
von 1848 oder dem spanisch-amerikanischen Krieg 1898, an tega wurde zum Präsidenten gewählt. Vom CIA unterstütz-
den Tag gelegt hat. Nehmen wir uns die Politik seit dem te Contra-Rebellen, die von Honduras aus operierten,
Zweiten Weltkrieg vor: kämpften einen langanhaltenden Krieg, um die Ortega-
– 1951, als Irans Ministerpräsident Mohammed Mossadegh Regierung zu entfernen, wobei schätzungsweise 30.000
die Ölindustrie dieser Nation im Mittleren Osten verstaat- Menschen starben. Die während dieses Krieges durchge-
lichte, wurde er durch einen vom CIA angestifteten Coup führten illegalen Waffen- und Drogengeschäfte riefen
gestürzt, und der Schah übernahm 1963 die gesamte schließlich den sog. Iran-Kontra-Skandal in den Vereinig-
Macht. Tausende Iraner starben während der repressiven ten Staaten hervor, bei dem Waffen an den Iran verkauft
Herrschaft des Schahs und seiner Geheimpolizei SAVAK. wurden, um mit dem Gewinn die Kontras zu unterstützen.
Schließlich wurde der Schah 1979 durch Ayatollah Kho- – US-Marinesoldaten landeten 1982 im Libanon in dem Ver-
meini verjagt, der der neueste ausländische Feind der USA such, ein weiteres Blutvergießen zwischen den israelischen
wurde, trotz der Tatsache, daß er während seines Pariser Besetzungstruppen und der Palästinensischen Befreiungs-
Exils auf der Gehaltsliste des CIA stand. Dem Schah wurde organisation zu verhindern. Tausende starben in dem sich
in den USA Asyl gewährt. daraus ergebenden Bürgerkrieg, einschließlich mehrerer
– 1954 stürzte die CIA die vom Volk gewählte Regierung Hundert Palästinenser, die in Flüchtlingslagern christlicher
des Jacobo Arbenz in Guatemala, der das Eigentum der Milizen einem Massaker zum Opfer fielen. Trotz der Bom-
United Fruit verstaatlicht hatte. Prominente amerikanische bardierung Beiruts mit Schiffsartillerie wurden die ameri-
Regierungsbeamte wie der frühere CIA-Direktor Walter kanischen Truppen 1984 nach einer Reihe blutiger Gegen-
Bedell Smith, dann CIA-Direktor Allen Dulles, der Staats- angriffe zurückgezogen.
sekretär für Inneramerikanische Fragen John Moors Cabot – 1983 marschierten US-Truppen in der kleinen Inselnation
und Außenminister John Foster Dulles waren allesamt eng Grenada in der Karibik ein, nachdem dort eine linke Regie-
mit der United Fruit verbunden. Schätzungsweise 120.000 rung gebildet worden war. Die offizielle Erklärung war,
Bauern Guatemalas starben während der folgenden Mili- daß man eine Handvoll amerikanischer Studenten retten
tärdiktatur. wollte, die festgestellt hatten, daß sie keiner Rettung be-
– Fidel Castro stürzte mit verdeckter Hilfe des CIA die Mili- dürften.
tärdiktatur von Fulgencio Batista und führte Wirtschafts- – Über 20 Jahre lang, während der 70er und 80er Jahre, gab
und Erziehungsreformen sowie die Verstaatlichung ameri- die US-Regierung der rechtsgerichteten Regierung der Re-
kanischer Unternehmen durch. Nachdem er schnell als publik El Salvador Hilfe und Waffen gegen ihre linksge-
Kommunist etikettiert worden war, organisierte die CIA richteten Gegner. Bis 1988 sind etwa 70.000 Salvadorianer
anti-Castro-Kubaner, was zu zahlreichen Angriffen auf gestorben.
Kuba und schließlich zur fehlgeschlagenen Invasion der – Mehr als eine Million Menschen starb in Angola bei dem
Schweinebuch im Jahr 1961 führte. Seit dieser Zeit ist die 15jährigen Krieg zwischen der marxistischen Regierung,
Inselnation das Ziel von US-Wirtschaftssanktionen. die von kubanischen Truppen unterstützt wurde, und der
– Mehr als 3.000 Personen starben als Folge der Invasion in Nationalen Union für die vollständige Unabhängigkeit von
die Dominikanische Republik durch US-Marinesoldaten im Angola, die von der Regierung Südafrikas und der USA
Jahr 1965. Die Truppen waren angeblich zur Verhinderung unterstützt wurde.
einer kommunistischen Machtübernahme geschickt wor- – Als Mohammed Al-Ghaddafi seit seiner Machtübernahme
den, obwohl später zugegeben wurde, daß es keinen Be- 1969 versuchte, die Unternehmen in der an Ölvorkommen
weis für eine solche Machtergreifung gab. reichen Nation Libyen zu verstaatlichen, zog er sich den

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Zorn der US-Regierung zu. 1981 wurde behauptet, daß – Gleichfalls 1991 stellten die Vereinigten Staaten die Hilfe
Ghaddafi „Hit-Teams“ in die Vereinigten Staaten geschickt für Haiti ein, nachdem die Wahl eines liberalen Priesters
habe, um Präsident Reagan zu ermorden, und 1986, nach- eine Militäraktion hervorgerufen hatte. Schließlich wurden
dem sich die US-Ölgesellschaften aus Libyen zurückgezo- US-Truppen eingesetzt.
gen hatten, wurde ein Luftangriff durchgeführt, der zwar in Zu den Ländern, die den Einsatz amerikanischer CIA-
Bezug auf Ghaddafi fehlschlug, aber mehrere Menschen und/oder Militäreinheiten als Ergebnis der US-Außenpolitik
tötete, einschließlich seiner Tochter, die noch ein Kind erlebt haben, gehören Somalia, Afghanistan, Serbien, Koso-
war. vo, Bosnien, Brasilien, der Tschad, der Sudan und viele an-
– 1987, während des Irak-Iran-Krieges, führte ein fehlgelei- dere.
teter irakischer Raketenangriff auf die US-Fregatte Stark Dr. Martin Luther King Jr. erklärte während des Vietnam-
zu 37 Toten. Kurz darauf entschuldigte sich der irakische Krieges:
Präsident für den Vorfall. 1988 schoß ein Schiff der US- »Meine Regierung ist der in der Welt führende Lieferant
Marine über dem Persischen Golf ein iranisches Flugzeug von Gewalt.«
ab, was zu 290 Toten führte. Die Reagan-Regierung be- Er sagte nicht „mein Land“ oder „mein Volk“, es ist die Re-
zeichnete das einfach als einen Fehler. gierung, oder besser diejenigen, die sie kontrollieren, die ver-
– Tausende freiheitssuchender Chinesen wurden 1989 auf antwortlich sind. Obwohl auch die verwirrten und unwissen-
Pekings Tiananmen Platz getötet, nachdem sich Chinas den US-Bürger, die behaupten, in einer Demokratie zu leben,
kommunistische Hardliner mit dem ehemaligen US- einen gerechten Anteil an der Schuld auf sich nehmen müs-
Präsidenten Richard Nixon beraten hatte. Es braucht wohl sen.
nicht betont zu werden, daß Nixon der einzige US-
Präsident war, der wegen drohender strafrechtlicher Ver- Schlußfolgerung
folgungen zurücktrat. Der wahre Feind ist derjenige, welcher tatsächlich hinter den
– Etwa 8.000 Panamesen starben über Weihnachten 1989, als Terroranschlägen vom 11. September 2001 steckt. Osama bin
Präsident George H.W. Bush US-Truppen in diesen mittel- Laden, der so eng mit den finanziellen Interessen der Bush-
amerikanischen Staat schickte, um seinen früheren Ge- Familie und der CIA verknüpft ist, mag der Rädelsführer sein
schäftspartner Manuel Noriega gefangenzunehmen. Die oder aber auch nur ein allzu gelegener Sündenbock, womit
Entschuldigung hierfür war, Noriega sei an der Einfuhr 9/11 nur eine weitere Provokation wäre, um die Amerikaner
von Drogen in die USA beteiligt. U.S. News & World Re- in einen weiteren Krieg ums Erdöl zu treiben.
port führte an, daß sich 1990 die Menge Drogen, die durch Wir müssen gründlich darüber nachdenken, was die wirkli-
Panama kamen, verdoppelt habe. che Ursache für den Terror ist: der bärtige Fanatiker in einem
– Die irakischen Verluste – militärische wie auch zivile – be- verarmten Lande des mittleren Ostens oder diejenigen, die
liefen sich während des kurzen Krieges im Persischen Golf am meisten von der Untergrabung des US-Verfassung „im
1991 auf mehr als 300.000. Es wird geschätzt, daß mehr als Namen der Freiheit“ profitieren würden.
eine Million Iraker, einschließlich Frauen und Kinder, als
Folge der im letzten Jahrzehnt fortgeführten Raketen- und Englische Originalfassung »An Overview of the War on Terrorism« (hier
Luftangriffe wie auch der wirtschaftlichen Sanktionen ge- leicht gekürzt): www.jimmarrs.com/view/view102301.html; übersetzt von
gen das Land gestorben sind. Patricia Willms.

Entweder Weltherrscher oder das Nichts


Zur Außenpolitik der Vereinigten Staaten von Amerika
Von Andreas Wesserle

1638, inmitten der Schrecken des Dreißigjährigen Krieges spielen begann – umwoben vom Wehgeschrei der zur Ohn-
malt Peter-Paul Rubens eines seiner erschütterndsten Werke: macht verdammten Staaten des „Alten Europa“ (Pentagon-
Die Folgen des Krieges;1 heute strahlt es als ein Höhepunkt minister Rumsfeld) – als er zur Endattacke auf das ölreiche
der prunkvollen Gemäldesammlung im Pittipalais oberhalb Zwergland Irak blies. Als „Mesopotamien“, Ur, Sumer, Ba-
der Stadt Florenz. Mit vollendeter Meisterschaft deutet er die bylon und Assyrien legte dieses vor satten 50 Jahrhunderten
allgemeinen Kriegsgreuel als ein allegorisches Drama, in den Grund für unsere „Zivilisation“ und ist wie keine andere
welchem die liebende Venus einen die Künste und die Wis- Erdengegend als unser „Wurzelland“ von leicht zerstörten
senschaft zertrampelnden Mars zurückzuhalten sucht, derweil Kulturschätzen übersät. Im 20. Jahrhundert, nach seiner Be-
dieser von der anfeuernden Furie Alekto in die Tiefen des freiung von der osmanischen und vor allem der englischen
Hungers und der Pest gezerrt wird. Weit abseits erhebt die Knechtschaft, gestaltete der griechische Städteplaner Doxia-
Gestalt der Europa vor dem offenen Tor des Janustempels dis Bagdad nach neuesten Gesichtspunkten – weit moderner
wehklagend die Hände zum Himmel. als jede amerikanische Großstadt. Ebenso richtete der iraki-
Wie kein zweites erleuchtet das Kunstwerk blitzartig die jet- sche Staat die allgemeine Krankenversicherung ein, einen
zige Lage, nachdem der U.S.-Präsident G.W. Bush den Fortschritt, den das „reichste Land der Erde“ bis morgen
Schlußakt im Äonendrama „Die Universalweltherrschaft“ zu nicht erreicht. Doch was schert sich das Weiße Haus darum?

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Was würde Rubens dazu sagen? Als Weltmann und gewieg- fer (d.h. alle Erdenstaaten) und vorhandenen Dependenzen
ter Diplomat würde er wohl auf sich überschneidende und auf und bricht ihren Widerstand. Andererseits gelingt es da-
sich vermischende historische Momente hinweisen. Etwa wie mit der führenden „Machtelite“ (Prof. C. Wright Mills), hi-
folgt: storisch gepaart mit grausamsten Unterdrückungen (so der
Sozialisten von 1865 bis 1921 und später der – die größte
Weltherrschaft Volksgruppe ausmachenden – Deutschamerikaner, oder der
Die USA sind der erste Großstaat der Erde seit der letzten großen, kriegsunlustigen Bevö1kerungsmehrheit zu Anfang
Eiszeit – soll Platos Gleichnis von Blüte und Untergang des des Ersten und des Zweiten Weltkrieges und nun des Irak-
poseidongesegneten Atlantis Glauben geschenkt werden –, Abenteuers) innenpolitisch jegliche Zweifel und Bedenken
der seinen Anspruch auf die alleinige Weltherrschaft erfolg- zu entmachten.
reich zu vertreten scheint. Der kecke „Cowboystil“ der Es wäre demnach ein schwerwiegender Fehler, die imposan-
Bushregierung bezeichnet in dieser Hinsicht keineswegs den ten „Errungenschaften“ ihrer wortwörtlich Oberen Zehntau-
Anfang, sondern die Ernte einer vor vielen Jahrhunderten send der amerikanischen Bevölkerung anzulasten. Diese Be-
ausgesäten Entwicklung. Begünstigt von seiner einzigartigen völkerung – d.h. die seit dem Ende der Populisten und der
geopolitisch-historischen Lage (von Schwachen umgeben Progressiven von etwa 1900-1917 Entmündigten und jegli-
und bis heute nur Schwache unterjochend), von rasendem cher Macht Entfremdeten, mehr als 99,9% der 286 Millionen
Raubbau der im jungfräulichen Schoß zweier neuer Konti- Einwohner – gehört den Lieblingsopfern der seit Generatio-
nente schlummernden Natur- und Bodenschätze und vor nen emporschießenden Haupt- und Herrscherkultur an. Im
a1lem vom unbeugsamen Sendungsbewußtsein, das alle an- Gegensatz zu den im Macht-und Wirtschaftskampf unterle-
dersgearteten Völker und Menschen lediglich als Mittel zum genen Subkulturen des Gros der amerikanischen Bevölke-
Zweck behandeln läßt, überflügelt „Amerika“ scheint’s spie- rung (von der einst führenden Kultur Virginias, vom Norden
lend leicht seine gescheiterten Vorgänger und Konkurrenten: im Sezessionskrieg total ausgemerzt, ganz zu schweigen), hat
das portugiesische, spanische, französische, russische und diese Hauptkultur mit althergebrachter Anmaßung und Ziel-
englische Weltreich. strebigkeit den machtlogischen Schluß aus den Ölkrisen der
Die ihm seit 1917 nacheifernde Spielart des moskowitisch- 1970er und 80er Jahre gezogen. Sie hat den von ihr insze-
byzantinischen Imperialismus – sein einziger ernstzuneh- nierten Untergang des Sowjetreiches dazu ausgenützt, ihre
mender staatlicher Gegner nach 1783 – strauchelt 1991 fatal Monopolstellung über die Welt weiter auszubauen und zu fe-
vor Amerikas gesellschaftlich-wirtschaftlichem Totalitaris- stigen. Das Ziel war und ist, sämtliche Rohstofflieferanten
mus (Prof. Noam Chomsky). Sein großes Vorbild, das ab wie auch die Drehscheiben der Kontinentalstrategie (darunter
1775 als rückschrittlich angesehene englische Empire, liefert ganz Lateinamerika, Nigeria, den Kongo, Südafrika,
ihm den Leitspruch: „The Pen is Mightier Than the Sword“ Restafrika, ganz Vorder-, Mittel- und Südasien, den Pazifik
(Die Schreibfeder ist mächtiger als das Schwert). Damit, d.h. und Europa) in verläßliche Protektorate zu verwandeln – so-
mittels seiner Propaganda und den ununterbrochen weltweit fern sie es, wie Deutschland, Italien und Japan, nicht schon
wabernden, 1917 in New York erfundenen Public Relations, sind. Diese Gebiete und das Potential seiner Menschen und
weicht es außenpolitisch die Moral seiner vorgesehenen Op- Rohstoffe dienen hauptsächlich und letztendlich der Festi-

Peter-Paul Rubens, Die Folgen des Krieges

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gung und Verewigung der Macht der amerikanischen Welte- Tatsächlich scheint es der Weltmachtelite, im weit kosmi-
lite und der mit ihr liierten weltpolitischen Bewegung. scherem Maßstab als selbst ihren englischen Vorgängern, ge-
lungen zu sein, im endlichen Explosivstadium der faustischen
Gegenseitige Interessen Kultur (Oswald Spengler) die maßgeblichen außen- und in-
Nicht Liebe und Zuneigung, sondern „gegenseitige Interes- nenpolitischen Elemente der Weltherrschaft in ihrer Hand zu
sen“ bestimmen das Verhalten. Eben diese Interessen führten vereinen. Der Welt-Machiavelli: endlich aus der Provinz der
im Dezember 1983 Donald Rumsfeld – nun der öffentlich italienischen Stadtstaaten und dem Gestrüpp der europäi-
bissigste Habicht im Washingtoner Tiergarten – als Abge- schen Staatsräson befreit? Das Vierte und das Wahre Rom?
sandten des Präsidenten Reagan nach Bagdad. Er läßt Sad- Wohl kaum.
dam Hussein im Krieg gegen den Iran diplomatische und mi- Der angriffslustige Überheld Amerikus zeigt uns gleich meh-
litärische Hilfe angedeihen, wie von der Washington Post am rere Achillesfersen. Aus Platzmangel naschen wir aus der
1. Januar 1984 berichtet. Die USA liefern 45 Bell Angriffs- Unzahl und dem Unteig der Plus- und Minusfaktoren nur
hubschrauber an den Irak; im Gegensatz zum amerikanischen wenige Leckerbissen heraus. Oft stellen sich diese Faktoren
Senat unterstützt das Weiße Haus Saddam Hussein. Man als (Zerr-)Spiegelbilder ein und desselben Gebildes heraus.
zuckt mit keiner Wimper, als dieser die iranischen Truppen
und 1988 kurdische Zivilisten mit Giftgasen töten läßt. Frei- Das Letzte Rom?
lich muß gegen 1990 Husseins zunehmender Einfluß am Per- Eine Idee mit einer großen kulturellen Vergangenheit in West
sischen Golf Onkel Sam und Israel unbequem geworden sein. und Ost. Die Vereinigten Staaten haben seit ihrer Gründerzeit
Denn Präsident Bush d.Ä. und sein Außenminister Baker (ein auch davon gezehrt. Weltpolitisch interessant wird dies je-
„Öl-Advokat“) richten eine Depesche an die US-Botschafte- doch erst nach dem einigenden Ausgang des Sezessionskrie-
rin Glaspie im Irak, worin Kuwait als ein die amerikanischen ges (1861-65) und dem Ausbau eines transamerikanischen
Interessen nicht lebenswichtig berührendes Gebiet bezeichnet Kolonialreiches in Hawaii, Midway, Guam und den Philippi-
wird. Hussein schnappt nach dem Köder und marschiert ein. nen, mit starker Ausstrahlung nach China und Japan: nach
Die Falle schnappt zu. Hunderttausende irakische Soldaten dem Spanisch-Amerikanischen Krieg von 1898. „Eins, zwei,
und Zivilisten fallen dem entbrennenden „Vergeltungskrieg“ drei im Sauseschritt läuft die Zeit – wir laufen mit!“ rief
zum Opfer. Nach Berichten des 1991 vom früheren amerika- schon Wilhelm Busch aus und wirklich findet sich Onkel
nischen Justizminister Ramsey Clark gegründeten „Interna- Sam 1914 als die stärkste Industriemacht auf Erden (noch vor
tional Action Center“2 und der UNICEF vom 12.8.1999 wa- dem Deutschen Reich und Großbritannien) und als strebsam-
ren in den vorangegangenen neun Jahren 1,7 Millionen als ster Weltpolitiker mit gleich zwei „Cäsaren“ unter den Ach-
direkte Folge der „UNO“-Sanktionen als auch des absichtli- seln: Theodor Roosevelt und Woodrow Wilson. Die geballte
chen Bombardements der Trinkwasser-, Abwässer- und Faust auf der Waage des außer Rand und Band geratenen eu-
Kläranlagen im Irak gestorben. Die Mehrheit der Opfer sind ropäischen Gleichgewichts. Was tun? 1917 „befreit“ Ameri-
Kinder. Da die Bushregierung ab Januar 2001 die Angriffe ka Frankreich und sieht sich weltanschaulich, politisch und
ihrer Vorgänger noch vervielfacht hat – schon Clinton ließ in wirtschaftlich als der Große Überlebende: das Neue Rom.
den ersten acht Monaten d.J. 1999 mehr als 1100 Flugkörper Diese Lage stellt der amerikanische Schriftsteller Dos Passos
auf 359 „Ziele“ herabstürzen – halten Sachverständige wie fest; sie besteht tatsächlich, hält man sich die Mitglieder der
die amerikanische Professorin Yvonne Haddad vom „Center Elite vor Augen, die den Ersten und Zweiten Weltkrieg be-
for Muslim-Christian Understanding“ der Georgetown Uni- stimmten: darunter John Foster und Allen Dulles, Bernard
versität, Washington, eine Sterbeziffer von weiteren 250.000 Baruch, der Marinestaatsekretär Franklin Roosevelt. Nach
Nichtkombattanten pro Jahr für wahrscheinlich. Fazit: Völ- 1991 wandte sich die Elite den Weltlorbeerkranz. Wird sie
kermord mitten im „Frieden“.3 ihn behalten?
Ist von einem Regime, das über 400 seiner heiligsten, mit den Wie in Rubens Meisterwerk dargestellt, steht wegen der
Einheimischen (nicht: „Eingeborenen“) Amerikas geschlosse- ständigen Kriege das Tor zum altrömischen Janustempel stets
nen 500 Verträge gebrochen hat, etwas besseres zu erwarten? offen. Dasselbe trifft symbolisch auf die USA zu. Auch wie
Der Zweck der Sache ist einfach und wirksam. Der Irak und das damalige Rom den Widerstand etwa der Kelten mit sei-
schließlich auch – laut Prof. Noam Chomsky vom berühmten ner Wein- und Genußkultur klug aufweichte, versteht die
Massachusetts Institute of Technology (MIT) – der Iran und amerikanische Machtelite die Moral und die Moralität seiner
Saudi Arabien müssen „dran glauben“ weil: „Nachbarn und Freunde“ und die seiner Bevölkerung mit
a) es ihren gewaltigen Öl- und Gasvorkommen unter ande- seinem „American way of life“ zu untergraben – auf die mas-
rem nicht gestattet werden darf, in halbwegs autonomen senproduzierten „Menschen“-scharen des Industriezeitalters
Händen zu verbleiben; zugeschnitten, versteht sich. Aber gleich zu Beginn der ame-
b) ihre strategische Schlüssellage – im Spannungsfeld Eura- rikanischen Revolution erteilte ihm die Geschichte eine wei-
sien-Afrikas und des indischen Subkontinents – nur von tere, wichtige Lektion. Mit der Billigung des Oberbefehlsha-
amerikahörigen, politisch repressiven Marionettenregimes bers General Washington führt der später berüchtigte Bene-
verwaltet werden darf; dict Arnold einen Zangenangriff auf das sich in englischen
c) der amerikanische Festlanddegen und die Medienbombe Händen befindende Quebec (Kanada) aus: im Herbst und
über Eurasien-Afrika – Israel – gefördert werden soll.4 Winter 1775.
Knapp sechzehn Jahre vorher hatte der englische General
Gewalttätige Raumpolitik Wolfe in einer welthistorischen Schlacht die Festung Quebec
Eine Raum- und Gewaltpolitik, die sich sehen lassen kann, den Franzosen entrissen; er fand dabei den Heldentod. Ganz
selbst im historischen Vergleich mit dem Inkastaat, dem chi- Nordamerika nördlich des schwächlichen spanischen Koloni-
nesischen Kaiserreich, den Assyrern, dem Perserreich und alreiches in Mexiko (einschl. Texas, Colorado, Kalifornien)
Rom. Wir gratulieren! gehört den Briten! Eine Tatsache, die freilich erst durch die

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Siege von Englands Festlanddegen 1763 festgeschrieben Der selbstbewußte Ton des in jeder Hinsicht Ersten Gründer-
wurde: Friedrich des Großen von Preußen in einem „Frieden vaters bestimmt zumindest oberflächlich belauscht den Tenor
von Paris“ (Beendigung des Siebenjährigen Krieges). Doch der amerikanischen Außenpolitik bis ins 21. Jahrhundert
die von den amerikanischen Aufständischen erhoffte Unter- zweifach. Einerseits von den Warnungen des Präsidenten Jef-
stützung von Seiten der französischen Quebecois blieb aus. ferson und der Monroedoktrin von 1823 gestärkt, hält er die
Vor den Mauern Quebecs erleidet der General Montgomery USA aus den verstrickenden europäischen (und afro-asia-
den Heldentod. Die amerikanischen Revolutionäre unterlie- tischen) Händeln bis nach dem Ende des Sezessionskrieges
gen. Seither wird das frisch weiterrollende – besser gesagt: 1865 militärisch heraus. Als der Amerika-Imperialismus
Salto springende – Expansionsprogramm schon vorher durch schließlich noch vor 1898 in den fieberhaften Weltimperia-
die zermürbende Propaganda und Public Relations angefeuert lismus umschlägt, behält er immer noch scheinheilig den
und berechnend vorwärtsgetragen. Die dabei zum Vorschein Tarnanstrich des unschuldig Angegriffenen, der einst mehr
kommende Sicht umfaßt die Vorherrschaft über Kontinente. oder minder berechtigt war.
Mit Seward – Präsident Lincolns Außenminister ab 1861 – Die große Wasserscheide wird 1803 erreicht, als der helle,
erstreckt sie sich über fünf der sieben Weltmeere. Theodor doch widersprüchliche Chefideologe der Revolution, der da-
Roosevelt und Wilson tragen sie in alle sieben Kontinente. malige Präsident Jefferson, in einem machtpolitischen Hand-
Ihr Testamentsvollstrecker F.D. Roosevelt kassiert die Stra- streich Napoleon I. das riesige Louisianagebiet für ganze $15
tegie ein, indem er ab 1933 die Welt mit Stalin teilt. 1991 Millionen abkauft. Dies stärkt die Macht der „Exekutive“ ge-
wird der Schlußstrich gezogen. genüber dem Kongreß (der dritte „Ast“ der Verfassung, die
Im Laufe dieses atemberaubenden Rundum-Dranges betreibt Justizordnung mit dem Obersten Bundesgericht, ist ein heiß-
die amerikanische Elite ihre „Aufklärung“, indem sie ihre blütiger Vorkämpfer für die Macht der Bundesregierung bis
momentanen Gegner zu unverbesserlichen Todfeinden, zu ins 21. Jahrhundert) und öffnet die Schleusen einer Flut von
Teufeln stempelt, deren Ausmerzung wie auch das Auslöschen Neusiedlern und skrupellosen Schiebern/Politikern. Andrew
der Freiheit ihrer Vö1ker als eine barmherzige Wohltat für die Jackson, ein Freibeuter, Milizgeneral, Indianertöter, Mas-
Menschheit gefeiert wird. Das kommtdem düster-ehrgeizigen senmörder und bis heute beliebter, korrupter Demokratenprä-
Hang der nördlichen „Yankees“ eben entgegen, die im Gegen- sident, ist einer der bekanntesten. Nachdem amerikanische
satz zu den Anglikanern Virginias vom starren, kalvinistischen Neusiedler 1810 in Baton Rouge am Mississippi die spani-
Puritanismus gezeichnet sind (fruchtbare Pflanzstätte des Kapi- sche Herrschaft stürzen und eine „Republik“ ausrufen und
talismus! Sezessionskrieg! Prohibition! Fehde dem Tabak! weitere amerikanische Übergriffe auf spanisches Gebiet unter
usw.). Und der „Aggressor“ ist immer „der Andere“. dem Präsidenten Madison zur Annektierung des Großteils
Das ist die höchste Ironie der Neuzeit: daß der Staat (bzw. des spanischen Westflorida führen (bis zum Rio Perdido),
ursprünglich der Staatenbund), der am 4. Juli 1776 mit seiner holt General Jackson zum Hauptschlag aus. Unter dem Vor-
der europäischen Aufklärung entspringenden Unabhängig- wand, plündernde Seminoleindianer verfolgen zu wollen,
keitserklärung (Jefferson!) den Startschuß zum Weltrennen stößt er 1818 mit der stillschweigenden Billigung Präsident
der „völkischen Freiheitskriege“ abfeuert, sich ein und zwei Monroes tief in die Halbinsel Florida hinein. Er wird der Se-
Jahrhunderte darauf als immer gründlicherer Feind der Völ- minolen zwar nicht habhaft, hinterläßt aber eine Blutspur der
kerfreiheit entpuppt, um schließlich ihr prinzipieller Wider- Willkür, die schließlich das Endprotokoll des (John Quincy)
sacher zu sein. Er vergißt, daß seine, in einem weiteren Frie- Adams-Onis Vertrages von 1819 beschleunigt herbeiführt:
den von Paris von 1783 verbriefte Freiheit einem diplomati- Onkel Sam säckelt ganz Florida ein, und die spanisch-ameri-
schen Kompromißfrieden zu verdanken ist (hauptsächlich kanische Westgrenze verläuft nun vom Sabinefluß (Westrain
zwischen England, Frankreich und Spanien). Er behandelt al- des heutigen Louisiana) in nordwestlicher Richtung stufen-
le auch ausländischen Konflikte als totale Welt-Bürgerkriege, weise bis zum 42. Breitengrad im heutigen Wyoming und
vor allem nach dem vom Norden als eine totale Offensive daher über 1600 km stracks zum Stillen Ozean. Dem Au-
gegen die Zivilbevölkerung des Südens geführten Sezessi- ßenminister und späteren Präsidenten, Sohn des Präsidenten
onskrieg. Kitcheners und Churchills England gibt ihm hierbei John Adams, Vater des bedeutenden Diplomaten, Sproß der
noch ein weiteres Vorbild. berühmten Adamssippe aus Massachusetts John Quincy
Adams schwillt die Brust: der Pazifik ist erreicht! Das Tor
HÖHEPUNKTE DES EXPANSIONISMUS und der geopolitische Keil zur unbegrenzten Expansion nach
Lassen wir ohne weitere Umschweife die Höhepunkte der Westen, Norden und Süden ist in Onkel Sams Hand. Die Ta-
amerikanischen Expansionspolitik aus dieser Perspektive ten folgen. Generale und Präsidenten wie Andrew Jackson
rasch an uns vorbeihuschen: vertreiben Hunderttausende von Indianern aus den östlichen
Im Frieden von Paris von 1783 zieht Großbritannien die USA in die unwirtlichen Gegenden westlich des Mississippi.
Grenzen der USA am entlegenen Mississippi und im Süden Oft gehören diese Einheimischen kulturell hochstehenden
etwa entlang des 31. Breitengrades (Groß-Florida bis zum Bauern- und Tempelkulturen an. Aus diesen Gebieten wer-
Unterlauf des Mississippi wird Spanien zugesprochen), klug den sie nach der Entdeckung von Gold und Silber wiederum
kalkulierend, daß der republikanische Sendungsdrang der in die Steppen des heutigen Oklahoma vertrieben. Auch
Amerikaner diese bald in einen Konflikt mit Spanien und Oklahoma fällt der Habgier der Bleichgesichter zum Opfer.
Frankreich stürzen würde. Es behält recht. 1796 veröffent- Um 1900 überleben nur etwa 100.000 von einst 5 Millionen
licht Präsident Washington seine Abschiedsbotschaft. Er Indianern. Diese werden meistens in Reservate eingepfercht.
warnt vor „bleibenden Bündnissen“ mit dem Ausland und Ein grausiges Vorspiel für die Vertreibung von 21 Millionen
bevorzugt eine „achtungsgebietende defensive Haltung“. Deutschen, Finnen, Polen, Ungarn, Bulgaren und Griechen
Amerika soll sich aus Europas fast völlig verschiedenen In- im 20. Jahrhundert und ein Vorgeschmack dessen, was sich
teressen herauszuhalten suchen und seinen eigenen geopoliti- heute – amerikanischen Zeugen zufolge – in Palästina, dem
schen „Kurs“ einschlagen.5 Irak und Vorderasien abspielt.

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Unter hysterischen Kampfsprüchen (z.B. »Manifest Destiny« und in der eigenen Bevölkerung die Siedehitze des Sen-
(offenbarte Vorsehung) oder »54º 40’ or Fight!«, was die dungsbewußtseins aufwallen zu lassen. Von erneutem welt-
amerikanische Nordwestgrenze an den Südzipfel Alaskas politischen Belang stellte sich 1898 die Explosion des ameri-
herangebracht und das britische Nordamerika (Kanada) ganz kanischen Kriegsschiffes „Maine“ im Hafen von Havanna
vom Pazifik abgeriegelt hätte) werden die späteren Staaten vor, die zum Krieg mit Spanien führte. Untersuchungen ge-
Oregon und Washington bis zum 49. Breitengrad annektiert – gen Ende des 20. Jahrhunderts ergeben, daß das Schiff einer
die Vancouverinsel verbleibt in englischen Händen – und das inneren Detonation zum Opfer fiel, die höchstwahrscheinlich
geopolitische Kernland „Texas“ (dessen amerikanische Sied- nicht durch eine Unglück verursacht worden war (etwa durch
ler kurz vorher gegen Mexiko rebelliert hatten) 1845 vom eine Kohlenstaubexplosion). Die „Maine“ wurde also von
Präsidenten Tyler rechtswidrig – mittels eines Kongreßbe- amerikanischen Agenten versenkt. Mehr als 250 Matrosen
schlusses – an die USA angeschlossen. Sein aggressiver fanden den Seemannstod. Der dafür Verantwortliche war
Nachfolger Polk provoziert einen Krieg mit Mexiko; der wohl der schrill imperiale, aufgeweckte Staatssekretär im
amerikanische General Taylor blockiert die mexikanische Marineministerium, Theodor Roosevelt, der spätere Präsi-
Stadt Matamoros und übertölpelt den Kongreß, der nach dem dent. Sein Vetter, F.D. Roosevelt und dessen Nachfolger soll-
Verfassungsrecht Krieg erklären muß, indem er die mexika- ten ihn später bis ins Jahr 2003 zu übertrumpfen suchen. Prä-
nischen Verteidigungsmaßnahmen als „Angriffskrieg“ hin- sident Woodrow Wilson, dessen „rechte Hand“ Colonel
stellt. Im Vertrag von Guadalupe Hidalgo 1848 verliert Me- House und andere amerikanische Polit- und Finanzgrößen
xiko beiläufig die Hälfte seines Hoheitsgebiets. Die USA unterstützen ab 1914 Großbritannien und Frankreich. Wilson
gewinnen ihre heute reichsten Staaten: Groß-Texas vom Rio vergißt sich soweit, daß er sogar amerikanische Gesetze
Grande bis nach Wyoming, Neu-Mexiko, Colorado; Utah, bricht, um englischen Schiffen in amerikanischen Häfen das
Nevada, Arizona und hauptsächlich Kalifornien. Polks List Laden von Munition und weiterer Konterbande zu ermögli-
(die List der Exekutive und des Obersten Kriegsherren) wird chen. Der progressiv-republikanische Senator Robert LaFol-
seither mit Bombenerfolg immer wieder angewandt und ver- lette von Wisconsin überführt Wilson des Gesetzesbruches.
bessert: 1861 am Anfang des Sezessionskrieges, 1917 zu Be- Er entgeht dem Ausschluß aus einem hysterischen Senat nur
ginn der amerikanischen Intervention im Ersten, 1939/41 als um ein Haar; LaFollette, William Jennings Bryan, Populist
Ankurbelung des Zweiten Weltkrieges, 1950 zu Beginn des und Wilsons erster Außenminister, sowie die Sozialistenfüh-
Koreakrieges, 1964 beim massiven Einschreiten im Indo- rer Eugene Debs und Dorothy Day sind die einzigen ameri-
chinakrieg, 1990/91 im Golfkrieg und den darauf folgenden kanischen Staatsmänner des 20. Jahrhunderts. Wilson und
„UNO“-Sanktionen, und neuerdings, nach dem 11. Septem- House sind auch im Komplott der englischen Herrscherklasse
ber 2001, in der Weltoffensive gegen den sog. Terrorismus (einschließlich des Ersten Admiralitätslords W. Churchill und
und für die fieberhafte amerikanisch-nukleare Wiederaufrü- König Georg V.) eingeweiht, mit Hilfe des Unterganges der
stung, die Streichung des Raketenabwehrvertrages mit Ruß- „Lusitania“ 1915 die USA in den Krieg auf Seiten der Enten-
land, die beschleunigte Militarisierung des Weltraumes und te zu stürzen. Der Präsident gibt den autoritären europäischen
den Angriffskrieg gegen den Irak. Regimen ein Beispiel, indem er die ursprünglich kriegsunlu-
Selbstverständlich zeigt das Verzeichnis lediglich einige Hö- stige Bevölkerungsmehrheit, vor allem die Deutsch-Ameri-
hepunkte der Expansion an. Darüber hinaus hat das Weiße kaner, die damals die mit Abstand größte Volksgruppe der
Haus seit dem 19. Jahrhundert sich in Hunderten und Tau- USA ausmachten, sowie die damals zahlenmäßig bedeuten-
senden „kleinerer“ Operationen und Angriffe hervorgetan, den Sozialisten unterwirft bzw. ausmerzt. Auf sein Geheiß
mit Vorliebe in Nord- und Südamerika. Das Urteil des impe- sowie das Geheiß seiner Adjutanten, die fleißig „Patrioten-
rialen englischen Staatsmannes Lord Palmerston (englischer komitees“ gründen, werden u.a. die Werke der „Klassiker“
Außen- und Premierminister von 1830 bis 1865) anläßlich Luther, Goethe, Schiller usw. öffentlich verbrannt; das Lesen
der allamerikanischen Umtriebe der Yankees scheint nicht von Luthers deutscher Bibelübersetzung wird unter Gefäng-
völlig grundlos: diese »erfinderischen Schurken« seien »äu- nisstrafe gestellt. In Milwaukee, dem „Deutsch-Athen am
ßerst unangenehme Burschen«.6 Clare Boothe Luce, Gattin Michigansee“, wird das Goethedenkmal vor der Hauptbiblio-
des einstigen Medienlöwen Henry Luce (Time, Life, Fortune) thek zerstört und 100 Bühnen und Vereine ausgemerzt.
und eine der hervorragenden amerikanischen Frauen des 20. Wilsons Nachfolger, vor allem F.D.R. nach 1933, eifern ihm
Jahrhunderts, spricht da noch deutlicher: »F.D. Roosevelt, nach. Nach 1920 rücken Wilsons republikanische Nachfolger
der Kerl, der uns in den Zweiten Weltkrieg log.«. Prof. Noam von seiner cäsaropapistischen Weltbekehrungspolitik ab. Sie
Chomsky hat wohl auch nicht ganz unrecht, wenn er die Be- stützen sich auf die mächtige Dollardiplomatie, den diploma-
zeichnung „Schurkenstaaten“ dem Weißen Haus entwendet tischen Überdruck (Washingtoner Flottenkonferenz von
und sie auf die Mächtigen anwendet, vor allem auf die USA, 1921/22 hauptsächlich zwischen USA, England, Japan,
die sich seit dem Untergang des Sowjetreiches prinzipiell Frankreich, Italien) und – darin Wilson und Teddy Roosevelt
über zwischenstaatliche Rechtsnormen erhaben fühlen. Dies nacheifernd – auf Militär- und Wirtschaftsexpeditionen nach
kam im ersten Irakkrieg und später zum Vorschein und wur- Lateinamerika. Hoover (Huber) mahnt seinen Außenminister,
de während der zweiten Kolonialexpedition gegen diesen daß eine Friedenspolitik nicht „mit den Hunden des Krieges“
Staat ja noch grausamer „gehandhabt“.7 erreicht werden kann – eine bemerkenswerte Haltung, die
Aber noch mehr. Frau Clare Boothe Luce’s Bemerkung deu- nach ihm nur noch der demokratische Präsident und Nobel-
tet auf einen ständigen Mißstand hin, auf eine unvernarbte preisträger Jimmy Carter anzunehmen versucht. F.D. Roose-
Wunde, da sich die „erfinderischen Schurken“ mindestens velt ist da aus ganz anderem, opportunistisch-weltunter-
seit den Tagen des Generals Andrew Jackson ergötzlicher- jochendem Holz geschnitzt. Ein Sproß der Brahmanen-Ober-
weise stets als die unschuldig Angegriffenen darzubieten kaste der amerikanischen Ostküste („Old Money“), verfolgt
wissen. Geschickt wird die Gelegenheit beim Schopf ergrif- er neben einer jonglierenden Wirtschaftspolitik (Weltwirt-
fen, um (Schein-)Aggressionen „der Anderen“ vorzutäuschen schaftskatastrophe) folgende Ziele:

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a) ab Wahl 1932 ein Bündnis mit dem Bolschewisten Stalin Unheil – macht stutzig. Steht den Völkern der Erde das un-
aus weltanschaulichen, weltenteilenden und „persönli- endliche Unheil bevor?9
chen“ Gründen; Das offizielle Pentagonverzeichnis umfaßt „mindestens“ 66
b) eine fieberhafte Aufrüstung von Marine und strategischer amerikanische Stützpunkte oder besetzte Territorien rund um
Luftwaffen; den Erdball (Jahr 2000). Eine stolze Zahl. Offensichtlich ist
c) die viermalige Wahl – die „lebende Verfassung“ brutal auch nach Roosevelt ein rasanter Fortschritt in der Ausdeh-
brechend – zum lebenslänglichen Cäsaropapisten. nung des Weltreiches erreicht worden. Die unternommenen
Persönlich und durch seine Diplomaten (Bullitt in Paris!) jagt Schritte werden als bekannt vorausgesetzt. Ein kurzer Kom-
er Großbritannien unter Chamberlain, Polen, Frankreich und mentar folgt.
Deutschland in den europäischen Krieg, den er ab 1933/36 Anläßlich der Konferenz von Potsdam (Juli-Aug. 1945) ver-
zielbewußt auf einen Weltkrieg auszudehnen bestrebt ist. Da sucht Präsident Truman Stalin mit der Atombombe zu impo-
der deutsche Diktator auf Roosevelts Provozierungen nicht nieren; zum selben Behufe läßt er über 200.000 Menschen in
hereinfällt, etwa Roosevelts „unerklärten“ Krieg gegen Hiroschima und Nagasaki töten. Er sträubt sich auch nicht
Deutschland im Atlantik, treiben letzterer, sein Freund Harry dagegen, im Potsdamer Plünderungsvertrag Deutschlands
Hopkins, Finanzminister Morgenthau, Kriegsminister Stim- unermeßliche wissenschaftlichen, menschlichen und kulturel-
son usw. das kompromißbereite Japanische Reich in die Falle len Schätze mit dem Roten Zaren zu teilen. Nur sichert er
„Pearl Harbor“. Japans diplomatische und Marine-Geheim- sich den Löwenanteil. 15 Millionen Deutsche und Millionen
kodes sind geknackt. Der Präsident und seine Clique sind Anderer werden aus Ostdeutschland und Osteuropa vertrie-
schon im voraus genauestens unterrichtet. Mittels ihrer Wel- ben, was der Tscheche Benesch, Roosevelt und Stalin schon
tintrigen jagen sie die sehr zögernde Mehrheit der amerikani- vorher ausgeheckt hatten.10 Die unter der Leitung General
schen Bevölkerung, darunter den Flieger Lindbergh und den Dornbergers und Prof. Wernher von Brauns nach den USA
Architekten Frank Lloyd Wright, in die Kriegshysterie. Roo- verfrachteten Raketenspezialisten verhindern das Auslöschen
sevelt betreibt ab Anfang 1940 – Ermächtigungsgesetz im Amerikas durch Stalin und legen den Grundstein zur ameri-
Kongreß! – ein ruchloses Terrorregime, worin er unter ande- kanischen Weltraumeroberung. Als im Juni 1950 etwa
rem einer englischen Nachrichtenzentrale in Manhattan ge- 75.000(!) nordkoreanische Truppen Südkorea angreifen, wel-
stattet, amerikanische Privatbürger zu bespitzeln und zu ver- ches den Norden um die 400 Mal provoziert hatte, bricht
folgen. Eine Methode, die 1981, nach Reagans Amtseinfüh- Truman im gewohnten Cäsarenstil die Verfassungspflicht des
rung, von Seiten der mächtigen weltpolitischen Bewegung Kongresses, Krieg zu erklären, und erwidert mit einer Groß-
verstärkt wiederaufgenommen wird. kampf-„Polizeiaktion“. Über drei Millionen „Feinde“ werden
Churchill, ab Mai 1940 englischer Premier, schlägt als Re- getötet, in der Mehrheit koreanische Zivilisten.
präsentant des 1917 zu Grabe getragenen englischen Weltrei- Eine noch umfangreichere Todesernte wird im Vietnam-
ches die wiederholten Friedensangebote des Deutschen Rei- bzw. Indochinakrieg eingebracht. Ein weiterer Cäsar, diesmal
ches ab und verkauft sein Volk an Roosevelt, der es und das der mit allen Wässerchen gewaschene Lyndon B. Johnson,
ganze Empire in Teheran und Jalta an Stalin weiterverkauft täuscht nach althergebrachter Art einen Angriff der Nordvi-
(vgl. den englischen Historiker John Charmley).8 Anfangs etnamesen auf provozierend die nordkoreanischen Gewässer
klappt es. Roosevelt mißachtet Washingtons und Jeffersons durchkreuzenden amerikanischen Kriegsschiffe vor. Am 7.
Mahnungen wie auch Monroes Gelöbnis, sich in Europa August 1964 reagiert der Kongreß wie gehabt mit einem Er-
nicht einzumischen. Er zieht die Bilanz seiner Vorläufer seit mächtigungsgesetz („Tonkin Gulf Resolution“), das Johnsons
Andrew Jackson und ist seinerseits ein leuchtendes Fanal für bereits angeordnete Massenbombardierung des Nordens gut-
alle seiner demokratischen wie republikanischen Nacheiferer heißt. Der Präsident möchte gern „Kanonen mit Butter“.
bis 2004 – mit der mögli-
chen Ausnahme des Prä-
sidenten Carter. Die von
Roosevelt nach allen Re-
geln der Kunst hochge-
päppelte Sowjetunion
beißt nach der Ferse On-
kel Sams, doch schließ-
lich ins Gras. Der Weg
zur Unendlichkeit steht
offen! Oder?
Das Urteil des Wiener
Weltwirtschaftlers Joseph
Alois Schumpeter (Uni-
versitäten Bonn und Har-
vard), Roosevelt und
Churchill hätten mehr
Unheil angerichtet als
Dschingis Khan – tat-
sächlich unvergleichlich
mehr materielles, insbe-
sondere aber geistig-
moralisches, sittliches Mit Ihrer Erlaubnis…

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Aber ach – es gelingt ihm nicht. Obgleich er Südvietnam und führten innenpolitischen Opposition muß Carter „zurück-
Südostasien mit amerikanischen Truppen und Material über- stecken“. Panamas Omar Torrijos, ein Trabant der USA,
schwemmt und die Zivilbevölkerung völkerrechtsbrechend plant, sein Land in eine „amerikanische Schweiz“ zu ver-
dezimiert (KZs, Chemiekrieg), zwingen seine überhohen Aus- wandeln, was durch seinen rätselhaften Tod verhindert wird.
gaben für innen- und außenpolitische Ziele die amerikanische Miami übernimmt die Wirtschaftsführung über ganz Latein-
Wirtschaft auf Jahre hinaus in die Knie („Stagflation“ – Flaute amerika. Im Dezember 1989 überfällt Präsident Bush d.Ä.
mit Teuerung). Die Neger und die Studenten revoltieren. Panama und installiert ein Marionettenregime. Das Land fällt
Es bedarf keiner überreichen Phantasie, ähnliche, aber ernste- in eine drückende Armut zurück. Die „Camp David-Verein-
re Ergebnisse nach 2001 auch den Abenteuern des Präsiden- barungen“ zwischen Carter, Ägyptens Präsident Anwar al-
ten Bush vorauszusagen. Doch ist die Geschichte, mit den Salat und Israels Menachem Begin bezeichnen seither den
Worten des großen Sozialwissenschaftlers Max Weber, kein Höhepunkt der Versuche, einen Ausgleich zwischen Israel
Wiener Fiaker, aus dem man nach Belieben aus- und wieder (dem Degen Amerikas über dem Nahen Osten) und den Ara-
einsteigen kann. Gegen jene, die mit erhobenem Zeigefinger bern, vor allem den Palästinensern zu schaffen. Mit Carters
gerne schulmeistern möchten, gibt es tatsächlich geopoliti- Worten sind die Bestimmungen, wonach Israel sich ver-
sche, wirtschaftliche aber auch weltanschauliche Zwänge, pflichtete, aus dem Westjordanland u. Gaza sich zurückzu-
denen ein Staat nicht ungestraft entrinnen kann. Freilich darf ziehen und seine Wehrsiedlungen aufzulösen („Land um
ein Gebilde von der Größenordnung, der eingeklemmten La- Frieden“) bis heute nicht erfüllt – von den Madrid- und Oslo-
ge und geistigen Verwundbarkeit etwa Frankreichs, Deutsch- Übereinkommen ganz zu schweigen.11 Freilich muß auch
lands oder auch Österreich-Ungarns vor 1914 keineswegs mit Präsident Carter sein „Pfund Fleisch“ zum Opfer bringen: er
den USA verglichen werden, die nach 1945 das einzig über- ist gezwungen, seinen UNO-Botschafter Andrew Young
lebende Weltreich darstellen. Dem aus seiner über zwei (dem Mitstreiter Dr. Martin Luther Kings) zu entlassen, weil
Großkontinenten aufsteigenden Zitadelle und schon damals dieser sich Unterredungen mit den Palästinensern zuschul-
über die sieben Weltmeere und fünf der sechs bewohnten denkommen ließ.
Festländer gebietenden Amerika steht da ein ganz anderer Was auch die – machtpolitisch begründeten – Unterlassungen
Spielraum offen als selbst dem einstigen britischen Empire. Carters in Palästina gewesen sein mögen, sein Schicksal er-
Allerdings sind auch ihm in einer Welt der zur Freiheit auf- eilt ihn im Iran. Dort hatten die USA die alteingeführten Im-
strebenden Völker deutliche Grenzen gesetzt. Deswegen be- perialisten England und Rußland unsanft ausgebootet. Kurz
mühte sich Amerika schon vor dem Sowjetuntergang, nachdem Roosevelt und Churchill im August 1941 durch die
a) außenpolitisch die Völker zu verdumpfen und in einem Atlantikcharta das Selbstbestimmungsrecht der Völker und
„Weltendorf“ zu vermassen („Fellachinismus“, Oswald die Unverletzbarkeit der Grenzen verkündet hatten, überfie-
Spengler); len England und die Sowjetunion den Iran und zogen ihre
b) die auch nur potentiell Mißliebigen mit ungeheurer Waf- Besatzungszonen. US-Präsident Truman sorgte dafür, daß
fenübermacht auszurotten; und Stalin auch aus dem Nordiran (einschließlich Aserbeidschan
c) innenpolitisch widersprüchlich den Sendungsdrang seiner und Kurdistan) entfernt wurde. Die Briten blieben mit ihrer
Bevölkerung zu mobilisieren, sie aber wirtschaftlich und „Anglo-Iranian Oil Company“. Als Premierminister Mossa-
politisch zu entmachten. degh diese aber 1953 nationalisierte, stach er in ein Wespen-
Trotz aller Freiheits-Fanfarenstöße (und mit Hilfe derselben nest. In einem ihrer berühmten Unternehmen (Operation
die Übermacht der Oberen Zehntausend absolut gestaltend) Ajax) bemächtigte sich die CIA gewisser königstreuer Gene-
ist es das Ziel des amerikanischen Staates, die Menschen der rale und trieb unter der Führung von Kermit Roosevelt Mos-
Erde endgültig dem Frondienst zu unterjochen – dergestalt sadegh aus Parlament (Madschlis) und Land. Schah Reza II.
seine Zukunft vernichtend. Der Staat ist zugleich auch Welt- wurde wieder eingesetzt und baute die berüchtigte Geheim-
wirtschafts- und Finanzzentrum („Wallstreet“). Denn Politik polizei Savak auf – mit Rat und Tat der CIA. Und siehe da,
ist Geschäft und Geschäft Politik. Ja, es darf so gar ein unter Washingtons sanftem Druck erobert ein amerikanisches
„Spiegelgesetz der Weltherrschaft“ aufgestellt werden: Ölkartell im Handstreich die strategische Lage in der irani-
1. ein Imperium verliert in dem Maße seinen Freiheitsspiel- schen Wirtschaft (British Petroleum Co., Royal Dutch Shell
raum, als es seine Herrschaft über sämtliche Zipfel der Er- und die „Compagnie Francaise des Petroles“ bleiben Minder-
de einseitig auszudehnen bestrebt ist; heitsteilnehmer). 1978 erntet Carter die Früchte dieser Inter-
2. es ist gezwungen, die ganze Erde zu unterwerfen, um jeg- ventionen: Krawalle, Streikwellen und Ajatollah Khomeinis
lichen, auch nur potentiellen Freiheitshort schon im voraus Revolution. Der von Carter unterstützte Schah muß fliehen.
zu tilgen. Als er endlich in ein New Yorker Krankenhaus eingeliefert
Es befindet sich also in einem ständigen Kriegszustand, was wird, stürmen iranische Studenten die US-Botschaft in Tehe-
seiner Wirtschaft schlecht bekommt. Andererseits führt die ran und halten 52 Amerikaner 444 Tage lang als Geiseln ge-
ungezähmte Welt-Industriewirtschaft, der Raubbau an fangen. An einem Glückstag, dem 20.1.1981, kurz nach Rea-
Mensch und Natur zum unzeitigen Siechtum und frühen Tod gans Amtseinführung, kehren sie heim. Das Geheimnis hinter
ihrer selbst. diesen Zauberzahlen lüftet sich mit der Zeit etwas: Reagan
Der gescheite, persönlich sympathische Präsident und Nobel- und seine Adjutanten (darunter der Vizepräsident in spe Ge-
laureat Carter bekommt manche dieser Widersprüche und org Bush d.Ä.) hatten in Paris und Madrid mit Khomeinis
Zwänge ab 1976 am eigenen Leibe zu spüren. Er versucht, Abgesandten Geheimverhandlungen betrieben – während sie
im Zuge seiner das „Menschenrecht“ betonenden Außenpoli- öffentlich den Ajatollah als den düstersten Ausbund der Bos-
tik Panama eine beträchtliche Mitbestimmung am Panamaka- heit verteufelten. Schließlich schickt der Präsident dem Aja-
nal einzuräumen (Panama wurde unter der militärischen und tollah noch eine Bibel mit seiner Widmung...
finanziellen Geburtshilfe Präsident T. Roosevelts 1903 aus Solche Bocksprünge hat Carter sich nicht geleistet. Und
Kolumbien herausseziert). Wegen der von R. Reagan ange- doch, zwischen den aufeinanderprallenden Ratschlägen von

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Außenminister Vance und Staatssicherheitsberater Zbigniew Hand“ des herausragenden Generals Washington) zum
Brzezinski hin- und hergerissen, scheint das Herz Carters Vorschein:
sich endlich jener Sekte der Machtelite zugeneigt zu haben, »Das Volk, mein Herr, ist eine große Bestie.«
der nach dem Vietnamfiasko wieder die Hörner wuchsen Das Prinzip ist nicht, wie oft fälschlicherweise behauptet
(und die mit Reagan bis heute die endgültige Vorherrschaft wird: „Ein Mensch, eine Stimme“ (und deshalb denselben
in Staat, Welt und Wirtschaft errungen hat).12 Wenn Dr. Einfluß in der Politik!). Gerade deswegen unterlag in den
Brzezinskis öffentlichen Ausführungen Glauben geschenkt Präsidentschaftswahlen von 2000 der Kandidat Gore, der ei-
werden darf (er hieß sich den ersten Polen, der nach 300 Jah- ne Mehrheit von einer halben Million über seinen Gegner
ren endlich in der Lage sei, es den Russen heimzuzahlen), Bush erzielt hat, mit Hilfe des republikanisch geneigten
wurden die Sowjets mit amerikanischen „Aufmarschplänen“ Obersten Bundesgerichtshofes. Die so „optisch“ entstehende
in das strategische Schlüsselland Afghanistan in die Falle ge- Blöße versucht Bush – nach dem Urteil realistischer Beob-
lockt. Wieder einmal ein Streich der CIA. achter – dadurch zu verdecken, daß er das ihm bekannte At-
Alles in allem: obgleich auch in seinem Wesen die Prediger- tentatskomplott vom 11. September nicht verhindert oder es
allüren seiner Vorgänger und Nachfahren zu irrlichtern durch amerikanische Agenten provoziert (in den Fußstapfen
scheinen, war Carter trotz aller Zwänge meilenweit von deren seiner Vorgänger ab 1818, 1846, 1861, 1898, 1915, 1939-41,
zynischen Gewalt- und Weltaneignungspolitik entfernt. Er ist 1963, 1964 usw.).13 „Schaun ’mer mal…“
ein Mensch. Eigenartig, daß gerade er und Präsident Hoover Die politischere Seite: im Jahre 2000 geben nur 52% der
– in der Politik die Gegenpole der Cäsaropapen – den „weni- Stimmberechtigten ihre Stimme ab. 1996 sind es weniger als
ger wirkungsvollen“ Führern (Laudatio Gunnar Berges, Vor- 49%. Landtags- und Lokalwahlen sind noch weit weniger be-
stand des norwegischen Nobelkomitees) zugerechnet werden. liebt. Grund: die Entfremdung der Massenwähler vom „Sy-
Daß Carter in seiner Dankesrede im Rathaus von Oslo 2002 stem“, ausgelöst durch die Unterdrückung und die blutige
u.a. (a) „mächtige Staaten“ wegen des ansteckenden Beispie- Ausrottung der zahlenmäßig starken, nicht-oligarchischen
les vor Aggressionskriegen warnt (er heißt sie „Präventiv- sozialpolitischen Bewegungen von Seiten des plutokratischen
kriege“) und (b) drei Atommächte erwähnt, die in Gegenden Zweiparteiensystems seit dem Ende des 19. Jahrhunderts bis
„hoher internationaler Spannung“ lägen und ihre Nachbarn jüngst. Die Bessergestellten und Betuchten ziehen den Nut-
bedrohten (Indien? Pakistan? Israel?), wird ihm in den USA zen daraus. Daß die Republikanische Partei durch den Erfolg
sehr übel angekreidet. Doch es spricht für den Mann. der Nixon-Strategie „für die Südstaaten“ und der Väterchen-
Carters Nachfolger machen sich’s da leichter. Obschon sie an rolle des Plutokratenfreundes Ronnie Reagan die weltan-
das blasiert-bornierte Auftreten ihres aristokratischen Vorbil- schaulich und weltpolitisch stärkste geworden ist und die
des F.D. Roosevelt persönlich nicht heranzureichen vermö- Demokraten lahmgeschossen hinterherhinken, ist ein Ergeb-
gen, eifern sie seinem skrupellosen, modernen Cäsaropapis- nis. Ein zweites: das Aufblühen der schon im 18. Jahrhundert
mus weltweit mit verdoppelter Frische nach. Es stimmt zwar, ausgesäten Idee, daß „wir in einem Paradies leben“, analog
das Reagans fieberhafte Rüstungsausgaben – und sein Bünd- dem „Paradies der Werktätigen“ unter den Väterchen Lenin,
nis mit dem polnischen Papst – dem Sowjetreich (das Roose- Stalin und Breschnjew.14 Es keimt die logische Absurdität
velt seit 1933 mit allen Schlichen zu fördern versucht hatte), auf, daß sich laut Umfragen 19% der US-Bürger einbilden,
dem „Reich des Bösen’, das Licht ausbliesen. Zugleich aber Mitglied der obersten Gesellschaftsklasse, der oberen „ein
beschleunigten sie die ernsthafte Teuerung in den USA und Prozent“ zu sein und daß etwa weitere 20% der US-Bürger
stürzten die Mehrheit der US-Bevö1kerung in Armut und tie- erwarten, bald dazuzugehören... Der Atombombenerfolg der
fe Verschuldung, während eine Handvoll Plutokraten, die Unterdrückungs- und expansiven Imperialpolitik der Machte-
Freunde Reagans, Bush seniors, Clintons und Bush juniors lite! Bushs Berater (vor allem der bekannte Karl Rove) schü-
sich über alle Maßen bereicherte. Sie alle haben dies gemein: ren diese Gefühle und die seit dem 11.9.2001 kursierende hy-
a) Ihr Bündnis mit der weltpolitisch mächtigsten Bewegung sterische Angst, um die Schraube der Entmachtung und der
gestattet es ihnen, die Schlünde der totalitären Nachrich- Aggression hurtig weiterzudrehen.
tenfabriken New Yorks und Hollywoods zum Schleudern Die wirtschafts- und sozialpolitische Seite: Dabei klafft die
nie abreißender Bannflüche gegen jeden auch nur potenti- Kluft in der Wirtschaftsmacht nun (im letzten Jahrzehnt)
ell Mißliebigen aufzureißen. zwischen den wenigen Reichen einerseits und dem Gros der
b) Um Exempel zu statuieren und Milliarden- bzw. Billio- Bevölkerung andererseits erschreckender auseinander als
nenverdienste einzustreichen, greifen sie strategisch gün- selbst in der rasenden Bereicherungszeit vor und nach dem
stig gelegene Schwache an, so z.B. Grenada, Nikaragua, Sezessionskrieg von 1861-65, im „güldenen Zeitalter“. Wer
Panama (und intervenieren in sämtlichen Nachbarstaaten: sich ein köstlich-ergötzliches Bild der damaligen – und der
Kolumbien, Haiti, Honduras, El Salvador, Guatemala), jetzigen – Zustände machen möchte, lese den Klassiker: Gu-
Libyen, dem Sudan, Afghanistan und knüpfen so an die stavus Myers, Die großen amerikanische Vermögen.15 Nur
imperialen Traditionen Nixons, Johnsons wie auch deren daß eben im heutigen Alter des einseitigen Weltimperia-
Vorgänger bis ins frühe 19.Jh. an. lismus die Praktiken der Korruption, der Bestechung und der
c) Sie geben vor, die „Demokratie“ zu fördern, errichten tat- Eroberung des Staatsapparates noch allgegenwärtiger sind.
sächlich eine seit den Hoch-Zeiten des Feudalismus (bes- Selbst einstige deutsche Kanzler ziehen es vor, kein Liedlein
ser gesagt: seit den Endzeiten des römischen Reiches) un- davon zu singen. Wie der baptistische Geistliche und ehema-
erreichte, hauchdünne Minderheitspolitik: eine Oligarchie. lige Assistent von US-Präsident Johnson, Bill Moyers, am öf-
Dies hat wie gewöhnlich mehrere Seiten. Verfassungs- fentlichen Fernsehen (PBS) klarlegte, wird „Einfluß“ im
rechtlich (nach der heutigen, 1787 angenommenen „Con- Weißen Haus, dem Kongreß und den Gerichtsverfahren ge-
stitution“) sind die USA bis jetzt keine „reine“, plebiszitä- kauft…
re Demokratie. Die viele Gründerväter beseelenden Ge- Persönlich und geschäftlich mit der Öl-, Kohlen- u. Rü-
fühle kommen im Ausbruch Hamiltons (der „rechten stungsindustrie verbunden, unterlassen US-Präsident Bush

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und sein Vize Cheney keine Gelegenheit, die Großindustrie Kurze Hinweise: während der Aktienbaisse der Jahre 2000-
zu schützen und zu stützen, damit sie die Umwelt und die 2003 verliert die US-Wirtschaft mindestens $7 Billionen
Menschen wirksamer „beeinflussen“ können, und räumen ih- Dollar; der Vorgang ist lange noch nicht abgeschlossen (Spe-
nen unbegrenzte Möglichkeiten im Irak, Iran, Mittelasien, am kulierseifenblase der 90er Jahre!); wenige Bonzen streichen
Kaspischen Meer, in Afghanistan ein. Clinton war selbstver- Billionengewinne ein, während das Heer der Kleininvestoren
ständlich ebenso geschäftstüchtig. Seit dem Sommer 2002 auch noch den letzten sauer zusammengesparten Kreuzer ver-
wird aus Washington berichtet, daß die „carpetbaggers“ liert. Diese dreijährige Vertrauenskrise (gigantische Betrüge-
(Kriegsprofitgeier) vor dem Oval Office im Weißen Haus reien der Großkonzerne!) stellt die längste seit 1940 dar, dem
Schlange stehen, um ihre Ölmilliarden und -billionen im Irak letzten Jahr der US-Wirtschaftskatastrophe.
usw. zu sichern. Da Präsident Clinton mit viel Tamm-Tamm die Armenfür-
Im Inneren Amerikas aber sieht das Bild etwas düsterer aus. sorge „reformierte“, ist im heutigen Notstand der Andrang zu
40 Millionen Amerikaner „erfreuen sich“ gar keiner Kran- den karitativen Anstalten der überwältigendste seit 1940;
kenversicherung; bei mehr als 80 Millionen anderen, die ihre wohlgemerkt das Gros der Amerikaner ist stark verschuldet;
Krankenkasse am Arbeitsplatz vermittelt erhielten (bei 129 seit der Kreditkartenmode rast die Privatverschuldung um
bis ca. 140 Millionen Beschäftigten, wovon laut dem „U.S. weitere Trillionen Dollar hoch, die Wirtschaft beschleunigt
Bureau of Labor Statistics“ 29,5% Teilzeitarbeiter sind), wird destabilisierend. Es herrscht also die schlimmste Not seit 63
sie laufend und drastisch gekürzt. Nach den Angaben des Jahren. Ergo: Bushs Aufrüstung und seine Förderung des
demokratischen Senators Kerry hungern jährlich 13 Millio- Großkapitals werden buchstäblich aus dem Fleisch der Bür-
nen Kinder; die Mehrzahl der Viertklässler in den öffentli- ger herausgeschnitten. Typisch für ein Entwicklungsland.
chen Grundschulen ist des Lesens unkundig; die meisten Wie lange noch?
Schüler der achten Klasse an öffentlichen Schulen sehen sich Typisch auch die auf Andrew Jackson und dessen Zeitgenos-
außerstande, eine einfache praktische Rechenaufgabe zu lö- sen des 19. Jahrhunderts zurückreichende Plündermentalität
sen. Immerhin hatte sich der Kandidat und Frühpräsident – gegenüber den eigenen Staatsangehörigen und gegenüber
Bush als den „Erziehungspräsidenten“ gelobt. Das hindert sämtlichen Außenstaaten –, die nach dem Vietnamfiasko und
ihn nicht daran, die Erziehungszuwendungen an die Staaten der aufgeklärteren Herrschaft Carters seit Reagan fröhliche
um 1 Milliarde Dollar zu kürzen. Weiter gekürzt werden die Urständ’ feiert. Sie entspringt dem Ehebund des Kolonialka-
Arbeitslosenunterstützung, die Unterstützung für die Sicher- pitalismus mit dem Welteroberungsdrang und der Industriali-
heit am Arbeitsplatz, für das Kinderimpfprogramm und die sierung des Massenmenschen (ménage à trois). Nicht, daß
Verhütung von Geburtsfehlern, usw. Dem Bericht des Direk- daheim wenig oder nichts zu verbessern wäre. Ganz im Ge-
tors vom berühmten „Woods Hole Forschungszentrum“, genteil harren da gewaltige Aufgaben jener, die sich noch ei-
Massachusetts zufolge überschattet und verdrängt der „Krieg nen Rest des menschlichen Bewußtseins bewahrt haben. Die
gegen den Terrorismus“ den lebenswichtigen Natur- und Infrastruktur z.B. ist in wüstem Zustand: zwei Drittel aller
Umweltschutz. Sehr bezeichnend ist, daß Bush junior der Brücken, einschließlich der Autobahnbrücken, sind baufällig;
destabilisierenden Finanzpolitik Reagans nacheifert, indem er der Güter- und der Personenverkehr der Eisenbahn ist in de-
hauptsächlich den oberen 2% in der Einkommensskala eine solatem Zustand; der öffentliche Nahverkehr in den meisten
Steuerreduktion von $1,35 Billionen (US-Trillionen) beschert Ballungsräumen ist völlig unzureichend. Der Mißstand deutet
und das so entstehende gähnende Loch im Staatshaushalt auf ein größeres Übel hin: die funktionell, geographisch und
damit zu stopfen versucht, daß er den gesetzlich unantastba- rassisch unausgewogene Sozialstruktur. Mehrere großflächi-
ren Rentenfonds (Social Security Fund) über 10 Jahre $1,5 ge Elendsräume durchfurchen das Land. Der berüchtigste,
Billionen entwendet. Ohne diesen politisch motivierten Dieb- „Appalachia“, zieht sich in einem 2500 km weit ausholenden
stahl beliefe sich den Angaben des „Congressional Budget Bogen von den Toren der Hauptstadt Washington bis über
Office“ zufolge das Washingtoner Staatsdefizit in 10 Jahren den Mississippi nach Arkansas und Texas hin. Der buntschil-
auf $2,8 Billionen. 42 der 50 Bundesstaaten sind um weitere lernde Präsident Johnson war der letzte, der dieses Gebiet
Hunderte Milliarden verschuldet, allein Kalifornien um die menschlicher zu gestalten suchte. Er rannte sich in Vietnam
$40 Milliarden. Das gibt zu einschneidenden Kürzungen im fest. Die Städte selber sind von Elendsvierteln und Elends-
Bildungswesen und den lebenswichtigsten Gesundheits- und stätten durchzogen und umlagert, wie: Bronx, Brooklyn, Har-
Dienstleistungen Anlaß. Des ungeachtet spendiert der Ober- lem, Hoboken, Jersey City, Newark, Camden, East St. Louis,
befehlshaber und Präsident Bush täglich(!) eine Milliarde ganz Detroit, wo Dutzende von Millionen dahinvegetieren.
Dollar für die Rüstung. Er gibt seinem Finanzminister O’Neil Der bekannte Thomas Wolfe schildert die Lage in seinem
und dem Wirtschaftsberater Lindsey den Laufpaß, weil diese Roman Es führt kein Weg zurück wie folgt:
die unmittelbaren Kosten des Irakabenteuers auf $200 Milli- „Die blinde Ungerechtigkeit dieses Kontrastes war für ihn
arden bezifferten und weil sie die vorgesehenen weiteren das Brutalste: nur wenige Blocks von diesem Abgrund
Steuerkürzungen um die $730 Milliarden, die hauptsächlich menschlicher Verkommenheit und menschlichen Elends
den Wohlhabendsten zugute kämen, wegen des inflationären entfernt, erstrahlten ringsum im kalten Mondlicht die
Drucks ablehnten. Der Präsident des „Federal Reserve Bo- Hochburgen der Macht, in deren Riesentresoren ein Groß-
ard“ (US-Zentralbank) Greenspan, der derselben Meinung teil des Reichtums der ganzen Welt verschlossen lag.“
ist, wird offiziell geknebelt. Die Verlautbarungen selbst der Die menschliche Verkommenheit? Sie umzieht am düstersten
stattlichen Wallstreetfirma „Goldmau, Sachs &Co.“ mahnen die Gipfel der Macht. Wenn ein Firmenvorstand (CEO) ty-
den Präsidenten, wenn schon, dann nur einen Blitzstich der pisch 40 mal mehr „verdient“ als sein Arbeitnehmer (der im
„Anspornung“ vorzunehmen, um baldigst zu den Gefilden Jahr 2001 je nach Kurs $29.000 bis 31.000 brutto jährlich
der gesunden Finanzpolitik zurückzukehren. Allzusehr liegen verdiente) und wenn, laut dem Finanzblatt Forbes, die 400
noch die ungesunden Konsequenzen der „Stagflation“-Krise reichsten Amerikaner ein Vermögen besitzen, das die Habe
unter Johnson und dessen Nachfolgern vor Augen. der 30 Millionen ärmsten um das dreifache übertrifft, dann

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darf kein ausgesprochenes Verständnis der Reichen für die Doch bedeuten sie zweifellos eine ernste Herausforderung
Nicht-Reichen angenommen werden. Wenn das Vermögen der Scheinheiligkeit seiner Gewaltpolitik. Die große Mehr-
eines mehrfachen Milliardärs das Sozialprodukt von 50 heit der US-Bevö1kerung lehnte das Irakabenteuer ohne
UNO-Staaten übertrifft, wird das Klassenverständnis seiner UNO-Vollmacht ab. Es wäre ein explosiver Schlag gegen ihr
Mitreichen für die „Entwicklungsländer“ – einschließlich der Sendungsbewußtsein, „Die Freiheit“ in der Welt zu verbrei-
USA – die reine Profitrechnung selten übersteigen. Von dem ten, wenn die lange unterdrückte Wahrheit herauskäme, daß
aufgestauten revolutionären Zorn der Massen Afrikas und wieder einmal ein einseitiger Eroberungskrieg eingeleitet
Asiens ganz zu schweigen. Dieser Zorn wird von dem Ver- wurde.
halten der US-Elite gegenüber Staaten wie Haiti, Kuba, Nica- Wenn ein solcher Krieg von andauernden Wirtschafts- und
ragua, Panama, Kolumbien, Brasilien, Argentinien, Chile, Militärkrisen begleitet wäre – was durchaus im Rahmen des
Nigeria, dem Kongo, dem Irak, Iran, Pakistan, Indochina, In- Möglichen liegt –, dann würde die Bevölkerung wahrheits-
donesien usw. wohl kaum gemildert.- gemäß den „Obersten Kriegsherrn“ Bush dafür verantwort-
Die Werke Samuel Huntingtons (Harvard Univ.) wie The lich halten, die zischende Lunte in das Pulverfaß Vorder-,
Clash of Civilizations (1996), die einen Welt-Zusammenprall Mittel-und Südasien geworfen zu haben. Dann wäre der Prä-
zwischen dem Häuflein technisierter, einst abendländischer sident der bestgehaßte Mann im Land. Wie vom republikani-
Völker und der Überzahl der nicht-europäischen Völker vor- schen Strategen Pat Buchanan im Buch A Republic, Not an
aussagen und feststellen, geben zu denken. Ja, vielleicht noch Empire wohl erkannt,17 dreht sich dann der Auserwähltheits-
erregender wäre die Möglichkeit eines Krieges zwischen den fimmel gegen die Elite und ihr Weißes Haus. Der dumpfe
„Vereinigten Staaten von Europa“ und dem „Kaiser Nord- Schmerz und die seit der Vernichtung der demokratischen
amerikas“, welche der 1827 früh verstorbene schwäbische Bewegungen durch die Plutokratie von 1880 bis 1920 ausge-
Dichter Hauff und der bedeutende Poet Lord Tennyson schon löste Entfremdung der Massen von sich selbst wechselt in
im 19. Jahrhundert voraussahen. Wenn sich die Entwicklung den lodernden Freiheitsdrang um und bahnt sich im Kampf
weiterhin so beschleunigt wie seit der Französischen Revolu- mit den Trägern des Imperialismus das Strombett zur Anar-
tion von 1789, gehören solche Hypothesen nicht unbedingt chie. Von den 200 Jahren Raubbau an Mensch und Umwelt
mehr nur ins Reich der Phantasie.16 und seinen Naturkatastrophen ganz zu schweigen. Dann, in
Ein Streiflicht auf diese vorrevolutionäre und Vorkriegslage der prekären Lage und „ganz natürlich“ steigt ein Großer
(nach außen und innen) werfen die spöttischen Kommentare Diktator auf, der sich als den Heiland und Herrn über sämtli-
der leider viel zu seltenen satirischen Blätter Amerikas. Die che Welt- und Amerikakrisen anbietet.
„ernsten“ Zeitungen, samt ihrer Fernseh-, Radio- und anderer Die Mahnungen Washingtons und Jeffersons in den Sturm-
Zweige, sitzen viel zu tief im Schraubstock der „Aufklä- wind schlagend, doch tief in den Fußstapfen seiner diktatori-
rungspolitik“ des Staates und dessen „Großen Bruders“, um schen Vorbilder und Ausstandsführer Lincoln, Wilson und
noch glaubhafte Randglossen zu den imperialen Gesten der Roosevelt hat das Bush’sche Weiße Haus die Gelegenheit
Oberen abgeben zu können. Während es früher Tausende au- schon im voraus beim Schopf erwischt. Es hat sich ganz vor-
tonomer Verleger, Radionetze und Filmproduzenten gab, ge- sorglich vorbereitet, nach außen und innen. Als ob im Spiel
hört der Äther Amerikas und der Welt heute sechs Medien- der Weltpolitik das militärische und das „Hochdruck“-
riesen. Ob sie nun proklamiert: „Bush möchte UNO-Unter- Moment das Überwiegende wäre – ja, als ob es seit 1991 gar
stützung für den Plan, daß die USA alles tun dürfen, was ih- kein Spiel der Weltpolitik mehr gäbe, im Gegensatz zu Präsi-
nen paßt“ (3. Okt. 2002) oder: „Alle 42 Präsidenten von Wa- dent Hoovers Mahnung, daß solide Diplomatie nicht mit den
shington bis Bush sind der Lüge in wichtigen Staatssachen „Hunden des Krieges“ bewerkstelligt werden kann – hat es,
überführt“ (5. Dez. 2002) oder gar: „Saddam Husseins volle kurz ausgeführt, folgende Schritte nach außen unternommen
Einwilligung in die Entwaffnungsforderungen der USA und oder erweitert:
der UNO erbost Bush“ (13. Feb. 2003), gehört die Wochen- am Feindbild gegenüber Rußland hat sich wenig geändert;
zeitung The Onion (Die Zwiebel) zu den ergötzlichsten satiri- trotz aller russisch-amerikanischer „Zusammenarbeit“ gegen
schen und bluternsten Zeugen unserer Zeit. Was sie mit Hu- den sogenannten Terrorismus bleibt der Finger am Abzug;
mor zu verstehen gibt, wird zum Entsetzen des Weißen Hau- wie der Sheriff und seine Gegner im Wildwestfilm beäugen
ses und der „No. 10 Downing Street“ von einem zunehmen- sich Amerika und Rußland über die Läufe von je 2000
den Demonstrantenheer in den USA und rund um den Erd- Sprengköpfen, die in zwei Minuten hochgeschickt die
ball wahrhaft und standhaft verkündet: „Kein Krieg im Irak“, Sprengkraft von 80.000 Hiroschimabomben in sich vereinen.
„Friede der Welt!“ Auch die US-Strategie hat sich nicht gemäßigt. Weiterhin
Mehr als 36 US-Großstädte verabschieden schon vor dem 18. „beschatten“ US-U-Boote (mit Kernraketen bestückt) die
Jan. 2003 Friedensresolutionen. Chicago schließt sich ihnen russischen Küsten; US-Raumsatelliten spähen in die dunkel-
an. In Milwaukee führt der 90-jährige sozialdemokratische sten Ecken. Am Kaspischen Meer, in Mittelasien, Afghani-
Altbürgermeister Zeidler eine starke Friedenskundgebung im stan und Pakistan schwingt Onkel Sam sein Szepter und baut
Rathaus an. Am 18. Januar marschieren Hunderttausende für seine Öl- und Erdgasleitungen. Im Balkan, auch auf der Fähr-
den Frieden, mehrere Hunderttausend allein in der Hauptstadt te reicher Bodenschätze, mischt er sich in einem traditionel-
Washington. Am folgenden 15. Februar versammeln sich len russischen Interessenbereich ein. Im Irak betritt er den
mindestens eine halbe Million Friedensdemonstranten vor Vorhof Rußlands und versucht, dieses mit der Drohung zu
dem UNO-Gebäude in New York, etwa 750.000 im England erpressen, daß es für den Fall, daß es nicht „pariert“, seine
des Tony Blair und überwältigende 11 Millionen um die Ölkonzessionen in einem US-besetzten Irak verliert (dasselbe
Welt. Tatsächlich sind diese Kundgebungen überzeugender gilt übrigens auch für Frankreich). Soll Rußland also das
als die im Früh- und Mittelstadium des Vietnamkrieges. Das Wenige retten, was ihm von seiner Unabhängigkeit noch üb-
Weiße Haus zeigt sich „nicht beeindruckt“; seine Herrschaft riggeblieben ist und was es notgedrungen zu einer „unan-
beruht schließlich nicht auf demokratischer Legitimation. fechtbaren“ eurasischen Kontinentalmacht auszubauen be-

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strebt ist, so muß es den USA gegenüber seinen Hauptnach- Die zynische Selbstverständlichkeit, mit der sich die Macht-
teil bereinigen: seine geopolitische Klemmlage (wieder ein- haber weltweit fader Klischees und dreister Erpressungen
mal eine Tschistka). Das heißt, daß es auf irgendeine Weise bedienen, erinnert an den Aufschrei des Deutsch-Schweizer
zu den Halbinseln Mittel- und Westeuropas vorstößt und den Historikers und Diplomaten Burckhardt: »Les terribles sim-
durch Bushs Säbelrasseln provozierten, vielleicht vorüberge- plificateurs!« (Die furchtbaren Vereinfacher). Uralter Praxis
henden Bruch der NATO (Amerikas „dicker Knüppel“ in Eu- entstammend, wurden Kampfrufe vor und während der Fran-
ropa) ausnützt und verschlimmert. Möglich würde dies erst zösischen Revolution von 1789 systematisiert. Sie wurden
zur Zeit einer tiefgreifenden, internen Krise der USA. Dann während des Ersten Weltkrieges von der Entente und von
erfüllte sich Donoso Cortez’ Wort aus dem 19. Jahrhundert, Woodrow Wilson, auch von Lenin und seinen Bolschewisten
daß Rußland Gewehr bei Fuß ganz Europa durchmesse.18 in einem Wettbewerb der Welterlöser erfolgreichst angewen-
Daß die US-„Sandkastenangriffspläne“ auf Rußland, China, det. Unter F.D. Roosevelt und seinen Nachfolgern, vor allem
Nordkorea, den Iran, Irak, Syrien usw. usf. erstaunlicherwei- dem republikanischen Außenminister J. Foster Dulles und
se im Jahre 2002 aufgedeckt wurden, erhellt die Lage weit- den Präsidenten Kennedy, Johnson, Carter, Reagan, Bush
gehend. Wie schon seit 1861 und 1917 mehrmals, so dekla- sen., Clinton und Bush jun. erreichen Schlagworte („slo-
miert das Weiße Haus auch jetzt düster, daß Neutralität vom gans“) den Zenit der weltweiten und unablässigen, kombi-
Bösen ist. „Du bist entweder mit oder gegen uns“. Basta. Den nierten militärischen, wirtschaftlichen und psychischen Ge-
Neutralen oder den Zaudernden erwartet der überwältigende samtfeldzüge, deren sich die genannten Cäsaropapen unter
„präventive Gegenschlag“. der unaufhörlichen Begleitmusik der Massen-„Neuigkeits“-
Es überrascht also nicht, daß Bush & Pentagon folgenschwe- Fabriken New Yorks und Hollywoods souverän bedienen.
re Schritte in die Wege geleitet haben: die Weiterentwicklung Freilich scheinen Bush jun. und seine Machtelite zum Schluß
des „Sternenkriegsprogramms“, einst Reagans krankes Lieb- gekommen zu sein, daß angesichts der wehrtechnischen
lingskind; trotz des russischen Protestes wird deswegen der Übermacht der USA nicht lange herumgefackelt werden
„Anti-Ballistic Missile“-(Raketenabwehr-)Vertrag außer muß. Ungeachtet der heiligen Eide, die die USA verfassungs-
Kraft gesetzt; die vom Weißen Haus und Rumsfeld vorgege- rechtlich an die Normen der UNO-Charta binden (zwischen-
bene Begründung, ihnen lägen ausschließlich die „Schur- staatliche Verträge erklärt die Verfassung zum „höchsten
kenstaaten“ im Sinn, ist wirklichkeitsfern;19 die totale militä- Staatsrecht“), werden diese und die UNO-Beschlüsse forsch
rische Vorherrschaft der USA über den Weltenraum; den übergangen wie z.B. Kap. 1, Art. 2, §4 der UNO Charta, der
Einsatz „taktischer“ Kernwaffen („Bunkerknacker“) auch die Gewaltandrohung und -anwendung zwischen Mitglied-
gegen nicht-nukleare Staaten, wie dem Irak oder Iran; die staaten untersagt, oder wie Art. 33, der Verhandlungen, Un-
vorgetäuschte „Zerstörung“ des eigenen Kernwaffenarsenals terredungen, Vermittlung, Schlichtung, juristische Entschei-
(um dem „Nicht-Vermehrungsabkommen“ vorgeblich Genü- dungen und andere friedliche Wege zur Beilegung „interna-
ge zu tun), indem Waffenteile zeitweilig demontiert werden, tionaler Konflikte“ vorsieht.
um jederzeit wieder zusammengebaut werden zu können; den Andererseits bemächtigt sich das Weiße Haus flugs der durch
Bau einer neuen Nuklearfabrik mit dem Auftrag, die Kerne seine Imperialpolitik heraufbeschworenen und provozierten
von bis zu 500 Atombomben jährlich herzustellen; die Wie- „Ausnahmelage“, um die bürgerlichen Rechte und Freiheiten
deraufnahme der „Nukleartests“; das Weiterverfolgen der „B und die Mündigkeit seiner Zivilbevö1kerung bis zur Wurzel
und C-Dimensionen“ der A,B,C-Waffensysteme (atomar, zu beschneiden. Wie der Republikaner Buchanan und der
biologisch, chemisch);20 die Anwendung nicht-nuklearer linke Noam Chomsky übereinstimmend klarlegen, harrt der
„Massenvernichtungswaffen“ von höchster Brisanz; damit Staatstotalitarismus – die potenzierte Vervollkommnung des
zusammenhängend die Anwendung eines zermürbenden schon vorhandenen, wirtschaftlich-gesellschaftlichen Totali-
„Shock and Awe“-(Schrecken und Furcht)-Erstschlages ge- tarismus Amerikas – nur des „Terroristen-Endangriffs“ auf
gen angegriffene Großziele und Großstädte, etwa Bagdad, die USA, um voll verwirklicht zu werden.
Basra, Teheran oder die Ballungsräume anderer, nicht ge- Es sei noch kurz erwähnt, daß trotz aller bibel- und ideolo-
nehmer Staaten; die Ernte an toten Nichtkombattanten dürfte gieschwingenden Kampfrufe, mit Hilfe totaler Kriege „die
pro Ziel mehrere Tausend nicht unterschreiten; die Bereit- Welt für die Demokratie sicher zu machen“ (Woodrow
schaft, jenseits aller Genfer, Haager oder ähnlicher Konven- Wilson), die USA sich selber erst in den 1960er und 70er
tionen die Soldaten und die Zivilbevölkerung der angegriffe- Jahren ernstlich in die Richtung einer Demokratie zu bewe-
nen Staaten als Versuchskaninchen „zukunftsträchtiger“ gen anfingen, was ihre Innenpolitik anbelangt. Die Bürger-
Vernichtungswaffen zu mißbrauchen.21 rechtsgesetze von 1964/65 erweiterten das Wahlrecht für alle
Selbstverständlich stellen manche dieser „undichten“ Mel- in einer Weise, wie sie Bismarck schon 1866 und 1871 im
dungen einen Teil des „Schröcklichkeitsspektrums“ der psy- Norddeutschen Bund und im Zweiten Deutschen Reich all-
chologischen Kriegführung dar, womit das Weiße Haus gemein einführte. Gebeutelt von der Niederlage in Indochina
schon vor der Eröffnung der offiziellen Feindseligkeiten die und vom Negeraufstand wachgerüttelt, erließ der Kongreß
Kampfmoral seiner in- und ausländischen Opponenten und richtungsweisende Gesetze wie das „Freiheit der Informati-
Todfeinde zu untergraben beabsichtigt. Dessen ungeachtet ist on“-Gesetz, das Nationale Umweltpolitikgesetz (NEPA) und
es eine Zumutung sondergleichen – besonders auch an die In- mehrere weitreichende Umweltschutzgesetze („Reine Luft“,
telligenz seiner Bürger – daß eine vor Tötungsinstrumenten „Reines Wasser“, „Gefährdete Tier- und Pflanzenarten“,
und Todesmethoden strotzende Weltübermacht andere dritt- „Umweltsäuberung“). Im Gegensatz zu den macht- und geld-
klassige Staaten bezichtigt, „Massenvernichtungswaffen“ zu schwingenden Eliten hatte nun der kleine Bürger bzw. seine
verbergen oder entwerfen zu wollen. Schließlich scheint Vereine (wie der Sierraklub) zum ersten Mal in der Ge-
heutzutage nur der Besitz von glaubwürdigen Vergeltungs- schichte Amerikas die Gelegenheit, seine Meinung und die
waffen die Unabhängigkeit und Selbständigkeit eines Staates von Abermillionen von Mitbürgern in die Tat umzusetzen.
zu gewährleisten. Eine goldene demokratische Zeit schien anzubrechen.

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Denkste. Die unter Reagans Demagogie wieder hochgepäp- stimmt es wahrscheinlich nicht, daß Lenin, Stalin und Mao
pelte Plutokratie schreitet wie gehabt unter Bush und Cheney die politische Jungfräulichkeit Onkel Sams besudelten, son-
von Sieg zu Sieg.22 dern eher, daß Lincoln, Wilson & Co. dem Staatstotalitaris-
Nun wurden die Fenster, die in den 1960er und 70er Jahren mus das Vorbild abgaben.
das demokratische und plutokratiefreie Sonnenlicht herein- Doch es kommt noch besser: seit dem „Auslandsnachrichten-
lassen sollten, von den Reagan- und Clintonregierungen mit Untersuchungsgesetz“ (FISA) von 1978 darf die Exekutive
verdreifachtem Eifer wieder versiegelt. Manche, wie der Di- (Geheimpolizei) unter dem Vorwand, die US-Diplomatie zu
rektor der Umweltschutzgemeinschaft „Sierraklub“, werden unterstützen, ohne größere richterliche Kontrolle Telefone
an das aristokratische Gehabe der Kaufmannselite zu Anfang abhören, Korrespondenz, Computer Email usf. hochnotpein-
des 19. Jahrhunderts erinnert. Die klassischen Manchesterli- lich untersuchen. Kein Wunder also, daß die Briefkorrespon-
beralen der US-„Rechten“ andererseits beschleicht angesichts denz mit Europa so lange unterwegs ist... Jetzt, mit dem Anti-
der gewaltigen Machtballung im Weißen Haus, welche die terrorismus-Gesetz vom Oktober 2001, sind auch die letzten
längst totgeglaubten Geister der demokratischen Cäsaropapen Hindernisse beseitigt. Ganz zu schweigen von der Kontroll-
Wilson, Roosevelt, Truman und Johnson wiedererweckt, ein und Untersuchungsmacht der mächtigsten weltpolitischen
beklemmendes Gefühl der Ohnmacht.23 Aber die kleine Bewegung, deren Kompetenzen und „Schwarze Listen“ de-
Schar an verantwortungsbewußten Politikern, die sich vom nen der offiziellen Geheimpolizei zumindest gleichstehen.
Welteroberernimbus der Cäsaropapen nicht ins Bockshorn Die Bühne für den Auftritt des Großen Weltbruders ist also
jagen läßt, wie der Senator Russ Feingold von Wisconsin nach menschlichem Ermessen perfekt staffiert.
(der sich auch mit einer Gesetzesvorlage, die rooseveltschen Das eingangs erwähnte Rubens’sche Gemälde zeigt, daß ge-
Verbrechen an den Deutsch-Amerikanern, Italo-Amerikaner rade Religions- und Weltanschauungskriege oft in Massakern
usw. zu untersuchen, einen Namen erworben hat), lehnt diese und Völkermord ausarten. Die Versuchung dazu ist um so
neueste Ausgabe des „Ehernen Geizes der Oligarchie“ ab. größer, wenn eine kriegstreibende und kriegsbetreibende Sei-
Feingold ist der einzige Senator, der gegen die sogenannte te die überwältigende wehrtechnische Macht in ihren Fäusten
Antiterrorismus-Gesetzesvorlage stimmte (H.R. 3162; auch zusammenballt. Nirgends kommen sowohl die konfessionelle
äußerst vielversprechend als „USA-Patriotengesetz“ be- und weltanschauliche Blindheit einerseits als auch die Arro-
kannt), die kurz nach dem „11.9.“ im Kongreß durchge- ganz der Übermacht mit derartig erstickender Direktheit zum
peitscht wurde. Sie enthält weitestgehende Kürzungen und Ausdruck als in den Äußerungen des US-Präsidenten Bush
Beschneidungen der Bürgerrechte. Er und einige wackere junior. In seiner Rede vom 17. März 2003, in der Ansprache
Mitstreiter wenden sich auch gegen die Schaffung des neuen vor dem American Enterprise Institute (?!) und der Presse-
„Superministeriums“ für die Sicherheit des Heimatlandes (!! konferenz von Anfang März klöppelte er, politisch geschickt,
Es fehlt nur noch ein „Komitee für die öffentliche Sicherheit“ menschlich ermüdend und moralisch verwerflich die Spitzen
= KGB). Am 11. Oktober 2002 erteilen der Senat (77 gegen seiner endlos vorgebeteten Litanei zusammen von den angeb-
23 Stimmen) und das Repräsentantenhaus (296:133) dem lichen Massenvernichtungswaffen Husseins, den behaupteten
Obersten Kriegsherrn Bush die Angriffserlaubnis gegen den „zwölf Jahre Nichtstun“, der kämpferische „Weltkoalition“
Irak. Doch schon wenige Monate nach diesem Skandal füh- und vom zu verdammenden Versagen der UNO. Daß er sich
ren die Wisconsiner Kongreßmitglieder Jerry Kleczka (Mil- dabei in Widersprüchen verwickelt, Tatsachen auf den Kopf
waukee)24 und Tammy Baldwin eine Aufhebungsantrag im stellt und die düstersten Abgründe der eigenen Politik mit
Repräsentantenhaus ein – leider ohne Erfolg, wie wir heute frommen Augenaufschlag rasch verdeckt – z.B. daß die Öl-
wissen. Bereitet sich der Schlachtenlenker auf seine größere und Gasvorkommen nicht „dem irakischen Volk“ übergeben,
Rolle des Weltenherrn vor? Daß der mehrfach vorbestrafte sondern schon vor Kriegsanfang an den Meistbietenden ver-
Admiral Poindexter (der zugunsten seines Herrchens Reagan kauft wurden –, das alles gehört zum Repertoire des erfolg-
meineidig wurde) damit betraut ist, im Pentagon(!) eine reichen US-Politikers. Daß ihm ein Teil der US-Bevölkerung
Nachrichtenzentrale zur totalen „Erfassung“ sämtlicher US- dabei Glauben schenkt, gehört zur politischen Kultur Ameri-
Bürger aufzubauen, deutet in jene Richtung. Anfang 2003 hat kas, in welcher der Auserwähltheitsfimmel und die Scheinre-
das Weiße Haus die Vorlage zu einem „verbesserten“ USA- ligion ein starke Rolle spielen: Sie gehören zusammen. Bush
Patriotengesetz No. 2 in der Tasche, welche – falls ange- der Schlachtenlenker, getragen von seinen „Beratern“ Ri-
nommen – der stolzen wenn auch öfters rein theoretischen chard Perle und dem „zweiten Mann“ im Kriegsministerium,
Tradition des anglo-amerikanischen Liberalismus (sie reicht Wolfowitz – hat die Lunte zu den aufeinandergestapelten
zurück auf die englische Bill of Rights von 1689 und auf die Pulverfässern in Nahost gezündet und stößt dazu schein-
ein Jahrhundert jüngere amerikanische Freiheitsurkunde) christliche Phrasen aus. Die resultierende Explosion könnte
vollends das Licht ausblasen würde. Bushs Irakkrieg wird die furchtbarste der Menschengeschichte werden. Aufstände
dann zum Vorwand und Hysteriedynamo, um die Vorlage und Erhebungen vielerorts führen zur fortschreitenden
durchzupauken.25 Destabilisierung der Weltwirtschaft; dies und der Religions-
Nicht, daß der Staat vorher (und vor Roosevelt, Wilson, Lin- krieg zur Weltrevolution, und diese in vier bis sechs 6 Jahren
coln) schwächlich oder gar ohnmächtig gewesen wäre. Mit- nach der nächsten US-„Präsidentenwahl“ von 2004 zum
nichten. Sachkennern fällt auf, daß spätestens mit der Amts- Endkrieg.
periode W. Wilsons und wahrscheinlich der Lincolns in den Was Wunder, daß republikanische, dem Irakkrieg abholde
aufschießenden Ballungsräumen engmaschige Spitzelnetze Realpolitiker wie der frühere Außenminister Baker (ein Öl-
angelegt wurden. Noch zur Zeit Carters kam heraus, daß et- Advokat) und der frühere Staatssicherheitsberater General
wa 23% aller Universitätspedells Informanten der Bundesge- Brent Scowcroft in ihren Artikeln in der New York Times und
heimpolizei sind (diese haben wahrlich lebenswichtige Ge- dem Wallstreet Journal im Jahr 2002 das Gespenst des Ar-
heimnisse mit dem Einsatz von Blut und Ehre gehütet). Unter mageddon an die Wand malten. Dies bzw. Al-Medschiddo ist
Bush junior muß deren Zahl noch weit höher liegen. Also bekanntlich der Ort im nördlichen Palästina, an dem laut der

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„Johannes-Offenbarung“ die Endschlacht zwischen den bö- worfene USraelische Expansionsvorhaben deckt sich nahtlos
sen und den guten Mächten der Welt geschlagen wird, kurz mit den mythischen Vorstellungen der „rechtswinkligen“
vor (oder nach?) der Wiederkehr Christi. Christen und Hebräer, die sich auf die Wiederkunft des Da-
Den Erläuterungen der Zeitschrift The Progressive (Madison, vidischen Reiches und den Bau des Dritten Tempels freuen.
Wis.) und anderen zufolge, beabsichtigt der Gewaltmann, Freilich scheint es auch anderer Eigenschaften nicht zu ent-
Weltenpolitiker und Ölspekulant Bush, sich und Israel an die behren. Finanziell sieht es wie ein glänzendes Geschäft aus,
Spitze der Heerkolonnen des Guten zu stellen oder zumindest weil die der Region entsprudelnden Öl- und Gasbillionen di-
den Anschein dazu zu erwecken. Na also! Der wiedergebore- rekt in die Taschen einer winzigen Machtelite fließen. Vom
ne Welterlöser: Alexander der Große, Julius Cäsar, Jesus und imperialen Standpunkt aus erscheint es tadellos, weil der
Dschingis Khan, alles in einem. neue Kolonialraum Vorderasiens geopolitisch im Süden vom
Es sei nochmals darauf hingewiesen, daß bei den „Präsiden- Indischen Ozean (einem amerikanischen Teich), im Osten
tenwahlen“ der USA höchstens die Hälfte der Wählerschaft von Afghanistan und Pakistan (US-Schutzgebieten im Nor-
tatsächlich wählt. Die Vor- und Nachwehen der Wahlen von den von den ergiebigen Öl- und Erdgasquellen am
2004, die schon 2002 anfingen, werden selbstverständlich Kaspischen Meer) und in Mittelasien (US-Interessengebiete)
souverän von der Plutokratie gehandhabt.26 Doch in dem das und im Westen von der Türkei, Ägypten und dem Mittelmeer
Weiße Haus umwabernde und es in die Gefilde des „Gesalb- (US-Bastionen) umrahmt sind. Es kann also nichts schief ge-
ten des Herren“ emporhebenden Abglanz der Scheinlegitimi- hen… Deshalb werden jetzt schon US-Prokonsuln (Militär-
tät ist es immerhin noch wichtig, den Schein der „Demokra- gouverneure) ernannt, um die frisch „befreiten“ Staaten Irak,
tie“ zu wahren – schon deswegen, um die Hörner der Anar- Iran, Syrien, Libyen usw. usf. auf Jahrzehnte hinaus zu „ver-
chie rechtzeitig wegzubiegen. Dann sind „Stimmenblöcke“ walten“. Deutschland, Japan und Italien geben das gute Bei-
wichtig. Einer dieser Stimmblöcke umfast die 60 Millionen spiel.
„evangelistischen“ oder „wiedergeborenen“ Christen, die seit Freilich löst das Vorhaben mancherorts auch Unbehagen aus.
1991 unter der Führung wortgewaltiger und geschäftstüchti- Da gibt es den ehemaligen Republikaner Patrick Buchanan,
ger Fernsehprediger in die Reihen der fanatischsten Partei- dessen erwähntes Buch A Republic Not an Empire schon
gänger Israels eingeschwenkt sind. Der Islam ist für sie 1999 die Gefahren der imperialen Aufblähung, der Vergel-
grundsätzlich vom Teufel. Je geschwinder und je gründlicher tungsschläge gegen das Staatsgebiet der USA, des jahrelan-
also ihrer Meinung nach die einflußreichsten islamischen gen die Weltwirtschaft zerrüttenden Weltbürgerkrieges und
Staaten von Nordafrika über Vorderasien bis Pakistan und schließlich der Machtkonsolidierung der imperialen Elite, die
Indonesien eingeäschert und der israelischen Machtsphäre unerreichbar hoch über den ausgelaugten Massen thront (wie
eingegliedert werden, desto schleuniger ereignet sich die seiner Zeit Kaiser Diokletians um 290 n.Chr.), realistisch
Wiederkunft des Herren. Daß diese „Politik“ in den genann- heraufbeschwört. Sein Artikel in der Zeitschrift American
ten Staaten nicht auf Gegenliebe stößt, andererseits aber vom Conservative vom März 2003 gibt das Gefühl der Mehrzahl
rechten Flügel der israelischen Regierungskoalition lebhaft aller Amerikaner wieder, sich zu weit und zu tief mit Israel,
unterstützt wird, liegt auf der Hand. Es ist beachtenswert, daß vor allem mit dem Wüterich Sharon eingelassen zu haben.
Noam Chomsky in seiner Rede vom 1.11.2002 vor der über- Dürfen es sich die mächtigsten Beamten des Staates leisten,
füllten Aula der MATC (Technischen Fachhochschule Mil- mit „geteilter Treue“ in der Kolonialpolitik zu schalten und
waukee) – die allermeisten Studenten waren „links“ und zio- zu walten? Die Konsequenzen dieser machtpolitischen Frage,
nistenfeindlich – eben diesen Punkt berührte.27 Die öffentlich deren Lösung heute mit allen machtpolitischen Mitteln unter-
bekanntesten und mächtigsten Schöpfer der Bush’schen Au- drückt wird, werden die US-Öffentlichkeit künftig immer
ßenpolitik sind nicht Außenminister Powell und sein Stab, stärker engagieren.
sondern Richard Perle und Wolfowitz, die Chomsky ulki- Die universalistische Sicht des Papstes verleiht diesem als
gerweise »rechts von [Premierminister] Sharon« sieht. Perle vielleicht dem einzigen Weltpolitiker eine mit der Scheinlegi-
versah unter Reagan das Amt des Vize-„Verteidigungs“- timität der US-Weltpräsidenten konkurrierende Autorität (das
Ministers, hatte enge Beziehungen zu Admiral Nitze, Au- ist der Weltelite nicht entgangen; sie strengt sich an, nach
ßenminister Acheson und Senator Jackson. Heute ist er ein dem Ableben des jetzigen einen ihr genehmen Kandidaten
betuchtes Mitglied des American Enterprise Institute mit be- zum Oberhirten wählen zu lassen). Der Papst ist gegen den
ster Protektion. Laut Chomsky und dem letzten amerikani- Irakkrieg: aus all’ den oben angeführten und angedeuteten
schen Abgesandten im Irak, John Wilson28 schrieb jener um Gründen, aus Sorge um seine östlich-orthodoxen Schäfchen
1995 – just zu der Zeit, als der verantwortungsbewußte israe- und insbesondere wegen der Feindschaft des Islam gegen den
lische Premier Rabin von Rechtsgerichteten niedergeschos- „Westen“, die das Irakabenteuer Bushs vollends zum Lodern
sen wurde – die Bibel des Likud und der Bush’schen Außen- bringen wird.
politik: im US-Interesse müßten Syrien, der Irak und der Iran Nicht zuletzt hält der Papst Bushs Angriffskrieg für rechts-
als Einflußfaktoren ausgelöscht und Saudi-Arabien mittels widrig, da mit den Normen der UNO-Charta und der US-
einer Volkserhebung „demokratisch“ werden. Wolfowitz, der Verfassung unvereinbar. Glänzender unterrichtet als jeder
seit 1992 auch öffentlich in die Jerichoposaune der radikalen amerikanische Oberste Kriegsherr, entfaltete er im Febru-
Blut-und-Boden-Politik stößt, war unter Bush senior und dem ar/März 2003 eine beachtliche diplomatische Offensive. Er
damaligen „Verteidigungs“-Minister Cheney von 1989 bis empfing den irakischen stellvertretenden Premier Tariq Aziz,
1993 ein stellvertretender Verteidigungsminister. Heute be- einen chaldäischen Christen, und entsandte seinen Diploma-
kleidet er das Amt des Stellvertretenden Verteidigungsmini- ten Etchegaray nach Bagdad. Allerdings verlief ein Treffen
sters und ist somit die Graue Eminenz hinter dem granitenen zwischen Kardinal Laghi und Bush im Sande. Der letztere
Kriegsminister Rumsfeld, der oft als der zweitmächtigste empfing Laghi mit einem säuerlichen Lächeln (er dachte sich
Mann im Weltall angesehen wird. Das von Perle, Wolfowitz wohl, wie einst Stalin: „Wie viele Divisionen hat der
und deren Kollegen und Vorgängern von langer Hand ent- Papst?“). Bush torpedierte eine geplante UNO-Ansprache des

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Papstes. Selbstverständlich konnte er es sich nicht leisten, al- Größerer. Seine Machtfülle umhüllt den Erdball. Mittels sei-
le seine außenpolitischen Taten, Gefühle und Äußerungen ner Heere und Geldpioniere entfließt sie der US-Ostküste und
vor dem Menschengericht als rechtsbrüchig und verbreche- bedeckt Afrika, Europa und Vorderasien. Sie entsprudelt der
risch entlarvt zu sehen. In einer Pressekonferenz streifte der US-Westküste und überschwemmt den Pazifik, Japan, Au-
Kardinal noch einma1 einige dem Papst vernünftig scheinen- stralien, China, Nord- und Südasien. Die Ströme prallen im
de Themen: die Illegalität des Irakabenteuers; das Risiko der indischen Ozean (einem amerikanischen Binnensee) aufein-
Destabilisierung der Weltpolitik und Weltwirtschaft; das der ander und verdoppeln anscheinend ihre Maelstrom-Energie.
endgültigen Feindschaft des Islam; das Leiden der irakischen Doch letztendlich wenden sich die Energien auf den Urheber
Bevölkerung (die seit 1991 in einem von den USA ausgelö- zurück. Rein tagespolitisch betrachtet thront der jetzige Cäsa-
sten Völkermord mehr als zwei Millionen Todesopfer zu be- ropape auf der Schulterpyramide seiner Vorherrscher. Sein
klagen hat); die Leiden des dem israelischen Staatsterror aus- „Job“ ist es, vermittels der ihm und seinem Bundesgenossen
gelieferten Volkes Palästinas, das der Verwirklichung der Israel zur Verfügung stehenden A-B-C-Waffen x-beliebige,
Verträge von Oslo harrt.29 mißliebige Staaten mit dem Völkermord zu drohen und die-
Macht nichts. Bush und seine „Berater“ kalkulieren, daß die sen auch ohne mit der Wimper zu zucken und mit frömmeln-
koloniale Frage auf allen Kontinenten wie gehabt mit Zuk- den Sprüchen auf den Lippen an Milliarden Menschen auf
kerbrot und Peitsche gründlich gelenkt werden kann. Zuhau- Erden durchzuführen – wobei er Billionen und Trillionen an
se greift er gleich auf eine ganze Palette von Machtinstru- Dollarrenditen für sich und seine Gesellen einsäckelt, ver-
menten zurück. Die mit Bush verbündete mächtigste weltpo- steht sich. Denn er versteht sich als der Gesalbte des Herrn.
litische Bewegung mit ihrem Monopol über die Nachrichten- Wie naiv auch immer dies sich ausnehmen mag, der „kleine“
fabriken schottet die Massen Amerikas und der Welt gründ- Auserwähltheitsgläubige mißt seine Welt mit einem ähnli-
lichst von der Wirklichkeit ab (sogar winzigste Veröffentli- chen Maßstab. Die Verluste der „Todfeinde“, wie ungeheuer
chungen wie The Plough der pietistischen Bruderhofgemein- diese auch menschlich gesehen sein mögen, gelten nichts im
de sind vor ihren Nachstellungen nicht sicher, wenn sie Arti- Vergleich zu den geringfügigen Verlusten der „Streiter des
kel wie: „The Boy Who Kissed the Soldier, Report from Ba- Herrn“. Millionen Ziviltote im Koreakrieg und weitere Mil-
lata Camp“ bringen: reale Schilderungen des „Lebens“ in Pa- lionen im Indochinakrieg – großenteils auf Onkel Sams tech-
lästina, von amerikanischen Jüdinnen verfaßt). Die neu erlas- nisiertes Wüten zurückzuführen – werden nie erwähnt. Doch
senen Ermächtigungsgesetze des Staatstotalitarismus gestat- der etwas über 40.000 tatsächlich gefallener GI’s in Vietnam
ten es Bush und seiner Elite, jeder auch nur potentiellen Op- wird mit narzißtischer Übertreibung gedacht. Nur der frühere
position oder Aufwallung der Anarchie mehr als vollauf zu Kriegsminister McNamara unter Kennedy und Johnson erin-
begegnen. Vielleicht am wichtigsten ist das schon erwähnte nert sich heute schaudernd der (tatsächlich weit über
Sendungsbewußtsein, der Hauptdynamo des US-gesellschaft- 100.000) Ziviltoten der US-Terrorangriffe auf Tokio/Joka-
lichen (deswegen um so mächtigeren) Totalitarismus. Im hama, Kobe, Osaka, Toyama; dabei fanden 1,4 bis 1,5 Mil-
heutigen Europa findet sich kaum ein Gegenbeispiel. Als lionen japanischer Nichtkombattanten den Tod30 (etwa 1,2
Synthese der republikanischen Berufung („Der Hort der Millionen Soldaten fielen an der Front oder starben als Ver-
Freiheit“) und des kalvinistischen Auserwähltheitsglaubens schleppte in Sibirien). Wer erwähnt im Rahmen der von den
konzentriert es sich vornehmlich auf die Vater-, Führer- und Nachrichtenfabriken jetzt hochgepeitschten Kriegshetze die
Feldherrngestalt des Präsidenten. Opfer der anglo-amerikanischen Bombenkampagne – Anfang
Eine kurze Erläuterung. Anfang September 1901 fand die 1940 begonnen von Churchill und seinem „Berater“ Dr. Lin-
Pan-Amerikanische Ausstellung in Buffalo statt. Als US- demann – von Monte Casino über Castelgandolfo, Rom, Pa-
Präsident McKinley diese mit seinem Besuche beehrt und der dua, die norditalienischen Großstädte, Bozen, Matrei am
US-Staats- und Regierungschef kanadisches, d.h. ausländi- Brenner, Innsbruck, Salzburg, Wiener Neustadt, München,
sches Gebiet betritt, durchläuft ein Auf-
schrei des Entsetzens das Land: „Der Ge-
salbte des Herren hat die Gefilde des Ge-
lobten Landes verlassen!“ Eine 300 m
kurze, doch trotzdem Dante’sche Reise,
sozusagen: vom Paradies ins Inferno
(kurz darauf wird der Präsident von ei-
nem Anarchisten erschossen). Die zu-
kunftsschwere Umorientierung erfolgt
sofort. Washington und Jefferson hatten
es klug verstanden, den Auserwähltheits-
glauben auf inner- und panamerikanische
Bereiche zu beschränken. Nun wird die-
ser unter dem aktivistischen Präsidenten
Theodore Roosevelt und mehr noch ver-
mittels der Intrigen, Erpressungen und
Verschwörungen Woodrow Wilsons,
F.D. Roosevelts und deren Nachfolger
fest mit dem expansiven Weltherr-
schaftsdrang verkettet.
Bush junior ist der Lachende Sieger. Befreiung auf amerikanisch:
Nach ihm kommt kein geographisch Die Innenstadt von Münster/Westfalen bei Kriegsende

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Nürnberg, Rothenburg o.d. Tauber? Wer erinnert sich der Unrecht zu stürzen und einen Rechtsstaat aufzubauen. Die
etwa 50.000 Ziviltoten im Feuersturm von Hamburg, der inneren Krisen der USA stellen gigantische Aufgaben, die
25.000 bis 30.000 von Leipzig, der ca. 300.000 von Elbflo- der jahrhundertelangen geduldigen Arbeit heischen.
renz (davon 202.000 vom Polizeipräsidium gezählt)?31 Die 4) Der Aggressionskrieg gegen den Irak heizt auch die
Hekatombenernte der „Befreier’: Nur wer selbstmordend den schwelenden (welt-)wirtschaftlichen, militärischen und
von der „Kakokratie“ (Herrschaft des Schlechten – Prof. Her- außenpolitischen Fragen weiter auf. Daß am 24.3.03 der
mann Oberth) emsig verbreiteten Märchen Glauben schenkt, Dow-Jones Index an der Wallstreet um über 300 Punkte
gibt sich hin, die hier angedeutete Wahrheit zu bagatellisie- stürzte – der hysterischste Sturz seit den Nachwehen des
ren. Überblickt man die Entwicklungsgeschichte der US- „11.9.“ –weil die Aktionäre einen Endsieg innerhalb von
Machtelite vom Anfang des 19. bis ins 21. Jahrhundert, so ist fünf Tagen erwarteten, zeigt die institutionelle und morali-
man versucht, in Umkehr des Goethewortes auszurufen: sche Labilität eines Großteils des „führenden Amerika“
„Die Kraft, die stets das Gute will und stets das Böse grell auf. Die Kurse dürften sich wieder erholen. Ob die
schafft.“ schwer angeknackste Weltwirtschaft dies tut, ist eine an-
Es sei nochmals auf Schumpeters Urteil verwiesen, daß Roo- dere Frage. Von den durch die Weltmachtelite ausgebeute-
sevelt und Churchill (und die ihnen nacheifern) weit schlim- ten Volkswirtschaften Lateinamerikas (darunter Argenti-
meres Unheil anrichteten als Dschingis Khah. niens, Brasiliens, Venezuelas, Kolumbiens, Mexikos) über
Zweifellos, rein physisch gesehen haben jene eiskalten Ana- die zweitstärkste Kapitalistenzitadelle Japan34 bis Deutsch-
lytiker recht, denen im Gegensatz dazu die von einem Staat land und Europa laufen die einst glänzendsten Linienschif-
ausgeübte Weltherrschaft „als ein naturgeschichtliches Phä- fe des Kapitalismus bestenfalls mit starker Schlagseite da-
nomen“ nichts ausmacht. Sie übersehen aber die moralische her. Ganz abgesehen von Onkel Sams „Blockhütte“, deren
und sittlich-rechtliche Grundlage jeder andauernden Macht- Vor- und Hinterhöfe sich bekanntlich über alle Kontinente
struktur. Und diese heißt seit 1776 und 1848 mehr denn je: bis zum Mond und Mars erstrecken. Präsident Bush jun.
die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Völker! scheint darauf erpicht, die Teuerung/Flaute der Johnson-
Wer gegen diese Grundlage frevelt – wie materiell und nach- Nixon-Ford-Carter-Reagan-Bush-sen.-Jahre ins Ungeheu-
richtentechnisch mächtig er auch sei – wird vom Ausbruch erliche zu steigern, indem er für die Aufrüstung täglich ei-
des Völkerrechts hinweggefegt. Der große schwäbische Den- ne Milliarde Dollar ausgibt, daneben mindestens $200
ker G.W.F. Hegel spricht vom qualitativen Umschlag des Milliarden für das Irakabenteuer vergeudet und schließlich
hochgestapelt Handgreiflichen. Dieser wird zum Weltum- hauptsächlich den oberen 2% auf der Einkommensskala
sturz. Denn der Koloß – die Herrschaftskultur der Machtelite eine Steuerkürzung von insgesamt $2,1 Billionen schenkt
– ruht auf tönernen Füßen.32 – was alles aus der Haut und den Knochen der US-Bevöl-
Knüpfen wir die Fäden rasch zusammen kerung, der Säuglinge, der Schulkinder, der Arbeitnehmer
1) Der Sendungsglaube der US-amerikanischen Massen ist und der Senioren gestanzt wird. Wenn Perles und Wolfo-
ein zweischneidiges Schwert. Sollten sie einmal, vielleicht witz’ Pläne weiter verwirklicht werden – und warum auch
schon bald vom Dornröschenschlaf der Kafka’schen Ohn- nicht? – (Perle besitzt eine Villa an der Côte d’Azure),
machtsexistenz erwachen – wohl von wirtschaftlichen und folgt auf die jahrzehntelange Besetzung des Irak diejenige
außenpolitischen Krisen wachgerüttelt – und erkennen, Irans, Syriens und wohl auch Saudi-Arabiens. Diese Vor-
daß sie in jeder Hinsicht von den Weltmachenschaften ei- haben dürften drei Hauptkonsequenzen zeitigen:
ner zynischen Elite (deren Mitglieder der „Regierung“ oft a) Die zu erwartenden Steuererhebungen erdrücken die
gar nicht angehören) ausgebeutet und zerfleischt werden, US-Bevölkerung, dieweil eine winzige Weltelite sich
wird das Gericht furchtbar sein. Dann bricht die knapp un- die Taschen mit Milliarden- und Billionengewinnen
ter der Oberfläche des Freiheitsdranges schlummernde vollstopft.
Anarchie durch. Denn die Freiheit ist das höchste Gut, wie b) Unvorhergesehene Rückschläge im Irak und um den
schon unsere Vorkämpfer in der Schlacht am Teutoburger Erdball herum lassen den Weltbefreier zu Kernwaffen
Wald erkannten. greifen. Vergeltungsschläge gegen das Hoheitsgebiet
2) Es ist zu erhoffen, daß die wackeren Streiter für Natur und der USA sind zu erwarten. Die Weltlage verschlechtert
Umwelt – eine jetzige Subkultur – dann bald die Oberhand sich schlagartig.
erringen. Allerdings muß der US-Staat völlig umgebaut, c) Daß die dergestalt durchgeführte „Demokratisierung“,
die diktatorische Präsidentschaft abgeschafft und der nebst der Spaltung der NATO (die baldigst von einem
„Vorsitz“ auf ein Kollegium von sieben bis 50 Häuptern EU-Gremium abgelöst werden sollte) und der Vernich-
verteilt werden (nach dem Schweizer Muster). tung der UNO allenthalben auf Gegenliebe stößt, ist
3) Mit der Erkenntnis, daß die Gründerväter der heutigen nicht wahrscheinlich. Die vorauszusehenden, jahrelan-
Verfassung (1787 ratifiziert) die Einführung stehender gen Welt-Kriege und Interventionen – die auch zu er-
Heere verboten (zweijährige Begrenzung), die Verteidi- wartenden bürgerkriegsähnlichen Aufstände in den
gung des Landes und das Unterdrücken von Aufruhr einer USA und Europa nicht zu vergessen – stürzen die Welt-
Miliz überließen und daß die größten Präsidenten (Wa- wirtschaft vollends in die letzte Absturzspirale. Das Aus
shington, Jefferson und Monroe) strengstens vor außera- ist da. Durchaus möglich, daß das Chaos absichtlich her-
merikanischen Abenteuern mahnten und gelobten, die aufbeschworen wird, frei nach dem Shakespeare’schen
USA aus europäischen Händeln heraushalten zu wollen,33 Motto: „Seine Tollheit hat Methode“, um nach 2004 den
daß aber seit der Amtszeit der Präsidenten Theodore Roo- Enderlöser und den Endlösungsheld der in jeder Hinsicht
sevelt und vor allem Woodrow Wilson dieses heiligste widerstrebenden Menschheit aufzuzwingen.
Grundrecht gebrochen und die übermächtigste Militär- 5) Wäre es nicht klüger, dem Rat der „Peace Action Wiscon-
macht der Menschengeschichte fieberhaft aufgebaut wird, sin“ (Friedenstätigkeit-Wiskonsin)35 und der Tat der Kon-
kommt auch die Einsicht, die Absurdität zu sanieren, das greßabgeordneten Kleczka, Baldwin (Dem., Wis.), Ron

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Paul (Republ., Texas) zu folgen, nämlich gegen den Ag- der Geschichte, Center for Muslim-Christian Understanding, Georgetown
gressionskrieg zu arbeiten und folgendes anzustreben: das University , Washington. D.C.
4
Vgl. Z.B. »Israel again launches airstrikes«, The Milwaukee Journal
Ende der illegalen israelischen Besetzung Palästinas, dann Sentinel, 20.5.2001
die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staa- 5
James D. Richardson (Hg.), A Compilation of the Messages and the Papers
tes; die Kürzung der US-Unterstützung für die Marionet- of the Presidents, 1789-1901, Government Printing Office, Washington.
6
tenregime in Ägypten, Jordanien, Kuwait, Qatar usw.; den Kenneth Bourne, The Foreign Policy of Victorian England 1830-1902,
Oxford, Clarendon Press, 1970.
Abzug der US-Besatzungstruppen aus Saudi-Arabien mit 7
Noam Chomsky, In a League of Its Own, Harvard International Review,
seinen islamischen Weihestätten; die Reform bzw. Um- Sommer 2000.
kehr der expansiven amerikanischen McDonald- und Coca 8
John Charmley, »Churchill – The End of Glory«, The Council Chronicle,
Cola-„Kultur“. 9
The Chicago Council on Foreign Relations, November 1993.
Fürwahr ein Jahrhundertprogramm. Inzwischen scheinen sich Vgl. Harry Elmer Barnes (Hg.), Perpetual War for Perpetual Peace,
Greenwood Press Publishers, New York 1953/1969; die Werke John
im Gefolge der US-Kolonialabenteuer weitere Konflikte zu- Costellos; John V. Denson (Hg.), The Costs of War, Transaction Publish-
sammenzubrauen. Falls die US-Welt-Gewaltpolitik fortge- ers, New Brunswick, N.J., 2. Auflage 1999; Naval History; United States
setzt wird, dürften anfängliche Regional-, dann Raumkriege Naval Institute; Mai/Juni 1999: Daryl S. Borgquist, The Red Cross Con-
unter anderem an den folgenden Nahtstellen ausbrechen: nection, Naval History, U.S. Naval Institute, Annapolis, MD, Mai/Juni
1999; Robert B. Stinnett, Day of Deceit; the Free Press, New York, 2000.
Türkei-Kurdistan-Syrien-Iran-Israel; schließlich Rußland; 10
Vgl. Wenzel Jaksch, Europas Weg nach Potsdam, Deutsche Verlagsan-
Indien-Pakistan-China; Nord- und Südkorea; Japan-China; stalt Stuttgart, 1958.
China-Rußland; Mittelamerika-Panama-Kolumbien-Venezu- 11
The Carter Center, Atlanta, Georgia, »President Carter Is Awarded the
ela; usw. Wird es dem jetzt muskelprotzenden Onkel Sam ge- Nobel Peace Prize«, President Carter’s Acceptance Speech for the 2002
Nobel Peace Prize.
lingen, auch nur wenige dieser von ihm gesetzten Flächen- 12
Vgl. »St. Jimmy The Lesser. Jimmy Carter is Not Worthy of the Nobel
brände einzudämmen? Wohl kaum. In der Umkehr liegt das Peace Prize«, The Progressive, Dezember 2002.
Heil. Halten sich die Menschheit und Amerika die weltweit 13
Vgl. Orville V. Webster, The Book of Presidents, JBG Publishing Los
zu erwartenden Milliarden Todesopfer der künftigen Kriege 14
Angeles 1991.
und Naturkatastrophen vor Augen, so sieht selbst das Maxi- Vgl. D.H. Lawrence, Studies in Classic American Literature, T. Seltzer
Publishers, New York 1923.
malprogramm der Friedensaktionäre sehr gemäßigt und reali- 15
The History of Great American Fortunes; übersetzt im S. Fischer Verlag
stisch aus. Das bedeutet aber auch, wie überall in dieser 1916; Neuausgabe, Money, Zweitausendeins, Frankfurt am Main 1979.
16
kreisrund geschaffenen Welt, die Verwirklichung eines zu- Vgl. Dave Berkman, Why We’re Not Loved, Shepherd Express, Milwau-
tiefst widersprüchlichen Programms: kee 2002.
17
Regnery, Washington 1999.
1) Die Völker und Konfessionen sollen sich der Illusion ent- 18
Vgl. Herbert Leiner, ...und das dritte Rom wird Moskau sein, Zeitge-
ledigen, es hätte jemals nur ein „auserwähltes Volk“ gege- schichte Bastei-Lübbe, 1984.
ben; es gibt derer viele. Ein jedes in dieser Vielfalt ist von 19
Vgl. Noam Chomsky, Ramsey Clark, Edward W. Said, Acts of Aggres-
seinen Nachbarn schöpferisch verschieden. Durch göttli- sion, Policing „Rogue“ States, Seven Stories Press, New York 1999.
20
chen Ruf aneinandergepflanzt, erwachsen sie jenseits von Vgl. »So Much for the Plan to Scrap Old Weapons«, The New York
Times, 22.2.02; »White House opposes germ weapons treaty«, The Mil-
Raum und Zeit zum strahlend-schillernden Lebenswald waukee Journal Sentinel, 20.5.2001.
der göttlichen Vorsehung. 21
Vgl. Center for Defense Information,1779 Massachusetts Av NW., Wash-
2) Das Weltall und die Menschheit jagen der Auflösung ent- ington, D.C. 20036-2109; November 2002; »The Nuclear Nightmare Re-
gegen (Entropie). Doch die heute vorherrschende, von turns«, The Mobilizer, Peace Action, Wisconsin, April 2002.
22
Kevin Phillips, Wealth And Democracy, Broadway Books, NY 2002.
leiblich und geistig Verkrüppelten gezeichnete Karikatur 23
Carl Pope, »Forward Into the Past«, Sierra, März/April 2003; »Some
der faustischen Kultur (Oswald Spengler) beschleunigt fear Governments growth in size, power«, Milwaukee Journal Sentinel
den Verfall nur noch. Deshalb sind die Völker je einzeln 16. Dezember 2001; »Bush builds White House’s clout«: ebd., Sonntag,
und in ihrer Welt-Einheit gefordert, auch den letzten Fet- 22. Dez. 2002.
24
Jerry Kleczka, Democrat, Wisconsin; Congress of the United States,
zen der kolonialen Gewaltpolitik von sich zu werfen und Brief, 12.2.2003; http://www.house.gov/kleczka/108_1pr_02_12.htm
die spezifische und Dauerkrise in einer geistigen, politi- 25
»Statement of U.S. Senator Russ Feingold On The Anti-Terrorism Bill,
schen und Arbeitssynthese zu überwinden. From The Senate Floor«, 25. Oktober 2001; Russell D. Feingold, Wis-
consin, United States Senate, 21. Okt. 2002; ders., 10. Dez. 2002; Russ
Andere Schriften des Autors zum Thema Feingold, United States Senator, Wisconsin, März 2003; Bill Moyers,
PBS-Television, Feb./März 2003.
– Casa Maria Catholic Worker, Mai 2000, November 2001, 26
Kevin Phillips, The Progressive (Madison, Wisconsin), September 2002.
Januar 2002 27
Noam Chomsky, »U.S. Foreign Policy: What Went Wrong«, 15th Annual
– Andreas R. Wesserle, »Bombs on Britain«, The Journal of Pledge of Resistance, MATC, 1. November 2002.
28
Historical Review, Winter 1981. Interview mit Bill Moyers am PBS-TV, Februar 2003.
29
Vgl. »„Grave responsibility before God“ Vatican warns«, »War is not
– Andreas R. Wesserle, »The New World Disorder«, The the answer, says Racine Dominican«, Catholic Herald, 20.3.2003.
Journal of Historical Review, Winter 1991-1992. 30
Vgl. Martin Caidin, A Torch To The Enemy, Ballantine Books, New York
– Andreas R. Wesserle, Geschichte der amerikanischen Aus- 1960.
31
senpolitik, 1776-2003, VGB-Verlag, Berg am Starnberger Vgl. Maximilian Czesany, Europa im Bombekrieg 1939-1945, Leopold
Stocker Verlag, Graz-Stuttgart, 1986/1998; Bundesminister für Vertrie-
See 2003.
bene, Flüchtlinge und Kriegsgeschädigte (Hg.), Der Luftkrieg über
Deutschland 1939-1945, Deutscher Taschenbuchverlag, November 1963.
Anmerkungen 32
Vgl. Richard Bernstein, »Hyper Power«; The New York Times,
1 23.3.2003; Maureen Dowd, »Perle’s Plunder Blunder«, »Week in Re-
www.diemystikerin.de/hauptseite/europa.html; view« ebd.
www.onlinekunst.de/frieden/eingang_d.html; 33
Constitution of the United States, Art. I., Section 8, 12-16.
2
Erklärung vom 12.8.1999; Adresse: 39 West 14th Street, Rom 206, New 34
Vgl. James Brooke, »Japan Fears Its Weakened Economy Is Becoming
York, NY 10011. America’s Prey«, The New York Times International, 3. Nov. 2002.
3
Yvonne Haddad, »The Islamic World And The United States«, World Af- 35
The Mobilizer, Monthly Newsletter of Peace Action-Wisconsin; 2001-1.
fairs Institute, University of Wisconsin-Milwaukee, 8.2.2002; Professorin März 2003.

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Die furchtbaren Leiden der Palästinenser
Von Georg Wiesholler

»Wer den Holocaust und Möllemanns dicta auf eine Ebene bringt, der hat das Recht verwirkt, noch für voll ge-
nommen zu werden.« – Eckhard Henscheid, Junge Freiheit, 7.6.02

In großen, fetten Lettern zitierte die t.z., eine Münchner düste eilends mit Gefolge in vorauseilendem Gehorsam nach
Abendzeitung, die künstlich entrüsteten Aufschreie Paul Düsseldorf, um sich der Empörung Spiegels anzuschließen.
Spiegels, des Zentralratsvorsitzenden der Juden in Deutsch- Heute wissen wir, daß es zwei arabische Jungen waren, die
land: In der Welt am Sonntag nannte er Möllemanns Äuße- sich an der Ermordung eines palästinensischen Buben durch
rung »die größte Beleidigung, die eine Partei in der Ge- die israelische Soldateska rächen wollten.
schichte der Bundesrepublik nach dem Holocaust ausgespro- Paul Spiegel hat es mit seinem Aufschrei nun einmal auf
chen habe.«1 Eine Partei kann nicht sprechen, er hat wohl Möllemann abgesehen, auf einen Politiker mit Einfluß, der
Jürgen Möllemann gemeint. muß weg, den will er zur Strecke bringen.
Dies war ein deftiger Schlag mit der Auschwitzkeule, eine Was hatte nun Jürgen Möllemann Schlimmes gesagt, das ein
Keule, die jeden niederstreckt, den sie trifft. Paul Spiegel solch hartes Urteil, einen solchen Bann, rechtfertigen könnte?
kürte Jürgen Möllemann zum Antisemiten. Der Ausdruck Nun, zuerst verteidigte er den Grünen-Abgeordneten Jamal
Antisemit ist ein »Killerwort, an wem es klebt, der ist ge- Karsli, der mittlerweile der FDP beigetreten ist. Dieser mein-
sellschaftlich und politisch geächtet.« (Helmut Markwort). te, wie ich auch, daß die Israelis im Kampf gegen die Palästi-
Dann erließ Spiegel noch einen Aufruf an die Anständigen in nenser »Nazimethoden« verwenden und machen können, was
der BRD:2 sie wollen, weil sie über eine »mächtige Lobby« verfügen.
»Es gehe nicht um einen Streit zwischen dem Zentralrat Diese Ansicht mit Karsli teilen viele renommierte Persön-
und Möllemann, sondern um eine Auseinandersetzung zwi- lichkeiten, auch Israelis. Monsignore Rouf Nattar, der Apo-
schen Möllemann und den Demokraten in diesem Lande. stolische Delegat, meinte schon vor mehreren Jahren:3
Dazu bedürfe es eines Aufstandes der Demokraten in die- »Er könne nicht verstehen, daß sich Juden über Hitler be-
sem Lande.« klagten, und jetzt selber gegen die Araber härter vorgehen
Hier verwechselt Paul Spiegel die Rollen. Jürgen Möllemann als damals Hitler gegen die Jude.«
stritt für die Demokratie, für das freie Wort, und Paul Spiegel »Der Geist Hitlers nehme satanisch an den israelischen
will es verbieten. Was Paul Spiegel von den Demokratie hält, Massakern gegen Araber teil«, meinte der israelische
zeigte er wieder auf dem Parteitag der CDU am 17.6.2002, Dramatiker Steiner.«4
wo er von der CDU/CSU forderte, mit der FDP keine Koali- Und der 1994 verstorbene israelische Philosoph, Theologe
und Publizist, Jeshajahu Leibowitz, der nach Rudolph Kreis
tion einzugehen, solange Möllemann stellvertretender Vorsit-
»Selbstkritik des Judentums auf höchstem Niveau« betrieb,
zender der FDP sei. schrieb:5
Nun könnte man ja zur Tagesordnung übergehen, wenn man »Wenn die Nation (in der Sprache der Nazis „die Rasse“)
weiß, daß der Zentralratsvorsitzende Spiegel verbal schneller und die nationale Staatsgewalt zu obersten Werten erhoben
schießt, als er denkt. Als die Düsseldorfer Synagoge einem werden, dann gibt es kein Halten mehr für die Taten der
Brandanschlag ausgesetzt war, schrie er auch in gekünstelter Menschen. Und genau diese Mentalität gibt es auch mitten
Empörung, bevor eine polizeiliche Ermittlung mit dem Fall unter uns. Wir verhalten uns schon so in den von uns be-
überhaupt begonnen hatte, und er wissen konnte, wer die Tä- setzten Gebieten, der West-Bank, dem Gazastreifen und im
ter wirklich waren: Libanon, wie sich die Nazis in den von ihnen besetzten Ge-
»Nun hätten die Neonazis das letzte Tabu gebrochen, jetzt bieten […] verhalten haben.«
zünden sie sogar Synagogen an.« Später wurde er noch genauer, er brachte es in einer Zeit-
Sogar der Bundeskanzler, eingeschüchtert vom Zentralrat, schrift, die für echte deutsch-jüdische Versöhnung eintrat,
auf den Punkt:6
»Die Zionisten sind nicht wie Nazis, sie sind Na-
zis.«
Was Jamal Karsli über die Macht der israelischen
Lobby sagte, bestätigen ihm amerikanische und nor-
wegische Journalisten:7
»Die Israelis können sich das erlauben [UNO-
Beschlüsse abzulehnen], weil sie wissen, daß sie in
den USA eine mächtige, gutorganisierte jüdische
Lobby haben (Richard Murphy), Nahostspezialisten
wissen, daß in der Regierung Bush Juden die Spit-
zen in der Administration einnehmen, so Paul Wol-
fowitz, Richard Perle und Douglas Feith, um nur
einige zu nennen.«
Dann sagte Möllemann noch, daß auch er mit der
Waffe in der Hand, gegen Besatzer um die Freiheit

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 329


kämpfen würde. Nicht wie kolportiert wird, daß er die Botschaft in London reagierte unmittelbar mit einem hefti-
Selbstmordattentate gutheiße. Daß die Palästinenser einen gen Protest. Auch die offizielle Stellungnahme aus Israel
Freiheitskampf führen, bezeugen u.a. die israelische Rechts- war nicht ohne Heftigkeit. Dies würde bedeuten (meinte die
anwältin Felicia Langer und der Staatssekretär Raymond Jo- Botschaft), den Terror zu rechtfertigen. […]«
hansen vom norwegischen Außenministerium, um nur zwei Frau Blair wollte diese tragischen Handlungen nicht rechtfer-
bedeutende Persönlichkeiten zu nennen. tigen. »Verstehen heißt nicht verzeihen« (to understand is not
Was war eigentlich daran auszusetzen, daß Jürgen Mölle- to condone), sagte sie einige Tage später im Fernsehen.
mann Sharons Politik hart und unverblümt attackierte und Arthur Green, Philip Lown Professor an der Jewish Brandeis
Sympathie für das geschundene palästinensische Volk zeig- Universität, meinte:11
te? Auch der Abgeordnete Karl Lamers (CDU) meinte, daß »Endlose Verzögerungen an den Kontrollpunkten, Nieder-
die Strategie Sharons den Terrorismus fördere (auch die At- reißen von Häusern, Herausreißen der (Öl)bäume, Verach-
tentate der Selbstmörder). Und Ex-Bundesarbeitsminister tung der alten Leute, und vieles andere war das tägliche
Blüm, der einmal sagte, spart bitte woanders, aber nicht bei Schicksal der Palästinenser im Laufe von 35 Jahren. Diese
den Juden (Spiegel), erklärte in einem Interview mit dem dauernden Erniedrigungen sind die unmittelbare Ursache
Stern:8 für die Wut der Selbstmordbomber, die meistens aus ehr-
»Ich kann in den Aktionen der israelischen Militärs keinen baren, von arabischer Kultur geprägten Dörfern kommen.«
Abwehrkampf gegen den Terrorismus sehen, sondern nur Ted Turner, CNN-Gründer und stellvertretender AOL-
einen hemmungslosen Vernichtungskrieg.« Aufsichtsratsvorsitzender, ist auch überzeugt, daß die palä-
Weiter sagte Blüm dem Blatt zufolge, der Vorwurf des Anti- stinensischen Selbstmordattentate die Folge der brutalen is-
semitismus werde »auch als Knüppel benutzt, um jeden Hin- raelischen Militär-Aggressionen sind.12
weis auf die Mißachtung der Menschenrechte in Israel tot- Da die Israelis mit den Selbstmordattentätern nicht fertig
zumachen«. werden, meinte nun Nathan Lewin, einer der bekanntesten
In der Times las ich auf der Titelseite mit großen Buchsta- Anwälte der USA, Professor an der George Washington
ben:9 School of Law, die Israelis hätten das Recht, die Angehöri-
»Cherie Blairs Selbsmordbomber-Dummheit. Die Frau des gen der Selbstmordattentäter zu exekutieren. »Wenn das Le-
Premierministers und Außenminister Jack Straw zeigen zur ben Unschuldiger gerettet werden könne, sei die Hinrichtung
gleichen Zeit Mitgefühl mit den jungen Bombenwerfern, als der Angehörigen legitim«, meinte dieser jüdische Gelehrte.13
19 Israelis in die Luft flogen. […] Was sie sagten: Solange Auch viele Israelis stimmen den oben Zitierten zu. Soweit ich
diese jungen Leute das Gefühl haben, ohne Hoffnung leben weiß, hat Hitler die Angehörigen der Attentäter vom 20. Juli
zu müssen, sprengen sie sich selber in die Luft (Cherie in Sippenhaft genommen. Aber er hat sie nicht hingerichtet.
Blair). Wenn junge Leute sich umbringen, können wir für Man kann doch die Deutschen nicht einfach als Antisemiten
diese jungen Leute nur ein tiefes Mitleid haben. Sie müssen und Volksverhetzer anprangern (Blüm), weil sie die Men-
an einer furchtbaren Depression leiden, weil sie sich zu schenrechtsverletzungen der Israelis mit Recht verurteilen?
solchen Handlungen verführen lassen (Jack Straw). Diese künstliche Erregung des Zentralrats der Juden in
Der Schatten-Außenminister Michael Ancram empfand Deutschland hängt wohl damit zusammen, daß man sich dort
diese Äußerungen als eine tiefe Beleidigung der Familien betroffen fühlt, weil die Verbrechen der israelischen Regie-
der Opfer. Es gibt keine noch so erklärbare Berechtigung rung gutgeheißen werden. Wer schweigt, stimmt zu! Ich habe
für diese Verbrechen der Terroristen; besonders von dieser vom Zentralrat nie kritische Äußerungen über die Greueltaten
Art, wie wir dies heute wieder in Israel gesehen haben. der Israelis gehört. Er ist das Sprachrohr der israelischen Re-
Der israelische Botschafter gab eine scharfe Erklärung ab: gierung. Dies bestätigte auch Uri Averny, Chefredakteur des
Keine politischen Sorgen oder Umstände können jemals Nachrichten-Magazins Ha’alom Ha-ze, ehemaliger Abgeord-
diese vorsätzliche auf Menschen gerichtete Attentate für neter des israelischen Parlaments, kürzlich in einem Inter-
politische Zwecke rechtfertigen. view mit der Jungen Freiheit:14
Das (brit.) Außenministerium gab folgende Stellungnahme »Der Zentralrat der Juden in Deutschland ist leider eine
ab: Sollten diese Äußerungen jemand gekränkt haben, Filiale der israelischen Botschaft in Berlin.«
dann bedauern wir dies.« Alexander Brenner, der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde
In der deutschen Presse gab es über die hier aus der Times zi- zu Berlin, nannte ihn und den Dirigenten Daniel Barenboim
tierten Äußerungen keine wochenlangen Aufschreie, wie dies Nestbeschmutzer. Evelyn Hecht-Galinski, die Tochter des
bei der Äußerung Jürgen Möllemanns der Fall war. Weder in verstorbenen Zentralratsvorsitzenden Heinz Galinski, schloß
der Süddeutschen Zeitung, noch im Münchner Merkur, noch sich auch dieser „Nestbeschmutzung“ in einem Leserbrief in
im Berliner Tageblatt, noch in der Frankfurter Allgemeinen, der Süddeutschen Zeitung (21.6.02), an:
natürlich auch nicht in der Israel verbundenen Welt. »Solange sich der Zentralrat als diplomatische Vertretung
Ausländische Kritik an den Greueltaten der Israelis soll na- Israels aufführt, ist wohl jegliche Objektivität zu vermis-
türlich verheimlicht werden. Man will sie den Bürgern in der sen.«
BRD vorenthalten, sonst könnten sie auf den Gedanken Dies kann man auch von den israelitischen Kultusgemeinden
kommen, an Israel keine Tribute mehr zu entrichten. sagen. Johann Hatz, Präsident des Wiener Landtages, Sozial-
Aber die norwegische Tageszeitung Aftenposten fand es demokrat, hatte die Einladung zu einem Ball einer israeli-
schon nötig, darüber zu berichten (siehe Anhang!); auch im schen Wohltätigkeitsorganisation mit den Worten abgelehnt,
Fettdruck, um nur ein Beispiel aus dem Ausland zu neh- er könne angesichts einer »israelischen Schandregierung«
men:10 und ihres »Staatsterroristen Sharon« beim besten Willen
»Die Frau des britischen Premierministers säte mit ihrer nicht zum Feiern kommen. Der Präsident der Israelitischen
Äußerung über die palästinensischen Selbstmordbomber Kultusgemeinde, Ariel Muzikant, drohte mit einer Anzeige
politischen und diplomatischen Sturm. […] Die israelische wegen »nationalsozialistischer Wiederbetätigung«, wenn er

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seine Äußerung nicht zurücknähme. So leicht wird man nicht Volk erhalten und zu einer freiheitlichen Volksgemein-
nur ein Antisemit, sogar auch ein Neonazi! schaft führen wollen. In Ihrer Begriffswelt sind sie [die
Der Oberrabbiner von Wien, Moishe Arye Friedman, dürfte deutschen Patrioten] Diener des Bösen. So – und nicht an-
dem Ariel Muzikant nicht zugestimmt haben. In einem Ge- ders – beschreiben Sie die heutigen „Nazis“. Sie wissen
spräch mit dem National-Zeitungs-Herausgeber Dr. Gerhard natürlich, daß eine servile Presse ihren Bannfluch vielfältig
Frey sagte er:15 aufgreift und zu einem sinnesbetäubenden Echo verstärkt.
»Was heute als Antisemitismus bezeichnet wird, kommt in Das muß für die Juden in Deutschland schlimme Folgen ha-
Wahrheit von den Zionisten[…] Die Zionisten sollten sich ben, denn diese werden dadurch von den Deutschen, die es
mit ihren eigenen Verbrechen befassen.« noch sein wollen, als Feinde wahrgenommen.«18
Daher schoß sich auch der Zentralratsvize, Michel Friedman, Hier wäre bei den Zentralratsjuden weniger Pathos, weniger
der „Fernsehkasperl“,16 der sich als die höchste moralische Entrüstung angebracht. Warum müssen diese Herren gleich
Oberinstanz, sozusagen als Censor Germaniae in der BRD die große Keule schwingen? Die wetzt sich doch ab. Der
betrachtet, auf Jürgen Möllemann ein. In gemimter Empö- Unmut Möllemanns richtete sich doch nicht gegen die Juden,
rung griff auch er zur Auschwitzkeule und schimpfte Mölle- sondern vor allem gegen den arroganten Friedman.
mann einen Antisemiten. Wohl wissend, daß das Stigma An- Daß Friedman nicht nur arrogant, sondern auch gehässig ist
tisemit in der BRD, wie schon Markwort erwähnt, das Ende und einer Schelte bedarf, zeigte die Art, wie dieser „Polit-
jeglicher respektablen politischen Karriere bedeuten kann. christ“, dem die Erlöserkirche in München kürzlich die Kan-
»In solchen Momenten lehnt sich in Deutschland die ganze zel zur Verfügung stellte, das Heiligste der christlichen Reli-
Öffentlichkeit über den Brustkorb des Delinquenten, um in gion, das Kreuz, verächtlich in den Schmutz zog:19
den Atemzügen nach verdächtigen antisemitischen Ne- »Jesus, ein Menschenopfer – kann eine solche Religion mit
bengeräuschen zu horchen« (Der Spiegel). einem solchen Symbol verbunden sein wollen? In der jüdi-
So wurde der Streit zwischen Jürgen Möllemann und Friedman schen Religion darf es keine Menschenopfer geben, denn
zur Zufriedenheit des Zentralrats in der BRD zu einer „Anti- das höchste Gut ist der Mensch selbst, […] Eine Religion,
semitismusdebatte“ in allen Medien wochenlang hochstilisiert. die aus einem Gewaltakt ihre Identität bezieht, muß sich
Mit Recht fühlte Jürgen Möllemann sich daher beleidigt: fragen lassen, welches Menschenbild sie prägt.«
»Ich fürchte, dass kaum jemand den Antisemiten, die es in Er forderte dann noch: »Holt Jesus vom Kreuz.« Friedman
Deutschland leider gibt, mehr Zulauf verschafft als Herr wäre zu empfehlen gewesen, die Evangelien zu lesen, bevor
Sharon und in Deutschland Herr Friedman mit seiner into- er der CDU; dann hätte er nicht so blöde dahergeredet. Es
leranten und gehässigen Art.« war doch der jüdische Pöbel, aufgehetzt vom jüdischen Ho-
Deswegen also wurde Jürgen Möllemann als Antisemit be- hepriester Kaiphas, der damals diesen »Gewaltakt« von Pon-
zeichnet! Dazu äußerte sich Professor Dr. Fritz Süllwold in tius Pilatus forderte, Jesus zu kreuzigen, weil er sich weiger-
der FAZ:17 te, die jüdische Lehre anzuerkennen.
»Laut Pressemitteilung hat er aber nur eine Art Hypothese Weiß denn der Jude Friedman nicht, daß es die jüdische Re-
geäußert[…] Eine solche Aussage, die sich nicht auf Juden ligion ist, die aus einem Gewaltakt, aus einem Massaker an
insgesamt bezieht, sondern nur auf konkrete Verhaltens- ganz unschuldigen Kindern, ihre Identität bezieht und dies
weisen zweier namentlich genannter Personen ist ein Pro- dazu noch jährlich groß feiert?
blem der empirischen Sozialwissenschaften. Dementspre- »Denn ich will in der selben Nacht durch Ägyptenland ge-
chend muß überprüft werden, ob der von Möllemann ver- hen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland unter
mutete spezielle Kausalzusammenhang wirklich existiert. Mensch und Vieh.« (2 Mose 12)
[…] Aus der durchaus begründeten persönlichen Ausein- Bei dem von Paul Spiegel angeordneten „Aufstand der De-
andersetzung zwischen einem Nichtjuden und einer Person mokraten“ (wo nur 300 teilnahmen), führte Frau Susanne
jüdischer Herkunft kann nicht auf eine grundsätzliche und Thaler, Mitglied der jüdischen Gemeinde in Berlin und Dah-
generalisierte Judenfeindschaft des Nichtjuden geschlossen lemer FDP-Ortsverbandsvorsitzende, ein unglaublich phanta-
werden. Eine solche Schlußfolgerung wäre sachlogisch stisches Argument gegen die FDP ins Feld: Sie werde die
unhaltbar und nicht die Argumentationsweise intelligenter FDP verlassen, Möllemann bedrohe sie. Das Projekt 18 ste-
Menschen.« he, meinte sie, für den ersten und den achten Buchstaben des
Hat sich nicht auch die kürzlich verstorbene Grande Dame Alphabets, für A und H, für Adolf Hitler.
der deutschen Publizistik, Marion Gräfin Dönhoff,
die Mitbegründerin der liberalen Wochenzeitung Die
Zeit, ähnlich geäußert? Sie meinte, Daniel Goldhagen
fördere mit seinem Geschichtsbuch Hitlers willige
Vollstrecker den Antisemitismus. Goldhagen schrieb,
daß die Deutschen schon von Geburt her ein Volk
von Mördern und Folterknechten seien.
Da Rudolf Augstein einmal glaubte, daß die massive
Einwanderung russischer Juden in die BRD den Anti-
semitismus fördern könnte, wurde auch er von Heinz
Galinski als Antisemit beschimpft.
»Als einer der bekanntesten Repräsentanten der
Judenheit in Deutschland [Friedman] schüren Sie
Feindschaft zwischen dem deutschen Volk und den
Juden, indem Sie mit Ihrem Wirken in der Öffent-
lichkeit Haß gegen jene predigen, die das deutsche

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Diese Warnung Möllemanns an den Zentralrat der Juden, daß Privilegien unbegrenzter Einreise von Juden aus den GUS-
Juden wie Sharon und Friedman zum Antisemitismus beitra- Staaten] die Keimzelle eines neuen Antisemitismus bilden
gen könnten, ist doch nicht von der Hand zu weisen, dies ist könnte.«
doch nichts Einzigartiges in der deutschen Geschichte. Lud- Daher meine auch ich, sollen gewisse Juden nicht so vorlaut
wig Thoma warnte die Juden in Deutschland in den zwanzi- sein, sondern mehr in sich gehen.
ger Jahren und der Ex-Reichskanzler Brüning 1937 die Zio- Außerdem wurde Jürgen Möllemann zum Vorwurf gemacht,
nisten in Amerika. Ludwig Thoma lebte mit einer Jüdin zu- einseitige Kritik gegenüber Israel ausgeübt zu haben. Wenn
sammen, so daß man ihn nicht in die antisemitische Ecke jemand einseitig gegenüber Israel ist, dann sind es die Damen
stellen kann, wie es mit Jürgen Möllemann versucht wurde. und Herren vom Zentralrat, die Sprachrohre Sharons. Vor ei-
Sicherlich auch nicht Ex-Reichskanzler Brüning:20 niger Zeit fand in Frankfurt vor der Paulskirche eine prois-
»Wer mit Bedauern oder, wenn er selbst Jude ist, mit Sorge raelische Demonstration statt. Auf mitgeführten Transparen-
das Anwachsen der antisemitischen Stimmung gerade in ten konnte man lesen: »Sharon, go on, don’t stop!« (Weiter
der akademischen Jugend, der Zukunft Deutschlands, sieht, so, Sharon, nicht aufhören). Und der Zentralratsvorsitzende
der lege sich Rechenschaft ab über die große Schuld, wel- belehrte uns:
che die jüdische Presse an dieser Erscheinung trifft. Das »Terror ist Mord. In Israel ist Terror eine bekannte Größe
[jüdische] „Berliner Tageblatt“ züchtet an einem Tag mehr und nicht erst seit der Intifada.«
Antisemitismus als die Hakenkreuze an jeder Straßenecke.« Das Vorgehen Israels sei nur die Folge des Terrors der palä-
Wenn die Zionisten in Amerika gegen das nationalsozialisti- stinensischen Selbsmordattentäter. Diese seien die Ursache,
sche Regime so weiter hetzten und verleumdeten, »sehe ich Israel verteidige sich nur. Man dürfe Ursache und Folgen
in diesem Falle das größte Unglück für das Judentum in der nicht verwechseln.
ganzen Welt voraus.«21 Kein Wort über den brutalen Terror der israelischen Regie-
Diese Warnungen wurden in den Wind geschlagen – und so rung. In unglaublicher Weise verdrehte dieser Herr Spiegel
kam es, wie es kommen mußte. Statt die Warnung Mölle- Ursache und Folgen. Gegenüber uns Deutschen konnte er
manns ernst zu nehmen, schlug man ihn mit der Antisemitis- einfach behaupten, daß die Palästinenser die Terroristen, die
mus-Keule und brachte ihn zu Fall. Mörder seien, und die Israelis die armen, unschuldigen Op-
Daß Juden Deutschland dauernd durch ihre aggressive, arro- fer.
gante Sprache als das »Land der Judenmörder« bezeichnen, Bei der Demonstration »Gegen Terror und Antisemitismus«
hat zur heutigen Entfremdung geführt (man mag es auch An- auf dem Odeonsplatz in München konnte Frau Knobloch sich
tisemitismus nennen), was auch Ignatz Bubis am Ende seines nicht genugtun, die Grausamkeiten des palästinensischen
Lebens zugeben mußte. Dazu trägt auch der Zentralratsvize Terrors hervorzuheben. Auf die Ursachen dieses Terrors ist
Friedman mit Worten wie den folgenden bei:22 sie nicht eingegangen, und den Terror des israelischen Regi-
»Versöhnung ist ein absolut sinnloser Begriff. […] Die Er- mes hat sie überhaupt nicht erwähnt. Jerzy Montag, der jüdi-
ben des judenmordenden Staates bieten den Opfern und sche Landesvorsitzende der Grünen, der sich erlaubte, auf die
Nachkommen der Opfer Versöhnung an und sind erbittert, völkerrechtswidrigen Methoden der israelischen Besat-
wenn dieses Wort zurückgewiesen wird. Es kommt ihnen in zungsmacht hinzuweisen, »erntete wütende Buhrufe«
Wirklichkeit gar nichts anderes zu, als die schwere, histo- (Münchner Merkur).
rische Verantwortung auf sich zu nehmen, für immer.«. Hier wurde die ganze Demonstration (von rund 500 Zu-
Diese Deutschenhetze von einem führenden Juden in der schauern, nicht 2000, wie die Veranstalter selber angeben)
BRD kann nur im Antisemitismus enden! gegen einen nicht existenten Antisemitismus mißbraucht.
Der Soziologie-Professor Alphons Silbermann stellte fest:23 Da sollen sich die Israelis ein Beispiel an der Regierung in
»Überhaupt sollte nicht übersehen werden, daß die von Sri Lanka nehmen. Die Tamilen lagen an der Spitze mit
den Juden erfahrenen Leiden, ob physischer, existentieller Selbstmordattentaten (168 gegenüber 105 palästinensischen).
oder geistiger Art, oft einem Eigenverschulden entspran- Die neue Regierung in Colombo hatte den Mut zu sagen, daß
gen.« die LTTE keine Terroristen, sondern primär Freiheitskämpfer
Auch die Jüdin Frau Jelena Bonner, die Witwe des jüdischen sind, und hob das Verbot dieser Organisation auf, verhandel-
Dissidenten Sacharow, sagte, »die Juden sind es selber, die te mit ihnen und schloß am 22.2.2002 einen Waffenstillstand,
den Antisemitismus verdichten.«24 Vor einiger Zeit schrieb der bis heute gehalten hat.25 Die israelische Regierung hat
Rabbi Chaim Naphtalin, Oberhaupt der israelischen Gemein- nicht den Mut (wahrscheinlich gar nicht die Lust), mit den
de in Konstanz: Palästinensern zu verhandeln, um einen Frieden zu schließen.
»Ich habe die brennende Sorge, daß sich damit [jüdische Wer wagt schon, Spiegel zu widersprechen? Wer dies tut, ist
unweigerlich, wie wir gesehen haben, ein Antisemit, ein
Ewiggestriger. Franziska Augstein schrieb in der Süddeut-
schen, daß wir Deutschen kein Recht haben, Israel zu kritisie-
ren, und auch kein Recht, israelisch-kritische Juden zu zitieren.
Das Zentralratsmitglied der Juden, Salomon Korn, meinte
auch, so in der Frankfurter Allgemeinen: Deutsche seien zu
Kritik an Israel weniger berechtigt, weil diese wegen der in
der jüngeren deutschen Geschichte an Juden begangene
Greueltaten zu einer Umkehr des »moralischen Gefälles«
zwischen Juden und Nichtjuden führe und dies in den Untie-
fen des Antisemitismus enden müsse.
Dies war wieder die „Auschwitzkeule“, die immer ge-
schwungen wird, wenn Juden die wirklichen Argumente feh-

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len und wenn Deutsche meinen, daß Juden auch Täter und Vertrag von 1916 teilten Briten und Franzosen das zu erwar-
Verbrecher sein können und nicht nur Opfer. Somit sollen tende türkische Erbe unter sich auf. Daher die heutigen un-
nach Korn auch die Enkel des „Tätervolkes“ die Juden scho- lösbaren Probleme.
nen. Ihnen soll bewußt bleiben, daß sie immer noch im „Land Die Zionisten in Amerika – vor allem die Gazetten und die
der Judenmörder“ leben. Wegen Auschwitz sind die Deut- Filmgesellschaften, die sich in ihren Händen befanden (Po-
schen die Geisel der Juden; und sollen dies für ewig bleiben! tocki) und heute noch befinden – taten dann alles, damit sich
Sie müssen zu den brutalsten Greueltaten der Israeli nicht nur die USA am Krieg gegen Deutschland beteiligten, und
schweigen, sondern diese Verbrechen auch noch moralisch, Deutschland den Krieg verlöre. Auch aus Deutschland gebür-
militärisch und finanziell unterstützen. »Er vermisse [in der tige Juden nahmen an dieser Hetze teil. So schuf Carl
BRD] die Solidarität mit Israel«, meinte Paul Spiegel. »Der Laemmle, der Besitzer der Filmgesellschaft Universal Pictu-
Holocaust sei die Initialzündung für die Gründung Israels res, so einen Hetzfilm: Ein deutscher Offizier in Belgien,
gewesen. Daher«, meinte er, »müssen die Deutschen die Exi- dargestellt von dem Hochstapler Erich Stroheim (Hochstap-
stenz Israels sicherstellen.« ler, weil er sich das Adelsprädikat „von“ zulegte), riß einer
Heute behaupten die Zentraljuden immer wieder, man dürfe Amme das Kind aus den Armen und warf es auf den Boden.
Israel kritisieren, ohne als Antisemit beschimpft zu werden. Der Frau riß er die Kleider vom Leib und warf sie auf ein
Als vor längerer Zeit einige beherzte Jungsozialisten ver- Bett. Da der Geschlechtsakt durch das Schreien des Kindes
suchten, im Münchner Rathaus durch ihre Ausstellung gestört wurde, stieg er von der Frau herunter, warf das Kind
»Blickpunkt Orient – Alltagsszenen aus Palästina«, ein ande- zum Fenster hinaus und setzte dann den Geschlechtsakt fort.
res Bild über Palästina zu erbringen, lief Frau Knobloch, die Diesen Film sah ich im Soldatenheim in Narvik mit den ent-
Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde und Vor- sprechenden Kommentaren.
standsmitglied des Zentralrats, sofort zum Oberbürgermeister Diese jüdische Hetze in Amerika ergab den Nährboden für
Ude und protestierte. Sie bezeichnete diese Ausstellung als den Antisemitismus nach dem Ersten Weltkrieg in Deutsch-
»antisemitisch« und »zur Volksverhetzung beitragend«, und land. Der Antisemitismus während der Kaiserzeit war unbe-
der feige Demokrat(?) Ude untersagte(!) diese Ausstellung.26 deutend. Adolf Hitler sprang dann auf diese antisemitische
Daß Kritik an Israel antisemitisch sei, bestätigte uns auch der Welle und hatte damit die ersten Erfolge.
israelitische Schriftsteller Ephraim Kishon:27 Die Gefühle der Palästinenser (und übrigens auch die Gefüh-
»Ich bin Jude, nationalistisch, extremistisch, chauvini- le der deutschen patriotischen Juden) spielten für diese Her-
stisch, militaristisch. Und wem das nicht gefällt, der ren Zionisten überhaupt keine Rolle. Da die Briten sich Palä-
braucht meine Bücher nicht zu lesen. […] Wer antiisrae- stina vom Völkerbund als Mandatsgebiet zuteilen ließen, ge-
lisch eingestellt ist, ist ein Antisemit. Das ist der alte zwei- statteten sie Juden die Einwanderung.
tausendjährige Schlüssel.« Der Zionist Asher Ginsburg, ein Zeitgenosse Herzls, der sich
Wir Deutschen leben also in bezug auf Israel, wie seinerzeit unter dem Namen Ahad Haam in Palästina niedergelassen
die DDR-Bürger im Tal der Ahnungslosen. Wir sollen über hatte, schrieb:
die Verbrechen der Israelis in Palästina nichts erfahren. Da- »Natürlich war es weltweit bekannt, daß Palästina zu kei-
her ist eine Aufklärung über die Entstehung Israels und die ner Zeit eine unbewohnte Wüste war. […] Wir neigen dazu
politischen Hintergründe wirklich vonnöten. Daher ein kur- zu glauben, daß Palästina nahezu unbewohnt ist. Das ist in
zer Abriß über die Geschichte Israels:28 Wirklichkeit nicht der Fall. Es ist schwierig, in diesem ara-
»Die britische Regierung war inmitten militärischer Krisen bischen Land Grundbesitz zu finden, der brach liegt. Wir
zu dem Schluß gelangt, daß jüdische Sympathien [vor al- müssen die dortige Bevölkerung mit Respekt behandeln.
lem in den USA] für den Sieg der Alliierten von Bedeutung Aber was tun unsere Brüder in Israel? Genau das Gegen-
seien. Die zionistischen Führer gaben uns das Verspre- teil. Auf Dauer wird diese Behandlung der Araber nur Ra-
chen, sie würden, falls die Alliierten eine Möglichkeit sa- che und Vergeltung nach sich ziehen.«
hen, für die Juden eine nationale Heimstatt in Palästina zu Der Münchner Rabbiner Steven Langnas behauptete dagegen
eröffnen, ihr Bestes tun, um die jüdischen Gefühle in der vor dem renommierten Peutinger-Collegium in München:31
Welt für die alliierte Sache zu wecken.« »Die Israelis haben ein historisches und moralisches Recht
»Mit Wohlwollen«, schrieb der britische Außenminister Bal- auf ihr Land. Für uns ist Israel das versprochene Land.
four dann an Bankier Rothschild, »betrachtet die Regierung Viele Siedlungen liegen an Orten, die eine religiöse Bedeu-
seiner Majestät die Errichtung einer nationalen Heimstätte tung für die Juden haben· [auch für die Christen und Mos-
für das jüdische Volk in Palästina.« lems]. Die jüdischen Einwanderer in das damals unter bri-
Wenig erwähnt wird, daß in der Balfour-Erklärung steht, tischem Mandat stehenden Palästina haben das Land er-
»nichts darf getan werden, was die zivilen und religiösen worben, oft zu hohen Preisen gekauft und nicht besetzt und
Rechte der bestehenden nichtjüdischen Gemeinschaften in gestohlen.«
Palästina beeinträchtigt.«29 Woher nehmt sich dieser Rabbiner das »historische und mo-
Auch Dagens Nyheter bestätigte in einem Artikel die Fest- ralische Recht« auf dieses Land und das Recht, die dort seit
stellung Lloyd Georges:30 zweitausend Jahren wohnenden Einwohner, die Palästinen-
»Zum Durchbruch kam es 1917 [also nicht erst nach Au- ser, einfach zu vertreiben?
schwitz, wie Spiegel meint], als der britische Außenmini- Außerdem verschweigt Rabbiner Langnas seinen Zuhörern,
ster Balfour zum Dank für die militärischen Einsätze der daß die palästinensischen Landarbeiter von diesem Land, das
Zionisten während des Ersten Weltkrieges den Juden ein die Jewish Agency kaufte, vertrieben und ihrem Schicksal
nationale Heimstätte in Palästina versprach.« überlassen wurden und ihr Leben dann kümmerlich fristen
Hier ist es angebracht zu erwähnen, daß die Briten zuerst Pa- mußten.32
lästina den Arabern versprochen haben, damit diese für sie Der verstorbene Judenführer Nahum Goldmann erinnerte die
gegen die Türken kämpften, und schon im Sykes-Picot- Zionisten daran:33

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»Wir dürfen nicht vergessen, daß wir politisch die Aggres- Dann sprengten sie, um nur ein Beispiel zu nennen, das Hotel
soren sind, und die Palästinenser sich verteidigen. Das King David, wo auch das Hauptquartier der Briten unterge-
Land gehört ihnen, denn sie wohnen darin.« bracht war, wobei über 100 Personen umkamen, auch Frauen
Der schon oben zitierte israelische Philosoph und Theologe und Kinder. Ben Gurion drohte den Briten,37 jeden Soldaten,
Jeshajahu Leibowitz schrieb:34 den sie gefangennehmen konnten, aufzuhängen, falls sie
»Der Tanach [Abkürzung für Tora, Propheten und Schrif- nicht Palästina den Juden überlassen würden. Zwei waren be-
ten] gibt keinerlei Basis für die Gründung des heutigen reits umgebracht worden. Auch Nahum Goldmann drohte
Staates Israel ab. Der Staat Israel existiert, weil wir Juden den Briten mit Terror und der Auschwitzkeule, falls sie der
die Existenz dieses Staates wollen, weil wir die nationale Gründung eines israelischen Staates nicht bald zustimmen
und politische Unabhängigkeit des jüdischen Volkes in sei- würden:38
nem Land wollen. Die Gründung des Staates Israel und »Ich habe ihm geschildert [dem britischen Vertreter], in
seine Existenz lassen sich nicht aus dem Tanach ableiten.« welcher Zwangslage er sich befände, wenn sich der Terro-
Der oben schon zitierte Wiener Oberrabbiner sagte im Ge- rismus in Israel ausbreiten würde. Aber für Sie wäre es
spräch mit Dr. Frey:35 schlimmer. Wenn Begin und seine Freunde der Irgun die
»Der ganze Staat Israel widerspricht dem Gebot Gottes, Macht übernehmen, werden Moshe Sharett, Weizmann und
der uns befohlen hat, auf keinen Fall nach Israel zu gehen ich zurücktreten. Aber dennoch wird der Terror herrschen:
und sicher nicht mit Macht und Waffengewalt. […] Juden werden Engländer umbringen […] und Engländer
Die Gründung Israels beruht nicht auf Logik. Sie hat keine Juden, zwei Jahre nach Auschwitz.«
normale Legitimation. Da ist weder in ihrer Gründung Die Briten gaben dem Terror nach, entzogen sich ihrer Ver-
noch in ihrem gegenwärtigen Ausmaß irgendeine ersichtli- antwortung und setzten, um ihr Gesicht zu wahren, die Peel-
che Gerechtigkeit zu sehen – obgleich eine äußere Not und Kommission ein. Diese stellte lapidar fest, was schon früher
eine wunderbare Erfüllung vorgelegen haben mögen.« bekannt war, nämlich daß die Balfour-Deklaration völker-
David Ben Gurion, der erste israelische Ministerpräsident, rechtswidrig und auch mit dem Selbstbestimmungsrecht der
gab in einem Gespräch mit Nahum Goldmann, dem Vorsit- UNO unvereinbar war. Somit überließen die Briten ihr Man-
zenden des World Jewish Congress, zu, daß die Israelis das dat der UNO.
Land gestohlen haben:36 Die jüdischen Terrorbanden Stern und Irgun begannen nun
»Wieso sollten die Araber Frieden schließen? Wenn ich ein die Palästinenser mit Massakern zu terrorisieren, um sie zu
arabischer Führer wäre, ich würde nie ein solches Ab- vertreiben. Um nur eines der bekanntesten Beispiele zu neh-
kommen mit Israel unterzeichnen. Das ist doch ganz nor- men, überfielen jüdische Terroristen der Gruppe Lechi und
mal: wir haben ihr Land genommen. Sicher, Gott hat es Irgun eines der bekanntesten, am 9.4.1948 das Dorf Deir
uns versprochen, aber wie kann sie das interessieren? Un- Yassin und metzelten an die 300 Einwohner nieder, auch
ser Gott ist nicht der ihre. Wir stammen zwar aus Israel, Frauen und Kinder. Der Irgun-Anführer Benzion Cohen gab
das stimmt, aber das war vor zweitausend Jahren. Inwie- zu, daß sie vorher ausgemacht hatten, alle, die Widerstand
fern betrifft sie das? Es gab den „Antisemitismus“, die Na- leisteten – was heißt bei Israelis schon Widerstand? – zu tö-
zis, Hitler und Auschwitz, aber war das ihre Schuld? Sie ten, ganz gleich ob es alte Menschen oder Frauen und Kinder
sehen nur eins: wir sind gekommen und haben ihr Land waren.39
geraubt.« Die UNO beschloß – wider das Völkerrecht (so Prof. Dr.
Daher kam es schon 1929 zum Aufstand gegen die Briten Hans Köchler, Innsbruck) – eine Teilung Palästinas, ohne mit
und die Juden, der brutal niedergeschlagen wurde. Ein weite- den Einwohnern zu verhandeln oder abstimmen zu lassen. Im
rer Aufstand dauerte von 1936 bis 1939. Erst 1939 untersag- Mai 1948 erklärten sich die Zionisten zu den Herren Palästi-
ten die Briten aufgrund des Krieges den Landverkauf und nas, ohne sich vorher mit den Palästinensern über Grenzen
begrenzten die Einwanderung von Juden, und hielten diese und andere Probleme abgesprochen zu haben. Obwohl 1947
Politik auch noch nach dem Kriege aufrecht. Damit waren in Palästina 1,2 Millionen Palästinenser wohnten, aber nur
die Zionisten nicht zufrieden und begannen, die Briten zu ter- 630 000 Juden, erhielten die Juden den größten Teil des Lan-
rorisieren und aus Palästina hinauszubomben. Mitglieder der des. Vier Fünftel des Landes rissen sie an sich und nach dem
Stern-Bande ermordeten den britischen Gouverneur im Na- Sechstagekrieg alles. Beim Krieg nach der Staatsgründung
hen Osten, Lord Moyne, zusammen mit seinem Chauffeur. wurden fast eine Million Palästinenser in einer groß ange-
legten ethnischen Säuberung vertrieben. »418 Städte
und Dörfer wurden dem Erdboden gleich gemacht.«40
Die israelische Regierung behauptete immer wieder,
sie wolle diese Gebiete nur verwalten und nach einem
Friedensvertrag, den sie immer wieder hinausgescho-
ben hat, wieder verlassen.
Zu Nahum Goldmann, der mit den Arabern vor der
Staatsgründung verhandeln wollte, sagte Ben Gurion:41
»Aber bei den Arabern, diesen Barbaren, nützen al-
le deine Talente [Verhandlungseigenschaften] gar
nichts. […] Sie verstehen nur die harte Tour, und
diese eiserne Faust habe eben ich, nicht du.«
Diese »eiserne Faust« löste, wie wir wissen, das Pro-
blem bis heute nicht. Die UNO sandte damals den
schwedischen Grafen Folke Bernadotte, der am Ende
des Krieges Tausenden von Juden in den Konzentra-

334 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


tionslagern Bergen-Belsen und Neuengamme das Leben ret- Auf einer Veranstaltung des Deutsch-Palästinensischen
tete, nach Israel, um zu schlichten. Er wurde von israelischen Freundschaftskreises in Düsseldorf erzählte Frau Langer in
Staatsterroristen ermordet. Nach diesen Mördern hat man ihrem Vortrag am 24.5.2002 mit erschütterten Worten, daß
nicht einmal gefahndet, und diese laufen heute noch frei her- Sharon aus dem Blut der Selbstmordattentäter politisches
um und brüsten sich im israelischen Fernsehen ihrer feigen Kapital schlage. »Aber warum sind Menschen bereit zu ster-
Tat. Sie wurden nicht nach Schweden ausgeliefert. Der ben? Woher kommt diese neue Beziehung zum Tod?« Sharon
schwedischen Kriminalpolizei verweigerte man die Einreise. sei es gelungen, eine neue Generation von Selbstmordatten-
Aber von Arafat fordert Sharon, die Mörder des rassistischen tätern heranzuzüchten. Sharon habe sich zum Ziel gesetzt die
Ministers Seevi an die Israelis auszuliefern. Einer der Mörder „Infrastruktur des Terrors“ zu bekämpfen, zerstöre aber die
von Graf Bernadotte war Shamir.42 Er wurde dann noch mit „Infrastruktur des Lebens“.48
Kenntnis der Wähler zum Ministerpräsidenten gewählt, wie Niemand in der Welt kümmerte sich um diese armen, vertrie-
Begin, der Schlächter von Deir Yassin. benen Flüchtlinge. Die Welt schaut ungerührt zu – wie auch
»Israel wollte in der Vergangenheit keinen Frieden, und damals bei der Vertreibung der Deutschen. Die vielen UNO-
will auch heute keinen Frieden, sondern ist allein an der Resolutionen, Israel möge die „Westbank“ räumen und den
Aufrechterhaltung der Herrschaft über die besetzten Ge- Flüchtlingen die Rückkehr ermöglichen, wurden überhaupt
biete interessiert.«43 nicht beachtet, im Gegenteil. Shamir verhöhnte die UNO, in-
Ben-Zion Dinur, Israels erster Erziehungsminister, ein dem er sagte, diese Resolutionen würden in den Archiven
furchtbarer Rassist, schrieb 1954 in der Einleitung zu seinem verstauben wie alle früheren.49
Buch History of Haganah: Obwohl US-Präsident George W. Bush Sharon mehrmals
»In unserem Land gibt es nur Platz für Juden. Wir sollten aufgefordert hat, seine Truppen unverzüglich aus den palästi-
den Arabern sagen: Haut ab von hier. Und wenn sie dem nensischen Autonomiegebieten zurückzuziehen, setzte Sha-
Aufruf nicht folgen und Widerstand leisten, werden wir sie ron seine militärische Aggression ostentativ fort, womit er
mit Gewalt hinaustreiben.« den Präsidenten bloßstellte, zum Hilfssheriff degradierte. Er
Ist dies nicht die Sprache des Stürmers? erlaubte sich auch, die UNO zu verhöhnen, indem er einer
Dies ist der Dank dafür, daß islamische Länder seinerzeit die UNO-Kommission die Erlaubnis verweigerte, die Angaben
von der katholischen Regierung in Spanien verjagten Juden von Massaker in der Flüchtlings-Stadt Dschenin zu überprü-
aufgenommen haben. fen.
»Wir kamen und haben die dort ansässigen Araber in elen- Warum ist Israel der einzige Staat, der – von der Völkerge-
dige Flüchtlinge verwandelt. Und trotzdem wagen wir meinschaft ungestraft – so gut wie alle ihn betreffenden Re-
noch, sie zu verleumden und ihren Namen mit Schmutz zu solutionen der UNO ignorieren darf, während andere Staaten
bewerfen. Statt zutiefst beschämt zu sein, über das, was wir zu deren Durchsetzung mit Krieg überzogen werden?
getan haben und einen kleinen Teil von dem, was wir ver- So hat man dem Irak angeblich deshalb den Krieg erklärt,
brochen haben, wieder gut zu machen, rechtfertigen wir weil Saddam Hussein sich weigerte, der UNO-Resolution
unsere scheußlichen Handlungen und versuchen sogar nachzukommen, Kuwait zu räumen. Und weil er sich weiger-
noch, dieses Verbrechen zu glorifizieren.«44 te, sein Land von einer UNO-Kommission weiter kontrollie-
Im Mai 1967 zählte die UNRWA (eine Organisation der ren zu lassen, wurde der Irak weiter bombardiert, bekriegt
UNO) 1.345.000 Flüchtlinge in den Lagern; heute sind es so- und besetzt.
gar über 3 Millionen. Sie vegetieren in Zelten, Blechhütten Warum also verfährt man nicht ebenso mit Israel? Ganz ein-
und Baracken gleich Gettos und hoffen, in ihre Heimat zu- fach, weil die Israelis auf die Außenpolitik der USA großen
rückkehren zu dürfen. Einfluß haben. Ganz einfach, weil die Israelis auf die Außen-
Zwanzig Jahre später45 politik der USA großen Einfluß haben.
»Der Gaza-Streifen ist tatsächlich ein Vorhof zur Hölle »Mitglieder des Kongresses, ob Demokraten oder Republi-
und eine Brutstätte der Verzweiflung. 600.000 Araber le- kaner, sind zum erheblichen Teil von jüdischen Verbänden
ben zusammengepfercht in einem Terrain von 50 Kilometer für Wahlkampfspenden und andere Dienste abhängig und
Länge und 8 Kilometer Breite. In bezug auf die Bevölke- können somit auf die Politik in Israel nicht einwirken.«50
rungsdichte steht der Gaza-Streifen an erster Stelle, wirt- »Laß mich eines ganz klar machen. Über amerikanischen
schaftlich ist er indes Anwärter auf den Elends-Rekord. Als Druck brauchst du dir keine Sorgen zu machen. Wir, die
jüdische Heimstätte ist Israel weiterhin erfolgreich, als Be- Juden, kontrollieren Amerika, und die Amerikaner wissen
satzungsmacht erntet es keine Lorbeeren.« das.«51
In Ain el Hilweh bei Sidon leben heute 40.000 Vertriebene in Wie wäre es sonst zu verstehen, daß Sharon sich weigern
Schmutz und größter Armut. Der Gazastreifen ist ein über- konnte, der Aufforderung von Präsident Bush Folge zu lei-
fülltes Gefängnis mit Meeresblick, das die dort lebenden In- sten?
sassen nur mit Genehmigung Israels verlassen dürfen.46 Frau Maischberger sagte in einem Interview mit Burkhard
Die israelische Rechtanwältin Frau Felicia Langer, eine aus Hirsch u.a., daß Karslis Äußerungen, die jüdische Lobby be-
Polen stammende Jüdin, Trägerin des alternativen Friedens- stimme die Politik in den USA, »klar ein antisemitischer To-
nobelpreises Right Livlihood Award schrieb:47 pos«, daher »unerträglich sei«.52
»Krankenhäuser wurden konfisziert und in Gefängnisse Sind die oben zitierten Personen Richard Murphy, der Re-
verwandelt, Tausende von Häusern niedergewalzt oder in dakteur der Aftenposten, und Professor Levan auch Antisemi-
die Luft gesprengt. Die Zahl derer, die den Schüssen zum ten? Darf man heute in der BRD nicht mehr sagen, was man
Opfer fallen, wächst und wächst. Ja, sie haben sogar Men- für die Wahrheit hält und was möglicherweise die Wahrheit
schen lebendig begraben. All dieser Terror ist vergeblich. ist?
Der Aufstand geht weiter. Die Palästinenser haben ihren Juden brauchen den Antisemitismus, »denn dieser dient heu-
Wunsch nach Freiheit nicht aufgegeben.« te ausschließlich dazu, die jüdische Identität zu bewahren.«53

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»Zweierlei Recht sind dem Herrn ein Greuel«, steht schon im dische Bischof von Linköping, Martin Lind, daß die Israelis
Alten Testament (Spr. 20:10 und 23). Zweierlei Recht? Die Rassisten sind.58 Der aus Syrien gebürtige Bundestagsabge-
Israelis als „Gottes Volk“ erlauben es sich, den „Gojim“ ge- ordnete Karsli erhielt von dem israelischen Journalisten
genüber ein Ausnahmerecht anzuwenden und die Araber als Shraga Elan einen Brief, in welchem er ihm mitteilte, er habe
rechtlos zu erklären. Diesen Sachverhalt argumentativ zu be- sich gefreut, daß er die israelischen Nazi-Methoden aufge-
handeln, das wäre das beste Mittel gegen den Antisemitis- griffen habe:
mus. »Auf diesem Hintergrund und nach reichhaltigen Recher-
Die Juden im Warschauer Getto haben, obwohl dies aus- chen und Überlegungen kann ich sagen, daß genügend
sichtslos war, zu den Waffen gegriffen, weil sie keine Hoff- überzeugende Beweise vorliegen, die den Vergleich zwi-
nung für die Zukunft sahen. Sie hatten nichts als „die Ketten“ schen der NS-Judenpolitik und der jetzigen israelischen
zu verlieren, wie sie sich ausdrückten. In dieser Lage befinden Palästinapolitik absolut rechtfertigen.«
sich heute die Palästinenser. Man wird mir zum Vorwurf ma- Zu seiner Verteidigung verbreitete Karsli diesen Brief und
chen, diesen Vergleich auch nur erwogen zu haben. Der spani- bezeichnete ihn als lesenswert. Daraufhin schrieb Guido We-
sche Dichter und Nobel-Preisträger Jose Saramago, der mit ei- sterwelle an Jürgen Möllemann einen Brief:
ner Dichterdelegation Palästina besuchte und Einblick erhielt, »Ein Vergleich mit der Ermordung von 6 Millionen Juden
verglich die Behandlung der Palästinenser durch die Israelis im schlimmsten Abschnitt der deutschen Geschichte ist un-
mit denjenigen der Juden durch die Deutschen in Auschwitz.54 geheuerlich und offenbart eine Geisteshaltung, die in der
So griff also die zweite Generation der Flüchtlinge, da sie liberalen Familie nichts zu suchen hat.«
aufgrund der Teilnahmslosigkeit der Völker der Welt mit Bit- Die Verbreitung dieses Briefes durch Karsli zeige, so We-
ten und Flehen nichts erreichen konnte, zu den Waffen, weil sterwelle, daß dieser hingegen so denke, mag er sich noch so
für sie dieses Leben in Unfreiheit nun einmal nicht lebens- oft aus taktischen Gründen entschuldigen.
wert war. Sie wurden von der israelischen Übermacht brutal Hatte der israelische Journalist Shraga Egan, dessen Brief
niedergeschlagen, eingekerkert, ermordet oder vertrieben. Karsli als »lesenswert« weitergeleitet hat, Auschwitz im
Ein Journalist fragte damals den israelischen Botschafter in Sinn, als er Vergleiche zwischen der NS-Judenpolitik und der
Washington, Professor Moshe Arens:55 jetzigen israelischen Palästinenserpolitik hergestellt hatte?
»Wohin sollen die Palästinenser gehen, wenn sie niemand Bestimmt nicht! Hier griff auch Westerwelle zur unvermeid-
aufnehmen will?« lichen Auschwitzkeule, um sich beim Zentralrat einzu-
Dieser intellektuelle Volksverhetzer antwortete zynisch: schmeicheln!
»Sie können Massenselbstmord begehen.« Der frühere FDP-Vorsitzende Kinkel sagte, falls Karsli bis
Für diese israelischen Rassisten sind die Palästinenser keine Montag nicht die FDP-Fraktion verlasse, werde der Bundes-
Menschen. Es sind Kakerlaken (Sharon), Schlangen (Obadia vorstand eine Entscheidung fassen, daß Möllemann von sei-
Josef, geistiger Führer der Schas-Partei), tollwütige Hunde nem Amt zurücktreten müsse.59 Das sind die Sprecher einer
(Shamir), Läuse und ein Krebsgeschwür (der ermordete Mi- Partei, die sich liberal und demokratisch nennt! Gewisse Ju-
nister Seevi), zweibeinige Tiere (Begin). den haben in der BRD das Sagen.
»Der zionistische Anspruch, daß sich jeder Mensch jüdi- Obgleich den Palästinensern so viel Unrecht angetan wurde,
scher Abstammung „durch die Stimme des Blutes“ auf be- stimmten sie dem Abkommen von Oslo zu. Sie waren bereit,
sondere Art mit Israel verbinden müsse, ähnle der Hitler- sich mit einem Fünftel ihres ehemaligen Territoriums abzu-
schen Blut- und Bodentheorie, drücke einen Rassismus aus, finden. Aber die israelischen Regierungen hielten sich nicht
„eine Art anthropologischen Mystizismus“, den ich zu ak- daran. Sie räumten nicht die Siedlungen, wie abgemacht, im
zeptieren nicht bereit bin.«56 Gegenteil. Statt Palästina als Staat anzuerkennen, nahmen sie
Rabbiner Menuhin, der Vater des berühmten Geigers, den Palästinensern immer noch mehr Land weg und holten
schrieb:57 rund »eine Million Juden aus der ehemaligen Sowjetunion
»Es wäre nicht so weit gekommen, hätten die Juden im Ju- ins Land, um dieses gestohlene Land weiter zu besiedeln«.60
dentum leben können, statt einem gewalttätigen jüdischen »Seit dem Abkommen von Oslo wuchs die Zahl der Wohnein-
Nationalismus – dem aggressiven politischen Zionismus heiten [in den besetzten Gebieten] um mehr als 50%. Die
unterworfen zu werden.« Zahl der Siedler stieg um 72%«,61 Ostjerusalem gar nicht
In einer Morgenandacht im Fernsehen bestätigte der schwe- eingerechnet.
Seit Oslo wurden 203.000 mehr Juden in neue Sied-
lungen angesiedelt,62 und seit Sharons Machtantritt 34
neue Siedlungsaußenposten geschaffen.63
»Die neue Straße von Tel Aviv in die jüdische Sied-
lung Ariel ist vierspurig angelegt. Bulldozer haben
breite Straßen durch die hügeligen Olivenhaine pa-
lästinensischer Bauern gefräst. Hunderte ihrer Oli-
venhaine, die dem Highway 5 im Wege standen,
sind mitten in der Erntezeit einfach abgesägt wor-
den. […] Pro Jahr pumpt die israelische Regierung
immer noch 500 Millionen Mark in die Siedlungen
[Europa (lies Deutschland) finanziert die Sied-
lungspolitik mit etwa 200 Millionen Dollar jähr-
lich64]. Eine attraktive Starthilfe erhielten die etwa
150.000 Israelis, die seit dem Amtsantritt Baraks im
Mai 1999 in die Siedlungen gezogen sind.«65

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Der Israel gewogene Journalist Dr. Friedrich Schreiber sagte Ein anderer Reporter von Dagens Nyheter, sicherlich ein äl-
in Oberhaching, das israelische Parlament habe in der jüng- terer Herr, schrieb:73
sten Vergangenheit »in einem einseitigen völkerrechtswidri- »Was uns nach dem Krieg beim Besuch von Marseille am
gen Akt« große arabische Gebiete Jerusalem zugeschlagen meisten erregte, war die sinnlose Zerstörung des Hafen-
und auf diesem Weg ein »urbanes Monstrum geschaffen:« 66 viertels [port vieux]. Die Deutschen behaupteten, in diesem
»Seit die Intifada startete, wurden Tausende (tusenvis) von Viertel versteckten sich Partisanen, welche vorher deutsche
Ölbäumen gefällt oder mit dem Bagger herausgerissen. Soldaten ermordet haben. Aber die Deutschen waren noch
Nach Angabe der in Bethlehem residierenden israelischen so anständig und verkündeten vorher den Bewohnern des
Menschenrechtsorganisation sind allein im Nablusgebiet Viertels, daß es gesprengt wird, so daß die Bewohner sich
4300 Ölbäume gefällt worden.« 67 noch in Sicherheit begeben konnten. [Aus sicherer Quelle
Die Israelis foltern, und seit der 2. Intifada wurden über weiß ich, daß die Sprengung zusammen mit der Polizeibe-
3.000 Palästinenser ermordet, »darunter 836 Kinder.«68 hörde von Marseille vorgenommen wurde]
In Dänemark verglich der Dompropst von Kopenhagen in ei- Aber was sah ich jetzt in Dschenin? Die Israelis fuhren mit
ner Predigt den Mord an palästinensischen Kindern mit dem Panzern und Radladern ohne Warnung durch das Flücht-
Kindermord des Herodes in Jerusalem.69 lingslager und zerstörten Häuser und Autos. Die Einwoh-
Gegen diesen Staatsterror wehren sich natürlich die Palästi- ner wurden in den Häusern lebendig begraben. Und jetzt
nenser. Denn hier geht es um die Existenzmöglichkeit dieses verweigert man einer UNO-Kommission sogar den Zutritt.
armen, unterdrückten Volkes. Der sozialdemokratische däni- Wer sind hier die Terroristen? Wer handelt hier unmensch-
sche Außenminister Mogens Lykketoft bestätigte dies. Er ap- lich?«
pellierte auf der Tagung der europäischen Sozialdemokraten »Das UNO-Flüchtlingswerk für Palästina (UNWRA)
im Mai vorigen Jahres an den anwesenden israelischen Au- schätzt die Zahl der zerstörten Häuser auf rund 250, was
ßenminister Peres. Israel möge endlich mit der Unterdrük- bei den durchweg dreistöckigen Bauten 750 Wohnungen
kung der Palästinenser aufhören, die Siedlungspolitik einstel- entspricht. Diese gewollte systematisch Zerstörung des
len, sie sei das größte Hindernis für den Frieden in Nahost. ganzen Hawashin-Viertels im Lager von Dschenin stand
In »Politiken« schrieb er:70 eindeutig in keinem Verhältnis zu einem angestrebten mili-
»Laßt uns nicht vergessen, daß diese Katastrophe die Fol- tärischen Ziel.«74
ge 35-jähriger jüdischer Besatzungszeit ist. Laßt uns nicht »Es wurden klare Beweise gefunden, daß israelische Trup-
vergessen, daß 3 Millionen Palästinenser in eineinhalb pen schwere Kriegsverbrechen begangen haben, als sie in
Jahren unter demütigenden Absperrungen leben, ohne Be- den Tagen vom 3. bis zum 10.4. Dschenin besetzten. Wir
wegungsfreiheit, jeder zweite arbeitslos und ohne Hoffnung haben 52 Palästinenser identifiziert, davon 22 Zivile, die
auf eine Zukunft. Sie werden durch immer enger werdende nicht im Kampf gefallen, sondern überlegt ermordet wor-
jüdische Siedlungen eingekreist, Siedlungen, die aus kom- den sind. Wir fanden auch Beweise, daß israelische Solda-
fortablen Wohnungen bestehen mit den dazugehörigen ten zivile Personen, sozusagen als Schutzschild, vor sich
Straßen. Das Land haben sie den Palästinensern abge- hergetrieben haben, damit sie von Palästinensern nicht
nommen. Laßt uns nicht vergessen, daß es die Taktik Sha- angegriffen werden können, was dem Völker- und Kriegs-
rons ist, durch Errichtung von Siedlungen auf allen Anhö- recht widerspricht.«75
hen die Palästinenser einzukreisen, so daß ein palästinen- »Israelische Soldaten (JDF) erschossen einen am Boden
sischer Staat nicht existieren kann. Und jetzt hat er Mini- liegenden verwundeten, wehrlosen Palästinenser.«76
ster in seine Regierung aufgenommen, die Befürworter »Am gleichen Tag wurden laut HRW-Bericht auch 5 Zivili-
ethnischer Säuberungen sind.« sten getötet, unter ihnen ein junger unbewaffneter Mann,
Der Staatssekretär im norwegischen Außenministerium, der vor sein Haus trat und von den ins Lager eindringen-
Raymond Johansen, räumte den Palästinensern sogar das den Soldaten angeschossen und schwer verletzt wurde. Ei-
Recht ein, auf israelische Soldaten zu schießen (siehe Möl- ne Krankenpflegerin in weißer, mit einem roten Halbmond
lemann!), da es sich um einen Befreiungskampf handelt.71 markierter Uniform versuchte mit ihrer Schwester, dem
Dafür haben die israelischen Herrenmenschen kein Ohr. Sie verletzten Mann zur Hilfe zu eilen; die etwa 100 Meter ent-
werden immer brutaler. Der angeblich so friedfertige Peres fernten Soldaten schossen auch die beiden Frauen nieder.
schweigt und macht mit (angeblich, um Schlimmeres zu ver- Während einer halben Stunde schossen die Soldaten auf
hindern). jeden, der den auf der Straße Liegenden zur Hilfe kommen
»Im Flüchtlingslager Dschenin vernichteten die israeli- wollte.«77
schen Truppen Anfang April im Laufe von drei Tagen bis In Aftenposten konnte man lesen:
zu 400 Häuser und möglicherweise genau so viele Men- »Und wieder haben wir erlebt, wie arrogant Israelis die
schen. „Vernichten“ ist hier das passende Wort, obwohl es UNO behandeln. Der Haltung der Israelis kann man nur
historisch stark belastet ist. Ich kenne keine militärische entnehmen, daß sie etwas zu verbergen haben.«78
Offensive oder Antiterroraktion, in der eine von Menschen Die schwedische, sozialdemokratische Außenministerin An-
bewohnte Stadt derartig pulverisiert wurde [Siehe dazu die na Lindh forderte die Israelis auf, Sharon zu stürzen, damit
Äußerung von Norbert Blüm!]. diese brutale Militärpolitik ein Ende habe (während der deut-
Nach den Sprengungen der Häuser fuhren israelische Pla- sche(?) Außenminister Fischer diesem Kriegsverbrecher den
nierraupen in die Ruinen und ebneten alles ein. In den roten Teppich ausbreitete). Außerdem unterstützte sie die
noch stehengebliebenen Häusern vernichteten sie zusätz- Forderung der EU, daß Israel den angestellten Schaden, der
lich noch die Einrichtungen wie Kühlschränke, Radios, sich auf Milliarden schwedische Kronen beläuft, wiedergut-
Steckdosen, Kleiderschränke, Spiegel u.v.a. Außerdem hin- macht.79
terließen die Soldaten noch Haufen von menschlichem Die Regierung der USA, beherrscht von der mächtigen jüdi-
Kot.«72 schen Lobby, wie auch die meisten europäischen, allen voran

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der deutsche Vasall, der wegen Auschwitz auch israelische »Israel hat Palästina den Krieg erklärt. Ein Krieg, der sich
Verbrechen hinnehmen muß, appellieren immer an Arafat, leicht zu einem großen Krieg in der Region entwickeln
den „Terrorismus“ einzustellen, um eine vertrauensbildende kann. Israel hat Atomwaffen und Sharon ist eine Person,
Stimmung zu schaffen und so nebenbei bitten sie Sharon, den die voll bereit ist, diese anzuwenden. Wir sind der Ansicht,
Kriegsverbrecher, den Schlächter von Sabra und Schatila daß es hauptsächlich Sharon und seine politische Führung
(über eintausend ermordete palästinensische Flüchtlinge),80 er ist, welche jetzt die Region auf den Punkt gebracht hat, wo
möge doch seine Truppen zurückziehen. Daß die Israelis den wir täglich die schlimmsten Entladungen befürchten müs-
Palästinensern Land wegnehmen, Siedlungen errichten, das sen. Wir meinen, es ist Sharon, der nicht nur das Volk von
Wasser abgraben, ist doch reiner Staatsterrorismus. Solche Israel unglaublich bedroht, sondern auch die Juden auf
Maßnahmen können doch keine vertrauensbildende Stim- der ganzen Welt.
mung hervorrufen! Dies scheint diesen westlichen Regieren- Sharon hat die Möglichkeit zum Frieden ausgeschlagen,
den entgangen zu sein. Sharon denkt gar nicht daran, diese indem er auf das Angebot Saudi-Arabiens nicht einging,
Siedlungen aufzugeben; er will ein „Groß-Israel“. sondern mit brutaler Gewalt antwortete.«
»Bei der Übernahme seines Amtes hat er erklärt, daß er Von dieser Bedrohung des »Volkes von Israel« schrieb der
gar nicht daran denke, die „Westbank“ und Gaza an die schon oben zitierte israelische Philosoph Jeshajahu Leibo-
Palästinenser zurückzugeben«.81 witz:83
Benjamin Netanjahu, Sharons Rivale und eventueller Nach- »Wenn wir den Weg, auf dem wir uns befinden, fortsetzen –
folger, verkündete kürzlich auf dem Parteitag der faschisti- dann wird das zum Untergang des Staates Israel führen,
schen Likud, daß er gar nicht daran denke, einen Staat für die und zwar in einem Zeitraum von einigen Jahren, dazu
Palästinenser errichten zu lassen. Im Gegenteil: Er gebrauch- braucht es nicht einmal Generationen. Im Inneren wird Is-
te häufiger das Wort „Transfer“ (eine Umschreibung für bru- rael ein Staat mit Konzentrationslagern für Menschen wie
tale Vertreibung). mich werden, sobald Vertreter der rechtsnationalen Par-
Es ist erfreulich, daß es auch viele Juden gibt, die diese ver- teien, wie Kahana, Raful, Druckmann und Sharon, an die
brecherischen Machenschaften in Israel heftig verurteilen. So Macht kommen werden. Nach außen wird Israel sich in ei-
forderten 20 renommierte schwedische Juden im November nem Krieg auf Leben und Tod mit der gesamten arabischen
2000 namentlich die Regierung in Israel auf, »sofort Ver- Welt von Marokko bis Kuwait verstricken. Das ist die Per-
handlungen mit den Palästinensern aufzunehmen, Palästina spektive der nahen Zukunft.«
als Staat anzuerkennen, die Rückkehr der Palästinenser zu Leider ist der Mahner schon 1994 verstorben.
ermöglichen oder diese zu entschädigen.« Sie stellten fest, Und am 11.4.2002 lese ich in Dagens Nyheter, daß sich 87
»daß die Palästinenser in den Flüchtlingslagern in Unfrei- namentlich genannte renommierte schwedische Schriftsteller
heit hausen, daß sie in einer verstümmelten Wirtschaft, in ei- dem Protest der Juden angeschlossen haben.
ner gelähmten Gemeinschaft leben und in einem Land, das Warum schweigen eigentlich die Juden in Deutschland zu
durch israelische Siedlungen zerstückelt ist. Ariel Sharon diesen furchtbaren Greueltaten der israelischen Soldateska?
provozierte auf dem Tempelberg bewußt und legte den Fun- Sie schauen weg! Die von der Münchner Presse so hochge-
ken an die bereits verglommene Lunte, die den Sprengstoff zur jubelte Buchhändlerin Rachel Salamander, die jetzt den Auf-
Explosion brachte, der darin bestand, daß die Abmachung von ruf in der Frankfurter Allgemeinen »Gegen Stimmenfang der
Oslo durch die ununterbrochene Errichtung neuer Siedlungen Liberalen im braunen Sumpf« unterschrieb, hatte ein ganz
und durch das ständige Hinausschieben der Errichtung eines originelles Argument, um von diesen Greueltaten in Israel
palästinensischen Staates nicht eingehalten wurde. Daher ist wegschauen zu dürfen:84
es nicht verwunderlich, daß es durch die dauernden Demüti- »Man kann darüber diskutieren, wie so ein Staat hätte aus-
gungen der Palästinenser zu einem Volksaufstand kam.« sehen können, doch ich denke, daß es nicht gut ist, aus
Dem haben sich nun weitere 37 schwedische Juden nament- 3.000 Kilometer Entfernung Ratschläge zu erteilen.«
lich angeschlossen. Sie fordern die sofortige Räumung der Aber die Palästinenser kritisiert sie durchaus!
besetzten Gebiete, daß Israel zulasse, daß eine internationale »Israel ist weit, mögen Sie denken. Israel betrifft auch uns.
Friedenstruppe im Gebiet eingesetzt werde und daß Israel in- […]«85
ternationale Gesetze befolge und sich zu Friedensverhand- Bei der Verleihung des »Kulturellen Ehrenpreises der Stadt
lungen bereit zeige:82 München« an sie wetterte sie wieder gegen das Wegschauen
der Deutschen bei der Deportation der Juden unter
der Hitlerzeit. Sie vermißte den »Aufschrei des Ge-
wissens«. Aber die Brutalitäten der israelischen Re-
gierung liegen zu weit weg, die bedürfen nicht des
Aufschreis ihres Gewissens?!86
Dem schloß sich Ignatz Bubis an:87
»Nur eines habe ich immer vermieden, anderen Re-
gierungen – egal welchen – Ratschläge zu erteilen.
Und ich bin auch in Israel nie mit Vorschlägen auf-
getreten, wie dort Konflikte gelöst werden können.
Da käme ich mir lächerlich vor. […] Wer bin ich
schon, daß ich von Deutschland aus den israeli-
schen Politikern erklären könnte, wie sie ihre Poli-
tik machen sollen!«
Aber deutschen Politiker hat er Ratschläge erteilt. In
der eben zitierten Autobiographie schreibt sein Ghost-

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writer Sichrovski: Lösungsvorschläge
»Er berät Politiker [S. 12], er riet Kanzler Kohl, den säch- »Für den Staat Israel gibt es zwei Möglichkeiten: die zwei-
sischen Justizminister Heitmann als Kandidat zum Präsi- er unabhängiger Staaten mit einem geteilten Jerusalem
dialamt von der Liste zu nehmen [S. 249], er wurde bei der oder die eines binationalen Staates mit einem vereinigten
Bundesregierung vorstellig, den 9. November, den Tag des Jerusalem. Den zweiten Weg müsse Israel beschreiten,
Mauerfalles, nicht als Nationalfeiertag auszurufen.« (S. wenn es überleben wolle.«91
237) Da ja nicht umstritten ist, daß Zionisten die Palästinenser aus
Israel darf in der BRD nicht als ein faschistisch-rassistischer ihrer angestammten Heimat vertrieben haben, sollten die Is-
Staat, als ein Apartheidstaat hingestellt werden, dafür sorgt raelis sich bei den Palästinensern entschuldigen, ihre „Groß-
der Zentralrat der Juden, die Vertretung der israelischen Bot- Israel-Ideologie“ aufgeben und sie bitten, daß sie in den vor
schaft, weil die Deutschen als »Volk der Judenmörder« sich 1967 eroberten Gebieten bleiben dürfen und die Palästinenser
sonst weigern würden, diesen faschistischen Staat weiter zu dafür entschädigen. Sie müßten versprechen, daß die Siedler
unterstützen, was sie offiziell bisher mit 137 Milliarden DM Gaza und die Westbank sofort räumen, den Schaden wieder-
gemacht haben.88 Ohne die finanziellen Zuschüsse der BRD gutmachen und beim Wiederaufbau Palästinas mithelfen, so
könnte der Staat Israel nicht existieren! Daher auch die Ver- wie die Deutschen den Schaden an den Juden mit mehr als
antwortung der jetzigen Generation für den Bestand Israels! 130 Milliarden DM gutgemacht haben. Dann sollte ein Frie-
Vor einiger Zeit wurde das Buch von Robert Gellately »Hin- densvertrag geschlossen werden, mit dem eine massive Ab-
geschaut und weggeschaut – Hitler und sein Volk« veröffent- rüstung (Gleichstellung mit den Palästinensern) einhergehen
licht. Er machte wieder alle Deutschen verantwortlich, weil muß.
sie bei der Deportation der Juden weggeschaut haben. Aber
Juden dürfen von diesen furchtbaren Greueltaten in Israel Anmerkungen
wegschauen. Sensible deutsche Kritiker nennen sie dann 1
»Spiegel: größte Beleidigung«, t.z., München, 27.5.2002.
noch unverschämterweise Antisemiten. Begreifen diese Da- 2
»Paul Spiegel fordert Aufstand der Demokraten«, Süddeutsche Zeitung,
men und Herren vom Zentralrat denn nicht, daß sie deswegen 5.6.2002.
3
in Kollektivhaft genommen werden und der Terrrorismus Süddeutsche Zeitung, 2.11.1996.
4
»Der israelische Dramatiker Georg Steiner«, Frankfurter Allgemeine,
sich dann auch gegen jüdische Gemeinden in der BRD rich- 23.3.1992.
ten könnte? Siehe dazu den arabischen Anschlag auf die 5
J. Leibowitz, Gespräche über Gott und die Welt, S. 104.
Synagoge in Düsseldorf! 6
semit-times, Nr.21/1992, eine nicht von Deutschen subventionierte Zeit-
Sharon folgt nun nicht dem Rat der schwedischen Juden. Er schrift, daher eingegangen.
7
folgt dem Rat, den schon vor längerer Zeit der Friedens- M. Fyhn, Washington-Korrespondent, »Israels mächtige Freunde in den
USA«, Aftenposten, 10.4.2002.
Nobel-Preisträger, Henry Kissinger, Ex-US-Außenminister, 8
»Zentralrat der Juden empört über Blüm«, Süddeutsche Zeitung,
der israelischen Regierung erteilte:89 19.6.2002.
9
»Die Rebellion in den besetzten Gebieten solle sofort er- »Cherie Blair's Suicide Bomb Blunder«, The Times, 19.6.2002.
10
stickt werden, und als erster Schritt sei es dazu nötig, (ganz »Israel reagerer skarpt mot staatsminister Blairs kone«, Aftenposten,
20.6.2002.
im Sinne der Frau Knobloch) die Fernsehteams hinauszu- 11
Sh’ma, http://www.jewishdiversity.com/may02/arthur.htm.
werfen; gewiß, es werde Kritik an diesem Schritt geben, 12
Frankfurter Allgemeine, 20.6.2002.
13
doch sie werde sich wieder legen. Und dann, so Kissinger Lorenz Jäger, »Massive Vergeltung«, Frankfurter Allgemeine, 14.6.2002.
14
weiter, müsse Israel die Rebellion unter Ausschluß der Öf- Uri Averny, »Wir wollen keine Sonderrolle«, Junge Freiheit, 31.5.2002.
15
National-Zeitung, Nr. 28/ 2002.
fentlichkeit niederschlagen – mit überwältigenden Mitteln, 16
Der Schriftsteller Eckhard Henscheid in einem Interview mit der Jungen
brutal und schnell.« Freiheit, 7.6.2002.
Dem stimmte der US-Starkolumnist und Pulitzer-Preisträger 17
»Generalisierung als Antisemitismus-Merkmal«, Frankfurter Allgemeine,
Charles Krauthammer zu:90 18
13.6.2002.
»Jedes Element der Infrastruktur in Arafats Polizeistaat Horst Mahler in einem Brief an Friedman, »Guten Tag, Herr Friedman.«
19
Die Woche, Nr.15/1995.
muß zerstört werden: Hauptquartiere, Polizeistationen, 20
Wilhelm Volkert, Ludwig Thoma, Sämtliche Beiträge aus dem Miesba-
Fernsehstationen und regierungsnahe Zeitungen. Einige cher Anzeiger, 1920/21.
21
Tage gibt der einflußreiche Publizist den Israelis für einen Heinrich Brüning, Die Lage der Juden in Deutschland, Briefe und Ge-
„überwältigenden und massiven“ Feldzug; er ist über- spräche, 1934–1945, Stuttgart 1974, S.162.
22
Rheinischer Merkur, 16.11.1985.
zeugt, daß es sich bald so ereignen wird.« 23
Alphons Silbermann, Was ist jüdischer Geist, S. 114f.
Weil sich die Israelis nicht mehr der Palästinenser erwehren 24
Zit. aus Sonja Margolina, eine russ. Jüdin, Das Ende der Lüge, Siedler, S.
können, die selbstmörderische Handlungen begehen, Hand- 11.
25
lungen, die auf die Verzweiflung dieses geschundenen Vol- »Waffenstillstand nach 60000 Toten«, Politiken, 27.5.2002.
26
Abendzeitung, München, 19.11.1998.
kes hinweisen, schlägt Nathan Lewin, wie oben schon er- 27
In einem Gespräch mit der österreichischen Tageszeitung »Kurier« vom
wähnt, vor, die Angehörigen dieser Attentäter zu ermorden. 25.10.1976.
Was Kissinger, Krauthammer und Lewin empfehlen und 28
So Lloyd George, zit nach Die Zeit, Nr. 49/1977.
29
Sharon bereits durchführt, ist ein Holocaust am palästinensi- 30
The Balfouer Declaration, Foreign Office, 2. November 1917.
schen Volk! Und dieses soll sich nicht einmal gegen seine »Der Traum von Groß-Israel lebt weiter«, Dagens Nyheter, 5.4.2002.
31
Münchner Merkur, 27.4.2002.
brutalen Mörder wehren dürfen. Die westliche Wertegemein- 32
Dies erzählte mir Mordechai Oppenheimer, ein jüdischer Freund in der
schaft schaut zu oder soll wegschauen; sie muß dieses Mor- Emigration in Schweden. Er verließ 1936 Palästina, weil, wie er sagte,
den an den Palästinensern einfach hinnehmen! Und wir Deut- die Politik der Zionisten keinen Segen hätte.
33
schen müssen wegen Auschwitz schweigen, wegschauen und Jörg Bremer in der Frankfurter Allgemeinen vom 16.5.2001.
34
Jeshajahu Leibowitz, Gespräche über Gott und die Welt, S. 143.
diesen verbrecherischen, rassistischen Apartheid-Staat noch 35
Georg Steiner, Dramatiker, beim 6. amerikanisch-israelischen Dialog in
weiter unterstützen. Jerusalem im Sommer 1968; n. Alfred M. Lilienthal: The Zionist Con-
nection - What Price Peace, New York 1978, S. 731.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 339


36
Nahum Goldmann, Das jüdische Paradox, S. 137. 2.4.2002.
37 63
Associated Press 23.7.1947. Frankfurter Allgemeine, 13.4.2002.
38 64
Nahum Goldmann, Das jüdische Paradox, S. 55f. Uri Avnery in einem Interview mit der Jungen Freiheit, 31.5.2002.
39 65
W. Köhler, »Zur 50. Wiederkehr des Massakers«, Frankfurter Allgemei- Die Woche, 1.12.2000.
66
ne, 29.4.1998. Süddeutsche Zeitung, 6.10.2001.
40 67
Steinar Sörlie u. Eva Björeng, »Die Welt feilscht mit den Rechten der Pa- Aftenposten, 2.4.2001.
68
lästinenser«, Aftenposten, 12.6.2002. Süddeutsche Zeitung, 27.3.2002.
41 69
Nahum Goldmann, Das jüdische Paradox, S. 134. »Ja takk, Israel«, Aftenposten, 4.4.2002.
42 70
Per Jönsson, »Der Traum von Groß-Israel lebt immer noch«, Dagens Politiken, eine dänische Tageszeitung, 12.4.2002.
71
Nyheter, 16.3.2002. Aftenposten, 31.3.2001.
43 72
Jeshajahu Leibowitz, israel. Philosoph und Theologe, Gespräche über Per Jönsson, »Man hat uns verlassen«, Dagens Nyheter, 27.4.2002.
73
Gott und die Welt, S. 12. Stig Röjeraas, Dagens Nyheter, 27.4.2002.
44 74
Nathan Chofshi, Jewish Newsletter, 9.2.1959. »Sprache der Trümmer in Nablus und Jenin«, Neue Zürcher Zeitung,
45
A. Ponger, »Als Besatzungsmacht erntet Israel keine Lorbeeren«, Süd- 4.5.2002.
75
deutsche Zeitung, 14.12.1987. Auszüge aus dem 48 Seiten umfassenden Human Rights Watch Bericht,
46
Süddeutsche Zeitung, 4.7.2002. zit. n. Politiken, 3.5.2002.
47 76
Felicia Langer, israelische Rechtsanwältin, Die Zeit der Steine, S. 18ff. Jens Hosöe, aus dem Human Rights Watch Bericht in Politiken vom
48
»Israel hat seine Seele verloren«, Neue Solidarität, Nr.23/ 2002. 4.5.2002.
49 77
Münchner Merkur, 22.12.1990. Bericht von Human Rights Watch zu Jenin, Neue Zürcher Zeitung,
50
Prof Dr. Kenneth Levan, Pressespiegel der Deutschlandbewegung, Sept. 8.5.2002.
78
2001. Aus dem Leitartikel in Aftenposten vom 2.5.2002.
51 79
Israel Radio Kol Yisrael, zit. von Washington Report an Middle East In einem Interview mit Dagens Nyheter, 4.5.2002.
80
Affairs, 11.10.2001. Alexander von Sobeck »Mein Ausland« in Phoenix vom 23.6.2002.
52 81
ntv, 4.6.2002. Per Jönsson, Der Traum von Groß-Israel lebt, Dagens Nyheter, 5.4.2002.
53 82
M. Mayer in der Frankfurter Allgemeinen vom 16.3.1993. Dagens Nyheter, 5.4 2002.
54 83
»Ja takk, Israel«, Aftenposten, 4.4.2002. Jeshajahu Leibowitz, Gespräche über Gott und die Welt, S. 24.
55 84
Dagbladet (Norwegen), 12.7.1982. Abendzeitung, München, 23.1.1999.
56 85
Der österreichische, jüdische Ex-Kanzler Bruno Kreisky, Der Spiegel, Nr. »Die Gesichter der Opfer«, Süddeutsche Zeitung, München, 11.7.2002.
86
18/1979 . Frankfurter Allgemeine Zeitung, 24.2.2000.
57 87
»Die israelischen Nazis«, National-Zeitung, 25.8.1967. I. Bubis, Damit bin ich noch längst nicht fertig, S. 235.
58 88
Dagens Nyheter, 12.4.2002. Niels Hansen, ehemal. dt. Botschafter in Israel, »Jeder Deutscher ist ein
59
Alle Zitate aus der Frankfurter Allgemeinen vom 6.6.2002, Westerwelle Mörder«, Frankfurter Allgemeine, 11.6.2002.
89
stellt Möllemann. »Leiden an Israel«, Süddeutsche Zeitung, 2.4.1988.
60 90
Sörlie und Björeng, Altenposten, 12.6.2002. Der Spiegel, Nr. 37/2001.
61 91
Frankfurter Allgemeine, 5.12.2000. Der große, schon verstorbene Geiger Yehuda Menuhin, Frankfurter All-
62
Hans Chech, langjähriger Israelreporter, Bayr. Fernsehen Alpha, gemeine vom 6.3.1989.

Wie Israel den Frieden ermordet


Israelischer Planierraupen-Fahrer ermordet US-Friedensaktivistin
Von Nigel Parry und Arjan El Fassed
Am 16. März 2003 wurde die 23 Jahre alte US-amerika- Rachel und sieben weitere ISM-Aktivisten hielten sich in der
nische Friedensaktivistin Rachel Corrie aus Olympia, Wa- Hi-Es-Salam-Gegend der Stadt Rafah (Gaza) auf, um zu ver-
shington, in der Stadt Rafah im besetzten Gazastreifen von suchen, die Einplanierung palästinensischen Landes und Ei-
einem israelischen Planierraupenfahrer ermordet. Rachel hielt gentums zu verhindern. Zwei israelische Planierraupen und
sich im Gazastreifen auf, um gegen das Einebnen palästinen- ein Panzer der Besatzungsarmee waren ebenfalls zugegen.
sischer Wohnhäuser zu protestieren. Sie war eine Freiwillige Zwei Stunden lang spielten die Aktivisten mit den israeli-
der International Solidarity Movement (Internationalen Soli- schen Soldaten „Katz und Maus“ und versuchten, die geplan-
daritätsbewegung), die sich selbst wie folgt beschreibt:1 ten illegalen Zerstörungen durch das physische Blockieren
»Die Internationalen Solidaritätsbewegung ist eine palä- der zwei Planierraupen zu vereiteln.
stinensisch geleitete Bewegung palästinensischer und in- In einem Email-Bericht des Palestine Monitor heißt es:2
ternationaler Aktivisten, die sich dafür einsetzt, das Be- »Rachel Corey [sic], 23 Jahre alt vom Staate Washington,
wußtsein für den palästinensischen Freiheitskampf und für wurde getötet, als sie versuchte, israelische Armee-Pla-
ein Ende der israelischen Besetzung zu stärken. Wir wen- nierraupen daran zu hindern, ein palästinensisches Haus
den gewaltfreie, direkte Handlungsmethoden des Wider- zu zerstören. Andere Ausländer, die mit ihr vor Ort waren,
stands an, um den illegalen israelischen Besatzungskräften berichten, daß sich der Fahrer der Raupe bewußt war, daß
und deren Politik zu begegnen und sie herauszufordern. Rachel dort stand, daß er aber einfach weiterfuhr, um das
Wie im Völkerrecht und in UN-Resolutionen festgehalten, Haus zu zerstören. Zuerst lud er Sand und anderen schwe-
erkennen wir das palästinensische Recht an, sich israeli- ren Schutt auf ihr ab, doch dann drückte er sie zu Boden
scher Gewalt und Besatzungsherrschaft mittels legitimem und fuhr über sie, brach ihr beide Arme, Beine und ihren
bewaffneten Kampf zu widersetzen. Wir sind allerdings da- Schädel. Sie wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo sie
von überzeugt, daß Gewaltfreiheit eine mächtige Waffe im später starb. Ein weiterer Ausländer wurde bei dem Angriff
Kampf gegen Unterdrückung sein kann, und wir haben uns ebenfalls verletzt und in ein Krankenhaus eingewiesen –
dem Prinzip des gewaltfreien Widerstandes verschrieben.« seine Staatsangehörigkeit ist zur Zeit noch nicht bekannt.«

340 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Die von der Internationalen Solidaritätsbewegung am 16. weiter, so daß sie schließlich unter den Haufen von Erde
März 2003 veröffentlichte Presseerklärung führt dazu aus: und Schutt gedrückt wurde. Nachdem sie aus dem Blickfeld
»Rachel hielt sich in palästinensischen Häusern auf, die verschwunden war, fuhr der Fahrer immer noch weiter, bis
von illegaler Zerstörung bedroht waren, und auch heute sich die Raupe komplett über ihr befand. Der Fahrer hob
stand Rachel mit anderen gewaltlosen internationalen Ak- die Schaufel nicht an, so daß sie darunter zermalmt wurde.
tivisten vor einem Haus, daß zur illegalen Zerstörung vor- Dann legte der Fahrer den Rückwärtsgang ein, und die
gesehen war. Zeugen zufolge wurde Rachel zweimal von sieben andere ISM-Aktivisten, die an der Aktion teilnah-
einer israelischen Militärplanierraupe überfahren, die da- men, eilten herbei, um ihren Körper auszugraben. Ein
bei war, ein palästinensisches Heim einzuebnen. Die Zeu- Krankenwagen fuhr sie zum Al-Najar Krankenhaus, wo sie
gen sahen, daß Rachel für den Raupenfahrer klar erkenn- verstarb.«
bar war und nichts tat, um diesen Angriff zu provozieren.« Hauptmann Jacob Dallal, Pressesprecher der israelischen
Das nebenstehende Foto zeigt deutlich, daß Rachel auffällig Verteidigungskräfte[sic], soll laut der israelischen Zeitung
markiert war (sie trug eine rote Leuchtweste) und ein Mega- Ha’aretz ausgeführt haben:
phone bei sich trug, womit alle Zweifel ausgeräumt sind, daß »Dies ist ein bedauernswerter Unfall. Es handelt sich hier
die Friedensaktivistin von dem Fahrer irgendwie hätte über- um eine Gruppe von Protestierern, die sehr verantwor-
sehen werden können, und sie war auch ohne jeden Zweifel tungslos handelten und jeden in Gefahr brachten.«
keine Bedrohung für den Fahrer. Mitglieder der israelischen Armee und beigeordneter parami-
Ein späterer Bericht des ISM-Medien-Koordinators Michael litärischer Siedlerorganisationen sind für die Tötung von
Shaik in Beit Sahour ent-
hielt nähere Details über
den Vorfall:
»Die Konfrontation
zwischen der ISM und
der israelischen Armee
dauerte bereits zwei
Stunden an, als Rachel
überfahren wurde. Ra-
chel und die anderen
Aktivisten hatten sich
während der gesamten
Konfrontation deutlich
Foto aufgenommen zwischen 15:00- Foto aufgenommen um 16:45 Ortszeit. Andere Frie-
sichtbar als unbewaff-
16:00 Ortszeit am 16. März 2003 in densaktivisten kümmern sich um Rachel, nachdem
nete internationale Rafah, besetzter Gazastreifen. Eine deut- diese soeben vom Fahrer der israelischen Planierrau-
Friedensaktivisten zu lich sichtbare Rachel Corrie, ein Mega- pe tödlich verletzt wurde (im Hintergrund). Dieses Foto
Erkennen gegeben. phone hochhaltend, stellt sich dem Fah- wurde nur wenige Sekunden aufgenommen, nachdem
Die israelische Armee rer einer der zwei Planierraupen entge- die Ladeschaufel der Planierraupe auf ihrem Weg zu-
versucht nun, das An- gen in einer Gegend, wo diese versuch- rück ein zweites Mal über Rachels Körper geschleift
denken an sie dadurch ten, ein palästinensisches Haus zu zer- wurde. Das Bild zeigt deutlich, daß der Fahrer hätte
zu entweihen, indem sie stören. Sie tat dies, um die Arbeit des verhindern können, sie zu töten, wenn er nur seine
behauptet, Rachel sei Soldaten zu stören und zu verhindern, Schaufel angehoben hätte, zumal sich ein großer Zwi-
daß er irgendwelche Häuser zerstört. Fo- schenraum zwischen der Unterseite der Raupe und
aus Versehen getötet to von Joseph Smith. (ISM Handout) dem Boden befindet. Photo von Richard Purssell. (ISM
worden, als sie vor eine Handout)
Planierraupe gelaufen
sei. Augenzeugen des
Mordes bestehen aller-
dings darauf, daß dies
absolute nicht wahr
sei. Rachel saß auf dem
Weg vor der Planier-
raupe, als sich diese
ihr näherte. Als sich
der Raupenfahrer wei-
gerte anzuhalten oder
auszuweichen, kletterte
sie auf den Hügel aus
Erde und Schutt, der Foto aufgenommen um 16:47 Ortszeit am 16. Rachel im Al-Najar Krankhaus, Rafah, besetz-
sich vor der Raupe an- März 2003, Rafah, besetzter Gazastreifen. Ra- ter Gazastreifen. Rachel kam um 17:05 Orts-
sammelte. Sie trug eine chel Corrie liegt am Boden, tödlich verwundet zeit in der Notaufnahme an, wo sich Ärzte ver-
fluoreszierende Weste durch einen israelischen Planierraupenfahrer. sammeln, um sie zu retten. Um 17:20 wird sie
Rachels Mitaktivisten haben sie ein wenig aus für tot erklärt. Laut Ha’aretz führte Dr. Ali Mu-
und sah dem Fahrer
dem Sand ausgegraben und versuchen, ihren sa, Arzt im Al-Najar Krankenhaus, als Todes-
direkt in die Augen, der Hals gerade zu halten wegen Verletzungen an ursache aus „“Schädel- und Brustfrakturen“.
immer weiter fuhr. Die der Wirbelsäule. Photo von Joseph Smith. (ISM Foto von Mohammad Al-Moghair
Raupe bewegte sich Handout)

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 341


2.181 Palästinensern und die Verletzung von weiteren 22.218 Anmerkungen
zwischen dem 29. September 2000 und dem 4. März 2003 Entnommen der Electronic Intifada, 16.3.2003,
verantwortlich. http://electronicintifada.net/v2/article1248.shtml. Nigel Parry und Arjan El
Abgesehen von der Ermordung von Rachel Corrie durch ei- Fassed sind die zwei Gründer der Electronic Intifada. Michael Brown und
nen Planierraupenfahrer haben die israelischen Truppen auch Ken Harper trugen ebenfalls zu diesem Bericht bei.
1
www.palsolidarity.org/
viele andere ausländische Aktivisten in einer Vielzahl von 2
www.palestinemonitor.org/, 15.3.2003.
Vorfällen während der Intifada getötet: den deutschen Arzt 3
Siehe http://electronicintifada.net/cgi-
Harald Fischer, den italienischen Kameramann Rafaeli Ciri- bin/artman/exec/search.cgi?keyword=iain%20hook
ello und den britischen Angestellten der Vereinten Nationen
Ian Hook.3

Nachruf auf Rachel


Von Colonel Maguire
Vor sechzehnhundert Jahren, im Jahr 404 nach Christi Ge- den Raupenfahrer nach einer getürkten Untersuchung für un-
burt, reiste der christliche Mönch Telemachus von Kleinasien schuldig und erklärte die Wohnungszerstörung für legal. Der
nach Rom mit dem festen Vorsatz, die Gladiatorenkämpfe zu Mob im Videodrom tobt weiter und verlangt mehr Blut.
beenden. Bei seiner Ankunft in Rom lief er in die Arena und Kann noch irgend jemand einen Zweifel daran haben, daß es
rief aus: »Im Namen Christi, haltet inne!« Telemachus stellte sich hier tatsächlich um das Reich des Anti-Christen handelt,
sich zwischen die Kämpfer in seinem Versuch, die Gladiato- bevölkert zugleich von zionistischen Juden und zionistischen
ren zu stoppen. Aber die Gladiatoren und die Menge, viele Nichtjuden?
davon selbst „Christens“, konnten sein Einschreiten gegen ih- Und man wird sich wohl noch fragen dürfen, was die regie-
re uralte Tradition nicht annehmen. Gemeinsam töteten sie rung der Vereinigten Staaten von Amerika unter der Führung
Telemachus. Aber Honorius, der christliche Herrscher von Präsident George W. Bush bezüglich dieser Gewalttat
Westroms, wurde zutiefst in seinem Gewissen gerührt. Er unternommen hat? Immerhin ist Rachel eine US-Bürgerin,
hielt inne und verbot für alle Zukunft alle weiteren Gladiato- und beim Gaza-Streifen handelt es sich nicht um israelisches
renkämpfe. Gebiet. Israelische Truppen besetzen dieses Gebiet wider-
Neulich hat eine andere Wallfahrerin von weither ihren zer- rechtlich und entgegen mehreren Resolutionen des UN-
brechlichen Körper dazwischen geworfen mit dem Ausruf Sicherheitsrates, die Israels sofortigen Rückzug fordern.
„Haltet Inne!“ An ihrer Seite stand ein Mann, der innig und Wenn es überhaupt jemals ein klares Kriegsverbrechen gege-
mit Demut zum Himmel betete, sie möge damit Erfolg haben. ben hat, dann ist es dieses, vollständig mit jeder Menge Zeu-
Wir können uns vorstellen, wie andere Christen vor 1600 gen und von Anfang bis Ende mit Farbvideo und Foto aufge-
Jahren beteten, als Telemachus seinen Körper zwischen die nommen.
Gladiatoren warf. So wie damals Telemachus, so wurde auch Sollte das Volk und die Regierung der Vereinigten Staaten
Rachel Corrie von den Herzlosen gnadenlos zermalmt, taub unter solchen Umständen nicht eine Entschuldigung verlan-
gegenüber ihrem Flehen und zornig über ihre Botschaft. In gen? Sollte da nicht der US-Präsident eine Pressekonferenz
den Zuschauerrängen des weltweiten Videodroms riefen vie- einberufen und verlangen, daß Sharons Regierung die Täter
le der Zuschauer ebenfalls „töte, töte!“, viele davon selbst verhaftet, und zwar sowohl die direkt beteiligten Soldaten als
Judeo-Christen. Soweit stimmt unsere Analogie. auch deren militärischen wie zivilen Vorgesetzten? Sollte er
Die völlige Abgebrühtheit dieses wohl-dokumentierten dann nicht die Auslieferung dieser Kriegsverbrecher verlan-
Kriegsverbrechens, der vorsätzliche Charakter dieser Tat des gen, damit diese in den USA vor Gericht zur Verantwortung
israelischen Fahrers; und ebenso die danebenstehenden israe-
lischen Sicherheitstruppen, für die es keine zehn Sekunden
wert war, Rachel und ihre Freunde mit ein wenig Tränengas
zu vertreiben, all dies entzieht sich unserem Verständnis. Wir Die neuesten Opfer
wissen, daß sich keiner dieser zionistischen Besatzungssolda- Am 10. April 2003 schossen israelische Solda-
ten alleine in den Gazastreifen begibt, um dort Wohnungen ten auf Tom Hurndall, 22, einen britischen
zu zerstören. Aber um dieses Szene von Dantes Inferno zu
ISM-Aktivisten, bei dessen Versuch, Kinder in
vervollständigen, um diese satanische Beleidigung Christi zu
perfektionieren, kamen hinterher einige jüdische Pharisäer
Rafah vor israelischem Gewehrfeuer zu
vorbei, die sich weigerten, jener Frau, die dort zermalmt am schützen. Tom wurde von Scharfschützen im
Boden lag, medizinische Hilfe zu leisten. Dies geschah nicht Kopf getroffen. Sein Zustand ist kritisch.1
unweit von der Stelle entfernt, wo vor zwei Jahrtausenden Brian Avery, 23, ein US-amerikanischer ISM-
der barmherzige Samariter den verwundeten Wanderer auf-
Aktivist, wurde am 5. April 2003 durch israeli-
fand. Es ist dies nicht der Mord allein, sondern die ganze ne-
bensächliche Grundlosigkeit des Ganzen. Man kann sich vor-
sche Kräfte in Jenin ins Gesicht geschossen.
stellen, daß Dämonen in der Hölle mit den Verdammten der- Er erlitt schwere Verletzungen im Gesicht und
maßen umgehen, aber sonst erwartet man das nirgendwo. wird sich intensiver plastischen Chirurgie un-
Das Nachspiel dieses Vorfall jedoch weicht völlig von der terziehen müssen. Brian kehrte am 16. Juni
anfangs aufgezeigten historischen Parallele ab. Anstatt die 2003 vom Krankenhaus in Haifa nach Hause
Wohnungszerstörung zu verbieten, erklärte Israels Regierung zurück.2

342 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


gezogen werden können? Sollten die Vereinigten Staaten Israel kein Übel tun kann; sie sind ausschließlich damit be-
nicht sofort alle Hilfe für den zionistischen Staat einstellen, schäftigt, zionistisch-politische Ziele voranzutreiben, und sie
bis er sich dem Völkerrecht und dem Diktat der allgemeinen alle ignorieren eifrig all jene christlichen Prinzipien, die nicht
Menschlichkeit beugt? in Israels Konzept passen.
Es kann nicht überraschen, daß Präsident Bush auch nicht ei- Auch die US-Medien – CNN, FOX, ABC, CBS, Associated
nen einzigen Piepser des Protest gegenüber den Israelis ver- Press und alle großen Zeitungen in ganz Nordamerika –
lauten ließ. Dies ist deshalb verständlich, weil offen gesagt meldeten kein Sterbenswörtchen über die tragischen Ereig-
die Juden und Israel diese korrupte US-Regierung dominie- nisse vom 16. März 2003, als das Leben der jungen Rachel
ren. Sie besitzen Herrn Bush, sie kontrollieren das Verteidi- Corrie durch grausame und sadistische israelische Mörder
gungsministerium, und er, ihre unterwürfige Marionette, ausgelöscht wurde. Denn Du mußt wissen, daß auch diese
handelt untertänigst gemäß ihrem Geheiß. Medien von zionistisch-jüdischen Interessen dominiert wer-
Und wo sind die Stimmen jener, die behaupten, heute im den. Genauso wie Bush, seine Kohorten in der US-
Namen Christi zu sprechen, wo ist jene evangelistisch- Hauptstadt Washington sowie die prozionistische christliche
christliche Führerschaft, die wir täglich in den jüdischen kon- Lobby, so sind auch sie Komplizen des Mordes an Rachel
trollierten Fernsehkanälen sehen? Diese selbsternannten Pro- Corrie.
pheten, Männer wie Pat Robertson, Jerry Falwell, James Quelle: http://www.thetruthseeker.co.uk/article.asp?ID=901
Dobson und Billy Graham kümmert sich einen feuchten Keh- 1
Siehe www.palsolidarity.org/activists/tomhurndall/tomhurndall.htm
richt darum, was Rachel Corrie widerfuhr. Sie predigen, daß 2
Siehe www.palsolidarity.org/reports/writings/5Apr03_JeninMichael.htm

Die Gaza-Mauer, Israels anti-arabischer Schutzwall, im Bau …

Wie deutsches und amerikanisches Geld in Israel ausgegeben wird


Von Germar Rudolf
Es sollte Allgemeinwissen sein, daß Israel nur deshalb über- aufgezwungenen deutschen Schuldkomplex – und von den
leben kann, weil es massive finanzielle Unterstützung haupt- Vereinigten Staaten als Ergebnis des enormen politischen
sächlich von zwei Nationen erhält: von Deutschland – mittels Einflusses der amerikanischen jüdischen Lobbygruppen. Der
der Manipulierung der öffentlichen Meinung durch einen Grund für die voraussetzungslose Unterstützung Israels ist

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 343


die Behauptung, nach dem „Holocaust“ stünde den Juden ein kommunistischen Regimes in Ost-Berlin die Flucht seiner
Heimatland zu, in dem sie in Zukunft einen Zufluchtsort fin- Bürger verhindern sollte, obwohl diese jüdische Mauer der
den können. Wie die Konzentrierung von Millionen von Ju- ehemaligen Berliner Mauer schockierend ähnlich sieht. Diese
den in einem schmalen Streifen Landes umgeben von Hun- jüdische Mauer soll hingegen die jüdische Besatzungsmacht
derten von Millionen extrem feindlich gesonnener Menschen von den Risiken feindlicher Eindringlinge schützen, ähnlich
als eine sichere Zufluchtsstätte angesehen werden kann, ist an vielleicht dem altertümlichen römischen Hadrianswall in
sich ein Rätsel. Solche Umstände fordern die „Endlösung“ Schottland oder dem Limes in Deutschland. Jede Meile die-
der Judenfrage im Nahen Osten durch einen Möchtegern- ser Mauer kostet ungefähr eine Million Dollar, ermöglicht
Vernichter geradezu heraus. dank deutscher und amerikanischer Finanzhilfen. Es ist dies
Als Ergebnis dieser Lage werden die jüdischen Versuche der perfekte Ausdruck für die zionistischen Paranoia der
immer grotesker, „ihr“ Heimatland in eine Festung umzu- permanenten Belagerung. Jetzt sieht nicht nur jede israeli-
wandeln. Während sich die USA auf ihren Krieg gegen den schen Botschaft aus wie ein kleines KZ – mit dem entschei-
Irak vorbereiteten, den damals womöglich gefährlichsten denden Unterschied, daß die Wachtürme nach außen gerich-
Gegner Israels, erfand Israel die „Mauer“ neu: man begann tet sind – sondern ganz Israel scheint sich jetzt langsam in ei-
dort mit der Errichtung einer riesigen Betonmauer um den ne riesige Festung zu verwandeln, abgesichert von massiven
besetzten Gazastreifen, um die dort ansässige palästinensi- Schutzmauern und bewacht von bedrohlich ausschauenden
sche Bevölkerung abzuriegeln. Die Mauer soll bestimmt die Wachtürmen.
Juden in Israel halten, wie einst die Berliner Mauer des

Simon Wiesenthals Kriegsjahre:


Neues Licht in eine düstere Vergangenheit
Von Theodore O‘Keefe

Aus den U.S. National Archives wurde uns die Kopie eines te Simon Wiesenthal dem »US Camp Commander, Mauthau-
aus dem Jahre 1945 stammenden Dokuments zugänglich, das sen« seinen Lebenslauf und eine Liste mit den Namen von 91
neue Beweise für die Zusammenarbeit des berühmt-berüch- Männern und Frauen, die ihm zufolge Kriegsverbrechen be-
tigten „Nazijägers“ Simon Wiesenthal mit der Sowjetunion gangen hatten. In einem Begleitbrief schrieb Wiesenthal mit
während des Zweiten Weltkriegs erbringt.1 Der Verfasser des jener Zurückhaltung, die später zu seinem Markenzeichen
Dokuments, ein den amerikanischen Militärbehörden im werden sollte:
ehemaligen Konzentrationslager Mauthausen in Oberöster- »Viele von diesen haben mir selbst und meinen Mitgefan-
reich übergebenen Lebenslauf, ist Simon Wiesenthal selbst. genen unermeßliches Leid zugefügt. […] Viele von diesen
In dieser kurzen Autobiographie behauptet er, dem sowjeti- habe ich selber in ihrer Zahl und Methode phantastische
schen Besatzungsregime in der ostgalizischen Stadt Lemberg Morde begehen sehen.«
(ukrainisch: Lwiw; polnisch: Lwów) als Ingenieur gedient zu Auf die Liste der „Kriegsverbrecher“ selbst sowie Wiesent-
haben und vom kommunistischen Regime für seine Dienste hals Bemühungen, diese zu identifizieren, zu charakterisieren
reich belohnt worden zu sein. Diese 1945 entstandene Dar- und anzuklagen, gehen wir im folgenden ein. Da es sich bei
stellung Wiesenthals untermauert eine gegenüber den US- dem Mann, der diese Dokumente vor nun über 58 Jahren un-
Behörden im Jahre 1948 abgegebene veröffentlichte eides- terzeichnete, um Ing. Szymon Wiesenthal handelt, der den
stattliche Erklärung, wonach er während der sowjetischen Gegenstand des vorliegenden Artikels bildet, sind seine An-
Besetzung 1939-1941 in Lemberg als »sowjetischer Chefin- gaben zu seiner Person hier jedoch von größerem Interesse
genieur« tätig war.2 als seine Jagdbeute.
Somit hat Wiesenthal kurz nach dem Zweiten Weltkrieg Wiesenthal beginnt seinen „Lebenslauf“, der seiner Form
zweimal dem widersprochen, was später die Standardge- nach eher einer kurzen Autobiographie ähnelt und seine wei-
schichte seiner Zeit im sowjetisch beherrschten Lemberg teren Eingaben begleitete, mit einem kurzen und scheinbar
werden sollte: Laut dieser wurde er nämlich gezwungen, als belanglosen Abschnitt über seine Herkunft und Ausbildung.
schlecht entlohnter Fabrikmechaniker zu arbeiten und entkam Der nächste Absatz lautet:
der Deportation ins Innere der UdSSR nur um Haaresbreite. »Nach Kriegsausbruch blieb ich in Lemberg, und nach
Der Lebenslauf sowie diesem von Wiesenthal anno 1945 dem Einzug der Roten Armee setzte ich meine Arbeit als
beigelegte Dokumente enthalten zusätzliche Aussagen, die Bauingenieur und Konstrukteur von Kühlungseinrichtun-
im Widerspruch zu Wiesenthals offizieller Darstellung seiner gen sowie anderen Installationen und Privatwohnungen
Kriegsjahre stehen. Von Belang sind diese Urkunden auch, fort. Während dieser Zeit erfand ich ein künstliches Iso-
weil sie erste Belege für Wiesenthals Karriere als Denunziant liermaterial, für das mich die sowjetische Regierung mit
und Verfolger angeblicher deutscher Kriegsverbrecher liefern. einer Prämie von 25.000 Rubeln auszeichnete.«
Diese beiden Sätze liefern konkretere Einzelheiten über Si-
Lemberg: Die fehlenden Jahre mon Wiesenthals Arbeit, Status und Verhältnis zu den So-
Am 25. Mai 1945, rund drei Wochen nach der Einnahme des wjetbehörden während der 21 Monate dauernden sowjeti-
Lagers durch US-Truppen, überreichte der kurz zuvor befrei- schen Besetzung Lembergs als alle anderen bisher erschiene-

344 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


nen Aussagen oder Berichte Wiesenthals. Wie oben ver- senthal hatten die Ukrainer rund 40 Juden in den Gefängnis-
merkt, verleiht das, was er 1948 bei einer Befragung durch hof gebracht, stellten sie dort in Reih und Glied auf und be-
die US-Armee zu Protokoll gab, seiner Erklärung von 1945 gannen, sie einen nach dem anderen zu erschießen. Er berich-
Glaubwürdigkeit und vermittelt weitere Details hinsichtlich tet, die Henker hätten sich zwischen den Morden die Bäuche
seiner Aktivitäten von September 1939 bis Mitte 1941: mit Wurst vollgeschlagen und sich Wodka hinter die Binde
»Bis 1939 als professioneller Bauingenieur tätig, zwischen gekippt. In den – streckenweise in der dritten Person ge-
1939 und 1941 sowjetischer Chefingenieur, in Lemberg schriebenen – Memoiren heißt es:
und Odessa angestellt. Zehn Tage vor dem Ausbruch des »Die Schüsse sowie die Schreie der sterbenden Männer
Kriegs zwischen Deutschland und Rußland kehrte ich nach drangen immer näher zu Wiesenthal. Er erinnert sich, daß
Lemberg zurück, wo ich den deutschen Einmarsch miter- er dastand und die graue Wand anstarrte, ohne sie wirk-
lebte.« lich zu sehen. Plötzlich hörte er den Klang von Kir-
Wiesenthals ausdrückliche Behauptung, ein sowjetischer chenglocken, und eine ukrainische Stimme rief: „Genug!
Chefingenieur gewesen zu sein, ist vielsagend. Wenn er, wie Abendmesse!“«
er angab, in Odessa (Sowjetukraine), rund 300 Meilen von In jener Nacht, so fährt die Schilderung fort, wurde Wiesent-
Lemberg entfernt, gearbeitet hat, muß er sich einer Bewe- hal dank der zufälligen Begegnung mit einem in der ukraini-
gungsfreiheit erfreut haben, wie sie nur wenige Bewohner schen Hilfspolizei dienenden polnischen Bekannten in seiner
der besetzten Gebiete in Ostpolen vor dem Ausbruch des Zelle gerettet. Der Polizist heckte einen kühnen Plan aus: Er
deutsch-sowjetischen Krieges genossen. Für die meisten Po- würde seinen Kollegen erzählen, Wiesenthal sei ein Sowjet-
len war der einzige Bestimmungsort in der UdSSR während spion, und er müsse ihn einem ukrainischen Kommissar an-
der ersten Sowjetokkupation der Gulag. derswo in der Stadt vorführen. Zwar, so behauptet Wiesent-
Wiesenthals 1967 erschienene Me- hal, sei er brutal verprügelt worden,
moiren The Murderers among Us doch sei es dem ihm freundlich ge-
(Die Mörder unter uns) stehen in sinnten Polizisten geglückt, ihn und
schroffem Gegensatz zu seinen 1945 einen anderen „Spion“ (einen Freund
und 1948 aufgestellten Behauptun- Wiesenthals) aus dem Gefängnis zu
gen.3 In diesem Buch berichtet er über führen, und beide Männer waren am
seine Anstellung im kommunistisch nächsten Morgen wieder daheim,
regierten Lemberg folgendes:4 »nachdem sie mehrmals um ein Haar
»Ende September war die Rote Ar- der Verhaftung entronnen waren.«
mee in Lemberg, und wiederum Das wenige, was Wiesenthal in sei-
wurde Wiesenthal „befreit“. […] nem Lebenslauf von 1945 über die
Die Wiesenthals schafften es, in Zeit nach dem deutschen Einmarsch
Lemberg zu bleiben, doch Wiesent- berichtet, widerspricht der Geschichte
hals Zeit als unabhängiger Archi- in seinen Memoiren klar. Er schreibt:
tekt war vorbei. Er war froh, eine »Als diese Stadt nach Ausbruch des
schlechtbezahlte Stelle als Mecha- deutsch-sowjetischen Krieges von
niker in einer Fabrik zu finden, die den deutschen Truppen eingenom-
Bettfedern herstellte.« men worden war, wurde ich am 13.
Wenn das, was Wiesenthal in seinen Juli 1941 sofort als Vertreter der
Erklärungen von 1945 und 1948 hin- jüdischen Intelligenz verhaftet. Da
sichtlich seiner Anstellung, seines ich wirtschaftlich unabhängig war,
Status und seiner wirtschaftlichen La- gelang es mir, durch Bestechung
Simon Wiesenthal
ge unter den Sowjets von sich gege- aus dem Kerker freizukommen.«
ben hat, der Wahrheit entspricht,5 drängen sich weitere Fra- In dieser weniger als vier Jahre nach den behaupteten Ge-
gen zu seinen Aktivitäten und Verbindungen in Lemberg von schehnissen entstandenen Version wird Wiesenthal eine Wo-
1939 bis 1941 auf. War er KP-Mitglied? Erwarb er die so- che später verhaftet als in seinen Memoiren. Seine Rettung
wjetische Staatsbürgerschaft? Beteiligte er sich an der Ver- aus dem Kerker erfolgt hier durch Bestechungsgeld und nicht
folgung der polnischen und ukrainischen christlichen Bevöl- durch eine zufällige Begegnung mit einem selbstlosen und
kerungsmehrheit? Und weshalb wurde Wiesenthal – der an- kaltblütigen polnischen Freund. Obgleich Wiesenthal in die-
scheinend das Vertrauen der Sowjets besaß, tüchtig war und sem Dokument sowie in seiner Befragung von 1948 geltend
über hochgeschätzte Fertigkeiten verfügte – nicht mit der Ro- macht, er habe unzählige Grausamkeiten durchlebt oder ge-
ten Armee evakuiert wie so viele andere, als diese Lemberg sehen, spricht er von keiner Massenerschießung durch
Mitte 1941 räumte? schlemmende und zechende ukrainische Hilfspolizisten.
Wiesenthals Zeugenaussage von 1948 liefert ein weiteres In-
Von Kirchenglocken gerettet? diz gegen die Geschichte von seiner wundersamen Errettung
Eine der berühmtesten Episoden aus der Heiligengeschichte vor der Ermordung durch Ukrainer im Juli 1941. Er hatte
Wiesenthals besteht in seiner Verhaftung und in der angeb- damals folgendes ausgesagt:
lich in letzter Minute erfolgten Rettung vor der Exekution »Am 8. Juli 1941 wurde ich von zwei Soldaten und einem
durch ukrainische Hilfspolizei einige Tage nach Eintreffen ukrainischen Hilfspolizisten aus meinem Wohnsitz ver-
der Wehrmacht. In The Murderers among Us wird berichtet, schleppt. Eine Gruppe von 60 Juden, die wie ich aus ihren
Wiesenthal sei am Sonntagnachmittag, den 6. Juli 1941, von Wohnungen gezerrt worden waren, wartete auf der Straße;
einem ukrainischen Polizisten festgenommen und ins Brigid- wir gingen langsam die Straße hinunter, da beständig neue
ki-Gefängnis von Lemberg eingeliefert worden.6 Laut Wie- Juden aus ihren Häusern gebracht wurden. Als wir etwa

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100 bis 120 Mann zählten, schaffte man uns zu den deut- dramatische Rettung während eines von Ukrainern verübten
schen Eisenbahnwerken, wo die Armeeingenieure auf uns Blutbads verlieren, sondern sogar in direktem Gegensatz zu
warteten. Wir mußten Spießruten laufen, und fast jeder von dieser Version stehen, kann man nur folgern, daß diese Epi-
uns bekam einen Fußtritt oder einen Peitschenhieb ab.« sode in seinen Memoiren eine bewußte Verleumdung der
(Rückübersetzung aus dem Englischen.) Ukrainer darstellt sowie wohl auch ihrer Kirche.
Wiesenthal fährt fort, er habe anschließend als Zwangsarbei-
ter in den Eisenbahnwerken Dienst getan, wobei er nachts Ein Leben voller Wunder?
jeweils heimkehren durfte, und dies wenigstens zwei Wochen Obwohl seine Erklärungen von 1945 und 1948 darauf hin-
lang. weisen, daß Wiesenthal mit den Sowjets zusammengearbeitet
Jüdische Propagandisten erzählen begreiflicherweise gerne hat, ist ihm häufiger vorgeworfen worden, mit den Deutschen
skurrile und oft frei erfundene Geschichten von Greueltaten, kollaboriert zu haben.8 Schriftliche Beweise dafür sind zwar
die im Verlauf der Jahrhunderte gegen Juden begangen wor- nicht vorhanden, doch ergeben sich interessante Fragen aus
den sein sollen. Im Licht der von Wiesenthal 1945 und 1948 seinen verschiedenen Erzählungen über gewisse Kriegserleb-
gemachten Aussagen, die nicht nur kein Wort über seine nisse, beispielsweise den eigentümlichen und widersprüchli-

Lebenslauf
von
Ing. WIESENTHAL, Szymon

Ich bin am 31. Dezember 1908 in Buczacz, Polen, geboren. Meine Ausbildung umfaßte öf-
fentliche und Hochschulen in jener Stadt, das Institut für Technologie in Prag, wo ich den
Grad eines Bauingenieurs erwarb (1932), ein Staatsdiplom in Bauingenieurswesen in Polen
(1939) mit gleichzeitigem Grad eines Freien Künstlers an der Polnischen Kunstakademie in
Lemberg (1937).
Nach Kriegsausbruch blieb ich in Lemberg, und nach dem Einzug der Roten Armee setzte
ich meine Arbeit als Bauingenieur und Konstrukteur von Kühlungseinrichtungen sowie anderen
Installationen und Privatwohnungen fort. Während dieser Zeit erfand ich ein künstliches Iso-
lierungsmaterial, für das mich die sowjetische Regierung mit einer Prämie von 25.000 Rubeln
auszeichnete.
Als diese Stadt nach Ausbruch des deutsch-sowjetischen Krieges von den deutschen Trup-
pen eingenommen worden war, wurde ich am 13. Juli 1941 sofort als Vertreter der jüdischen
Intelligenz verhaftet. Da ich wirtschaftlich unabhängig war, gelang es mir durch Bestechung,
aus dem Kerker freizukommen. Aufgrund der antijüdischen Einschränkungen konnte ich meinen
Beruf als Architekt nicht weiter ausüben und arbeitete eine Zeitlang als Maler in den Eisen-
bahnwerken von Lemberg. Am 20. Oktober 1941 wurde ich wiederum festgenommen; der Grund dafür
war, daß ich meinen Ingenieursgrad nicht angegeben hatte, den ich in der Tat nicht hatte
enthüllen wollen, da ich nicht bereit war, für die Deutschen zu arbeiten. Nach vier Wochen
wurde ich als Konstruktionszeichner in dasselbe Eisenbahnwerk zurückgeschickt, wo ich fast
zwei Jahre lang als einer von 1500 Juden verbleiben mußte, die man wie mich selbst zur Ar-
beit zwang. Während dieser Zeit geriet mein Leben mehrmals in höchste Gefahr, und ich verlor
beide Eltern, die von den Nazis umgebracht wurden. Zur gleichen Zeit erlebte ich auch die
Massenvernichtung von Juden in jener Stadt, auch wenn es meiner Gattin glückte, nach War-
schau zu entkommen. Von ihr habe ich seither nicht mehr gehört, und ich kann nur vermuten,
daß sie während des Aufstandes in jener Stadt im August 1944, bei dem 200.000 Juden ihr Le-
ben verloren, umgekommen ist. Nur weil ich in der Eisenbahnwerkstatt arbeitete, gelang es
mir, mit dem Leben davonzukommen.
Als mir klar wurde, daß die Nazis ihre Politik der vollkommenen Vernichtung der Juden
begannen, flüchtete ich am 18. Oktober 1943 aus dem Lemberger Zwangsarbeitslager, wo ich
während meiner zweijährigen Arbeit in den Eisenbahnwerken gefangen gehalten worden war (als
Häftling wurde ich mit den anderen täglich unter Bewachung ins Werk geleitet), und tauchte
unter, bis ich mich am 21. November 1943 jüdischen Partisanen anschloß, die dort tätig wa-
ren. Während ich in den Reihen der Partisanen gegen die Nazis focht, gelang es uns, eine er-
hebliche Menge von Beweisen und anderem Material zu sammeln und zwecks Sicherstellung zu
vergraben, welches die von den Nazis verübten Untaten belegte. Als die Partisanen von den
Deutschen zerstreut wurden, floh ich am 10. Februar 1944 nach Lemberg und versteckte mich
wiederum. Am 13. Juni 1944 wurde ich bei einer Hausdurchsuchung erwischt und kam sofort in
das bekannte Lager Lacki nahe der Stadt. Da es für gefangengenommene Partisanen keinen Aus-
weg gab, versuchte ich durch Aufschneiden meiner Pulsadern Selbstmord zu begehen, wurde je-
doch gerettet.
Mit dem Beginn der russischen Offensive schickte man mich von einem Konzentrationslager
ins andere; dies war das Ergebnis des stetigen deutschen Rückzugs. Zu diesen Lagern gehörten
Premysl, Dobromil, Chyrow, Sanok, Dukla, Grybow, Neu-Sandez, Krakow-Plashow, Großrosen und
Buchenwald. Nach Mauthausen kam ich am 15. Februar 1945.
Ing. Wiesenthal Szymon
Ing. Szymon WIESENTHAL“
Simon Wiesenthal unterbreitete diesen kurzen Lebensbericht, der den Schwerpunkt auf seine Erfahrungen während der
Kriegsjahre legte, am 25. Mai 1945 den US-Armeebehörden in Mauthausen, drei Wochen nachdem US-Truppen das KL
übernommen hatten.7

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chen Darstellungen seines Schicksals nach seiner abermali- rückte (die Deutschen räumten die Stadt einen Monat später),
gen Verhaftung durch die Deutschen im Jahre 1944. kann man nicht so recht begreifen, weshalb ein Partisanenof-
Wiesenthal hat stets behauptet, 1943 in Lemberg aus deut- fizier und mit Partisanendokumenten ertappter Spezialist
scher Gefangenschaft geflohen zu sein.9 Doch was er über nicht unverzüglich verhört, sondern in ein Krankenhaus ver-
die mehreren in Freiheit verbrachten Monate berichtet hat, ist bracht wurde, wo er sich, wie Wiesenthal anderswo in seiner
höchst widerspruchsvoll. In seinen Memoiren heißt es ledig- Aussage von 1948 angibt, mehr als einen Monat lang erholen
lich, er habe sich vor den Deutschen versteckt. In seinem Le- durfte.
benslauf von 1945 gab er an, sich „jüdischen Partisanen“ an- Wie bereits vermerkt, steht in Wiesenthals Memoiren nichts
geschlossen und in deren Reihen gekämpft zu haben. Bei sei- darüber, daß er Partisan gewesen sein soll. Doch heißt es
ner Befragung von 1948 gab er zu Protokoll, bei den Partisa- dort, er sei bei seiner Festnahme im Besitz einer Pistole ge-
nen Major gewesen zu sein, der sich auf den Bau von Bun- wesen (was sicherlich zu seiner Einstufung als Partisan ge-
kern und Befestigungen spezialisiert habe, und deutete an, führt hätte); auch soll er »ein von ihm geführtes Tagebuch
seine Gruppe sei von den Sowjets unterstützt worden. Im Ju- und eine Liste mit den Namen von SS-Wachmännern und ih-
ni 1944 sei er wieder in Gefangenschaft geraten. In seinem ren Verbrechen« bei sich getragen haben, die er erstellt hatte,
Lebenslauf von 1945 serviert er freilich eine andere Version: »weil er glaubte, sie könne eines Tages von Nutzen sein«.10
»Während ich in den Reihen der Partisanen gegen die Na- In den Memoiren heißt es, die Pistole sei gleich von einem
zis focht, gelang es uns, eine erhebliche Menge von Bewei- der Offiziere, die Wiesenthal verhaftet hatten, zwecks Ver-
sen und anderem Material zu sammeln und zwecks Sicher- kauf auf dem Schwarzmarkt gestohlen worden (wunderba-
stellung zu vergraben, welches die von den Nazis verübten rerweise hatte Wiesenthal also die Pläne des Offiziers
Untaten belegte. Als die Partisanen von den Deutschen erahnt), doch habe man ein Papier mit gepfefferten Anklagen
zerstreut wurden, floh gegen einzelne deutsche
ich am 10. Februar Offiziere bei ihm gefun-
1944 nach Lemberg den, das er irgendwann
und versteckte mich den Alliierten übergeben
wiederum. Am 13. Juni wollte.
1944 wurde ich bei ei- Abermals wurde Wie-
ner Hausdurchsuchung senthal nicht nur ver-
erwischt und kam so- schont, sondern man ver-
fort in das bekannte zichtete – immer seiner
Lager Lacki nahe der eigenen Darstellung nach
Stadt. Da es für gefan- – sogar darauf, ihn zu
gen genommene Parti- verhören. Der Folter will
sanen keinen Ausweg er entkommen sein, in-
gab, versuchte ich dem er zweimal versuch-
durch Aufschneiden te, Selbstmord zu bege-
meiner Pulsadern hen, das erste Mal durch
Selbstmord zu begehen, Aufschneiden seiner
wurde jedoch gerettet.« Pulsadern, das zweite
Wie er als Jude und Par- Mal durch Erhängen.
tisan aus dem Gewahr- Nachdem man ihn ins
sam der deutschen Si- Kommerzialisierung der Lüge: Krankenhaus gebracht
cherheitskräfte gerettet Video und DVD-Fassungen von Wiesenthals Helden- und Schauer- und mittels nahrhafter
wurde, geht aus der Er- märchen. Nahrung wieder aufge-
klärung nicht hervor, doch bei seiner Befragung von 1948 päppelt hatte, war sein Verhör für den 15. Juli 1944 vorgese-
war Wiesenthal gesprächiger: hen, doch anscheinend hatten die Deutschen sein Tagebuch
»Am 13. Juni 1944 waren wir in diesem Bunker [in Lem- und seine schwarze Liste inzwischen vergessen, denn die Ro-
berg]. Man suchte dort nach Waffen und erwischte uns. Es te Armee war im Anmarsch, und Wiesenthal wurde mit ei-
gelang uns nicht mehr, unsere eigenen Waffen einzusetzen. nem Kontingent jüdischer Gefangener nach Westen evaku-
[…] Ich schnitt mir sofort die Arterie auf. Man brachte uns iert.11
ins Lonsky-Gefängnis, und sie fanden einen Teil meiner Was immer man über diese Diskrepanzen und Unwahr-
Unterlagen. Wir hatten Tag für Tag auf eine sowjetische scheinlichkeiten denken mag: Es ist jedenfalls bemerkens-
Offensive gewartet und erstellten darum zu jener Zeit ge- wert, daß einer der prominentesten Überlebenden der angeb-
wisse Unterlagen über das gesamte Partisanengebiet, in lichen Hitlerschen Judenausrottungspolitik selbst einräumt,
dem wir uns befanden. Die Notizen waren in unserem Be- unter Umständen überlebt zu haben, die ihm bei Vorliegen
sitz, und diesem Umstand verdanke ich es, daß ich nicht einer solchen Politik einen alsbaldigen Tod garantiert hät-
sofort getötet wurde wie so viele andere Juden, denn diese ten.12 Angesichts der verschiedenen Ungereimtheiten in sei-
Unterlagen schienen sehr wertvoll zu sein, und darum lie- nen diversen Berichten drängt sich der Verdacht förmlich
ferte man mich nach meinem Selbstmordversuch in ein Ge- auf, daß Wiesenthal sehr wohl verhört wurde – doch warum
fängniskrankenhaus ein.« (Rückübersetzung aus dem Eng- hat er dies dann geleugnet?
lischen.)
Somit war Wiesenthal dieser Version zufolge nicht nur Jude Falsus in uno…?
und Partisan, sondern ein bewaffneter jüdischer Partisan. Da Ein ehrwürdiges juristisches Prinzip besagt: „Falsus in uno,
die Rote Armee zu jenem Zeitpunkt rasch auf Lemberg vor- falsus in omnibus“ („In einem Punkt falsch, in allen Punkten

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falsch“, oder, volkstümlich übersetzt, „Einmal ein Lügner, Fällen irgendwelche Einzelheiten und gibt nur dreimal das
immer ein Lügner“). Natürlich kann man hier einwenden, Datum und den Ort eines spezifischen Verbrechens an. Er
daß viele Menschen manchmal lügen, aber durchaus nicht behauptet, ein von ihm einfach als »Krieger, Gen.maj. SS«
immer, und daß eine Wahrheit auch dann eine Wahrheit bezeichneter Mann (vermutlich Obergruppenführer Fried-
bleibt, wenn sie aus dem Munde eines solchen Menschen rich-Wilhelm Krüger) habe »am 18. August 1941 persönlich
stammt. Selbstverständlich ist bei der Bewertung von Zeugen- 13.000 Menschen durch Erschießen umgebracht«, und vier
aussagen dieser weniger strikte Maßstab anzulegen, auch bei Offiziere hätten »am 18. November 1943 in Lemberg 7.000
Wiesenthal, doch strapaziert dieser unsere Nachsicht allzu oft. getötet«, verzichtet jedoch meist auf Daten: »Tötete in seinem
1945 hatte er in seinem Lebenslauf geschrieben: Werk in Lemberg 1.200 Juden« (über Georg Gross, den
»Während dieser Zeit geriet mein Leben mehrmals in »Chef der Lemberger Eisenbahnwerke«); »tötete allein in
höchste Gefahr, und ich verlor beide Eltern, die von den Tarnopol 8.000 Juden« (über den angeblichen Untersturm-
Nazis umgebracht wurden.« führer »Rokita«); »größter Mörder von allen. Die Zahl seiner
In dem beigelegten Begleitbrief hieß es: Opfer beläuft sich auf Tausende« (über »Amond [sic] Goeth«,
»Da alle Angehörigen meiner Familie und meine nächsten den Kommandanten des Lagers Plaszow bei Krakau); »ver-
Verwandten von den Nazis getötet worden sind, bitte ich antwortlich für mehrere tausend Tote« (über einen einfach
Sie, mich den US-Behörden zur Verfügung zu stellen, wel- als »Hasse« bezeichneten Mann).
che die Kriegsverbrechen untersuchen.« Trotz des Fehlens präziser Informationen über spezifische
Doch in seinen Memoiren wird über Wiesenthals Vater be- Missetaten wimmelt Wiesenthals Liste nur so von konkreten
richtet, dieser habe während des Ersten Weltkriegs in der Beschreibungen der Angeklagten. Während wir über »Scher-
österreichischen Armee gedient. Weiter steht dort klipp und ner« (vielleicht Julius Scherner, der als SS- und Polizeiführer
klar: »Er fiel 1915 im Kampf.«13 Könnte sich der Hinweis in im Distrikt Krakau Dienst tat) lediglich erfahren, daß er
seinem Lebenslauf vielleicht auf seinen Stiefvater bezogen »Kranke im Hospital tötete«, wird »Hujar Untersturmführer«
haben? Den Memoiren zufolge lautet die Antwort nein:14 als »Gewinner zahlreicher Wetten« geschildert, bei denen es
»Wiesenthals Stiefvater wurde in ein sowjetisches Gefäng- darum ging, »mit einer Kugel zwei Köpfe zugleich zu durch-
nis verbracht, wo er bald starb.« bohren«, und ein angeblicher Unterscharführer »Lied« wird
In seiner vereidigten Erklärung von 1948 sagt Wiesenthal als »Degenrat [sic] und Sammler der Schädel seiner Opfer«
nichts über seine Eltern. vorgestellt. In einigen Fällen ergeht sich Wiesenthal in Schil-
In Anbetracht der 1945 aufgetischten Lügen Wiesenthals derungen von Mordmethoden, die an oscarträchtige Holo-
über die Ermordung seines Vaters durch die Deutschen caust-Grusicals aus Hollywood gemahnen:
(zweifellos wollte er sich so das Mitleid der Amerikaner si- »Schlimmster Sadist und Killer, bediente sich ausschließ-
chern) und der vielen anderen Widersprüchlichkeiten in sei- lich einer Axt«,
ner Zeugenaussage ist man versucht, den vorher zitierten la- oder noch lächerlicher:
teinischen Spruch ein wenig abzuändern: „Falsus in pluribus“ »Die beiden letzteren spezialisierten sich darauf, Men-
(„Falsch in allen möglichen Punkten.“) schen zu hängen und bei lebendigem Leibe in Stücke zu
hacken.«
Wiesenthals Liste Eine größere Zahl von Anklagen ist weniger dramatisch und
Die den Amerikanern von Wiesenthal angebotene Liste an- vager formuliert:
geblicher Kriegsverbrecher umfaßt vier Seiten und stellt den »Listenführer des Lagers. Viele Grausamkeiten,«
ersten eindeutigen Beweis für seine Aktivitäten als „Nazijä- »Legte eifrigsten Sadismus an den Tag.«
ger“ dar. Da ihm die angeblich im Wald vergrabenen (oder »„Arbeitete“ in Böhmen.«
ihm von der Gestapo abgenommenen) Unterlagen fehlten, Rund 20 der auf der Liste Aufgeführten werden überhaupt
mußte er sich auf sein fabulöses Gedächtnis verlassen; dies keiner Verbrechen bezichtigt. Dies verrät hie und da den
hatte Folgen, auf die wir bald zu sprechen kommen. Es gibt Hang des Verfassers zum Erfinden griffiger Spitznamen für
keine Beweise dafür, daß Wiesenthal je als Belastungszeuge seine Bösewichte, doch alles in allem fehlte es Wiesenthal
gegen einen der Genannten aufgetreten ist, ebenso wie klare noch an jener Phantasie, die er später an den Tag legen sollte:
Belege dafür fehlen, daß die Genannten wirklich Verbrechen Der »Planer und Organisator von Massenmorden in ganz
begangen haben; auch liefert er wenige Hinweise auf Ort- Galizien« war schlicht ein »Engels, Gestapokommissar«.
schaften. Doch Wiesenthals Liste vermittelt einen Vorge- Obgleich in der Einleitung geltend gemacht wird, Wiesenthal
schmack seiner künftigen Karriere als begabter Erfinder von habe vielen der aufgelisteten Schreckenstaten persönlich bei-
Greuelmärchen und mag auch das eine oder andere Indiz für gewohnt (»[…] die ich selbst bei Morden und anderen Ver-
sein Treiben während des Krieges liefern. brechen gegen die Menschlichkeit beobachtet habe«), be-
In der kurzen Einleitung zu der 91 Namen umfassenden Liste hauptet er anschließend nur in einem einzigen Fall, selbst da-
schreibt Wiesenthal: bei gewesen zu sein, nämlich bei der angeblichen Erschie-
»Folgendes ist eine kurze Liste von SS-Männern und ßung von 13 Männern mit amerikanischen Pässen »am [sic]
Gestapo-Agenten sowie von Mitgliedern der Nazipartei, August 1944«.
die ich selbst bei Morden und anderen Verbrechen gegen Wiesenthals Liste liefert augenscheinlich keine greifbaren
die Menschlichkeit beobachtet habe.« Beweise für kriminelle Taten und dürfte auch bei der Auffin-
Die Liste ist in zwei Gruppen unterteilt. Die erste hatte Wie- dung seiner 91 Übeltäter wenig hilfreich gewesen sein. Ob-
senthal im »Distrikt Galizien (Lemberg)« getroffen (oder von gleich er in 70 Fällen den Rang oder (manchmal in sehr all-
ihnen gehört), die zweite im »Lager Krakau-Plashow« (sic). gemeinen Worten) die Funktion des Betreffenden nennt,
Er legt den Genannten unzählige Massenmorde zur Last (ins- kennt er bloß bei 18 von ihnen den Vornamen (in einem Fall
gesamt sollen seine 91 Nazis rund 1.150.000 Menschen über lediglich den ersten Buchstaben davon). Bei 42 der angebli-
den Jordan befördert haben), nennt aber in den wenigsten chen Kriegsverbrecher wird der Heimat- oder Herkunftsort

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angegeben, doch kaum je die genaue Adresse (zwei der Ge- »Um Ihnen meine persönlichen Daten zu vermitteln, lege
nannten sollen aus Holland, weitere drei aus der damals von ich einen kurzen Lebenslauf bei.«
Ungarn annektierten Batschka-Region gestammt haben). Nur Die Verfasserin führt den größten Teil der Einleitung zur
in fünf Fällen wird eine Straße genannt und in zwei eine voll- Wiesenthal-Liste an und gibt viele seiner Anschuldigungen
ständige Anschrift. Bei 12 der 91 erfahren wir den Zivilberuf, richtig wieder, unterläßt jedoch jeglichen Hinweis auf den
bei drei davon auch jenen von Verwandten. Lebenslauf, der dem Begleitbrief folgt und vor der Liste von
Es würde den Rahmen dieses Artikels sprengen, einen Ver- „Kriegsverbrechern“ im Dossier des Krakauer Prozesses
such zur korrekten Identifizierung der 91 Personen auf Wie- steht, in dem sich die Dokumente von 1945 befinden.16 Auch
senthals Liste zu unternehmen oder herauszufinden, was mit bei ihrer Darstellung von Wiesenthals Leben unter den So-
jenen geschah, die tatsächlich existiert haben. Doch liefert wjets sowie während der restlichen Kriegszeit läßt die Auto-
eine Analyse der von Wiesenthal gelieferten Informationen rin kein Sterbenswörtchen über diese Urkunde fallen.17
möglicherweise wichtige Hinweise auf die Verbindungen, die Hella Pick und andere Biographen mögen das in den Doku-
er zur Kriegszeit pflegte. 13 der Aufgelisteten sollen »Gesta- menten aus dem Jahre 1945 (Brief, Liste und Lebenslauf)
po-Agenten« gewesen sein, davon acht in Lemberg/Galizien vorhandene Beweismaterial für Wiesenthals Kollaboration
und fünf in Krakau/Plaszow. Bei den restlichen 78 kann er und allgemeine Unehrlichkeit unterdrückt haben, doch ist
nur in 10 Fällen mit dem Vornamen und in einem Fall mit dies sicherlich weniger bedeutsam als die unfaßbare Leicht-
dem Anfangsbuchstaben des Vornamens aufwarten (14,1 %), gläubigkeit der Heerscharen von Wiesenthal-Bewunderern
bei 34 (43,6%) mit dem Herkunftsort, bei 10 (12,8%) mit während seiner langen Karriere. Wenn Frau Pick die Drei-
dem Zivilberuf, dazu bei zweien von ihnen noch mit dem von stigkeit hat, Wiesenthals Behauptung »Mein Gedächtnis war
Verwandten. Doch bei seinen 13 angeblichen Gestapo- zu jener Zeit hervorragend« beifällig zu zitieren, und zwar
Agenten kennt Wiesenthal in sieben Fällen (53,8%) den Vor- unmittelbar nach ihrer Schilderung seiner Darstellungen aus
namen, bei neun (69,2%) den Herkunftsort und bei fünf dem Jahre 1945,18 so bildet diese Chutzpah das Gegenstück
(38,5%) den Zivilberuf, dazu bei einem jenen eines angehei- zur Naivität, geistigen Trägheit und Schlampigkeit der brei-
rateten Verwandten. Daß er nur bei einem seiner 13 Gestapo- ten Masse seiner Anhänger. Seit nunmehr fast vierzig Jahren
Agenten mit dem Rang in Armee oder Polizei dienen kann haben seine endlose Hatz auf eine bestimmte Kategorie an-
(während er bei 54 der 78 anderen den Rang nennt, darunter geblicher Verbrecher sowie seine Mißachtung rechtsstaatli-
bei Gestapo-Offizieren), verstärkt den Eindruck, daß es sich cher Normen und historischer Genauigkeit Wiesenthal die
bei ersteren um militärische oder zivile Untergrundagenten höchsten Auszeichnungen eingebracht, die Regierungen ver-
gehandelt haben dürfte. Wenn Wiesenthal über dermaßen ne- leihen können, und ihn in den Augen einer breiten Öffent-
bulöse Figuren weitaus mehr konkrete Angaben machen lichkeit zum umschwärmten Helden werden lassen.
kann als über die leichter identifizierbaren Offiziere und son- Wiesenthals langes Leben neigt sich anscheinend seinem En-
stigen Personen, verleiht dies dem Verdacht Auftrieb, daß de zu, und es besteht kaum Hoffnung, daß seine wirkliche
Wiesenthal selbst im Solde der Gestapo stand. Vergangenheit noch vor seinem Hinschied gründlich unter-
sucht und öffentlich bloßgestellt wird. Doch schließt dies
Wiesenthal hinter der weißgetünchten Fassade keinesfalls aus, daß ein kompetentes Forscherteam sich die-
Bekanntlich ist Wiesenthal seit den sechziger Jahren Gegen- ser Aufgabe in den kommenden Jahren zuwenden wird. Hin-
stand eines regelrechten Kults. Seine geschickte Maskierung ter die lackierte Fassade des Wiesenthal-Mythos zu blicken
von Rache als Gerechtigkeit sowie seine (oft von A bis Z er- und die Fäulnis zu enthüllen, die sich da angesammelt hat,
fundenen) Abenteuer bei der Treibjagd auf mit phantasievol- würde einen zumindest teilweisen Einblick in den Verfalls-
len Spitznamen bedachte Nazi-Superkriminelle haben ihn in prozeß vermitteln, dem die westliche Gesellschaft seit ge-
der westlichen Welt zum Helden gemacht. Sicherlich hatte raumer Zeit ausgesetzt ist. Und auch wenn Simon Wiesenthal
und hat er seine Widersacher, beispielsweise gewisse israeli- dann nicht mehr unter den Lebenden weilen sollte, würde der
sche Diplomaten und Geheimdienstoffiziere, den verstorbe- Ruf des „Nazijägers“ durch eine Beleuchtung seiner tatsäch-
nen jüdischstämmigen österreichischen Bundeskanzler Bruno lichen Aktivitäten während des Krieges zweifellos gehörig
Kreisky und die Revisionisten, doch ihre Stimmen wurden zurechtgestutzt, denn Tatsachen sind die Todfeinde des „Er-
durch den ohrenbetäubenden Beifall seitens der Medien über- innerns“.
tönt.15 Innerhalb der Holocaust-Industrie treibt eine recht an-
sehnliche Wiesenthal-Industrie ihre Sumpfblüten: Es gibt Anmerkungen
Dutzende von Büchern von und über Wiesenthal; er wird in Zuerst veröffentlicht unter »The War Years of Simon Wiesenthal: New Light
einer ganzen Reihe von Dokumentar- und Spielfilmen darge- on a Dark Past« im Journal of Historical Review 21(1) (2002), S. 15-22.
stellt; die in Los Angeles ansässige Stiftung, die ihn für die Übersetzt von Jürgen Graf.
1
Benutzung seines Namens entlohnt, hat Dutzende von Mil- Memorandum des Hauptquartiers der Alliierten Expeditionsstreitkräfte.
Thema: Kriegsverbrechen, 6. Juli 1945. Dossier 000-50-59, Unterlagen
lionen Dollar in Form von Spenden und Regierungssubven- des Hauptquartiers der US-Armee in Europa (USAEUR), Abteilung für
tionen eingeheimst. Kriegsverbrechen, Dokumentengruppe 338, National Archives at College
Doch gibt es überzeugende Beweise dafür, daß zumindest ei- Park, College Park, Maryland. In einer 1996 erschienenen Biographie
ner seiner jüngsten Biographen Zugang zu seinen 1945 nie- wird Wiesenthal dahingehend zitiert, er habe die Originaldokumente auf
dergeschriebenen Dokumenten hatte. In ihrem Buch Simon Polnisch verfaßt. Doch die englische Version in den National Archives
trägt seinen Namen, und er hat nie bestritten, daß sie seine Aussagen kor-
Wiesenthal: A Life in Search of Justice schreibt Hella Pick, rekt wiedergibt. Siehe Hella Pick, Simon Wiesenthal: A Life in Search of
Wiesenthal habe den US-Armeebehörden in Mauthausen eine Justice, Northeastern University Press, Boston 1996, S. 84f.
2
auf den 25. Mai 1945 datierte Liste mit 91 Namen überreicht. Verhör Nr. 2820. Unterlagen der Verhörsabteilung der Beweisermitt-
Frau Pick zitiert fast den gesamten Text des aus Wiesenthals lungsabteilung des Amtes des Hauptrats für Kriegsverbrechen, Dokumen-
tengruppe 238, National Archives Microfilm Publication M1019, Film-
Feder stammenden Begleitbriefs, läßt aber bezeichnender- rolle 79, National Archives at College Park, College Park, Maryland. Die
weise den letzten Satz weg: Befragung Wiesenthals fand am 27. und 28. Mai 1948 statt, dem An-

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schein nach im Rahmen der Untersuchung angeblicher Verbrechen der Häftling, Wiesenthal habe während des Krieges mit der Gestapo zusam-
Wehrmacht. Das Verhör wurde auf deutsch geführt; die in diesem Artikel mengearbeitet. Siehe seine Aussage in: Mark Weber, »Simon Wiesenthal:
angeführten Auszüge wurden vom Verfasser übersetzt und weichen in ei- Fraudulent Nazi Hunter«, Journal of Historical Review 15(4) (1995), S. 9f.
9
nigen Punkten von den Übersetzungen im Artikel »New Documents Raise Murderers…, aaO. (Anm. 3), S. 33-34; Verhör von 1948; Lebenslauf.
10
Doubts as to Simon Wiesenthal‘s War Years« ab (Journal of Historical Murderers…, aaO. (Anm. 3), S. 34.
11
Review 8(4) (1988), S. 489-503). Ebenda, S. 35-37.
3 12
Simon Wiesenthal, The Murderers among Us: The Simon Wiesenthal In einer weiteren eidesstattlichen Erklärung, die diesmal 1954 im Rahmen
Memoirs, ed. Joseph Wechsberg, Bantam, New York 1968. (Die Origi- eines Wiedergutmachungsantrags in Düsseldorf abgegeben wurde („Ei-
nalausgabe erschien 1967 bei McGraw-Hill in New York.) In diesem desstattliche Erklärung über die Zeit meiner Verfolgung“, in: Robert
Buch stehen seltsamerweise Wiesenthals eigene Erzählungen über seine Drechsler, Simon Wiesenthal: Dokumentation, Dokumente zur Zeitge-
Nazijagden neben vier Kapiteln, in denen sein Leben erzählt wird, »so schichte 1/1982) behauptet Wiesenthal, unmittelbar nach seiner Verhaf-
wie er es [dem Herausgeber] Joseph Wechsberg berichtet hat.« (S. vi). tung (vermutlich zur Erlangung von Informationen) gefoltert worden zu
Man wird natürlich annehmen dürfen, daß der biographische Teil von sein, doch habe er sich die Pulsadern aufgeschnitten und sei ins Kranken-
Wiesenthal genehmigt worden ist. haus eingeliefert worden. Daß Wiesenthal hier seinen sonstigen Darstel-
4
Ebenda, S. 25 lungen zu diesem Punkt widersprach, mag sich durch seinen Wunsch
5
Es lohnt sich der Hinweis darauf, daß in den beiden letzten (von Bewun- nach Wiedergutmachungsgeldern erklären lassen. In dieser Aussage steht
derern stammenden) Biographien Wiesenthals zwar dessen Behauptung nichts über seine Aktivitäten während der Sowjetherrschaft.
13
übernommen wird, er sei ein von den Kommunisten schlecht behandelter Murderers…, aaO. (Anm. 3), S. 23.
14
Bettfedernhersteller gewesen, daß jedoch auch festgehalten wird, er habe Ebenda, S. 25.
15
eine Zeitlang als Bauingenieur in Odessa gearbeitet. Siehe H. Pick, Simon Mark Weber, Simon Wiesenthal…, aaO. (Anm. 8), passim.
16
Wiesenthal…, aaO. (Anm. 1), sowie Alan Levy, The Wiesenthal File, Pick, Simon Wiesenthal…, aaO. (Anm. 1), S. 85-86.
17
W.B. Erdmans Co, Grand Rapids, MI, 1994, S. 33f. Beide Bücher beruhen Pick, Simon Wiesenthal…, aaO. (Anm. 1), S. 48-73, passim. Laut Pick (S.
dem Vernehmen nach auf ausführlichen Interviews mit Wiesenthal. In kei- 85) hat der wohlbekannte Filmregisseur Abby Mann (Judgement at Nu-
nem steht bei der Schilderung seiner Aktivitäten im sowjetisch beherrschten remberg) die Wiesenthal-Dokumente aus dem Jahre 1945 in den National
Lemberg ein Hinweis auf Dokumente oder Transkripts der Interviews. Archives konsultiert, während er Material für seine – später mit dem
6
Murderers…, aaO. (Anm. 3), S. 26f. Emmy-Award ausgezeichnete – Fernsehserie Murderers among Us: The
7
Eine Abbildung des englischsprachigen Dokuments befindet sich auf S. Simon Wiesenthal Story sammelte. Wir haben diese Serie zwar nicht ge-
16 der anfangs zitierten Ausgabe des Journal of Historical Review. Da sehen, doch geht aus Berichten hervor, daß Mann, der als Leutnant der
das Dokument mit »/s/« für »signed« endet, ist davon auszugehen, daß es US-Armee 1945 in Mauthausen mit Wiesenthal Freundschaft schloß, al-
sich bei diesem Dokumente entweder um eine Abschrift oder um eine les vermieden hat, was der Wiesenthal-Legende ernstlichen Schaden hätte
Übersetzung des Originals handelt. zufügen können.
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Beispielsweise behauptete Bruno Kreisky, Jude und ehemaliger KL- Pick, Simon Wiesenthal…, aaO. (Anm. 1), S. 85.

Meine revisionistische Methode


Von Prof. a.D. Dr. Robert Faurisson
Ich bin es nicht gewöhnt, in meinem Heimatland, dem »mil- Position sei »verrottet«. »Es gibt zu viele Lügen«, hält er fest
den Frankreich« (douce France),1 Komplimente und Glück- – laut Pressac nicht jüdische, sondern kommunistische Lügen.
wünsche zu erhalten. Am 26. Mai 2000 schrieb im Figaro ein Er fragt:
Gérard Slama, ich sei der »anerkannte Meister in der Kunst »Können die Dinge wieder ins Lot gebracht werden?«
der Erpressung wissenschaftlicher Wahrheit«. Und am 24. Und er liefert die Antwort gleich mit:
März 2000 las ich auf der Titelseite von Le Monde des »Es ist zu spät.«
Lettres folgende, von Pierre Vidal-Naquet2 stammende Cha- Pressac erklärt, für »offizielle Gewißheiten« gebe es keine
rakterisierung meiner Person: Zukunft mehr.
»Angesichts der Lüge, deren reinster Ausdruck Faurisson Vielleicht ist es uns gelungen, Pressac zu bekehren. Sollte
ist, empfindet man eine Art merkwürdigen philosophischen dies der Fall sein, dann möglicherweise darum, weil ich im
Schwindes.« Mai 1995 das Gericht darum ersucht habe, Pressac als Zeu-
Ich hoffe, es wird Ihnen bei meinen Ausführungen nicht gen zu einem meiner vielen Prozesse zu laden. Unvorsichti-
schwindlig werden. gerweise gab er der Vorladung statt. Es war mir untersagt,
Es gibt freilich auch gute Nachrichten aus Frankreich, insbe- ihm Fragen zu stellen, so daß ich meinen Anwalt instruierte,
sondere die Veröffentlichung des Buches einer jungen Dame dies für mich zu tun. Ich wollte ihm die Sache einfach ma-
namens Valérie Igounet. Ihr siebenhundertseitiges Werk Hi- chen und sagte ihm:
stoire du Négationnisme en France3 (Geschichte des Nega- »Sie brauchen ihm bloß zwei Fragen zu stellen. Erstens:
tionismus in Frankreich) ist aus einer Doktorarbeit entstan- „Sie haben kürzlich ein Buch mit dem Titel Les Créma-
den. Es ist voll und ganz gegen uns Revisionisten eingestellt, toires d’Auschwitz: La Machinerie du Meurtre de Masse[5]
doch werden wir darin so oft zitiert, daß man das Buch als veröffentlicht, das sechzig Illustrationen enthält: Fotos,
gute Einführung für einen Laien bezeichnen könnte, der gerne Zeichnungen etc. Können Sie uns ein Foto oder eine
wissen möchte, was die Revisionisten zu sagen haben. Viel- Zeichnung einer Gaskammer zeigen?“«
leicht sollte die Verfasserin dafür gerichtlich belangt werden. Natürlich war Pressac dazu nicht in der Lage. Die zweite
Das Buch endet mit einem erstaunlichen Interview mit dem Frage, die ich meinem Anwalt aufgetragen hatte, lautete:
„Holocaust“-Forscher Jean-Claude Pressac. Wie Sie wissen, »Was ist eine Gaskammer? Bitte beschreiben Sie eine!«
war dieser der Liebling der Klarsfelds, Pierre Vidal-Naquets Wie es seine Art ist, sprach Pressac des langen und breiten
und dergleichen. Doch was sagt er hier? Überraschenderwei- über Ventilation und Ventilatoren. Er schweifte so sehr vom
se scheint er sich mehr oder weniger von den Exterminationi- Thema ab, daß ihm die vorsitzende Richterin auf die Sprünge
sten4 loszusagen. Pressac meint, die exterminationistische zu helfen versuchte:

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»Aber Herr Pressac, ein Ventilator ist zur Ventilation da.« Meine Antwort lautete:
Ich konnte sehen, daß Pressac drauf und dran war, in Tränen »Ich habe keine.«
auszubrechen. Er sagte zu den drei Richtern: Sie hätten das Lächeln dieses Anwalts sehen sollen! Er war
»Sie müssen verstehen, daß ich nur ein Leben habe. Sie müs- ganz entzückt. Hier hatten wir einen Professor vor uns – doch
sen verstehen, daß ich in meinem Kampf alleine dastehe.« er besaß keine Methodologie! Ich sagte:
Sie sehen also, es hat sich einiges verändert. Und nun direkt »Ich habe lediglich eine Methode. Mir scheint, ich habe
zu meinem Vortrag. schon sehr oft bemerkt, daß die Leute das Wort „Methodolo-
Ich weiß, daß diejenigen unter Ihnen, welche an früheren gie“ als hochtrabenden Ersatz für „Methode“ verwenden.«
Konferenzen teilgenommen haben, enttäuscht wären, wenn Als ich nach Frankreich zurückgekehrt war, öffnete ich mein
ein Faurisson-Vortrag nicht in drei Teile gegliedert wäre. geliebtes American Heritage Dictionary of the English Lan-
Dieser Vortrag zerfällt in der Tat in drei Teile. Der erste wird guage. Ich schlug das Stichwort »Methodologie« auf und
sich mit meiner revisionistischen Methode in der Literatur fand folgende Anmerkung:
befassen, denn ich war literarischer Revisionist, ehe ich hi- »Immer häufiger als geschwollener Ersatz für „Methode“
storischer Revisionist wurde. Vielleicht wird Sie dies etwas verwendet.«
verblüffen, besonders jene unter Ihnen, die nicht mit der Ich sandte eine Fotokopie an den Anwalt und beide Richter
französischen Literatur vertraut sind. Nur keine Angst: Ich (ein seltsamer Prozeß, bei dem es zwei Richter gibt!).
werde es leicht machen. Der zweite Teil ist meiner revisioni- Meine Methode ist schwierig und riskant – bisweilen sogar
stischen Methode in der Geschichte gewidmet – und nicht physisch riskant, setzt sie doch voraus, daß ich manchmal
nur jener des „Holocaust“. Im dritten Teil werde ich mehrere meinen Fuß an Orte setzen muß, wo ich unwillkommen bin,
neue Forschungen vorschlagen, Forschungen, die ich nicht und harte Fragen stellen muß. Die Anwendung meiner revi-
mehr unternehmen kann, die jedoch von einer neuen Genera- sionistischen Methode kann einem eine Ohrfeige oder einen
tion von Revisionisten in Angriff genommen werden könn- Gefängnisaufenthalt bescheren. Doch beim Erforschen histo-
ten. Ich werde neue Arten und Methoden der Forschung auf rischer Probleme darf man nicht zimperlich sein. Man darf
folgenden Gebieten empfehlen: Erstens dem Anne-Frank- sich nicht auf Papierwerk und Archive beschränken – was
Tagebuch, zweitens dem Einsatzgruppenproblem, drittens sehr leicht ist.
dem Schicksal von in Auschwitz geborenen Kindern, viertens Manchmal muß man gewissen Leuten von Angesicht zu An-
den „braunen Juden“, die während des Krieges mit Deutsch- gesicht gegenübertreten, wie ich es mit Anne Franks Vater in
land kollaboriert haben, sowie fünftens der Abfassung und seinem Haus oder mit Michael Berenbaum in seinem Büro im
Veröffentlichung eines Gegen-Führers für das U.S. Holo- U.S. Holocaust Museum getan habe. Berenbaum hat vor kur-
caust Memorial Museum. zem das Vorwort zu einem sehr schweren Buch verfaßt, von
dem ich von einem Freund Ernst Zündels ein Exemplar erhal-
Meine revisionistische Methode ten habe. Ich halte es hiermit vor die Kamera: Sein Titel lau-
Der Revisionismus ist keine Ideologie. Er ist eine Arbeitsme- tet The Holocaust Chronicle.6 Hören Sie genau hin: Sie wer-
thode, ein Prozeß der Überprüfung und abermaligen Über- den den Klang der Leere hören.
prüfung allgemein akzeptierter Ansichten. Man kann auf je- Berenbaums Problem besteht darin, daß er Bücher schreibt,
dem beliebigen Feld revidieren, in der Physik, der Geschichte die dicker und dicker werden, doch während sie immer mehr
oder anderswo, doch gibt es verschiedene Arten, die revisio- Muskeln erfordern, erheischen sie immer weniger Hirn. Ver-
nistische Methode zu praktizieren. Ihre revisionistische Me- suchen Sie, in diesem Opus eine Gaskammer zu finden! Es
thode hängt von Ihnen ab, von Ihrem Charakter und Ihrer gibt Hunderte von Fotos. Hier ist eine, die zwei Wände zeigt.
Ausbildung. Ich will nicht behaupten, meine Methode sei die Es ist die Gaskammer von Dachau, die »nie in Betrieb war«
bestmögliche, doch werde ich versuchen, meine Methode, die (wie seit 1960 anerkannt wird und auf einem Schild in der
meinem speziellen Training sowie meiner speziellen Ausbil- Gedenkstätte Dachau steht), doch heißt es anderswo (auf S.
dung erwachsen ist, zu beschreiben. 609) im Buch, sie sei sehr wohl in Betrieb gewesen, aber nur
Ich habe nach Adjektiven zur Beschreibung dieser Methode ein klein wenig (»relativ wenige der Insassen Dachaus wur-
gesucht und dabei die folgenden gefunden: Es handelt sich den vergast«). Hier haben wir ein anderes Foto vor uns, eines
um eine Methode, die klassisch, direkt, kühn, wagemutig und der Gaskammer von Belzec. Doch o weh – das ist ja die Gas-
streng ist – sehr streng sogar. Dies ist eine Tatsache. Manch- kammer von Auschwitz I, von der wir nun wissen, daß sie
mal verwende ich den Begriff „Revisionismus mit Nieten und ein Schwindel ist.
Nägeln“. Meine Methode lehnt große Worte ab. Seien Sie
einfach, obgleich dies so schwer ist. Stoßen Sie direkt zum Meine revisionistische Methode in der Literatur
Mittelpunkt der Frage vor, und versuchen Sie zuerst, mir den Ich habe 1939, im Alter von zehn Jahren, begonnen, Latein
Pudding zu bringen. Ich will keine Worte. Ich werde den zu studieren. Als ich zwölf war, fing ich mit dem Erlernen
Pudding kosten, doch zuerst bringen Sie mir den Pudding – des Griechischen an. Mir scheint, damals bin ich zum Revi-
das heißt, keine intellektuelle Aufgeblasenheit und keine Pe- sionisten geworden. Ich will Ihnen sagen warum. Ich mochte
danterie. Latein und Griechisch sehr, doch die Beherrschung dieser
Sie mögen vielleicht gemerkt haben, daß ich das Wort „Me- Sprachen war höchst aufwendig. Latein ins Französische
thode“ verwende. Ich habe nicht „Methodologie“ gesagt. Im oder Englische zu übersetzen ist schwierig, Griechisch ins
Dezember 1998 trat ich beim Prozeß meines liebsten Freun- Französische oder Englische zu übertragen ist noch schwieri-
des Ernst Zündel als Zeuge auf. Ein jüdischer Anwalt fragte ger, doch am schwierigsten ist es, Französisch oder Englisch
mich: ins Latein oder Griechische zu übersetzen.
»Der Professor, der zu Ernst Zündel und seinen Schriften Die Übersetzung aus dem Französischen ins Latein und Grie-
aussagte, hat uns seine Methodologie erklärt. Was ist Ihre chische lehrte mich eine schmerzliche Wahrheit: Wir sind
Methodologie, Herr Faurisson?« unfähig, auch nur unsere eigene Sprache sorgfältig zu lesen.

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Wir bilden uns ein, wir könnten dies, und können es doch Meine revisionistische Methode auf dem Gebiet der
nicht. Erst wenn man gezwungen ist, aus seiner eigenen Geschichte
Sprache in eine fremde zu übersetzen, bemerkt man, daß man Ich werde meine Methode auf dem Gebiet der Geschichte
nicht sorgfältig gelesen hat. Sorgfältig zu lesen ist äußerst ausführlicher erörtern. Begonnen habe ich mit der Anwen-
schwierig. Ich glaube, wenn Sie etwas wirklich verstehen dung einer sehr präzisen Befragungsmethode zur Erfor-
wollen, sollten Sie es in eine Sprache übertragen, die von Ih- schung des „blutigen Sommers“ von 1944, einer Periode, die
rer eigenen ganz verschieden ist: Latein, oder Griechisch, wir in Frankreich »L’Epuration« (die Säuberung) nennen.
oder Hebräisch, oder Chinesisch. Dank meines Latein- und Genau wie ich es bei der Auseinandersetzung mit der Dich-
Griechischstudiums erwarb ich große praktische Erfahrung tung getan hatte, bemühte ich mich, meine Untersuchungen
auf diesem Feld. zu konzentrieren, indem ich meine Aufmerksamkeit einem
Als ich französische Literatur zu unterrichten begann, hatte kleinen Gebiet in Frankreich zuwandte. Ich studierte die Fra-
ich anfangs Schwierigkeiten. In Frankreich ist es gängige ge der vom Maquis (oder der Résistance) durchgeführten
Praxis, daß man seinen Studenten einen kurzen Text zum Er- Hinrichtungen. Dies war eine schwierige und gefahrenvolle
klären und Kommentieren aufgibt. Es wird von den Lehrern Arbeit. Ich mußte Männer ausfindig machen und befragen,
verlangt, daß sie den Studenten beim Verständnis des Textes welche Angehörige der Erschießungskommandos gewesen
behilflich sind, indem sie ihnen mehrere Fragen vorlegen. waren, und ihnen Fragen stellen wie:
Auch ich ging anfänglich so vor; ich hielt mich an die übli- »Warum haben Sie mitgemacht? Wie konnten Sie dies
che Prozedur. Eines Tages dämmerte es mir, daß die Fragen tun?«
meine Studenten davon abhielten, sich auf die sorgfältige Es ist dies eine sehr aufreibende Arbeit. Sie müssen die Orte
Lektüre des Textes zu konzentrieren, und ich beschloß, Ihnen aufsuchen, wo die Exekutionen stattfanden. Sie müssen die
künftig keine Fragen mehr vorzulegen. Ich ersuchte sie fortan genauen Namen der Angehörigen des jeweiligen Erschie-
lediglich, den Text zu erklären, und sagte ihnen, sie sollten ßungskommandos herausfinden. Damals, in den sechziger
jegliches Kommentieren unterlassen. Jahren, hatten die Menschen große Angst, insbesondere vor
Meine Methode des Literaturunterrichts war für meine Stu- den Kommunisten. Doch ich untersuchte die von der Rési-
denten nicht ohne Gefahren. Ich pflegte ihnen zu sagen: stance durchgeführten Hinrichtungen und veröffentlichte die
»Wenn Sie einen Text studieren, versuchen Sie, seine Be- Ergebnisse meiner Forschungen.7 Sie müssen sich vor Augen
deutung zu verstehen. Lesen Sie sorgfältig. Und nun will halten, daß man uns erzählt, während des Krieges habe es in
ich Ihnen etwas Schwieriges sagen: Akzeptieren Sie von Frankreich „Widerstandskämpfer“ gegeben. Wir haben von
Anfang an, daß es entweder eine Bedeutung gibt oder kei- „Widerstandskämpfern“ und „Kollaborateuren“ gehört. Ich
ne. Verwechseln Sie Bedeutung nicht mit Kommentar.« möchte festhalten, daß es zur Kriegszeit zwei Arten von Wider-
Ich brachte ihnen eine Art Technik bei. Ich sagte jeweils: standskämpfern gab: Widerstandskämpfer gegen die deutsche
»Sie müssen den Text lesen und den Verfasser vergessen. Besetzung sowie solche gegen den kommunistischen Terror.
Der Verfasser jedes Textes ist für Sie auctor ignotus [unbe- Ich komme nun zum „Holocaust“. Wie ging ich hier vor? Ich
kannter Autor]. Auf diese Weise werden Sie keine vorge- hatte Leute sagen hören, es habe Gaskammern gegeben. An-
faßten Meinungen haben. Hüten Sie sich vor dem Titel: dere sagten schon damals, es habe keine gegeben. Welche
Der Verfasser benutzt ihn, um Sie zu beeinflussen. Es ist Methode zur Revision der Geschichte entsprach meiner Na-
genau so, als ob der Verfasser sagte: „Dies ist reiner tur, mir selbst? Ich sagte mir:
Orangensaft“, und wenn sie ihn kosten, merken Sie, daß es »Also gut, ich sehe, daß man sich über die Frage streitet,
kein reiner Orangensaft ist.« ob die Gaskammern existiert haben, und möchte nun eine
Ich schärfte meinen Klassen ein, Poesie genau so zu lesen einfache Frage stellen: „Was ist eine Nazigaskammer? Ich
wie Prosa, was in Frankreich fast schon ein Verbrechen ist. muß eine sehen.“«
In Frankreich haben wir, wie Sie wissen, eine sehr raffinierte So fuhr ich nach Paris und suchte das Centre de Documenta-
Intelligenzia. Sie hat alle möglichen Theorien ausgebrütet, tion Juive Contemporaine auf. Ich erinnere mich, wie der Ar-
von denen eine so lautet: Wenn man es mit komplexer Dich- chivangestellte mich fragte, was ich wünsche. Ich antwortete:
tung zu tun hat, wie jener von Gérard de Nerval, Arthur »Das Foto einer Nazigaskammer.«
Rimbaud, Charles Baudelaire, Lautréamont, Apollinaire und Der Mann entgegnete:
Paul Valéry, darf man nicht versuchen, sie zu verstehen. »Wir haben viele Bücher.«
Doch lag es in meiner Natur, daß ich ihre Dichtung verstehen »Ein Foto«, sagte ich. »Wir haben viele Zeugenaussagen«,
wollte, Zeile um Zeile, Wort um Wort. Manchmal kam es fuhr er fort. »Ein Foto«, wiederholte ich. »Wir haben viele
vor, daß ich Wochen auf einen kurzen – und schwierigen – Dokumente«, wich er aus. »Ein Foto«, beharrte ich. Dann rief
Text von Gérard de Nerval aufwendete (oder verschwende- er Madame Imbert (ich erinnere mich an ihren Namen).
te). Vielleicht war meine Methode gut, denn ich erzielte da- »Kommen Sie herein. Dieser Herr möchte das Foto einer
mit oft befriedigende Resultate. Nazigaskammer.«
In den Sechzigern machte ich mir einen Namen in der fran- Ich schwöre, daß sie sagte:
zösischen Literatur. Ich hatte ein wunderbares Leben. Ich ha- »Wir haben viele Zeugenaussagen.«
be einmal geschrieben, mein Leben bestehe aus vier Teilen. »Aber dieser Herr will ein Foto«, wandte der Archivange-
Der erste war meine Familie – meine Frau und meine drei stellte aufgebracht ein. Man bedeutete mir, ich solle mich
Kinder – sowie die Freuden des Lebens. Der zweite war mein hinsetzen. Volle sechzig Minuten saß ich da. Die arme Frau
Beruf, das Unterrichten. Der dritte war meine literarische durchstöberte die Regale und öffnete ein Buch nach dem an-
Forschungsarbeit. Vielleicht hätte ich bei diesem dritten Teil deren – erfolglos. Schließlich brachte sie mir ein allgemein
Halt machen und mich nicht in den gefahrenschwangeren bekanntes Foto, dasjenige eines behelmten US-Soldaten, der
vierten Teil vorwagen sollen, doch wurde ich auch auf dem vor den Entlausungsgaskammern in Dachau steht, sowie ähn-
Gebiet der Geschichte zum Revisionisten. liche Bilder. »Hier gibt es ein Problem«, dachte ich mir.

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Die Direktheit meiner Methode liegt darin, daß ich jeweils und dies die Gefahr einer Vergiftung erhöht. Ich fragte ledig-
zum Zentrum des Zentrums vorstoße – sogar in einem jüdi- lich:
schen Dokumentationszentrum. Das sogenannte jüdische »Wie war das möglich? Sagen Sie es mir. Liefern Sie mir
Dokumentationszentrum in Paris hatte ein Dossier mit der eine Erklärung, die technisch gesehen Hand und Fuß hat.«
Bezeichnung »Massenvergasungen von Menschen«. »Da ha- Wissen Sie, welche Antwort Pierre Vidal-Naquet, Léon Po-
be ich aber Glück!« sagte ich mir. »Die schwerwiegendsten liakov und 32 weitere Historiker auf meine Fragen erteilten?
Anklagen gegen Deutschland müssen hier vorzufinden sein. Sie hatten eine prächtige Antwort, die sie am 21. Februar
Ich will mit den allerschwerwiegendsten anfangen.« Nun, ich 1979 in Le Monde veröffentlichten:
ging die schwerwiegendsten Vergasungsvorwürfe durch und »Man darf sich nicht fragen, wie solch ein Massenmord
fand – nichts. technisch möglich war. Er war technisch möglich, weil er
Ich beschloß, die Orte aufzusuchen, wo es angeblich Gas- stattgefunden hat.«
kammern gegeben hatte. Zuerst reiste ich nach Struthof- Vielleicht hätte ich nun aufhören und mir sagen sollen:
Natzweiler in der Nähe von Straßburg und entdeckte, daß die »Nun gut, sie können mir nicht antworten. Ich werde ein-
dortige „Gaskammer“ durchaus keine Gaskammer war, ob- fach warten, bis eine Antwort erfolgt.«
wohl sie auf großen Schildern als solche betitelt wurde. Ich weiß nicht, weshalb ich nicht locker ließ. Als erster habe
Kaum hatte ich die Ergebnisse meiner Untersuchung veröf- ich die Pläne der angeblichen Gaskammern publiziert, ob-
fentlicht, wurde die „Gaskammer“ dem Zutritt der Öffent- gleich es eigentlich Aufgabe der Gegenseite gewesen wäre,
lichkeit entzogen. Versuchen sie einmal, sie zu betreten! Die dies zu tun.
Schilder mit der Aufschrift „Gaskammer“ hängen immer Am 19. Januar 1995 hatte ich den größten Schock meines
noch da, aber man teilt den Besuchern mit: Lebens – und ich habe viele solche erlebt. Als ich die Wo-
»Wir können Sie nicht hereinlassen, denn es hat Fälle von chenzeitschrift L’Express öffnete, fand ich einen langen Arti-
Vandalismus gegeben.« kel von Eric Conan, einem Historiker, der mit Haut und Haa-
Dies stimmt nicht und ist so oder so keine akzeptable Erklä- ren gegen uns eingestellt ist. Die Überschrift lautete: »Au-
rung. schwitz: La Mémoire du Mal« (Auschwitz: Die Erinnerung
Als ich Majdanek besuchte, steuerte ich schnurstracks auf den an das Böse.) Dort las ich auf Seite 68 folgendes über die
Ort zu, wo sich die Gaskammern befunden haben sollen. Die- Gaskammer von Auschwitz I:
ses Gebäude trägt heute noch eine unübersehbare Aufschrift, »Alles daran ist falsch.«
die von der deutschen Lagerverwaltung angebracht worden Im gleichen Artikel schrieb Conan über das, was er als »Fäl-
war und besagt: »Bad und Desinfektion.« Ich dachte mir: schungen« bezeichnete:
»In diesem Gebäude werde ich entweder „Bad und Desin- »Es war für Faurisson ein Leichtes, dies zu sagen, um so
fektion“ und sonst gar nichts finden, oder aber ich finde mehr, als die Verantwortlichen der Gedenkstätte sich wei-
„Bad und Desinfektion“ und dazu noch irgend etwas Ver- gerten, ihm zu antworten.«
dächtiges.« Da stand es also schwarz auf weiß. Dabei war der angebliche
Was ich dann fand, war nichts weiter als „Bad und Desinfek- Fälscher doch die ganze Zeit über ich gewesen, und die Ex-
tion“, einschließlich einer ganz charakteristischen Vorrich- terminationisten galten als die Verkünder der Wahrheit. Da-
tung: Ein kleiner Ofen neben der sogenannten „Gaskammer“, mals, im Jahre 1995, räumte ein orthodoxer Historiker also
der zur Beschleunigung des Entlausungsvorgangs mittels ein, daß Faurisson recht gehabt hatte, fügte jedoch gewisser-
Erwärmen der Luft diente, sowie in der Mitte der Türe ein maßen gleich hinzu: „Na und?“
Platz für das Thermometer. Wie Sie sehen, unterscheidet sich Der Besuch einer dieser Stätten kann dazu führen, daß einem
meine Methode nicht allzu stark von der Art und Weise, wie ein anderes schlagkräftiges Argument einfällt, das freilich
die Polizei ein Verbrechen untersucht. überraschenderweise niemand, nicht einmal Fred Leuchter,
Ich besuchte Auschwitz, Treblinka und ähnliche Orte. An je- ins Feld geführt hat. Wenn man darlegen möchte, daß die be-
dem von ihnen fand ich eine verschwindende Gaskammer. hauptete Kapazität der deutschen Verbrennungsöfen unmög-
Sobald ich mich ihr näherte, entschwand sie. Ich stellte den lich hoch ist, kann man auf ganz einfacher Ebene argumen-
Führern nie irgendwelche Fragen. Wie wir wissen, leiern die- tieren. Man braucht keine zweihundert Seiten zu schreiben.
se bedauernswerten Leuten bloß auswendiggelernte Lektio- Man gehe nur hin und suche ein Krematorium auf. Man er-
nen herunter. Immer, wenn ich ein Lager aufsuchte, verlangte mittle die Kapazität der heutigen Krematoriumsöfen und ver-
ich eine Unterredung mit einem Experten, den ich um eine gleiche diese mit jener Kapazität, die für Auschwitz vor
Erklärung zu der fehlenden Gaskammer bitten konnte. Ich sechzig Jahren behauptet wird. Dasselbe kann man mittels
habe nie eine bekommen. der Untersuchung einer Gaskammer tun. Man sehe sich eine
Als Ergebnis veröffentlichte ich in Le Monde am 29. Dezem- amerikanische Exekutionsgaskammer an, und man wird ent-
ber 1978 einen Artikel, dem am 16. Januar 1979 ein Leser- decken, wie kompliziert es ist, auch nur eine Person zu ver-
brief in derselben Zeitung folgte. Ich stellte einfache Fragen gasen. Sicher, wir wissen, daß manche Aspekte einer formel-
(gehen Sie immer so einfach wie möglich vor!): Wie konnte len Hinrichtung eine Art Luxus sind. Stellen Sie sich nur vor,
man eine Gaskammer betreten, um die Leichen herauszuzie- wie es 1924 war, als erstmals in den USA eine Hinrichtung
hen, wenn dies doch dem Betreten eines Ozeans von Blau- durch Gas erfolgte. Sie werden dann begreifen, wie unge-
säure gleichkam? Wie konnten die Arbeiter die Leichen an- mein kompliziert eine Vergasung ist, auch heute noch. Sie
fassen, wenn das Gift doch durch die Haut dringen kann? brauchen nur eine tatsächlich existierende Gaskammer in ei-
Wie war das mit der körperlichen Anstrengung, die mit einer nem amerikanischen Zuchthaus mit einer sogenannten Nazi-
solchen Räumungsarbeit verbunden war – wir wissen gaskammer zu vergleichen. Dann werden Sie einsehen, daß
schließlich, daß man in einem soeben mit Blausäure entwe- die Durchführung einer Vergasung in den angeblichen Gas-
sten Raum selbst die kleinste Anstrengung wie das Öffnen kammern der Nationalsozialisten ein Ding der Unmöglichkeit
eines Fensters unterlassen muß, weil man dann rascher atmet gewesen wäre.

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Es reicht jedoch nicht, die Orte aufzusuchen; man muß auch erhabener Art. Der eine Text war „eine Anrufung der Göt-
mit Menschen sprechen. Genau wie ich es getan habe, muß ter“, der andere „eine Anrufung der Seele von diesem oder
man dorthin gehen, wo die Gefahr lauert. 1994 stattete ich jenem“, und so weiter. Nachdem Champollion die altägypti-
Michael Berenbaum, dem damaligen Forschungsdirektor des sche Schrift enträtselt hatte, stellte sich heraus, daß es sich
U.S. Holocaust Museum, einen überraschenden Besuch ab. bei solchen Texten oftmals um Listen von so und so vielen
Nachdem ich mir die Ausstellung zusammen mit zwei ameri- Kühen, so und so vielen Ziegen, so und so vielen Schafen
kanischen Freunden angesehen hatte, rief ich Michael Beren- handelte. So arbeiten Intellektuelle: Sie verkünden immer
baum von der Eingangshalle aus an. Ich sagte ihm am Tele- große Ideen, Philosophie. Ich hasse Philosophie. Ich hasse
fon: sie, weil ich sie einfach nicht verstehe.
»Mein Name ist Robert Faurisson. Ich möchte gerne mit Mein Vorbild für den Revisionismus in der Geschichte ist
Ihnen sprechen.« vielleicht am ehesten Sherlock Holmes. Man muß mutig sein
Berenbaum erwiderte ohne zu zögern: wie er. Und wie Sherlock Holmes muß man sich kurz fassen
»Es ist viertel vor vier. Um Viertel nach vier erwarte ich und stets den Kern der Frage anpacken. So kam es zu meiner
Sie in meinem Büro.« prägnanten Formel »No holes, no „holocaust“« (Keine Lö-
Es war, als hätte er die ganze Zeit über auf mich gewartet. cher, kein „Holocaust“), von der Sie gehört haben. Es mag
Als ich sein Büro betrat, sah ich nicht nur Berenbaum, son- Sie überraschen, daß ich diese Formel erstmals bei der IHR-
dern auch zwei weitere Herren, die auf einem Sofa saßen. Sie Konferenz von 1994 aussprach. Ich erinnere mich, daß da-
waren die Direktoren des Museums. Links und rechts flan- mals niemand darauf reagiert hat, vielleicht weil mein Eng-
kierten mich meine eigenen Begleiter und Zeugen. Beren- lisch so mangelhaft ist. Dann, zwei oder drei Jahre später,
baum fragte: begannen Revisionisten wie Dr. Countess zu reagieren und
»Nun, was für Fragen haben Sie?« warnten:
Ich antwortete: »Wir müssen vorsichtig sein. Ihre Formulierung ist sehr
»Unten, im Gästebuch, habe ich folgendes eingetragen: Ich kurz.«
habe diesen Ort am 30. August 1994 besucht. [Ich liebe Ich kann diesen Einwand begreifen. Wenn etwas sehr kurz
Daten.] Ich habe keine Antwort auf meine Herausforde- ist, kann es zu kurz sein. Komplizierte Dinge, so scheint es,
rung „Zeigen oder zeichnen Sie mir eine Nazigaskammer“ lassen sich nicht in ein paar wenige Worte kleiden. Ich kann
gefunden.« sehr wohl verstehen, weshalb die Menschen vorsichtig und
Ich wußte, daß es im Museum eine Schwindelgaskammer zurückhaltend sind, doch manchmal liegt in der Kürze tat-
gab, hätte aber gerne von Berenbaum persönlich gehört, daß sächlich die Würze.
es ein gutgemachter Schwindel war. Freilich wußte ich, daß Ich meine, daß »No holes, no „holocaust“« ein guter Spruch
er dies nicht sagen würde. war, und kann dies wie folgt erklären: Wenn man ein wirk-
»Warum sollte ich Ihre Frage beantworten?« erwiderte er. lich großes Problem vor sich hat, weiß man, daß man es nicht
»Wer steht auf Ihrer Seite? Ernst Zündel, Bradley Smith. vollumfassend anpacken kann. Dies wäre ein Ding der Un-
Merken Sie sich, daß wir letztes Jahr zwei Millionen Besu- möglichkeit, weil es einfach zu groß ist. Was muß man dann
cher hatten. Wer sind Sie denn?« tun? Man muß sich ein Herz fassen und direkt zum Mittel-
Ich sagte: »Sie müssen meine im Gästebuch eingetragene punkt des Kerns vorstoßen. Der Mittelpunkt des „Holocaust“
Frage beantworten.« »Ich sehe nicht ein, warum«, versetzte ist Auschwitz. Auschwitz ist seine Zitadelle. Somit haben wir
er. Plötzlich kam mir eine Inspiration, und ich sagte ihm: einen großen Kreis H – „Holocaust“ – und darin einen klei-
»Doch, Sie müssen mir antworten, weil Sie eine Anklage ge- neren Kreis A – Auschwitz. Was ist nun der Mittelpunkt von
gen die Deutschen erheben.« Wahrscheinlich wurde sich Be- Auschwitz? Nun, der Mittelpunkt ist K – die Krematorien,
renbaum zum ersten Mal in seinem Leben bewußt, daß er mit von denen jedes eine (oder mehrere) Menschentötungsgas-
der Behauptung, die Gaskammern hätten existiert, eine An- kammer(n) enthalten haben soll. Was aber ist der Mittelpunkt
klage gegen die Deutschen erhob. Ich dachte, er würde mir von K? Es kann nur das einzige Krematorium sein, von dem
eine Ohrfeige verabreichen. Berenbaum wurde tatsächlich es heißt, es sie noch verhältnismäßig intakt, ohne eine „Re-
wütend, und einige Augenblicke lang meinte ich, er würde konstruktion“ zu sein. Dies ist heute das Krematorium II in
die Sicherheitsbeamten herbeirufen. Wenn ich mich recht erin- Auschwitz-Birkenau. Es ist zwar von den Deutschen ge-
nere, stellte er das Tonbandgerät ab – und die ganze nächste sprengt worden (oder vielleicht von den Russen, aber das
Stunde lang quälte ich den armen Mann mit meinen Fragen. spielt keine große Rolle). Unsere Gegner sagen:
Ein Revisionist muß ein wenig sadistisch sein können. Er »Dies ist der Ort.«
muß eine Frage beharrlich wiederholen und sagen können: Also müssen wir uns zum Krematorium II begeben und dort
»Ist das der Zahn, der Ihnen weh tut?« – »Ja.« – »Wirklich? das Epizentrum des Holocaust suchen: Die Löcher in der
Dieser da?« Auf diese Art und Weise habe ich all meine Un- Decke der angeblichen Gaskammer im Krematorium II.
tersuchungen durchzuführen versucht. Durch diese Löcher sollen die SS-Männer nämlich die Zy-
klon-B-Granulate eingeworfen haben. Gehen Sie zum Kre-
Machen Sie es einfach… matorium II. Suchen Sie diese Löcher. Sie werden kein ein-
Als ich revisionistische Arbeit auf dem Feld der Literatur lei- ziges finden.
stete, war mein Vorbild Jean-François Champollion, der Im Frühjahr 2000 hat mir Charles Provan eine Schrift über
Mann, der im Jahre 1822 die ägyptischen Hieroglyphen ent- diese Löcher überreicht.8 Er revidiert darin meinen Revisio-
zifferte. Champollion verließ sich nicht auf große Worte oder nismus, was eine recht gute Sache ist. Nun werde ich seine
große Theorien. Er versuchte einfach, Wort für Wort zu ver- Revision meines Revisionismus revidieren. Dies ist zunächst
stehen. Wissen Sie, daß es vor seiner Entdeckung viele Pro- nur eine vorläufige Stellungnahme, in der ich nur meine er-
fessoren gab, die es fertigbrachten, über Texte zu reden, die sten Eindrücke mitteilen will. Ich habe Herrn Provan zugesi-
sie nicht verstanden? Natürlich waren ihre Erklärungen stets chert, daß ich dazu später näher Stellung beziehen werde.

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Meiner Ansicht nach ist es eine gute Arbeit. Zuerst einmal ist in. In jenen winzigen Räumen in Amsterdam lebten zwei
sie kurz. Anders als die Bücher Berenbaums. Soweit ich ur- Jahre lang acht Menschen, umgeben von anderen Räumen,
teilen kann, ist sie gut gemacht. Sie ist präzis. Ganz offen- in denen „Feinde“ wohnten. Die „Feinde“ hörten mit.«
sichtlich hat Provan hart daran gearbeitet. Doch enthält seine »Jawohl«, stimmte er mir zu.
Studie einen schlimmen methodischen Fehler. Um es einfach »Wie kommt es denn, daß der junge Mann auf dem Estrich
zu sagen: man darf Zeugenaussagen nicht mit dem vermen- Holz spaltet, um Anne mit seiner Kraft zu beeindrucken?
gen, was man an Ort und Stelle vorfindet, also mit den mate- Können Sie sich den Lärm vorstellen? Paer stellt sogar
riellen Spuren. Möbel her, und jeden Morgen klingelt der Wecker. Dazu
Sie, Herr Provan, haben mit den Zeugenaussagen angefan- lärmt der Radioapparat; wenn der Zahnarzt [einer der
gen. Doch anstatt die materiellen Spuren für die angeblichen acht] einen Patienten behandelt, schreit dieser, und so fort.
Einwurflöcher von den Zeugenaussagen zu trennen, sprechen Wie erklären Sie dies alles?«
Sie bei Ihrer Beurteilung der Zeugenaussagen darüber, was Er konnte keine Erklärung vorbringen.
wir an Ort und Stelle finden müßten. Dies bedeutet, die Din- Als nächstes wollte ich wissen:
ge durcheinanderzubringen. Wenn Sie mir einen Vergleich »Wie war das mit dem Müll?«
gestatten: Statt beim Anmachen einer Vinaigrette zuerst Öl Hören Sie sich diesen französischen Intellektuellen an!
und dann Essig zu nehmen, tischen Sie zuerst die Vinaigrette »Wie war das mit dem Müll? Sie schreiben, dieser sei im
auf und versuchen dann das Öl vom Essig zu trennen, was Ofen verbrannt worden.«
allzu schwierig ist, verstehen Sie? Mehr dazu später. Aber »Ja.«
Charles Provan hat seriöse Arbeit geleistet, und wir müssen »Doch Sie sind am 12. Juni eingezogen. Sie sagen, Sie hät-
sie ernst nehmen.9 ten den Ofen zum ersten Mal am zwölften oder fünfzehnten
Oktober angezündet, wenn ich mich recht erinnere. Was
Revisionistische Methoden für die Zukunft taten Sie also im Sommer mit dem Müll, und wie war das
Nun zur revisionistischen Methode für eine neue Generation. später mit dem Rauch? Sie lebten an einem Ort, der als
Ich muß sagen, daß ich recht gerührt war, als ich hier ankam menschenleer galt. Doch Rauch ist ein Zeichen dafür, daß
und Germar Rudolf sowie Jürgen Graf angestrengt zusam- jemand dort wohnt, besonders nachts. Sehen Sie sich ein-
men arbeiten sah. Das ist die neue Generation. Einer der bei- mal an, wie auffällig Rauch nachts ist.«
den, Germar Rudolf, befindet sich im Exil.10 Was für eine Otto Frank vermochte nichts zu antworten.
Schande, daß er seine Heimat, seine Karriere, seine Frau und Ich stellte dem armen Mann viele solche Fragen. Seine Frau
seine beiden Kinder zurücklassen mußte! Jürgen Graf aus der mischte sich gelegentlich in unser Gespräch ein:
Schweiz ist zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden. Ist »Erstaunlich! Ja, wie habt ihr das fertiggebracht?« Oder:
das nicht auch eine Schande? Aber Sie hätten die beiden zu- »Wie war das möglich?« Plötzlich fuhr er sie auf Deutsch an:
sammen arbeiten sehen sollen! Sie arbeiteten mit großer »Halt’s Maul!« Ich fuhr mit meinen Fragen fort, und plötz-
Freude und großem Eifer. An Menschen wie sie richte ich lich kam Otto Frank eine geniale Idee. Er sagte:
mich nun, und ich möchte mehrere Denkanstöße für künftige »Herr Faurisson, ich bin hundertprozentig mit Ihnen ein-
Forschungen vermitteln. verstanden. Wissenschaftlich, theoretisch, ist es unmöglich,
Lassen Sie mich mit dem Tagebuch der Anne Frank begin- aber es ist so geschehen.«
nen. Vielleicht erinnern Sie sich daran, daß ich Anne Franks Ich sagte ihm:
Vater Otto Frank in den siebziger Jahren in Basel, Schweiz, »Herr Frank, Sie machen mir die Dinge schwer. Wenn Sie
besucht habe. Wie alle Gauner war er recht charmant, sogar mir zustimmen, daß eine Tür nicht offen und geschlossen
sehr charmant. Manchmal hört man die Leute sagen: „Aber er zugleich sein kann, brauchen wir uns nicht bei Begriffen
war doch so charmant. Wie konnte er ein Gauner sein?“ wie „wissenschaftlich“ oder „theoretisch“ aufzuhalten,
Gauner sind stets charmant! aber wenn Sie mir sagen, Sie hätten mit eigenen Augen ei-
Ich besuchte also Otto Frank. Es gefällt mir, den Menschen ne solche Tür gesehen, dann bereitet mir dies Kopfzerbre-
in die Augen zu sehen. Ich teilte ihm mit, daß ich ernsthafte chen. Bitte beantworten Sie meine Fragen.«
Zweifel an der Echtheit des Tagebuchs seiner Tochter hegte. Natürlich blieb eine Antwort aus.
Er erwiderte: Am nächsten Tag führte er mich zu einer Bank. Es war das
»Das ist schon recht. Ich bin bereit, Ihre Fragen zu beant- erste Mal, daß ich je im Tresorraum einer Schweizer Bank –
worten.« oder einer Bank überhaupt – war. Ich sah die imposanten
Zu meinem Glück war seine (zweite) Frau zugegen. (Sie Tresors, in denen man Geld, Edelsteine oder Manuskripte
werden sehen, daß sie für die Geschichte wichtig ist.) Frank aufbewahren kann. Otto Frank nahm die Manuskripte heraus.
hatte gesagt, er sei auf meine Fragen vorbereitet, aber er ver- Er sagte:
hielt sich ein wenig wie Michael Shermer, der mich 1994 in- »Nun, hier sind sie.«
terviewte. Vielleicht dachte sich Otto Frank, genau wie Wir kehrten nun nach Hause zurück, um sie uns anzusehen.
Shermer: „Ah, ein französischer Intellektueller. Der stellt be- Ich sagte:
stimmt hochintellektuelle Fragen, über die Psychologie eines »Herr Frank, ich bin kein Experte für Handschriften. Mich
jungen Mädchens, über die menschlichen Beziehungen zwi- interessieren die Manuskripte nicht. Was ich möchte, ist,
schen den acht Menschen, die sich am gleichen Ort versteckt daß Sie mir die Geschichte so erklären, daß sie einleuchtet
hielten, über die politischen Ansichten zu den Juden in jener – doch das können Sie nicht.«
Zeit, und so weiter.“ Als ich aus Basel nach Hause zurückgekehrt war, entwarf ich
Nun, da kam ich also, mit meinem „Nieten-und-Nagel“- einen Bericht über die Frage des Tagebuchs und stellte die-
Revisionismus. Ich sagte: sen einem deutschen Freund zur Verfügung, der Probleme
»Herr Frank, Sie durften keinerlei Lärm machen, nicht mit der deutschen Justiz hatte, weil er es gewagt hatte, Zwei-
einmal nachts. Wenn Sie husten mußten, nahmen Sie Kode- fel an der Echtheit des Tagebuchs zu äußern.

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Ein deutscher Richter hat eine Analyse der Handschrift der ral Otto Leßloch, Feldmarschall von Kleist, General Kittel:
„Anne Frank“-Manuskripte in Auftrag gegeben. Hier müssen Sie alle haben die Hinrichtung von deutschen Soldaten, Offi-
wir Revisionisten vorsichtig sein. Ich höre die Leute oft sa- zieren oder Beamten befohlen, die einen oder mehrere Juden
gen: „Man hat handschriftliche Eintragungen mit einem Ku- ermordet hatten. Wie war dies möglich, wenn es eine Politik
gelschreiber gefunden.“ Seien Sie vorsichtig! Der Bericht zur physischen Vernichtung der Juden gab? Meiner Ansicht
war vollkommen unzulänglich. Er kam zum Ergebnis, das nach müßte man in der Allee der Gerechten zu Jerusalem
ganze Manuskript sei von derselben Hand geschrieben. Hal- Bäume für von Manstein, List, von Kuechler, von Kleist und
ten Sie dies fest. Im Bericht steht, es gebe handgeschriebene Kittel pflanzen. Und warum nicht einen für Adolf Hitler?
Passagen in Tinte aus einem Kugelschreiber, doch werden Hitler hat die Hinrichtung von Menschen angeordnet, die Ju-
keine Einzelheiten mitgeteilt. Wir wissen deshalb nicht, ein den ermordet hatten. Fragen dieser Art sollten wir Revisioni-
wie großer Teil mit Kugelschreiber geschrieben ist, um wel- sten untersuchen.
che Stellen es sich handelt, usw. Genießen Sie deshalb den Mir fehlt die Zeit, um über die „braunen Juden“, „jüdische
deutschen Bericht mit Vorsicht. Kinder in Auschwitz“ sowie den von mir vorgeschlagenen
Otto Heinrich Frank starb 1980. Im Jahre 1986 wurde in Am- „Gegen-Führer zum Holocaust Memorial Museum“ zu spre-
sterdam eine „kritische Ausgabe“ der angeblichen Tagebü- chen.
cher der Anne Frank veröffentlicht.11 In den anschließenden Vielleicht haben Sie von meinem Pessimismus gehört. Ich
sechs Jahren erschienen eine deutsche, eine englische sowie möchte dazu ein paar Worte sagen. Aus Gründen, auf die ich
eine französische Ausgabe. Jede der vier war annähernd so nicht einzugehen brauche, bin ich eher pessimistisch. Hierzu
dick wie The Holocaust Chronicle (mit Berenbaums Vor- eine Erklärung. Bei meinem ersten Besuch in diesem Land
wort), das ich Ihnen gezeigt habe. Die Leute dachten sich: im Jahre 1979 begrüßte mich mein Freund Gene Brugger auf
„Aha, das ist die Antwort auf Faurisson.“ Im Buch steht in dem Kennedy-Flughafen. Gestern hat er mir in Erinnerung
der Tat schwarz auf weiß: „Dies ist die Antwort auf Fauris- gerufen, daß ich damals ein Exemplar von Arthur Butz’ The
son.“ Hoax of the Twentieth Century sowie einen Tennisschläger
Nun, Sie sollten lesen, was die Herausgeber über Otto Frank trug. Gene, der deutscher Abstammung ist, stellte mir eine
sagen! Sie gehen fast schon so weit, ihn als Lügner zu be- Frage:
zeichnen. Ich hatte also recht gehabt! Am Ende dieser „kriti- »Sie sind Franzose. Warum tun Sie dies für die Deut-
schen Ausgabe“ schrieben sie, daß Otto Frank niemals hätte schen?«
behaupten dürfen, das, was er veröffentlichte, sei wirklich Wie er mir sagte, habe ich geantwortet:
das Tagebuch der Anne Frank gewesen. Trotzdem ist diese »Ich tue dies nicht für die Deutschen. Ein Vogel singt. Er
„wissenschaftliche Ausgabe“ nichts weiter als ein riesiger muß singen, dies liegt in seiner Natur. Der Vogel kann
Bluff. Man zeigt dem Leser immer wieder handgeschriebene nichts daran ändern. Darum muß sogar ein pessimistischer
Texte und sagt: „Sie sehen, es ist dieselbe Handschrift.“ Ich Vogel singen.«
sehe nicht, daß es dieselbe Handschrift ist, aber ich bin kein Vor ein paar Tagen, als ich Frankreich verließ, bekam ich ei-
Experte und muß deshalb vorsichtig sein. Doch meine Frage nen Telefonanruf von Adrien, einem meiner Enkel. Er fragte:
hatte nichts mit der Handschrift zu tun. Meine Frage lautete: »Stimmt es, daß du auf Reise gehst?« »Ja«, erwiderte ich.
»Können Sie all die Probleme erklären, die ich mit der Ge- »Wohin fährst du?« »Nach Amerika.« »Warum?« »Ich habe
schichte habe?« Anstatt meine Frage zu beantworten, faßte dort zu arbeiten.« Er ist sehr lieb zu mir, mein Enkel. Er sag-
einer der Herausgeber zu Beginn des Buches Otto Franks te mir: »Opa, du solltest aufhören. Du arbeitest Tag und
Version dessen zusammen, was ich angeblich gesagt hatte. Nacht. Du bist sehr alt. Schon sehr bald wirst du sterben.«
Es war offensichtlich eine Karikatur. Hätte ich Dummheiten Sie sehen, ich bin immer noch quicklebendig. Und obwohl
von mir gegeben, so hätten sie meine Aussagen natürlich ich schon ein alter Vogel bin, gedenke ich auch weiterhin zu
wortgetreu wiedergegeben. singen.
Ich rate Ihnen zur Vorsicht. Die Frage nach der Handschrift
Anne Franks ist das, was man auf Englisch „a red herring“ Anmerkungen
nennt, also eine falsche Fährte. Ich sähe es gerne, wenn je- Bei diesem Text handelt es sich um die überarbeitete Version eines Vortrags,
mand, der die deutsche sowie die niederländische Sprache den Prof. Robert Faurisson unter dem Titel My Revisionist Method am 29.
beherrscht, einen computergestützten Vergleich zwischen Mai 2000 in Irvine, Kalifornien, bei der 13. Konferenz des Institute for Hi-
dem Anne-Frank-Tagebuch, so wie es veröffentlicht wurde – storical Review in englischer Sprache gehalten hat. Das Original wurde im
Journal for Historical Review 21(2) (März/April 2002), S. 7 – 14, veröffent-
also der Volksausgabe – und der neuen Volksausgabe vor- licht, dem wir für die Erlaubnis zum Abdruck der deutschen Fassung danken.
nähme, die von einer Frau namens Mirjam Pressler herausge- Übersetzung aus dem Englischen von Jürgen Graf.
geben worden ist. Ich selbst habe zwei oder drei verschiedene 1
»Douce« (süß oder mild), bezieht sich auf die im nachrevolutionären
Anne Franks entdeckt. Würde man heute diese Art von Ver- Frankreich geltende Tradition der Offenheit gegenüber abweichenden
gleich anstellen, so fände man wohl acht bis zehn Anne Meinungen sowie der Asylgewährung für politische und intellektuelle
Dissidenten aus anderen Ländern. Anmerkung des Herausgebers der eng-
Franks. lischen Originalfassung.
Nun zu den Einsatzgruppen: Meiner Meinung nach ist dies 2
P. Vidal-Naquet, ein Historiker des alten Griechenlands, gehört zu den
der wichtigste meiner Vorschläge für künftige Recherchen. verbissensten Widersachern des Revisionismus. Er ist der Verfasser des
Ich möchte eine spezifische Untersuchung des Themas antirevisionistischen Buchs Les assassins de la mémoire (Die Mörder der
Erinnerung), 2. Aufl., Editions de la Découverte, 1987, auf das R. Fauris-
„Deutsche, die von Deutschen wegen Mordes an Juden hin- son unter dem Titel Réponse à Pierre Vidal-Naquet (Antwort an Pierre
gerichtet wurden“ vorschlagen. In Marinka, einem Ort in Vidal-Naquet) eine Entgegnung verfaßt hat (La Vieille Taupe, Paris
Rußland, tötete der Bürgermeister eine Jüdin. Er kam vor ein 1982). – Anmerkung des Übersetzers.
3
deutsches Standgericht, wurde zum Tode verurteilt und exe- Erschienen im Jahre 2000 bei Le Seuil, Paris.
4
Anhänger der These von der Ausrottung der Juden während des Zweiten
kutiert. Ich habe viele solche Beispiele zur Hand. Weltkriegs. Anmerkung des Übersetzers.
Die Feldmarschälle List, von Kuechler, von Manstein, Gene-

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5
Erschienen 1993 bei CNRS éditions. http://www.revisingrevisionism.com
6 9
Michael Berenbaum, Einführung zu David Aretha (Hg.), The Holocaust Vgl. dazu C. Mattogno, »Keine Löcher, keine Gaskammer(n)«, VffG, 6(3)
Chronicle: A History in Words and Pictures, Louis Weber, Publications (2002), S. 284-304. Anm. der Red.
10
International, Lincolnwood/Illinois 2000. Inzwischen befindet sich auch der zweite der beiden im Exil. Anmerkung
7
Robert Faurisson, »A Dry Chronicle of the Purge: Summary Executions des Übersetzers.
11
in Certain Communes of Charente Limousine«, in: Journal of Historical David Barnouw, Gerrold van der Stromm (Hg.), The Diary of Anne
Review 12(1) (1992), S. 5-30. Frank: The Critical Edition, im Auftrag des Netherlands State Institute
8
Ch. Provan, No Holes? No Holocaust? A Study of the Holes in the Roof of for War Documentation, übersetzt von Arnold J. Pomerans und B.M.
Leichenkeller 1 of Krematorium II at Birkenau; Zimmer Printing, 410 Mooyart (Doubleday, New York 1989).
West Main Street, Monongahela, PA 15063, 2000;

Die Leichenkeller der Krematorien von Birkenau


im Lichte der Dokumente
Von Carlo Mattogno

Beim Beleidigungsprozeß, den David Irving gegen Deborah Lipstadt angestrengt hatte und der vom 11. Januar bis
zum 11. April 2000 in London stattfand, waltete Robert Jan van Pelt als Sachverständiger der Verteidigung. Da van
Pelt keinerlei Beweise für die Realität der behaupteten Judenvernichtung in Gaskammern gefunden hatte, führte er
alle verfügbaren „Indizien“ ins Feld, die größtenteils bereits von J.-C. Pressac gesammelt worden waren, und er-
nannte sie mißbräuchlicherweise zu „Beweisen“. Er behauptete, es gebe eine „Konvergenz der Beweise“, doch be-
ruht diese im wesentlichen nur auf der systematischen Fehldeutung von Dokumenten. Sämtliche Urkunden, die sich
nicht zu einer solchen Fehldeutung hergaben, ignorierte er schlicht und einfach. In seinem Bericht warf van Pelt
den revisionistischen Historikern vor, sie hätten die Aufgabe der „Geschichtsrevision“ noch gar nicht wirklich in
Angriff genommen, und fügte hinzu:1
»Wahre revisionistische Geschichte begnügt sich nicht damit, ein überkommenes Bild von der Vergangenheit zu
zerstören, sondern liefert eine Alternative. […] Bis zum heutigen Tage haben sich die Holocaustleugner trotz
vierzigjähriger Anstrengung als unfähig erwiesen, der herkömmlichen Darstellung der Geschichte von Au-
schwitz eine eigene, alternative Darstellung entgegenzustellen.«
Was mich persönlich betrifft, so biete ich bereits seit Jahren sehr wohl eine »eigene, alternative Darstellung«, und
zwar sowohl in meinen Artikeln als auch in meinen Büchern, von denen das letzte – Sonderbehandlung in Au-
schwitz. Entstehung und Bedeutung eines Begriffs2 – eine wohldokumentierte positive Geschichte von Auschwitz
bezüglich der „Sonderbehandlung“ sowie der „Sonderaktionen“ darstellt. Ich stütze mich dabei auf Urkunden, die
van Pelt zum allergrößten Teil entweder nicht kennt oder aber bewußt ignoriert. Es ist schwerlich ein Zufall, daß er
mich weder in seinem Bericht noch in seinem unlängst erschienenen Buch The Case for Auschwitz. Evidence from
the Irving Trial3 (bei dem es sich um eine erweiterte Fassung seines Berichts handelt) auch nur ein einziges Mal zitiert!
In der vorliegenden Studie präsentiere ich einen weiteren positiven Beitrag zum zentralen Thema der Auschwitz-
Geschichtsschreibung: den angeblichen Menschentötungsgaskammern in den Birkenauer Krematorien. Diese Stu-
die zerfällt in vier Teile, welche die Frage von vier verschiedenen Standpunkten aus anpacken und in ihrer Gesamt-
heit eine tatsächliche Konvergenz von Beweisen darstellen – allerdings von Beweisen für die Nichtexistenz von
Menschentötungsgaskammern in Birkenau. Die reichhaltige Dokumentation, auf der meine Darlegungen fußen, ist
von R.J. van Pelt selbstverständlich systematisch ignoriert worden.

I) Die Leichenkeller der Krematorien von Birkenau im Rahmen der


»Sondermaßnahmen für die Verbesserung der hygienischen Einrichtungen«
im Lager Birkenau
1) Himmlers Besuch in Auschwitz am 17. und 18. Juli führer Karl Bischoff, dem Amt C V (Zentrale Bauinspektion)
1942 und die neue Funktion des KGL Birkenau des SS-WVHA (Wirtschaftsverwaltungshauptamt) einen
Anläßlich seines Besuchs in Auschwitz am 17. und 18. Juli neuen Lageplan zu. Dieser modifizierte den Lageplan Nr.
1942 beschloß der Reichsführer SS Heinrich Himmler, das 1453 vom 8. Juli 1942 und zeigte die Erweiterung des Lagers
Fassungsvermögen des KGL (Kriegsgefangenenlager) Bir- auf die erwähnte neue Belegstärke. In seinem Begleitschrei-
kenau so zu erweitern, daß es 200.000 Häftlinge beherbergen ben nahm Bischoff ausdrücklich auf den zwei Wochen zuvor
konnte. Die Zentralbauleitung machte sich sofort an die Ar- erfolgten Himmler-Besuch Bezug:4
beit, und am 3. August stellte ihr Leiter, SS-Hauptsturm- »Die Erweiterung der Planung hat anläßlich des Reichs-

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führer-Besuches am 17. und 18. Juli 1942 dem Amtsgrup- und für die »Ostwanderung« vorgesehenen Juden ihre Reise
penchef C SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waf- nicht unterbrachen – also nicht in Auschwitz blieben –, son-
fen-SS Dr. Ing. Kammler vorgelegen […].« dern nach Osten weiterfuhren.
Am 15. August 1942 erstellte die Zentralbauleitung einen Noch am Tag des Treffens, also am 15. September 1942,
weiteren »Lageplan des Kriegsgefangenenlagers Auschwitz schrieb Kammler dem Generalbevollmächtigten für die Rege-
O/S«, der in der Tat eine Lagerstärke von 200.000 Häftlingen lung der Bauwirtschaft einen Brief zum Thema »Sonderbau-
vorsah.5 Am 27. August sandte Bischoff dem Amt C des SS- aufgaben für das K.L. Auschwitz«, in dem er ihn über die be-
WVHA einen Brief mit beigelegtem »Lageplan M: 1: 20.000 züglich Auschwitz gefällten Entscheidungen unterrichtete:8
zweifach«, in dem er bestätigte:6 »Unter Bezugnahme auf die Besprechung zwischen Herrn
»In beiliegendem Lageplan ist der neuerdings geforderte Reichsminister Prof. Speer und SS-Obergruppenführer und
Ausbau des Kriegsgefangenenlagers auf eine Belegstärke General der Waffen-SS Pohl teile ich nachstehend das zu-
von 200.000 Mann bereits berücksichtigt.« sätzliche Bau-Volumen für das Sonderprogramm des K.L.
In den darauffolgenden Monaten wurde die vorgesehene La- Auschwitz wie folgt mit:
gerstärke des KGL Birkenau auf 130.000 bis 140.000 Häft- 1.) Zusammenstellung der erforderlichen zusätzlichen
linge verringert, doch die Begründung für die Erweiterung Bauwerke mit zugehörigem Bauvolumen.
des Lagers blieb unverändert. 2.) Zusammenstellung der erforderlichen Baustoffe und
Am 15. September fand in Berlin ein Treffen zwischen Baracken.
Reichsminister Albert Speer und dem Chef des SS-WVHA, Die Arbeiten werden im wesentlichen durch Häftlinge aus-
SS-Obergruppenführer Oswald Pohl, statt, an dem noch wei-
tere fünf hochgestellte Staatsfunktionäre teilnahmen, darun-
ter SS-Brigadeführer Hans Kammler, Leiter des Amtes C des
SS-WVHA. Am Tag danach verfaßte Pohl zu Händen
Himmlers einen ausführlichen Bericht. Zur Erörterung ge-
langt waren vier Punkte, von denen der erste die »Vergröße-
rung Barackenlager Auschwitz infolge Ostwanderung« war.
Hierzu schrieb Pohl:7
»Reichsminister Prof. Speer hat die Vergrößerung des Ba-
rackenlagers Auschwitz im vollen Umfang genehmigt und
ein zusätzliches Bauvolumen für Auschwitz in Höhe von
13,7 Millionen Reichsmark bereitgestellt.
Dieses Bauvolumen umfaßt die Aufstellung von rd. 300
Baracken mit den erforderlichen Versorgungs- und Ergän-
zungsanlagen.
Die notwendigen Rohstoffe werden im 4. Quartal 1942
sowie im 1., 2. und 3. Quartal 1943 zugeteilt.
Wenn dieses zusätzliche Bauprogramm durchgeführt ist,
können in Auschwitz insgesamt 132.000 Mann unterge-
bracht werden.«
Pohl hob hervor:
»Alle Beteiligten waren sich einig, daß die in den Konzen-
trationslagern vorhandene Arbeitskraft nunmehr für Rü-
stungsaufgaben von Großformat eingesetzt werden müs-
se.«
Nachdem er die Notwendigkeit unterstrichen hatte, die deut-
schen und ausländischen Zivilarbeiter zur Füllung von Per-
sonallücken in anderen Betrieben aus den Rüstungsanlagen
von Auschwitz abzuziehen und durch KL-Häftlinge zu er-
setzen, fuhr Pohl fort:
»Reichsminister Prof. Speer will auf diese Weise kurzfri-
stig den Einsatz von zunächst 50.000 arbeitsfähigen Juden
in geschlossenen vorhandenen Betrieben mit vorhandenen
Unterbringungsmöglichkeiten gewährleisten.
Die für diesen Zweck notwendigen Arbeitskräfte werden
wir in erster Linie in Auschwitz aus der Ostwanderung ab-
schöpfen, damit unsere bestehenden betrieblichen Einrich-
tungen durch einen dauernden Wechsel der Arbeitskräfte
in ihrer Leistung und ihrem Aufbau nicht gestört werden.
Die für die Ostwanderung bestimmten arbeitsfähigen Ju-
den werden also ihre Reise unterbrechen und Rüstungsar-
beiten leisten müssen.«
Unter der »Ostwanderung« verstand man die Deportation
der Juden nach Osten. Der letzte Satz bedeutet, im Zusam-
menhang gesehen, ganz eindeutig, daß die arbeitsunfähigen RGVA, 502-1-83, S. 338

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geführt. Als Bauzeit für das gesamte Bauvorhaben werden nicht nur nicht dessen primäre Bestimmung, sondern über-
50 Arbeitswochen angesetzt. Außer den Häftlingen werden haupt nicht vorhanden.
im Durchschnitt 350 Fach- und Hilfsarbeiter benötigt. Ende Oktober 1942 entwarf die Zentralbauleitung ein allge-
Dies ergibt 105.000 Tagewerke.« meines Projekt für den Ausbau des KGL in Einklang mit den
Im Oktober 1942 erhielt das Bauvorhaben »Kriegsgefange- von Speer und Pohl erlassenen Anordnungen. Die einschlä-
nenlager Auschwitz« die offizielle Bezeichnung »Durchfüh- gige Dokumentation trug die Bezeichnung:11
rung der Sonderbehandlung«, welche die neue Funktion des »Vorhaben: Kriegsgefangenenlager Auschwitz (Durchfüh-
Lagers offiziell absegnete. Diese bestand in einem umfang- rung der Sonderbehandlung). Bauherr: Reichsführer-SS;
reichen Programm von Bauten, die darauf abzielten, das KL SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamt Amtsgruppe C. Ber-
in ein Reservoir von Arbeitskräften für die in Auschwitz und lin, Lichterfelde-West. VIII Up a 2.”
Umgebung bereits bestehenden oder im Entstehen begriffe- Das Projekt sah Gesamtausgaben in Höhe von 13.760.000
nen Industrieanlagen zu verwandeln. RM vor und umfaßte u.a. einen neuen Lageplan von Bir-
Der Sinn dieser von Himmler anläßlich seines Besuchs in kenau, der auf eine Belegstärke von 140.000 Häftlingen zu-
Auschwitz beschlossenen Veränderung der Funktion des La- geschnitten war.12
gers wurde von Rudolf Höß am 22. Mai 1943 in einer Rede Allerdings zählte Auschwitz-Birkenau im Januar 1943 weni-
vor Kammler und anderen Funktionären klar hervorgehoben, ger als 30.000 Insassen.13 Dies war im wesentlichen eine
in der Höß Entstehung und Entwicklung der Aufgaben von Folge der ungeheuer hohen Sterblichkeit in der zweiten Hälf-
Auschwitz umriß:9 te des Jahres 1942, als eine – im Juli ausgebrochene – fürch-
»Im Mündungsdreieck zwischen Weichsel und Sola ent- terliche Fleckfieberepidemie gewütet hatte, sowie der prekä-
stand im Jahre 1940 nach der Evakuierung von 7 Polen- ren hygienischen Verhältnisse des Lagers Birkenau. Ende
dörfern durch Ausbau eines Artillerie-Kasernen-Geländes April 1943 war die Häftlingszahl zwar auf über 53.000 an-
und vielen Zu-, Um- und Neubauten, unter Verarbeitung gewachsen,14 lag aber immer noch weit unter der angepeilten.
größerer Mengen Ab-
bruchmaterialien, das Lager
Auschwitz. Ursprünglich als
Quarantänelager vorgese-
hen, wurde dieses später
Reichslager und erhielt da-
mit eine neue Zweckbestim-
mung. Es erwies sich die
Grenzlage zwischen Reich
und G.G. [Generalgouver-
nement] wegen der sich im-
mer wieder zuspitzenden
Lage als besonders günstig,
da die Füllung des Lagers
mit Arbeitskräften gewähr-
leistet war. Dazu kam in
letzter Zeit die Lösung der
Judenfrage, wofür die Vor-
aussetzung für die Unter-
bringung von zuerst 60.000
Häftlingen, die innerhalb
kurzer Zeit auf 100.000 an-
wächst,[10] geschaffen wer-
den mußte. Die Insassen der
Lager sind überwiegend
vorgesehen für die in der
Nachbarschaft erwachsende
Großindustrie. Das Lager
birgt in seinem Interessen-
gebiet verschiedene Rü-
stungsbetriebe, wofür re-
gelmäßig die Arbeitskräfte
zu stellen sind.«
Somit erforderte die »Lösung
der Judenfrage in Auschwitz«
durchaus keine Ausrottungs-
einrichtungen, sondern Bau-
maßnahmen zur Unterbrin-
gung von 100.000 Häftlingen,
und die angebliche Ausrot-
tungsfunktion des Lagers war APMO, BW 30/34, S. 40

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 359


2) Die Erweiterung der Kremierungseinrichtungen von (dem Tag, an dem die im Aktenvermerk vom 21. erwähnten
Birkenau Unterredungen stattfanden) registrierte man eine noch höhere
Die Erfahrung der mörderischen Fleckfieberepidemie in Bir- Sterblichkeit: Rund 2400 Gefangene, im Schnitt ungefähr
kenau und der dadurch ausgelösten extrem hohen Sterblichkeit 400 pro Tag, hatten den Tod gefunden. Der katastrophalste
bewogen die SS-Behörden dazu, parallel zur Erweiterung des Tag war der 19. August, an dem über 500 Häftlinge starben.
Lagers Birkenau auch einen entsprechenden Ausbau der dorti- Am 1. August waren im Männerlager 21.421 Personen inter-
gen Kremierungseinrichtungen ins Auge zu fassen. Bekannt- niert. Bis zum 19. starben 4.113 Häftlinge, im Durchschnitt
lich war für dieses Lager ursprünglich ein einziges Krematori- 216 täglich, davon 1.675 vom 14. bis zum 19., durchschnitt-
um (das künftige Krematorium II) vorgesehen gewesen.15 lich 279 pro Tag. Im Zeitraum vom 1. bis zum 19. belief sich
Im bereits erwähnten Brief vom 3. August 1942 teilte Bi- die durchschnittliche Lagerstärke auf ungefähr 22.900. –
schoff mit:16 Man stelle sich die Folgen vor, wenn bei einer Lagerbevölke-
»Außerdem wurde der Liegeplatz für das neue Krematori- rung von 200.000 eine vergleichbar verheerende Fleckfieber-
um anschließend an das Quarantänelager festgelegt.« epidemie ausgebrochen wäre!
Somit wußte der Chef der Zentralbauleitung von Auschwitz Den Anstoß zum Beschluß, drei zusätzliche Krematorien zu
noch am 3. August 1942 nur von einem einzigen geplanten erbauen, gaben also einzig und allein unschwer nachvoll-
Krematorium. ziehbare hygienisch-sanitäre Erwägungen.
In einem am 21. August 1942 erstellten
Aktenvermerk des SS-Untersturmfüh-
rers Ertl, in dem es um den zwei Tage
zuvor erfolgten Besuch des von der Er-
furter Ofenbaufirma Topf & Söhne ent-
sandten Ingenieurs Kurt Prüfer ging,
heißt es:17
»Bezüglich Errichtung eines 2. Kre-
matoriums mit 5 Dreimuffelöfen, so-
wie Be- und Entlüftungsanlagen muß
erst das Ergebnis der bereits laufen-
den Verhandlungen mit dem Reichs-
sicherheitshauptamt bezügl. Zutei-
lung von Kontingenten abgewartet
werden.«
Somit war der Beschluß zum Bau des
Krematoriums III damals noch nicht ge-
fallen.
Demselben Dokument läßt sich ent-
nehmen, daß Prüfers Vorschlag, zwei
ursprünglich für das weißrussische
Mogilew bestimmte Achtmuffelöfen
nach Auschwitz zu überstellen, am 19.
August unterbreitet worden war. Wie
aus einer handgeschriebenen Randbe-
merkung ersichtlich ist, wurde der Vor-
schlag vom WVHA am 24. August
gutgeheißen. Dies bedeutet, daß zumin-
dest die Anzahl der Muffeln für die
künftigen Krematorien IV und V zu je-
nem Zeitpunkt noch nicht festgelegt
worden war.
Im August 1942 verzeichnete man die
höchste monatliche Sterblichkeit in der
Geschichte des Lagers Auschwitz. Im
Verlauf jenes Monats starben rund
8.600 Häftlinge,18 fast doppelt so viele
wie im Juli (ca. 4.400 Todesfälle). Der
erste Hinweis auf den Entscheid zum
Bau dreier zusätzlicher Krematorien
geht auf den 14. August zurück (an je-
nem Tage wurde der Plan 1678 der
Krematorien IV/V erstellt) .19 Vom 1.
bis zum 13. jenes Monats waren 2.500
Häftlinge gestorben, was einem Tages-
durchschnitt von mehr als 190 Todes-
fällen entsprach. Vom 14. bis zum 19. RGVA, 502-1-312, S. 8

360 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


3) Die »Sondermaßnahmen für die Verbesserung der Der Brigadeführer nimmt die ganz besondere Dringlichkeit
hygienischen Einrichtungen« im Lager Birkenau dieser Fragen zur Kenntnis und verspricht, alles in den
Anfang Mai 1943 sahen sich die Verantwortlichen im Berli- Grenzen des Möglichen für die Abhilfeschaffung zu tun. Er
ner SS-WVHA sowie die SS-Verwaltung von Auschwitz, wundert sich allerdings, daß er einerseits von zuständiger
denen die Durchführung des von Himmler im Juli 1942 be- ärztlicher Seite die sanit. und hygienischen Verhältnisse in
schlossenen Programms oblag, zwei schwerwiegenden, eng den Berichten in günstiger Weise geschildert bekommt und
miteinander verknüpften Problemen gegenüber: Dem durch zum anderen unmittelbar nachher die gegenteiligen Be-
die ungeheuer hohe Sterblichkeit unter den Häftlingen be- richte vorgelegt bekommt.
dingten Mangel an Arbeitskräften sowie den mißlichen hy- Der Leiter der ZBL wird angewiesen, bis 15.5.43 Vor-
gienisch-sanitären Zuständen, welche die Epidemien auslö- schläge für die Abhilfemöglichkeit der Mißstände und den
sten und somit zu dieser hohen Sterblichkeit führten. Unter Entwurf einer ordnungsmäßigen Entwässerung unter Au-
diesen Umständen galt es vor allem, die hygienischen Ein- ßerachtlassung der derzeitigen Kontingentschwierigkeiten
richtungen des Lagers zu verbessern. beim Amtsgruppenchef C einzubringen, welche letztere
Am 7. Mai 1943 traf sich SS-Brigadeführer Kammler, Chef Angelegenheit er selbst regeln wird.
der Amtsgruppe C (Bauwesen) des SS-WVHA, in Auschwitz Vom Arzt wurden die Pferdestall-Baracken zu Krankensta-
mit sechs hohen Lagerfunktionären: SS-Obersturmbannfüh- tionen als unzulänglich bezeichnet und das Fehlen von
rer Höß, Kommandant des Lagers, SS-Obersturmbannführer Licht und Wasser im Bauabschnitt der Schweizer Baracken
Möckel, Leiter der SS-Standortverwaltung, SS-Sturmbann- bemängelt. Auch die Anzahl der Baracken reicht nicht hin,
führer Bischoff, Chef der Zentralbauleitung, SS-Sturmbann- so daß die Planungsmöglichkeit für weitere Baracken in
führer Cäsar, Chef der Landwirtschaftlichen Betriebe, SS- diesem Krankenabschnitt untersucht werden müßten. Die
Hauptsturmführer Wirths, SS-Standortarzt, sowie SS-Unter- aufgetretenen Mängel stellen sich bei näherem Besehen
sturmführer Kirschnek, Bauleiter der Bauleitung der Waffen- immer wieder als Wechselwirkung der bereits eingangs
SS und Polizei Auschwitz, Verantwortlicher für das Stammla- erwähnten Schwierigkeiten heraus und es tritt die Notwen-
ger Auschwitz. Zwei Tage darauf verfaßte Bi-
schoff einen Aktenvermerk über die besproche-
nen Themen, in welchem er die Ausführungen
des Standardortarztes bezüglich der hygienisch-
sanitären Einrichtungen wie folgt wiedergab:20
»Allgemeine Schilderung durch den Stand-
ortarzt, daß die Gesunderhaltung der Häft-
linge für die großen Aufgaben nicht gesi-
chert erscheint, durch die schlechten Latri-
nenverhältnisse, einem unzulänglichen Ka-
nalsystem, Mangel an Krankenbaracken und
gesonderten Krankenlatrinen und dem Feh-
len von Wasch-, Bade- und Entwesungsmög-
lichkeiten.
Für die Verbesserung im KGL wird die Ab-
änderung der Latrinen dahingehend ange-
regt, daß diese abdeckbar mit Sitzbrillen und
Deckel versehen werden und für die öfter
versagende Kanalisation viele nebeneinan-
der liegende Gruben angelegt werden sol-
len, die von Zeit zu Zeit ausgeleert und zur
Verwertung durch die Landwirtschaft die
Fäkalien abgefahren werden müssen. Dem
gegenüber empfiehlt der Leiter der ZBL vor
dem Auslauf ins Rohrnetz einen Schieber
anzubringen und mit Wasserdruck die Latri-
nen durchzuspülen.
Gegen das Grubensystem spricht er sich
aus, da durch den hohen Grundwasserstand
eine Verseuchung des Grundwassers zu er-
warten ist, nachdem die dazu notwendigen
schwierigen Isolierungsarbeiten mittels
Wannen derzeit nicht durchführbar sind,
und nach überschlägiger Errechnung der
Fäkalienmengen in der Nähe des Lagers gar
nicht untergebracht werden können. Die
Hauptschwierigkeiten wären nur durch eine
Verrohrung der Gesamtentwässerung und
durch eine Überpumpstation zu beheben, wo-
zu allerdings die nötigen Kontingente fehlen. RGVA, 502-1-83, S. 311 (Bericht auf den nächsten Seiten)

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 361


digkeit der Trennung und Sonderlösung von allen übrigen entsprechendes Fernschreiben nach Auschwitz zu schicken.
Fragen des Bauwesens zutage. Zur Sicherheit hatte er ein Telegramm gleichen Inhalts an
Um eine endgültige Lösung für die Entlausung im KGL zu sein Büro in Berlin gesandt, so daß der FS-Dienst (Fern-
schaffen, wurde vom Standortarzt angeregt, für jeden Un- schreibe-Dienst) um 20.05 Uhr vom SS-Oberscharführer
terabschnitt der Bauabschnitte, das sind 10 neue komplette Schürmann, der im Büro des Amtes C/I des SS-WVHA
Entwesungsanlagen, einschließlich Bademöglichkeit zu Dienst tat, ein persönlich an Bischoff gerichtetes Telegramm
schaffen. Dem gegenüber wurde vom Leiter der ZBL dar- erhielt, in dem es hieß:22
auf hingewiesen, daß sich die große Entwesungsanlage des »SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen SS Dr.
KGL im Bau befindet und erst fertiggestellt werden muß. Ing. Kammler hat angeordnet, daß Sie sich am Montag den
Falls nicht noch weitere Schwierigkeiten bezüglich Fach- 10.5.43 früh in Berlin mit sämtlichen Plänen und Berech-
arbeitermangel auftreten, dürfte dies bis Ende August der nungsunterlagen für Be- und Entwässerung Kriegsgefan-
Fall sein. Auf einen endgültigen Termin konnte sich SS- genenlager Auschwitz einfinden.«
Stubaf. Bischoff nicht festlegen. Als Überbrückung bis zu So begann ein umfangreiches Programm zur Verbesserung
diesem Zeitpunkt stellt der Brigadeführer einen neuen der hygienischen Einrichtungen des Kriegsgefangenenlagers
Kurzwellen-Entlausungszug leihweise zur Verfügung.« (d.h. des Lagers Birkenau). In den Dokumenten wurde dieses
Am 8. Mai 1943, um 18.05 Uhr, traf aus dem KL Groß- Programm unterschiedslos als »Sofortprogramm«, »Sonder-
Rosen zu Händen der »Kommandantur des KL Auschwitz« maßnahme«, »Sonderprogramm«, »Sonderbaumaßnahmen«
ein Telegramm folgenden Inhalts ein: und »Sonderaktion« bezeichnet.23 Der diesbezügliche Befehl
»SS-Stubaf. Bischoff mit Sachbearbeiter am Montag, den Kammlers wurde dem Kommandanten von Auschwitz am 14.
10.5.43 – 11.00 Uhr mit allen Unterlagen, Plänen, Kontin- Mai zugestellt.24
gentierung bei SS-Brigadeführer u. Generalmajor der Waf-
fen-SS Dr. Ing. Kammler zu melden, für Be- und Entwässe- 4) Die »Sondermaßnahmen für die Verbesserung der
rung Kriegsgefangenenlager 200000 Mann.« hygienischen Einrichtungen« und die Krematorien von
Unterzeichnet war das Telegramm vom SS-Hauptsturmführer Birkenau
Wilhelm Gideon, zweiter Kommandant des KL Groß- Von Beginn seiner Inangriffnahme an umfaßte das Programm
Rosen.21 Kammler war bei seiner Rückreise nach Berlin über zur Verbesserung der hygienischen Einrichtungen des Bir-
Groß-Rosen gefahren. Dort hatte er beschlossen, Bischoff kenauer Lagers auch die Krematorien. Am 13. Mai 1943 er-
nach Berlin zu bestellen, und er hatte Gideon angewiesen, ein stellte Bischoff einen »Bericht über die Arbeitseinteilung
beim Sofortprogramm im K.G.L. Auschwitz«, in dem je-
dem Offizier, Unteroffizier und Zivilangestellten der
Zentralbauleitung spezifische Aufgaben im Rahmen die-
ses Programms zugewiesen wurden. Die Aufgabe des Zi-
vilangestellten Rudolf Jährling wird in Punkt 9 des Be-
richts wie folgt beschrieben:25
»ZA. Jährling hat den Einbau von Kesseln und Boilern
in den Waschbaracken durchzuführen, desgleichen die
Brausen im Auskleideraum des Krematoriums III. We-
gen der Brausen wird SS-Sturmbannführer Bischoff
noch mit dem Lagerkommandanten, SS-Obersturm-
führer Höß, Rücksprache nehmen.
Für die Entwesungsöfen wird vom SS-W.V.H.A. noch
eine OT [Organisation Todt]-Zeichnung zugesandt.«
Zwei Tage darauf, am 15. Mai, stellte Bischoff der Firma
Topf folgendes Fernschreiben zu:26
»Dringendes Telegramm!
Anschrift: Topfwerke Erfurt.
Text: Mitbringt Montag überschlägiges Projekt für
Warmwasserbereitung für ca. 100 Brausen. Einbau
von Heizschlangen oder Boiler in den im Bau begriffe-
nen Müllverbrennungsofen Krem. III oder Fuchs
zwecks Ausnutzung der hohen Abgastemperaturen.
Evtl. Höhermauerung des Ofens zwecks Unterbringung
eines großen Reservebehälters ist möglich. Es wird ge-
beten entsprechende Zeichnung Herrn Prüfer am Mon-
tag den 17.5. mitzugeben.«
Am 16. Mai schickte Bischoff an Kammler einen »Be-
richt über die getroffenen Maßnahmen für die Durchfüh-
rung des durch SS-Brigadeführer und Generalmajor der
Waffen-SS Dr. Ing. Kammler angeordneten Sonderpro-
gramms im KGL. Auschwitz«, in dem unter Punkt 6 aus-
geführt wurde:27
»6. Entwesungsanlage. Zur Entwesung der Häftlings-
RGVA, 502-1-83, S. 311 (Seite 2 umseitig) kleider ist jeweils in den einzelnen Teillagern des BAII

362 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


eine OT-Entwesungsanlage vorgesehen. Um eine einwand- projekt erst im Mai 1943 entworfen worden war, erscheint im
freie Körperentlausung für die Häftlinge durchführen zu Inventar des Kellergeschosses des Krematorium II, dessen
können, werden in den beiden bestehenden Häftlingsbä- Übergabeverhandlung am 31. März 1943 erfolgte, darin kei-
dern im BAI Heizkessel und Boiler eingebaut, damit für die ne Brause.34 Natürlich konnten 14 Duschen lediglich für das
bestehende Brauseanlage warmes Wasser zur Verfügung Personal des Krematoriums bestimmt sein; wahrscheinlich
steht. Weiters ist geplant, im Krematorium III in dem Müll- sind sie von der Häftlings-Schlosserei installiert worden.
verbrennungsofen Heizschlangen einzubauen, um durch Das ursprüngliche Projekt wurde aus zwei Gründen aufs Eis
diese das Wasser für eine im Keller des Krematoriums III gelegt. Zunächst einmal wurden in jeder der beiden Entwe-
zu errichtende Brauseanlage zu gewinnen. Bezüglich sungsanlagen des Bauabschnitts I (Bauwerke 5a und 5b) je
Durchführung der Konstruktion für diese Anlage wurde mit 50 Duschen installiert.35 Die Arbeiten begannen Ende Mai,
der Firma Topf & Söhne, Erfurt, verhandelt.« wie sich dem von Bischoff am 30. Mai 1943 erstellten »Bau-
Das Projekt der Duschanlage im Kellergeschoß des Kremato- bericht über die Sondermaßnahmen im KGL« entnehmen
rium III wurde schon bald auch auf das Krematorium II aus- läßt:36
gedehnt. Am 5. Juni sandte die Firma Topf folgenden Brief »Mit dem Einbau der Warmwasserversorgung in den 2
zum Thema »Krematorium II und III. Müll-Verbrennungs- Entlausungsbaracken (Häftlingsbädern) wurde begonnen.«
Ofen« an die Firma Topf:28 Am 13. Juli waren die beiden Anlagen bereits in Betrieb; dies
»In der Anlage übersenden wir Ihnen eine Zeichnung D geht aus dem »Bericht über den Fortgang der Arbeiten für
60446, den Einbau der Boiler in den Müll-Verbrennungs- die Sondermaßnahmen im KGL. und im Stammlager« hervor,
Ofen betreffend. Eine gleiche Zeichnung haben wir unse- den Bischoff an jenem Tag verfaßt hatte:37
rem Polier Wilh. Koch zugestellt. Falls Sie mit der Ausfüh- »Die Warmwasserversorgung in den beiden Entlausungs-
rung der Anlage nach dieser Zeichnung einverstanden sind, baracken (Häftlingsbad) des Bauabschnitt I sind in Betrieb
bitten wir Sie, Herrn Koch hiervon zu benachrichtigen. genommen worden.«
Eine solche Nachricht wollen Sie dann bitte auch uns Parallel dazu ging der Bau der Desinfektion und Entwe-
durchgeben, damit wir den Auftrag für die Mehrarbeit be- sungsanlage (d.h. der Zentralsauna) zügig voran, und sein
stätigen können.«
Die Erweiterung des Plans der Krematorien II und III
wird durch einen von Bischoff erstellten, undatierten,
aber vom Juni 1943 stammenden Fragebogen über die
Erweiterung der Krematorien bestätigt. Der Chef der
Zentralbauleitung antwortete darin auf die ersten vier
Fragen, in den Krematorien II-V gebe es 18 Öfen29 mit
46 Muffeln, die in den Jahren 1942 und 1943 von der
Firma Topf erbaut worden seien; sie würden mit Koks
geheizt, seien durchwegs stationärer Art und besäßen
insgesamt 6 Kamine von 16 m Höhe, die nicht mit Saug-
zuganlagen ausgestattet seien. Auf die fünfte Frage:
»Werden die Abgase verwertet?« entgegnete Bischoff:
»Geplant, aber nicht ausgeführt«, und auf die darauffol-
gende Frage: »Wenn ja, zu welchem Zweck?« erwidert er:
»Für Badeanlagen im Krema. II u. III«.30
Das Projekt zur Installierung von 100 Duschen im Kre-
matorium III (sowie einer weiteren Duschanlage im
Krematorium II) konnte nicht für jene Häftlinge be-
stimmt sein, welche die Krematorien bedienten, weil da-
mals für die Zentralsauna, die für das ganze Lager ge-
dachte Entwesungs- und Entlausungsanlage, lediglich 54
Duschen vorgesehen waren, wie Bischoff am 4. Juni
1943 an den Leiter des Amtes C/I des SS-WVHA
schrieb:31
»Die Brauseanlage für die Häftlinge enthält 54 Brau-
sen und wird durch 2 Boiler mit je 3000 Ltr. Inhalt ge-
speist. Die Anlage ist für Dauerbetrieb berechnet.«
Tatsächlich wurden im Brauseraum der Zentralsauna nur
50 Duschen installiert.32 Es ist somit klar, daß die »Bade-
anlagen im Krema. II u. III« für die Häftlinge des ganzen
Lagers bestimmt waren.
Am 24. Juni 1943 wurde Krematorium III von der Zen-
tralbauleitung der Unterkunftsverwaltung der Komman-
dantur übergeben. Im Inventar des Kellergeschosses, das
der betreffenden Übergabeverhandlung beigelegt war,
werden im Zusammenhang mit dem Leichenkeller 1 14
Brausen erwähnt,33 die offensichtlich mit dem eben er-
wähnten Projekt in Beziehung stehen. Weil das Duschen- RGVA, 502-1-83, S. 311

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 363


Abschluß war für Anfang
September vorgesehen.38
Freilich wurde die Anla-
ge dann erst Anfang Sep-
tember in Betrieb ge-
nommen,39 anderthalb
Monate vor ihrer Über-
gabe an die Standortver-
waltung von Auschwitz,40
und zwar bloß »tagsüber
und stundenweise«
Trotzdem wurde das
Duschenprojekt am 25.
März 1944 wieder aus
der Versenkung geholt.
Damals sandte SS-Ober-
sturmführer Werner Jot-
hann, der Bischoff am 1.
Oktober 1943 als Chef
der Zentralbauleitung ab-
gelöst hatte, der Firma
Topf einen Brief zum
Thema »KGL Auschwitz,
Kremat. Ausnützung der
Abgase«, in dem er
schrieb:41 RGVA, 502-1-313, S. 11
»Sie werden gebeten,
Angebot mit bildlicher Darstellung und Berechnung sowie Anmerkungen
eingehende Erläuterung baldigst nach hier einzusenden. In
Aus dem Italienischen übersetzt von Jürgen Graf.
Frage kommen die Kremat. II u. III und evtl. auch IV und 1
R. J. Van Pelt, »The Pelt Report«, S. 221. Eine elektronische Fassung
V.« dieses Berichts befindet sich im Internet auf
In einer Aufstellung der Firma Topf vom 13. April 1943 heißt www.holocaustdenialontrial.com/evidence/vani.asp.
2
es unter Bezugnahme auf einen unter Nummer Castle Hill Publishers, Hastings 2003; das italienische Original erschien
unter dem Titel „Sonderbehandlung“ ad Auschwitz. Genesi e significato
»24674/43/Ro-Pru/Pa« archivierten Brief:42 bei Edizioni di Ar, Padova 2001.
»2 Topf Entwesungsöfen für das Krema II im Kriegsgefan- 3
Indiana University Press. Bloomington and Indianapolis 2002.
genenlager, Auschwitz.« 4
GARF, 7021-108-32, S. 37.
5
Es liegt ferner eine Rechnung der Firma Vedag Betriebe Publiziert von J.-C. Pressac in: Auschwitz: Technique and Operation of
Schlesien vom 28. Juli 1943 zum Thema »Auschwitz-Krema- the Gas Chambers. The Beate Klarsfeld Foundation. New York 1989, S.
203.
torium« vor; darin geht es um »ausgeführte Abdichtungsar- 6
GARF 7021-108-32, S. 41.
beiten für die Entwesungsanlage« .43 (Man weiß allerdings, 7
Pohl-Bericht an Himmler vom 16. September 1942 zum Thema: »a) Rü-
daß die »2 Topf Entwesungsöfen« am 11. Februar 1943 von 8
stungsarbeiten. b) Bombenschäden.« BAK, NS 19/14, S. 131-133.
der Zentralbauleitung bei der Firma Topf für das Bauwerk GARF, 7021-108-32, S. 43.
9
Aktenvermerk vom 22. Mai 1943. RGVA 502-1-26, S. 85.
32, d.h. die Zentralsauna, bestellt worden sind (Auftrag 10
Das ursprünglich im Text stehende Imperfekt »anwuchs« wurde in »an-
148)44). Schließlich läßt sich auch eine »Einzel-Rechnung« wächst« umgeändert. Im Zusammenhang hat diese Präsensform offen-
der Firma Vedag vorweisen, die vom selben Tag stammt und sichtlich die Bedeutung eines Futurums.
11
denselben Wortlaut hat wie die oben genannte Rechnung und VHA, Fond OT 31(2)/8. Das Kürzel »VIII Up a 2« bezog sich auf die
»G.B. Bau Kennummer« (d.h. die Kennummer eines Bauvorhabens auf
in der ausdrücklich Bezug auf »BW 32 – Entwesungsanlage« der Liste der Bauwirtschaft des Reichsministers Speer) beim Bauvorha-
genommen wird.45 Obwohl in diesen beiden Dokumente irr- ben des Kriegsgefangenenlagers Auschwitz.
tümliche Referenzen stehen, bestätigen sie doch den in die- 12
Ebenda. Lageplan des Kriegsgefangenenlagers Auschwitz O/S. Entwäs-
sem Abschnitt beschriebenen Gebrauch der Krematorien zu serungsplan. Plan Nr. 1782 vom 28. Oktober 1942.
13
sanitären Zwecken. Am 1. Januar 1943 belief sich die Gesamtlagerstärke auf 29.630 Häftlin-
ge, darunter 24.263 Männer und 5.367 Frauen. AGK, NRN, 134 (Prozeß
Mit Recht schreibt J.-C. Pressac:46 gegen die Lagermannschaft von Auschwitz, Band 52, S. 279, 282).
»Es leuchtet ein, daß das KGL Birkenau nicht gleichzeitig 14
Am 30. April 1943 gab es im Lager insgesamt 53.436 Häftlinge, darunter
zwei einander entgegengesetzte Funktionen – Gesundheits- 34.777 Männer und 18.659 Frauen. AGK, NTN, 134 (Prozeß gegen die
pflege und Ausrottung – besessen haben kann.« Lagermannschaft von Auschwitz, Band 52), S. 281, 285.
15
Lageplan des Kriegsgefangenenlagers Auschwitz vom 6. Juni 1942, in:
Da nun die Planung der sanitären Anlagen in den Krematori- J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers,
en von Birkenau auf unwiderlegbaren dokumentarischen Be- aaO. (Anm. 5), S. 195.
weisen beruht, während die behauptete Installation von Mas- 16
GARF, 7021-108-32, S. 37.
17
senvernichtungseinrichtungen nach Pressacs eigenem Einge- RGVA, 502-1-313, S. 159.
18
Die genannten Zahlen fußen auf einer statistischen Untersuchung der in
ständnis lediglich durch „Indizien“ gestützt wird, ist es ganz
den Sterbebüchern von Auschwitz enthaltenen Daten.
offensichtlich, was die wirkliche Funktion der Krematorien 19
Dieser Plan wurde von J.-C. Pressac in Auschwitz: …, aaO. (Anm. 5), S.
war. 393, veröffentlicht.
20
Aktenvermerk Bischoffs vom 9. Mai 1943. RGVA, 502-1-233, S. 36-37.

364 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


21
RGVA, 502-1-83, S 339. 2540 der Zentralbauleitung vom 6. Oktober 1943, abgebildet bei J. C.
22
RGVA, 502-1-83, S. 320. Pressac, Auschwitz: Technique..., aaO. (Anm. 5), S. 58.
23 36
Siehe dazu meine Studie „Sonderbehandlung“ in Auschwitz. Genesi e si- RGVA, 502-1-83, S. 281.
37
gnificato, Edizioni di Ar, Padua 2001, S. 73-81. RGVA, 502-1-83, S. 119.
24 38
Aktenvermerk Jothanns vom 5. Oktober 1943. RGVA, 502-1-83, S. 77. RGVA, 502-1-332, S. 10.
25 39
RGVA, 502-1-83, S. 338. Schreiben des SS-Standortarztes an den Leiter der Bauinspektion der
26
APMO, BW 30/34, S. 40. Waffen-SS und Polizei Schlesien vom 9. Dezember 1943. RGVA, 502-1-
27
RGVA, 502-1-83, S. 311. 336, S. 84.
28 40
RGVA 502-1-336, S. 104 . Die Übergabeverhandlung der Anlage ist auf den 22. Januar 1944 datiert.
29
Der Achtmuffelofen vom Typ des in den Krematorien IV und V instal- RGVA, 502-1-335, S. 1.
41
lierten wurde als aus vier Öfen bestehend betrachtet. RGVA, 502-1-313, S. 11.
30 42
RGVA, 502-1-312, S. 8. APMO, BW 30/34, S. 47.
31 43
RGVA, 502-1-336, S. 107. RGVA, 502-1-316, S. 431 und 502-1-323, S. 137.
32 44
Inventar der Übergabeverhandlung der »Desinfektion und Entwesungsan- Schluß-Rechnung der Zentralbauleitung für die Firma Topf vom 19. Ok-
lage« (Zentralsauna) vom 22. Januar 1944. RGVA, 532-1-335, S. 3. tober 1943 bezüglich der »Einrichtung einer Entwesungsanlage im K.Z.L.
33
RGVA, 502-2-54, Seite unleserlich. (Massivbau) BW 32 bestehend aus 2 Öfen und 4 Kammern«. RGVA, 502-
34
RGVA, 502-2-54, S. 77-78. 2-27, S. 24
35 45
Übergabeverhandlung des Bauwerk 5a – Entlausungsanlage, Inventar. RGVA, 502-1-316, p. 430.
46
RGVA, 502-2-58, S. 129. Plan Nr. 2948 der Entlausungsanlage FL Bw. J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique..., aaO. (Anm. 5), S. 512.
5a vom 6 Oktober 1943. RGVA, 502-1-230, S. 174. Siehe auch Plan

II) Die Verwendung der Leichenkammern der Krematorien von Birkenau


in den Jahren 1943-1944
1) Die These Jean-Claude Pressacs hinabgelassen. Die Opfer würden zu Fuß in den Tod ge-
Die Grundthese J.-C. Pressacs zu Auschwitz ist bekanntlich hen.«
die ihm zufolge ab Ende 1942 erfolgte Umwandlung der Lei- Selbstverständlich wurde die Leichenrutsche nicht gestri-
chenkeller 1 in den Krematorien II und III von Birkenau in chen,4 doch eine Umwandlung der Leichenkeller der Krema-
Menschentötungsgaskammern. Ferner behauptet er, die Lei- torien in »Auskleidungsräume« und »Gaskammern« hätte
chenkammern der Krematorien IV und V seien zuerst zur schwerwiegende Folgen nach sich gezogen: In den Kremato-
Aufbahrung der Leichen von in den sogenannten „Bunkern“ rien hätte es keine Leichenkeller und Leichenhallen mehr zur
von Birkenau Vergasten benutzt worden und hätten später als Aufbahrung der Leichen der im Lager gestorbenen Häftlinge
Aufbahrungsräume für die Opfer der angeblich in diesen bei- gegeben. Van Pelt ist sich dieses Dilemmas bewußt; er
den Krematorien selbst eingerichteten Gaskammern gedient. schreibt:5
Eines der wichtigsten Argumente zugunsten dieser These »Die Situation war in Wirklichkeit viel schlimmer,[6] weil
fußt auf dem Plan 2003 der Zentralbauleitung vom 19. De- im Februar 1943 alle Leichenkeller in den Krematorien 2
zember 1942, bei dem es sich um ein Deckblatt der vorher- und 3 eine neue Funktion zugeteilt bekommen hatten und
gehenden Pläne 932 und 933 handelt und der die »Verlegung so umgerüstet wurden, daß sie als Auskleideräume und
des Kellerzugangs an die Straßenseite« vorsieht.1 Pressac Gaskammern funktionieren konnten, während die Leichen-
bemerkt, daß auf der Zeichnung des Kellergeschosses die hallen der Krematorien 4 und 5 zu Auskleideräumen um-
Rutsche zum Herablassen der Leichen fehlt – eine schliefe funktioniert wurden. Zum Zeitpunkt der Fertigstellung der
Zementebene, auf der man die Leichen von außen in die hal- Krematorien besaß Auschwitz buchstäblich keinen per-
bunterirdischen Leichenkeller der Krematorien II und III manenten Raum zur Aufbahrung von Leichen mehr.«
gleiten lassen konnte, und kommentiert:1 Dies hätte gravierende hygienisch-sanitäre Probleme herauf-
»Eine Rutsche, die zum Herabgleitenlassen von Leichen beschworen, denn man hätte die Einäscherung der im Lager
gedacht war, durch eine gewöhnliche Treppe zu ersetzen, gestorbenen registrierten Häftlinge nicht mehr im voraus pla-
schlägt jeder Logik ins Gesicht – außer wenn die künftigen nen können, und diese wären tage- oder gar wochenlang her-
Leichen das Krematorium noch lebend betraten und die umgelegen,7 bis die Leichen der (angeblichen) Vergasten in
Treppen hinabsteigen konnten.« den Leichenhallen und Leichenkellern der Krematorien ver-
In seinem zweiten Buch kam Pressac auf dieses Argument brannt gewesen wären. Wäre Pressacs These richtig, so müß-
zurück:2 ten die Dokumente über die Aufbahrung der Leichname ge-
»Dejaco zeichnete am 19. Dezember einen neuen Plan – storbener Häftlinge in den Leichenräumen des Lagers sowie
Nr. 2003 – für das Untergeschoß, wobei ihm eine gewalti- ihren Transport in die Krematorien ausdrückliche Hinweise
ge „architektonische Fehlleistung“ unterlief. Wenn man auf die dadurch entstandene prekäre hygienisch-sanitäre Lage
sich an der Beschriftung des neuen Plans orientiert, so war sowie Proteste und Lösungsvorschläge des SS-Standortarztes
jetzt die Nordtreppe der einzig mögliche Zugang zu den enthalten. Was aber steht in den Dokumenten?
Leichenkellern, was bedeutet, daß die Toten die Treppe
hätten hinabsteigen müssen!« 2) Die Dokumente über die Verwendung der
Robert Jan van Pelt und Debórah Dwork haben Pressacs Ge- Leichenhallen und Leichenkeller in den Krematorien von
dankengang aufgegriffen:3 Birkenau
»Er [Dejaco] strich die geplante Leichenrutsche, die in den Am 20. März 1943 schrieb der SS-Standortarzt von Au-
früheren Plänen der Haupteingang zu den halbunterirdi- schwitz, SS-Hauptsturmführer Wirths, dem Lagerkomman-
schen Leichenkellern gebildet hatte. Lebende Menschen danten Rudolf Höß einen Brief, auf den wir im nächsten Ab-
steigen Treppen hinunter. Leichen werden eine Rutsche schnitt näher eingehen wollen. Im Zusammenhang mit einem

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 365


allgemeinen Plan zur Erweiterung des Häftlingskrankenhau- Im Mai 1944 brachte er das Thema der massiven Leichen-
ses von Birkenau hob Dr. Wirths hervor:8 kammern für den Bauabschnitt II von Birkenau wieder aufs
»Für den Abtransport der Leichen aus dem HKB zum Tapet, und zwar in einem Schreiben an SS-Sturmbannführer
Krematorium müssen 2 gedeckte Handwagen beschafft Bischoff, dem Leiter der Bauinspektion der Waffen-SS und
werden, die den Transport von je 50 Leichen gestatten.« Polizei Schlesien. Darauf schrieb Bischoff am 15. Mai einen
Mit dem »Krematorium« meinte Wirths das Krematorium II, Brief an SS-Obersturmführer Jothann, den Chef der Zen-
das am 20. Februar seinen Betrieb in beschränktem Ausmaß tralbauleitung von Auschwitz, um ihn über Wirths Antrag zu
aufgenommen hatte und am 20. März immer noch das einzige unterrichten:13
funktionsfähige war. »Der SS-Standortarzt Auschwitz hat die Errichtung einer
Am 20. Juli 1943 stellte Wirths der Zentralbauleitung ein massiven Leichenhalle im Bauabschnitt II – KL II Au-
Schreiben folgenden Inhalts zu:9 schwitz – beantragt.
»In den bereits belegten Lagern des Bauabschnittes II feh- Die Zentralbauleitung Auschwitz hat im Einvernehmen mit
len noch betonierte beziehungsweise gemauerte Leichen- der SS-Standortverwaltung Auschwitz den Bau zu planen,
kammern, deren Erstellung vordringlich ist. die entsprechenden Baumittel- und GB-Bauanträge[14] um-
In den bisher zur Verfügung stehenden Holzschuppen sind gehend zu erstellen.
die Leichen außerordentlich stark dem Rattenfraß ausge- Als dienstliche Veranlassung ist das in Abschrift beiliegen-
setzt, so daß beim Abtransport der Leichen kaum eine Lei- de Schreiben des SS-Wirtschafts-Verwaltungshauptamtes
che ohne Zeichen von Rattenfraß festzustellen ist. Die Rat- vom 12.5.44 dem Bauantrag vorzuheften.
ten werden durch die Leichen außerordentlich stark ange- Der Dringlichkeit des Bauvorhabens wegen kann mit den
zogen und vermehren sich so, daß deren Bekämpfung prak- Arbeiten sofort begonnen werden.«
tisch unmöglich wird.
Der Rattenfloh ist der Überträger der
Pest. Auftreten von Pest im Lagerbe-
reich kann unvorstellbare Folgen so-
wohl für die Truppe als auch für die
Häftlinge des KL Auschwitz im Gefolge
haben und kann nur durch die hygie-
nisch einwandfreie Aufbewahrung der
Leichen und gleichzeitig intensive Rat-
tenbekämpfung vermieden werden.
Der SS-Standortarzt Auschwitz bittet
deshalb dringend, die erforderlichen
Leichenkammern, wenn auch mit ein-
fachsten Mitteln, sofort zu erstellen.«
Der damals verwendete Typus von Lei-
chenbaracken entsprach den Direktiven
des Hauptamts Haushalten und Bauten
(HHB) vom 25. November 1941.10
Bischoff antwortete Dr. Wirths am 4. Au-
gust:11
»Zu o.a. Schreiben wird mitgeteilt, daß
auf Grund der Besprechung vom Sonn-
abend, den 31. Juli 1943, zwischen dem
SS-Standartenführer Dr. Mrugowski,
SS-Hauptsturmführer Dr. Wirths und
dem Unterfertigten von der Erstellung
je einer Leichenhalle in den einzelnen
Unterabschnitten des KGL entspre-
chend dem o.a. Antrage des SS-
Standortarztes Abstand genommen wird.
SS-Standartenführer Mrugowski hat bei
der Besprechung am 31.7 erklärt, daß
die Leichen zweimal am Tage, und
zwar morgens und abends in die Lei-
chenkammern der Krematorien über-
führt werden sollen, wodurch sich die
separate Erstellung von Leichenkam-
mern in den einzelnen Unterabschnitten
erübrigt.«
Anfang 1944 setzte der SS-Standortarzt
den Bau einer gemauerten Leichenbarak-
ke durch, welche die Bezeichnung Bau-
werk 8a erhielt.12 APMO, BW 30/34, S. 47

366 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Am 22. Mai 1944 fand in Auschwitz eine Besprechung zwi- »Unter dem 20.7.43 habe ich der Zentral-Bauleitung der
schen SS-Obersturmbannführer Höß, SS-Sturmbannführer Waffen-SS und Polizei Auschwitz mitgeteilt, daß im Frau-
Bischoff, SS-Hauptsturmführer Baer (der am 11. Mai 1944 enlager des KL Auschwitz II und in den Lagern des Bauab-
zum Kommandanten von Auschwitz I ernannt worden war), schnittes II noch betonierte und gemauerte Leichenkam-
SS-Sturmbannführer Bischoff sowie SS-Obersturmführer mern fehlen, deren Erstellung vordringlich ist, da die bis-
Jothann statt. Jothann verfaßte einen Aktenvermerk, in dem her zur Verfügung stehenden Holzschuppen für die Aufbe-
die Ergebnisse der Unterredung zusammengefaßt wurden:15 wahrung von Leichen aus seuchenhygienischen Gründen
»Vorgenannte Besprechung wurde angesetzt, um die Lage und wegen der großen Gefahr des Rattenfraßes völlig un-
und Größe der geforderten L.[eichen]Hallen festzulegen. geeignet sind.
Hierbei zeigte sich, daß eine Einfügung in den Lageplan Nicht einwandfrei aufbewahrte Leichen ziehen immer viele
nicht ohne weiteres gegeben ist. Es müßte zur Schaffung Ratten an. In den Häftlingsrevieren der Lager des KL Au-
eines geeigneten Platzes zur Errichtung der L.-Hallen zu schwitz II fallen naturgemäß täglich eine bestimmte Anzahl
mindestens ein Teil der Abort- bezw. Waschbaracken ab- von Leichen an, deren Abtransport zu den Krematorien
gebrochen werden. Auf die Baracken kann jedoch nach zwar eingeteilt ist und täglich 2 mal, morgens und abends,
Lage der Dinge schwer verzichtet werden. erfolgt. In Anbetracht des im KL Auschwitz bestehenden
SS-Obersturmbannführer Höß weist darauf hin, daß nach Fahrzeug- und zeitweise auch Brennstoffmangels aber
einer bestehenden Anweisung der tägliche Anfall von kommt es vor, daß die Leichen bis zu 24 Stunden liegen
L.[eichen] durch einen eigens hierfür bestimmten Lastwa- bleiben.
gen in den Morgenstunden eines jeden Tages abzuholen Jedes Krankenhaus verfügt aus seuchenhygienischen
sind, bei Einhaltung dieses Befehls somit ein Ansammeln Gründen über eine Leichenkammer zur kurzfristigen Auf-
von L. gar nicht erfolgen kann und daher eine zwingende bewahrung der anfallenden Leichen. Dabei überschreitet
Notwendigkeit für die Errichtung der vorgenannten Hallen die Zahl der Kranken in den allgemeinen Krankenhäusern
nicht erforderlich ist. durchschnittlich die Zahl von 500 Betten nicht, während in
SS-Ostubaf. Höß bittet daher, von dem Bau der zur Erörte- den einzelnen Häftlingsrevieren des KL Auschwitz II die
rung stehenden Hallen vorerst Abstand nehmen zu wol- Bettenzahl durchschnittlich 3-4.000 beträgt. Es ist meines
len.« Erachtens damit doch nicht mehr als selbstverständlich,
Doch Wirths gab sich nicht geschlagen und brachte das daß für die zahlreichen anfallenden Leichen entsprechende
Thema am 25. Mai in einem Schreiben an den SS-Standort- Aufbewahrungsräume vorhanden sind.
ältesten16 von Auschwitz abermals zur Sprache:17 Ich habe in meinem Schreiben vom 20.7.43 und in allen
übrigen vorhergegangenen Schreiben an die
Zentral-Bauleitung der Waffen-SS und Polizei
Auschwitz immer nur die Anlage von Leichen-
kammern, niemals aber den Ausbau von Lei-
chenhallen in eigens zu errichtenden Häusern
oder Schuppen verlangt und bitte, wegen der
Notwendigkeit der Errichtung solcher Leichen-
kammern die nötigen Schritte umgehend zu un-
ternehmen, da ich andernfalls gezwungen bin,
mich an meine vorgesetzten Dienststellen zu
wenden, um durch die bisherige unhygienische
Aufbewahrung der Leichen nicht eine schwerste
Gefährdung für das ganze Lager in seuchenhy-
gienischer Hinsicht eintreten zu lassen.
Eine Skizze für eine Leichenkammer füge ich bei.
Dringend erforderlich sind Leichenkammern im
HKB des Frauenlagers, des Bauabschnittes II,
Lagerabschnitt a, b, e und f. Diese Leichenkam-
mern können entweder in die Ambulanzbaracken
eingebaut oder an diese außen angebaut wer-
den.«18
Dieser Brief war zwar an den Lagerkommandaten
gerichtet, doch war sein Inhalt auch für den Leiter
der Zentralbauleitung von Belang. Am 12. Juni
sandte dieser ein Schreiben an den Chef der Bauin-
spektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien; als
Beilage schickte er seinen – neu auf den 30. Mai
datierten – Aktenvermerk vom 23. Mai sowie
Wirths’ Brief vom 15. Mai mitsamt der dem Brief
vom 25. Mai beigefügten Skizze einer Leichen-
kammer. Jothann erklärte sich bereit, den Bau von
Leichenkammern in der vom SS-Standortarzt ver-
langten Art in die Wege zu leiten, sobald dem Er-
RGVA, 502-1-170, S. 262 suchen stattgegeben sei.19

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 367


3) Die Bedeutung dieser Dokumente ter Form an, sondern unterbreitete stets nur Vorschläge zur
Die im vorausgegangenen Abschnitt zitierten Dokumente Verbesserung der wirklichen Verhältnisse im Lager; an sei-
widerlegen Pressacs These, wonach die Krematorien von nen Briefen ist nichts Verdächtiges.
Birkenau nachträglich zu kriminellen Zwecken umgewandelt Bischoffs Schreiben vom 4. August 1943 nimmt Bezug auf
worden seien, klipp und klar. In den Briefen des SS- den am 31. Juli von Dr. Mrugowski erteilten Befehl, die Lei-
Standortarztes erscheint auch nicht der geringste Hinweis auf chen zweimal täglich, am Morgen und am Abend, »in die
eine verbrecherische Zweckentfremdung der Leichenkam- Leichenkammern der Krematorien« zu transportieren. Der
mern in den Krematorien, welche die von ihm erwähnten hy- Befehl bezog sich auf alle Krematorien und war zweimal täg-
gienisch-sanitären Probleme ins Unermeßliche hätte steigen lich zu befolgen, was bedeutete, daß die betreffenden Lei-
lassen. Aus den Briefen geht im Gegenteil hervor, daß die chenkammern uneingeschränkt verfügbar waren.
Leichenhallen und Leichenkeller aller Krematorien stets un- Wäre Pressacs These zutreffend, so wäre dieser Befehl nack-
eingeschränkt verfügbar waren. Ich verwende das Wort stets, ter Irrsinn gewesen, denn am Tag, an dem er erging, wurde
weil in keinem Dokument je auf eine zeitweilige Blockierung die Deportation der Juden aus den Ghettos von Bendsburg
dieser Räume durch deren Verwendung zu anderen Zwecken und Sosnowitz nach Auschwitz vorbereitet (laut der offiziel-
als der Aufbahrung der Leichen registrierter Häftlinge hin- len Auschwitz-Version wurden vom 1. bis zum 12. August in
gewiesen wird. Den Ausdruck „uneingeschränkt“ verwende den Krematorien von Birkenau über 28.000 Menschen ver-
ich darum, weil in keinem Dokument irgendein Hinweis dar- gast22), und Dr. Mrugowski als Leiter des Hygieneinstituts
auf erscheint, daß die Leichenkammern zu einem anderen der Waffen-SS hätte über diese Vorbereitungen unmöglich
Zweck als der Aufbahrung von Toten gedient hätten. nicht Bescheid wissen können. Dasselbe trifft auf Jothann zu.
Träfe Pressacs These zu, so hätte die Lagerleitung selbstver- Die nachgewiesene und einleuchtende Tatsache, daß die Lei-
ständlich eine Notverordnung für die Kremierung erlassen chen zweimal täglich in die Leichenkammern der Krematori-
müssen und eine oder mehrere Leichenkammern der kleinen en geschafft wurden, stellt also eine radikale Widerlegung
Krematorien für die Leichen der im Lager gestorbenen regi- der Hypothese von Massenvergasungen in diesen Krematori-
strierten Häftlinge reserviert. Doch dies
war nicht der Fall.
All dies belegt, daß die Leichenkammern
in den Krematorien als normale Leichen-
kammern und sonst als gar nichts dienten,
wie schon aus dem Wirths-Brief vom 20.
März ersichtlich ist. An eben jenem Tag
soll sich nach D. Czechs Kalendarium die
Vergasung von 2.191 griechischen Juden
zugetragen haben.20 Die Verbrennung der
Leichen hätte eine ganze Woche in An-
spruch genommen. Die erste Vergasung im
Krematorium II soll am 14. März erfolgt
sein und 1.492 Opfer gefordert haben. Erst
am 19. März wären diese Leichen kremiert
gewesen, was die zweite, angeblich am 16.
März erfolgte Vergasung21 unmöglich ge-
macht hätte, weil in der „Gaskammer“
noch fast 900 einzuäschernde Leichen üb-
riggeblieben wären. Dr. Wirths machte sich
jedoch nur über tatsächliche Tote Gedan-
ken und verlangte zwei Handkarren zum
Transport der Verstorbenen aus dem Kran-
kenhaus zum Krematorium.
Der Wirths-Brief vom 20. Juli 1943 zeigt,
wie gefährlich die damals noch gängige
Aufbahrung der Leichen von im Lager ver-
storbenen Häftlingen vom hygienischen
Standpunkt aus war, zumal zusätzlich zum
Fleckfieber gar noch mit dem Ausbruch
der Pest gerechnet werden mußte. Hätte
Pressac mit seiner These recht, so wäre
diese Gefahr noch erheblich gestiegen, da
die Leichen der verstorbenen registrierten
Häftlinge längere Zeit in den unzureichen-
den Leichenkammern des Lagers herumge-
legen hätten und sich mit ihnen auch die
Ratten gewaltig vermehrt hätten. Doch auf
eine solche, hypothetische Situation spielte
Dr. Wirths niemals auch nur in verschleier- RGVA, 502-1-170, S. 260

368 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


en dar. Nachgewiesen wird diese Tatsache zunächst durch Bericht der Fa. Huta mit dem Betreff »Ausgeführte Bauarbeiten d. Kre-
Jothanns Aktenvermerk vom 23. Mai, in dem es heißt, der matoriums 2« vom 7.5.1943 (APMO, BW 30/26, S. 36) und Rechnung
Nr. 2 ebenfalls vom 7.5.1943 mit Betreff »Ausgeführte Bauarbeiten des
Lagerkommandant habe bei der Unterredung am Vortag an Krematoriums 3 lt. Angebot vom 13.7.42« (RGVA, 502-1-306, S. 31).
den bereits bestehenden Befehl erinnert, die Leichen morgens Die Rutsche des Krematoriums II ist außerdem gut sichtbar in dem Plan
mit einem entsprechenden Fahrzeug abzuholen. Noch eindeu- Nr. 2197[a](r) E 2197 [b] (r) als Anhang zur Dokumentation der Überga-
tiger ist der Wirths-Brief vom 25. Mai, in dem es heißt, der beverhandlung des Krematoriums (J.-C. Pressac, Auschwitz:
Technique…, aaO. (Anm. 1), S. 311f.) und wird auch ausdrücklich er-
Transport der Leichen zu den Krematorien sei reguläre Praxis
wähnt in der entsprechenden »Gebäudebeschreibung« (RGVA, 502-2-54,
und erfolge zweimal täglich, nämlich morgens und abends. S. 78).
Es kann also nicht der geringste Zweifel daran bestehen, daß 5
The Pelt Report, S. 210. Hervorhebung von mir.
6
dieser Befehl in der zweiten Maihälfte 1944 existierte und Dies bezieht sich auf die von van Pelt einige Zeilen zuvor festgestellte
befolgt wurde, soweit die notwendigen Kraftfahrzeuge und Herabsetzung des Fassungsvermögens der Leichenhallen in Birkenau.
7
In den Krematorien II und III hätte die Verbrennung von 2000 Opfern
genügend Brennstoff verfügbar waren. jeweils fast eine Woche gedauert, in den Krematorien IV und V je rund
Genau im selben Zeitraum, der zweiten Maihälfte 1944, setz- zehn Tage.
8
te auch die Deportation der ungarischen Juden nach Au- Brief des SS-Standortarztes an den Kommandanten des KL Auschwitz
schwitz ein, worüber die Lagerverantwortlichen, angefangen vom 20. März 1943 zum Thema »Häftlings-Krankenbau-KGL«. RGVA,
502-1-261, S. 112.
bei Rudolf Höß, selbstverständlich Bescheid wissen mußten. 9
Brief des SS-Standortarztes an die Zentralbauleitung vom 20. Juli 1943
Die ersten Transporte trafen am 17. Mai in Auschwitz ein; zum Thema »Hygienische Sofortmaßnahmen im KL«, RGVA 502-1-170,
bis zum 22. Mai, dem Datum der erwähnten Unterredung, S. 263.
10
waren mehr als 62.000 Juden aus Ungarn eingetroffen, von Brief des HHB an die Zentralbauleitungen von Lublin und Auschwitz
vom 25 November 1941 zum Thema »Leichenschuppen«. RGVA, 502-1-
denen laut offizieller Geschichtsdarstellung nicht weniger als
170, S. 249.
41.000, also rund zwei Drittel, vergast worden sein sollen.23 11
Brief Bischoffs an Wirths vom 4. August 1943 zum Thema »Hygienische
Die Krematorien von Birkenau sollen zur Einäscherung der Sofortmaßnahmen im KGL: Erstellung von Leichenhallen in jedem Un-
Leichen nicht ausgereicht haben, so daß zu deren Verbren- 12
terabschnitt«. RGVA, 502-1-170, S. 262.
nung zusätzlich mehrere Gruben ausgehoben worden sein Erläuterungsbericht zum Ausbau des Kriegsgefangenenlagers der Waf-
fen-SS in Auschwitz O/S, »Errichtung von 1 Leichenbaracke (Effekten-
sollen. Dies heißt natürlich, daß die Leichenkammern der kammer) massiv«, 20 Februar 1944. RGVA, 502-1-230, S. 201-203. Brief
Birkenauer Krematorien während dieses Zeitraums perma- des Leiters der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien (Bi-
nent mit den Leichen der Vergasten gefüllt gewesen wären – schoff) vom 30. März 1944 zum Thema »Bauantrag zur Errichtung einer
wie konnte Rudolf Höß da seelenruhig den erwähnten Befehl Leichenbaracke (Effektenkammer) im KGL Auschwitz«. RGVA, 502-1-
230, pp. 200-200a. Auch der Plan der Baracke sowie eine Skizze ihrer
zum zweimal täglich zu erfolgenden Abtransport der Leichen Position sind erhalten. RGVA, 502-1-230, p. 206.
im Lager gestorbener, registrierter Häftlinge in eben diese 13
Brief Bischoffs an die Zentralbauleitung von Auschwitz vom 15. Mai
Leichenkammern in Erinnerung rufen? Auch in diesem Fall – 1944 zum Thema »Errichtung einer Leichenhalle im KL II Auschwitz«.
und erst recht in diesem Fall – stellt eine nachgewiesene und RGVA, 502-1-170, S. 259.
14
einleuchtende Tatsache die kategorische Widerlegung einer GB: Generalbevollmächtigter für die Regelung der Bauwirtschaft (Albert
Speer).
Hypothese dar: jener von der Massenvernichtung ungarischer 15
Aktenvermerk Jothanns vom 23. Mai 1944 zum Thema »Errichtung von
Juden in den Krematorien. Leichenhallen im Bauabschnitt II, Lager II Birkenau«. RGVA, 502-1-
Zusammenfassend können wir nun feststellen: Im Licht der 16
170, S. 260.
Dokumente über die Verwendung der Leichenkammern der Rudolf Höß, der SS-Standortältester, SS-Oberstumbannführer und Kom-
mandant war.
Birkenauer Krematorien ist klar, daß diese schon vom Zeit- 17
Brief des SS-Standortarztes an den SS-Standortältesten vom 25. Mai
punkt ihrer Inbetriebnahme im März 1943 an nicht als »Ent- 1944 zum Thema »Bau von Leichenkammern im KL Auschwitz II«.
kleidungsräume« und »Gaskammern« dienten und auch gar RGVA, 502-1-170, S. 264.
18
nicht als solche dienen konnten, so daß die Behauptung, in Brief des SS-Standortarztes an den SS-Standortältesten vom 25. Mai
1944 zum Thema »Bau von Leichenkammern im KL Auschwitz II«.
ihnen habe sich ein Massenmord durch Vergasen zugetragen, RGVA, 502-1-170, S. 264.
jeglicher historischen Grundlage entbehrt. 19
Brief des Chefs der Zentralbauleitung an den Chef der Bauinspektion der
Waffen-SS und Polizei Schlesien vom 12. Juni 1944 zum Thema »Bau
Anmerkungen von Leichenkammern im KL. Auschwitz II«. RGVA, 502-1-170, S. 251.
20
D. Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Au-
1
J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers. schwitz-Birkenau 1939-1945. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg
The Beate Klarsfeld Foundation. New York 1989, S. 302. 1989, S. 445.
2
Jean-Claude Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des 21
Ebenda, S. 442.
Massenmordes. Piper Verlag, München-Zürich 1994, S. 81. 22
Ebenda, S. 560-572.
3
D. Dwork, R. J. van Pelt, Auschwitz 1270 to the present. W. W. Norton & 23
Siehe hierzu meinen Artikel »Die Deportation ungarischer Juden von
Company, New York-London 1996, S. 324. Mai bis Juli 1944. Eine provisorische Bilanz«, in: VffG, 5(4) 2001, S.
4
Die Rutsche der Krematorien II und III, 6,8 m lang, wurde von der Fa. 381-395.
Huta – Hoch- und Tiefbau AG mit Sitz in Kattowitz erbaut für 37,40 RM.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 369


III) Der Auskleideraum des Krematorium II von Birkenau:
Ursprung und Funktion
1) Der Auskleideraum: Für die Lebenden oder für die botes für die Umänderung der Entlüftungsanlage für den
Toten? Auskleideraum gebeten.«
In Abschnitt I habe ich das Projekt zur Einrichtung von Doch war dieser Auskleideraum wirklich für die Opfer einer
“Brausen im Auskleideraum des Krematoriums III” erwähnt, geplanten Massenvernichtung durch Gas gedacht?
auf den Bischoff in seinem Bericht vom 13. Mai 1943 ein-
ging. Im folgenden werden wir Ursprung und Funktion des 2) Ursprung und Funktion des Auskleideraums im
jeweiligen “Auskleideraums” in den Birkenauer Krematorien Krematorium II von Birkenau
untersuchen. Zwei Pressac unbekannte Dokumente, die auf den Entscheid
Laut der – von R.J. van Pelt vorbehaltlos übernommenen – zur Schaffung eines Auskleideraums im Kellergeschoß des
These J.-C. Pressacs wurde das Krematorium II von Birkenau Krematoriums II Bezug nehmen, ermöglichen es uns, die
als normale hygienisch-sanitäre Anlage geplant und errichtet, eben aufgeworfene Frage eindeutig zu beantworten.
doch1 Am 21. Januar 1943 stellte der SS-Standortarzt von Au-
»dadurch kam man Ende Oktober 1942 auf die an sich lo- schwitz dem Lagerkommandanten einen Brief folgenden In-
gische Idee, die Vergasungen von Bunker 1 und 2 in einen halts zu:4
Raum des Krematoriums zu verlegen, der über eine me- »1. Der SS-Standortarzt Auschwitz bittet, den im Neubau
chanische Lüftung verfügte, ganz so, wie im Dezember des Krematoriums in Birkenau vorgesehenen Sektionssaal
1941 im Leichenraum des Krematoriums I verfahren wor- durch eine Zwischenwand noch in 2 gleich große Räume
den war.« unterteilen zu lassen und 1 oder 2 Waschbecken in dem er-
Diese Idee nahm gemäß Pressac im November 1942 konkrete sten dieser beiden Räume einbauen zu lassen, da derselbe
Gestalt an, als »die SS-Bauleitung beschloß, Gaskammern in als eigentlicher Sezierraum benötigt wird, während der 2.
den Krematorien einzurichten«.2 Das erste diesbezügliche Raum zur Herstellung von anatomischen Präparaten, zur
Indiz ist für Pressac – wie wir bereits gesehen haben – Plan Aufbewahrung von Akten und Schreibmaterialien und Bü-
2003 vom 19. Dezember 1942, ein »Deckblatt zu den Zeich- chern, zur Herstellung von gefärbten Gewebsschnitten und
nungen 932 und 933. Verlegung des Kellereingangs an die zu Arbeiten am Mikroskop benötigt wird.
Straßenseite«, in dem die Leichenrutsche angeblich gestri- 2. Ferner wird darum gebeten, in den Kellerräumen einen
chen worden ist. Diese Deutung, laut der ein als normale hy- Auskleideraum vorzusehen.«
gienisch-sanitäre Einrichtung geplantes und erbautes Krema- Dieser Brief ermöglicht uns Schlußfolgerungen, die für unser
torium nachträglich in eine Ausrottungsanlage umgewandelt Thema von allergrößter Bedeutung sind:
wurde, ist schon im Licht der in Abschnitt II angeführten 1) Der Entschluß zur Einrichtung eines Auskleideraums im
Dokumente unfundiert, weil es dann nicht mehr möglich ge- Krematorium wurde weder von der Kommandantur (Höß)
wesen wäre, die Leichen der eines natürlichen Todes gestor- noch von der Zentralbauleitung (Bischoff), sondern vom
benen Häftlinge in den Leichenhallen und Leichenkellern der SS-Standortarzt gefällt.
Krematorien aufzubahren und in den Verbrennungsöfen ein- 2) Der SS-Standortarzt maß dem betreffenden Antrag keinen
zuäschern. größeren Stellenwert bei als den anderen; er erscheint
Für Pressac war der Entscheid zur Durchführung von Men- ganz im Gegenteil als bloßer Anhang zu den streng hy-
schenvergasungen in den Krematorien also am 19. Dezember gienisch-sanitären Anträgen im Zusammenhang mit dem
1942 bereits gefällt und fand fortan seinen Niederschlag in Sezierraum.
den Plänen der Zentralbauleitung. Da lediglich für den Lei- 3) Das Krematorium war vom hygienisch-sanitären und fo-
chenkeller 1 ein Belüftungs- und Entlüftungssystem vorgese- rensischen Standpunkt aus dem SS-Standortarzt unter-
hen war, mußte dieses Lokal dieser Logik nach zwangsläufig stellt, der die einschlägigen Projekte gut kannte und gele-
als Gaskammer vorgesehen sein. Und wenn man eine Mas- gentlich – wie in diesem Fall – bei der Zentralbauleitung
senvernichtung plante, mußte dem Leichenkeller 2 nicht intervenierte, um Abänderungen vorzuschlagen. Der eben
minder zwangsläufig die Funktion eines Auskleideraums für zitierte Brief belegt, daß der SS-Standortarzt nicht das ge-
die künftigen Opfer zugewiesen worden sein, so wie es – ringste vom angeblichen Plan zur Umwandlung des Lei-
immer laut Pressac – bereits im Krematorium I im Stammla- chenkeller 2 in einen Auskleideraum für zukünftige Ver-
ger Auschwitz praktiziert worden war. gasungsopfer wußte: er verlangte allgemein die Einrich-
Der Beschluß zur Umfunktionierung des Leichenkeller 1 in tung eines Auskleideraums »in den Kellerräumen«, ohne
eine Menschentötungsgaskammer bedingte also die Umge- spezifisch auf den Leichenkeller 2 Bezug zu nehmen oder
staltung des Leichenkeller 2 in einen Umkleideraum, und die den Leichenkeller 1 ausdrücklich auszuschließen. Ange-
beiden Entscheidungen mußten gleichzeitig gefallen sein. In sichts seiner wichtigen Stellung hätte der SS-Standortarzt
der Tat wird der Leichenkeller 2 des Krematorium II in eini- ganz unmöglich nicht Bescheid über einen zwei Monate
gen Dokumenten als »Auskleideraum« oder »Auskleidekel- zuvor gefallenen Entscheid zur Schaffung eines Ausklei-
ler« bezeichnet, was für Pressac ein „kriminelles Indiz“ dar- deraums im Leichenkeller 2 wissen können; da er aber
stellt und auf die angebliche Ausrottungsfunktion dieser nichts davon wußte, kann die logische Schlußfolgerung
Kremierungsanlage hindeutet. Zum ersten Mal taucht der nur lauten, daß es keinen solchen Entscheid gegeben hat-
Ausdruck »Auskleideraum« in einem Brief Bischoffs an die te. Wie aus dem zitierten Dokument hervorgeht, kam die
Firma Topf vom 6. März 1943 auf; unter Bezugnahme auf Idee mit dem Auskleideraum dem SS-Standortarzt im Ja-
den Leichenkeller 2 schrieb der Leiter der Zentralbauleitung:3 nuar 1943 und wurde der Lagerleitung Auschwitz am 21.
»Desgleichen wird um Einsendung eines Nachtragsange- jenes Monats mitgeteilt.

370 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Am 15. Februar 1943 antwortete SS-Untersturmführer Ja- »Diese Menschen [die Opfer] wurden in eine Baracke ge-
nisch, Bauleiter der Bauleitung des Kriegsgefangenenlagers pfercht, die damals parallel zum Gebäude des Krematori-
(also von Birkenau), dem SS-Standortarzt in einer handge- um vom Eingangsteil bis zum Hof des Krematoriums Nr. II
schriebenen Notiz wie folgt:5 installiert war. Die Menschen betraten diese Baracke
»zu 1.) wurde veranlaßt durch eine Tür am Eingangsteil und stiegen die Stufen, die
zu 2.) zum Auskleiden wird eine Pferdestallbaracke vor sich rechts von der Mühlverbrennung [sic] befanden, [ins
dem Kellereingang aufgestellt.« Kellergeschoß] hinunter. Diese Baracke diente damals als
Wozu diente ein Auskleideraum im Krematorium? Und zu Auskleideraum. Doch wurde sie nur rund eine Woche lang
welchem Zweck wurde dazu der Bau einer Baracke ins Auge verwendet und dann abgerissen.«
gefaßt? Pressac publiziert den Plan 2216 vom 20. März 1943 voll-
Pressac hat hervorgehoben, daß eine Pferdestallbaracke vor ständig, doch mit unleserlichen Bildunterschriften.10 Er er-
dem Krematorium II, genau an der von Janisch angekündig- wähnt jedoch auch eine Vergrößerung einer anderen (in
ten Stelle, also »vor dem Kellereingang«, im »Lageplan des Form eines anderen Negativs des Auschwitz-Museums erhal-
Kriegsgefangenenlagers Auschwitz O/S« vom 20. März 1943 tenen) Version dieses Plans, in dem die Bildunterschriften
in der Tat erscheint. Er kommentiert diesen Sachverhalt mit mühelos lesbar sind.11 Hier wird die Baracke vor dem Kre-
folgenden Worten:6 matorium II durch ein helles Rechteck bezeichnet. Dieses
»Die Zeichnung bestätigt die Errichtung einer Hütte des Symbol entspricht weder einer fertiggestellten Baracke – für
stabilen Typs im nördlichen Hof des Krematorium II im eine solche wurde ein dunkles Rechteck verwendet – noch
März 1943. Wir wissen wenig über diese Hütte, außer daß einer Baracke im Bau, denn zur Kennzeichnung einer sol-
sie, nachdem sie als Auskleideraum für die erste Gruppe chen gebrauchte man ein schrägschraffiertes Rechteck, son-
von in diesem Krematorium vergasten Juden gedient hatte, dern einer geplanten Baracke. Dies geht noch klarer aus einer
rasch abgerissen wurde – laut dem Sonderkommando- anderen Vergrößerung dieses von Pressac veröffentlichten
Zeugen Henryk Tauber schon nach einer Woche. Die erste Plans hervor.12
Erwähnung einer Zugangstreppe durch den Leichenkeller Somit gab es im Gegensatz zur Behauptung Pressacs am 20.
2, die in den PMO-Archiven vorgefunden wurde, BW 30/40, März 1943 vor dem Krematorium II keinerlei Baracke. Wir
S. 68e, ist auf den 26. 2. 1943 datiert
(Dokument 7a). Sobald dieser Ein-
gang benutzbar war, bestand keine
Notwendigkeit für die Entkleidungs-
hütte mehr.«
Pressac kommt später auf diese Frage
zurück, liefert aber eine neue Erklä-
rung:7
»Am Sonntag, den 14. März [1943],
fuhr Messing mit der Installierung
der Ventilation im Leichenkeller 2
fort, den er „Auskleidekeller II“
nannte. Am Abend wurden rund
1.500 Juden aus dem Ghetto von
Krakau zu den ersten Opfern der
Vergasungen im Krematorium II. Sie
entkleideten sich nicht im Leichenkel-
ler 2, der immer noch voll von Werk-
zeugen und Ventilationsbestandteilen
war, sondern in einer stallförmigen
Hütte, die provisorisch im Nordhof
des Krematoriums aufgebaut worden
war.«
Später kehrt Pressac wieder zu seiner
ersten Interpretation zurück:8
»Diese von der Bauleitung stammen-
de Quelle bestätigt die Mitte März
1943 erfolgte Errichtung einer in
Nord-Südrichtung verlaufenden Hüt-
te im Nordhof des Krematorium II,
die laut den Angaben Henryk Tau-
bers als Entkleidungsraum benutzt
wurde, anscheinend, weil die Zu-
gangstreppe zum unterirdischen Ent-
kleidungsraum (Leichenkeller 2)
noch nicht fertiggestellt war.«
Pressac stützt sich hier auf die folgen-
den Aussagen Henryk Taubers:9 RGVA, 502-1-170, S. 264

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 371


erinnern uns, daß laut dem französischen Historiker die erste »Der Leichenkeller 2 ist soweit fertiggestellt, bis auf die
Menschenvergasung im Krematorium II am 14. März 1943 Ausschalung der Decke, welche Arbeiten von frostfreien
erfolgte und nach seinem Gewährsmann H. Tauber die Baracke Tagen abhängig sind.«
nur ungefähr eine Woche lang stand. Doch in einer nicht exi- Schließlich schrieb Bischoff am 29. Januar 1943 in seinem
stierenden Baracke konnten sich die angeblichen Opfer ganz Brief an Kammler:18
unmöglich ausziehen, und somit ist Taubers Aussage falsch. »Das Krematorium II wurde unter Einsatz aller verfügba-
Die erste Erklärung Pressacs, wonach die Baracke installiert ren Kräfte trotz unsagbarer Schwierigkeiten und Frostwet-
worden sein soll, weil der Zugang zum Leichenkeller 2 noch ter bei Tag- und Nachtbetrieb bis auf bauliche Kleinigkei-
nicht fertiggestellt war, ergibt zudem kaum einen Sinn. Be- ten fertiggestellt.
züglich des Krematoriums III schreibt Pressac nämlich:13 Die Öfen wurden im Beisein des Herrn Oberingenieur Prü-
»Am 10. Februar [1943] begann man damit, die Öffnung fer der ausführenden Firma, Firma Topf u. Söhne, Erfurt,
für die westliche Zugangstreppe zum Leichenkeller 2 (dem angefeuert und funtionieren [sic] tadellos.
künftigen Auskleideraum) des Krematorium III anzuferti- Die Eisenbetondecke des Leichenkellers konnte infolge
gen, unter der Leitung des Huta-Vorarbeiters Kolbe. Diese Frosteinwirkung noch nicht ausgeschalt werden. Dies ist
Arbeit nahm sechs Tage in Anspruch und war am 15. ab- jedoch unbedeutend, da der Vergasungskeller hierfür be-
geschlossen (PMO Dossier BW 30/38, S. 25-27). Man weiß nützt werden kann.«
nicht, wann die entsprechende Operation bei Krematorium Während der ersten beiden Februarwochen 1943 herrschten
II erfolgt ist. Der einzige Hinweis darauf datiert vom 26. in Birkenau morgens an wenigstens zehn Tagen Temperatu-
Februar, elf Tage nach dem Abschluß der diesbezüglichen ren von minus 1 bis minus 8 Grad Celsius; nachts lagen die
Arbeiten am Krematorium III.« Tiefsttemperaturen noch niedriger, während die Höchsttem-
Am 20. März, jenem Tag, an dem Plan 2216 des Lagers Bir- peraturen an den Nachmittagen zwischen minus drei und plus
kenau gezeichnet wurde, schrieb der SS-Standortarzt von sechs Grad Celsius schwankten.19 Es ist daher wahrschein-
Auschwitz, SS-Hauptsturmführer Wirths, den bereits zitier- lich, daß der Leichenkeller 2 noch nicht benutzbar war, weil
ten Brief an den Lagerkommandanten, in dem es hieß:14 man die Verschalung der Eisenbetondecke nicht entfernen
»Für den Abtransport der Leichen aus dem HKB zum konnte. Das einzige erhaltene Dokument über den Bau eines
Krematorium müssen 2 gedeckte Handwagen beschafft äußeren Zugangs zum Leichenkeller 2 (Kellereingang)
werden, die den Transport von je 50 Leichen gestatten.« stammt vom 26. Februar 1943.20 die betreffenden Arbeiten
Dies klärt die Frage endgültig. Der SS-Standortarzt machte begannen vermutlich an jenem Tag oder ein paar Tage später
sich Sorgen über die schlechten hygienisch-sanitären Bedin- und wurden aller Wahrscheinlichkeit nach innerhalb einer
gungen, unter denen die verstorbenen Lagerhäftlinge aufge- Woche abgeschlossen, wie es im Krematorium III der Fall
bahrt wurden: als Leichenräume dienten simple Holzschup- war. Am 8. März begann der von der Firma Topf entsandte
pen, in denen die Leichen den Ratten schutzlos preisgegeben Installateur Heinrich Messing mit der Montage der Entlüf-
waren, was die Gefahr einer Pestepidemie heraufbeschwor, tungsrohre im Leichenkeller 2, den er in seinen Wochenbe-
wie Wirths in seinem Brief vom 20. Juli 1943 warnend fest- richten regelmäßig als »Auskleidekeller« bezeichnet.21 Die
hielt. Diese Gefahr bestand offenkundig bereits im Januar. Arbeiten wurden am 31. März 1943 abgeschlossen (»Entlüf-
Wirths verlangte deswegen die Aufbahrung der Leichname tungsanlagen Auskleidekeller verlegt«).22
an einem hygienisch sichereren Ort, und die geeignetsten Or- Somit hatte die Zentralbauleitung in Übereinstimmung mit
te dafür waren natürlich die beiden Leichenkeller des Krema- dem Antrag des SS-Standortarztes bereits am 8. März be-
torium II, dessen Bau damals bereits weit fortgeschritten war. schlossen, im Kellergeschoß des Krematorium II einen Aus-
Am 21. Januar 1943 forderte Wirths die Einrichtung eines kleideraum einzurichten, und zwar im Leichenkeller 2. Am
Auskleideraums für die Leichen »in den Kellerräumen« des 20. März war Messing mit seinen Installierungsarbeiten noch
Krematoriums. Am 29. Januar teilte Bischoff mit, daß die nicht fertig, und deshalb erscheint auf dem Plan 2216 des
Leichen der verstorbenen Lagerhäftlinge nicht im Leichen- Lagers Birkenau vor dem Krematorium II die von Janisch am
keller 2 aufgebahrt werden könnten, doch sei dies nicht von 15. Februar angekündigte Baracke »Auskleideraum« vorerst
Bedeutung, da man zu diesem Zweck den »Vergasungskel- nur als »geplant«. Sie wurde dann nicht errichtet, weil der
ler« benutzen könne (vgl. weiter unten). Am 15. Februar teil- Leichenkeller 2 ab Anfang April benutzt werden konnte. Der
te Janisch dem SS-Standortarzt mit, als Auskleideraum für Leichenkeller 1 war hingegen bereits am 13. März betriebs-
die Leichen der verstorbenen Lagerhäftlinge werde »eine fähig (»Be- u. Entlüftungsanlagen Keller I in Betrieb ge-
Pferdestallbaracke vor dem Kellereingang« des Krematori- nommen«).22
um II errichtet. Am 20. März, dem Tag der angeblichen Vergasung von
Wozu brauchte es eine solche? Die Antwort ist einfach: Im 2.191 griechischen Juden,23 machte sich der SS-Standortarzt
Januar 1943 war der Leichenkeller 2 noch unbenutzbar. In lediglich Gedanken über den Transport der Leichen aus dem
Bischoffs »Bericht Nr. 1« an Kammler vom 23. Januar 1943 Lagerkrankenhaus zum Krematorium II, ohne auch nur im
zum Thema »Krematorium Kriegsgefangenenlager. Bauzu- geringsten auf die angeblichen Vergasten anzuspielen.
stand« heißt es zum Krematorium II:15 Hiermit haben wir die beiden anfangs gestellten Fragen be-
»Keller II. Eisenbetondecke fertig betoniert (Ausschalung antwortet:
von Witterungsverhältnissen abhängig).« 1) Der Auskleideraum war für die Leichen der gestorbenen
In seinem Bericht vom 29. Januar 1943 hielt Ingenieur Kurt registrierten Häftlinge bestimmt. Beim Belsen-Prozeß
Prüfer fest:16 sagte SS-Hauptsturmführer Kramer, seit dem 8. Mai 1944
»Decke des Leichenkellers 2 kann wegen Frost noch nicht Kommandant von Auschwitz II (Birkenau), hierzu fol-
ausgeschalt werden.« gendes:24
Am gleichen Tag bestätigte SS-Obersturmführer Kirschnek »Wer immer tagsüber starb, wurde in ein besonderes
in einem Aktenvermerk:17 Gebäude geschafft, das man Leichenhaus nannte, und

372 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


man brachte die Leichen jeden Abend per Lastwagen keller 2 nicht entkleiden, weil dieser Raum nicht benutzbar
ins Krematorium. Sie wurden von Häftlingen auf die war; sie konnten sich zwar im »Vergasungskeller« ausziehen,
Lastwagen gelegt und von diesen heruntergenommen. doch weder dort noch im Leichenkeller 2 vergast werden.
Sie wurden von den Häftlingen im Krematorium vor der Somit ist vollkommen klar, daß der Bischoff-Brief ganz an-
Kremierung entkleidet. Die Kleider wurden gereinigt ders gedeutet werden muß: Der Leichenkeller 2 konnte nicht
und wiederverwertet, wenn ihre Träger nicht an an- als Leichenkammer bzw. Entkleidungsraum für die eines
steckenden Krankheiten gestorben waren.« (Rücküber- „natürlichen“ Todes gestorbenen, registrierten Häftlinge die-
setzung aus dem Englischen.) nen, weil er noch nicht einsatzfähig war, doch war dies nicht
2) Als Auskleideraum war ursprünglich der Bau einer Ba- weiter von Bedeutung, weil die Leichen im »Vergasungskel-
racke vor dem Krematorium vorgesehen, weil der Lei- ler« entkleidet und aufbewahrt werden konnten. Nun heißt es
chenkeller 2 am 21. Januar, dem Tag, an dem der SS- aber noch klären, warum der Leichenkeller 1 als »Verga-
Standortarzt die Errichtung eines Auskleideraums ver- sungskeller« bezeichnet wurde.
langt hatte, noch unbenutzbar war und dies bis zum 31. Die angeblichen kriminellen Umgestaltungen des Kellerge-
März blieb. schosses im Krematorium II begannen zu einer Zeit, während
der die im Juli 1942 in Birkenau ausgebrochene Fleckfieber-
3) Der »Vergasungskeller« des Krematorium II von epidemie noch keineswegs unter Kontrolle gebracht war. Die
Birkenau Sterblichkeit unter den Gefangenen wies zwar eine unver-
Bekanntlich hat schon vor Pressac die offizielle Geschichts- kennbar sinkende Tendenz auf, war jedoch weiter sehr hoch:
schreibung den Begriff »Vergasungskeller«, der im zuvor zi- Im August waren etwa 8.600 Sterbefälle zu verzeichnen ge-
tierten Brief Bischoffs an Kammler vom 29. Januar 1943 auf- wesen, im September rund 7.400, im Oktober ungefähr
taucht, als Indiz, wenn nicht gar als Beweis für die Existenz 4.500, im November ca. 4.100, im Dezember rund 4.600 und
einer Menschentötungsgaskammer im Krematorium II einge- im Januar etwa 4.500.25
stuft. Uns interessiert hier in erster Linie der Zusammenhang, Am 9. Januar 1943 schrieb Bischoff an Kammler einen Brief
in dem dieser Ausdruck erscheint, sowie die Bedeutung des zum Thema »Hygienische Einrichtungen im K.L. und K.G.L.
ganzen Satzes. Auschwitz«, in dem er sämtliche Entwesungs- und Entlau-
Bischoff schreibt, es sei aufgrund des Frostes nicht möglich sungsanlagen auflistete: Es gab deren fünf im KL Auschwitz
gewesen die Eisenbetondecke des Leichenkellers zu entscha- und vier im KGL Birkenau. Bischoff schloß sein Schreiben
len, doch dies sei nicht wichtig, weil »hierfür« der »Verga- mit folgender Bemerkung:26
sungskeller« verwendet werden könne. In der Praxis konnte »Wie aus Vorstehendem ersichtlich, ist für die hygieni-
diesem Schreiben zufolge der »Vergasungskeller« also die schen Einrichtungen weitgehendst gesorgt, und es kann
Funktion des Leichenkeller 2 erfüllen. insbesondere nach Fertigstellung der Zivilarbeiterdurch-
Wenn man nun davon ausgeht, daß der Leichenkeller 2 als schleusungsbaracke jederzeit eine große Anzahl von Men-
Auskleideraum für die Opfer und der »Vergasungskeller« als schen entlaust und entwest werden.«
Gaskammer diente, wie konnte da eine Gaskammer zugleich Doch während der nächsten Tage fielen aufgrund von Brän-
als Auskleideraum Verwendung finden? den der (von der Firma Topf & Söhne konstruierte) Heißluft-
Man könnte hier einwenden, die Gaskammer habe gleichzei- apparat des Blocks 1 im Stammlager, der (von der Firma
tig als Entkleidungsraum dienen können, doch warum ließ Hochheim hergestellte) Heißluftapparat »in den Männer- und
die Zentralbauleitung dann angeblich, wie uns Tauber und Frauenentwesungsbaracken KGL« – d.h. den Entlausungsba-
Pressac versichern, vor dem Krematorium eine Baracke als racken BW 5a und 5b – sowie schließlich jener »bei der
Entkleidungsraum für die Opfer bauen? Truppenentwesungsanlage« aus.27
Es gilt zu unterstreichen, daß das im Bischoff-Brief zur Spra- Am 17. Dezember 1942 schrieb Bischoff »an das Wehrmel-
che gebrachte Problem strikt provisorischer Art und nur so- deamt Sachgeb. W« von Bielitz:28
lange von Belang war, als der “Leichenkeller 2” noch nicht »Auf die dortige Anfrage vom 8.12.1942 teilt die Zen-
in Betrieb genommen werden konnte. Am 29. Januar 1943 tralbauleitung mit, daß in den nächsten 3 Monaten voraus-
und an den darauffolgenden Tagen konnte der »Vergasungs- sichtlich noch nicht mit einer Aufhebung der Lagersperre
keller« »hierfür« – also als Leichenkeller – benutzt werden. gerechnet werden kann. Es werden wohl alle zur Verfü-
Doch zu jenem Zeitpunkt hatte, wie Bischoff in seinem zuvor gung stehenden Mittel eingesetzt, um die Seuche wirksam
erwähnten Brief hervorhebt, die Firma Topf »infolge Wag- zu bekämpfen, jedoch konnten weitere Erkrankungen noch
gonsperre« die »Be- und Entlüftungsanlage« noch nicht ge- nicht vollständig unterbunden werden..«
liefert, und der »Vergasungskeller« konnte darum unter kei- Am gleichen Tag stellte Bischoff dem Lagerkommandanten
nen Umständen als Menschentötungsgaskammern Verwen- ein Schreiben folgenden Inhalts zu:29
dung finden. »Gemäß Anordnung des SS-Standortarztes soll am Sams-
Diese Deutung, derzufolge ein als normale hygienisch-sani- tag, den 19.12.42 die erste Entlausung bezw. Entwesung
täre Installation geplantes und gebautes Krematorium nach- der Zivilarbeiter durchgeführt werden. Hierzu ist erforder-
träglich in eine Tötungsanlage umgewandelt worden sein lich, daß die Entwesungsanlagen im K.L. zur Verfügung
soll, was die Möglichkeit zur Aufbahrung der Leichen in den gestellt werden. Dasselbe gilt für die Einzelentlausungen
Leichenkammern sowie ihre anschließende Einäscherung in ab 22.12.42 für die Zivilarbeiter. Um Zustimmung wird ge-
den Öfen ausschloß, ist somit a fortiori sinnlos: Wenn die beten.«
Gaskammer mangels einer Be- und Entlüftungsanlage nicht Im »Standortbefehl Nr.1/43« vom 8. Januar 1943 teilte der
funktionsfähig war, warum sollte man die Opfer dann noch Kommandant von Auschwitz mit:30
sich ausziehen lassen? Und was für Opfer eigentlich, wenn »Mit Funkspruch vom 4.1.43 hat der Chef des Amtes D III
doch niemand vergast werden konnte? mitgeteilt, daß die Lagersperre für das KL Auschwitz nach
Fassen wir zusammen: Die Opfer konnten sich im Leichen- wie vor bestehen bleibt.«

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 373


Am 5. Januar 1943 traten im Polizeigefängnis von Myslowitz SS-WVHA ausgegangen sein. In seinem Brief vom 29. Janu-
(einer Ortschaft ca. 20 km nördlich von Auschwitz) einige ar 1943 an den Leiter eben dieser Amtsgruppe, Kammler, ge-
Fälle von Fleckfieber auf. Die Krankheit verbreitete sich un- brauchte Bischoff ja den Ausdruck »Vergasungskeller«, ohne
ter den Häftlingen rasch. Der Regierungspräsident in Katto- zu erklären, was damit gemeint war, so daß Kammler jeden-
witz schlug vor, die Kranken nach Auschwitz zu überstellen; falls Bescheid gewußt haben muß. Bestätigt wird dies durch
er schrieb an den Lagerkommandanten:31 die Tatsache, daß das Amt C/III (Technische Fachgebiete)
»Ich verkenne weiter nicht, daß durch diese Gefangenen des SS-WVHA bei der Berliner Firma Hans Kori einen Ko-
u.U. neue Infektionsfälle in das Lager Auschwitz eingeführt stenvoranschlag für eine »Heißluft-Entwesungsanlage« ange-
werden würden. Da andererseits der Flecktyphus im Lager fordert hatte, die im Lager Auschwitz zu installieren war. Die
Auschwitz bislang noch keineswegs erloschen ist und dort Kori antwortete am 2. Februar und stellte besagtem Amt ei-
umfangreiche sanitätspolizeiliche Abwehrmaßnahmen ge- nen Brief zum Thema »Entlausungsanlage für Konz.-Lager
troffen worden sind, sehe ich mich zu dieser Anfrage des- Auschwitz« zu,37 dem eine »Aufstellung über die erforderli-
wegen veranlaßt […].« chen Eisenmengen für eine Heißluft-Entlausungsanlage,
Am 13. Januar antwortete Rudolf Höß, im Lager träten nur Konzentrationslager Auschwitz« über insgesamt 4.152 kg
noch »einzelne Fleckfieberfälle« auf, doch eine Fleckfieber- Metall38 sowie ein »Kosten-Anschlag über eine Heißluft-Ent-
epidemie bestehe nicht mehr; er lehnte den Vorschlag des lausungsanlage für das Konzentrationslager Auschwitz« über
Regierungspräsidenten aber ab, weil »damit die Gefahr des insgesamt 4.960,40 RM beigelegt waren.39
neuerlichen Auftretens einer Fleckfieberepidemie sehr groß Am selben Tag, dem 2. Februar 1943, führe SS-Hauptsturm-
würde«.32 führer Kother, Chef der Hauptabteilung C/VI/2 (Betriebs-
Der Polizeipräsident von Kattowitz ordnete jedoch an, die wirtschaft) des SS-WVHA, eine »Besichtigung der Entwe-
Leichen der im Gefängnis von Myslowitz an Fleckfieber ver- sungs- und Sauna-Anlagen im KL Auschwitz« durch. Im
storbenen Gefangenen müßten mit einem läusetötenden Mit- diesbezüglichen Bericht des SS-Standartenführer Eiren-
tel behandelt, eingesargt und dann mit »zur Einäscherung schmalz, Chef des Amtes C/VI, über die »Entwesungsanla-
[...] mit dem Leichenwagen nach Auschwitz überführt« wer- gen« heißt es, die Heißluftapparate seien ursprünglich für
den.33 Blausäure-Entwesung vorgesehen gewesen, bei der eine
Die hygienisch-sanitäre Lage in Auschwitz war durchaus nicht Temperatur von 30 Grad Celsius erforderlich sei, doch dann
so befriedigend, wie Rudolf Höß vorgab. Am 25. Januar teilte zur Heißluftentwesung eingesetzt worden, bei der die not-
Bischoff in der »Hausverfügung Nr. 86« folgendes mit:34 wendige Temperatur 95 Grad betrage, und deswegen »über-
»Auf Grund einer Anordnung des SS-Standortarztes KL. ansprucht« gewesen:40
Auschwitz wird ab sofort über sämtliche SS-Angehörigen »Der täglich sich steigernde Zugang von vielen Schutz-
der Zentralbauleitung, welche in der Bauleitungsunter- haftgefangenen bedingt nun eine erhöhte Beanspruchung
kunftsbaracke wohnen, eine 3-wöchentliche Quarantäne der Anlagen, und es ist dem Verschleiß bei der ununter-
verhängt.« brochenen Benutzung nur entgegenzutreten, wenn hierfür
Im Verlauf des Januar 1943 flackerte die Fleckfieberepide- geeignete Lufterhitzer für Koksfeuerung zur Aufstellung
mie wieder auf; sie nahm in den ersten zehn Februartagen kommen.
derart alarmierende Ausmaße an, daß sich SS-Brigadeführer Um hier dem zu erwartenden Ausfall der Anlage zu begeg-
Richard Glücks, Leiter der Amtsgruppe D des SS-WVHA, nen, wurden hierseits bereits gußeiserne Heißlufterhitzer
zum Ergreifen drastischer Maßnahmen genötigt sah. Dies für die bestehenden Entwesungsanlagen der Verwaltung in
geht aus einem Brief Bischoffs an Kammler vom 12. Februar Aussicht gestellt. Nach Rückfrage bei der Lieferfirma wer-
1943 zum Thema »Ansteigen von Fleckfiebererkrankungen« den diese innerhalb 3 Wochen zur Lieferung kommen, da-
hervor:35 mit weiterhin die notwendige Seuchenbekämpfung durch-
»Jnfolge [sic] starken Ansteigens von Fleckfiebererkran- geführt werden kann.
kungen bei der Wachtruppe wurde am 9. Februar 1943 Die entstandenen Brände sind in den meisten Fällen auf
durch SS-Brigadeführer und Generalmajor der Waffen-SS Überheizung zurückzuführen, und daher ist es dringend
Glücks die totale Lagersperre über das K.L. Auschwitz notwendig, die genauen betriebstechnischen Vorschriften
verhängt. Jm Zusammenhang damit werden seit dem bei Benutzung solcher Anlagen zu beachten.«
11.2.43 sämtliche Häftlinge entwest und dürfen das Lager Die Idee, den Leichenkeller 1 des Krematorium II als Entwe-
nicht verlassen, was zu Folge hat, daß die Bauwerke, an sungskammer zu gebrauchen, wurde dann auch auf die ande-
denen vorwiegend Häftlinge eingesetzt waren, stillgelegt ren Krematorien ausgedehnt, und die entsprechenden doku-
werden mußten. Die Wiederaufnahme der Arbeiten wird mentarischen Spuren wurden später von Pressac als »Indizi-
durch die Zentralbauleitung gemeldet.« en« oder »Schnitzer« betrachtet, die auf die Existenz von
Kehren wir zum »Vergasungskeller« zurück. Vor dem Hin- Menschentötungsgaskammern hinwiesen.
tergrund der oben geschilderten dramatischen hygienisch- Nachdem die Zentralbauleitung etwas über drei Monate lang
sanitären Lage ist die vernünftigste Erklärung jene, daß die verschiedene solche Pläne gehegt hatte, setzte Kammler sein
SS-Behörden Ende Januar als Ersatz für die infolge der Feu- Programm für »Sondermaßnahmen für die Verbesserung der
ersbrunst ausgefallenen Entwesungsanlagen die Einrichtung hygienischen Einrichtungen« im Lager Birkenau durch, und
einer provisorischen Blausäuregaskammer im Leichenkeller sämtliche Projekte für die Einrichtung von Entwesungskam-
1 des Krematorium II planten. Als »Vergasungskeller« be- mern innerhalb der Krematorien wurden mit einem Schlag
zeichnete man das Lokal offenbar, weil die Blausäuregas- über Bord geworfen.
kammern in den BW 5a und 5b auch »Vergasungsraum« ge- Ende Juli 1943 waren im Lagerkomplex Auschwitz-Birkenau
nannt wurden.36 Entwesungs- und Desinfektionsanlagen, in denen täglich die
Die Initiative zur Einrichtung einer solchen behelfsmäßigen Habseligkeiten von 54.000 Häftlingen entlaust werden konn-
Entwesungskammer dürfte wohl von der Amtsgruppe C des ten, in Betrieb, im Bau oder geplant.41 Doch bereits seit Mai

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12
findet sich in der Dokumentation der Zentralbauleitung von Ebenda, S. 256.
13
Auschwitz keinerlei Hinweis mehr auf die Pläne zur Installie- Ebenda, S. 217.
14
Brief des SS-Standortarztes an den Kommandanten des KL Auschwitz
rung von Notentwesungsanlagen in den Krematorien – oder, vom 20. März 1943 zum Thema »Häftlings-Krankenbau-KGL«. RGVA,
wenn man sich Pressacs Deutung zu eigen macht, »Indizien« 502-1-261, S. 112.
15
bzw. »Schnitzer«, die auf einen verbrecherischen Mißbrauch 16
RGVA, 502-1-313, S. 54.
der Krematorien hindeuten. APMO, BW 30/40, S. 101.
17
APMO, BW 30/34, S. 105.
Schon 1994 habe ich hervorgehoben, daß bezüglich des 18
APMO, BW 30/40, S. 100.
Krematorium II von Birkenau keines der »kriminellen Indizi- 19
Tagesberichte der Firma W. Riedel & Sohn, Eisenbeton- und Hochbau
en« nach dem 31. März 1943 auftaucht, dem Datum, an dem von Bielitz. APMO, BW 30/28, S. 96-112.
20
dieses Krematorium offiziell von der Lagerverwaltung abge- APMO, BW 30/34, S. 68d.
21
Arbeitszeit-Bescheinigung der Firma Topf für den Zeitraum 8. bis 14.
nommen wurde. Dies heißt, daß für die darauffolgenden 20 März 1943. APMO, D-ZBau/2540, S. 26.
Monate, in denen die Massenmorde in diesem Gebäude auf 22
Ebenda, S. 23.
Hochtouren gelaufen sein sollen, nicht einmal ein mickriges 23
D. Czech, Kalendarium der Ereignisse im Konzentrationslager Au-
dokumentarisches »Indiz« für diese existiert, während das schwitz-Birkenau 1939-1945. Rowohlt Verlag, Reinbek bei Hamburg
letzte »kriminelle Indiz« für eines der anderen Krematorien 1989, S. 445.
24
Trial of Josef Kramer and Forty-Four Others (The Belsen Trial). William
vom 16. April 1943 datiert.42 Kein offizieller Historiker hat je Hodge and Company, Limited London, Edinburgh, Glasgow 1949, S.
die Frage aufgeworfen, wie dieser anscheinend merkwürdige 731.
25
Sachverhalt wohl zu erklären sei. Auf einen Mangel an Do- Statistische Auswertung der Sterbebücher von Auschwitz.
26
kumenten kann er ganz unmöglich zurückzuführen sein; die RGVA, 502-1-332, S. 46-46a.
27
Bischoff-Brief »an den Kommandanten des KL Auschwitz – SS-
einzige mögliche Erklärung liegt in der im Mai 1943 be- Obersturmbannführer Höß« vom 18. Januar 1943. RGVA, 502-1-28, S.
schlossenen Verbesserung der normalen Entwesungseinrich- 256-258.
28
tungen, welche sämtliche Projekte zur Einrichtung behelfs- RGVA, 502-1-332, S. 113.
29
mäßiger Entlausungskammern in den Krematorien hinfällig RGVA, 502-1-332, S. 47.
30
Standort- und Kommandanturbefehle des Konzentrationslagers Au-
machte. Auch der Plan, in den Krematorien für die Häftlinge
schwitz 1940-1945. Herausgegeben von Norbert Frei, Thomas Grotum,
100 Notduschen zu installieren, wurde fallengelassen, weil Jan Parcer, Sybille Steinbacher und Bernd C. Wagner. Institut für Zeitge-
die 100 Duschen der Bauwerke 5a und 5b regelmäßig funk- schichte. K.G. Saur, München 2000, S. 208.
31
tionierten und, wie bereits in Absatz I.4) erwähnt, die Inbe- Brief des Regierungspräsidenten in Kattowitz an den Kommandanten des
triebnahme der Zentralsauna nun unmittelbar bevorstand. KL Auschwitz vom 9. Januar 1943. APK, RK 2903, S. 10.
32
Brief des Kommandanten von Auschwitz an den Polizeipräsidenten in
Kattowitz vom 13. Januar 1943. APK, RK 2903, S. 20.
Anmerkungen 33
Brief des Polizeipräsidenten in Kattowitz an den Regierungspräsidenten
1
J.-C. Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massen- in Kattowitz vom 21. Januar 1943. APK, RK 2903, S. 22.
mordes. Piper Verlag, München-Zürich 1994, S. 75. 34
RGVA, 502-1-17, S. 98.
2 35
Ebenda, S. 83. RGVA, 502-1-332, S. 108.
3 36
J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique and Operation of the Gas Chambers. Erläuterungsbericht zum Vorentwurf für den Neubau des Kriegsgefange-
The Beate Klarsfeld Foundation. New York 1989, S. 432f. nenlagers der Waffen-SS, Auschwitz O/S. RGVA, 502-1-233, S. 16.
4 37
RGVA, 502-1-313, S. 57. RGVA, 502-1-332, S. 15-15a.
5 38
RGVA, 502-1-313, S. 57a. RGVA, 502-1-332, S. 18
6 39
J.-C. Pressac, Auschwitz: Technique..., aaO. (Anm. 3), S. 462. RGVA, 502-1-332, S. 20-21.
7 40
Ebenda, S. 227. RGVA, 502-1-332, S. 37-37a.
8 41
Ebenda, S. 492. Aufstellung über die im KL. und KGL. Auschwitz eingebauten Entwe-
9
Erklärung H. Taubers vom 24. Mai 1945. Höß-Prozeß, Band 11, S. 136. sungsanlagen, Bäder und Desinfektionsapparate, erstellt vom Zivilange-
10
J.-C. Pressac, Auschwitz:…, aaO. (Anm. 3), S. 226. stellten Jährling am 30. Juli 1943. RGVA, 502-1-332, S. 9-10.
11 42
Ebenda, S. 462. Es handelt sich dabei um eine Anfrage für »4 gasdichte Türen« für das
Krematorium IV.

IV) Das Häftlingslazarett des Bauabschnitt III von Birkenau


1) Die Kommentare Jean-Claude Pressacs am 5. Juni 1943, erstellt worden war und auf dem sechs
In seiner ersten, 1989 erschienenen Studie über Auschwitz Krankenräume erscheinen, zwei für »30 Betten«, zwei für
veröffentlichte J.-C. Pressac einen Plan des Bauabschnitts III »24 Betten« und zwei für »18 Betten«.2
von Birkenau (Plan Nr. 2521), der am 4. Juni 1943 in Berlin Der französische Historiker kommentiert diese Dokumente
entworfen worden war.1 Auf diesem Plan, der die Bezeich- wie folgt:3
nung »K.L. Auschwitz – Bauabschnitt III. Häftlings-Lazarett »Die Zeichnung auf Foto 20 (Plan vom 4. Juni 1943) ist
u. Quarantäne-Abt.« trägt, ist Bauabschnitt III in zwei Qua- für die Revisionisten ein gefundenes Fressen. Hinsichtlich
rantänelager, eines für Männer und eines für Frauen, unter- des ursprünglichen Konzepts für KGL Bauabschnitt III hält
teilt, die jeweils 4.088 Personen Platz bieten, ferner in zwei sie formell fest, daß dieser lediglich als gemischtes Qua-
Krankenfelder, auch hier eines für Männer und eines für rantäne- und Krankenlager dienen sollte. Es besteht eine
Frauen, und zwar für je 3.188 Patienten. Die beiden Kran- UNVEREINBARKEIT [Großschreibung im Originaltext]
kenfelder bestehen aus zwei Baracken für »Chirurgie«, zwei zwischen der Schaffung eines der Gesundheit dienenden
Baracken für »Röntgen und Behandlung«, zwei Baracken, Lagers und vier nur ein paar hundert Meter entfernten
die als »Apotheken« dienten, vier Baracken für »frisch Ope- Krematorien, wenn in diesen, wie die offizielle Geschichts-
rierte« sowie vier Baracken für »Schwerkranke«.1 Ferner hat schreibung geltend macht, massenweise Menschen vernich-
Pressac den Plan 2471 einer »Krankenbaracke für Häftlinge« tet wurden. Zeichnung 2471 einer Baracke für kranke Häft-
für das KL Auschwitz publiziert, der einen Tag später, also linge, die für BA.III geplant war (Foto 21) und die Anord-

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nung der Bunker erkennen läßt, untermauert diese Tatsa- nitären Angelegenheiten in Auschwitz mit der Zentralbau-
che. Die beiden Zeichnungen stammen vom Juni 1943, als leitung und dem Standortarzt bearbeitet.
die Bauleitung den Bau der vier neuen Krematorien ab- Es soll für das Lager ein besonderes Quarantänefeld für
schloß, und es ist offenkundig, daß das KGL Birkenau nicht 8000 bis 12000 Kranke geschaffen werden. Davon 2,5 bis
zugleich zwei einander entgegengesetzte Funktionen besit- 4000 festes Revier, der Rest bewegliche Vergrößerungs-
zen konnte: Gesundheitspflege und Ausrottung. Der Plan möglichkeit wie bereits in Lublin geplant.«
zum Bau einer sehr großen Krankenhaussektion in BA.III Am 1. Juni erhielt Kammler von Bischoff ein Schreiben zum
zeigt somit, daß die Krematorien ausschließlich zur Lei- Thema »Sofortmaßnahmen im Kriegsgefangenenlager für die
cheneinäscherung errichtet wurden, ohne jede Menschen- Verbesserung der hygienischen Einrichtungen«, in welchem
vergasungen, weil die SS ihre Arbeitskraft im Konzentrati- er um Genehmigung der bereits entworfenen Projekte ersuch-
onslager „bewahren“ wollte. te, darunter:8
Dieses Argument scheint logisch und ist nicht leicht zu »Planung des Bauabschnittes III als Lazarettabteilung für
kontern. Die Zeichnungen existieren und stammen zu allem 8-10000 Häftlinge einschließlich Isolierabt. und Quaran-
Überfluß noch vom SS-WVHA, so daß es sich nicht um eine täne, getrennt für Männer und Frauen.«
von örtlichen Verantwortlichen ergriffene humanitäre In- Vom 31. Mai bis zum 2. Juni hielt sich Birkigt in Auschwitz
itiative gehandelt haben kann. « auf, um mit den dortigen Verantwortlichen die »Sondermaß-
Doch meinte Pressac, ein Dokument aufgestöbert zu haben, nahmen im KGL-Auschwitz« zu erörtern. In einem auf den 4.
welches diesen »plausiblen, jedoch theoretischen Gedanken- Juni datierten Vermerk schrieb er:
gang« widerlegt:3 »Auf Befehl des Amtsgruppenchef C hielt SS-Ustuf.(F) Bir-
»Das entscheidende Argument, welches beweist, daß kigt örtliche Besprechungen mit dem Zentralbauleiter Au-
Zeichnung 2521 lediglich ein PROJEKT war, besteht dar- schwitz, SS-Stubaf. Bischoff, dem Standortarzt, SS-Haupt.
in, sie mit einem Gesamtplan von Birkenau zu vergleichen, Wierts [Wirths] und dem zuständigen Bauleiter, SS-Ustuf.
Zeichnung 3764 vom 23.3. 44 (Foto 22), wo BA.III nicht Janisch ab, um die Grundlagen für die Planung der Son-
mehr wie geplant 16.600 Personen faßt, sondern 60.000, dermaßnahmen im KGL-Auschwitz zu klären.«
was heißt, daß die Belegdichte der Baracken um das Vier- Anschließend schilderte Birkigt die gefällten Entscheidungen
fache vergrößert und der Grad der Überbelegung nun mit über die Verwirklichung des Projekts für ein Krankenfeld:9
jenem von BA.II. vergleichbar ist. Unter diesen Umständen »B. Häftlingslazarett.
wird es zum Unsinn, von „Krankenhausbaracken“ zu spre- 1.) Der Ausbau des Bauabschnittes 3 wurde gemeinsam
chen.« (Großschreibung im Originaltext.) durchgesprochen und von mir skizzenmäßig zu Papier ge-
Doch ist dies tatsächlich ein »entscheidendes Argument«? bracht.
Und blieb das Krankenfeld wirklich ein bloßes »Projekt«? 2.) Die Ortsbesichtigung ergab, daß die vorderen, drei Ba-
Eine ganze Reihe von Pressac unbekannten Dokumenten er- rackenreihen und ein Teil der vier Barackenreihen bereits
möglichen es uns, eine erschöpfende und unzweideutige errichtet sind.
Antwort auf diese Frage zu erteilen. 3.) Für das Lazarettfeld stehen nach Auskunft der Zen-
tralbauleitung nur 89 Baracken zur Verfügung. Der Zen-
2) Entstehung und Durchführung des Projekts zum Bau tralbauleiter wünscht daher, daß wenigstens die 16 Spe-
eines Krankenfelds im Bauabschnitt III von Birkenau zialbaracken aus 1000-Betten Lazaretten Ost entnommen
Wie wir in Abschnitt I gesehen haben, übermittelte SS-Bri- werden. Diese müssen dann auf das Längsmaß 42 x 50 ge-
gadeführer Kammler am 14. Mai 1943 dem Kommandanten bracht werden. (Dem steht gegenüber, das zum Abtrans-
von Auschwitz offiziell einen schriftlichen Befehl hinsicht- port dieser Baracken rund 120-140 Güterwagen notwendig
lich der »Sondermaßnahmen für die Verbesserung der hygie- sind. Der Ausbau RLM-Baracken erscheint durchaus mög-
nischen Einrichtungen« von Birkenau. Im Rahmen dieser lich.) Die Planung wird von C II erledigt.
Maßnahmen ordnete Kammler am 17. Mai 19434 die Um- 4.) Der Zentralbauleitung wurde ein skizzenmäßiger Vor-
wandlung des Bauabschnitt III des Birkenauer Lagers in ein schlag für den Ausbau einer RLM-Baracke als Häftlingsla-
Krankenfeld für die Häftlinge an, wie aus einem Bischoff- zarettbaracke vorgelegt. Bettenzahl rund 150 bei zweistök-
Brief an den SS-Standortarzt vom 15. Mai 1943 hervorgeht. kiger Belegung.«
Das Schreiben beginnt mit folgenden Worten:5 Bereits am 1. Juni hatte der polnische Häftling Stefan Millauer
»17.5. ist der Ausbau des Bauabschnittes III im KGL. als (Matrikelnummer 63003) zu Händen der Zentralbauleitung den
Häftlingslazarett durch SS-Brigadeführer und Generalma- Plan einer »Hölz. Unterkunftsbaracke (Typ Luftwaffenbaracke)
jor der Waffen-SS Dr. Ing. Kammler befohlen worden.« Krankenbaracke« für den Bauabschnitt III gezeichnet.10
Die Verwirklichung des Projekts wurde dem Amt C des SS- Wie wir bereits gesehen haben, zeichneten Wirtz und Birkigt
WVHA anvertraut, genauer gesagt dem SS-Sturmbannführer am 4. Juni den Plan Nr. 2521 »K.L. Auschwitz – Bauabschnitt
Wirtz, dem Chef des Amtes C/III-Technische Fachgebiete, III. Häftlings-Lazarett u. Quarantäne-Abt.«; am 5. Juni er-
sowie dem SS-Untersturmführer Birkigt, dem Leiter der stellten sie den Plan 2471 über eine »Krankenbaracke für
Hauptabteilung C/II/3-Lazarette und Reviere. Diese beiden Häftlinge«.
Offiziere unterzeichneten auch den Plan 2521 vom 4. Juni Der – undatierte, jedoch zweifellos in den Juni 1943 fallende
1943,6 in Zusammenarbeit mit dem SS-Obersturmführer – Plan 2637 der Zentralbauleitung stellt den Männerteil des
Wolfgang Grosch, dem Leiter der Hauptabteilung C/III/1- »Häftlingsreviers im Bauabschnitt „3“ des K.G.L.« dar. De-
Ingenieurbau. In einer auf den 28. Mai 1943 datierten Notiz tailliert zeigt er die Baracken für die »frisch Operierten« (6a)
schrieb Birkigt, auf sich selbst in der dritten Person Bezug sowie jene für die »schweren Inneren«, d.h. an schweren in-
nehmend:7 neren Krankheiten Leidenden (6b).11
»Auf Anordnung des Amtsgruppenchef C sei es dringend Eine »Aufstellung über die zur Durchführung der Sonder-
notwendig, daß SS-Ustuf. Birkigt baldigst die gesamten sa- maßnahme im K.G.L. notwendigen Baracken« vom 11. Juni

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1943 erwähnt für »Bauabschnitt III (Häftlingslazarett)« ins- BW 7c 11 Pflegerbaracken 103.488 "
gesamt 183 Baracken (plus zwei für das Truppenlazarett), BW 12b 12 Baracken f. Schwerkranke 515.625 "
darunter:12 BW 12d 2 Blockführerbaracken 16.240 "
»4 Spezialbaracken 6a[13] (Frisch Operierte) Ausbau eines vorhandenen Hauses
4 Spezialbaracken 6b (Schwere Innere) für Sondermaßnahmen 14.242 "
2 Spezialbaracken 2(Röntgen- und Behandlung).[14] BW 33a 3 Baracken f. Sondermaßnahmen 55.758 ",
2 Spezialbaracken 1 (Chirurgische) insgesamt 6.003.081 RM.«
111 Baracken für Normalkranke.« Am 5. Oktober beschrieb Jothann den Stand der Arbeiten im
Die Bauarbeiten setzten Ende Juni ein. Am 13. Juli waren be- »Häftlingslazarett« wie folgt:23
reits 26 Baracken erstellt, und außerdem war mit dem Aus- »Als vordringlich wurden bisher die Barackentypen Nr. 1-
heben der Ringgräben sowie eines provisorischen Vorklär- 224 – 6a und 6b25 aufgestellt. Insgesamt sind es 12 für
beckens begonnen worden.15 Schwerstkrankenabteilung sowie Operations- und Rönt-
Am 19. Juli protestierte Bischoff dagegen, daß die Deutschen genbaracken. Diese Baracken sind bis auf eine im Rohbau
Ausrüstungswerke ohne Genehmigung zwei Baracken im fertiggestellt. Bei 9 Baracken sind die gesamten Innenwän-
Bauabschnitt III übernommen hatten; er schrieb16 de und Schornsteine, soweit sie zusätzlich erstellt werden
»Um den durch den SS-Brigadeführer und Generalmajor mußten, aufgemauert. Bei 4 dieser Baracken ist bereits mit
der Waffen-SS Dr. Ing. Kammler am 15. Mai befohlenen dem Verputzen dieser Wände begonnen. Die Aufstellung
Ausbau des Bauabschnittes III als Häftlingsrevier durch- der Verbindungsgänge zwischen diesen Baracken ist zu 3/4
führen zu können, ist eine Belegung während des Ausbaues beendet. Vom Barackentyp Nr. 726 sind 8 Stück im Rohbau
nicht möglich. Mit dem Ausbau des Lazaretts wurde schon fertiggestellt und mit dem Aufmauern von Wänden und
begonnen und wie bekannt sollen in jede Baracke sanitäre Schornsteinen begonnen. Weiters sind bereits seit dem
Anlagen (Wasch- und Abortanlagen) eingebaut werden.« März 43 4 Wäschereibaracken Typ Nr. 9, 3 Küchenbarak-
Am 31. Juli waren weitere 6 Baracken erbaut; ferner waren ken Typ Nr. 12 und 20 Krankenbaracken Typ Nr. 7, somit
zwei Ringgräben ausgehoben worden, und man hatte mit den insgesamt 47 Baracken im Rohbau errichtet.«
Arbeiten zur Errichtung des Zauns begonnen.17 Am gleichen Jothann schildert anschließend den Stand der Arbeiten beim
Tage beschwerte sich der SS-Standortarzt bei Bischoff dar- Zaunbau, beim Bau der Zufahrtstraßen, Lagerstraßen und
über, daß »zu dem Gesamtplan über das Häftlings-Lazarett Durchlässe, den Stand der Dränagearbeiten, der Planierungs-
und die Quarantäne-Abteilung im Bauabschnitt III« noch die arbeiten sowie der Kläranlage mit ihren vier Erdklärbecken,
»Einzelpläne« für acht Barackentypen fehlten.18 die fast abgeschlossen waren.
Am 30. September 1943 erstellte Bischoff einen »Erläute- In einem Aktenvermerk vom 11. Oktober hielt Jothann fest,
rungsbericht zum Ausbau des Kriegsgefangenenlagers der daß A. Knauth, Besitzer der gleichnamigen Dresdener Firma,
Waffen-SS in Auschwitz/OS«, in welchem der Bauabschnitt bei der die fehlenden Baracken für das Lagerhospital des
III des Lagers wie folgt beschrieben wird: Bauabschnitts III bestellt worden waren, Auschwitz einen
»Bauabschnitt III: Besuch abgestattet hatte:
BW 3e 114 Krankenbaracken Typ 501/34 »Dem Dienststellenleiter Hr. Obersturmführer (F) Jothann
BW 4c 5 Wirtschaftsbaracken wurde Hr. Knauth, Dresden, vorgestellt und die o. Baube-
BW 4e 2 Wirtschaftsbaracken Typ 260/9 sichtigung angeordnet. Auf der Baustelle wurde festge-
BW 4f 13 Vorrats- u. Wäschereibaracken Typ 260/9 stellt, daß die Spezial Baracken [sic] für Operierte etc. fer-
BW 4f 4 Vorrats- u. Wäschereibaracken Typ 501/34 tiggestellt sind und sofort in Angriff genommen werden
BW 6c 4 Entwesungsbaracken Typ VII/5 könnten.«
BW 7c 11 Pflegerbaracken (Schweizerbar.) Jothann fuhr fort:27
BW 12b 12 Baracken f. Schwerkranke 501/34 »Bei den Unterkunftsbaracken[,] die 111 mal vorkommen,
BW 12d 2 Blockführerbaracken Typ IV/3 wurden die Preise bedeutend reduziert, da es sich um einen
Ausbau eines vorhandenen Hauses für Sondermaßnahmen sehr großen, geschlossenen Auftrag handelt, sodaß ein
BW 33a 3 Baracken f. Sondermaßnahmen Typ 260/9.«19 neues Angebot erforderlich wurde.«
Am 25. September waren Maurerarbeiten in den Baracken In einem Bericht vom 30. Oktober teilte Jothann mit:28
68, 70, 71, 74, 89, 91,92 und 93 sowie Schreinerarbeiten in »Bisher gelangten 47 Baracken zur Aufstellung. An ihnen
den Baracken 67-77, 94, 128 und 146 im Gang.20 werden laufend die Innenarbeiten, d.h. Maurer- und Putz-
Am 1. Oktober 1943 erstellte Jothann, der soeben Bischoff arbeiten ausgeführt. Ferner sind die Pfahlroste für weitere
als Leiter der Zentralbauleitung abgelöst hatte,21 einen Ko- 7 Baracken fertiggestellt und soll mit der Errichtung der
stenvoranschlag für das Kriegsgefangenenlager der Waffen- Baracken in den nächsten Tagen begonnen werden.«
SS in Auschwitz, in dem er für jedes bereits fertiggebaute Die folgenden Berichte fallen in den Zeitraum bis Ende No-
oder geplante Bauwerk die angefallenen bzw. veranschlagten vember und befassen sich mit dem Fortgang der Bauarbeiten
Kosten angab. Für den Bauabschnitt III, der als »Häftlingsla- an den Baracken sowie der damit zusammenhängenden Ar-
zarett« bezeichnet wird und die bereits im oben erwähnten beiten bei der Errichtung des Häftlingsreviers im Bauabschnitt
Bericht aufgezählten Bauwerke umfaßte, sah der Kostenvor- III. Am 24. Februar 1944 übermittelte Jothann der Bauinspek-
anschlag wie folgt aus:22 tion der Waffen-SS und Polizei Schlesien ein Gesuch der Fir-
»BW 3e 114 Krankenbaracken 4.542.216 RM ma Knauth um die Zuteilung von Metall. Er erläuterte:29
BW 4c 5 Wirtschftsbaracken 138.150 " »Es handelt sich hierbei um die Zuweisung von 1844,4 kg
BW 4e 2 Wirtschaftsbaracken 167.304 " Zink-Aluminium und 87,8 kg Messing für die Beschaffung
BW 4f 13 Vorrats- u. Wäschereibaracken 241.618 " der für den Bauabschnitt III des KGL – Häftlingslazarett
BW 4f 4 Vorrats- u. Wäschereibaracken 127.500 " mit Quarantänelager – benötigten Armaturen und Einrich-
BW 6c 4 Entwesungsbaracken 80.940 " tungsgegenstände. […]

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 377


Zur Rechtfertigung der angeforderten Metalle wird be- Am 31. Mai 1944 gab es im Bauabschnitt III 63 Baracken.42
merkt, daß der BA III des KGL insgesamt 180 Baracken Die Deportation der ungarischen Juden traf die Zentralbaulei-
einschließlich der Küchen-, Operations-, Behandlungs-, tung vollkommen unvorbereitet und durchkreuzte die Projek-
Kranken- und Quarantänebaracken umfaßt.« te für das Krankenfeld. Anfang Juni wurde Bauabschnitt III,
In einem »Bericht über den Stand der Bauarbeiten im KL- obgleich er noch nicht bewohnbar war, zusammen mit dem
Auschwitz einschl. Häftlingseinsatz« vom 25. März 1944 Lager BIIc und einem Teil des Lagers BIIa sowie des Lagers
schrieb Jothann:30 BIIe zum »Durchgangslager« für nichtregistrierte und zur
»Im Bauabschnitt III des KGL wurden vorerst nur die 2 le- Überstellung in andere Lager vorgesehene Juden umgewan-
ren [sic] Abschnitte in Angriff genommen. Die Baracken delt. Am 2. Juni erteilte Kammler Jothann die Anweisung, 14
sind fast alle aufgestellt, mit dem inneren Ausbau wurde Baracken des Bauabschnitt III zur Einquartierung dieser Ju-
begonnen.« den zur Verfügung zu stellen, doch der Leiter der Zentralbau-
Am 31. März 1944 arbeiteten im Bauabschnitt III 700 Häftlin- leitung sträubte sich gegen diese Anordnung. Als ihn Kamm-
ge. Auf Befehl Kammlers mußten die Bauplätze drei Tage lang ler nach den Gründen für seine ablehnende Haltung fragte,43
sämtliche Arbeiten einstellen, damit die Häftlinge in den Bau- erklärte Jothann, die Maßnahme sei »aus hygienischen und
abschnitten I und II des Lagers eingesetzt werden konnten.31 sanitären Gründen« unangemessen.44 Natürlich mußte
Am 23. März 1944, dem Tag, an dem der von Pressac er- Jothann die Segel streichen, und am 2. Juni stellte der Kom-
wähnte Plan 3764 von Birkenau erstellt wurde, arbeitete die mandant des KL II, SS-Hauptsturmführer Kramer, die 14 Ba-
Zentralbauleitung noch an der Verwirklichung des Projekts racken für den angeforderten Zweck ab.45
für das Häftlingsrevier im Bauabschnitt III. Wir werden bald Am 16. Juni sandte SS-Obersturmführer Bruno Weber, »Hy-
sehen, wie sich der vermeintliche Widerspruch zwischen den gieniker bei der Bauinspektion „Schlesien“«, dem Leiter die-
beiden Projekten, den der französische Geschichtsforscher ser Bauinspektion sowie zur Information auch dem »Reichs-
geltend macht, erklärt. arzt SS und Polizei. Der Oberste Hygieniker« in Berlin, einen
1944 bestimmte die Zentralbauleitung über alle bürokrati- Rapport zum Thema »KGL-Bauabschnitt III« zu, der wie
schen Praktiken bezüglich des Krankenfeldes. Am 25. Mai folgt begann:46
erstellte Jothann einen »Erläuterungsbericht zum Ausbau des »Gelegentlich einer Überprüfung der Brunnengalerie Bir-
Kriegsgefangenenlagers der Waffen-SS in Auschwitz O/S. kenau fand am 15.6.44 eine Besichtigung der hygienischen
Errichtung von 111 Krankenbaracken«, in dem es heißt:32 Verhältnisse im neubelegten Bauabschnitt III des KGL Bir-
»Mit den Arbeiten wurde am 15.3.1943[33] begonnen. 37 Ba- kenau statt.
racken sind fertiggestellt und zum Teil innen ausgebaut.« Der erste Häftlingstransport traf am 9.6.44 ein. Zurzeit ist
Im einschlägigen, von Jothann am selben Tage erstellten Ko- der Bauabschnitt mit 7000 weiblichen Häftlingen (Juden)
stenanschlag wird eine Gesamtsumme von 3.799.000 RM belegt.
veranschlagt.34 Beide Urkunden tragen den Stempel »Vorge- In baulicher und hygienischer Hinsicht ist der Bauab-
prüft« der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesi- schnitt III in keiner Weise für eine Belegung vorbereitet, da
en (Datum: 27. Juni 1944) sowie den Stempel »geprüft« des es an den primitivsten sanitären Einrichtungen fehlt.«
Amt C/II des SS-WVHA (13. Juli 1944). Am 10. August Dem Rapport zufolge lebten die weiblichen Häftlinge in pre-
1944 erließ der Chef des Amtes C/C (Zentralbauinspektion) kären Verhältnissen:
des SS-WVHA, der am 26. Juni die eben erwähnte Doku- »Die Unterkunftsbaracken sind nach Angabe des SDG. SS-
mentation erhalten hatte, rückwirkend (laut bürokratischer Oberscharführer Scherpel, mit 800-1000 Häftlingen belegt.
Praxis) folgenden Baubefehl:35 Die Abdeckung der Baracken mit Dachpappe ist noch nicht
»Aufgrund der eingereichten Unterlagen erteile ich hiermit vollständig durchgeführt, auch die zuführenden Lagerstra-
den Befehl zur Errichtung von 111 Krankenbaracken im ßen befinden sich nach im Ausbau. In Ermangelung von
Kgf.L., Lager II, Auschwitz, BA III, BW 3e und 3f.« Bettgestellen schlafen die Häftlinge auf dem Fußboden.«
Bezüglich des Stands der Arbeiten hieß es in dem an die Bau- Nach einer Schilderung der mangelhaften Versorgung und
inspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien adressierten Fäkalienabfuhr geht der Rapport zu den Quarantänemaßnah-
Schreiben: men über:
»Mit den Arbeiten ist wegen Dringlichkeit bereits begon- »Da die Häftlinge des Bauabschnitts III beschleunigt zur
nen worden. Über Fortgang und Stand der Bauarbeiten ist Arbeit herangezogen werden sollen, wird eine eigentliche
termingemäß zu berichten.« Quarantäne nicht durchgeführt. Um bei einem etwaigen
Der Bauantrag für die »12 Baracken für Schwerkranke« wurde Auftreten von Seuchen größere Verzögerungen im Arbeits-
der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien am 12. einsatz zu vermeiden, ist es erforderlich, an Stelle der übli-
August 1944 von Jothann zugestellt.36 Die einschlägige Doku- chen Quarantänemaßnahmen durch Abzäunungen eine
mentation umfaßte einen »Erläuterungsbericht zum Ausbau Unterteilung des Lagers in 4 getrennte Felder vorzuneh-
des Kriegsgefangenenlagers der Waffen-SS in Auschwitz O/S. men. Auf diese Weise kann bei einer etwa auftretenden
Errichtung von 12 Baracken für Schwerkranke im BA.III. BW. Epidemie wenigstens ein Teil der Häftlinge weiter einge-
12b«, in dem festgehalten wird, die Arbeiten hätten am 15. Juli setzt bezw. abtransportiert werden.«
1943 angefangen,37 einen »Kostenvoranschlag« für 373.000 Weber schloß seinen Rapport mit folgender Warnung ab:46
RM38 sowie eine »Anlage zum Kostenvoranschlag für 12 Ba- »Infolge Belegung des Bauabschnitts III vor Abschluß der
racken für Schwerkranke«, in der es um die damit verbundenen Bauarbeiten besteht infolge Fehlens der einfachsten hygie-
Arbeiten geht.39 Am 31. Oktober erging seitens des Amtes C/V nischen Voraussetzungen die unmittelbar drohende Gefahr
des SS-WVHA der betreffende Baubefehl.40 eines Seuchenausbruches.«
Erhalten ist ferner ein »Bauantrag zur Errichtung von 11 Wie ich in einem früheren Aufsatz erläutert habe,47 kam der
Stück Pflegerbaracken im BAIII – BW 7e«, den Bischoff am gewaltige Zustrom ungarischer Juden für die Zentralbaulei-
9. Oktober 1944 eingereicht hatte.41 tung ganz unerwartet, und es gelang ihr nicht einmal, anstän-

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dige Unterkünfte für einen großen Teil der Zwangsarbeiter geplan Nr. 3764 angebracht ist. Der Registrierstempel im
bereitzustellen. Planausgabebuch trägt das Datum des 18. Juli 1944. Die
Das Projekt zur Einrichtung eines Krankenfeldes auf dem sechs Leichenkammern sollten in den Bauabschnitten I und II
Bauabschnitt III von Birkenau wurde am 23. September 1944 errichtet werden, und unter ihnen erscheint auf dem betref-
endgültig begraben. Dies läßt sich einem Brief Jothanns an fenden Lageplan folgender unzweideutige Satz54
die Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien zum »Die einzubauenden Leichenkammern sind im Lageplan
Thema »Errichtung von 12 Baracken für Schwerkranke im rot gekennzeichnet.«
BA.III – BW 12b« vom 6. Dezember 1944 entnehmen:48 Ein weiteres Exemplar des Lagerplans Nr. 3764, das den
»Anläßlich der Besprechung des Hauptamtschefs am Stempel »Eingetragen im Planausgabebuch« trägt und vom
23.9.44 in Auschwitz, wurde die Einstellung der Bauarbei- 18. August 1944 stammt, wurde zur Hervorhebung der Kre-
ten im BA.III des K.G.L. befohlen, und mit Abbruch der 12 matorien verwendet,55 welche als einzige Gebäude farbig ge-
Baracken für Schwerkranke begonnen.« kennzeichnet sind und eine Bezeichnung tragen.56
Zu klären ist schließlich noch die Frage, weswegen im Plan Kehren wir zum Schluß noch auf den von Pressac publizier-
3764 vom 23. März 1944, also zu einem Zeitpunkt, wo die ten Lageplan Nr. 3764 zurück. Auf jenem Exemplar heißt es:
Arbeiten zur Verwirklichung des Krankenfeldes im Bauab- »Bauabschnitt-3 für 60.000 Gef.« Das Dokument weist kei-
schnitt III noch im Gange waren, dieser Teil des Lagers Bir- nerlei Überprüfungsstempel auf, sondern lediglich den Regi-
kenau für die Aufnahme von 60.000 Gefangenen gedacht strierstempel im Planausgabebuch mit dem Datum des
war. Die Erklärung dieses scheinbaren Widerspruchs ist recht 7.12.1944. Es ist somit klar, daß es sich auf ein späteres Pro-
simpel: Der Grund lag in den Arbeitsprozeduren des Baubü- jekt beziehen muß als auf jenes der Errichtung der 111 Kran-
ros der Zentralbauleitung, wo die technischen Zeichnungen kenbaracken sowie jenes zum Bau der sechs Leichenbarak-
ausgeführt wurden (nebenbei bemerkt fast durchwegs von ken, und mit Sicherheit im Herbst 1944 erstellt wurde.
Ingenieuren, Architekten und Zeichnern unter den Häftlin- Unsere Schlußfolgerung steht nun auf solider Grundlage: Da
gen).49 Zur Zeit- und Materialersparnis wurden von jeder das Krankenfeld geplant und teilweise auch verwirklicht wur-
Zeichnung etliche Kopien hergestellt, auf denen man dann de, besitzt das von Pressac angeführte »entscheidende Gegen-
eventuelle Modifizierungen des Projekts vermerkte. Dies gilt argument« keinerlei Wert, während folgende Aussage des
auch für den »Lageplan des Kriegsgefangenenlagers« Nr. französischen Forschers voll und ganz ihre Gültigkeit behält:
3764, welcher am 23. März 1944 vom polnischen Häftling »Es besteht eine UNVEREINBARKEIT zwischen der Schaf-
Stefan Millauer gezeichnet und von Jothann einen Tag später fung eines der Gesundheit dienenden Lagers und vier nur
genehmigt worden war. Dieser Plan wurde angefertigt, um ein paar hundert Metern davon entfernten Krematorien,
die Position der 111 Krankenbaracken des Bauabschnitts III wenn in diesen, wie die offizielle Geschichtsschreibung gel-
zu markieren; die kleinen Rechtecke, welche die Baracken tend macht, massenweise Menschen vernichtet wurden. [...]
symbolisieren, sind dort rot.50 Gemäß üblicher Praxis wies Es ist offenkundig, daß das KGL Birkenau nicht zugleich
dieser Lageplan drei Stempel auf, von denen wir die beiden zwei einander entgegengesetzte Funktionen haben konnte:
ersten bereits erwähnt haben: Den Stempel »Vorgeprüft«, der Gesundheitspflege und Ausrottung.«
Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien (27. Juni
1944), den Stempel »geprüft« des Amts C/II der SS-WVHA Abkürzungen
sowie schließlich den Stempel »Eingetragen im Planausga- AGK Archiwum Gáównej Komisji Badania Zbrodni Prze-
bebuch« (22. Mai 1944). ciwko Narodowi Polskiemu Instytutu Pamieci Naro-
Wie aus den Daten der Stempel ersichtlich ist, bildete dieser dowej (Archiv der zentralen Kommission zur Erfor-
Lageplan einen Teil der von Jothann am 25. Mai 1944 an die schung der Verbrechen gegen das polnische Volk,
Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien gesand- Institut des nationalen Gedenkens), Warschau.
ten Dokumentation, die daneben noch den »Erläuterungsbe- APK Archiwum PaĔstwowe w Katowicach (Staatsarchiv
richt zum Ausbau des Kriegsgefangenenlagers der Waffen-SS in Kattowitz)
in Auschwitz O/S. Errichtung vom 111 Krankenbaracken« APMO Archiwum PaĔstwowego Muzeum w OĞwiĊcimiu
und den dazugehörigen Kostenanschlag umfaßte. Diese drei (Archiv des Staatlichen Auschwitz-Museums)
Dokumente – Erläuterungsbericht, Kostenvoranschlag und BAK Bundesarchiv Koblenz
Lageplan – waren nach den bürokratischen Vorschriften un- GARF Gosudarstvenny Archiv Rossiskoj Federatsij (Staats-
erläßliche Voraussetzungen für die Genehmigung zur Errich- archiv der Russischen Föderation), Moskau.
tung eines jeden Bauwerks.51 RGVA Rossiskij Gosudarstvenny Vojenny Archiv (Staatli-
Der eben erwähnte Erläuterungsbericht weist übrigens aus- ches Russisches Kriegsarchiv), Moskau.
drücklich auf diesen Lageplan hin:52 VHA Vojenský Historický Archiv (Militärhistorisches Ar-
»Die Anordnung der Gebäude auf dem zur Verfügung ste- chiv), Prag.
henden Gelände geht aus dem beiliegenden Lageplan her-
vor.« Anmerkungen
Eine Kopie dieses Lageplans wurde später benutzt, um die 1
Jean-Claude Pressac, Auschwitz: Technique and Operation of the Gas
Position von sechs Leichenkammern zu illustrieren (BW 3b Chambers. The Beate Klarsfeld Foundation. New York 1989, S. 512.
2
und 3d), und wurde dem »Erläuterungsbericht zum Ausbau Ebenda, S. 513.
3
des Lagers II der Waffen-SS in Auschwitz O/S. Errichtung Ebenda, S. 512.
4
Laut Bischoffs Schreiben vom 19 Juli 1943 am 15. Mai 1943. Siehe un-
von 6 Leichenkammern«, den Jothann am 12. Juni 1944 er- ten.
stellt und den die Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei 5
RGVA, 502-1-83, S. 115.
Schlesien am 28. August 1944 geprüft hatte,53 als Lageplan 6
Der Plan wurde von SS-Hauptsturmführer Wirths, SS-Standortarzt von
beigefügt. Das Datum des 28. August findet sich auch auf Auschwitz, genehmigt.
7
dem Stempel »Geprüft« der Bauinspektion, der auf dem La- Vermerk Birkigt vom 28. Mai 1943. RGVA, 502-1-83, S. 270. Zu den im

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 379


28
Lager Lublin-Majdanek geplanten hygienischen Anlagen siehe den Be- Von Jothann erstellter »Bericht über den Fortgang der Bauarbeiten für
richt des SS-Untersturmführers Birkigt vom 20. März 1943, publiziert in: die Sondermaßnahmen im KGL«, 30. Oktober 1943. RGVA, 502-1-83, S.
Jürgen Graf und Carlo Mattogno, KL Majdanek. Eine historische und 198.
29
technische Studie, Castle Hill Publisher, Hastings 1998, S. 62f. RGVA, 502-1-83, S. 158.
8 30
RGVA, 502-1-83, S. 133. GVA, 502-1-83, S. 38.
9 31
RGVA, 502-1-83, S. 267-268. Bischoff-Brief an Jothann vom 31 März 1944. RGVA, 502-1-83, S. 34.
10 32
RGVA, 502-2-110, S. 5. RGVA, 502-2-110, S. 1-1a.
11 33
Häftlingsrevier im Bauabschnitt 3 des K.G.L. Lageplan des männlichen Richtig: 15.5.1943.
34
Teils. RGVA, 502-2-110, Seitennummer unleserlich. RGVA, 502-2-110, S. 3.
12 35
RGVA, 502-1-79, S. 100. RGVA, 502-1-281, S. 49.
13 36
Auf dem Plänen Nr. 2521 und 2637 tragen diese Baracken die Nummern RGVA 502-1-261, S. 117.
37
6a, 6b etc. RGVA 502-2-110, S. 38-38a.
14 38
Die Art der Behandlung wird im Dokument nicht näher beschrieben. RGVA, 502-2-110, S. 40f.
15 39
Von Bischoff erstellter »Bericht über den Fortgang der Arbeiten für die RGVA, 502-2-110, S. 42f.
40
Sondermaßnahmen im KGL. und im Stammlager«, 13. Juli 1943. RGVA, RGVA, 502-1.281, S. 47.
41
502-1-83, S. 119. RGVA, 502-1-281, Seitenzahl unleserlich.
16 42
RGVA, 502-1-83, S. 111. Luftfoto von Birkenau vom 31 Mai 1944. National Archives, Washington
17
Von Bischoff erstellter »Bericht über den Fortgang der Arbeiten für die D.C., Mission 60 PRS/462 60SQ, Can D 1508, Exposure 3056.
43
Sondermaßnahmen im KGL. und im Stammlager« vom 31. Juli 1943. Fernschreiben des Chefs des Amtes im SS-WVHA an die Zentralbaulei-
RGVA, 502-1-83, S. 100. tung vom 2. Juni 1944. RGVA, 502-1-83, S. 5.
18 44
RGVA, 502-1-332, S. 196. Fernschreiben Jothanns an Kammler vom 2.6.1944. RGVA, 502-1-83, S. 2.
19 45
Erläuterungsbericht zum Ausbau des Kriegsgefangenenlagers der Waf- Brief Jothanns an die Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei Schlesien
fen-SS in Auschwitz/OS. RGVA, 502-2-60, p. 81. vom 2. Juni 1944. RGVA, 502-1-83, S. 3.
20 46
Bericht über den Fortgang der Arbeiten für die Sondermaßnahmen im RGVA, 502-1-168, S. 6-6a.
47
KGL und im Stammlager, verfaßt von Bischoff am 25.9.1943. RGVA, »Die Deportation ungarischer Juden von Mai bis Juli 1944. Eine provi-
502-1-83, S. 215f. sorische Bilanz«, in: VffG, 5(4) (2001), S. 387f.
21 48
Bischoff wurde zum Chef der Bauinspektion der Waffen-SS und Polizei RGVA, 502-1-261, S. 115-115a.
49
Schlesien ernannt. Im Februar 1943 arbeiteten im Baubüro 96 Häftlinge. RGVA, 502-1-256,
22
Kostenvoranschlag zum Ausbau des Kriegsgefangenenlagers der Waffen- S. 171-173.
50
SS in Auschwitz. RGVA, 502-2-60, S. 86f. RGVA502-2-110, S. 13.
23 51
Von Jothann am 5. Oktober 1943 erstattete »Meldung über den Stand der Siehe hierzu meine Studie La “Zentralbauleitung der Waffen-SS und Po-
Bauarbeiten im Häftlingslazarett K.G.L. Bauabschnitt III, Stichtag 1. Ok- lizei Auschwitz”. Edizioni di Ar, 1998, S. 32.
52
tober 1943«, RGVA, 502-1-83, S. 396f. RGVA, 502-2-110, S. 1a.
24 53
Baracke Typ 1: Spezialbaracke 1 (chirurgische); Typ 2: Spezialbaracke 2 RGVA, 502-2-95, S. 10a.
54
(Röntgen- und Behandlung). RGVA, 502-2-95, S. 14.
25 55
Baracke Typ 6a: Spezialbaracke 6a (frisch Operierte); Typ 6b: Spezialba- Aus im Plan nicht angegebenen Gründen sind die Krematorien II und IV
racke 6b (schwere Innere). mit anderen Farben gekennzeichnet als die Krematorien III und V.
26 56
Krankenbaracken. Höß-Prozeß, Band 11, S. 39.
27
Aktenvermerk Jothanns vom 11. Oktober 1943. RGVA, 502-1-83, S. 395.

Auschwitz: Gasprüfer und Gasrestprobe


Von Carlo Mattogno
1. Einleitung lichkeit »Gasrestnachweisgerät« und funktionierte auf che-
In meinem 1998 erschienenen Artikel »Die „Gasprüfer“ von mischer Grundlage.
Auschwitz«1 habe ich zwei Dokumente in ihrem historischen, Im eben erwähnten Artikel habe ich außerdem hervorgeho-
technischen und bürokratischen Kontext analysiert, die von ben, daß alles, was in Auschwitz mit Blausäureentwesung
Jean-Claude Pressac – und den „offiziellen“ Historikern nach zusammenhing, in den Aufgabenbereich des SS-
ihm – als „kriminelle Indizien“, wenn nicht gar als „definiti- Standortarztes fiel, dem sämtliche dazu erforderlichen Ausrü-
ver Beweis“, für die Existenz einer Menschentötungsgas- stungsgegenstände zur Verfügung standen: Zyklon-B, Gas-
kammer im Krematorium II von Birkenau gedeutet wurden. masken, Atemeinsätze »J« für die Gasmasken, Schlageisen
Es handelt sich dabei um ein Telegramm der Zentralbaulei- zur Öffnung der Zyklon-B-Büchsen sowie Gasrestnachweis-
tung von Auschwitz an die Firma Topf vom 26. Februar 1943 geräte für die Gasprobe.
mit der Bestellung von »10 Gasprüfern« sowie die am 2. Doch in welchem Umfang waren die zivilen Normen für den
März desselben Jahres erfolgte Antwort der Firma Topf, wel- Einsatz von Blausäure zu Entwesungszwecken – insbesonde-
che diese Instrumente mit imaginären »Anzeigegeräte für re die Gasrestprobe – auch für die Konzentrationslager bin-
Blausäure-Reste« identifiziert. dend? Der vorliegende Artikel widmet sich der Untersuchung
In Wirklichkeit ist Pressacs Behauptung, er habe damit einen dieser wichtigen Frage sowie anderer, damit zusammenhän-
Beweis für die Realität von Menschentötungsgaskammern gender Themen bezüglich der Anwendung von Zyklon-B.
geliefert, völlig unbegründet, wie ich anhand zahlreicher Ar-
gumente dargelegt habe. Bei den »Gasprüfern« handelte es 2. Die deutschen Normen über den Einsatz von Blausäure
sich nämlich um einfache Apparate zur Analyse von Rauch- zu Entwesungszwecken unter besonderer
gasen mittels physikalischer Methode, während die »Anzei- Berücksichtigung der Gasrestprobe
gegeräte für Blausäure-Reste« niemals existiert haben. Der Nach dem Ersten Weltkrieg war die erste deutsche Norm zur
Apparat zur Durchführung der Gasrestprobe hieß in Wirk- Regelung der Verwendung von Blausäure zu Entwesungs-

380 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


zwecken die »Verordnung über die Schädlingsbekämpfung sehr allgemeiner Art war und sich auf die Frage beschränkte,
mit hochgiftigen Stoffen« vom 29. Januar 1919,2 die jedoch wer die Befugnis zum Umgang mit Blausäure besaß. Die fol-
gende »Verordnung zur Ausführung der Verordnung über die
Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen« vom 22.
August 19273 enthielt lediglich einige zusätzliche Präzisie-
rungen zum Gesetz vom 29. Januar 1919.
Am 25. März 1931 trat die »Verordnung über die Schäd-
lingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen« in Kraft,4 welche
sich auf die beiden vorhergehenden Gesetze stützte, jedoch
erstmals konkrete Vorschriften für die Durchführung einer
Blausäureentwesung aufstellte.
Die Paragraphen 6 und 7 befaßten sich mit den Sicherheits-
normen:5
Ȥ 6. Jede mit der Anwendung der genannten Stoffe be-
schäftigte Person muß ausgerüstet sein mit:
einer gut sitzenden Gasmaske mit einem für die Entgiftung
der in der Verordnung genannten Stoffe besonders geeig-
neten Einsatz. Die Maske muß bei allen Arbeiten mit hoch-
giftigen Stoffen stets in Bereitschaft sein und bei allen nicht
im Freien ausgeführten Arbeiten angelegt werden. Einsätze
müssen mit dem Datum ihrer Herstellung versehen sein;
sind sie älter als zwei Jahre, so dürfen sie, selbst wenn sie
ungebraucht sind, nicht verwendet werden,
einem Mundstück mit Atemeinsatz und Nasenklemme für
Arbeiten mit hochgiftigen Stoffen im Freien.
§ 7. Ferner muß an Ort und Stelle bereitgehalten werden:
ein Sauerstoff-Atmungsgerät mit Gebrauchsanweisung zur
Behandlung von Gasvergiftungen,
drei weitere dem § 6 entsprechende Gasmasken von ver-
schiedener Kopfgröße und Einsätze in erforderlicher An-
zahl,
eine Ausrüstung für lebensrettende keimfreie Einspritzun-
gen unter die Haut (0,01 Gramm Lobelin und 0,25 Gramm
Dokument 1 Coffeinum-Natrium-Bemzoicum oder andere von der
Reichsregierung zugelassene Mittel) sowie für etwaige
Verletzungen notwendige Verbandmittel und eine Ge-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 381


brauchsanweisung mit besonderer Anleitung für die erste Hälften von einigen Fließpapierstreifen und hebt jeden
Hilfe bei Gasvergiftungen, Streifen bis zum Gebrauch in einem verkorkten Röhrchen
eine vollständige Ausrüstung zum Gasrestnachweis nach ei- auf. Die frischbereiteten Reagenzpapierstreifen färben sich
nem von der zuständigen Behörde anerkannten Verfahren«. in 7 Sekunden deutlich blau, wenn an der geprüften Stelle
Paragraph 11 enthielt Anweisungen für das, was nach Ab- Blausäurevergiftungsgefahr besteht«.
schluß einer Entwesung zu tun war:5 Die »Verordnung zur Ausführung der Verordnung über die
»Nach Beendigung der Durchgasung sind die Gebäude Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen Stoffen« vom 29.
durch Öffnen der Türen, Fenster und sonstigen etwa vor- November 19328 regelte die »Einrichtung und Benutzung von
handenen Lufteinlässe und durch Ingangsetzung vorhan- festen Kammern für Durchgasungen.«
dener Entlüftungseinrichtungen gründlich zu lüften. Pol- Der »Runderlaß des Reichsministers für Ernährung und
stermöbel, Kissen, Betten, Teppiche, Decken, Vorhänge, Landwirtschaft und des Reichsministers des Innern« vom 4.
Kleider und ähnliche Gegenstände sind unter Aufsicht des November 1941 faßte sämtliche vorhergehenden Anordnun-
Durchgasungsleiters oder seines Beauftragten möglichst gen zusammen, einschließlich jener bezüglich der Gasrest-
im Freien gründlich auszuklopfen und auszuschwenken. probe. Hinsichtlich der Verwendung von Gasmasken hielt
Nach Lüftung der durchgasten Räume oder Gebäude, die das Dokument fest:9
mindestens zwanzig Stunden dauern soll, aber auf begrün- »Vor allem wird darauf hingewiesen, daß es notwendig ist,
deten Antrag im Einzelfalle von der zuständigen Behörde die Gasmaskeneinsätze rechtzeitig zu erneuern. Ein Gas-
ermäßigt werden kann, sind alle zum Ausklopfen und Aus- maskeneinsatz darf bei Arbeiten in einer bis zu 1 Volumen-
schwenken entfernten Gegenstände zurückzubringen und prozent[10] Blausäure enthaltenden Luft insgesamt nur eine
alsdann sämtliche Türen, Fenster und alle sonstigen Stunde, bei Arbeiten in einer Luft mit höheren Blausäure-
Lufteinlässe für eine Stunde zu schließen. In heizbaren konzentrationen bis zu 2 Volumenprozent[11] insgesamt nur
Räumen ist die Temperatur auf mindestens 15 Grad Celsi- eine halbe Stunde lang benutzt werden. Sie sollen nicht äl-
us zu bringen. Alsdann ist von dem Durchgasungsleiters ter als zwei Jahre sein. Diese Benutzungsgrenzen sind
die Gasrestprobe zu machen. selbst dann innezuhalten, wenn bis dahin eine Wirkung des
Werden bei sorgfältiger Durchführung der Gasrestprobe an die Blausäure gebundenen Reizgases noch nicht wahr-
auch zwischen den übereinandergelegten Decken, Matrat- zunehmen ist«.
zen usw. keine Spuren von Blausäuregas festgestellt, so Die »Richtlinien für die Anwendung von Blausäure (Zyklon)
darf das Gebäude freigegeben werden; andernfalls muß zur Ungeziefervertilgung (Entwesung)«,12 herausgegeben von
die Lüftung fortgesetzt und die Gasrestprobe wiederholt der Gesundheitsanstalt des Protektorats Böhmen und Mähren
werden«. in Prag, umfaßten alle wesentlichen Anweisungen für eine
Der »Runderlaß des Ministers für Volkswohlfahrt« vom 8. korrekte Entwesung mit Zyklon B. Im Hinblick auf Erste Hil-
August 1931 zur »Schädlingsbekämpfung mit hochgiftigen fe für eventuelle Vergiftungsopfer war jeder Desinfektor ge-
Stoffen«6 enthielt detaillierte Instruktionen zur Verhütung halten, das Merkblatt »Erste Hilfe bei Blausäurevergiftun-
von Unfällen und warnte vor der extremen Gefährlichkeit der gen« bei sich zu führen, und jeder Entwesungstrupp mußte
Blausäure: über »1 Vorrichtung, um Lobelin einzuspritzen. Lobelin 0,01
»Giftigkeit der Blausäure: Blausäure ist einer der stärksten g Ampullen. (Cardiozol), Veriazol Tabletten« verfügen.13
gasförmige Stoffe. Wenige Atemzüge in einer stark blau- Galten diese Normen nun auch für die Konzentrationslager?
säurehaltigen Luft führen unbedingt zum Tode«.
Der Runderlaß enthielt auch eine genaue Beschreibung der 3. Die Normen für den Einsatz von Blausäure zur
Gasrestprobe:7 Entwesung im KL Gusen
»c) Zum Gasrestnachweis (§ 7d) wird als brauchbarstes Ein wenig bekanntes Dokument liefert eine erschöpfende
Verfahren die Benzidin-Kupferazetat-Reaktion nach Pertu- Antwort auf diese Frage. Es handelt sich um eine »Dienstan-
si und Gastaldi angesehen; zu ihrer Durchführung wird weisung für die Bedienung der Blausäure-Entwesungskam-
folgende Ausrüstung benötigt, welche gemäß § 7 an Ort mer im K.L.M. Unterkunft Gusen«, die am 25. Februar 1942
und Stelle bereitzuhalten ist: vom SS-Standortarzt des KL Mauthausen, SS-Hauptsturm-
2 helle Kapselröhrchen mit Lösung I (2,86 Gramm Kup- führer Eduard Krebsbach, erstellt wurde. Ich gebe den Text
ferazetat in 1 Liter Wasser), hier vollständig wieder:14
2 braune Kapselröhrchen mit Lösung II (475 ccm bei Zim- »SS-Standortarzt Mauthausen
mertemperatur gesättigte Benzidinazetatlösung mit Wasser Mauthausen, den 26.2.1942
auf 1 Liter aufgefüllt), DIENSTANWEISUNG
1 Röhrchen mit Korkstopfen zur Aufbewahrung angefeuch- für die Bedienung der Blausäure-Entwesungskammer
teter Papierstreifen, im K.L.M. Unterkunft GUSEN
2 helle Röhrchen mit Kupferazetatpulver für einen halben
Liter Lösung I, Die Arbeit an und in der Blausäure-Entwesungskammer ist
2 braune Röhrchen mit Benzidinazetatpulver für einen hal- mit großer Lebensgefahr verbunden, wenn die nachfolgen-
ben Liter Lösung II, den Bedienungsvorschriften nicht auf das genaueste einge-
1 Farbmuster halten werden.
Fließpapierstreifen. Bei der Arbeit in der Blausäurekammer hat das Aufsichts-
Diese Ausrüstung ist an Ort und Stelle bereitzuhalten. und Bedienungspersonal besondere Arbeitsanzüge zu tra-
Ausführung des Nachweis: gen, die an Händen und Füßen zugebunden sein müssen.
Man füllt in das Mischgefäß gleiche Mengen der Lösungen Nach Erledigung der Arbeiten ist der Arbeitsanzug sofort
I und II, schüttelt nach dem Aufsetzen des Korkens durch, auszuziehen und im Vorraum aufzubewahren. Mitnahme des
befeuchtet durch Eintauchen in das Mischgefäß die unteren Arbeitsanzuges in die Unterkunft ist strengstens verboten.

382 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Vor dem Beschicken der Blausäurekammer ist in jedem ters der Maske, über die Art der Bedienung und über den
Falle die Gasrestprobe anzustellen. Zustand des Kasten für 1. Hilfe ein Bild zu machen.
Feuchtes Gut darf nicht in die Gaskammer gebracht werden. Betriebsstörungen, Unregelmäßigkeiten und sonstige Vor-
Das Prüfgerät für den Restgasnachweis ist auf seine Ge- kommnisse, auch geringer Art, sind unverzüglich dem SS-
brauchsfähigkeit wöchentlich einmal durch den Apotheker Standortarzt Mauthausen zu melden.
des K.L. Mauthausen nachprüfen zu lassen. Der Lagerarzt meldet zum 5. jeden Monats:
Bei der Beschickung der Gaskammer sind sämtliche Türen Zahl und Art der vorgenommenen Entwesungen in der
und Fenster geöffnet zu halten. Die Kleidungsstücke, Dek- Kammer.
ken, u.s.w. werden ohne Pressung auf die vorgesehenen Menge der verbrauchten Blausäure.
Gestelle aufgehangen. Zustand des Kastens für 1. Hilfe und der Gasmasken.
Nachdem die Kammer beschickt ist, muß diese durch eine Welcher SS-Angehörige die einzelnen Vergasungen ver-
halbe Stunde auf eine Mindesttemperatur von 25°C er- antwortlich geleitet hat.
wärmt werden. Sodann werden die Fenster und Türen ge- Besondere Vorkommnisse.
schlossen und mit Papierstreifen gasdicht verklebt. Ehe die Der Lagerarzt hat sich wenigstens alle 14 Tage einmal von
Fenster geschlossen werden, ist die Gasabzugöffnung zu dem gutsitzenden Zustand der Gasmasken aller Beteiligten
schließen. Alsdann wird eine Cyklon-B-Büchse im Freien persönlich zu unterrichten. Er hat ferner alle 14 Tage die
geöffnet und der Inhalt an der vorgesehenen Stelle von au- Bedienungsmannschaften darüber zu belehren, daß die
ßen in die Kammer geschüttet. Der Schieber wird ge- Gebrauchsdauer der Filtereinsätze mehrere Stunden be-
schlossen und mit Papierstreifen gasdicht verklebt. Diese trägt, wenn der Gasrest nach der Entlüftung nur noch ge-
Arbeit darf nur mit aufgesetzter Gasmaske (Spezialfilter) ringe Mengen Blausäure enthält. Ohne ausreichende Ent-
vorgenommen werden. lüftung beträgt die Gebrauchsdauer des Filtereinsatzes
Nachdem die Kammer völlig gasdicht geschlossen ist, wird (bei gefüllter Gaskammer) nur 10 Minuten.
der in der Kammer befindliche Ventilator eingeschaltet. Der SS-Standortarzt Mauthausen
Die Einwirkungszeit der Blausäure auf die zu entwesenden Krebsbach
Gegenstände hat 2 Stunden zu betragen. SS-Hauptsturmführer«.
An jeder Seite der Kammer und im Vorraum ist bei gasge-
füllter Kammer ein großes Schild anzubringen mit der In- 4. Gasrestnachweisgerät, Gasrestprobe und die
schrift: „Achtung! Lebensgefahr! Kammer vergast!“. angeblichen Gaskammern zur Menschentötung
Nach beendeter Einwirkungszeit ist zunächst die Gasab- Die »Dienstanweisung für die Bedienung der Blausäure-
zugöffnung von außen, bei eingeschaltetem Kammerventi- Entwesungskammer im K.L.M. Unterkunft Gusen« entsprach
lator, zu öffnen. Auch diese Arbeiten dürfen nur mit aufge- voll und ganz den zivilen Normen. Sie ging ohne jeden Zwei-
setzter Gasmaske (Spezialfilter) ausgeführt werden. fel auf eine Anweisung der Amtsgruppe DIII (Sanitätswesen
Die Entlüftungszeit hat mindestens 1 ½ bis 2 Stunden zu und Lagerhygiene) des SS-WVHA zurück und galt folglich
betragen. auch für das KL Auschwitz. Dessen in der Entlausungsba-
Frühestens nach 1 ½ Stunden muß, von außen, an einem racke 1 und 2 (den Bauwerken 5a und 5b) von Birkenau be-
Fenster die Gasrestprobe vorgenommen werden. Ist die findliche Gaskammer war das Gegenstück zur Entwesungs-
Gasrestprobe noch positiv, ist die Entlüftungszeit noch zu kammer von Gusen. Es traf sich, daß der Verfasser der eben
verlängern. Die Vornahme der Gasrestprobe ist in jedem zitierten Dienstanweisung, SS-Hauptsturmführer Eduard
Falle mit aufgesetzter Gasmaske vorzunehmen. Krebsbach, im Februar/März 1943 in Auschwitz die Funktion
Frühestens nach 2 Stunden kann, je nach dem Ausfall der des Stellvertreters des SS-Standortarztes, SS-Hauptsturm-
Gasrestprobe, die Kammer ausgeräumt werden. Das Aus- führer Eduard Wirths, bekleidete.16
räumen der Kammer hat in jedem Falle, auch bei negativer Laut manchen Vertretern der offiziellen Geschichtsschrei-
Gasrestprobe, mit aufgesetzter Gasmaske zu erfolgen. bung soll es im KL Mauthausen seit Herbst 1941 eine Men-
Entweste Kleidungsstücke, Decken u.s.w. dürfen erst wie- schentötungsgaskammer gegeben haben, welche mit Blau-
der in Benützung genommen, bezw. zur Wäscherei gegeben säure betrieben worden sein soll.17 In Wirklichkeit handelte
werden, wenn sie wenigstens 6 Stunden gründlich gelüftet es sich dabei um eine Entwesungskammer mit Kreislauf-
oder aber ausgeklopft worden sind. Anlage.18 Deshalb hinkt der Vergleich zwischen den Konzen-
Es ist auf das strengste verboten, die Gaskammer allein zu trationslagern Mauthausen und Auschwitz durchaus nicht,
betreten. Jeder der die Gaskammer betritt, muß wenigstens um so mehr, als die Bauleitung von Mauthausen in steter
durch einen zweiten Mann unter Beobachtung gehalten Verbindung mit der Firma Topf stand.19 Genau so wie die
werden, damit dieser bei einem vorkommenden Unglücks- Vorstellung unsinnig ist, die SS-Bauleitung von Mauthausen
fall helfend eingreifen kann.[15] Auch diese 2. Person hat habe sich zur Bestellung von 10 Gasrestnachweisgeräten für
selbstverständlich die Gasmaske aufzusetzen. die angebliche Menschentötungsgaskammer direkt an die
Es ist stets griffbereit ein Kasten zur ersten Hilfe vorrätig Firma Topf gewandt und dabei den SS-Standortarzt Krebs-
zu halten. Dieser Kasten dient ausschließlich zur ersten bach übergangen, der seiner Funktion nach mit der Aufbe-
Hilfe bei Unfällen in der Blausäurekammer. Er enthält au- wahrung dieser Geräte sowie angeblich auch der Überwa-
ßer den erforderlichen Mitteln eine genaue Gebrauchsan- chung der „Menschenvergasungen“ beauftragt war, ist auch
weisung. Mit dem Inhalt der Gebrauchsanweisung hat sich der Gedanke ganz abwegig, die Zentralbauleitung von Au-
jedermann, der an der Blausäurekammer beschäftigt ist, schwitz habe ein entsprechendes Gesuch unter Übergehung des
eingehend vertraut zu machen. SS-Standortarztes Wirths direkt der Firma Topf übermittelt.
Der Lagerarzt hat sich wöchentlich wenigstens zweimal Doch stellt sich hier zugleich eine andere, noch wichtigere
von dem ordnungsgemäßen Betrieb der Blausäurekammer Frage. Die Gasrestprobe war laut den Dokumenten für die
zu überzeugen und dabei sich über das Alter des Spezialfil- Entwesungskammern vorgeschrieben und müßte es logi-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 383


scherweise auch für die Menschentötungsgaskammern gewe- 600 auf die leere Büchse entfielen, befanden sich in den bei-
sen sein, wenn man annimmt, daß es solche gab. den Büchsen nach zwei Stunden noch 80 bzw. 60 Gramm
Die Gefahr der Vergiftung hätte nämlich nicht nur den An- Blausäure, was heißt, daß binnen dieses Zeitraums 95 bzw.
gehörigen des sogenannten „Sonderkommandos“ gedroht, 86% der Blausäure verdampft sein müssen. Dies entspricht
sondern auch den sich in den Krematorien aufhaltenden SS- recht genau der Tabelle zur Verdampfungsgeschwindigkeit
Männern. von Blausäure vom Trägermaterial Erco, die R. Irmscher an-
Übrigens arbeiteten auch in den Entwesungskammern Häft- no 1942 veröffentlicht hat.24
linge, die in sogenannten Arbeitskommandos organisiert wa- Doch laut den „Augenzeugen“ erfolgte die Öffnung der Tü-
ren. Wenn deren Sicherheit durch die zuvor zitierte Dienst- ren der „Gaskammern“ sowie das Herausziehen der Leichen
anweisung gewährleistet wurde, dann galt dies auch für jene schon wenige Minuten, nachdem die Türen geschlossen wor-
des sogenannten „Sonderkommandos“. den waren. Beispielsweise machten selbsternannte Angehöri-
Unter diesen Umständen hätte man nach jeder der angebli- ge des „Sonderkommandos“ hierzu folgende Angaben:
chen Menschenvergasungen eine Gasrestprobe durchführen Laut Filip Müller verstrichen zwischen dem Schließen der
müssen. Diese Prozedur wäre für die Bedienung der angebli- Türen und dem Herausziehen der Leichen zwei Minuten,25
chen Gaskammern in den sogenannten „Bunkern“ sowie den laut Charles Sigismund Bendel sieben Minuten,26 laut Henryk
Krematorien IV und V geradezu lebenswichtig gewesen, da Mandelbaum sieben bis acht Minuten,27 laut Dov Paisikovic
diese keine mechanische Ventilation aufwiesen. Doch hat 15 Minuten,28 laut Miklos Nyiszli 20 Minuten.29
keiner der selbsternannten „Augenzeugen“ des „Sonder- Die zitierte Dienstanweisung schrieb hingegen die Durchfüh-
kommandos“ die Gasrestprobe je erwähnt. Daß laut einigen rung der Gasrestprobe nach nicht weniger als anderthalb
dieser „Zeugen“ die mit dem Herausschleppen der „Verga- Stunden künstlicher Lüftung vor!
sten“ aus den „Gaskammern“ beauf-
tragten Häftlinge Gasmasken getragen
haben sollen, machte die Gasrestprobe
durchaus nicht überflüssig, denn laut
der »Dienstanweisung für die Bedie-
nung der Blausäure-Entwesungskam-
mer im K.L.M. Unterkunft Gusen« durf-
te die Entwesungskammer »auch bei
negativer Gasrestprobe« lediglich »mit
aufgesetzter Gasmaske« erfolgen.
Die selbsternannten „Augenzeugen“
zeichnen sich aber auch durch ihre Un-
kenntnis zweier weiterer essentieller
Fakten hinsichtlich der Verwendung
von Zyklon-B aus. Der erste Punkt be-
trifft die inerten Zyklon-B-Kügelchen,20
die als „verbrauchtes Zyklon“ an die
Dessauer Werke für Zucker und Che-
mische Industrie A. G. zurückgesandt
wurden, wo man sie wiederverwerte-
te.21 Hierzu hielten die oben erwähnten
»Richtlinien für die Anwendung von
Blausäure (Zyklon) zur Ungezieferver-
tilgung (Entwesung)« folgendes fest:22
»Entfernung der Zyklonrückstände
aus den durchgasten Räumen. Sie
sind im allgemeinen wie Dosen und
Kisten an die Fabrik zurückzusen-
den«.
Der zweite Punkt bezieht sich auf die
Dauer der Verdampfung der Blausäure
aus der inerten Trägersubstanz. Im Au-
gust 1944 führten die Sowjets in Lager
Majdanek ein Experiment mit zwei Zy-
klon-B-Büchsen von 1.500 g Inhalt
durch. Sie öffneten die Büchsen bei ei-
ner Außentemperatur von 23 bis 28°C
und wogen sie nach zwei Stunden: Die
eine wog nun 2.330 Gramm, die andere
2.310 Gramm.23 Da sich das Gewicht
einer vollen Büchse auf 3.750 g belief,
wovon 1.500 g auf die Blausäure, 1.650
g auf die inerte Trägersubstanz sowie Dokument 2

384 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Was ich hier hervorheben möchte, ist nicht so sehr die offen- der Verwendung von Zyklon-B läßt nur eine Erklärungsmög-
kundige Unsinnigkeit einer Prozedur, bei welcher die angeb- lichkeit offen: Keiner dieser „Zeugen“ hat je einer Men-
lichen Menschentötungsgaskammern zu einem Zeitpunkt ge- schenvergasung beigewohnt!
öffnet worden wären, als die Blausäure eben zu verdunsten
begann, als die Tatsache, daß keiner der selbsternannten Au- Anmerkungen
genzeugen je einen Kommentar zu dieser Prozedur abgege- Aus dem Italienischen übertragen von Jürgen Graf.
ben hat, welche Häftlinge und SS-Männer zugleich in unmit- 1
VffG, 2(1) (1998), S. 13-22.
2
telbare Lebensgefahr gebracht hätte. Reichsgesetzblatt, Jahrgang 1919, Nr. 31, S. 165f.
3
Kein einziger der „Augenzeugen“ hat ferner auf die Verwen- Reichsgesetzblatt, 1927, Teil I, Nr. 41, S. 297.
4
Reichsgesetzblatt, 1931, Teil I, Nr. 12, S. 83f.
dung von »besonderen Arbeitsanzügen« hingewiesen, ob- 5
Ebenda, S. 84.
gleich diese unabdingbar gewesen wären: Wie die Erfahrung 6
VMBl., 1931, Spalte 792-796.
gezeigt hat, kann die Blausäure auch durch die Haut aufge- 7
Ebenda, Spalte 794.
8
nommen werden; die ersten Symptome einer solchen Vergif- Reichsgesetzblatt, 1932, Teil I, Nr. 78, S. 539f.
9
tung treten »trotz guten Atemschutzes nach einem Aufenthalt F. Puntigam, H. Breymesser, E. Bernfus, Blausäuregaskammern zur
Fleckfieberabwehr. Berlin 1943, S. 108.
von 2-5 Minuten in einer 1 Vol.-% Blausäure enthaltenden 10
1 Vol.% = 12 Gramm pro Kubikmeter.
Atmosphäre« auf.30 Die zuvor erwähnten »Richtlinien für die 11
2 Vol.% = 24 Gramm pro Kubikmeter.
12
Anwendung von Blausäure (Zyklon) zur Ungeziefervertilgung NI-9912.
13
(Entwesung)« zählten unter den Vergiftungsmöglichkeiten in Ebenda, S. 2.
14
Öffentliches Denkmal und Museum Mauthausen. Archiv, M 9a/1; siehe
der Tat auch »Vergiftungen durch die Haut« auf.31 Dokument 1.
Des weiteren weist kein einziger „Augenzeuge“ auf den 15
Dies ist der Grund dafür, daß die Türen der Entwesungskammern (außer
enormen Verbrauch an Gasrestproben und Spezialfiltern hin, jenen der mit Degesch-Kreislaufsystem funktionierenden Standardkam-
welche angesichts einer jahrelangen, massenhaften Verga- mern) mit einem Guckloch ausgestattet waren.
16
Siehe Anmerkung 1, S. 17.
sung von Menschen erforderlich gewesen wäre. Beispiels- 17
Eugen Kogon, Hermann Langbein, Adalbert Rückerl u. a. (Hg), Natio-
weise ist dokumentiert, daß die lokale Verwaltung des KL nalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation, S.
Majdanek am 3. Juni 1943 bei der Firma Tesch und Stabe- Fischer Verlag, Frankfurt/Main 1983, S. 245.
18
now »200 Stück Atemeinsätze „J“« für Zyklon-B bestellt hat, Siehe hierzu meinen Artikel »KL Sachsenhausen. Stärkemeldungen und
die für die Entwesungsanlagen des Lagers gedacht waren,32 „Vernichtungsaktionen“ 1940-1945«, in: VffG, 7(2) (2003), S. 173-185.
19
Der betreffende Schriftwechsel befindet sich im Bundesarchiv Koblenz,
und in Majdanek wurde unbestrittenermaßen sehr viel weni- NS4, Ma/54.
ger Zyklon verbraucht als in Auschwitz! 20
Kieselgur in Granulatform (kommerzielle Bezeichnung: Diagrieß), Gips
Schließlich hat kein Augenzeuge jemals den Erste-Hilfe- („Erco“) oder Pappscheiben („Discoids“).
21
Kasten oder die »Ausrüstung für lebensrettende keimfreie Wehrmacht-Frachtbrief der Verwaltung des KGL-Lublin vom 2 Februar
1943 zum Thema Zustellung von 1.163 kg »verbrauchtes Zyklon« an die
Einspritzungen unter die Haut« zur Sprache gebracht, von Dessauer Werke. APMM (Archiv des staatlichen Majdanek-Museums),
der in der Verordnung vom 25. März 1931 die Rede war, sygn. I. d.2, S. 77. Siehe Dokument 2.
oder die in diesem Kasten enthaltenen Mittel, also Lobelin 22
NI-9912, S. 4.
23
und Coffeinum-Natrium-Bemzoicum sowie Natriumnitrit und J. Graf und C. Mattogno, KL Majdanek. Eine historische und technische
Studie. Castle Hill Publishers, Hastings 1998, S. 127f.
Natriumthiosulfat.33 Besonders aufschlußreich ist in diesem 24
W. Lambrecht, »Zyklon-B – eine Ergänzung«, in: VffG, 1(1) (1997), S. 1-
Zusammenhang die Zeugenaussage des Dr. Miklos Nyiszli, 5. Tabelle auf S. 3.
der dem „Sonderkommando“ von Birkenau angehört haben 25
F. Müller, Sonderbehandlung. Drei Jahre in den Krematorien und Gas-
will und dementsprechend permanent über diese Mittel ver- 26
kammern von Auschwitz. Verlag Steinhausen, München 1979, S. 215.
fügt haben müßte, jedoch kein Wort darüber verliert. Als er »Les crématoires. „Le Sonderkommando“«, in: Témoignages sur Aus-
chwitz, Paris 1946, S. 163.
die Märchengeschichte von dem Mädchen auftischte, das 27
Höß-Prozeß, Band 26, S. 152.
nach einer Vergasung auf wundersame Weise gerettet wurde, 28
Un survivant du Sonderkommando, in: Auschwitz, présenté par Léon Po-
fiel ihm, der er doch bei seinen Schilderungen sonst nicht mit liakov. Julliard, Paris 1964, S. 161.
29
Details geizte, nichts Besseres ein als der lapidare Hinweis M. Nyiszli, Im Jenseits der Menschlichkeit. Ein Gerichtsmediziner in Au-
schwitz. Dietz Verlag, Berlin 1992, S. 36.
auf eine Therapie mit »drei Spritzen«.34 Was in aller Welt 30
H. Betke, »Blausäurevergiftung infolge Aufnahme durch die Haut«, in:
wurde da eingespritzt? Da er glaubte, bei Zyklon-B handle es Zentralblatt für Gewerbehygiene und Unfallverhütung, Oktober 1931,
sich um »Chlor in Granulatform«,35 kann man sich leicht Heft 10, S. 249.
31
ausmalen, welche „Hilfe“ er SS-Männern oder Häftlingen im NI-9912, S. 2.
32
J. Graf und C. Mattogno, KL Majdanek. Eine historische und technische
Falle einer Blausäurevergiftung hätte angedeihen lassen: er
Studie, aaO. (Anm. 23), S. 199f.
hätte sie mit seinen Therapien glatt vergiftet, und das »wun- 33
F. Puntigam, H. Breymesser, E. Bernfus, aaO. (Anm. 9), S. 84f.
dersam gerettete« Mädchen aus seiner Geschichte wäre das 34
M. Nyiszli, aaO. (Anm. 29), S. 79.
35
erste Opfer gewesen! Nyiszli, Boncolóorvosa voltam az auschwitz-i krematóriumban. Copy-
Das einhellige Schweigen sämtlicher „Augenzeugen“ zu all right by Dr. Nyiszli Miklos. Oradea, Nagyvárad, 1946, S. 35. Die – in der
vorherigen Anmerkung zitierte – deutsche Übersetzung des Buchs ver-
diesen – zentralen und miteinander verknüpften – Aspekten schweigt diese Definition schlicht und einfach (Anm. 29, S. 36).

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Flammen und Rauch aus Krematoriumskaminen
Optische Erscheinungen laufender Kremierungen in Konzentrationslagern des 3. Reiches
Von Carlo Mattogno

1. Das Problem der flammenschlagenden Kamine 2,3 Sekunden bleiben.4 Folglich blieb der Rauch in den Kre-
Etliche Zeugen berichten von Flammen, die aus den Mün- matorien II und III von Birkenau ungefähr dreimal länger in
dungen von Krematoriumskaminen hervorgeschossen seien. der kürzeren Rauchleitung und dem entsprechenden Heizzu-
Technisch gesehen läßt sich das Problem so formulieren: ge, als zu seiner vollständigen Verbrennung nötig war. Die
Konnte die in den Rauchleitungen stattfindende Verbrennung Schlußfolgerung lautet, daß es dort keine flammenschlagen-
der noch unverbrannten Gase auch außerhalb des Kamins den Kamine geben konnte.
stattfinden und so das Phänomen der flammenschlagenden
Kamine erzeugen? Untersuchen wir diese Frage im Zusam- 1.1. EXPERIMENT MIT EINEM FLAMMENSCHLAGENDEN KAMIN
menhang mit den Krematorien II und III, wo die kürzesten Um die Richtigkeit dieser Schlußfolgerung zu überprüfen,
Rauchkanäle jene des dritten sowie des vierten Ofens waren. habe ich einige Verbrennungsversuche mit Tierfett in einem
Diese Rauchkanäle hatten eine Querschnittsfläche von 0,42 Feldofen durchgeführt, bei denen Flammen aus dem Kamin
m2 (0,6 × 0,7 m) und wiesen eine Länge von ca. 6,5 bzw. schossen. Die Anlage war mit zwei Rosten versehen, einem
10,5 m auf; beide mündeten in die Leitung des zentralen unteren für das Holz und einem oberen für das Fett. Auf den
Sauggebläses, welches ca. 2 m lang und 0,8 m hoch war so- oberen Rost stellte ich ein Aluminiumgefäß von 33 cm × 25
wie eine Querschnittsfläche von 1,2 m2 aufwies. Die kürzere cm × 5 cm Größe mit 400 Gramm Schmalz (Schweinefett).
Leitung besaß somit eine mittlere Querschnittsfläche von Anschließend zündete ich das Holz auf dem unteren Rost an.5
0,46 m2 und eine Gesamtlänge von 24 m, einschließlich des Nachdem sich das Fett verflüssigt hatte, begann es zu sieden,
Heizzuges im Schornstein. und seine Dämpfe fingen sogleich Feuer. Die Flammen züngel-
Die Geschwindigkeit der Verbrennungsgase in einem Kamin ten bald einige Zentimeter über dem siedenden Fett, das deut-
variiert je nach Quadratwurzel des Saugzugs; bei Krematori- lich sichtbar blieb (siehe Fotos 1 und 2). Während der intensiv-
en mit koksgeheizten Öfen lag sie bei ungefähr 3 m/s;1 bei sten Phase der Verbrennung schossen die Flammen aus dem
industriellen Verbrennungsanlagen belief sich die Rauchge- Kamin und erreichten eine Höhe von ca. anderthalb Meter über
schwindigkeit auf 3 bis 4 m/s.2 Auch wenn man den höheren der Öffnung des Kamins sowie von weiteren zwei Metern über
Wert ansetzt, ergibt sich, daß die Verbrennungsgase in der dem Gefäß mit dem siedenden Fett (siehe Fotografien 3 und 4).
kürzeren Rauchleitung und dem entsprechenden Heizzug Die Verbrennung nahm rund fünf Minuten in Anspruch.
24/4 = 6 Sekunden bleiben. Dieses Phänomen läßt sich wie folgt erklären: die Aufstiegs-
In den modernen Anlagen zur Verbrennung von städtischem geschwindigkeit der Verbrennungsgase, die sich aus der Zer-
Müll wird davon ausgegangen, daß die Verbrennungsgase setzung des Fetts entwickelten, wurde höher als ihre Ver-
wenigstens zwei Sekunden in einer auf 950°C erhitzten brennungsgeschwindigkeit, so daß diese Gase weniger lang
Nachverbrennungskammer bleiben;3 in den von der Schwei- in der Brennkammer blieben, als zu ihrer vollkommenen
zer Firma Boveri Brown Cie. (BBC) erbauten zeitgenössi- Verbrennung notwendig gewesen wäre. Diese erfolgte dann
schen Krematoriumsöfen mit elektrischer Heizung wird die außerhalb der Brennkammer, ja außerhalb des Kamins.
Nachverbrennung der Verbrennungsgase durch Abgangska- Zwecks experimenteller Überprüfung dieser Erklärung führte
näle gewährleistet, in denen die Verbrennungsgase 1,3 bis ich zwei weitere Experimente durch.

Foto 1 Foto 2 Foto 3 Foto 4

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1.2. VERBRENNUNGSEXPERIMENT sich die Ergebnisse dieser Experimente
MIT TIERFETT IN EINER BRENN- proportional auf die Krematorien von
KAMMER MIT KURZEM KAMIN (10. Birkenau übertragen.
JANUAR 1995).
Das Experiment wurde in einem 1.4.1. KREMATORIEN II UND III
Feldofen aus Tuffsteinblöcken mit Volumen des kürzeren Rauchkanals
zwei Rosten durchgeführt, dem un- (einschließlich Rauchrohr):
teren für das Holz und dem oberen 0.46 m² × 24 m = 11,04 m3 = ca. 11 m3.
für das Fett. Die – ca. 0,05 m3 gro- Brennkammer: 1,5 m3 × 3 = 4,5 m3.
ße – Brennkammer bestand aus ei- Gesamtvolumen: (11 m³ + 4,5 m³ =)
nem Kamin von 0,54 cm Höhe 15,5 m3.
sowie einer Querschnittsfläche von Aus dem ersten Experiment geht hervor:
0,27 m × 0,27 m, der den oberen 0,2 kg Fett auf 0,05 m3 pro 3 Minuten =
Rost um etwa 10 cm überragte. (0,2 × 60) ÷ 3 = 4 kg auf 0,05 m3 pro
Auf diesen Rost stellte ich ein Stunde =
Aluminiumgefäß von 22 cm × 17 (4 × 1) ÷ 0,05 = 80 kg pro m3 pro Stun-
cm Größe mit 200 Gramm de = 80 × 15,5 = 1.240 kg pro Stunde.
Schmalz. Darauf belud ich den Das Schlagen von Flammen aus dem
Rost und steckte das Holz in Kamin war bei einer Verbrennung von
Brand. Nach wenigen Minuten ge- Foto 5 Foto 6 1.240 kg Fett in den drei Muffeln des
riet das siedende Fett in Brand, dritten Ofens möglich.
und aus dem Kamin schossen Flammen bis in eine Höhe von Aus dem zweiten Ergebnis ergibt sich:
70 cm über seiner Grundfläche (vgl. Fotos 5 & 6). Die Ver- 0,3 kg Fett pro 0,2 m3 pro 4 Minuten =
brennung des Fetts dauerte drei Minuten, wobei sie ungefähr (0,3 × 60) ÷ 4 = 4,5 kg pro 0,2 m3 pro Stunde=
2 Minuten 45 Sekunden lang sehr intensiv war. (4,5 × 1) ÷ 0,2 = 22,5 kg pro m3 pro Stunde=
22,5 × 15,5 = ca. 350 kg Fett pro Stunde.
1.3. VERBRENNUNGSEXPERIMENT MIT TIERFETT IN EINER Somit hätten bei der Verbrennung von rund 350 kg Fett pro
BRENNKAMMER MIT LANGEM KAMIN (10. JANUAR 1995). Stunde in den drei Muffeln des erwähnten Ofens keine
Hier nahm ich eine Reihe von Tuffblöcken aus dem Ofenka- Flammen aus der Kaminmündung geschlagen.
min und brachte darauf ein gewöhnliches Hier ist die Rede von reinem Fett; folg-
Rauchrohr von 2,10 m Länge und einer lich wäre das Phänomen der flam-
Querschnittsfläche von 0,40 m × 0,20 m menschlagenden Kamine bei der Kremie-
an, womit das Gesamtvolumen der rung von drei Leichen pro Stunde in den
Brennkammer ca. 0,20 m3 betrug. Auf drei Muffeln des genannten Ofens physi-
den oberen Rost stellte ich dann ein kalisch unmöglich gewesen. Der Fettge-
Aluminiumgefäß von der Art des im vor- halt von drei jeweils 70 kg schweren Lei-
hergehenden Experiment benutzten, doch chen beträgt ca. 25 kg, während 350 kg
diesmal mit 300 Gramm Schmalz. dem Fettgehalt von fast 42 Leichnamen
Schließlich belud ich den Ofen und zün- entspräche.
dete das Holz an. Das Fett geriet auch in Unberücksichtigt lasse ich den Proteinge-
diesem Fall flugs in Brand, doch schos- halt der Leichen, weil die Proteine merk-
sen weder Flammen noch vereinzelte lich langsamer verbrennen als das Fett.
Feuerzungen aus dem Kamin (siehe Foto
7). Die Verbrennung des Fetts dauerte 3 1.4.2. KREMATORIEN IV UND V
Minuten 45 Sekunden, wobei der Ver- Die Krematorien IV und V wiesen je
brennungsprozeß während ca. 3 Minuten zwei Kamine auf. Jeder Kamin diente für
30 Sekunden sehr intensiv verlief. jeweils vier Muffeln. Das Gesamtvolu-
men, das den Verbrennungsgasen zur
1.4 SCHLUSSFOLGERUNGEN Verfügung stand (Brennkammern,
Die beiden Versuche wurden unter ähnli- Rauchkanal, Rauchrohr) belief sich auf
chen Bedingungen durchgeführt, natür- ca. 18 m3.
lich abgesehen davon, daß beim zweiten Unter Anwendung der zuvor dargelegten
ein Rauchrohr benutzt wurde. Obgleich Rechenmethode ergibt sich hier folgen-
beim zweiten Versuch mehr Fett verwen- des:
det wurde, schossen dabei keine Flam- a) Beim ersten Experiment:
men aus der Kaminmündung, weil die bei 80 kg Fett pro 1 m3 Brennkammer pro
der Zersetzung des Fetts entstandenen Stunde =
Gase, denen eine Brennkammer mit vier- 80 × 18 = 1.440 kg Fett pro Stunde für
fachem Volumen zur Verfügung stand, vier Muffeln.
im Inneren des Kamins vollständig ver- Das Schlagen von Flammen aus dem
brannten. Kamin war möglich, wenn man in den
Da wir es hier mit chemisch-physika- vier Muffeln 1.440 kg Fett pro Stunde
lischen Phänomenen zu tun haben, lassen Foto 7 verbrannte.

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b) Beim zweiten Experiment: Henryk Taubers, der in seiner Erklärung vom 24. Mai 1945
22,5 kg Fett pro 1 m3 Brennkammer pro Stunde = folgendes zum besten gab:7
22,5 × 18 = 405 kg Fett pro Stunde für vier Muffeln. »Es war möglich, bis zu acht „Muselmänner“[8 in einer
Aus dem Kamin wären keine Flammen geschossen, selbst Muffel] unterzubringen. Solch große Ladungen wurden
wenn man in jeder der vier Muffeln über 100 kg reines Fett ohne Wissen des Krematoriumsleiters bei Fliegeralarm
pro Stunde verbrannt hätte, den Gehalt von 12 Leichen. verbrannt, um die Aufmerksamkeit der Flieger durch ein
größeres aus den Kaminen loderndes Feuer zu erwecken.«
1.5. SCHLUSSBEMERKUNGEN Der Zweck solcher Falschaussagen war selbstverständlich,
Bei den oben durchgeführten Berechnungen wurde als den Falschaussagen über die Massenverbrennung angeblich
Zeiteinheit eine Stunde angesetzt, doch es ist klar, daß die Vergaster Glaubwürdigkeit zu verleihen und den Eindruck zu
Verbrennung des gesamten in den Leichen enthaltenen Fetts erwecken, eine dermaßen gewaltige Verbrennungsaktion hät-
weit weniger als eine Stunde in Anspruch genommen hätte. te ununterbrochen Flammen aus den Kaminen gen Himmel
Man muß freilich in Betracht ziehen, daß die Verbrennung lodern lassen!
des Fetts der Leichen nicht wie bei den hier geschilderten
Experimenten geregelt werden konnte: das äußere und innere 2. Das Problem rauchender Kamine
Fett hätte sich in unregelmäßigen zeitlichen Abständen ver- Das Phänomen der rauchenden Kamine ist eng mit dem im
flüssigt, Gasform angenommen und wäre verbrannt. Somit vorhergehenden Abschnitt behandelten verbunden: wenn die
hätte die Verbrennung des gesamten Fetts eines Leichnams Durchgangsgeschwindigkeit eines brennbaren Gasgemischs
nicht unter 30 Minuten gedauert. Dies beeinträchtigt die Er- in einer Brennkammer größer ist als seine Entzündungsge-
gebnisse jedoch nicht, da bei den Krematorien II und III die schwindigkeit, gerät es nicht in der Brennkammer in Brand,
Höchstgrenze der Nichtverifizierbarkeit des Phänomens der sondern bei gleichbleibenden Bedingungen außerhalb dersel-
flammenschlagenden Kamine bei 175 kg Fett in dreißig Mi- ben. Wenn die Bedingungen jedoch nicht gleich bleiben, d.h.
nuten gelegen hätte, während in Wirklichkeit nur ca. 25 kg wenn die Temperatur des Fuchses sowie des Kamins niedri-
verbrannt wurden. Bei den Krematorien IV und V lauten die ger ist als die Zündtemperatur des Gasgemischs, verläßt die-
Werte so: Ungefähr 202 kg Fett in 30 Minuten gegenüber ses die Anlage unverbrannt in Form von Rauch.
rund 34 kg tatsächlich verbranntem. Kein offizieller Auschwitz-Historiker hat dem Problem der
Das oben Dargelegte heißt nicht, daß das Phänomen der rauchenden Kamine je seine Aufmerksamkeit geschenkt,
flammenschlagenden Kamine grundsätzlich unmöglich ge- doch hat sich Jean-Claude Pressac in einem anno 2000 publi-
wesen wäre, sondern lediglich, daß es nicht in direkter Be- zierten Text dieser Frage zugewendet und nachdrücklich be-
ziehung mit der Kremierung, d.h. den eingeäscherten Lei- stritten, daß überhaupt Rauch aus Kaminen strömen kann. In
chen, stehen kann. Hingegen konnte es sehr wohl als indirek- diesem Abschnitt wollen wir nun die technischen Argumente
te Begleiterscheinung der Kremierung auftreten, d.h. als untersuchen, mit denen er diese Ansicht begründet.
Ergebnis des in den Feuerungen der Öfen verbrannten Kok- Am 15. Juni 1995 gewährte Pressac einer Valérie Igounet ein
ses. langes Interview, dessen Wortlaut freilich vor seiner Veröf-
Es ist bekannt, daß bei unvollständiger Verbrennung kohlen- fentlichung offensichtlich überarbeitet wurde. Pressac gab
förmiger Brennstoffe Kohlenpartikelchen entstehen, die sich dabei folgendes zu Protokoll:9
in Form von Ruß an den Rauchkanal des Kamins heften. »Beim ersten europäischen Kongreß über die Leichenver-
Beim Vorliegen besonderer Umstände (genügend dichte brennung, der 1878 in Dresden stattfand,[10] wurden stren-
Rußschicht und ausreichend hohe Entzündungstemperatur) ge Regeln für den Ablauf der Einäscherungen festgelegt.
entzündet sich der Ruß, und dann lodern in der Tat Flammen Jene Firmen, welche die Öfen bauten,[11] mußten sich die-
aus dem Kamin hoch. sen Regeln unterwerfen. Eine davon besagte, daß „die
In der Vorkriegszeit, als der durchschnittliche europäische Einäscherungsprodukte die Nachbarschaft nicht verpesten
Haushalt fast ausschließlich mit Holz, Koks oder Kohle be- dürfen“.[12] Rauch und Gestank waren verboten. Die Firma
heizt wurde, trat dieses Phänomen dermaßen häufig auf, daß Topf, deren Aktivität von Anfang an im Bau von Öfen aller
es bisweilen künstlich hervorgerufen wurde, um es vom wis- Art bestand, fürchtete sich sehr vor Rauchentwicklung, da
senschaftlichen Standpunkt aus untersuchen zu können. Sol- diese auf ein schlechtes Funktionieren des Rostes hinwies.
che Experimente wurden beispielsweise Anfang 1933 in dem Einer ihrer Prospekte warb mit folgender Warnung um ih-
Rauchrohr eines vierstöckigen, halbleeren Gebäudes in Ber- re künftige Kunden: „Wenn Ihr Kamin raucht, verlieren
lin durchgeführt.6 Das Temperaturdiagramm des Experiments Sie Geld.“ Die Topf-Einäscherungsöfen rauchten nicht,
läßt erkennen, daß 95 Minuten nach Inbrandsteckung des und jene der konkurrierenden Firmen ebensowenig. [...]
Rußes im ersten Stock, einen Meter von der Grundfläche ent- Als er im Anschluß an seine Festnahme im März 1946 von
fernt, die Verbrennungstemperatur des Rußes im Innern des den Sowjets über die Einäscherungsanlagen in den Kon-
Rauchrohrs 1060 Grad Celsius erreichte. zentrationslagern befragt wurde, erklärte ihnen Kurt Prü-
Dies ist nicht verwunderlich, denn Ruß besteht aus Kohlen- fer deren Besonderheiten. Die Zivilöfen funktionierten mit
stoff, der eine Zündtemperatur von ca. 700 Grad aufweist. vorgeheizter Luft, so daß die Leichen rascher und ohne
Natürlich kann das Phänomen keinesfalls kontinuierlich auf- Rauch verbrannten. Da die Öfen in den Lagern anders
treten, sondern bloß periodisch, weil es im wesentlichen von strukturiert waren, war die Anwendung dieser Prozedur
der Bildung einer hinreichend dicken Rußschicht abhängt, unmöglich. Die Leichen verbrannten langsamer, und es
und dazu bedarf es einer gewissen Zeit. entwickelten sich Dämpfe.
Freilich hat diese Erscheinung nichts mit den Erzählungen Um diese zu verhindern, reichte es, Luft in die Einäsche-
der Augenzeugen zu tun, bei denen die Flammen als direkte rungskammer zu pumpen. In der Tat waren die drei Zwei-
Folge der Leichenverbrennung aus den Kaminen schlagen. In muffelöfen des Krematorium I im Stammlager Auschwitz
diesem Zusammenhang ist die bezeichnendste Aussage jene mit Sauggebläsen ausgestattet. Die im Krematorium von

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Buchenwald sowie in den Krematorien II und III von Bir- torien wird mittels eines speziellen Blasebalgs bereits vor-
kenau aufgestellten besaßen ebenfalls solche. Prüfer er- her erhitzte Luft eingeblasen, wodurch die Leiche rascher
reichte eine gleich kurze Verbrennungsdauer wie in den und ohne Rauch verbrennt. Die Konstruktion der Kremato-
Zivilöfen und vermochte die Rauchbildung zu verhüten. rien für die Konzentrationslager ist anders; sie ermöglicht
Hingegen besaßen die Achtmuffelöfen der Krematorien IV es nicht, die Luft im voraus zu erhitzen, weshalb die Leiche
und V keine Sauggebläse, doch wurde dieser Mangel durch langsamer und unter Rauchentwicklung verbrennt. Um den
einen starken Saugzug wettgemacht, der durch zwei 16 m Rauch sowie den Geruch des verbrennenden Leichnams zu
hohe Kamine bedingt war. Was die von der Firma Hein- verringern, wird eine Ventilation [im Original: ventilatsia]
rich Kori in Berlin in den Konzentrationslagern aufgestell- eingesetzt.«
ten Verbrennungsöfen anbelangt, so wurden diese mit Teer Demnach rauchten nach K. Prüfer die Kamine der in den
oder Koks geheizt und ohne Ventilatoren fabriziert oder Konzentrationslagern aufgestellten Topf-Öfen, und die In-
gebaut.« stallation eines Druckluftgebläses (im russischen Text irrtüm-
Es trifft zweifelsohne zu, daß die Krematoriumsöfen den licherweise als »ventilatsia«, Ventilation, übersetzt), redu-
hoffnungsvollen Erwartungen ihrer Erbauer zufolge nicht zierte den Rauch zwar, eliminierte ihn jedoch nicht vollstän-
rauchen durften, doch Tatsache ist auch, daß in der Praxis al- dig. Pressac meint hingegen, zur Eliminierung des Rauchs sei
le Öfen, besonders die koksgeheizten, mehr oder weniger es ausreichend gewesen, »Luft in die Einäscherungskammer
stark rauchten. Statt die Kremierungsdiagramme zu studieren, zu pumpen«, als ob das Phänomen nur auf einen banalen
begnügte sich Pressac mit den »Regeln«. Beispielsweise Mangel an Verbrennungsluft zurückzuführen sei. In Wirk-
rauchte der Ofen bei den von Ingenieur Richard Kessler 1926 lichkeit funktionierten die Koksöfen mit enormem Luftüber-
und 1927 (fünfzig Jahre nach dem Kongreß von Dresden!) schuß. Der Erfahrung nach zu schließen bildete sich der
im Krematorium von Dessau durchgeführten wissenschaftli- Rauch entweder, weil die Verbrennungsprodukte im Rekupe-
chen Kremierungsversuchen unweigerlich bei allen Verbren- rator sowie im Fuchs zu stark abkühlten, so daß keine Nach-
nungen, ob diese nun mit Koks, Gas oder Briketts durchge- verbrennung erfolgte, weil der Kamin sie nicht auszustoßen
führt wurden. Dabei war Kessler eine der namhaftesten deut- vermochte (wie Ingenieur Keller ermittelte), oder weil der
schen Autoritäten seiner Zeit auf dem Feld der Kremierung, Kamin einen zu starken Zug aufwies, wodurch Kohlenparti-
und bei seinen Versuchen gelangte ein Ofen des von den Ge- keln, welche den sichtbaren Rauch (und den Ruß) bilden, un-
brüdern Beck, Offenbach, entwickelten Systems zur Anwen- verbrannt aus dem Kamin hervortraten (wie im ersten elektri-
dung, welcher von Kessler selbst verbessert worden war und schen Topf-Ofen im Erfurter Krematorium).
in keiner Hinsicht hinter den Topf-Öfen zurückstand. In den Jedenfalls hätte die Einführung von kalter Luft (die Topf-
Diagrammen, die Aufschluß über die Bedienung des Ofens Öfen von Auschwitz besaßen keine Einrichtungen zum Vor-
verleihen, war eine »Darstellung der Rauchentwicklung« wärmen der Verbrennungsluft) in die Muffel die Lage bloß
vorgesehen, bei der drei Farben des Rauchs unterschieden noch verschlechtert und die Rauchbildung verstärkt, so daß
wurden: »schwarz«, »dunkel« und »hell«. Die Angabe des Prüfers Erklärung technisch unfundiert ist. Der von ihm er-
Zugs des Rostes war doppelter Art und unterschied zwischen wähnte Lösungsversuch verminderte die Rauchbildung nicht,
der Kraft des Zugs bei der »Normal-Verbrennung« sowie der sondern verschlimmerte sie regelrecht. Was nun spezifisch
»Rauch-Verbrennung«. Bei der ersten Verbrennung mit Gas die Topf-Öfen von Auschwitz-Birkenau betrifft, so wäre es
(außer einem Gasgenerator besaß der Ofen auch einen Gas- technisch gesehen abwegig und widerspräche offenkundigen
brenner) bildete sich rund eine Stunde lang Rauch; bei der Tatsachen, würde man behaupten, daß sie nicht rauchten.
zweiten und der siebten Kremierung mit Koks dauerte die Diese Öfen waren nämlich nicht mit jenen technischen In-
Rauchentwicklung ca. 20 Minuten.13 strumenten ausgestattet, welche die Zivilöfen aufwiesen, um
In den vierziger Jahren war das Problem des Rauchs noch die Bildung von Rauch anzuzeigen (z.B. Rauchgasprüfer)
ungelöst, so daß es ein anderer Spezialist auf dem Gebiet der und zu verhüten (wie die Vorrichtung zur Rezyklierung und
Kremierung, der Schweizer Ingenieur Hans Keller, 1944 für Verbrennung des Rauchs in Dessau); ihre grobschlächtige
geboten hielt, es auf wissenschaftlicher Grundlage zu erfor- Struktur führte unweigerlich zur Rauchbildung.
schen. Er veröffentlichte seine Schlußfolgerungen in einem Es reicht der Hinweis darauf, daß beim Dreimuffelofen (der
Artikel mit dem Titel »Ursache der Rauchbildung bei der häufigste Ofentyp in Birkenau) das Sauggebläse, das den
Kremation«.14 Seine
Schlußfolgerung war,
daß die Zivilverbren-
nungsöfen regelmäßig
rauchten.
Gehen wir zum Verhör
des Topf-Ingenieurs Kurt
Prüfer durch Hauptmann
Schatanowski und Major
Moruschenko von der
sowjetischen Antispiona-
georganisation Smersch
über. Es fand am 5. März
Foto 8: Rußablagerung außen
1946 statt; Prüfer machte am Kamin des Krematoriums II in
dabei folgende Aussa- Birkenau (rechts oben: Aus-
ge:15 schnittsvergrößerung).
16

»In den zivilen Krema-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 389


Muffeln Verbrennungsluft zuführte, nicht für jede Muffel termauern, doch lösen sich diese in Rauch auf, und der fran-
einzeln regulierbar war; außerdem wurde die Verbrennung in zösische Forscher verstrickt sich in einem Dickicht von Wi-
den drei Muffeln durch einen einzigen Rauchkanalschieber dersprüchen. In seinem zweiten Buch hatte er noch behaup-
reguliert. Somit war eine optimale Regulierung der Verbren- tet, die Kremierungskapazität der Krematorien II/III von Bir-
nung in den drei Muffeln – welche eine Rauchbildung übri- kenau habe bei 1.000 Leichen in 24 Stunden gelegen.18 Man
gens auch nicht völlig verhindert hätte – praktisch unmög- vergleiche hiermit die Aussagen Prüfers bei seiner von Pres-
lich. In den Krematorien IV und V war die Situation noch sac zitierten Befragung vom 5. März 1946:19
schlimmer, weil ein einziger Rauchkanalschieber die Ver- »Frage: Welche Anzahl von Leichen konnte in Auschwitz
brennung von vier Muffeln regelte! pro Stunde in einem Krematorium verbrannt werden?
Andererseits schreibt Pressac selbst in seinem ersten Werk Antwort: In einem Krematorium, das fünf Öfen oder fünf-
im Zusammenhang mit einer Fotografie des Krematorium II zehn Muffel aufwies, verbrannte man in einer Stunde fünf-
von Birkenau im Sommer 1943: zehn Leichen.«
»Das Krematorium war bereits in Betrieb gewesen, wie wir Also konnte man in jedem der fünf Dreimuffelöfen der Kre-
aus dem Ruß an der Kaminspitze ersehen können.« matorien II/III eine einzige Leiche pro Stunde verbrennen,
In der Tat kann man in über 15 m Höhe an der Außenseite was eine theoretische Höchstzahl von 360 in 24 Stunden er-
des Kamins deutlich Rußablagerungen erkennen (vgl. Foto gibt.
8). Daraus ist zu schließen, daß der Kamin, wenn die Öfen in Rekapitulieren wir:
Betrieb waren, rauchte, und zwar recht ordentlich. Unter die- Wenn die Öfen von Birkenau in Betrieb waren, rauchten die
sen Umständen widerspricht Pressac nicht nur den techni- Kamine der Krematorien kontinuierlich. Dies war nicht zu
schen Fakten, sondern auch sich selbst. vermeiden, weil:
Pressacs Behauptung, wonach die Achtmuffelöfen der Kre- – die Drei- und Achtmuffelöfen keine Rekuperatoren zur
matorien IV und V das Fehlen von Sauggebläsen durch »ei- Vorwärmung der Verbrennungsluft besaßen;
nen starken Zug wettmachten«, der durch zwei Kamine von – in den Dreimuffelöfen das Druckluftgebläse nicht einzeln
16 m Höhe möglich gewesen sei, ist eine grobe Absurdität, für jede Muffel reguliert werden konnte;
weil die Höhe der Kamine bei den Krematorien II/III und – die von oben eingeführte Kaltluft die Wände der Muffel
IV/V praktisch gleich (15,46 gegenüber 16 m) und ihre abkühlte und so zu einem Sinken der Temperatur führte;
Querschnittsfläche proportional identisch war. Bei den Kre- – ein einziger Rauchkanalschieber die Verbrennung in drei
matorien II/III besaß jede der drei Rauchkanäle, in die der Muffeln regelte;
Kamin aufgeteilt war, eine Querschnittsfläche von 0,96 m2 – in den Achtmuffelöfen ein einziger Rauchkanalschieber die
und bediente 6 Muffeln; jeder der beiden Kamine der Krema- Verbrennung in vier Muffeln regelte;
torien IV/V hatte eine Querschnittsfläche von 0,64 m2 und – die Spitze des Kamins von Krematorium II rußgeschwärzt
bediente 4 Muffeln; eine simple Rechnung zeigt, daß die re- war.
lativen Querschnittsflächen pro Muffel für beide Krematori- Aus welchem Grund hat Pressac sogar einen eindeutigen
umstypen identisch waren (0,64÷0,96 = 4÷6)! Beweis in Gestalt einer Fotografie ignoriert? Die Antwort ist
Schließlich ist Pressacs Behauptung, in den Öfen von Au- einfach: Die Kamine der Krematorien von Birkenau durften
schwitz habe man dank den Sauggebläsen eine Verbren- nicht rauchen, weil in den ihm bekannten Luftaufnahmen des
nungsdauer erreicht, die sich jener der Zivilöfen näherte (d.h. Lagers die Kamine der Krematorien keinen Rauch ausstoßen,
die Dauer verkürzt) bar jeder technischen Grundlage. In den jedoch in einer Periode angeblicher Massenvergasungen und
Topf-Öfen von Auschwitz verlief das von dem Gebläse aus- -verbrennungen unter keinen Umständen inaktiv sein konn-
gehende Rohrwerk der Länge nach durch den hinteren obe- ten. Diese Frage soll in einem anderen Artikel aufgegriffen
ren Teil ihrer Mauerstruktur; diesem Rohrwerk entsprangen werden.
senkrecht zu ihm die sekundären Rohre, die der Länge nach
oberhalb dem Gipfelgewölbe der Muffeln gemauert und Anmerkungen
durch vier Öffnungen im Gipfelgewölbe verbunden waren. 1
W. Heepke, Die Leichenverbrennungs-Anstalten (Die Krematorien), Ver-
Die Verbrennungsluft wurde demnach von oben nach unten lag von Carl Marhold, Halle a. S. 1905, S. 74.
2
in die Muffeln eingeführt. Ein ähnliches Luftzufuhrsystem G. Salvi, La combustione. Tamburini Editore, Mailand 1972, S. 620.
3
war bereits zu Beginn der dreißiger Jahre in den Gasöfen I Manuale dell’ingegnere. Nuovo Colombo. Hoepli, Mailand 1990, S. E-
740.
und II des Krematoriums von Zürich erprobt worden (1931- 4
BBC-Elektro-Kremationsöfen im Dienste der Feuerbestattung, undatier-
1932). Wie Prof. Schlepfer 1938 berichtete, zeigte die Erfah- ter Faltprospekt.
rung, daß dieses System ineffizient war:17 5
Für eine nähere Beschreibung und für weitere Abbildungen des Ofens,
»Es kommt noch hinzu, daß die Luft oben in die Muffel siehe meinen Beitrag »Verbrennungsexperimente mit Tierfleisch und
eingeführt wird und dann längs der Muffelwandungen nach Tierfett« in VffG 7(2) (2003), S. 185-194.
6
Ing. Kristen, »Ausbrennversuche an Schornsteinen«, in: Wärmewirt-
unten strömt und dort nochmals Wärme aufnimmt. Es er- schaftliche Nachrichten für Hausbau, Haushalt und Kleingewerbe, 6(7)
folgt also auf der Innenseite der Muffel eine Abkühlung. (April 1933), S. 83-85.
7
Die Verbrennungsgase werden direkt nach unten geleitet, Jean-Claude Pressac, Auschwitz: Technique and operation of the gas
die in der ersten Periode der Einäscherung wertvolle Auf- chambers. The Beate Klarsfeld Foundation, New York 1989, S. 489.
8
Lagerjargon für „ausgezehrte Häftlinge“.
heizung der Muffel unterbleibt. […]. Auch bei den Ofenty- 9
V. Igounet, Histoire du négationnisme en France. Éditions du Seuil, Paris
pen I und II wirkt sich die Luftzufuhr von oben insofern 2000, S. 648f.
10
ungünstig aus, als die Einäscherungsdauer sich [von einer Tatsächlich fand der Kongreß am 7. Juni 1876 statt.
11
Stunde] bis auf 1 ½ Stunden erstreckt und nach erfolgter Zu jenem Zeitpunkt gab es noch gar keine Firma, die Verbrennungsöfen
herstellte.
Einäscherung für kurze Zeit nachgeheizt werden muß.« 12
Das Zitat ist eher eine Paraphrase; der genauer Text lautet: »Es dürfen
Pressac stützt sich auf Prüfer, den Erbauer der Drei- und keine übelriechenden Gase entstehen, die Verbrennung muß also geruch-
Achtmuffelöfen von Birkenau, um seine Argumente zu un- los sein.«. M. Pauly, Die Feuerbestattung. Verlagsbuchhandlung von J.J.

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Weber, Leipzig 1904, S. 15. durch Offiziere der sowjetischen Antispionageorganisation Smersch
13
R. Kessler, »Rationelle Wärmewirtschaft in den Krematorien nach Maß- (1946-1948)«, in: VffG, 6(4) (2002), S. 404.
16
gabe der Versuche im Dessauer Krematorium«, in Die Wärmewirtschaft, APMO, Neg. Nr. 20995/460.
17
4. Jg., 1927, Heft 8, S. 150, 154 und 156. »Betrachtungen über den Betrieb von Einäscherungsöfen«, in: Schweiz.
14
H. Keller, Ursache der Rauchbildung bei der Kremation. Bieler Feuerbe- Verein von Gas- und Wasserfachmännern, Zürich 1938, S. 155f.
18
stattungs-Genossenschaft. Jahresbericht für 1944, Biel 1944. J.-C. Pressac, Die Krematorien von Auschwitz. Die Technik des Massen-
15
J. Graf, »Anatomie der sowjetischen Befragung der Topf-Ingenieure. Die mordes. Piper Verlag, München-Zürich 1994, S. 200.
19
Verhöre von Fritz Sander, Kurt Prüfer, Karl Schultze und Gustav Braun J. Graf, Anatomie …, aaO. (Anm. 15), S. 404.

Der glückliche Drachen Nummer 5


Ein Denkmal der Opfer eines souveränen Staates
Von Minoru Reich-Sato
Am frühen Morgen des ersten März 1954 befand sich ein desasche“ zugegeben, aber die Besatzung des Glücklichen
hölzernes japanisches Fischerboot ungefähr 160 km östlich Drachen wurde der Spionage innerhalb der Sperrzone be-
des Bikini-Atolls. Es war der Glückliche Drachen Nummer 5 schuldigt. Es konnte allerdings nachgewiesen werden, daß
mit ihrer 23-köpfigen Besatzung. das Schiff sich ungefähr 60 km außerhalb der Sperrzone be-
Als um ca. 3:50 auf dem Bikini-Atoll eine amerikanische funden hatte.
Wasserstoffbombe gezündet wurde, soll einer der Fischer mit Am 23. September 1954 starb der Funker des kleinen Schiffes.
Erstaunen ausgerufen haben, daß die Sonne bereits aufgehe, In den darauffolgenden 35 Jahren sind noch 5 weitere Besat-
obwohl der Ursprung des überaus hellen Lichtscheines sich zungsmitglieder an Krebs oder anderen Krankheiten gestorben.
im Westen des Bootes befand. Was geschah nun mit dem Schiff? Nachdem die Radioaktivi-
Etwas später, um ca. 7:30, begann weiße Asche vom Himmel tät auf ein ungefährliches Niveau gesunken war, wurde der
herabzuregnen. Am Nachmittag des selben Tages bekamen Glückliche Drache Nr. 5 von der Tokioter Universität für Fi-
einige Mitglieder der Besatzung Kopfschmerzen und Augen- scherei 10 Jahre lang als Schulschiff genutzt. Das Schiff
reizungen. Einige Tage später wurden ihre Gesichter merk- wurde dann außer Dienst gestellt und landete auf einem
würdig dunkel. Als Folge der ungewöhnlichen und unglück- Schiffsfriedhof in der Bucht von Tokio.
lichen Zustände brach der Kapitän den Fischfang ab und ließ Aus der Vergessenheit gerissen wurde das Schiff dann mit
das Schiff zum Heimathafen in Yaizu in der Shizuoka Prä- einem Zeitungsartikel in der Asahi Shinbun vom 10. März
fektur zurückfahren, den es 2 Wochen nach dem Zwischen- 1968. Es hieß darin:
fall im Pazifik erreichte. »Der Glückliche Drache ist ein Schiff, das niemals von ir-
Die meisten Fischer beklagten zusätzlich zu den schon be- gendeinem Japaner vergessen werden sollte. Das Schiff
schriebenen Symptomen Verbrennungen im Gesicht und sollte uns daran erinnern, was auf dem Bikini-Atoll vor
Haarverlust. Alle Mitglieder der Besatzung wurden daraufhin vierzehn Jahren passierte. Laßt uns gemeinsam überlegen,
in großen Krankenhäusern Tokios behandelt. wie wir dieses Monument erhalten können.«
Nachdem die Zeitung Yomiuri Shinbun am 16. März 1954 Im Juli 1969 wurde dann das »Komitee zur Erhaltung des
über den Zwischenfall berichtet hatte, bestand die Taktik der Glücklichen Drachen« gegründet. Im Februar 1970 kaufte
US-Regierung zunächst darin, das Auftreten radioaktiver das Komitee das Schiff. Es wurde von Freiwilligen leerge-
Asche zu leugnen. Später wurde das Vorhandensein der „To- pumpt und gereinigt.

Oben: Glücklicher Drachen Nr. 5

Rechts: Weinende Japaner


im Museum zum Glücklichen Drachen

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 391


Im Jahr 1972 beschloß die Stadtverwaltung von Tokio den schen. Es sind Japaner, die ob des Leides weinen, das einer
Bau eines Parks im Koto-Bezirk, wobei ein Ausstellungshaus Handvoll Japanern angetan worden ist.
mit dem Glücklichen Drachen einer der Hauptanziehungs- 23 Menschen einer Nation werden verstrahlt, und um das
punkte sein sollte. 1973 wurde eine Nachfolgegesellschaft Schiff herum, auf dem sie verstrahlt wurden, wird mit Steu-
des Komitees gegründet. Die »Friedensgesellschaft für den ergeldern derselben Nation ein Museum gebaut. Das Schiff
Glücklichen Drachen Nr. 5« erhielt von Tokios Stadtverwal- wird mit großem Aufwand an Steuergeldern restauriert und
tung den Auftrag, ein Ausstellungshaus zu bauen. Das Muse- mehrere Hunderttausend Menschen derselben Nation schau-
um wurde am 10. Juni 1976 eröffnet. Es enthält neben dem en sich die Ausstellung an.
Fischerboot auch Fotografien, Bücher und Tonaufzeichnun- Japan ist selektiv mit seinen Erinnerungen. Ein souveräner
gen. In den ersten 10 Jahren nach der Eröffnung haben Staat nimmt sich das Recht heraus, an das Leid der eigenen
650.000 Menschen die Gedenkstätte besucht. Ebenfalls nach Bevölkerung zu erinnern. Ein Vorbild für Deutschland?
10 Jahren Ausstellungszeit wurde das Schiff mit einem Auf-
wand von 800.000 US$ komplett restauriert.1 Anmerkung
Schulklassen haben mit Schriftbändern ihrem Wunsch nach 1
Katalog des Ausstellungshauses des »Glücklichen Drachen«, 3-2 Yume-
Frieden Ausdruck verliehen. Fotos zeigen weinende Men- noshima, Koto-ku, Tokio.

Humanes Töten
Von Ernst Manon

»Wie oft hört man beim Ausbruch eines Brandes die Wor- nannte das Buch einen Versuch, den Luftkrieg zu rehabilitie-
te: „Gott sei Dank, jetzt haben die Menschen wieder etwas ren, nicht gegen die Tatsachen, sondern wegen der Tatsa-
zu tun.“ Da weiß ich ein gutes Mittel. Man zünde eine chen. Er glaubte fest, daß ohne Fliegerbomben in diesem
Stadt an, man zünde das Reich an, und alles schwimmt in Krieg die Zivilisation zerstört worden wäre. Der Bomber ist
Geld und Wohlstand. Man verfertige Möbel, die man nach der Retter der Zivilisation.6 Daß der Luftkrieg von England
drei Jahren einheizen kann, weil man selbst im Versteige- begonnen wurde und von Deutschland erst mit einigen Mo-
rungsamt nicht einmal ein Zehntel des Herstellungspreises naten Verzögerung beantwortet wurde, ist längst von ihm
erzielen kann, wir werden reicher und reicher!« und anderen englischen Historikern zugegeben worden: J. M.
Dieses freimütige Vernichtungsprogramm1 stammt von Adolf Spaight schrieb:7
Loos (geb. 1870), einem der Pioniere der modernen Archi- »Wir begannen, Ziele im deutschen Hinterland zu bombar-
tektur:2 dieren, bevor die Deutschen anfingen, Ziele im britischen
»Loos darf für sich die zweifelhafte Ehre in Anspruch neh- Hinterland zu bombardieren. Das ist eine geschichtliche
men, Anwärter für den Posten eines Akademiedirektors in Tatsache, die öffentlich eingestanden wurde.«
der 1919 geplanten österreichischen Sowjetrepublik gewe- Er gab auch 1944 zu, daß Hitler den Luftkrieg gar nicht woll-
sen zu sein.« te.8 Die Entscheidung für den Bomberkrieg nannte er »hero-
1933 verstorben, brauchte Loos die Umsetzung seines Pro- isch« und verglich sie mit Rußlands »heroischer« Entschei-
gramms nicht mehr mitzuerleben. dung für die Politik der verbrannten Erde:9
Die Veröffentlichung von Jörg Friedrichs Buch Der Brand »Ich gab Coventry und Birmingham, Sheffield und Sout-
und die daran anschließenden Fernsehsendungen dazu haben hampton das Recht, Kiew und Charkow, Stalingrad und
das Geschehen wieder in den Blick der Öffentlichkeit ge- Sewastopol ins Angesicht zu sehen.«
rückt. Friedrich gilt als „Altlinker“. Ähnlich wie bei Günther Dabei hatte auch Großbritannien die Haager Landkriegsord-
Grass’ Buch über den Untergang der Gustloff wird das The- nung vom 18. Oktober 1907 mitunterzeichnet; in Artikel 25
ma einem „Altlinken“ anvertraut, um es nicht den „Rechten“ heißt es:
zu überlassen. Auch die selbsternannten „Antifaschisten“ läßt »Es ist untersagt, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstät-
das Thema nicht ruhen. Schon 2001 tauchte in Dresden ein ten oder Gebäude, mit welchen Mitteln es auch sei, anzu-
anonymes Flugblatt auf, das forderte, „Bomber-Harris” zu greifen oder zu beschießen.«
ehren, denn:3 H. Beseler und N. Gutschow führen in Kriegsschicksale
»Bomber Harris hat viel dazu beigetragen, uns von der Deutscher Architektur – Verluste, Schäden, Wiederaufbau
Schreckensherrschaft der „Nazis“ zu befreien!« anhand von 3.400 historischen Photos vor, was an histori-
Und Frank Wolfson, der 1943 als 21-jähriger Bomberpilot der schen Bauten und städtischen Ensembles in den Bomben-
Royal Air Force beim Angriff auf Hamburg teilnahm, meint:4 nächten vernichtet worden ist.10 Dazu konnte man sogar in
»die Deutschen sollten in allen bombardierten Städten der traditionell antideutschen Süddeutschen Zeitung lesen:
Denkmäler für Arthur Harris aufstellen, schließlich habe »Die Photovergleiche mit dem Zustand nach dem Wieder-
der sie „von den Nazis befreit“.« aufbau werden zur ästhetischen Folter«
»The Bomber Saves Civilisation« lautet die Überschrift des Rudolf Bienenfeld charakterisierte am Vorabend des Zweiten
ersten Kapitels in J. M. Spaights Buch Bombing Vindicated,5 Weltkrieges die Geisteshaltung religionsloser Juden, bei de-
also einer Verteidigung des Bombenkrieges. Spaight war der nen bestimmte Grundzüge der jüdischen Religion unbewußt
britische Unterstaatssekretär im zuständigen Ministerium. Er fortwirken:11

392 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


»Es [ist] ein unbeweisbarer Glaubenssatz, daß es unter nach jüdischen Gangstern benannt. Diese Maschinen tru-
keinen Umständen erlaubt sei, Fliegerbomben auf eine un- gen neben Aufschriften wie „Murder Inc.“ auch Ehrentitel
bewaffnete Bevölkerung abzuwerfen, und es ist ein anderer wie „Jake Greasy Thumb Guzik“ (aus der Bande Al Capo-
entgegengesetzter, aber ebenso unwiderlegbarer Glau- nes), „Arthur Dutch Shultz Fliegenheimer“ (ein Serienkil-
benssatz, daß dies erlaubt sei, wenn der Abwurf dem Pre- ler), „Arnold Rothstein“ (laut dem jüdischen „Aufbau“,
stige des Vaterlandes nützlich ist.« New York, vom 8. Mai 1998 der „Moses der Unterwelt“
Das etwa seien Sätze, auf denen sich die geistige Existenz ei- und „erste Drogenkönig der Neuen Welt“), „Meyer Lans-
nes jüdischen Menschen aufbaut, die er als so selbstverständ- ky“ („‚Schatzmeister“ der wichtigsten Chicago- und Las
lich ansieht, daß er sie überhaupt nicht in Zweifel zu ziehen Vegas-Gangs).«
vermag, selbst wenn er wollte, und die auch einen Gegenbe- Soweit eine Ergänzung zum Thema Fliegerbomben von
weis für ihn unannehmbar machen. Hartmut Stern.14
Während wir gelernt haben, uns pauschalisierender Urteile Der amerikanische Jagdflieger General Chuck Yeager berich-
über gewisse Bevölkerungsgruppen zu enthalten, gab der Au- tet über seinen damaligen Einsatz:15
tor diese offenherzige Beschreibung jüdischer Mentalität in »In diesem Herbst [1944] erhielt unser Jagdgeschwader
Form eines Vortrages vor der Gesellschaft für Soziologie und einen Befehl der 8. Luftflotte für einen maximalen Einsatz.
Anthropologie der Juden in Wien am 10. November 1937, Unseren 75 Mustangs wurde ein Bereich von 50 auf 50
wobei er es für angemessen fand, darauf hinzuweisen, daß Meilen innerhalb Deutschlands zugeteilt und der Befehl
dies der Geburtstag Friedrich Schillers sei. Wer hätte damals gegeben, auf alles zu schießen, was sich bewegt. Die Ab-
daran gedacht, daß bald zwei Millionen Tonnen Fliegerbom- sicht war, die deutsche Bevölkerung zu demoralisieren…
ben auf deutsche Städte und insbesondere auf Arbeiterwohn- Wir wurden nicht gefragt, wie wir uns fühlten, Menschen
gebiete abgeworfen würden, um dem Prestige anderer Vater- abzuknallen. Es war eine elende, schmutzige Angelegen-
länder – oder gar eines noch gar nicht existenten Staates – zu heit, aber wir sind alle pünktlich gestartet und taten es.
nützen? Niemand kam auf den Gedanken, sich zu weigern mitzuma-
»Am 10. Mai [1940] meldete der deutsche Heeresbericht chen.«
zum ersten Male, daß britische Flieger in Freiburg und Peter Hichliffe war im Krieg Navigator einer britischen Hali-
verschiedenen Orten des Ruhrgebietes Bomben auf nicht- fax-Gruppe und hat über fünfzig Einsätze gegen Deutschland
militärische Ziele abgeworfen hätten; seitdem ist kaum ei- geflogen. Im Vorwort zu seiner Darstellung des erbarmungs-
ne Nacht vergangen, wo diese plan- und wahllosen Bom- losen Luftkriegs, The Other Battle schreibt er über die deut-
benabwürfe sich nicht wiederholt hätten. 26 Kirchen und schen Nachtjäger:16
Dome, so hat am 14. September der Rundfunk bekanntge- »Sie waren sehr tapfere Männer. Sie sahen die Markierun-
geben, sind dabei mehr oder weniger schwer beschädigt gen der Pfadfinder auf ihre Städte fallen, sie sahen die ent-
worden. Die Verluste an toten und verletzten deutschen setzlichen Brände und Feuerstürme und wußten, daß jetzt
Kindern infolge dieser feindlichen Luftangriffe betrugen in Tausende ihrer Landsleute einen schrecklichen Tod sterben
der Zeit vom 10. Mai bis 31. August 1940: 79 Tote, 29 würden. […] Sie wußten, daß jeder Bomber, den sie ab-
Schwerverletzte, 22 Leichtverletzte.« schossen, einer weniger war, der das nächste Mal Spreng-
In der Nacht zum 19. September wurden die Bodelschwingh- und Phosphorbomben werfen konnte. Sie wußten aber
schen Anstalten in Bethel durch britische Flugzeuge bombar- auch, daß bei jedem Start der Tod auf sie wartete. […] Sie
diert und teilweise zerstört. Elf Kinder und eine Pflegerin fie- flogen so lange, bis sie entweder tot, verwundet oder nach
len dem Überfall zum Opfer. Auch der Friedhof wurde bom- einer Bruchlandung schwer verletzt waren.«
bardiert. »Wo gibt es den deutschen Historiker, der so etwas schreiben
»Das erschütterndste ist, daß England das alles unter der würde?« bemerkt der Rezensent dazu. Erst nach dem Krieg,
Parole tut, der Verteidiger der christlichen Weltkultur zu als die englischen Besatzungen das Ausmaß der zerstörten
sein.«12 Städte sahen, waren sie entsetzt und von Mitleid erfüllt. Un-
Auch der „politisch-korrekte“ Militärhistoriker Gerhard ter den mehreren tausend deutschen Nachtjägern hat es nur
Schreiber kommt nicht umhin festzustellen:13 einen Deserteur gegeben, der schließlich von den Engländern
»Bereits im Mai 1940, als die britisch-französische Lage mit Verachtung behandelt wurde.17
verzweifelt aussah, hatte das Royal Air Force Bomber Der amerikanische Diplomat George F. Kennan bekannte
Command den strategischen Luftkrieg begonnen.« nach dem Krieg:18
Die Bilanz auf alliierter Seite sieht nach Schreiber so aus: »Dadurch, daß wir den Russen erlaubt haben, Königsberg
»Bis zum Kriegsende flogen die Bomberbesatzungen und Wien und Weimar zu besitzen, haben wir das Äußerste
373 514 Einsätze gegen das Reich, davon nur 1 383 vor getan, um zweitausend Jahre europäischer Geschichte un-
Ende April 1940. Ihre Kameraden von der 8. United States geschehen zu machen.«
Army Force führten vom August 1942 bis zum Mai 1945 Harris, der stolz vermerkte, daß sein Bomber Command 1944
insgesamt 332 904 Feindflüge durch. Dabei warfen die bri- im Durchschnitt zweieinhalb Städte pro Monat vernichtete,19
tischen Flugzeuge rund 970 000 und die amerikanischen meinte mit kaum zu übertreffendem Zynismus:20
632 000 Tonnen Bombenlast ab. […] Das Bomber Com- »Wieder und wieder verpaßten die Deutschen ihre Chance,
mand verlor mehr als 10 100 Bombenflugzeuge und 50 000 unsere Städte in Brand zu setzen.«
Besatzungsmitglieder, ebenso viele Tote beklagte die 8. US Für jede deutsche Tonne Bomben auf England gingen im
Army Air Force, die annähernde 5 500 Maschinen einbüß- Verlauf des Krieges 315 Tonnen britische auf Deutschland
te.« nieder,21 und Telford Taylor, einer der amerikanischen An-
Und das alles zur „Rettung der Zivilisation“! kläger im Nürnberger Militärtribunal, erklärte später, er habe
»Bemerkenswerterweise wurden viermotorige US-Bomber, den Bombenkrieg ausgeschlossen, weil die deutschen Angrif-
die ihre tödliche Last über deutsche Städte abwarfen, auch fe im Vergleich zu den alliierten »verblaßten«.21

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 393


Die amerikanischen Bombardierungen deutscher Städte wur- »Es war humanes Töten. Man wußte, wofür man starb. In
den von Roosevelt in einem Photoband für Stalin dokumen- Auschwitz und in der Gaskammer wußte man das nicht.«
tiert. Über den Einsatz seiner Air Force berichtete das Svens- Auf die Frage, welche militärische Leistung er am meisten
ka Dagbladet vom 21. Februar 1945:22 bewundere, hatte er 1988 geantwortet: »Keine, keine!!« Lo-
»Die letzten heftigen Luftangriffe auf Dresden müssen et- renz Jäger von der FAZ, Jahrgang 1951, mit einem Diplom in
was vom Schrecklichsten gewesen sein, was bisher in die- Soziologie und mit besonderem Interesse an den Schriften
sem Krieg geschehen ist. Was Dresden zu einer „Perle der Walter Benjamins, meint dazu, die richtige Antwort müßte
Kunst“ gemacht hatte, existiert nicht mehr. Einige der heute wohl lauten: »Die Bombardierung von Dresden«.28 Da
schönsten und berühmtesten Bauwerke des Barock liegen sollte er sich in nächster Zeit wohl besser nicht in Dresden
jetzt in Schutt und Asche. […] Menschenleiber wurden zer- blicken lassen. Dabei beruft sich Jäger offensichtlich allen
rissen, und nach dem Angriff konnte man vielerorts seinen Ernstes auf den kürzlich veröffentlichten „Roman“ Blondi
Fuß nicht hinsetzen, ohne auf Leichen oder Leichenteile zu von Michael Degen, auf dessen verquasten Inhalt einzuge-
treten. Man sah tote Menschen, von denen der Luftdruck hen, nicht der Mühe wert ist. (Blondi war Hitlers Schäfer-
auch das letzte Stück ihrer Kleider gerissen hatte. In der hund.) Dies hat der jüdische Publizist Henryk M. Broder auf
Elbe schwammen Leichen und Leichenteile, und verstüm- sich genommen und nennt das Machwerk auf seiner Home-
melte Leiber lagen eingeklemmt zwischen Trümmern. Wie page »das dümmste Buch dieses Herbstes« und Degen den
eine Gnade wirkte es, wenn sich eine Schicht von Sand und »Schmock der Woche«. Na ja, man muß ihn nicht mögen,
Asche auf die Toten gelegt hatte.« schließlich meint er auch:29
Die Industrie und die Kaserne im Norden blieben verschont. »Der Philosemitismus geht mir auf den Wecker.«
Nicht vergessen werden sollte in diesem Zusammenhang aber Aber was ist ein »Schmock«? Es handelt sich um eine Figur
auch die Bombardierung verbündeter Städte und Dörfer, »fri- aus Gustav Freytags Lustspiel Die Journalisten von 1854. Er
endly bombing« oder heute auch »Kollateralschäden« ge- wurde zum Synonym für gesinnungslose, korrupte Journali-
nannt. Um die deutsche Führung in ihrer Fehleinschätzung zu sten. »Ich habe geschrieben links, und wieder rechts. Ich
bestärken, die Landung der Alliierten würde an der Küste des kann schreiben nach jeder Richtung« sagt Schmock in der
Pas-de-Calais und nicht in der Normandie stattfinden, zögerte zweiten Szene des Stücks.30 Selber Schmock, könnte man zu
Churchill nicht, zur Täuschung 200.000 Tonnen Bomben auf Broder sagen, ist für den jüdischen Publizisten doch die beste
die Region von Calais abwerfen zu lassen, was 12.000 fran- Definition des Antisemitismus die:31
zösischen Zivilisten das Leben kostete.23 »Antisemitismus ist, wenn man die Juden noch weniger lei-
den kann, als es an sich natürlich ist. – Dieser Witz ver-
Von Kopf bis Fuß auf Bomben eingestellt weist die meisten akademischen Definitionen in den Be-
Manch einer sehnte die Bombardierung herbei. So bekannte reich der Wahrsagerei. Er spricht aus, worauf es an-
etwa die nach Amerika ausgewanderte Marlene Dietrich ge- kommt: Der Antisemitismus ist kein abweichendes Verhal-
genüber Associated Press: »Ich helfe Anleihen zu verkaufen, ten, keine Ausnahme von der Regel, er ist der Normalfall
damit Berlin bombardiert werden kann«, wo übrigens ihre des gesellschaftlichen Verhaltens Juden gegenüber – die
Mutter und weitere Verwandte lebten. Anfang 1945 wieder Regel eben. Das heißt, nicht derjenige, der die Juden nicht
in Deutschland, gab sie dem New York Mirror ein Inter- leiden kann, verhält sich abweichend von der Norm, son-
view:24 dern derjenige, der nichts gegen die Juden hat.«
»Ich glaube, daß Deutschland alles verdient hat, was nun Und:32
mit ihm geschieht. Und ich sporne die Russen an, so bald »Der Unterschied zwischen einem Antisemiten und einem
wie möglich Berlin zu erreichen.« Nicht-Antisemiten liegt darin, daß man bei einem Nicht-
Anläßlich ihres zehnten Todestages erhielt Marlene Dietrich Antisemiten nur etwas länger warten müsse, bis er sich
posthum die Ehrenbürgerschaft Berlins. auch als Antisemit herausstellt.«
Die Anleihen, um Berlin auszulöschen (»we want to blast the Und schließlich meinte Broder:33
city of Berlin off the face of the map«) hatte der Finanzmini- »Schon möglich, daß ich paranoid bin. Sie können trotz-
ster Henry Morgenthau Jr. derart berechnet, daß die Kosten dem hinter mir her sein.«
für Berlin sechsmal soviel betragen würden wie für Ham- Nach seiner Rückkehr in die Bundesrepublik leitete Theodor
burg. Die Gesamtkosten für Hamburg betrugen W. Adorno ein sozialwissenschaftliches Team, das in Grup-
$346.000.000. Damit kamen die Kosten für jeden Berliner, penexperimenten die Reaktion der deutschen Bevölkerung
gleichgültig ob Mann, Frau oder Kind, auf etwa $18.75. Die auf das Thema „Schuld“ ermitteln sollte. Eine Teilnehmerin
Anleihe koste $25 pro Stück.25 wird mit den Worten zitiert:34
Der Luftangriff auf Hamburg vom 28. Juli 1943 trug den »Ich nemm auch mei eigene Ausgebombtheit jederzeit als
Tarnnamen »Operation Gomorrha«.26 Die Überlebenden Sühne auf mich für die große Schuld, die an Unschuldige
konnten dann später in dem jüdischen Buch der Bücher, von getan worde is.«
Christen auch „Heilige Schrift“ genannt, nachlesen, sofern Schwieriger war ein anderer Teilnehmer, ein ehemaliger Sol-
sie nicht mitverbrannt war: dat der Luftwaffe, der seine Eindrücke beim großen Angriff
»Da ließ der HERR Schwefel und Feuer regnen vom Him- der Engländer und Amerikaner auf Dresden vom Frühjahr
mel herab auf Sodom und Gomorra und kehrte die Städte 1945 zu Protokoll gab, wobei der Name der Stadt durch Aus-
um und die ganze Gegend und alle Einwohner der Städte lassungspunkte ersetzt ist:
und was auf dem Lande gewachsen war.« (Genesis 19,24) »Ich war bei der Luftwaffe und habe aus nächster Nähe
Mehr Bomben auf Berlin hatte sich damals auch die Mutter den Großangriff auf … mitgemacht. Es war hundertprozen-
von Michael Degen gewünscht, wie dieser in einer Sendung tig, daß die Amerikaner wußten, daß in dieser Nacht
bei Spiegel-TV zum Bombenkrieg berichtete.27 Der jüdische 250 000 bis 300 000 Flüchtlinge in die Stadt aufgenommen
Schauspieler erläuterte das Geschehen: worden waren und etwa eine Million Menschen sich in den

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Mauern von … befanden. Es kamen damals die Amerikaner »Wie ich Dir schon sagte, dient die ganze Schuldfrage nur
und haben nachts die ganze Stadt in Brand geworfen. Die als christlich-scheinheiliges Gequatsche, bei den Siegern,
Bevölkerung hatte keine Ahnung, wie man sich beim Bom- um sich selbst besser zu dienen, und bei den Besiegten, um
benangriff benimmt. Nachdem die Stadt brannte und die sich weiter ausschließlich mit sich selbst befassen zu kön-
Bevölkerung, die gar nicht geschult worden war, flüchtete, nen. (Und sei es auch nur zum Zwecke der Selbsterhel-
kam die zweite Welle und warf Sprengbomben hinein. Und lung). In beiden Fällen dient die Schuld dazu, die Verant-
am Tage haben mehrere hundert amerikanische Fernjäger wortung zu vernichten.«
in die Kolonnen hineingeschossen. Und am anderen Tage Deutschland hatte im Zweiten Weltkrieg eine Dreiviertelmil-
hörte man, 250 000 Tote in …« lion Todesopfer des Luftkriegs zu beklagen, Japan etwa die
Unter dem Titel Schuld und Abwehr interpretierte Adorno Hälfte, England 51.000.
das Protokoll: Der Sprecher will eine These begründen: Für Unter der Überschrift »Selbsthaß als Balsam« hält der unga-
die Bombardierung Dresdens habe keine militärische Recht- rische Essayist László Földényi seine Empfindungen beim
fertigung bestanden, bei dem Angriff habe es sich um ein Umgang mit Deutschen fest:41
Kriegsverbrechen gehandelt. Er versteht die Äußerungen als »Der bezeichnendste Charakterzug der Deutschen ist vor
Schuldabwehr und leicht durchschaubare Schutzbehauptung. allem der, undeutsch sein zu wollen. […] Nirgends in Eu-
Daß der Luftkrieg häufig zum Thema wurde, insinuiert für ropa erlebte ich einen solchen Grad an nationaler Zerris-
Adorno ein stereotypes Muster.35 Wir erkennen aber auch senheit. Und nirgends traf ich auf ein solches Maß an
ein, sagen wir mal: nicht untypisches jüdisches Denkmuster: Selbsthaß wie in Deutschland. Paradoxerweise scheint ge-
Nicht selbst erlebte Realität ist irrelevant, und Interpretation rade dieser Haß auf viele wie Balsam zu wirken.«
ist wichtiger als die Realität. Der Interpret steht unbeteiligt Prof. Löw bemerkt dazu:41
neben dem Geschehen und analysiert nur die für ihn erkenn- »Vor allem wurden jene zu Bekennern, von denen jeder-
baren psychischen Vorgänge. Otto Weininger schrieb dazu:36 mann wußte, daß sie 1945 nach allgemeinen Grundsätzen,
»Jüdisch ist es, anderen die Schuld zu geben. Schuldab- so wie etwa im deutschen Strafrecht niedergelegt (14 Jah-
wälzung heißt Judentum.« re), noch gar nicht schuldig werden konnten.«
Wolfgang Benz, Antisemitismus-Forscher an der Techni- Der amerikanische Historiker und Politologe David P. Calleo
schen Universität Berlin, meinte, Hinweise auf Dresden und meint in seinem Buch The German problem reconsidered:42
anderes seien »eine bestimmte Form deutscher Wehleidigkeit, »Viele deutsche Autoren scheinen eine Art perversen Ver-
ganz auf eigenes Leiden fixiert.«37 Hier kommt zu einer gera- gnügens daran zu finden, ihrem Volk eine einzigartige
dezu bodenlosen Gefühlsroheit das Haltet-den-Dieb-Prinzip Schlechtigkeit zuzuschreiben, die es von der übrigen
hinzu, denn wer wäre denn mehr auf das eigene Leiden fi- Menschheit unterscheidet.«
xiert als Juden selbst? Dr. Günter Zehm, Professor für Philosophie in der Welt, er-
Bertolt Brecht schien sich 1943 im sicheren kalifornischen gänzt dies:43
Exil im Gedanken an eine mögliche Rückkehr in seine Vater- »So hofft man über den Umweg deutschen Selbsthasses doch
stadt (Sein Vater war in Augsburg bis zu seinem Tod 1939 noch endlich zum großen Kladdereradatsch zu kommen, in
kaufmännischer Direktor der Papierfabrik Haindl gewesen; dem man die traditionellen Lebensverhältnisse verbrennen
diese wurde 1942 von britischen Bombern getroffen.) mit und endlich der „wahre Sozialismus“ entstehen kann.«
den tödlichen Bomberschwärmen identifiziert zu haben:38 Während der Song von 1980 der Hamburger Punkgruppe
»Die Rückkehr Slime »Deutschland muß sterben, damit wir leben können«
Die Vaterstadt, wie find ich sie doch? bisher verboten war, ist er aufgrund eines Urteils des Bun-
Folgend den Bomberschwärmen desverfassungsgerichts vom 23. November 2000 nunmehr er-
Komm ich nach Haus. laubt. Es gilt als Kunst im Sinne der grundgesetzlich garan-
wo denn liegt sie? Wo die ungeheueren tierten Kunstfreiheit.44 Ȇberall und in allem entgermanisie-
Gebirge von Rauch stehn. ren« war das Motto schon der Beneš-Dekrete.45 Manche ent-
Das in den Feuern dort germanisieren sich auch heute noch in vorauseilendem Ge-
Ist sie. horsam selbst.
Die Vaterstadt, wie empfängt sie mich wohl? Monika Maron dagegen, Tochter einer polnisch-jüdischen
Vor mir kommen die Bomber. Tödliche Schwärme Mutter und eines aktiven deutschen Kommunisten, bekennt
Melden euch meine Rückkehr. Feuersbrünste heute offen:46
Gehen dem Sohn voraus.« »Wir erleben einen antideutschen Rassismus. Alle Länder
der Welt erlauben es sich, die Deutschen zu beleidigen,
Die Lust an der Schuld und ich frage mich manchmal, ob wir nicht völlig verrückt
Die jüdische Philosophin Hannah Arendt meinte schon sind, daß wir uns nicht zu wehren wagen.«
1946:39 Kommen wir auf das eingangs zitierte Prinzip von Adolf
»Moralisch gesehen ist es ebenso falsch, sich schuldig zu Loos zurück. Für Michael Wolffsohn, Professor für Neuere
fühlen, ohne etwas Bestimmtes angerichtet zu haben, wie Geschichte an der Universität der Bundeswehr in Neubiberg
sich schuldlos zu fühlen, wenn man tatsächlich etwas be- bei München, so könnte man sagen, ist es in Deutschland
gangen hat. Ich habe immer für den Inbegriff moralischer nach dem 8. Mai 1945 Wirklichkeit geworden:
Verwirrung gehalten, daß sich im Deutschland der Nach- »Der damaligen Asche entstieg der Phönix des Friedens.
kriegszeit diejenigen, die völlig frei von Schuld waren, ge- Vom Sieg über Deutschland lernen heißt, Frieden aufbau-
genseitig und aller Welt versicherten, wie schuldig sie sich en zu lernen, gerade für und in Nahost.«
fühlen.« Das heißt, wie der Autor jedenfalls Ende 2001 meinte:47
Und Heinrich Blücher, Kommunist, Lebensgefährte und spä- »Krieg wäre für Israel derzeit die einzige Möglichkeit, aus
ter ihr Ehemann, schrieb ihr im selben Jahr:40 der Sackgasse zu kommen.«

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Schon der Prophet Micha (4,13) empfahl: schen Geistes“. Von Rudolf Bienenfeld haben wir oben ein
»Darum mache dich auf und drisch, du Tochter Zion! Charakteristikum religionsloser Juden kennengelernt. Es
Denn ich will dir eiserne Hörner und eherne Klauen ma- scheint, als wollte Steiner dieses bestätigen, wenn er stolz
chen, und du sollst viele Völker zermalmen und ihr Gut bekennt:
dem HERRN weihen und ihre Habe dem Herrscher der »Ich gehöre der höchsten Rasse an, weil wir nicht foltern…
ganzen Welt.« Wer foltert, und sei es, um zu überleben, ist weniger als ein
Prof. Konrad Löw meinte:48 Mensch. Dies ist und bleibt für mich ein kategorischer Im-
»Das Alte Testament ist in der Tat dazu angetan, Verwun- perativ.«
derung, ja Bestürzung auszulösen. Es zeugt von tiefer Reli- …um im gleichen Atemzug fortzufahren:51
giosität, daß sich der gläubige Jude täglich diese Texte, »Eben um zu überleben in einer fanatisch feindlichen, haß-
diesen Spiegel vor Augen hält.« erfüllten Umwelt, muß jetzt auch Israel foltern und Nach-
Der Jesuitenpater Rupert Lay schrieb:49 barn erniedrigen, furchtbar erniedrigen. Es muß es tun.«
»Schon der erste Staat Israel kam durch nackten Terror Dabei gab es mindestens seit Ende des 17. Jahrhunderts im-
zustande. Seine Gründungsgeschichte ist hier insoweit in- mer wieder wohlmeinende Pläne und Initiativen, um den Ju-
teressant, als sich auch der zweite Staat Israel mit einem den eine eigene Heimstätte zu schaffen, ja zu schenken. (Eine
Wort zu legitimieren versucht, das angeblich Jahwe um sicher nicht vollständige Aufzählung findet sich in meinem
1230 v. Chr. zu Josua sprach: „Mach dich auf den Weg, Buch Tödliches Allotria, das im Herbst bei Castle Hill Pu-
und zieh über den Jordan hier mit dem ganzen Volk in das blishers erscheinen wird.) Nahum Goldmann erklärte im
Land, das ich ihnen, den Israeliten, geben werde. Jeden Frühjahr 1947 auf dem Kongreß der Kanada-Juden in Mont-
Ort, den euer Fuß betreten hat, gebe ich euch, wie ich es real:55
dem Moses versprochen habe“ (Jos. 1,2 f.). […] Nach der »Die Juden hätten Uganda, Madagaskar und andere Län-
„Landnahme“ ging es an die Verteilung des Ost- und der für den Aufbau eines jüdischen „Vaterlandes“ haben
Westjordanlandes. Ein Land, das wie Israel nur durch können, aber sie wollten einfach nichts anderes als Palä-
nackte Gewalttat und zahllosen Völkermord entstand, wur- stina […]: weil Palästina der Schnittpunkt zwischen Euro-
de zum Zeichen immerwährender Kriege und abgrundtie- pa, Asien und Afrika ist, weil Palästina das wirkliche Zen-
fen Hasses.« trum der politischen Weltmacht ist, das strategische Zen-
trum der Weltherrschaft.«
Der Rassist Rabbi E. Schwartz von der American Neturei Karta-
George Steiner, der bekannte jüdische Literaturwissenschaft- Bewegung, New York, erklärte in der weltweit größten jüdi-
ler, bekannte beim 6. Amerikanisch-Israelischen Dialog in schen Tageszeitung, The New York Times, warum aus all den
Jerusalem, im Sommer 1968:50 Plänen nichts wurde:56
»The existence of Israel is not founded on logic. It has no »Ihr [der Zionisten] Interesse galt nicht der Rettung von
ordinary legitimacy. There is neither in its establishment Juden, im Gegenteil, noch mehr jüdisches Blutvergießen
nor present scope any evident justice – though there may würde ihre Forderung an die Nationen zur Schaffung ihres
be an utter need and wondrous fulfillment.« Staates unterstreichen. Ihr Motto war Rak B’Dam (wir be-
Auch in seiner Dankesrede aus Anlaß der Verleihung des kommen das Land nur durch Blut) […] Zionistische Politi-
Ludwig-Börne-Preises Ende Mai 2003 wiederholte er:51 ker und ihre Anhänger sprechen nicht für das jüdische
»Israel ist ein reines Wunder, ein magisch erfüllter Traum Volk, der Name Israel wurde von ihnen gestohlen. Tatsäch-
aus der Hölle. Es ist der einzige sichere Zufluchtsort für lich macht die zionistische Verschwörung gegen jüdische
den Juden, wenn es irgendwo wieder losgeht. Und es wird Tradition und jüdisches Recht den Zionismus und all seine
wieder losgehen!« Aktivitäten und Institutionen zum größten Feind des jüdi-
Aber warum, in aller Welt, wird es wieder losgehen? Erin- schen Volkes.«
nern wir uns der Worte von Avraham Burg von der israeli- Das ist also die israelische Version der „Blut & Boden“-
schen Arbeitspartei, dem „Mann der die Schweizer Banken Ideologie, die humanes Töten nach sich zieht. 1997 erklärte
das Fürchten lehrte“:52 Rafael Seligmann Hitler zum Mann dieses Jahrhunderts, dem
»Nehmen wir an, daß eines Tages Frieden herrscht; dann der Staat Israel seine Existenz verdanke.57 Und Nahum Gold-
werden sich Juden und Israelis fragen müssen: Können wir mann hat uns schon vor einem Vierteljahrhundert empfohlen:58
als Juden ohne einen Feind überleben? Können wir über- »Man mag über die Bedeutung der Tatsache nachdenken,
leben ohne einen Hitler, der für uns definiert, wer wir daß es zweier Weltkriege bedurfte, des Ersten, um England
sind?« zur Proklamierung der Balfour-Deklaration zu veranlas-
Daß sogenannte Neonazis heutzutage vom sogenannten Ver- sen, des Zweiten, um die Vereinten Nationen zu dem Be-
fassungsschutz selbst aufgebaut werden, damit sogenannte schluß der Schaffung eines jüdischen Staates in einem Teil
Antifaschisten wieder etwas zu tun haben, ist hinlänglich be- von Palästina zu bringen.«
kannt. So kann man es jederzeit wieder „losgehen“ lassen. Im Frühjahr 1944 veröffentlichte Martin Buber in Jerusalem
Während Paul Spiegel zu dem Vorwurf, die Juden würden diese Anklage:59
den (sogenannten) Antisemitismus selbst hervorrufen, meint, »Es gibt Parteien [im Zionismus], die eine kochende
das sei »die schlimmste Beleidigung deutscher Juden nach Volksseele brauchen, um ihren Sud daran zu sieden. Ihre
1945«,53 gab der inzwischen verstorbene jüdische Soziologe beste Chance, und manchmal ihre einzige, ist die Radikali-
Alphons Silbermann offen zu:54 sierung der Situation. Sie sind bereit, dieser Chance auch
»Überhaupt sollte nie übersehen werden, daß die von den die Rettung [von Menschen] zu opfern. […] Und erst hier
Juden erfahrenen Leiden, ob physischer, existentieller oder geschieht wirklich das Entsetzliche: die Ausnützung unse-
geistiger Art, oft einem Eigenverschulden entsprangen.« rer Katastrophe. Was hierbei bestimmt, ist nicht mehr der
Das also ist nach Silbermann ein Charakteristikum „jüdi- Wille zur Rettung, sondern der Wille zur Ausnützung.«

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Eine weitere Katze ließ der Washington Observer 1969 aus bingen 1999, S. 279, um nur ein Beispiel zu nennen.
24
dem Sack:60 Nach Rolf Helfert, »Ich bin von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt…« in:
Das Ostpreußenblatt vom 16. Dezember 2000, S. 4.
»Die meisten Leute denken, der Zweck der sogenannten 25
»Ausradieren zum günstigsten Preis” in: FAZ vom 29. Januar 2003, S.
zionistischen Bewegung sei die Errichtung eines Heimat- N3.
landes für flüchtige Juden in Palästina – dem ist überhaupt 26
Dazu die Reportage des GEO-Redakteurs Christoph Kucklick, »Feuer-
nicht so. Der wahre Zweck des Zionismus ist es, die totali- sturm« in: GEO 2/2003, S. 140 ff.
27
1. März 2003, 21.55h.
täre weltweite Kontrolle mittels einer weltweiten Superre- 28
»Treffer« in: FAZ vom 1. März 2003, S. 33.
gierung zu erreichen. « 29
Wochenzeitung für Politik, Kultur, Religion und jüdisches Leben, Berlin
Schon lange vor der Staatsgründung schrieb der Schriftsteller den 3. März 2003 / 29. Adar 5763.
und Professor der Sozialphilosophie, Jean Izoulet:61 30
31
Udo Leuschner: Der Schmock, Internet.
»Wenn Israel nach der Weltherrschaft trachtet, so ist die- Der Ewige Antisemit – Über Sinn und Funktion eines beständigen Ge-
fühls; Fischer Tb, Frankfurt a. M. 1986, S. 30.
ses sein gutes Recht.« 32
Ebd., S. 112.
Und Romain Rolland notierte in seinen Tagebüchern (S. 163) 33
Ebd., S. 288.
34
eine Äußerung Maximilian Hardens während des Ersten Lorenz Jäger, »Über Schuld und Schuldarten« in: FAZ vom 4. Juli 2001,
Weltkrieges:62 35
S. N 5.
Lorenz Jäger, »Adorno über Dresden: Bomben und Interpretationen« in:
»Weg mit der Heuchelei, wir wollen Macht und die Welt- FAZ vom 24. September 2001, S. 55.
herrschaft, und unsere Macht ist unser Recht. Wir wollen 36
Über die letzten Dinge; Wien 1904; Neuausgabe: Matthes & Seitz, Mün-
nicht länger von unserer Friedfertigkeit lügen, wir sind chen 1980, S. 195.
37
streitbar und wollen Kampf und Macht.« Zitiert in Lachenmaier, Zeitgeschichte wider den Zeitgeist – Alte Soldaten
klagen die ganze Wahrheit ein; 2. Aufl., Selbstverlag d.A., Schwäbisch
Steiner, der selbst bekennt, seine Kräfte verzettelt und da-
Gmünd 1996, S. 6.
durch vergeudet zu haben, meint:63 38
Werke: Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe, Bd. 12:
»Ich bin den Themen, die mich am tiefsten bewegen, nicht Gedichte 2; Suhrkamp, Frankfurt a.M. 1988, nach »Frankfurter Antholo-
gewachsen.« 39
gie« in: FAZ vom 6. Oktober 2001, S. IV.
Soll man widersprechen? Wie zum Hohn meinte er noch:51 »Die persönliche Verantwortung unter der Diktatur« in: Konkret, Heft 6,
1991, S. 38; nach Antonia Grunenberg: Die Lust an der Schuld – Von der
»Welch Glück hat man, wenn man auch Gast der Wahrheit Macht der Vergangenheit über die Gegenwart; Rowohlt, Berlin 2001, S.
sein darf.« 106.
40
Ja – wenn! In: Hannah Arendt – Heinrich Blücher: Briefe 1936-1968, Mün-
chen/Zürich 1996, S. 146; nach Antonia Grunenberg, ebd., S. 106.
41
FAZ vom 14. Januar 1998; hier zitiert nach Konrad Löw, Die Schuld –
Anmerkungen Christen und Juden im Urteil der Nationalsozialisten und der Gegenwart;
1
Nach Alexander von Senger: Mord an Apollo; Nachdruck im Kultur- Ingo Resch, Gräfelfing 2002, S. 282.
42
Verlag, Viöl 1992, S. 80. Zitiert in Rudolf Czernin, Das Ende der Tabus – Aufbruch in der Zeitge-
2
Nach Brandfackel Moskau, Kaufhaus-Verlag, Zurzach 1931; zitiert in schichte; 5. Aufl., Leopold Stocker, Graz/Stuttgart 2001, S. 13.
43
Alexander von Senger, Mord an Apollo, ebd., S. 61. Die Welt vom 24. November 1986; zitiert in VffG Heft 2/2002, S. 200.
44
3
Nach Euro-Kurier 2/2001. Holger Stark, »„Deutschland muß sterben“ – ganz legal« in: Der Tages-
4
Christoph Kucklick: „Feuersturm” – Der Bombenkrieg: Hamburg 1943; spiegel vom 24. November 2000.
45
in: GEO 02/2003, S. 164. FAZ vom 20. April 2002, S. 8.
46
5
Geoffrey Bles, London 1944. Die Woche vom 29. September 2000, S. 41.
47
6
Ebd., S. 7. »Nur Krieg bringt in Nahost Frieden« in: Die Welt vom 4. Dezember
7
»We began to bomb objectives on the German mainland before the Ger- 2001, S. 7.
48
mans began to bomb objectives on the British mainland. That is a histori- Im heiligen Jahr der Vergebung – Wider Tabu und Verteufelung der Ju-
cal fact which has been publicly admitted.« den; A. Fromm, Osnabrück 1991, S. 113. Das „heilige Jahr der Verge-
8
Ebd., S. 68/47. bung“, das fünfzigste post festum, ist längst vorbei, und es wird nur im-
9
Ebd., S. 74: »I gave Coventry and Birmingham, Sheffield and Southamp- mer schlimmer!
49
ton, the right to look Kief and Kharkov, Stalingrad and Sebastopol, in the Die Macht der Unmoral – Sind wir alle käuflich?; Econ, Düsseldorf
face.« 1996, S. 102f.
50
10
Wachholtz, Neumünster. Nach Alfred M. Lilienthal, The Zionist Connection – What Price Peace?;
11
Die Religion der religionslosen Juden, 1939; 2. Aufl., Wilhelm Frick, Dodd, Mead, New York 1978, S. 731.
51
Wien u.a. 1955, S. 13. »Wir alle sind Gäste des Lebens und der Wahrheit« in: FAZ vom 31. Mai
12
Junge Kirche – Halbmonatsschrift für reformatorisches Christentum, 2003, S. 39.
52
Heft 19, 1. Oktober 1940 Die Weltwoche, Nr. 5/30, Januar 1997, S. 3.
53
13
Der Zweite Weltkrieg; C. H. Beck, München 2002, S. 48. »FDP distanziert sich von Möllemanns Äußerungen« in: FAZ vom 1. Juni
14
Jüdische Kriegserklärungen an Deutschland – Wortlaut, Vorgeschichte, 2002, S. 1.
54
Folgen; FZ Verlag, 2. Aufl., München 2000, S. 254; s.a. Helmut Schrök- Was ist jüdischer Geist? – Zur Identität der Juden; Interfrom, Zürich
ke, Kriegsursachen und Kriegsschuld des Zweiten Weltkrieges, 2. Aufl., 1984, S. 114f.
55
Vlg. für ganzheitliche Forschung, Viöl 2000, S. 129 ff. Zitiert in Wolfgang Eggert, Israels Geheim-Vatikan als Vollstrecker bi-
15
Chuck Yeager. An Autobiography, S. 79f., nach FAZ-Leser Prof. Dr. blischer Prophetie; Beim Propheten!, München 2001, Bd. 3, S. 334.
56
Gerhard Martin: »Jagdflieger-Erinnerungen« in: FAZ vom 18. März Im Rahmen einer Anzeigenserie in der New York Times, 18. Mai 1999:
2002, S. 8. »Their [the zionists] interest was not to save the Jews, on the contrary,
16
Airlife Publ., Shrewsbury 1996, more spilling of Jewish blood would strengthen their demand of the na-
17
Nach Peter Spodens Besprechung »Tapfere Männer« in: FAZ vom 26. tions for the creation of their state. Their motto was Rak B’Dam (only by
Juni 1996. blood will we get the land). […] Zionist politicians and their fellow trav-
18
Mensch und Maß, Folge 13 vom 9. Juli 2002, S. 599. ellers do not speak for the Jewish people, the name Israel has been stolen
19
Christoph Kucklick: Terror gegen den Terror?, S. 123. by them. Indeed, the Zionist conspiracy against Jewish tradition and law
20
Ebd., S. 130. makes Zionism and all its activities and entities the greatest enemy of the
21
Ebd., S. 138. Jewish people.«
57
22
Nach Alfred Schickel, »Die Wiederkehr des Totalitären oder Vom Nutzen tz, München, 18. September 1997.
58
umfassender Geschichtskenntnisse«, Manuskript. Israel muß umdenken – Die Lage der Juden 1976; Rowohlt, Reinbek
23
Dominique Venner: »Churchill contre Hitler« in: Enquête sur l’Histoire, 1976, S. 15.
59
Nr. 25, März-April 1998; hier nach Philippe Gautier, Deutschenangst – William S. Schlamm, Wer ist Jude? Seewald, Stuttgart-Degerloch 1964,
Deutschenhaß – Entstehung, Hintergründe, Auswirkungen; Grabert, Tü- S. 173.

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60
15. Dezember 1969: »Most people think the purpose of the so-called Zi- Schmid, Durach 1995, S. 29.
62
onist movement is to establish a homeland for refugee Jews in Palestine – Zitiert in F. W. Foerster: Die jüdische Frage; Herder, Freiburg 1959, S.
not at all. The real purpose of Zionism is to establish totalitarian global 52.
63
control via a World Supergovernment.« Joschka Fischer, »Unentbehrliches Wunder, kummervolles Mirakel« in:
61
Paris, Hauptstadt der Religionen oder die Mission Israels; Leipzig 1927, FAZ vom 27. Mai 2003, S. 40.
S. 49, nach Ingo Goldberg: Der jüdische Messianismus; Anton A.

Revisionismus in Portugal
Das Problem des „Holocaust“
Von Jürgen Graf

Pedro M. Melo de Almeida (32), ist Dozent für Philosophie an der Universität Lissabon. Aus seiner Feder erschien
am 20. Mai 2003 ein langer Artikel in der portugiesischen Zeitschrift O Diabo (Der Teufel) mit dem Titel »O pro-
blema do „Holocausto“« (Zum „Holocaust“-Problem). Da der Artikel eindeutig revisionistisch ausgerichtet ist, sah
sich O Diabo massivem Druck ausgesetzt und entschuldigte sich in einer späteren Ausgabe öffentlich bei ihren Le-
sern. In Portugal selbst gab es bisher praktisch keinen eigenständigen Revisionismus. Um nun auch Portugal auf die
revisionistische Landkarte zu setzen, erlauben wir uns, nachfolgend den Artikel de Almeidas zusammenzufassen.

Zu Beginn seines Artikels geht Melo de Almeida auf eine in »Ist denn nicht eben das die Aufgabe der Historiker, unab-
der Zeitschrift Público veröffentlichte Serie von Polemiken hängig von den Revisionisten oder Negationisten?«
gegen den Revisionismus ein. (Bezüglich der Daten weist er Er fährt fort:
nur darauf hin, daß diese Polemiken in der Nummer »Es gibt keinerlei Beweise dafür, daß der Ausdruck ‘End-
14/04/2003 besagter Zeitschrift abgeschlossen wurden.) Die lösung’ für die Nazis ein Tarnausdruck war. Welcher Art
antirevisionistischen Texte stammten von den Verfassern sollen diese Beweise sein? Sie existieren nicht! Es handelt
Irene Pimentel, Esther Mucznik und Mafalda Ivo Cruz. Die sich höchstens um eine bloße Arbeitshypothese, die jedoch
erstgenannte Autorin hatte geschrieben, sie spiele »das ob- trügerisch ist. Es ist dies ein Kunstgriff, um den Dokumen-
szöne Spiel nicht mit, tote Menschen auf Nummern zu redu- ten einen Sinn zu unterstellen, den sie nicht besitzen. […]
zieren, Ziffern zu diskutieren, schon darum nicht, weil viele Ja, eine gemeinsame Geschichte ist möglich und wün-
Historiker, die sich auf Fakten stützen, diese bereits bewiesen schenswert. Doch sie erfordert vollen Respekt für die histo-
haben«. Melo de Almeida kommentiert diesen Ausspruch rische Wahrheit, für die freie Forschung und Darlegung
wie folgt: [der Fakten]. Es darf keinen Raum geben für Zensur, Tot-
»Weder ich noch irgendein seriöser Revisionist reduziert schweigen, tätliche Angriffe, Verleumdungen, politische
tote Menschen auf Nummern. Darin besteht das Problem Urteile etc., die so oft im Namen der Demokratie und der
nicht. […] Es ist falsch, daß ‘viele Historiker, die sich auf Freiheit geschehen. – Die Realität der Deportationen
Fakten stützen, diese bereits bewiesen haben’. Wer hat sie, (nach dem Scheitern der Madagaskar-Pläne), der Konzen-
gestützt auf welche Fakten und auf welche Dokumente, be- trationslager, des in diesen wütenden Hungers, der Seu-
wiesen? Warum das beredte Schweigen über das Werk ‘Le chen (insbesondere der Schrecken des Typhus, der damals
Drame des Juifs Européens’ von Paul Rassinier? Dieses ist grassierte und mit Zyklon B bekämpft wurde), der Folte-
immerhin eines der am besten dokumentierten Werke über rungen, der Hinrichtungen, der medizinischen Versuche an
die Ziffern. […] Warum hat beispielsweise Raul Hilberg in Häftlingen sowie der Zwangsarbeit, die zur Erschöpfung
der zweiten Auflage seines Werks ‘Die Vernichtung der eu- und zum Tod führen konnte, all dies ist leider eine histori-
ropäischen Juden’ alle Hinweise auf Befehle oder Ent- sche Wahrheit, die man nicht in Abrede stellen kann.«
scheide Hitlers bezüglich der ‘Endlösung’ getilgt? Ob- Unter dem Untertitel »Die Polemik um die „Gaskammern“«
gleich er kein Revisionist ist, hat Raul Hilberg in seinem schreibt der Verfasser:
Werk bedeutsame Revisionen vorgenommen. […] Freilich »Besonders seit den von Leuchter in Auschwitz, Birkenau
hat er hie und da Unsinn von sich gegeben, wie beispiels- und Majdanek durchgeführten forensischen Untersuchun-
weise den, die ‘Endlösung’ sei durch Gedankenübertra- gen und dem Eingeständnis seitens des Auschwitz-
gung befohlen worden. […] Weder ich noch irgendein an- Museums, daß manche dieser Installationen der Entwesung
derer seriöser Revisionist rechtfertigt oder entschuldigt dienten, muß eine internationale Expertenkommission ge-
das, was wirklich geschah. Es geht hier nicht darum, ir- bildet werden, die sowohl aus Revisionisten als auch aus
gendwelche Werturteile zu fällen. Nochmals betone ich: Es Gegnern des Revisionismus bestehen sollte. Die Freiheit
geht um die Wiederherstellung der historischen Wahrheit.« ihrer Arbeit muß voll und ganz gewährleistet werden, mit
Unter Hinweis auf einen Ausspruch der Antirevisionistin I. dem Ziel der völligen Klärung des Problems der „Gas-
Pimentel, die geschrieben hatte, die Leugnung des Holocaust kammern“.«
habe »den im guten Sinne perversen Effekt gehabt, die Histo- Der Verfasser hebt anschließend hervor, daß Elie Wiesel in
riker zu einer besseren Klärung der Fakten zu zwingen und La Nuit nichts von Gaskammern schreibt; daß zwei Lager-
den schrecklichen, vom Naziregime verübten Völkermord mit kommandanten, Koch und Florstedt, von den Nationalsozia-
doppeltem Eifer zu untersuchen«, kommentiert der Autor: listen hingerichtet wurden; daß das IKRK während des Krie-

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ges das Lager Auschwitz besuchte, ohne dort Gaskammern Sionisme Israélien“ oder die Werke Robert Faurissons und
vorzufinden oder Gerüchte über deren Existenz bestätigen zu Paul Rassiniers.«
können. Er erwähnt, daß die Portugiesische Nationalbiblio- Pedro M. Melo de Almeida schließt mit folgenden Worten:
thek unlängst Robert Faurissons vierbändiges Werk Etudes »Ich verneige mich vor dem Andenken jener, die gelitten
révisionnistes erworben hat, und schreibt: haben und gestorben sind. Der Kampf für die historische
»Wer sich für diese Themen interessiert, der kann bei- Wahrheit, entgegen der politischen „Wahrheit“, ist eine
spielsweise Norman Finkelsteins „Die Holocaust-Indu- der größten Ehren, die wir ihnen erweisen können. Sie
strie“ erwerben, das in portugiesischer Übersetzung bei wurden aus diesem Leben ausgelöscht. Doch wurden sie
Editora Antigona erschienen ist. […] Ich empfehle die Lek- nicht aus der Geschichte ausgelöscht und werden auch
türe lebhaft. Andere Bücher sind bedeutend schwieriger nicht ausgelöscht werden.«
erhältlich, beispielsweise Roger Garaudys „Le Procès du

Der Holocaust-Revisionismus in den Massenmedien


Eine Fallstudie
Von Paul Grubach
Der in Cleveland erscheinende Plain Dealer ist die größte lösung“ bestand in nichts anderem als der Vertreibung der
Zeitung des Bundesstaats Ohio und gehört zu den zwanzig Juden aus Europa. Die Nationalsozialisten sperrten Juden
größten des Landes. Er ist ein typisches Beispiel für viele in Konzentrationslagern ein, aber es gab dort keine „Gas-
Großstadt-Zeitungen in den USA: er befindet sich in jüdi- kammern“ zwecks Massenmords. Und schließlich ist die
schem Besitz, ist prozionistisch und propagiert in aggressiver Behauptung von 6 Millionen ermordeten Juden eine unver-
Weise das herkömmliche Bild vom Holocaust sowie ein antwortliche Übertreibung, da die Zahl der Toten weit ge-
Zerrbild des Holocaust-Revisionismus.1 ringer war.«
In einer der jüngsten Ausgaben erfolgte durch die Redaktion Es ist sehr aufschlußreich, wie selektiv Frau Sullivan aus
ein Angriff sowohl auf mich wie auch die Holocaust- meinem Artikel zitierte und es unterließ, ihre Leser über ei-
revisionistische Bewegung im allgemeinen.2 Die Autorin des nes der gewichtigsten Beweistücke zu informieren, das die
Artikels, Elizabeth Sullivan, verfaßt die außenpolitischen Position des Holocaust-Revisionismus untermauert: das Ru-
Leitartikel des Plain Dealer und wirkt an dessen redaktionel- dolf Gutachten. Er wurde von dem deutschen Chemiker
len Seiten mit. Obwohl mein Name nicht genannt wurde, be- Germar Rudolf erstellt, der beim Max-Planck-Institut für
zog sie sich erkennbar auf mich. Es mag hier die Feststellung Festkörperforschung in Stuttgart seinen Doktor-Titel erhalten
genügen, daß die Art, wie sie den Holocaust-Revisionismus sollte, und stellt eine forensische Untersuchung über die
abhandelt, typisch dafür ist, wie die Massenmedien im allge- chemischen und technischen Gegebenheiten der angeblichen
meinen dieses Thema behandeln. „Gaskammern“ von Auschwitz dar, die sehr überzeugend
Seit dem Jahr 2000 habe ich laufend mit ihr per E-Mail über beweist, daß diese Tötungsmaschinerie nie existiert hat.4 Ich
den politischen Zionismus, über Kriegsverbrecherprozesse glaube, daß Sullivan es deshalb unterließ, ihre Leser über das
und die Nahost-Problematik korrespondiert. Ihren Behaup- Rudolf Gutachten zu informieren, weil sie die Tatsache leug-
tungen über den Holocaust-Revisionismus stelle ich zugleich net, daß es harte wissenschaftliche Beweise gibt, welche die
meine Erwiderungen entgegen. Aus Gründen der Fairneß gab herkömmliche Ansicht über den Holocaust unterminieren,
ich Frau Sullivan bei vielen der folgenden Erwiderungen Ge- und sie möchte nicht, daß ihre Leser davon erfahren. Ich bin
legenheit, sie vor der Veröffentlichung durchzusehen und daher der Auffassung, daß die Leugnungs-Beschuldigung di-
gegebenenfalls Irrtümer zu berichtigen. Daß sie nicht reagier- rekt auf sie selbst zurückfällt. Frau Sullivan fährt fort:
te, überrascht nicht. »Ich beantworte die E-Mails dieses Mannes nicht mehr.
Frau Sullivan beginnt ihren Artikel mit der Behauptung, daß Sein Extremismus scheint nicht durch Vernunft oder Worte
Holocaust-Revisionisten »leugnen, daß sie leugnen.« Mit an- überbrückbar.«
deren Worten wird uns zur Last gelegt, daß wir uns weigern, Das ist falsch und verleumderisch, und ich denke, sie weiß
auch nur einzugestehen, daß wir »die Realität des Holo- das. Es ist öffentlich dokumentiert, daß Paul Grubach Dinge
caust« leugnen. Nichts könnte der Wahrheit ferner sein. Ho- wie nationalsozialistischen Extremismus verurteilt. Man kann
locaust-Revisionisten lehnen einfach die Aspekte der her- meinen Artikel hierüber lesen bei www.vho.org/tr/2001/4/
kömmlichen Auffassung über den Holocaust ab, die beweis- tr08notnazi.html.
bar falsch sind, wie etwa die Existenz von Gaskammern zur Als überzeugter Anhänger der US-Verfassung und der
Menschentötung in Auschwitz. Grundrechte glaube ich, daß ich meine Ziele durch legale und
Dann zitiert Frau Sullivan aus einem Aufsatz von mir, der in friedliche Arbeit innerhalb des politischen Systems Amerikas
der Online-Ausgabe des Oregon Daily Emerald erschien, der verfolgen kann. Ich bin nicht und war nie Mitglied irgendei-
Studentenzeitung der Universität von Oregon:3 ner extremistischen politischen Organisation, (d.h. einer Or-
»Die Holocaust-Revisionisten bestreiten nicht, daß wäh- ganisation, die einen gewaltsamen Umsturz der Regierung
rend des Zweiten Weltkrieges an den Juden Greueltaten oder illegale Gewalt gegen irgendeine bestimmte Gruppe be-
verübt wurden. Sie behaupten jedoch, daß es keinen NS- fürwortet). Als Akademiker und Wissenschaftler glaube ich
Plan zur Vernichtung des Weltjudentums gab – die „End- daran, daß kontroverse Themen durch eine friedliche Debatte

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 399


abgehandelt werden sollten. Als in der wissenschaftlichen die Wahrscheinlichkeit verringern, daß irgend jemand es
Methode Geschulter bin ich mehr als willig, der Stimme der wagt, sich gegen die Lügen und Übertreibungen der Holo-
Vernunft und wissenschaftlicher Methode zu folgen. Wenn caust-Legende zu äußern.
jemand meine Holocaust-revisionistische Auffassung durch Ferner verwechselt sie „Judenhaß“ mit moralischer Entrü-
Tatsachen und Beweise falsifizieren kann, bin ich sofort be- stung, die sich gegen die negativen und dunklen Seiten des
reit, sie aufzugeben. jüdischen Einflusses richtet. Ich hasse die Juden nicht, aber
Wie man also sieht, ist an mir nichts „Extremistisches“. Der ich fühle tatsächlich eine Art moralische Empörung über das
Grund, weshalb Frau Sullivan zu der falschen Behauptung Unrecht, das gewisse jüdische Gruppen begehen. Wenn sich
Zuflucht nahm, ich sei ein Extremist, liegt in ihrem intellek- Frau Sullivan über Haßbotschaften beklagen will, sollte sie
tuellen Unvermögen und ihrer inneren Unsicherheit. Sie kann den offen bekundeten Haß verurteilen, den Elie Wiesel ver-
meine Argumente nicht widerlegen, also greift sie auf un- breitet, einer der Hauptpropagandisten ihrer überkommenen
haltbare persönliche Angriffe zurück nach dem Motto, „man Holocaust-Auffassung. Dieser haßerfüllte Holocaust-Guru
bringt die Botschaft in Mißkredit durch Verleumdung des schrieb:8
Überbringers.“ Zwei Experten über politischen Extremismus »Jeder Jude sollte irgendwo in seinem Herzen eine Zone
zufolge wird ein wirklicher Extremist dadurch charakterisiert, des Hasses bewahren, – gesunden, männlichen Haß – ge-
daß er unverantwortliche Anschuldigungen und Rufmord be- gen das, was die Deutschen personifizieren und was wei-
treibt.5 Das Etikett „Extremist“ kann also sehr gut bei Eliza- terhin in den Deutschen andauert. Etwas anderes zu tun,
beth Sullivan angewandt werden. Seit Beginn unserer Korre- wäre ein Verrat an den Toten.«
spondenz habe ich einige ihrer Glaubenssätze widerlegt und Aber sie würde es nicht wagen, Wiesel zu kritisieren, denn
ihre heuchlerische Doppelmoral in Bezug auf „Kriegsverbre- wenn sie tatsächlich den Holocaust-Propagandisten Wiesel
cher“-Prozesse aufgedeckt. Sie befürwortete öffentlich einen wegen seiner Haßbotschaft kritisieren würde, wäre ihre Kar-
weiteren Prozeß gegen den angeklagten „Nazi-Kriegsverbre- riere als Journalist in großer Gefahr.
cher“ John Demjanjuk, aber sie weigert sich, öffentlich Frau Sullivan fährt fort:
Kriegsverbrecher-Prozesse gegen Juden zu fordern, die Ver- »Zu viele Leute in der Welt glauben immer noch an eine
brechen an Deutschen begangen haben.6 Im Herbst 2002 jüdische Verschwörung – und leugnen immer noch, daß
wollte sie mich davon überzeugen, daß jüdisch-zionistische der Holocaust das war, was er war.«
Kräfte nicht versuchten, die USA in einen Krieg gegen den Gewisse Gruppen von Juden wirken tatsächlich an Ver-
Irak zu treiben. Wieder habe ich öffentlich die Unrichtigkeit schwörungen mit. Lassen Sie mich drei einfache Beispiele
ihrer Auffassung aufgedeckt, da jüdisch-zionistische Kräfte anführen:
in der Tat zu denen gehörten, die auf einen Krieg gegen den Moshe Sharret, einer der Gründungsväter des Staates Israel,
Irak drängten.7 Kurzum – ich nehme an, sie ist verärgert und enthüllte in seinen privaten Aufzeichnungen das konspirative
peinlich davon berührt, daß ich ihre Auffassungen widerlegt Vorgehen des israelischen Kabinetts in den Jahren zwischen
und ihren fragwürdigen Journalismus aufgedeckt habe. 1953 und 1956. Terroristische Anschläge wurden geplant,
Elizabeth Sullivan fährt fort: deren Zweck es war, die Araber im Nahen Osten einzu-
»Wie eine Steckmücke belästigt er mich immerfort mit sei- schüchtern und zu demoralisieren und bei den israelischen
nen Haßbotschaften und seiner Geschichtsleugnung. Es Juden eine Atmosphäre der Wut und der Abenteuerlust zu
scheint mir sogar, daß seine Nachrichten in letzter Zeit schaffen.9 Die „Lavon-Affaire“ ist ein weiteres klassisches
zahlreicher und arroganter wurden, also ob es wieder in Beispiel für eine jüdisch-zionistische Verschwörung. 1954
Ordnung ist, seine antijüdischen Gefühle offenzulegen.« aktivierte Modiin, eine israelische Organisation des militäri-
Frau Sullivan, eine Journalistin mit einer großen Leserschaft, schen Nachrichtendienstes, einen Spionagering in Ägypten.
hat ausführlich über den Krieg der USA und dem Irak ge- Diese Agenten führten Sabotageakte gegen gewisse britische
schrieben, über den arabisch-zionistischen Konflikt, über und amerikanische Einrichtungen durch in der Hoffnung, daß
Nahost-Themen, mindestens einen Artikel über den Demjan- die Briten und Amerikaner arabische Radikale als die Schul-
juk-„NS-Kriegsverbrecher“-Prozeß und jetzt über den Holo- digen ansehen würden. Das sollte dazu beitragen, Amerika
caust-Revisionismus. Da jetzt ich dran bin, ist es nur logisch, und Großbritannien gegen Ägypten aufzubringen. Die Sabo-
daß ich versuche, ihre falschen Auffassungen und ihre heuch- teure wurden später gefaßt. Diese israelisch-jüdische Ver-
lerische Doppelmoral zu berichtigen – in der Hoffnung, daß schwörung hatte eine tiefgreifende Wirkung auf die Nahost-
sie diese Richtigstellung ihren zahlreichen Lesern weiterver- politik.10 Schließlich führte die zionistische Militärführung
mittelt. Ich glaube, daß Frau Sullivan insgeheim befürchtet, während der Gründungsjahre Israels, wie wir gleich näher
daß ich ihre falschen Auffassungen und ihre Doppelmoral sehen werden, bewußt ein Komplott durch, um die Zahl der
entlarve und damit ihrem beruflichen Ansehen schade. Araber im Judenstaat auf ein Minimum zu reduzieren.
Außerdem beschuldigt sie mich ganz klar, »antisemitischen Welchen Beweis legt Frau Sullivan dafür vor, daß in Au-
Judenhaß« zu nähren. Diese Anschuldigung des „Antisemi- schwitz ein Massenmord in „Gaskammern“ stattfand? Sie
tismus“ ist die letzte Zuflucht eines Gauners – eine ideologi- erwähnt die Krematorien von Auschwitz. Sie „beweisen“
sche Waffe, die von der jüdischen Machtelite und ihren nicht, daß ein Massenmord in „Gaskammern“ stattfand. Die
nichtjüdischen Verbündeten wie Elizabeth Sullivan benutzt Krematorien waren dazu notwendig, um sich der Leichen der
wird, um alle rationale Kritik an jüdischem Verhalten und jü- Häftlinge zu entledigen, die durch Fleckfieber und andere na-
discher Macht zum Schweigen zu bringen. Nennen wir das türliche Todesursachen umkamen. Frau Sullivan spricht dann
Kind beim Namen: Wenn eine prozionistische Zeitung, die in über die Berge von Schuhen, Koffer, Brillen, Prothesen von
jüdischem Besitz ist, die Anschuldigung des „Antisemitis- damaligen Auschwitz-Häftlingen. Mit ihren eigenen Worten:
mus“ aufbringt, ist das eine Methode, intellektuellen Terro- »Als Sowjettruppen am 27. Januar 1945 in das Lager ka-
rismus zu praktizieren. Durch den Gebrauch dieser ideologi- men, fanden sie 7000 ausgezehrte Gestalten und Warenla-
schen Waffe kann sie Angst bei den Lesern hervorrufen und ger, gefüllt mit den Überresten ausgelöschter Leben, ein-

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schließlich 7 Tonnen Haare, die schon für den Verkauf in sen Funktion darin besteht, gewisse Aspekte der sozialpoliti-
Ballen gepackt waren. US TODAY zufolge gab es dort schen Ordnung zu „rechtfertigen“ und zu „legitimieren“. Die
836.255 Garnituren Frauenbekleidung und 348.820 Her- letzte Zählung ergab, daß mindestens 3.240 irakische Zivili-
renanzüge. Es gab 43.525 Paar Schuhe. Und das war nur sten getötet wurden – die endgültige Todeszahl ist sicherlich
der Inhalt der Lager, die die Nazis nicht verbrannt hatten.« bedeutend höher.15 Bush berief sich auf die Holocaust-
Hier sagt sie also, daß die Deutschen den Häftlingen die Haa- Ideologie, um den US-Krieg gegen den Irak zu „rechtferti-
re schnitten, ihre Kleider nahmen und sie dann in „Gaskam- gen“ und zu „legitimieren“, und die Massen über seine nega-
mern“ ermordeten. Das stimmt nicht. Jedem Häftling wurde tiven Folgen zu „trösten“. Denn schließlich lautet die „Über-
wegen der Läuseplage der Kopf rasiert, also war es ganz na- legung“: „Ja, der US-Angriff auf den Irak führte zum Tod
türlich, daß es dort Berge von Haaren gab. Da alle Häftlinge von Tausenden Unschuldigen, aber die USA mußten das tun,
eine Lageruniform erhielten, wurde ihre Privatkleidung in um einen neuen Nazi-artigen Holocaust zu verhindern. Wir
Verwahrung genommen. Brillen, Schuhe und Prothesen von werden eben den Tod von Tausenden Arabern hinnehmen
Verstorbenen wurden ebenfalls beschlagnahmt. Alle diese müssen, um ein weit größeres Übel zu verhindern.“ Das Iro-
Dinge sollten dann den deutschen Kriegsanstrengungen die- nische dabei ist, daß die Holocaust-Ideologie dazu benutzt
nen. Die Kleider, Schuhe, Haare, Brillen und Prothesen be- wird, um einen Krieg zu „rechtfertigen“; den Frau Sullivan
weisen nicht, daß im Lager ein Massenmord in Gaskammern bekanntlich ablehnt!
stattfand. (Es gab dort eine hohe Todesrate wegen mehrerer Im unmittelbaren, buchstäblichen Sinn ist die Holocaust-
Fleckfieber-Epidemien.) Doktrin zu einer Bedrohung des menschlichen Lebens ge-
Mißverstehen Sie mich nicht. Es war sicher falsch und worden, denn sie ist eine ideologische Waffe, die Krieg und
schlimm von den Nationalsozialisten, die unschuldigen Juden ethnische Säuberung „rechtfertigt“. Schon allein aus diesem
in Konzentrationslagern zu inhaftieren, und ich zweifle nicht Grund ist die revisionistische Vorgehensweise, den Holo-
daran, daß viele Juden und Nichtjuden in Auschwitz schreck- caust einer genauen Untersuchung zu unterwerfen, völlig be-
lich litten. Aber es ist auch falsch von der jüdisch-zioni- rechtigt. Wenn wir Amerikaner unsere Soldaten losschicken,
stischen Machtelite und ihren nichtjüdischen Verbündete, damit sie töten und auf fremdem Boden sterben, dann haben
unwahre Behauptungen über die jüdischen Erlebnisse in die- wir die moralische Verpflichtung, alle die Dogmen öffent-
sen Lagern zu verbreiten. Daß Juden und andere in Au- lich zu analysieren, die dazu verwendet werden, diese Vor-
schwitz litten, gibt ihnen noch keine Berechtigung, Falsches gehensweise zu propagieren und zu „rechtfertigen“. Aber
über ihre Erlebnisse in Auschwitz zu verbreiten. ich glaube, daß weder Frau Sullivan noch der Plain Dealer
Frau Sullivan schreibt: die moralische Integrität haben, um dem Holocaust-Revi-
»Etwa 1 Million Juden starben in dem Lager, zusammen sionismus eine faire und öffentliche Anhörung zu gewäh-
mit Zehntausenden Zigeunern, Polen, Deutschen und ande- ren.
ren. Dieser eine Komplex ist für 10 Prozent der Opfer des In Israel schuf der Zionismus nach Athener Muster eine De-
Holocaust verantwortlich.« mokratie für die Juden, aber eine Staatsbürgerschaft zweiter
Frau Sullivan versäumt zu erwähnen, daß am Ende des Zwei- Klasse oder gar feudale Hörigkeit für Nichtjuden. Das heuti-
ten Weltkrieges Sowjetbeamte selbstherrlich festlegten, daß ge Israel ist ein nach Rassen getrennter Apartheidstaat, wo
ungefähr 4 Millionen Menschen in Auschwitz ermordet wor- die Juden über Nichtjuden herrschen, vor allem über die pa-
den seien.11 Diese Zahl beruhte auf den Zeugenaussagen von lästinensischen Araber.16 Tatsächlich hat der israelische Pre-
Hunderten überlebenden Häftlingen und der Meinung von mierminister Ariel Sharon so gut wie zugegeben, daß Israel
Fachleuten. Jetzt wird uns erzählt, daß diese Zahl falsch ist, Millionen palästinensische Araber unterdrückt, als er verlaut-
und 1990 wurde die „richtige“ Zahl der Toten von Auschwitz barte:17
mit etwa 1,1 Million angegeben,12 eine Zahl, die in der Folge »Es ist nicht möglich, weiterhin dreieinhalb Millionen
durch verschiedene Forscher weiter vermindert wurde und im Menschen unter Besetzung zu halten.«
Frühjahr 2002 ein neues Minimum von etwa einer halben Frau Sullivan muß diese Äußerung kennen, denn das Zitat er-
Million erreicht hat.13 schien auf der Vorderseite des Plain Dealer und sie ist der
Das ist keine unbedeutende Korrektur, da die Sowjets die außenpolitische Redakteur der Zeitung. Wie die jüdischen
„wahre“ Zahl vier- bis achtfach übertrieben haben. Am wich- Wissenschaftler Ian Lustick und Uri Davis gezeigt haben, er-
tigsten ist jedoch, daß der israelische Historiker Yehuda Bau- strebten die Juden, die Israel gründeten, alles andere als eine
er 1989 sagte, es sei an der Zeit, endlich zuzugeben, daß die integrierte Gesellschaft, in der Juden und Araber als sozial
Zahl von vier Millionen ein vorsätzlicher Mythos sei.14 Das und politisch Gleichgestellte wirken sollten, sondern sie
zeigt, daß falsches Beweismaterial benutzt wurde, um die schufen eine Gesellschaft, in der israelische Juden die „israe-
überkommene Auffassung vom Holocaust „zu beweisen“, lischen“ Araber beherrschen, eine separierte und ungleiche
und daß Überlebende und Holocaust-Fachleute falsch liegen Gesellschaft, in der Diskriminierung fester Bestandteil der
können. Frau Sullivan führt dann aus, daß die Holocaust- Gesellschaftsordnung ist.16 Zum Beispiel wurde 93% des Is-
Ideologie von der Regierung Bush dazu benutzt wurde, um raelischen Territoriums per Gesetz als Land ausgewiesen, das
den US-Angriff auf den Irak zu „rechtfertigen“. Unsere aus- nur von Juden gepachtet und bebaut werden darf – israelische
senpolitische Expertin des Plain Dealer bemerkte sarka- Bürger arabischer Herkunft brauchen sich gar nicht erst zu
stisch: bewerben.
»Die beabsichtigte politische Botschaft sollte unterstrei- Schlüsselinstitutionen wie z.B. der Kibbuz (kollektivistische
chen, wie richtig es war, daß Amerika den üblen Saddam jüdische – zumeist landwirtschaftliche – Siedlungen) sind
Hussein im Irak vernichtete.« ausschließlich Juden vorbehalten (Israels arabische Bürger
Frau Sullivans herkömmliche Auffassung vom Holocaust ist werden ausgeschlossen,), wie uns der israelische Forscher
eine „Ideologie“ im marxistischen Sinn des Begriffes: ein im Uri Davis in seiner sorgfältigen Studie Israel: An Apartheid
wesentlichen unwahrer Komplex von Ideen und Werten, des- State18 in Erinnerung brachte.

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Dr. Lustick hat darauf hingewiesen, daß das israelische Mili- Das ist Ironie und Heuchelei. Unsere Massenmedien (ein-
tär im großen und ganzen eine segregierte Einrichtung ist. schließlich dem Plain Dealer) und die US-Regierung verur-
Die meisten moslemischen Araber, die die überwältigende teilen aufs schärfste alle, die Segregation, ethnische Säube-
Mehrheit der arabischen Bürger Israels ausmachen, dienen rung oder rassische Unterdrückung befürworten, sei es hier in
nicht in den Streitkräften – sie werden weder eingezogen, den USA oder sonstwo in der Welt. Aber die Bush-Regie-
noch können sie sich freiwillig zum Dienst melden. Das hat rung instrumentalisiert die Holocaust-Ideologie, um unsere
enorme soziale Konsequenzen. In Israel ist Teilnahme am Verpflichtung gegenüber einem völkisch getrennten Apart-
Militärdienst eine Voraussetzung für den sozialen Aufstieg heid-Staat zu „rechtfertigen“ und zu „legalisieren“, wo die
und Mobilität. Wer vom Militärdienst ausgeschlossen ist, ist rassische Diskriminierung bereits im Sozialsystem enthalten
auch vom Zugang zu einem der Hauptwege des sozialen ist, wo fortlaufend ethnische Säuberungsaktionen durchge-
Aufstiegs abgeschnitten. 19 führt werden, indem die angestammte Bevölkerung vertrie-
Christen und Moslems können in Israel keinen Juden heira- ben wird und wo Juden Millionen palästinensische Araber
ten, und wenn sie anderswo die Heirat eingingen, wird diese beherrschen und unterdrücken.
nicht vom Rabbiner-Gericht in Israel anerkannt.20 Dies zeigt deutlich, wie die jüdisch-zionistische Machtelite
Man betrachte die folgenden Tatsachen über Israel, aus de- und ihre nichtjüdischen Verbündeten durch die Propagierung
nen sich angesichts der heutigen Definition über „Rassismus“ ihrer Holocaust-Ideologie unser Wertesystem korrumpiert
ergibt, daß Israel ein rassistischer Staat ist. Das Gesetz auf haben.
das Recht zur Rückkehr gewährt jedem Juden, aber nieman- Die Verfasserin politischer Leitartikel, Frau Sullivan hat un-
dem anderen, automatisch die israelische Staatsbürgerschaft. recht, weil es nichts „Extremistisches“ an dem Holocaust-
Das Nationalitätengesetz diskriminiert Nichtjuden so nach- Revisionismus gibt, den ich hier vorgestellt habe. »Revisio-
drücklich, daß vielen palästinensischen Bewohnern Israels nismus – ein Schlüssel zum Frieden« – das verkündete einer
(die dort verblieben waren, als Israel 1948 ihr Land einnahm) der Begründer des historischen Revisionismus, der verstor-
die Staatsbürgerschaft verweigert wird, obwohl ihre Familien bene Prof. Harry Elmer Barnes. Wenn wir jemals Frieden im
seit vielen Generationen in Palästina ansässig waren.21 Nahen Osten und Gerechtigkeit für das palästinensische Volk
Wie der kürzlich verstorbene israelische Wissenschaftler erlangen sollen, werden wir uns von diesem Schleier der Illu-
Simha Flapan dargelegt hat, wollten die Gründer Israels ei- sionen, dem herkömmlichen Bild vom Holocaust befreien
nen völkisch homogenen jüdischen Staat schaffen, der so vie- müssen. Letztendlich glaube ich, daß die revisionistische
le dort geborene Araber wie nur möglich ausschloß. Mit sei- Auffassung vom Holocaust auch dem jüdischen Volk helfen
nen eigenen Worten:22 wird, denn dadurch wird es von dem paranoiden Trugbild der
»[...] sie [die zionistische Führung] billigte Ben Gurions „Gaskammern“ von Auschwitz befreit und es wird ihm er-
Auffassung, daß der Staat Israel demographisch homogen möglicht, mit seinen arabischen Nachbarn in Frieden zu le-
und geographisch möglichst ausgedehnt sein sollte.« ben.
Flapan fügte hinzu, daß überwältigende Indizien dafür vor- Holocaust-Revisionismus ist jetzt nötiger denn je!
liegen, daß sich die zionistische Militärführung während der
Gründungsjahre Israels zum Ziel gesetzt hatte, »die Zahl der Anmerkungen
Araber im jüdischen Staat auf ein Minimum zu reduzieren, 1
The Plain Dealer ist im Besitz der jüdischen Familie Newhouse. Online:
und den Großteil ihres Landes, ihres Eigentums, ihrer Woh- http://www.newhouse.com/newspapers.html
2
nungen für die Aufnahme der Massen jüdischer Einwanderer Elizabeth Sullivan, »Never again, for anyone, anywhere,« The Plain
zu verwenden.«23 Also ethnische Säuberung nach zionisti- Dealer, 6/1/03; online: www.cleveland.com/search/index.ssf?/
base/opinion/1054373752295662.xml?ocsul
scher Art. 3
www.dailyemerald.com/vfeedback/frontend.v?ACTION=display_post&
Ein anderer israelischer Wissenschaftler, Benjamin Beit- Post_ID=bb2fda62f67ee7a1dead6a31dd6adea6
Hallahmi, der an der Universität Haifa lehrt, machte die 4
Germar Rudolf, Das Rudolf Gutachten. Gutachten über die
Rechtslage der palästinensischen Araber, die unter dem Joch „Gaskammern” von Auschwitz, Castle Hill Publishers, Hastings 2000;
des jüdischen Zionismus leben, vollständig klar. Von dem online: www.vho.org/D/rga2.
5
John George, Laird Wilcox, Nazis, Communists, Klansmen, and Others
Augenblick an, da ein Jude von irgendwo aus der Welt in Is- on the Fringe (Prometheus Books, 1992), S. 63.
rael das Flugzeug verläßt, hat er bereits »mehr Rechte als ein 6
Paul Grubach, »‘War Criminals’ and Justice: The Double Standard and
Nichtjude, der das Unglück hatte, hier geboren zu werden. the Ulterior Agenda«. Online: http://vho.org/GB/c/PG/180900.html
7
Unter dem israelischen Herrschaftssystem hat ein Herr Co- Paul Grubach, »The Zionist Campaign for War with Iraq in Revisionist
Perspective«. Online: http://www.vho.org/GB/c/PG/230103.html
hen aus Brooklyn (sofern er sich als Jude bezeichnen kann) 8
Elie Wiesel, Legends of Our Time (Avon Books, 1968), S. 177f.
von dem Augenblick an, wo er auf dem Ben-Gurion-Flug- 9
Livia Rokach, Israel’s Sacred Terrorism (Association of Arab-American
hafen in Tel Aviv aus dem Flugzeug steigt, mehr Rechte denn University Graduates, 1986). Siehe auch den Essay von William Grim-
jeder palästinensische Eingeborene«.24 Er fügte hinzu:24 stad in The Journal of Historical Review, 9(2) (Sommer 1989), S. 221-
232.
»Araber sind nicht nur untergeordnete, minderrangige 10
Stephen Green, Taking Sides: America’s Secret Relations with a Militant
Eingeborene, sie sind Fremde in ihrem eigenen Heimat- Israel (William Morrow, 1984), S. 107-114.
land.« 11
Robert Jan van Pelt, The Case for Auschwitz: Evidence from the Irving
Die fromme Frau Sullivan geht dann zu oft wiederholtem po- Trial (Indiana University Press, 2002), S. 106.
12
litischem Moralisieren über: Ebd., S. 116.
13
Bezüglich der Entwicklung der Opferzahlen des KL Auschwitz, siehe R.
»Man kann nur billigen, daß Bush sich dafür entschied, Faurisson, »Wieviele Tote in Auschwitz«, VffG, 3(3) (1999), S. 268-272;
seine Reise mit einem Halt in Auschwitz-Birkenau zu be- G. Rudolf, C. Mattogno, J. Hille, H.J. Nowak, W. Strauss, »Auschwitz-
ginnen, nicht nur als Warnung, was das Böse anrichten Opferzahl: Das Zahlen-Roulette dreht sich weiter«, VffG, 6(4) (2002), S.
kann, wenn es nicht gestoppt wird, sondern auch um Ame- 371-397.
14
Y. Bauer, »Fighting the Distortions,« Jerusalem Post (Israel), 22.Sept.
rikas Engagement für die Sicherheit Israels zu unterstrei- 1989.
chen.« 15
Niko Price, »AP Tallies 3,240 Civilian Deaths in Iraq,« Associated Press

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Veröffentlichung, 10. Juni, 2003. Analytical Reflections (Amana Books, 1988), S. 86f., Anm 21.
16 21
Uri Davis, Israel: An Apartheid State (Zed Books Ltd., 1987); Ian Lus- Siehe Donald Neff, »„If It Walks Like a Duck…”: The Racism of Zion-
tick, Arabs in the Jewish State: Israel’s Control of a National Minority ism«, Washington Report on Middle East Affairs, November 2001, S. 26;
(University of Texas Press, 1980). online: http://www.wrmea.com/archives/november01/0111026.html
17 22
The Plain Dealer (Cleveland, Ohio), May 27, 2003, S. A1. Simha Flapan, The Birth of Israel: Myths and Realities (Pantheon Books,
18
U. Davis, aaO., (Anm. 16), passim. 1987), S. 88
19 23
I. Lustick, , aaO., (Anm. 16), S. 93f. Ebd., S. 89
20 24
Washington Report on Middle East Affairs, Juni 1993, S. 75; Roselle Benjamin Beit-Hallahmi, Original Sins: Reflections on the History of Zi-
Tekiner, Samir Abed-Raboo, Norton Mezvinsky (Hg.), Anti-Zionism: onism and Israel (Olive Branch Press, 1993), S. 91.

Pseudowissenschaft
Von Germar Rudolf
In der Ausgabe 2/99 druckten die Vierteljahreshefte für freie immer wieder vorgeworfen, es handele sich bei ihm um eine
Geschichtsforschung einen Beitrag des kalifornischen Pro- Pseudowissenschaft, die daher nicht den Schutz des Grund-
fessors Michael Shermer ab, der auf dessen Veröffentlichun- gesetzes auf Wissenschaftsfreiheit genießen könne. Ein Blick
gen in der von der Skeptic Society herausgegebenen Zeit- in so ziemlich alle Ausgaben der diversen Verfassungs-
schrift Skeptic Magazine basierte. Dieses Periodikum gibt schutzberichte, die von der Bundesprüfstelle gefällten Indi-
vor, gegenüber Tabus und Vorurteilen Skepsis zu zeigen, mit zierungsbeschlüsse sowie die diversen Strafurteile deutscher
Ausnahme freilich dann, wenn es um den Holocaust geht.1 Gerichte gegen Revisionisten bzw. deren Einziehungsbe-
In Kanada gibt es ebenfalls eine Skeptic Society, und zwar in schlüsse gegen entsprechende Publikationen dürften dafür
British Columbia. In einem ihrer Rundbriefe beschäftigte Beweis genug sein.3
sich Lee Moller mit der Frage, welche Fragen dabei helfen Ich erlaube mir im folgenden, die von Lee Moller aufgeführ-
könnten, eine „Pseudowissenschaft“ zu entlarven, insbeson- ten Fragen für sowohl den Revisionismus als auch die eta-
dere auch, um sie von einer „Vorwissenschaft“ (Protowissen- blierte Geschichtswissenschaft zu erörtern und den jeweili-
schaft) zu unterscheiden, die sich neu zu bilden und zu eta- gen Kandidaten Punkte von 0 bis 10 zuzuweisen, je nach-
blieren versucht.2 dem, ob sie dem entsprechenden Kriterium einer „Pseudo-
Wie allgemein bekannt sein dürfte, wird dem Holocaust- wissenschaft“ nahekommen oder nicht.
Revisionismus von staatlichen Stellen einschließlich Justiz

FRAGE REVISIONISMUS PKT HOLOCAUSTISMUS Pkt


1. Hat es Fortschritte Der Revisionismus hat gewaltige 0 Der Holocaustismus hat viel Detailarbeit geleistet, 5
gegeben? Fortschritte gemacht. Man vergleiche was die Judenverfolgung im Dritten Reich selbst
z.B. Rassiniers Was ist Wahrheit4 mit anbelangt. Wenn es aber darum geht, seine These
Dissecting the Holocaust;5 oder die von der geplanten und industriellen Vernichtung
bei Emil Aretz6 wiedergegebenen der Juden zu untermauern, so tritt er im wesentli-
Kenntnisse zu den Auschwitzer chen seit den Nürnberger Tribunalen auf der Stelle.
Krematorien mit denen von Carlo
Mattogno.7
2. Verwendet die Dis- Nein. 0 Bis heute hat es der Holocaustismus nicht ver- 5
ziplin Fachbegriffe, mocht, den technischen Begriff „Menschengas-
ohne sie klar zu defi- kammer zur Massenhinrichtung“ zu definieren oder
nieren? auch nur festzustellen, was eine „gasdichte Tür“ in
Auschwitz war. Auch die Definition von Begriffen
wie „Sonderbehandlung“ oder „S.B.“ wurde nie
eindeutig untermauert.8
3. Muß man nachge- Nein. 0 Viele Zeugenaussagen, auf die sich der Holocau- 5
wiesene physikali- stismus beruft, widersprechen grundlegenden Na-
sche Gesetze aufge- turgesetzen und technischen Möglichkeiten.
ben, um Lehrsätze
einer Behauptung
akzeptieren zu kön-
nen?
4. Fehlt es bei populä- Nein. 0 Populären Darstellungen zum Holocaust ist das 9
ren Darstellungen Fehlen von Referenzen in vielen Fällen zu eigen.
zum Thema an Quel- Außerdem wird bisweilen kritisiert, daß der über-
lenangaben? wiegende Teil der Veröffentlichungen des Holo-
caustismus zum Holocaust aus unhistorischer und
unwissenschaftlicher Literatur bestehe, siehe zum
Beispiel Prof. Finkelsteins Kritik.9

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 403


FRAGE REVISIONISMUS PKT HOLOCAUSTISMUS Pkt
5. Ist das einzige ange- Nein. 0 Die weit überwiegende Zahl aller Beweismittel für 9
botene Beweismate- den Holocaustismus besteht aus Anekdoten angeb-
rial anekdotischer licher „Überlebender“.
Natur?
6. Behaupten die Ver- Nein.10 0 Insbesondere die gerichtlichen Untersuchungen 10
treter der Disziplin, zum angeblichen „Holocaust“-Verbrechen werden
wasserdichte Unter- immer wieder als „wasserdicht“ (offenkundigkeits-
suchungen, die ihre bildend) dargestellt, bei denen Betrug und grundle-
These beweisen, sei- gender Irrtum unmöglich gewesen sei.
en durchgeführt
worden, und ein Be-
trug sei unmöglich
gewesen?
7. Wurden die Ergeb- Die Untersuchungen von Fred 3 Die Untersuchungen des Krakauer Instituts für Ge- 6
nisse der erwähnten Leuchter wurden vom Krakauer In- richtstoxikologie wurden bisher von niemandem
Untersuchungen er- stitut für Gerichtstoxikologie wider- bestätigt, aber von Germar Rudolf widerlegt.11
folgreich von ande- legt, und Germar Rudolf bestätigte
ren Forschern wie- Leuchter und widerlegte das Krakau-
derholt? er Gutachten.
8. Behaupten die Ver- Revisionisten beschweren sich bis- 3 Kritik am Holocaustismus wird als obszön und il- 10
treter der Disziplin, weilen, daß man sie nicht genü- legal angesehen.
sie würden übermä- gend(!) in der Sache beachte und kri-
ßig und unfair kriti- tisiere, beschweren sich allerdings
siert? auch über personenbezogene Kritik.
9. Wird die Disziplin Der Revisionismus wird wegen ge- 10 Holocaustismus wird an allen Institutionen mit der 0
nur an Institutionen sellschaftlicher und strafrechtlicher höchsten Reputation gelehrt.
ohne Reputation ge- Verfolgung überhaupt nicht gelehrt.
lehrt?
10. Sind die besten Tex- „Beste“ Texte wurden immer wieder 3 Die Klassiker des Holocaustismus, z.B. Reitlinger 6
te der Disziplin zum durch neue, bessere ersetzt, aller- und Hilberg, sind Jahrzehnte alt. Neuere Veröffent-
Thema Jahrzehnte dings gibt es auch Texte, die in Ver- lichungen erscheinen entweder nur auf Spezialge-
alt? wendung bleiben, wie etwa Butz’ bieten, oder sind nicht besser als ihre Vorgänger.
Jahrhundertbetrug.
11. Verwenden die Ver- Nein. 0 Eine erfundene „Codesprache“, nicht existierende 10
treter der Disziplin „kriminelle Spuren“, die unbestrittene Tatsache der
Tatsachen als Bewei- Verfolgung und Deportation von Juden in Lager
se, die zwar im we- sowie das besonders gegen Kriegsende einsetzende
sentlichen richtig Massensterben überall in Deutschland wird immer
sind, aber mit der wieder als Beweis für einen geplanten Massenmord
Materie nichts zu tun angeführt, ohne damit das Geringste zu tun zu ha-
haben? ben.8 Ein anderes Beispiel ist das Standardwerk
von Hilberg, daß zwar die Vernichtung der Juden
zu beweisen versucht, aber fast alle angeführten
Argumente haben mit Vernichtung nichts zu tun.12
Allgegenwärtig sind auch Hinweise auf „Schuhe,
Brillen, Prothesen, Koffer, Haare“, die immer wie-
der als Beweise für einen Massenmord angeführt
werden, jedoch mit der Materie nichts zu tun ha-
ben.
12. Greifen die Vertreter Aufgrund des Verhaltens der Gegen- 3 Die Vertreter des Holocaustismus verunglimpfen 10
der Disziplin bei Kri- seite (siehe rechts) kommt es auf Sei- ihre Kritiker, setzen sie gesellschaftlicher Verfol-
tik auf persönliche ten des Revisionismus bisweilen zu gung aus, zerstören ihre wirtschaftliche Existenz,
Attacken zurück, an- persönlichen Ausfällen und polemi- werfen sie ins Gefängnis und begehen Gewaltakte
statt in der Sache zu schen Attacken. gegen sie bzw. heißen diese gut.
antworten?

404 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


FRAGE REVISIONISMUS PKT HOLOCAUSTISMUS Pkt
13. Verweisen die Ver- Nein 0 Die heilige Offenkundigkeit ist das schärfste 10
treter der Disziplin Schwert des Holocaustismus: Alles sei seit Kriegs-
auf die Geschichte, ende jedem bekannt und daher unumstößlich wahr.
nach dem Stil: dies
ist seit langem be-
kannt und muß daher
wahr sein?
14. Zeigt die Disziplin Nicht anwendbar (nicht bewertet) 0 Nicht anwendbar (nicht bewertet) 0
den „Scheu-Effekt“,
d.h. manchmal funk-
tioniert es und
manchmal nicht?
15. Appellieren die Ver- Daß der Holocaust eine Mischung 0
Die unvorstellbare und bisher in Mitteleuropa un- 8
treter der Disziplin aus giganticher Lüge und giganti- bekannte Grausamkeit der von Zeugen berichteten
an Phantasie und be- schem Irrtum sein könnte, ist für vie- Massenmorde an Juden sind unfaßbar, und doch,
grenztes Wissen („es le unvorstellbar, jedoch berufen sich „es gibt mehr Dinge unter Gottes Himmel als du dir
gibt mehr Dinge un- die Revisionisten zur Erklärung des jemals hättest (alp)träumen lassen …“ Zudem wird
ter Gottes Himmel Phänomens nicht auf Phantasie oder die mystische, unantastbare, nicht hinterfragbare
als du dir jemals hät- begrenztes Wissen. Natur des Holocaust von vielen Korypäen hervor-
test träumen lassen gehoben, wie z.B. Raul Hilberg13 und Elie Wie-
…“)? sel.14
16. Benutzt der Vertreter Die Geschichtswissenschaft ist per se 0 Die Geschichtswissenschaft ist per se eine interdis- 8
der Disziplin angeb- eine interdisziplinäre Wissenschaft, ziplinäre Wissenschaft, die keiner speziellen Vor-
liche Sachkenntnisse die keiner speziellen Vorkenntnisse kenntnisse bedarf, so daß sie allen offen ist. Refe-
aus anderen Fachbe- bedarf, so daß sie allen offen ist. Re- renzen zu Kenntnissen aus anderen Fachbereichen
reichen, um seinen ferenzen zu Kenntnissen aus anderen sind daher nicht unüblich. Es ist jedoch auffallend,
Behauptungen Ge- Fachbereichen sind daher nicht unüb- daß sich der Holocaustismus, wenn er auf andere
wicht zu verleihen? lich. Allerdings sind es besonders die Disziplinen zurückgreift, auf Scheinexperten be-
Revisionisten, die auf Spezialwissen ruft: J.-C. Pressac als Apotheker wird als Kremato-
aus anderen Disziplinen zurückgrei- riumsfachmann vorgeschoben, Prof. van Pelt als
fen, jedoch nicht auf angebliches, Kunsthistoriker als Architekt, und Prof. Markie-
sondern auf tatsächlich existierendes. wicz als Techniker mimt den Chemiker.15
Ergebnis: von 160: 22 von 160: 111
Faktor: 14% Faktor: 69%
6
Da der Fragebogen nicht für den vorliegenden Fall zusam- Hexen-Einmal-Eins einer Lüge, Verlag Hohe Warte, Pähl/Obb. 1976.
7
mengestellt wurde, ist das Ergebnis naturgemäß etwas frag- In G. Rudolf, aaO. (Anm. 5); Mattognos oftmals angekündigtes zweibän-
diges Werk ist immer noch in Bearbeitung!
würdig. So läßt sich Frage 9, ob die Disziplin auch gelehrt 8
Vgl. dazu neuerdings C. Mattogno, Sonderbehandlung in Auschwitz,
wird, für den Revisionismus gar nicht beantworten, denn Castle Hill Publishers, Hastings 2003.
aufgrund der strafrechtlichen und gesellschaftlichen Verfol- 9
Vgl. Richard A. Widmann »Holocaust-Literatur versus Holocaust-
gung kann der Revisionismus hier auch beim besten Willen Wissenschaft«, VffG 2(4) (1998), S. 311f.
10
Es wird zwar oft von Dritten behauptet, Gutachten wie das von Rudolf
keine Strafpunkte vermeiden. Nähme man also diese Frage
seien „wasserdicht,“ allerdings behauptet das der Gutachter selbst nicht,
aus der Wertung heraus, ergäbe sich ein Verhältnis von 8% vgl. G. Rudolf, Das Rudolf Gutachten, Castle Hill Publishers, Hastings
„Pseudowissenschaftlichkeit“ für den Revisionismus und 2
2001.
11
74% „Pseudowissenschaftlichkeit“ für den Holocaustismus, G. Rudolf, »Leuchter-Gegengutachten: Ein wissenschaftlicher Betrug?«,
oder anders herum gesagt: in: Deutschland in Geschichte und Gegenwart 43(1) (1995) S. 22-26; vgl.
ders., »A fraudulent attempt to refute Mr. Death«,
Der Revisionismus ist zu 92% wissenschaftlich http://www.vho.org/GB/c/GR/Fraudulent.html.
Der Holocaustismus ist zu 26% wissenschaftlich 12
Vgl. J. Graf, Riese auf tönernen Füßen, Castle Hill Publishers, Hastings
1999: ders., »Der unheilbare Autismus des Raul Hilberg«, VffG 7(2), S.
Anmerkungen 107-114.
13
»Dies [die Organisation des Holocaust ]geschah daher nicht etwa durch
1
»Versuche der Widerlegung revisionistischer Thesen«, VffG 3(2) (1999), die Ausführung eines Planes, sondern durch ein unglaubliches Zusam-
S. 173ff.; vgl. G. Rudolf, »Also wirklich, nun kommt Jungs, warum be- mentreffen der Absichten, ein übereinstimmendes Gedankenlesen einer
streiten? Ihr mögt keine Juden – das ist offensichtlich«, VffG 3(2) (1999), weit ausgreifenden [deutschen] Bürokratie.« (Newsday, Long Island,
S. 176-181, mit weiteren Verweisen. New York, 23.2.1983, S. II/3.
2 14
»BCS Debates a Qi Gong Master« Rational Enquirer, 6(4) (1994), hgg. »Haltet die Gaskammern vor neugierigen Augen geschlossen und über-
von der British Columbia Skeptics Society, laßt sie der Vorstellung.«, All Rivers Run to the Sea: Memoirs (Alle Flüs-
http://psg.com/~ted/bcskeptics/ratenq/Re6.4-QigongDebate.html. se fließen ins Meer: Erinnerungen], Band 1, Knopf, New York 1995, S.
3
Vgl. dazu die in der aktuellen Ausgabe des Periodikums der Bundesprüf- 74; »Manche Ereignisse geschehen, sind aber nicht wahr. Andere sind
stelle, BPjS Aktuell, ausgewiesenen Indizierungen sowie die Bucheinzie- wahr, finden aber nie statt.«, in: Legends of Our Time, Schocken Books,
hungs- und Beschlagnahmebeschlüsse wie im Internet aufgeführt: New York, 1982, Einleitung, S. viii.
15
www.vho.org/censor/Censor.html. Vgl. Ronald Reeves, »Pseudo-Experten«, VffG 4(1) (2000), S. 4.
4
Druffel-Verlag, Leoni 81982.
5
G. Rudolf (Hg.), 2. Aufl., Theses & Dissertations Press, Chicago, 2003.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 405


In Memoriam Jean-Claude Pressac
Jean-Claude Pressac und der Revisionismus
Von Jürgen Graf
Am 23. Juli 2003 ist Jean-Claude Pressac im Alter von erst kopieren konnte. Inzwischen gehörte er fraglos zu den besten
59 Jahren gestorben. Die unerwartete Nachricht von seinem Kennern des Themas und war in den Augen der Verfechter
Hinschied hat mich getroffen. Zwar bin ich Pressac nie per- des orthodoxen Auschwitz-Bildes der geeignete Mann, um
sönlich begegnet, doch aufgrund der bedeutenden Rolle, die dem Revisionismus wissenschaftlich den Garaus zu machen.
er in der Kontroverse um den „Holocaust“ gespielt hat, habe Ab den späten siebziger Jahren hatte der Revisionismus dank
ich mich seit 1991, als ich mit meinen eigenen Recherchen zu den Studien von Arthur Butz,1 Wilhelm Stäglich,2 Robert
diesem Thema begann, wie viele andere Revisionisten veran- Faurisson,3 Henri Roques4 und anderen Forschern5 ungeheu-
laßt gesehen, mich mit seinen Thesen auseinanderzusetzen. ren Auftrieb erhalten, was den Verfechtern und Profiteuren
Von den Vertretern der Judenvernichtungs- und Gaskammer- der orthodoxen „Holocaust“-Version arges Bauchgrimmen
geschichte war Pressac – neben dem längst verstorbenen bri- bereitete. Dann kam im Frühling 1988 noch das Leuchter-
tisch-jüdischen Historiker Gerald Reitlinger – der einzige, dem Gutachten hinzu. Die Gegner des Revisionismus suchten je-
ich einen gewissen Respekt entgegenzubringen vermochte. manden, der dieses widerlegen sollte, und fanden Pressac.
Von seiner Ausbildung her war Pressac Pharmakologe; wie Ende 1988 verfaßte dieser einen Artikel, in dem er – auch
die allermeisten Autoren, die sich mit dem „Holocaust“ be- wenn seine Argumentation selbst nicht frei von Irrtümern
schäftigen, hat er also keine formelle Ausbildung als Histori- war – den Finger auf etliche unleugbare Schwachstellen des
ker genossen. (Dies gilt für die Vertreter der offiziellen Ver- Leuchter-Berichts legte.6
sion vom Schicksal der Juden im Zweiten Weltkrieg ebenso Der Artikel war in zweierlei Hinsicht aufschlußreich. Zu-
wie für die Revisionisten.) Pressac war Nichtjude und stand nächst bewies er, daß Pressac unbestreitbar Talent besaß.
politisch rechts. Ohne das KL Majdanek je aufgesucht zu
In seiner Jugend hatte Jean-Claude Pres- haben, nahm er, allein anhand von Plä-
sac einen Roman des französischen nen, eine recht scharfsinnige Analyse der
Schriftstellers Robert Merle gelesen, der angeblichen Menschentötungsgaskam-
La mort est mon métier (Der Tod ist mein mern dieses Lagers vor, in denen laut der
Handwerk) hieß und dessen finsterer offiziellen Version Juden größtenteils mit
Held der erste Auschwitz-Kommandant Zyklon-B, in geringerem Umfang auch
Rudolf Höß war. Seitdem hat das Thema mit Kohlenmonoxid ermordet worden
Auschwitz Pressac nicht mehr losgelas- sein sollen, und schloß Vergasungen mit
sen. Zu einem mir nicht bekannten Zeit- Zyklon-B aus bautechnischen Gründen
punkt keimten in ihm Zweifel an der faktisch aus. (An den Vergasungen mit
Richtigkeit des offiziellen Schreckensbil- Kohlenmonoxid hielt er freilich fest; daß
des vom „Vernichtungslager“ auf, und er auch diese ins Reich der Legende zu ver-
begann, sich mit dem Revisionismus zu Jean-Claude Pressac bannen sind, hat Carlo Mattogno zehn
befassen. Er schloß Bekanntschaft mit Jahre später in dem gemeinsam mit mir
Robert Faurisson, Pierre Guillaume und anderen französi- verfaßten Buch KL Majdanek. Eine historische und techni-
schen Revisionisten und arbeitete eine Zeitlang mit ihnen zu- sche Studie7 aufgezeigt.) Damit stellte Pressac einen zentra-
sammen. Doch scheiterte die Zusammenarbeit mit Faurisson len Punkt des orthodoxen Majdanek-Bildes in Frage und ließ
an der Unvereinbarkeit der Ansichten und Charaktere, und erahnen, daß die Vertreter der Judenvernichtungsthese mit
fortan war das Verhältnis zwischen den beiden Männern von ihm ebenso Ärger bekommen würden wie die Revisionisten.
tiefer gegenseitiger Abneigung geprägt. Ob die „Nazijäger“ Serge und Beate Klarsfeld selbst den
Pressac sagte sich vom Revisionismus los und zog aus, um Kontakt mit diesem eigenwilligen Querdenker gesucht haben,
die Argumente der Revisionisten zu widerlegen. Dadurch un- oder ob es dieser war, der sich zuerst an die Klarsfelds wand-
terschied er sich grundlegend von einem Raul Hilberg, einem te, entzieht sich meiner Kenntnis; jedenfalls kam es zur Zu-
Léon Poliakov oder einer Lucy Dawidowicz, die es niemals sammenarbeit der beiden Seiten. Die Klarsfelds erwiesen
für nötig erachtet haben, auch nur mit einer Zeile auf Ein- Pressac die erforderliche finanzielle Unterstützung zur Ab-
wände gegen die herkömmliche „Holocaust“-Version einzu- fassung eines Buchs, das endlich mit dem revisionistischen
gehen. Durch den Umgang mit Faurisson und anderen Revi- Spuk aufräumen und die Judenausrottung in den Gaskam-
sionisten war Pressac mit deren Argumenten gründlich ver- mern von Auschwitz hieb- und stichfest beweisen sollte.
traut und wußte, daß derjenige, der den Revisionismus wider- Ende 1989 war es soweit: Bei der in New York ansässigen
legen will, die technische Machbarkeit der behaupteten Ju- Beate Klarsfeld Foundation erschien (in englischer Sprache,
denvergasungen beweisen muß. Eben dies zu bewerkstelligen die französische Vorlage ist nie publiziert worden) Jean-
war sein Ziel. Claude Pressacs Auschwitz. Technique and Operation of the
Schon während seiner Zusammenarbeit mit Faurisson hatte Gas Chambers. Das von seinem Umfang her riesenhafte
sich Pressac mehrmals in Auschwitz aufgehalten, das Ver- Opus war im Buchhandel nie erhältlich und wurde u. a. von
trauen der Leitung des Auschwitz-Museums gewonnen und Pressac selbst privat verbreitet. Sein Titel hielt nicht, was er
Zutritt zum Archiv der Gedenkstätte erhalten, wo er eine versprach, weil das Mammutwerk zwar eine gewaltige Fülle
große Zahl von Dokumenten und Bauplänen einsehen und von Informationen über Auschwitz lieferte, jedoch nicht auf

406 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


die Technik und Funktionsweise der angeblichen Menschen- Pressac war ehrlich genug, einzuräumen, daß er keinen wirk-
tötungsgaskammern einging. lichen dokumentarischen Beweis für die Existenz von Men-
Auschwitz. Technique and Operation of the Gas Chambers schentötungsgaskammern entdeckt hatte, legte seinen Lesern
war ein ungemein merkwürdiges, um nicht zu sagen rätsel- jedoch »39 kriminelle Indizien« vor, die, wie er hoffte, in ih-
haftes Buch. An seinem Wert für die Wissenschaft konnte rer Gesamtheit jeden vernünftigen Zweifel an den Vergasun-
kein Zweifel bestehen, enthielt es doch eine Unzahl von gro- gen ausräumen würden. Unter »kriminellen Indizien« ver-
ßenteils zuvor unveröffentlichten deutschen Originaldoku- stand er »Schnitzer« der SS, insbesondere der Zentralbaulei-
menten der Kriegszeit, die den Forschern Einblick in zahlrei- tung, welche ungeachtet des angeblichen Verbots, dokumen-
che zuvor unbekannte Aspekte der Lagergeschichte ermög- tarische Belege für die Judenvergasungen zu hinterlassen,
lichten. Nun hatten die Klarsfelds Pressac aber dafür bezahlt, nicht zu verhindern vermocht hätte, daß sich indirekte Hin-
die Realität der Judenvernichtung in Gaskammern zu bewei- weise auf diese in den Schriftverkehr einschlichen. So deute-
sen, und diesem Auftrag wurde das Werk in keiner Hinsicht te er beispielsweise eine Bestellung für »gasdichte Türen« als
gerecht. Ganz im Gegenteil: Es erwies sich für die Klarsfelds solches »kriminelles Indiz«, da eine gasdichte Tür seiner Lo-
und den ganzen Mythos von der „Todesfabrik“ als Eigentor gik nach nur für eine Menschentötungsgaskammer bestimmt
erster Güte. sein konnte.

Der Spion
Von Germar Rudolf
Im Mai 1993 ging es hoch her am Max-Planck-Institut „Feind“, d.h. sein sich Andienen den Exterminationisten
für Festkörperforschung in Stuttgart, denn einer der gegenüber, war seine Art der Salamitaktik. Er wollte
dort beschäftigten Doktoranden war in einen öffentli- das „System“ mit Mitteln des Systems selbst bekämp-
chen „Skandal“ verwickelt, der in ganz Deutschland fen, ihm Schritt für Schritt ein Zugeständnis nach dem
Aufsehen erregte. Der Name des Doktoranden: Germar anderen abringen.
Rudolf, der Autor dieser Zeilen. Mein skandalöses Ver- Wenn man seine Publikationen chronologisch betrach-
gehen: ich hatte auf Bitte eines Strafverteidigers von tet, so fällt auf, daß sich Pressac mit jeder weiteren
Generalmajor a.D. Otto Ernst Remer ein Gutachten Veröffentlichung in dem einen oder anderen Aspekt den
über die Gaskammern von Auschwitz verfaßt, in dem Revisionisten annäherte: Als erstes machte er die Dis-
ich zu dem Schluß gelangte, die von Zeugen bekundeten kussion revisionistischer Thesen hoffähig; anschließend
Massenvergasungen hätten so nicht stattfinden können. brachte er das „System“ dazu, die Priorität der Technik
Kurz nach Ostern 1993 hatte Generalmajor Remer die- vor Zeugenaussagen anzuerkennen; sodann gelang es
ses Gutachten in einigen tausend Exemplaren an füh- ihm, daß das „System“ die inhaltlichen Probleme der
rende Politiker, Juristen, Historiker, Chemiker und an Zeugenaussagen anerkannte; mit jeder neuen Veröf-
diverse Medien in Deutschland gesandt. Als Folge des- fentlichung senkte er die Opferzahlen weiter herab; sei-
sen forderten alle möglichen Persönlichkeiten und Lob- ne Bewertung von Zeugenaussagen wurde mit der Zeit
by-Gruppen, daß meine gutachterliche Tätigkeit mit al- immer kritischer; und schließlich, nach fundamentalen
len Mitteln unterbunden werden müsse. In jenem Angriffen auf den „Auschwitz-Mythos“, wandte er sich
denkwürdigen Frühling erhielt ich an meinem Arbeits- letztlich gar gegen die anderen sogenannten Ver-
platz im Max-Planck-Institut einige Telefonanrufe di- nichtungslager (vgl. S. 410 dieses Heftes).
verser Medien, was der Geschäftsleitung des Instituts Ab 1993, mit der Vorlage seines zweiten Buches, muß
mißfiel. Die Identität der diversen Anrufer sowie die ihn langsam die Angst gepackt haben, denn die noch
Inhalte der sich entwickelnden Gespräche sind hier weitergehenden Revisionen dieses Buches machten ihm
nicht von Interesse, mit einer Ausnahme: Eines Mor- Feinde. Diese Angst offenbarte er nicht nur während
gens klingelte das Telefon erneut. Der Herr am anderen des Telefongespräches mit mir. Wie Carlo Mattogno
Ende meinte, er sei Jean-Claude Pressac. Er wollte von berichtet, hat er seither auch die Verbindungen zu ihm
mir meine private Telefonnummer wissen, die ich ihm abgebrochen, und wie Prof. Faurisson zu berichten weiß
aber verweigerte. Ich forderte ihn auf, wenn er mir et- (S. 351 dieses Heft), erlitt er bei seinem Zeugenverhör
was mitteilen wolle, so möge er dies doch schriftlich tun. anläßlich eines Strafverfahrens gegen Prof. Faurisson
Er erwiderte daraufhin, aus Sicherheitsgründen wolle 1995 fast einen Zusammenbruch. Er flehte den Richter
er das, was er mir sagen wolle, nicht schriftlich festhal- an, Faurissons Fragen nicht beantworten zu müssen:
ten, weil das für ihn gefährlich sein könnte. Er führte »Sie müssen verstehen, daß ich nur ein Leben habe. Sie
weiter aus, daß auch ich auf der Hut sein solle. Insbe- müssen verstehen, daß ich in meinem Kampf alleine da-
sondere sollte ich bezüglich des Holocaust nicht gleich stehe.«
alles auf einmal in Frage stellen. Man könne in dieser Er verweigerte die Aussage, weil er sich damals ganz of-
Sache nur dann erfolgreich und ohne Selbstgefährdung fenbar völlig isoliert und seines Lebens bedroht sah, was
arbeiten, wenn man ein Stück nach dem anderen ange- nur damit erklärbar ist, daß eine ehrliche Aussage vor
he. Gericht seiner Ansicht nach für ihn fatal gewesen wäre
Seit dem oben erwähnte Telefongespräch war ich mir – weil sie revisionistisch hätte sein müssen.
sicher, daß Jean-Claude Pressac immer der Ansicht So sehr seine Schriften auch wissenschaftlich angreifbar
war, daß wir Revisionisten im Prinzip recht haben. An- sind, Pressac war ohne Zweifel der bisher erfolgreichste
gesichts der überwältigenden Macht der Exterminatio- Revisionist – im politischen Sinne. Er war unser Agent.
nisten hatte er jedoch früh beschlossen, das „System“
Danke, Jean-Claude!
von innen zu bekämpfen. Sein Überlaufen zum

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 407


Daß Pressac, um die Realität eines gigantischen Massenmor- Schluß zu ziehen, daß dieser ein unzuverlässiger Zeuge und
des in Gaskammern „nachzuweisen“ (er sprach in diesem seine Behauptungen a priori suspekt sind (schließlich war
Buch noch von 1 bis 1,5 Millionen Auschwitz-Opfern), Zu- Höß von einem britischen Folterteam unter der Leitung des
flucht zu derart schwachem Beweismaterial nehmen mußte, jüdischen Feldwebels Bernard Clarke drei Tage lang geprü-
sprach Bände über die brüchige Grundlage, auf der das tradier- gelt worden,12 und seine späteren Aussagen in einem pol-
te Auschwitz-Bild beruhte. Hätte die Massenausrottung in nisch-stalinistischen Gefängnis waren selbstverständlich
Gaskammern tatsächlich stattgefunden, so hätte sie derart ein- ebenfalls unter Druck erfolgt), gelangte Pressac zum Schluß,
deutige Spuren hinterlassen, daß sich der Rückgriff auf solche der erste Auschwitz-Kommandant habe sich im Jahr geirrt
„Indizien“ erübrigt hätte. Somit traf Faurisson ins Schwarze, und den erwähnten Himmler-Befehl in Wirklichkeit im
wenn er das Buch als »Glücksfall für die Revisionisten und Ka- Sommer 1942 erhalten. Doch scheitert auch diese Version
tastrophe für die Exterminationisten« bezeichnete. In einer sogleich an unüberwindlichen Schwierigkeiten: Wie konnten
langen, stilistisch blendenden Rezension hat Faurisson Pressacs schon vor der Erteilung eines Judenausrottungsbefehls „Ver-
Argumente für die Existenz der Gaskammern denn auch mit nichtungslager“ errichtet werden (Chelmno soll laut der „Ho-
ätzender Ironie nach Strich und Faden zerzaust.8 locaust“-Literatur Ende 1941 in Betrieb genommen worden
Im Gegensatz zu so gut wie allen orthodoxen „Holocaust“- sein, Belzec wurde im März 1942 eröffnet, und in Birkenau
Schreibern besaß Pressac das erforderliche Minimum an kri- selbst sollen schon im Frühling 1942, also vor der Errichtung
tischem Geist, um die Aussagen der „Gaskammerzeugen“ der Krematorien, Massenmorde in zwei zu Gaskammern um-
von Auschwitz nicht unbesehen zu übernehmen, doch ließ er gebauten Bauernhäusern erfolgt sein)? Zur Einrichtung sol-
es hier an der erforderlichen Konsequenz fehlen. Er mäkelte cher Tötungsanlagen brauchte es selbstverständlich Anwei-
zwar eifrig an den Augenzeugenberichten herum und wies sungen von ganz oben, und für diese war wiederum das Vor-
auf allerlei Unstimmigkeiten hin, akzeptierte die meisten die- liegen eines Ausrottungsbefehls unabdingbare Vorausset-
ser Berichte aber letztendlich doch als beweiskräftig und be- zung. Die von Pressac gelieferte neue Version war also um
gnügte sich oft damit, die von den Zeugen postulierten Zif- kein Haar überzeugender als die alte und vergrößerte die
fern willkürlich herabzusetzen. Verwirrung nur noch.
Nach welchen Kriterien Pressac die Glaubwürdigkeit bzw. Doch nicht genug der Ungereimtheiten. Pressac hatte die
Unglaubwürdigkeit der „Gaskammerzeugen“ beurteilte, war Baupläne der Krematorien von Birkenau studiert und war
unerfindlich. Er zitierte u. a. ohne jeden kritischen Kommen- zum selben Schluß gelangt wie die Revisionisten vor ihm:
tar einen langen Auszug aus dem Buch eines offenbar geistig Die Krematorien waren als normale sanitäre Anlagen konzi-
umnachteten Menschen namens Moshé Maurice Garbarz, piert, d. h. ohne kriminelle Absichten gebaut worden. Erst
dem zufolge ein Gräberkommando in Auschwitz in einer ein- nachträglich, meinte er, habe die Leitung von Auschwitz be-
zigen Nacht ein 20 bis 30 m breites, 50 bis 60 m langes und schlossen, sie mit handwerklichen Mitteln zu Mordstätten
1,5 m tiefes »Schwimmbad« (d. h. Massengrab) ausgehoben umzuwandeln, genauer gesagt, die in ihnen befindlichen Lei-
hatte.9 Er pries den polnisch-jüdischen Schuster Henryk Tau- chenkeller zu Menschentötungsgaskammern umzubauen.
ber als »zu 95% glaubhaften Zeugen«, obgleich dieser von in Soweit wir wissen, wird diese These heute in der „Holo-
eine Grube mit siedendem Menschenfett geschleuderten caust“-Literatur allgemein akzeptiert (Raul Hilberg über-
Häftlingen berichtet und zum besten gegeben hatte, beim Na- nimmt sie beispielsweise in seinem Buch Die Quellen des
hen alliierter Flugzeuge hätten die mit der Leichenverbren- Holocaust13), obwohl ihre Unlogik mit den Händen zu grei-
nung beauftragten Angehörigen des „Sonderkommandos“ fen ist. Zunächst einmal gibt es nicht die Spur eines doku-
stets besonders viele Leichen in die Muffeln gestopft, damit mentarischen oder bautechnischen Beweises für eine solche
recht hohe Flammen aus den Kaminen schlugen und die alli- Umstrukturierung. Doch noch entscheidender ist folgendes:
ierten Piloten so auf den Massenmord aufmerksam mach- Wenn Himmler dem Auschwitz-Kommandanten Höß im
ten!10 Er führte als Beweis für die Judenvergasungen ferner Sommer 1942 die Organisation der Judenvernichtung in Au-
den sogenannten „Franke-Griksch-Bericht“ an, eine der er- schwitz anvertraut und letzterer als Tatort die künftigen Lei-
bärmlichsten Fälschungen der „Holocaust“-Literatur. In die- chenkeller der künftigen Krematorien von Birkenau gewählt
sem angeblich von SS-Obersturmführer Alfred Franke- hatte, wie kam es dann, daß die Zentralbauleitung von Au-
Griksch anläßlich dessen Besuchs in Auschwitz am 4. Mai schwitz, als sie sich im Herbst 1942 an den Bau der Kremato-
1943 erstellten Bericht wird u. a. die Rampe von Birkenau rien machte, diese nicht etwa von Anfang an als Tötungsan-
erwähnt, die erst ein volles Jahr später errichtet wurde.11 lagen konzipierte, sondern erst nachträglich, als sie schon er-
Daß Pressac die Berichte seiner Zeugen gerne „korrigierte“, richtet waren, mit primitiven manuellen Mitteln die erforder-
machte die Lage für die orthodoxe Geschichtsschreibung lichen Veränderungen vornahm? Man muß schon außeror-
nicht besser, sondern nur noch schlimmer. Hierzu ein Bei- dentlich naiv sein, um einen solchen Unsinn zu schlucken.
spiel. Pressac hielt die Aussage von Rudolf Höß, wonach Ob Pressac solche augenscheinlichen Unmöglichkeiten wirk-
dieser im Juni 1941 von Heinrich Himmler in das Geheimnis lich nicht bemerkt hat? Und welcher Teufel mag den franzö-
der bevorstehenden Judenvernichtung eingeweiht und mit der sischen Forscher geritten haben, als er schrieb, in Auschwitz
Schaffung von Ausrottungseinrichtungen in Auschwitz be- seien zwar 97 bis 98% des Zyklon-B zur Läusebekämpfung
auftragt worden sei, für unglaubhaft. Höß hatte angegeben, es und nur 2 bis 3% zur Judenvernichtung verwendet worden,
hätten zu jenem Zeitpunkt drei Vernichtungslager existiert, doch hätten Höß und Konsorten, um die Läuseplage in Au-
nämlich Treblinka, Belzec und »Wolzek«. Da Belzec im März schwitz zu kaschieren, bei Zyklonbestellungen wahrheitswid-
1942 und Treblinka im Juli 1942 in Betrieb genommen wor- rig vorgetäuscht, sie brauchten das Gift zur Ermordung von
den ist (ein Lager »Wolzek« hat es überhaupt nie gegeben), Juden? Originalton Pressac:14
scheitert die Geschichte in der Tat von vorne herein an chro- »Tatsache ist, daß die SS die Judenausrottung, über die ih-
nologischen Sachzwängen. Anstatt daraus – sowie den zahl- re Vorgesetzten in großen Zügen, wenn auch nicht im De-
reichen anderen von Höß erzählten Unmöglichkeiten – den tail, unterrichtet waren, dazu benutzte, um die schreckli-

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chen hygienischen Verhältnisse im Lager zu vertuschen Daß dies nicht stimmte, konnte jeder aufmerksame Leser
und die enormen Mengen von zur Entlausung benötigtem selbst entdecken: Pressacs Werk war nämlich alles andere als
Gas zu rechtfertigen. Hätte man in Berlin Wind von den eine technische Studie; insbesondere fehlte jeder Hinweis auf
wahren Verhältnissen bekommen, so hätte dies unerquick- Fachliteratur. Doch durch solche Kleinigkeiten ließen sich
liche Folgen für Höß, den Himmler kurz zuvor beglück- die „Holocaust“-Propagandisten nicht beirren. Einer der pri-
wünscht und befördert hatte, sowie für seine Untergebenen mitivsten unter diesen Propagandisten, Eberhard Jäckel,
nach sich gezogen. […] So machte die SS nach bewährtem flunkerte am 18. März 1994 in der Zeit:
Muster die Juden zu Sündenböcken für den exorbitanten »Sein [Pressacs] Buch ist durch und durch technisch, auf
Zyklonverbrauch, um nicht der Schlamperei bei der Füh- einen Aspekt begrenzt, man könnte auch sagen: borniert.
rung des Lagers sowie der fehlenden Kontrolle über die Und doch ist es gerade deswegen nützlich. […] Nützlich ist
dort herrschenden Zustände bezichtigt zu werden.« es, daß Pressac die antisemitischen Leugner mit ihren ei-
Den Vogel abgeschossen hat Pressac aber zweifellos mit sei- genen technischen Argumenten widerlegt. Man darf ge-
ner Schilderung der Vergasungen in den Krematorien IV und spannt sein, was ihnen nun noch einfällt.«
V,15 die sich laut ihm wie folgt abspielten: Den »antisemitischen Leugnern« fiel ein Buch mit dem Titel
Ein SS-Mann kletterte auf das Dach der Gaskammer, um die Auschwitz. Nackte Fakten ein, in dem „Manfred Köhler“
Zyklongranulate durch die dort eingebrachten Öffnungen zu (Germar Rudolf), Serge Thion, Robert Faurisson und Carlo
werfen. Dazu bediente er sich einer Leiter. Da nun die Öff- Mattogno Pressacs Argumente Punkt für Punkt zerpflück-
nungen weit auseinander lagen und der SS-Mann nur eine ten.18 Zu dieser Widerlegung ist dann weder Pressac selbst
beschränkte Menge Zyklon mit sich tragen konnte, mußte er noch Herrn Eberhard Jäckel irgend etwas eingefallen.
nach jedem Einwurf hinabsteigen, um Zyklon nachzufassen. Gegenüber Pressacs erstem Buch war sein zweites, rund
Dann ging es wieder die Leiter hoch. Insgesamt mußte der zehnmal kürzeres, ein wissenschaftlicher Rückschritt. Hatte
SS-Mann achtzehnmal hinauf- und hinunterklettern. Die mit in Auschwitz. Technique and Operation of the Gas Chambers
der Vergasung beauftragten Männer begannen über diese bei allen Tolpatschigkeiten doch immer wieder ein kritischer
»Zirkusnummer« zu murren und forderten einen Umbau der Geist durchgeschimmert, so war von diesem nun herzlich
Gaskammer zwecks Rationalisierung des Tötungsvorgangs. wenig zu verspüren. In der Einleitung versicherte Pressac
Die Lagerleitung erklärte sich zwar bereit, die Einwurfluken zwar, er sei nicht auf »stets fehlbare« Augenzeugenberichte
um 10 cm zu erweitern, verwarf aber den Antrag auf Umbau angewiesen, um den Massenmord zu beweisen, sondern stütze
der Gaskammer, denn, so Pressac, sich auf Dokumente. Doch vergaß er dieses Versprechen schon
»[…] die Lagerleitung war der Ansicht, daß ein wenig sehr bald, denn jedesmal, wenn er eine Vergasungsoperation
körperliche Ertüchtigung den für die Vergasungen verant- schilderte, gab er als Quelle einen Augenzeugenbericht an.
wortlichen Sanitätssoldaten nur gut tun würde.« Die »39 kriminellen Indizien« des vorhergehenden Buches
Was in aller Welt hat Pressac, einen wissenschaftlich gebil- schrumpften in Les crématoires d’Auschwitz auf ein rundes
deten Mann, dem es nicht an Qualitäten fehlte – er war u. a. Viertel zusammen, was, wie Faurisson in seiner Kritik tref-
ein vorzüglicher Zeichner und guter Fotograf –, dazu bewo- fend festhielt, bedeutete, daß Pressac »für gut 30 Details, die
gen, solch närrischen Unfug zu Papier zu bringen? War das ihm vor vier Jahren noch als Indizien eines schauerlichen
Ganze letzten Endes gar ironisch gemeint? Wollte Pressac Verbrechens erschienen, inzwischen eine [harmlose] Erklä-
die Ausrottungsthese auf subtile Weise der Lächerlichkeit rung gefunden hat«. Neben dieser schwindenden Zahl von
preisgeben, indem er darlegte, welch absurde Konsequenzen „Indizien“ führte Pressac nun aber einen »definitiven Beweis«
sich aus der offiziellen Darstellung des Vergasungsvorgangs für die Existenz der Menschentötungsgaskammern an, und
ergaben? Die Frage wird vielleicht für immer ungelöst blei- zwar einen vom 2. März 1943 stammenden Brief der Firma
ben. Jedenfalls war Auschwitz. Technique and Operation of Topf an die Zentralbauleitung von Auschwitz, in dem es um
the Gas Chambers als Propagandawaffe gegen die Revisioni- die Bestellung von »10 Anzeigegeräten für Blausäure-Reste
sten völlig unbrauchbar. Das Werk fand in der Presse denn für Krematorium II« ging. Das Dokument hat unter den Re-
auch so gut wie keine Beachtung, wurde jedoch von den Re- visionisten eine lebhafte Diskussion ausgelöst, bei der Robert
visionisten eifrig studiert. Faurisson, „Werner Rademacher“ und Carlo Mattogno unter-
Vollkommen anderes verhielt es sich vier Jahre später, im schiedliche Deutungen des Schreibens geliefert haben, sich
September 1993, beim Erscheinen von Pressacs zweitem aber darüber einig waren, daß es in keiner Hinsicht einen
(und letztem) Buch, Les crématoires d’Auschwitz. La machi- Beweis für Menschenvergasungen darstellt.19
nerie du meurtre de masse.16 Die Veröffentlichung dieses Les crématoires d’Auschwitz erinnerte stark an einen Roman.
Werkes wurde in Frankreich durch eine lärmige, wohlorche- Pressac benutzte die – teilweise im Moskauer Zentralarchiv
strierte Propagandakampagne flankiert; die Medien über- für Historisch-Dokumentarische Sammlungen neu entdeckten
schlugen sich schier vor Entzücken und wiederholten bis zur – Dokumente als Gerüst, um das herum er gewissermaßen
Ermüdung, daß die Revisionisten nun endgültig erledigt sei- eine Geschichte aufbaute. Er berichtete, wie Ingenieur Kurt
en. Noch vor der Erscheinen der deutschen Übersetzung (sie Prüfer »mit vorgetäuschter Bekümmerung« feststellte, daß
erfolgte im Frühling 199417) stimmte die „freie Presse des die Garantie für einen Ofen abgelaufen war; daß die in Au-
freiesten Staats der deutschen Geschichte“ unisono in das schwitz stationierten SS-Männer die Ablehnung ihrer Anträ-
Triumphgeheul von westlich des Rheins ein. So schrieb ein ge auf Einberufung zum Wehrdienst an der Front »mit laut-
Joseph Haniman am 14. Oktober 1993 in der FAZ: starken Enttäuschungsbekundungen« quittierten, die »kaum
»Das mit Bauplänen und Fotomaterial versehene Buch die feige, allgemeine Erleichterung zu verbergen vermoch-
liest sich wie ein Ingenieurshandbuch, in dem technische ten«; daß Oswald Pohl, nachdem er in Auschwitz kranke Zi-
Materialwerte wie Verbrennungskapazität und Brennstoff- geunerkinder gesehen hatte, »den Tag verfluchte«, an dem er
verbrauch pro Leiche kalt das Ungeheuerliche dokumen- Himmler kennengelernt hatte. Woher Pressac dies bloß alles
tieren.« wissen mochte?

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Mit einer wissenschaftlichen Studie hatte dergleichen natür- ländischstämmige Jude Robert Jan van Pelt, ein Mann, der
lich kaum etwas gemein. Besonders arge Sünden beging Pressac an Sachkenntnis deutlich unterlegen ist.22
Pressac bei seinen Angaben zur Kapazität der Krematorien, Dem Vernehmen nach soll Jean-Claude Pressac die Veröf-
die er – aus auf der Hand liegenden Gründen! – kraß über- fentlichung eines Buchs über die Erfurter Fabrik Topf &
höhte. Carlo Mattogno charakterisierte das Dilemma, in dem Söhne geplant haben, welche u. a. für die Errichtung der
sich der französische Forscher – und mit ihm die ganze or- Krematorien in Auschwitz verantwortlich war. Dazu wird es
thodoxe „Holocaust“-Gelehrtenschaft – befand, zum Schluß nun nicht mehr kommen. Doch hat der unruhige Wanderer
seiner Pressac-Kritik sehr anschaulich:20 zwischen Revisionismus und Exterminationismus nach Les
»Am 21. Februar 1979 publizierten 34 französische Ge- crématoires d’Auschwitz noch einen Artikel verfaßt sowie ein
schichtsforscher in einem Artikel in „Le Monde“ eine Er- Interview gegeben, denen eine erhebliche Brisanz innewohnte.
klärung, die mit den Worten endete: „Man darf sich nicht 1995 erschien in der französischen Zeitschrift Historama ein
fragen, wie so ein Massenmord technisch möglich war. Er Artikel Pressacs,23 der sich neben Auschwitz auch mit den
war technisch möglich, weil er stattgefunden hat. […]“ „reinen Vernichtungslagern“ Treblinka, Sobibor und Belzec
Jean-Claude Pressac hielt sich nicht an diese Vorschrift. auseinandersetzte. Im Gegensatz zur offiziellen Geschichts-
Er wollte die Frage der Kremationsöfen und der angebli- schreibung, laut der diese Lager ausschließlich zur Judenaus-
chen Gaskammern von Auschwitz technisch anpacken, ob- rottung errichtet worden sein sollen, meinte Pressac, sie seien
gleich er nicht die geringste Kompetenz zu einem solchen ursprünglich als Durchgangs- und Entlausungslager gegrün-
Unterfangen besitzt. Doch mußte er das methodologische det worden. Er wies darauf hin, daß laut Zeugenaussagen in
Prinzip der Revisionisten anerkennen, daß, wenn ein Wi- Belzec drei nebeneinanderliegende Baracken gebaut worden
derspruch zwischen den Zeugenaussagen und der Technik seien: Die erste habe als Warteraum gedient, in der zweiten
vorliegt, letztere den Ausschlag gibt. Er tat dies, indem er hätten die Juden baden müssen, und in der dritten seien sie
die Zahl der „Vergasten“ notdürftig der Kremationskapa- vergast worden. In der Gaskammer hätten sich drei Öfen be-
zität der Öfen anglich, die er freilich maßlos übertrieb. So funden. Mit Fug und Recht wandte Pressac ein, in einer Tö-
hat er eine nicht mehr zu schließende Bresche in die tradi- tungsanlage besäßen die Bäder keinen Sinn (wozu sollte man
tionelle Geschichtsschreibung geschlagen, denn die Tech- Todgeweihte vor ihrer Exekution noch baden lassen?), und
nik beweist klipp und klar die Unmöglichkeit einer Mas- Öfen hätten in einer Kohlenmonoxidgaskammer nichts zu su-
senausrottung in Auschwitz.« chen. In Treblinka habe laut den Zeugen neben den „Erstik-
Daß sich Pressac den Revisionisten auf deren ureigensten kungskammern“ ein Heizraum mit einem Heizkessel zur
Terrain – dem Gebiet der Technik – gestellt und ihnen beim Produktion von Wasserdampf gelegen. Dies alles lasse sich
Duell somit gewissermaßen die Wahl der Waffe überlassen nur dadurch erklären, daß »Ende 1941 bis Mitte 1942 in Bel-
hatte, war manchen Vertretern der orthodoxen „Holocaust“- zec, Sobibor und Treblinka drei [Heißdampf]-Entlausungsan-
Geschichte nicht geheuer. So kommentierte der französisch- lagen eingerichtet worden sind«. Man habe, so Pressac wei-
jüdische Filmregisseur Claude Lanzmann verärgert, er ziehe ter, »das bei der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942
»die Tränen des Friseur von Treblinka« Pressacs Gasprüfern festgelegte Programm zur Abschiebung der Juden nach
vor. Bei diesem »Friseur von Treblinka« handelte es sich um Osten eingehalten, indem man die Deportierten durch diese
den in Lanzmanns Film Shoah auftretenden Abraham Bom- drei sanitären Anlagen schleuste«.
ba, der dort schluchzend schildert, wie er in Treblinka vor je- Nachträglich, so schrieb Pressac in besagtem Artikel, seien
dem Vergasungsdurchgang zusammen mit sechzehn oder die Entlausungsvorrichtungen dann in Ausrottungsanlagen,
siebzehn anderen Friseuren sechzig bis siebzig nackten Frau- spricht Menschentötungsgaskammern umgewandelt worden.
en, die sich gleichzeitig in einer vier Meter langen und vier Ob er dies selbst ernsthaft geglaubt oder bloß eine taktische
Meter breiten Gaskammer aufhielten, die Haare schnitt.21 Konzession gemacht hat, um seinen Artikel überhaupt veröf-
Lanzmann hatte recht: Der „Holocaust“ kann nur als Mythos fentlichen zu dürfen, sei dahingestellt. Jedenfalls erschütterte
überleben, und jeder Versuch, ihn wissenschaftlich beweisen seine These, wonach die „östlichen Vernichtungslager“ als
zu wollen, muß zwangsläufig in eine Katastrophe münden. Durchgangs- und Entlausungslager errichtet worden waren,
In helles Entsetzen versetzte die Exterminationisten auch, die offizielle Lesart von „Holocaust“ bis ins Mark.
daß Pressac in seinem zweiten Buch die Opferzahlen von Im Juni 1995 gewährte Pressac einer Valérie Igounet ein In-
Auschwitz massiv reduzierte: In der französischen Fassung terview, das dann – mit auf Pressacs Wunsch nachträglich
sprach er von 775.000 bis 800.000, in der deutschen nur noch vorgenommenen Änderungen – freilich erst im Jahre 2000
von 630.000 bis 710.000 Auschwitz-Opfern (was immer veröffentlicht wurde.24 Pressac setzte darin die von der offi-
noch eine Übertreibung um mehr als das Vierfache darstell- ziellen Geschichtsschreibung für die „Vernichtungslager“
te). Die Leitung des Auschwitz-Museums machte zu jener außer Auschwitz postulierten Opferzahlen drastisch herab:
Zeit zwar nicht mehr, wie früher, vier, aber immerhin noch »Chelmno: 80.000 bis 85.000 statt 150.000
anderthalb Millionen Opfer geltend. Mit der Herabsetzung Belzec: 100.000 bis 150.000 statt 550.000
der Opferzahl durch den „weltweit führenden Auschwitz- Sobibor: 30.000 bis 35.000 statt 200.000
Fachmann“ wurde natürlich auch die sakrosankte Ziffer von Treblinka: 200.000 bis 250.000 statt 750.000
insgesamt sechs Millionen „Holocaust“-Opfern noch unhalt- Majdanek: weniger als 100.000 statt 360.000.«
barer, als sie bereits zuvor gewesen war. So fiel Pressac in Als Grundlage für seine Zahlen dienten Pressac keineswegs
Ungnade. Nach dem Abflauen des kurzen Propagandarum- irgendwelche Dokumente, sondern private, im Interview
mels, der das Erscheinen von Les crématoires d’Auschwitz nicht näher beschriebenen Berechnungen der Kapazität der
begleitet hatte, verschwand sein Name aus den Schlagzeilen. „Ausrottungseinrichtungen“. Da die Existenz letzterer unbe-
Beim Ehrverletzungsprozeß Irving versus Lipstadt, der im wiesen ist und wir, selbst wenn sie existiert hätten, nicht
Jahre 2000 in London stattfand, wurde als Sachverständiger wüßten, in welchem Grad sie jeweils ausgelastet waren, sind
D. Lipstadts nicht etwa Pressac aufgeboten, sondern der hol- Pressacs Ziffern natürlich bar jedes wissenschaftlichen Wer-

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tes. Im Fall Majdaneks, aus dem als einzigem dieser Lager Beweisführung schachmatt gesetzt habe, kann man sich ja
dokumentarische Unterlagen vorliegen, liegt Pressacs Ziffer nicht mehr hinter dem Argument der 34 französischen Histo-
übrigens immer noch um mehr als das Doppelte über der riker von 1979 verschanzen, man dürfe nicht fragen, wie der
wirklichen Opferzahl, denn den Dokumenten läßt sich ent- Massenmord technisch möglich gewesen sei; er sei technisch
nehmen, daß im KL Majdanek rund 42.300 Menschen umge- möglich gewesen, weil er stattgefunden habe.
kommen sind.25 Doch wenn wir jeweils die niedrigste seiner Die Klarsfelds werden heute den Tag wohl verfluchen, an dem
Schätzungen ansetzen, reduziert er die Gesamtopferzahl der sie sich mit dem abtrünnigen Faurisson-Schüler eingelassen
fünf Lager auf 510.000 oder ein rundes Viertel der offiziellen haben. Wir Revisionisten haben hingegen allen Grund, Jean-
Ziffer. Dies mußte bei den Gralshütern des offiziellen „Holo- Claude Pressac zu wünschen, daß er in Frieden ruhen möge.
caust“-Bildes endgültig die Alarmglocken läuten lassen. Es
kam aber noch dicker: Pressac sagte in seinem Interview mit Anmerkungen
der Igounet nämlich Dinge, die den Exterminationisten das 1
A.R. Butz, Der Jahrhundertbetrug, Verlag für Volkstum und Zeitge-
Blut in den Adern erstarren lassen mußten:26 schichtsforschung, Vlotho 1977.
2
»Was das Massaker an den Juden betrifft, so müssen meh- W. Stäglich, Der Auschwitz-Mythos, Grabert, Tübingen 1979.
3
rere fundamentale Vorstellungen grundlegend revidiert Faurisson, R., Mémoire en défense, La Vieille Taupe, Paris 1980; S.
Thion, Vérité historique ou vérité politique?, La Vielle Taupe, Paris
werden. Der Ausdruck „Völkermord“ ist nicht mehr ange- 1980 ; dt. : Historische Wahrheit oder Politische Wahrheit?, Verlag der
messen. [...] Jeder historische Wandel führt zu einer Ent- Freunde, Berlin 1994.
wertung jenes erstarrten Erinnerungskultes, von dem man 4
H. Roques, Die „Geständnisse“ des Kurt Gerstein, Druffel, Leoni 1986.
5
uns weismachen wollte, er sei ewig. Doch werden unver- Vor allem: W.N. Sanning, Die Auflösung des osteuropäischen Juden-
meidlicherweise neue Dokumente auftauchen und die offi- tums, Grabert, Tübingen 1983; C. Mattogno, Il mito dello sterminio
ebraico. Introduzione storiobibliografica alla storiografia revisionista,
ziellen Gewißheiten mehr und mehr erschüttern. Die – im Sentinella d’Italia, Monfalcone 1985; ders., Il rapporto Gerstein: Anato-
Moment noch triumphierende – heutige Darstellung des mia di un falso, Sentinella d’Italia, Monfalcone 1985; ders., La risiera di
Konzentrationslagersystems ist dem Untergang geweiht. San Sabba. un falso grossolano, Sentinella d’Italia, Monfalcone 1985;
Was wird man davon retten können? Recht wenig. In der ders., Auschwitz: Due false testimonianze, Edizioni La Sfinge, Parma
1986; ders., Auschwitz: Un caso di plagio, Edizioni La Sfinge, Parma
Tat kommt eine Übertreibung der Ausmaße des Konzentra- 1986; ders., Wellers e i „gasati“ di Auschwitz, Edizioni La Sfinge, Parma
tionslagersystems einer Quadratur des Zirkels gleich und 1987; ders., Auschwitz: Le confessioni di Höss, Edizioni La Sfinge, Par-
bedeutet, Schwarz zu Weiß zu erklären. Das Bewußtsein ma 1987; ders., „Medico ad Auchwitz“: Anatomia di un falso, Edizioni
der Völker mag keine traurigen Geschichten. Das Leben La Sfinge, Padua 1988; ders., Come si falsificia la storia: Saul Friedlän-
der e il „rapporto Gerstein“, Edizioni La Sfinge, Padua 1988.
eines Zombies ist nicht erbaulich, zumal der erlittene 6
Jean-Claude Pressac, »Les carences et incohérences du rapport Leuch-
Schmerz dann ausgebeutet und in klingende Münze umge- ter«, Journal J, Dezember 1988.
wandelt worden ist: Orden, Pensionen, Posten, politischer 7
Erschienen bei Castle Hill Publisher, Hastings 1998.
8
Einfluß. Man kann zugleich Opfer und Privilegierter, ja Robert Faurisson, »Bricolages et „gazouillages“ à Auschwitz et Birkenau
sogar Henker sein.« selon Jean-Claude Pressac«, in: Revue d’Histoire Révisionniste, Nr. 3,
November 1990.
Treffender hätte es kein Revisionist formulieren können! 9
Jean-Claude Pressac, Auschwitz. Technique and Operation of the Gas
Serge und Beate Klarsfeld wähnten, in Jean-Claude Pressac, Chambers, New York 1989, S. 164. Garbarz’ Bericht war unter dem Titel
der sich zum Auschwitz-Fachmann gemausert und dem Revi- Le Survivant 1984 bei Editions Plons, Paris, erschienen.
10
sionismus nach seinem Zerwürfnis mit Faurisson verbittert Pressac, Auschwitz. Technique…, S. 481 ff. Taubers Aussage befinden
sich in Anhang 18 zu Band XI des Höß-Prozesses in Krakau (1947).
den Rücken gekehrt hatte, einen unschätzbaren Bundesge- 11
Siehe hierzu Brian Renk, »The Franke-Gricksch Resettlement Action Re-
nossen im Kampf gegen die „antisemitischen Leugner“ ge- port: Anatomy of a Fabrication«, Journal of Historical Review, Fall
funden zu haben. Sie erwiesen ihm massive finanzielle Un- 1991, S. 261-279.
12
terstützung bei der Abfassung eines Buchs, das als Sprengla- Rupert Butler, Legions of Death, Arrow Books, London 1983, S. 235 ff.
13
Raul Hilberg, Die Quellen des Holocaust. Entschlüsseln und Interpretie-
dung gegen den Revisionismus gedacht war, sich für die Ex-
ren, Fischer Verlag, Frankfurt a.M. 2002, S. 60.
terminationisten aber dann als kolossaler Rohrkrepierer ent- 14
Pressac, Auschwitz: Technique..., S. 188.
puppte. Pressac, dieser chaotische und wankelmütige Geist, 15
Ebenda, S. 386.
16
besaß zuviel Selbstachtung, um sich von den Klarsfelds und 17
Publiziert bei CNRS, Paris 1993.
ihrer Clique ans Gängelband nehmen zu lassen. Durch seine Pressac, Die Krematorien von Auschwitz, Piper Verlag, München/Zürich
1994.
fortlaufende Verringerung der Opferzahlen, seine Kritik an 18
H. Verbeke (Hg), Auschwitz. Nackte Fakten. Eine Erwiderung an Jean-
den Augenzeugen und seine Antastung zentraler Glaubens- Claude Pressac, V.H.O, Berchem 1995.
19
sätze der orthodoxen „Holocaust“-Lehre hat er jenen, die ihn Robert Faurisson in Auschwitz. Nackte Fakten (siehe vorhergehende An-
vor ihren Wagen zu spannen gedachten, unermeßlichen merkung), S. 76. Werner Rademacher, »Der Fall Lüftl«, Grundlagen zur
Zeitgeschichte, Grabert, Tübingen 1994, S. 55-57; Carlo Mattogno: »Die
Schaden zugefügt. Als erster Verfechter der Judenvernich- „Gasprüfer“ von Auschwitz«, VffG 2(1) (1998), S. 13-22.
tungs- und Gaskammerthese hat er sich – freilich ohne erst 20
Carlo Mattogno, »Auschwitz. Ende einer Legende«, in: Auschwitz. Nackte
das dazu erforderliche technische Rüstzeug zu erwerben – Fakten, aa O. (Anm. 18), S. 162.
21
auf die von den Revisionisten vorgeschlagene Diskussion der Vgl. B. Smith, »Abraham Bomba, der Friseur von Treblinka«, VffG 1(3)
(1997), S-191-195.
technischen Machbarkeit des „Holocaust“ eingelassen, und 22
Vgl. C. Mattogno, »Architektonische Stümpereien zweier Plagiatoren«,
die Diskussion wurde für die orthodoxe Geschichtsschrei- VffG 4(1) (2000), S. 25-33; »Gutachter- und Urteilsschelte«, Von G. Ru-
bung zum Debakel. Fakten sind die Todfeinde der „Shoah“- dolf, VffG 4(1) (2000), S. 33-50.
23
Legende, und jede Erörterung technischer Details der angeb- 24
»Enquête sur les camps de la mort«, in: Historama, Nr. 34, 1995.
lichen Judenvernichtung ist für die Verfechter der staatlich »Entretien avec Jean-Claude Pressac réalisé par Valérie Igounet«, in:
Valérie Igounet, Histoire du négationnisme en France, Editions du Seuil,
vorgeschriebenen Geschichtsversion ein Schritt weiter in den Paris 2000.
Abgrund. Um das Ruder noch herumzureißen, ist es nun zu 25
Jürgen Graf, Carlo Mattogno, KL Majdanek, Castle Hill Publishers, Hast-
spät: Nachdem man Pressac aller Welt als begnadetes Genie ings 1998, Kapitel 4.
26
vorgestellt hat, das die Revisionisten mit seiner technischen V. Igounet, a. a. O., S 641, 652.

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Meine Erinnerungen an Jean-Claude Pressac
Von Carlo Mattogno
Im Frühling 1987 erschien in Frankreich die erste Ausgabe März 1990, lud er mich zu sich nach Hause ein, nach La
der Zeitschrift Annales d’Histoire Révisionniste, die unter Ville du Bois, eine kleine Ortschaft unweit von Paris. Er und
anderem einen langen Artikel aus meiner Feder enthielt, »Le seine Familie empfingen mich nicht minder herzlich als zu-
mythe de l’extermination des Juifs. Introduction historico- vor in Camaiore.
bibliographique à l’historiographie révisionniste«. Andere Pressac wies mir als Unterkunft die Wohnung über seiner
von mir stammende Beiträge erschienen in den Nummern 3 Apotheke zu, wo er sein Studienzimmer eingerichtet hatte,
und 5.1 In letztgenannter Nummer erschien auch eine Über- und ich konnte völlig allein die vielen tausend Dokumente
setzung des Leuchter-Gutachtens.2 untersuchen, die sich in seinem Besitz befanden. Das Ver-
Im März 1989 sandte mir Jean-Claude Pressac einen kurzen trauen, das mir Pressac dadurch erwies, habe ich stets als eh-
Brief, in dem er schrieb, er habe die erwähnten Artikel »mit rend empfunden. Er bedachte mich mit einem Exemplar sei-
Interesse« gelesen und wolle mir seine Antwort auf das nes Werks mit der handschriftlichen Widmung »Pour M.
Leuchter-Gutachten zeigen. Dem Schreiben beigelegt war Carlo Mattogno. Le 8 Mars 1990. Jean-Claude Pressac.«
seine kurz zuvor in der Zeitschrift Jour J veröffentlichte Stu- Bei unseren langen Diskussionen empfand ich wachsendes
die, die den Titel »Les carences et incohérences du „Rapport Erstaunen über seine Haltung: Er schien kaum Wert darauf
Leuchter“« trug. Der Untertitel hatte ursprünglich »Eine wis- zu legen, mich zu überzeugen, und empfahl mir mehr als
senschaftliche Untersuchung gegen die Gaskammerleugner« einmal, Revisionist zu bleiben. Seine Aufrichtigkeit stand
gelautet, war aber mit Bleistift in »Eine wissenschaftliche außer Zweifel, und mir schien, er sei mehr an freien Geistern
Untersuchung angesichts der Gaskammerleugner« abgeän- interessiert, die zu einer nüchternen Kritik fähig waren, als an
dert worden. Diese Korrektur bewies – wie ich später begriff unkritischen Gefolgsleuten. Andererseits war er selbst – im
– Pressacs aufrichtigen Wunsch, mit den (oder einigen) Revi- Vergleich zu den offiziellen Historikern, die immer noch an
sionisten zu diskutieren und die Argumente hüben und drü- der verkrusteten Auschwitz-Version von 1945 festhielten –
ben aufeinanderprallen zu lassen. zweifelsohne ein freier Geist, vielleicht ein allzu freier. Er
In seinem Brief erwähnte Pressac ein Werk über Auschwitz- berichtete mir, der jüdische Übersetzer, der sein Buch aus
Birkenau, das er 1988 abgeschlossen hatte, und lud mich zu dem Französischen ins Englische übertrug, habe seine Arbeit
einem Treffen in Camaiore ein, einem prächtigen Touriste- mehrmals unterbrochen und mit der Ablehnung des Auftrags
nort, wo er für den August eine Villa gemietet hatte. gedroht, weil ihm einige zu „revisionistische“ Ansichten
Zu jenem Zeitpunkt hatte Pressac bereits einen Artikel mit Pressacs sauer aufgestoßen waren.
dem Titel »Les Krematorien IV et V de Birkenau et leurs Der ehrliche Wunsch nach einem Dialog mit jenen Revisio-
chambres à gaz« verfaßt.3 Eine Zusammenfassung davon war nisten, die er für respektabel hielt, lag auch seiner Freund-
unter dem Titel »Etude et réalisation des Krematorien IV et schaft mit Michel Sergent zugrunde, einem pensionierten
V d’Auschwitz-Birkenau« im Sammelband L’Allemagne na- Lehrer, der Ende der achtziger Jahre eine »Vereinigung zur
zie et le génocide juif erschienen.4 Außerdem hatte Pressac Verteidigung der freien Geschichtsforschung« aus der Taufe
das Album von Auschwitz5 mit Anhängen über die Kremato- gehoben hatte und sich für einen Dialog zwischen den Revi-
rien von Birkenau sowie Erklärungen und Kommentaren er- sionisten und den Vertretern der offiziellen Geschichtsversi-
gänzt. on einsetzte. Ich hatte das Vergnügen, Michel Sergent in
Obgleich ich seine Schlußfolgerungen nicht gutheißen konn- Pressacs Haus kennenzulernen; Pressac hatte ihn eingeladen,
te, war mir klar, daß es sich bei Pressac um einen der gründ- um mit ihm ein kleines logistisches Problem zu lösen. Einige
lichsten Kenner des Themas Auschwitz handelte. Deshalb Tage lang war ich bei Sergent zu Besuch; er behandelte mich
nahm ich seine Einladung gerne an, und im August 1989 hat- mit ausgesuchter Höflichkeit und ließ mir jede gewünschte
te ich schließlich das Vergnügen – um nicht zu sagen die Eh- Hilfe zukommen. Unter anderem begleitete er mich bei einem
re –, ihn persönlich kennenzulernen. aufschlußreichen Besuch der Krematoriumsöfen auf dem Pa-
Pressac und seine Familie empfingen mich freundlich und riser Friedhof Père Lachaise. Ich erinnere mich an Michel
ließen mich in den Genuß ihrer Gastfreundschaft kommen, an Sergent als einen Menschen, der aufrichtig für die Belange
die ich bis heute schöne Erinnerungen bewahrt habe. seiner Vereinigung focht.
Unsere Diskussionen verliefen in einer äußerst entspannten 1991 kündigte mir Pressac an, er werde sich nach Moskau
Atmosphäre. Sie drehten sich hauptsächlich um sein damals begeben, um die von der Roten Armee anno 1945 in Au-
im Druck befindliches Buch Auschwitz: Technique and Ope- schwitz erbeuteten Dokumente auszuwerten. Seine Recher-
ration of the Gas Chambers.6 Pressac zeigte mir mit großem chen in der russischen Hauptstadt gaben dann den Anstoß zu
Enthusiasmus die wichtigsten Stellen seines Werks. Er hatte seinem Buch Les crématoires d’Auschwitz. La machinerie du
den Text in französischer Sprache auf riesigen, 50 cm × 66 meurtre de masse, das im Jahre 1993 erschien7 und von dem
cm großen Blättern niedergeschrieben, auf denen sich auch er mir ein Exemplar mit Widmung zustellte. Vermutlich
großformatige Fotokopien der im Buch enthaltenen Doku- wähnte er, mit diesem Buch die Existenz der Gaskammern
mente befanden. Pressac schenkte mir alles, bat mich jedoch, von Auschwitz endgültig nachgewiesen zu haben, und meine
vor dem Erscheinen des Buchs nicht öffentlich darüber zu gnadenlose Antwort darauf, Auschwitz. Fine di una leggen-
reden. da,8 von dem ich ihm noch vor seinem Erscheinen Anfang
Die von Pressac erstellte Dokumentation war fürwahr beein- März 1994 eine Kopie zustellte – das Buch erschien später
druckend, und ich machte mich eifrig daran, sie zu studieren. als Bestandteil des Sammelbandes Auschwitz: Nackte Fakten9
Pressac war ehrlich an einer konstruktiven Kritik seines auch auf deutsch – war aller Wahrscheinlichkeit nach der
Buchs interessiert, und kurz nach dessen Publikation, im Grund für die nun einsetzende jähe Verschlechterung unserer

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Beziehungen. Pressac antwortete nicht auf meine Kritik, we- lichen von Pressac ins Feld geführten Argumente objektiv
der öffentlich noch privat. In einem Interview, das er der untersuchte und auf dem objektiven Feld der Technik wider-
Journalistin Valérie Igounet am 15. Juni 1995 gewährte (und legte. Beispielsweise legte ich dar, daß die angeblichen Gas-
dessen Text er nachträglich abänderte), fällte er ein ebenso kammern in den Krematorien II und III von Birkenau mit ei-
bitteres wie ungerechtes Urteil über mich:10 nem Lüftungssystem ausgestattet waren, das eine mit jener
»Ich habe Carlo Mattogno mehrmals getroffen. Unsere der normalen Leichenkammern praktisch identischen Anzahl
Diskussionen waren interessant und lehrreich. Ich habe von Luftumwälzungen gewährleistete, und – was die Sache
jeglichen Dialog mit ihm abgebrochen, nachdem ich be- endgültig klärte – daß die Anzahl Luftumwälzungen bei der
merkte, daß er, anstatt die von mir publizierten, unbestreit- Ventilation des angeblichen Auskleidekellers größer war als
baren, da von den Ingenieuren der Firma Topf erstellten jene bei der Ventilation der vermeintlichen Gaskammer. Fer-
Dokumente zur Kenntnis zu nehmen, zu unehrlichen Argu- ner wies ich nach, daß die berühmten »Gasprüfer« nichts an-
menten Zuflucht genommen hatte, um sie in Abrede zu stel- deres waren als ganz normale Instrumente zur Messung von
len.« Verbrennungsgasen, und daß der Apparat zur Messung von
Hätte ich mich tatsächlich hinter »unehrlichen Argumenten« Blausäurerückständen in Wirklichkeit »Gasrestnachweisge-
verschanzt, so wäre es für Pressac ein wahres Kinderspiel rät für Zyklon« hieß.
gewesen, diese öffentlich zu zerpflücken. Doch war ich – und Alle von mir dargelegten Argumente fußten – von der techni-
bin es immer noch – vollkommen davon überzeugt, eine schen Literatur abgesehen – auf eben jenen Dokumenten der
technische Kritik verfaßt zu haben, welche sämtliche wesent- Firma Topf, die Pressac als »unbestreitbar« bezeichnet hatte,

Jean-Claude Pressac: In Memoriam


Von Robert H. Countess, PhD
Am Nachmittag des 17. Februar 2001, einem schönen Militärprofessors, wo uns ein volles fünfgängiges fran-
sonnigen Tag, fuhr ich mit meinem Leihwagen von Le zösisches Mahl – sehr aufwendig und höchst exquisit –
Vesinet, wo ich Freunde besucht hatte, runter nach La während der nächsten zwei Stunden serviert wurde. Der
Ville du Bois, um bei Jean-Claude Pressacs Apotheke größte Teil der Gespräche fand auf Französisch statt,
vorbeizuschauen, wo ich hoffte, ihn kurz vor Laden- wobei Pressac mir gelegentlich etwas auf Deutsch er-
schluß antreffen zu können. Es war Samstag, und ich klärte. Anschließend besichtigten wir Männer den
dachte mir, es sei besser, mich nicht im voraus anzu- Weinkeller des Gastgebers, wo sich eine enorme Samm-
kündigen. Es klappte wunderbar. lung gediegener und feiner Weine befand.
Er schloß seine Apotheke gegen sieben Uhr abends, und Während des Mahls zeigte Pressac einmal dem Gastge-
ich kam dort etwa fünf Minuten vor sieben an, wo ich ber das Buch Dissecting the Holocaust und wies insbe-
mich einer Bedienung vorstellte, die mich sodann zu sondere auf die Verzeichniseinträge seines Namens hin.
Herrn Pressac führte. Ich begann auf Englisch, aber er Ich muß sagen, daß der gesamte Abend sehr angenehm
bevorzugte Deutsch, zumal mein Französisch praktisch war und daß Pressac und seine Freunde mir gegenüber
nicht existent ist. Ich wies ihn darauf hin, daß ihn mein höchst gastfreundlich waren und dafür sorgten, daß ich
Freund David Cole vor einem Jahr besucht hatte und mich so angenehm wie möglich fühlte. Ich verabschiede-
frug, ob ich ihn, wenn möglich, für ein paar Minuten te mich gegen Mitternacht von ihrem Zuhause und fuhr
sprechen könnte. nach Le Vesinet zurück mit der Absicht, ihn in naher
Dann zeigte ich ihm ein Exemplar unseres von Theses & Zukunft wieder einmal zu besuchen, um mit ihm über
Dissertations Press herausgegebenen Buches Dissecting unser Buch zu sprechen.
the Holocaust (engl. Fassung von Grundlagen zur Zeitge- Selbstverständlich war Jean-Claude Pressac wegen sei-
schichte), schlug aber rasch das Personenverzeichnis ner Forschungen und Veröffentlichungen eine umstrit-
auf, wo ich ihn auf die vielen Bezüge auf „Jean-Claude tene Person, insbesondere für sein „dickes Buch“, wie
Pressac“ hinwies, zumal ich mir dachte, daß er, wie wir Professor Faurisson es nennt. Ich selbst ergatterte ein
alle, durch sein Ego-Interesse positiv beeinflußt sein Exemplar dieses „dicken Buches“ und arbeitete es in
würde – und dem war in der Tat so! zwei Monaten durch und stellte fest, daß Pressac offen-
Ich sagte ihm, daß ich ein Extra-Exemplar hätte, daß er bar ein wichtiges Werk geschaffen hatte, welches seine
mir vielleicht abkaufen wolle, und er bezahlte mich Sponsoren – die Klarsfelds – anscheinend nicht gelesen
dann mit französischen Francs. Ich frug ihn, ob er mir hatten – zumindest nicht sorgsam genug – da Pressacs
seine Apotheke zeigen könnte, worauf er mich herum- „dickes Buch“ enorm wichtige Dokumente und Fotos
führte. Er entschuldigte sich dann, um seine Freundin enthält, die der überkommenen jüdischen „Holocaust“-
anzurufen, und lud mich anschließend zu meiner ange- Geschichte enorme Probleme bereiten.
nehmen Überraschung zum Abendessen ein. Ich bin Pressac und seinen Freunden für ihre warmher-
Seine Freundin trug einen kurzen Pelzmantel, und er zige französische Gastfreundschaft dankbar, die sie mir
selbst trug bereits einen dunklen Anzug. Ich folgte ih- erwiesen, einem völlig Fremden, der an diesem Sams-
nen einige Kilometer zu ihrem Haus, parkte mein Auto tagabend im Februar 2001 einfach unangekündigt auf-
dort, und fuhr anschließend mit in ihrem Auto. Ich getaucht war. Ich bin davon überzeugt, daß sein Beitrag
dachte, wir würden zu einem Restaurant fahren, jedoch zur Revision der jüdischen „Holocaust“-Geschichte
hielten wir 15 Minuten später an einem schönen, doch auch in zukünftigen Jahrzehnten zu spüren sein wird.
bescheidenen Haus eines pensionierten französischen

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doch was er für »unbestreitbar« hielt, war schlicht und ein- nig übrig geblieben war und der mit den Dokumenten weit
fach seine Deutung dieser Urkunden. Angesichts einer so sorgloser umging als der Pressac von 1989. In der Einleitung
wohlfundierten und wohldokumentierten Kritik wie der mei- zu Auschwitz: Das Ende einer Legende schrieb ich denn
nen ließ sich Pressacs Verbitterung also verstehen, wenn auch:13
auch nicht rechtfertigen. »Tatsächlich jedoch bemerkt man in diesem Werk [im Ver-
Zu seiner Verbitterung mag auch die Tatsache beigetragen gleich zum vorherigen] eine beunruhigende Entwicklung in
haben, daß sein zweites Buch in noch höherem Grad als sein der umgekehrten Richtung. J.-C. Pressac kehrt zu den ärg-
erstes das offizielle Auschwitz-Bild bis in die Grundfesten sten Klischees der traditionellen, exterminationistischen
erschütterte und die Gralshüter des Holocaust sich nun gegen Geschichtsschreibung in ihrer schlimmsten Form zurück.«
Pressac zu wenden begannen. Nachdem der anfängliche Ju- Der Verfasser war von einer kritischen Geschichte des La-
bel, der das Erscheinen des Buches begleitet hatte, verklun- gers Auschwitz zu einer romanhaften Geschichte übergegan-
gen war, wurde Pressac in Acht und Bann getan. Er war für gen.
die Wächter der Holocaust-Orthodoxie zu einer leeren Gold- Pressacs schwerwiegendster Fehler war meiner Ansicht nach,
grube geworden und galt ihnen mehr und mehr als rebelli- daß er die Struktur und Funktion der Krematoriumsöfen im
scher und unkontrollierbarer Goy, welcher der offiziellen Ge- allgemeinen sowie der von der Firma Topf in Auschwitz-
schichtsschreibung mit jeder seiner Publikationen neue Birkenau erstellten im besonderen nie ernsthaft studiert hat.
Schläge versetzte. Ein italienischer Shoa-Pharisäer hat ihm Dieser Umstand hat seinen Forschungen stets ungeheure Fes-
das Etikett »Reduktionist« verpaßt, das fatal an den Ausdruck seln angelegt und sein Urteil über Zeugenaussagen und Do-
»Negationist« erinnert, mit welchem die dümmsten unter den kumente wie ein Zerrspiegel beeinträchtigt. Ich erinnere
Polemikern jeden revisionistischen Forscher schmähen. So- mich, wie schwer es mir bei ihm zu Hause gefallen ist, ihn
mit wurde Pressac in eine Art Fegefeuer der Geschichts- davon zu überzeugen, daß bei koksbeheizten Öfen die Ver-
schreiber verbannt, das in der Mitte zwischen der revisioni- brennung der Leiche nicht etwa direkt durch die vom Brenn-
stischen Hölle und dem Holocaust-Paradies liegt. stoff ausgehende Flamme erfolgt, sondern durch das Gas
Aus diesem Grund wurde die eben noch von Pressac besetzte (hauptsächlich Luftgas), welches durch die Vergasung des
Position des „weltweit führenden Auschwitz-Fachmanns“ Koks im Gasgenerator erzeugt wird. Hätte sich Pressac die
nun von einem vertrauenswürdigen Yehudi eingenommen, nötigen Kenntnisse über die Verbrennungsöfen von Au-
der die – von revisionistischen Abfallprodukten gereinigten – schwitz-Birkenau angeeignet, so wäre seine Deutung der Do-
Thesen Pressacs in eine neue, unveränderliche und definitive kumente und seine Beurteilung der Zeugenaussagen voll-
Vision von Auschwitz einbetten sollte. kommen anders ausgefallen.
Der aufsteigende Stern am Holocaust-Firmament war Robert Die Rolle, die Pressac in der Geschichtsschreibung über das
Jan van Pelt, ein Gelehrter, der Pressac sowohl intellektuell Lager Auschwitz spielt, ist wohlbekannt, und ich sehe keinen
als auch in bezug auf kritischen Geist klar unterlegen ist, je- Anlaß, hier nochmals ausführlich darauf einzugehen. Um der
doch die notwendigen Voraussetzungen für die ihm zuge- Wahrheit die Ehre zu geben, wird man aber darauf hinweisen
dachte Rolle mitbrachte. Ich kann mich erinnern, mit welcher müssen, daß der zentrale Aspekt seiner Forschung (die soge-
Enttäuschung, ja Verärgerung ich das von ihm und Deborah nannten „kriminellen Indizien“, die seiner Ansicht nach für
Dwork verfaßte Buch Auschwitz 1270 to the Present gelesen die Existenz der Menschentötungsgaskammern von Au-
habe.11 Van Pelt besaß die Unverfrorenheit, die zentralen Ar- schwitz sprechen) im wesentlichen noch auf den Roman Da-
gumente Pressacs aufzugreifen, als seien sie ihm selbst einge- widowski zurückgeht, der in einer am 26. September 1946
fallen, sowie bereits von Pressac publizierte Pläne abzulich- abgeschlossenen Expertise für den Höß-Prozeß viele dieser
ten, als habe er sie selbst entdeckt, Pressac jedoch auf 403 „Indizien“ angeführt und auch etliche später von Pressac ab-
Seiten nur ein einziges Mal (auf S. 304) zu erwähnen, und gelichtete Dokumente zitiert hat.
dies erst noch in praktisch bedeutungslosem Zusammenhang! Doch hat Pressac auch auf die revisionistischen Forscher ei-
In dem 1994 erschienenen, von Y. Gutman und M. Beren- nen gewissen Einfluß ausgeübt.
baum herausgegebenen Sammelband Anatomy of the Au- Was mich persönlich betrifft, so hat mich Pressac dazu ange-
schwitz Death Camp12 befand sich ein Artikel mit dem Titel regt, den Horizont meiner Studien zu erweitern, der zum
»The Machinery of Mass Murder at Auschwitz«, als dessen Zeitpunkt unserer persönlichen Begegnung noch verhältnis-
Verfasser Pressac und van Pelt genannt wurden, obgleich es mäßig eng war. Er hat in mir die Liebe für die Forschungsar-
sich im wesentlich bloß um eine Zusammenfassung von Les beit im Archiv erweckt und erwies sich auf diesem Gebiet als
crématoires d’Auschwitz handelte. Worin der Beitrag van Wegbereiter. Mein erster Besuch im Archiv des Auschwitz-
Pelts bestand und warum sich Pressac mit diesem Vorgehen Museums fand im Sommer 1990 statt, nach meinem zweiten
einverstanden erklärt hat, ist für mich stets ein Rätsel gewe- Treffen mit Pressac, und sein mit einer Widmung versehenes
sen. Buch hat mir dort manche Tür geöffnet.
Der positivste Aspekt der Persönlichkeit Pressacs war sicher- 1995, als ich zusammen mit Jürgen Graf und Russell Granata
lich seine Liebe zur Forschung. Diese Liebe war durch und zum ersten Mal nach Moskau fuhr, wandelte ich noch auf
durch echt und bewog ihn dazu, neue Dokumente zu erwer- den Spuren Pressacs, doch dann begannen Graf und ich bei
ben und neue Entdeckungen zu machen, zuletzt in den Ar- den Forschungen die Initiative zu übernehmen. Wir haben
chiven der Firma Topf in Erfurt. viele Archive aufgesucht, die Pressac niemals betreten hat: in
Der Pressac der achtziger Jahre war kritisch und bereit zu ei- Rußland, Polen, Litauen, der Tschechei, der Slowakei, in
ner Debatte mit Andersdenkenden. Diese Bereitschaft fand Ungarn, Weißrußland, der Ukraine und Holland, und dabei
ihren klarsten Ausdruck in Auschwitz: Technique and Opera- eine Fülle ihm unbekannter Dokumente aufgestöbert.
tion of the Gas Chambers. Sein zweites, nur vier Jahre später Die offizielle Auschwitz-Geschichtsschreibung verdankt
erschienenes Buch zeigte hingegen einen verkrampften und Pressac viele belebende Impulse, die sie eine Zeitlang zu-
dogmatischen Pressac, von dessen kritischem Geist nur we- mindest notdürftig über Wasser gehalten haben, die sie nun

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4
aber nicht mehr von jener Fossilierung und inneren Zerbrök- Gallimard-Seuil 1985.
5
kelung bewahren können, zu der sie der stumpfsinnige Dog- L’album d’Auschwitz, Seuil, 1983.
6
Beate-Klarsfeld-Foundation, New York 1989.
matismus ihrer Bannerträger verurteilt hat. 7
CNRS, Paris. Dt.: Die Krematorien von Auschwitz, Piper, München
1994.
8
Anmerkungen Edizione di Ar, Padua 1994.
9
1
Herbert Verbeke (Hg.), Vrij Historisch Onderzoek, Berchem 1995.
»Comment on falsifie l’histoire. Reponse à Jean-Amrie Braitenberg«, 10
V. Igounet, Histoire du négationnisme en France, Seuil 2000, S. 645f.
AHR, 3 (Herbst/Winter 1987), S. 89-95; 96-101; »Auschwitz: Un cas de 11
W. W. Norton & Company, New York-London 1996.
plagiat«, »Auschwitz : Deux faux témoignages«, AHR, 5 (Sommer-Herbst 12
Indiana University Press, Bloomington 1994.
1988), S. 119-140, 141-165. 13
H. Verbeke, aaO. (Anm. 9), S. 102.
2
»Fred A. Leuchter. Rapport technique«, AHR 5(1988), S. 51-102.
3
Le Monde Juif, Nr. 107.

Leni Riefenstahl – kein Abschied


Von Martha Jüngst
Am 8. September diesen Jahres ist mit 101 Jahren Leni Rie- öffnet sich eine Seitentür, schwarz gekleidete Herren bedeu-
fenstahl in ihrem Haus in Pöcking am Starnberger See ver- ten der Presse, sie könne eintreten, worauf diese sich, jung
storben. und alt harsch beiseitedrückend, in die für alle anderen noch
Leni Riefenstahl ist ein Name aus den „Dunstkreisen des Bö- immer geschlossene Halle schiebt.
sen“, der gemeinhin nur noch mit Zusätzen von Indignation Einmal nur wird der Strom angehalten, um einer Prominenz
genannt wird. Vortritt zu lassen: Leo Kirch ist gekommen und begehrt Ein-
Vom Ableben der Weggefährtin des Teufels und vom Hin- laß. Vor anderen prominenten Besuchern, etwa vor Vertretern
scheiden der Botin aus Deutschlands dunkelster Zeit ist am der Bundesrepublik oder der bayrischen Landesregierung, muß
Folgetag in den Gazetten zu lesen, von der Künstlerin ohne nicht zurückgewichen werden, diese erscheinen nicht.
Moral und der Frau mit dem harten, erbarmungslosen Blick. 16 Uhr ist vorbei, noch immer warten die Gäste draußen. Soll
Die Trauerfeier wird am 12. September um 16 Uhr auf dem Leni am Ende allein vor der Presse verabschiedet werden?
Münchner Ostfriedhof angesetzt, der Termin in der Presse Unruhe kommt auf.
bekanntgemacht. Schließlich öffnet sich das große Tor. Zögernd, den Gehbe-
Schon ca. eine Stunde vor der Trauerfeier beginnen sich die hinderten und Rollstuhlfahrern den Vortritt lassend, strömt
Gäste vor der stattlichen, in Neorenaissance gehaltenen Ein- nun auch die wartende Menge in die Halle. Bald ist kein Sitz-
segnungshalle des Ostfriedhofes zu sammeln. Von Minute zu und auch kein Stehplatz mehr zu bekommen. Ein Teil der
Minute wächst die Menschenmenge, bis der gesamte Ein- Gäste muß draußen bleiben.
gangsbereich schwarz ist von Besuchern. Es sind viele Älte- Der Sarg ist von einem rosa-blauen Blumenmeer bedeckt und
re, denen das erzwungene Schweigen der letzten Jahrhun- von ungezählten bunten Kränzen umgeben, als solle heute
derthälfte Bitterkeit oder Resignation in die Mienen grub. nicht getrauert, sondern ein freudiges Ereignis gefeiert wer-
Manche kommen mit Krücken, einige im Rollstuhl. Zwi- den. An hervorgehobener Stelle liegt der Kranz von Leo
schen diesen finden sich die Jungen, oft von weither ange- Kirch, etwas abseits der von Peter Gauweiler mit schwarz-
reist, Trotz in den verschlossenen Gesichtern. Einige halten rot-goldenen Schleifen. Peter Gauweiler selbst aber ist nicht
Rosen in den Händen, einer von ihnen hat ein Album mit si- gekommen.
gnierten Leni-Bildern mitgebracht, welche ihm die Verstor- Seitlich steht ein Gemälde der Verstorbenen, das einzige, das
bene auf Anfrage zugeschickt habe. Er ist von Schaubedürf- alle Nachkriegswirren und Eigentumsbeschlagnahmungen
tigen umringt. überstanden hat. Erwartungsvoll, das Kinn in die Hand ge-
Seitlich ist auf einem mit schwarzem Samt stützt, blickt die damals 22-Jährige der eintre-
bedeckten Pult ein Kondolenzbuch aufge- tenden Menge entgegen und es ist, als werde
schlagen. Wer sich hier einträgt, bekommt ein jeder einzelne einbezogen in ein Feld unzer-
Kärtchen mit einem Bild zugeeignet, welches störbarer Kräfte.
die Verstorbene im Strandkleid zeigt. Manche Die Feier beginnt. Von der Empore erklingen
haben Hemmungen, ihre Unterschrift abzuge- Töne wie aus einer anderen Welt, Musik aus
ben: »Es ist, als ob man etwas Verbotenes Lenis letztem Film über die Wunder der Mee-
tut«, sagt eine Frau. restiefen.
Als es auf 16 Uhr zugeht, rückt die Presse an, Nach einleitenden Worten des Trauerredners
meist Angehörige der ansonsten nur schwach – es ist eine nichtchristliche Veranstaltung –
vertretenen mittleren Generation. Sie kommen ertönen weiter fremde Klänge, Musik aus der
mit wuchtigem Gerät, welches sogleich unter Verfilmung der Oper Tiefland, deren Prota-
ununterbrochenem Klicken und Blitzen auf gonisten sich vor den Nachstellungen der
die Anwesenden gerichtet wird. Die gedämpf- Tieflandbewohner in die Reinheit der Berge
ten Gespräche verstummen. flüchten.
Es ist nahezu 16 Uhr, noch immer ist das Ein- Die erste Rede hält eine Freundin, die Fernseh-
Leni Riefenstahl bei Dreh-
gangstor der Halle verschlossen. Schließlich arbeiten zum Olympia-Film Moderatorin Dr. Antje-Katrin Kühnemann.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 415


Sie spricht zunächst über Leni Riefenstahl als Mensch. Leni Staatsorchesters und warten auf ihren Einsatz: Die Feier
sei die warmherzigste Freundin gewesen, die sich denken klingt aus mit dem vom Cello intonierten Lied vom Abend-
läßt. Die von ihren Widersachern behauptete Härte des Blik- stern aus Tannhäuser von Richard Wagner. Es ist das Lied
kes sei nur bei der immer wiederkehrenden Konfrontation des Minnesängers Wolfram von Eschenbach, dessen Gedan-
mit Verleumdung und Gehässigkeit in Erscheinung getreten. ken die der Erde entschwebende Seele seiner nie erfüllten
Dann spricht die Rednerin über Leni als Künstlerin, über ihre Liebe Elisabeth begleiten:
Liebe zur Schönheit, ihren keine Hindernisse anerkennenden O du, mein holder Abendstern,
Willen, Schönheit mit unermüdlicher Arbeitskraft zu gestal- wohl grüßt ich immer dich so gern:
ten. vom Herzen, das sie nie verriet,
Die Rednerin ist sichtlich bewegt und spricht leise, so daß die grüße sie, wenn sie vorbei dir zieht,…
hinten Stehenden nur Bruchstücke des Gesagten verstehen. Vom Herzen, das sie nie verriet…. , da mögen dem einen
Als nächster spricht der Präsident der deutschen Filmwirt- Tränen durchlebter Leiden, dem anderen aber Tränen empor
schaft, Steffen Kuchenreuther: Leni Riefenstahl sei eine drängender Scham in die Augen getreten sein. Noch lange
Künstlerin von Weltrang gewesen. Sie habe den Film zum nach Verklingen des letzten Tons bleibt es still in der weiten,
Kunstwerk erhoben. Wenn alle diejenigen, die noch immer mit Menschen gefüllten Halle.
versuchen, die Künstlerin zu diffamieren, vergessen seien, Leni Riefenstahl hat eine Feuerbestattung gewünscht, der
werde ihr Werk leben. Sarg wird nicht der Erde übergeben, sondern bleibt am Ende
Auch Herr Kuchenreuther spricht leise, so daß die Gäste in der Feier zum Abschiednehmen an seinem Orte stehen. Die
den hinteren Reihen sich nicht des Inhalts seiner Sätze er- Besucher, auch die, welche die Feier durch Tonübertragung
freuen können und schließlich mit einem kräftigen: »Lauter!« draußen miterlebt haben, strömen nun in einem nicht enden
protestieren. wollenden Zug an dem blumenüber-
Anschließend läßt der Trauerredner gossenen Sarg vorbei. Viele bleiben
die Lebensstationen der Verstorbenen eine Zeit stehen, fügen den Blumen ih-
an den Gästen vorüberziehen, wobei er re mitgebrachten Rosen hinzu, manche
keine Veranlassung sieht, seine Stim- bleiben noch eine Weile schweigend
me zu dämpfen. Er ist bis in die hin- in der ersten Reihe sitzen.
terste Ecke des Raumes zu verstehen. Leni Riefenstahl, ein Name, der von
Er spricht von der jungen, stürmisch den Lebenden seit über einem halben
gefeierten Tänzerin, von der kühnen Jahrhundert in einen Abgrund des
Darstellerin in den Bergfilmen, von Aussatzes verbannt worden ist, scheint
den Welterfolgen der Regisseurin in wie von allen Beschmutzungen befreit.
dem Mysterienfilm Das blaue Licht, in Für den einen, den anderen beginnt
Tiefland, in den Filmen über die das Bild neben dem Sarg zu leben, und
Nürnberger Reichsparteitage: Sieg des er mag Triumph in den Augen der
Glaubens und Triumph des Willens, jungen Künstlerin spüren, Triumph ei-
und in den beiden Filmen über die nes Willens, der jenseits steht von
Olympiade von 1936: Fest der Völker Neid, Nachstellungen und Tod.
und Fest der Schönheit. ***
Von den Verfolgungen der Nach- Langsam verläuft sich die Menge.
kriegszeit, von Verleumdungen und Draußen neben der Treppe steht ein
Unterstellungen, Enteignungen und Leni Riefenstahl, Gemälde seltsamer Mann, ärmlich gekleidet, auf
Prozessen, von der Verschleppung der von Eugen Spiro aus dem Jahre 1924. dem Kopf ein Judenkäppi, um den
Künstlerin ins Gefängnis und in die Ir- Hals eine offenbar selbst gemalte Ta-
renanstalt, der schließlichen Zerstörung ihrer weiteren Kar- fel gehängt mit der Aufschrift: Jahrhundertgenie – Leni Rie-
riere spricht der Redner nicht, es ist, als solle diese Feier al- fenstahl – Danke – Schalom – Kunst verbindet.
lein der Freude und Schönheit gewidmet sein und das Dunkle Er ist von ein paar Verwunderten umringt, fragt den einen
keinen Eingang finden. und andern nach seinem Geburtsdatum und stellt mit den
Ohne Übergang geht er über zu Leni Riefenstahls Leistungen genannten Zahlen verwirrende Berechnungen an.
als Fotografin in Afrika und als Eroberin der Unterwasser- »Sind Sie Jude?« fragt jemand. Der Mann verfällt zunächst
welt in Foto und Film. ins Sächsische, dann mit Augen, von denen nur noch ein
Obwohl es eine nichtkirchliche Feier ist, fordert er zum Ab- weißer Spalt zu sehen ist, in nicht verständliches Gemurmel.
schluß die Versammlung auf, ein Vater Unser zu beten. Die Der ist einer von drüben, der Beachtung braucht, sagt einer,
Menge erhebt sich und betet, wobei das »Vergib uns unsere ein anderer: Bei den Juden gibt es halt auch Narren.
Schuld wie auch wir vergeben unseren Schuldigern« gedan- Schließlich läßt man ihn stehen, geht seiner Wege. Irgend-
kenschwer im Raum verhallt. wann verliert sich der „Jude“ zwischen den Bäumen und
Seitlich neben dem Sarg sitzen Mitglieder des bayerischen Gräbern.

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Gerechtigkeit für Deutschland – vielleicht nächstes Jahr
Über und von Martin Hohmann, MdB

Am 3. Oktober 2003 hielt der als „Werte-Konservativer“ geltende CDU-Bundestagsabgeordnete Martin Hohmann
in Neuhof eine Rede, die drei Wochen später zu einem Sturm im bundesdeutschen Wasserglas führte. Anlaß der
Rede Hohmanns war sein Eindruck, daß Deutsche in Deutschland gegenüber Nichtdeutschen benachteiligt werden.
Als Grund für diesen Zustand machte er den dunklen Schatten der Geschichtsschreibung über die NS-Zeit aus, der
die Deutschen immer noch in Kollektivhaftung hält. In einem geschichtlichen Rückblick wagte er es anschließend,
die jüdische Rolle bei den kommunistischen Greueln in der Sowjetunion darzulegen. Obwohl er diese Rolle als
überwältigend beschrieb, schloß er dennoch, daß man deshalb Juden nicht in Kollektivhaftung für den GULag
nehmen dürfe, genauso wenig wie es richtig sei, daß Deutsche wegen der (angeblichen) Greuel des Hitler-Regimes
heute noch verantwortlich gemacht werden. Die darauf einsetzende Hexenjagd gegen ihn zeigte wieder einmal, daß
es in Deutschland keine Meinungsfreiheit gibt.

Solch ein Tabubruch, wie ihn Martin Hohmann mit seiner dass Sie sich durch Anwürfe aus dem vorwiegend linken La-
Rede vollführte, konnte nicht ohne Folgen bleiben. Um eine ger nicht beirren lassen und mutig weiterhin Kurs halten.«
Entschuldigung gebeten, weigerte sich Martin Hohmann zu- 1992 brache die russisch-stämmige Jüdin Sonja Margolina
nächst mit der illusorischen Begründung: »Aber wir leben in ein Tabu, als sie in ihrem Buch Das Ende der Lügen auf die
einem freien Land, in dem man die Wahrheit sagen darf. Und dominante Rolle von Juden in der „russischen“ Revolution
ich bin bei der Wahrheit geblieben.« Dies ließ die Wogen na- und den sich anschließenden Greueln des GULag verwies.
türlich erst recht hochgehen, und nach massivem Innerpartei- Im Sommer 2000 unterfütterte der polnische Historiker
lichem Druck brach er Anfang November 2003 ein und ent- Bogdan Musial diese Tatsache mit weiteren Beobachtungen
schuldigte sich für etwas, was er gar nicht getan hatte, näm- aus der Zeit des deutsch-sowjetischen Krieges, und zwei Jah-
lich für seine (gar nicht erfolgte) Gleichsetzung der erfunde- re später lieferte Johannes Rogalla von Bieberstein mit sei-
nen Greuel des „Holocaust“ mit den weitaus schlimmeren nem Werk Jüdischer Bolschewismus. Mythos und Realität
und zudem realen jüdischen Verbrechen in der „russischen“ die erste wissenschaftliche Zusammenfassung zu diesem
Revolution. »Es war nicht meine Absicht, die Einzigartigkeit Thema in deutscher Sprache nach dem Zweiten Weltkrieg
des Holocausts zu leugnen«, wurde er in den Medien zitiert, überhaupt. Martin Hohmann bezog sich in seiner Rede pri-
und es sei auch nicht seine Absicht gewesen, »die Juden als mär auf dieses von Prof. Ernst Nolte eingeleitete Buch. Daß
Tätervolk zu bezeichnen«. Wer seine Rede allerdings liest, dieses Werk nun seit jüngstem durch zwei massive Bücher
wird erkennen, daß Hohmann gerade das nicht getan hatte, Alexander Solschenizyns gestützt wird – vgl. die sich an die-
sondern im Gegenteil die Bezeichnung der Juden als Täter- sen Beitrag anschließende Rezension durch Wolfgang
volk ausdrücklich ablehnte. (stellvertretend für die damaligen Strauss – wird Hohmann nichts nützen.
Medienberichte vgl. www.n-tv.de/5191945.html; Einer der gegen Hohmann ernsthaft erhobenen Vorwürfe ist,
~/5192373.html) daß er die Juden überhaupt als Volk bezeichnet habe und sie
Eine Entschuldigung war freilich nicht genug für die bundes- damit von den Deutschen abgrenzte, dabei seien die Juden ja
„deutschen“ Bluthunde in Politik und Medien. Inzwischen lediglich eine Religionsgruppe. Fein! Dann laßt uns dies
wird Hohmanns Ausschluß aus allen Parteigremien und gar doch mal den Juden in Israel erzählen und sodann flugs den
aus der Partei selbst betrieben, und das höchste bundes- Staat Israel auflösen, zumal ihm ja sein Staatsvolk abhanden
„deutsche“ Inquisitionsgericht „Zentralrat der Juden in gekommen ist! Freilich, die Juden einfach zu einer Religion
Deutschland“ erstattete Strafanzeige gegen Hohmann. Damit wie alle anderen zu erklären, wäre tatsächlich eine geniale
nicht genug, rollte auch noch gleich ein zweiter Kopf, denn Endlösung der Judenfrage, bloß bezweifle ich, daß man auch
Hohmann hatte es gewagt, zu seiner Verteidigung darauf nur einen einzige Rabbiner findet, der sich bereiterklärt, das
hinzuweisen, daß es durchaus Persönlichkeiten gebe, die sei- Alte Testament dahingehend umzuschreiben, daß alle Bezüge
ne Rede für richtig und angebracht halten. Als Beispiel führte von den Juden als dem auserwählten Volk gestrichen werden.
er ein Schreiben des Chefs des Kommandos Spezialstreitkräf- Da werden eben die Juden nicht mitmachen!
te der Bundeswehr (KSK) an, Brigadegeneral Reinhard Gün- In der jüdisch dominierten frühen Sowjetunion wurde Geg-
zel. Verteidigungsminister Peter Struck sorgte daraufhin da- nerschaft zu jüdischen Unterdrückungsmaßnahmen (auch
für, daß Günzel kurzerhand in den einstweiligen Ruhestand „Antisemitismus“ genannte) mit dem Tode bestraft. In der of-
versetzt wurde. fenbar von ähnlichen Geisteshaltungen dominierten Bundes-
Günzel hatte unter anderem geschrieben: republik „Deutschland“ endet die Gegnerschaft zu jüdischen
»Eine ausgezeichnete Ansprache – wenn ich mir dieses Ur- Unterdrückungsmaßnahmen zur Zeit „nur“ mit dem sozialen
teil erlauben darf –, wie man sie mit diesem Mut zur Wahr- Tod, was ganz offensichtlich eine weitaus erfolgreichere
heit und Klarheit in unserem Land nur noch sehr selten Kontrolle erlaubt. Ähnliche Herren, ähnliche Zustände. Man
hört und liest. […] Und auch, wenn sich all diejenigen, die wird also noch ein Weilchen warten müssen, bis man „Ge-
sich dieser Auffassung anschließen oder sie gar laut und rechtigkeit für Deutschland“ – so der Titel von Hohmanns
deutlich artikulieren, von unserer veröffentlichten Meinung Rede – wird einklagen dürfen. Erst muß das Joch der geisti-
sofort in die rechtsradikale Ecke gestellt werden, können gen Vergewaltigung Deutschlands (und der gesamten westli-
Sie sicher sein, dass Sie mit diesen Gedanken der Mehrheit chen Welt) durch sich auserwählt Wähnende abgeworfen
unseres Volkes eindeutig aus der Seele sprechen. Ich hoffe, werden.

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Um unseren Lesern den vollen Wortlaut von Hohmanns mu- schwierige Übung ausgerechnet in einer Zeit wirtschaftlicher
tiger Rede zu ermöglichen, geben wir ihn nachfolgend unge- Stagnation von uns verlangt wird. Die Zahl der bereits erfolg-
kürzt wieder. Möge sie weite Verbreitung finden. ten Einschränkungen ist nicht gering, die Zahl der künftigen
Die Redaktion – dazu muß man kein Prophet sein – wird noch größer sein.
Die große Mehrheit der Bevölkerung verschließt sich einem
Wir wollen uns über das Thema „Gerechtigkeit für Deutsch- Sparkurs nicht. Allerdings wird eines verlangt: Gerecht muß
land“, über unser Volk und seine etwas schwierige Bezie- es zugehen. Wenn erfolglose Manager sich Abfindungen in
hung zu sich selbst einige Gedanken machen. Wir halten uns zweistelligem Millionenbereich auszahlen lassen, fehlt nicht
nicht zu lange mit vordergründigen Erscheinungen auf. Aber nur dem unverschuldet Arbeitslosen dafür jegliches Ver-
es ist halt schon merkwürdig, und viele Deutsche nehmen ständnis. Nun könnte man diese horrenden Abfindungen
daran Anstoß, daß ein verurteilter türkischer Mordanstifter noch als Auswüchse des sogenannten kapitalistischen Sy-
nach Verbüßung seiner Haftstrafe nicht in sein türkisches stems bewerten und mit der gleichen Praxis in den Vereinig-
Heimatland ausgewiesen werden kann. Ein deutsches Gericht ten Staaten entschuldigen. Aber besonders auch im Verhält-
legt deutsche Gesetze so aus, daß der sogenannte Kalif von nis zum eigenen Staat erahnen viele Deutsche Gerechtigkeits-
Köln sich nicht zur Rückreise in die Türkei, sondern zum lücken. Sie haben das Gefühl, als normaler Deutscher
weiteren Bezug deutscher Sozialhilfe gezwungen sieht. schlechter behandelt zu werden als andere. Wer seine staats-
Da deckt eine große Boulevard-Zeitung den Fall des Miami- bürgerlichen Pflichten erfüllt, fleißig arbeitet und Kinder
Rolf auf. Dieser mittellose deutsche Rentner erhielt vom großzieht, kann dafür in Deutschland kein Lob erwarten, im
Landessozialamt Niedersachsen den Lebensunterhalt, die Gegenteil, er fühlt sich eher als der Dumme. Bei ihm nämlich
Miete nebst Kosten für eine Putzfrau, zusammen 1.425,- Eu- kann der chronisch klamme Staat seine leeren Kassen auffül-
ro monatlich ins warme Florida überwiesen. Das ist derzeit len.
noch ganz legal, denn nach § 119 Bundessozialhilfegesetz Leider, meine Damen und Herren, kann ich den Verdacht,
können deutsche Staatsbürger auch im daß man als Deutscher in Deutschland kei-
Ausland Sozialhilfe erhalten, wenn ne Vorzugsbehandlung genießt, nicht ent-
schwerwiegende Umstände einer Rückkehr kräften. Im Gegenteil. Ich habe drei Anfra-
entgegenstehen. In einem psychiatrischen gen an die Bundesregierung gestellt:
Gutachten war festgestellt worden, Rolf J. Ist die Bundesregierung angesichts der
sei in seinem »gewohnten Umfeld« in Flo- Wirtschaftsentwicklung und des Rück-
rida besser aufgehoben. Er kann dort von gangs der Staatseinnahmen bereit, ihre
seinen amerikanischen Freunden eher Zahlungen an die Europäische Union zu
»aufgefangen« werden. verringern? Die Antwort war: Die deutsche
Vor kurzem wurde eine Hessische Kreis- Verpflichtung gegenüber der Europäischen
verwaltung dazu verdonnert, einem Union wird ohne Abstriche eingehalten.
54jährigen Sozialhilfeempfänger das Po- Ist die Bundesregierung bereit, sich auch
tenzmittel „Viagra“ nicht grundsätzlich zu für deutsche Zwangsarbeiter einzusetzen,
verweigern. Vor dem Hintergrund der bei- nachdem für ausländische und jüdische
den letztgenannten Fälle schreibt die Zei- Zwangsarbeiter 10 Milliarden DM zur Ver-
tung Das freie Wort aus Suhl: fügung gestellt worden sind? Die Antwort
»Viagra aus Staatsknete war gestern, war: Man könne die beiden Fälle nicht
aber heute gibt es die Deutschland- Martin Hohmann vergleichen. Die Bundesregierung wird
Allergie.« sich gegenüber Rußland, Polen und der
Die Oldenburgische Nordwestzeitung empfiehlt: Tschechischen Republik auch nicht für eine symbolische
»Deutsche, laßt die Arbeit liegen, ab ins Paradies.« Entschädigung und ein Zeichen der Genugtuung für die deut-
Treffend bemerkt die Deister- und Weserzeitung: schen Zwangsarbeiter einsetzen.
»Wut und Entsetzen kocht da hoch.« Ist die Bundesregierung angesichts der Wirtschaftsentwick-
Viele von Ihnen kennen ähnliche Beispiele, in denen der ge- lung und des Rückgangs der Steuereinnahmen bereit, ihre
währende deutsche Sozialstaat oder der viele Rechtswege er- Entschädigungszahlungen nach dem Bundesentschädigungs-
öffnende Rechtsstaat gnadenlos ausgenutzt werden. Dabei gesetz (also an – vor allem jüdische – Opfer des Nationalso-
hat der einzelne, den man früher Schmarotzer genannt hätte, zialismus) der gesunkenen Leistungsfähigkeit des deutschen
in der Regel kein schlechtes Gewissen. Wohlmeinende Sozi- Staates anzupassen? Die Antwort war: Nein, der Respekt vor
alpolitiker aller Couleur haben das individuelle Anspruchs- dem damaligen Leiden dieser Menschen gebiete, das Ent-
denken kräftig gestärkt, man kann sogar sagen verselbstän- schädigungsniveau uneingeschränkt aufrechtzuerhalten.
digt. Dabei ist ganz aus dem Blick geraten, daß all diese So- Mich haben diese Antworten nachdenklich gemacht und sie
zialhilfe-Euros vorher von anderen hart erarbeitet oder per bestätigen die in unserem Land weitverbreitete Anschauung:
Staatskredit der jungen Generation aufgebürdet werden müs- Erst kommen die anderen, dann wir. Überspitzt gesagt:
sen. Bei der Abwägung von Rechten und Pflichten wurden Hauptsache, die deutschen Zahlungen gehen auf Auslands-
die Rechte des Einzelnen groß heraus-, die Pflichten des Ein- konten pünktlich und ungeschmälert ein. Dafür müssen die
zelnen aber hintangestellt. Wie viele Menschen in Deutschland Deutschen den Gürtel halt noch ein wenig enger schnallen.
klopfen ihre Pläne und Taten auch darauf ab, ob sie nicht nur Offengestanden, ich würde mir einen Konsens wünschen,
eigennützig, sondern auch gemeinschaftsnützig sind, ob sie der wie er in vielen anderen Ländern der Welt besteht. Dort lau-
Gemeinschaft nützen, ob sie unser Land voranbringen? tet dieser Konsens: Der eigene Staat muß in erster Linie für
Das Wir-Denken, die Gemeinschaftsbezogenheit, müssen die eigenen Staatsbürger da sein. Wenn schon eine Bevorzu-
aber zweifellos gestärkt werden. Bitter für uns, daß diese gung der Deutschen als nicht möglich oder nicht opportun er-

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scheint, dann erbitte ich wenigstens Gleichbehandlung von seitigen Beteuerungen, daß es Kollektivschuld nicht gebe,
Ausländern und Deutschen. trotz nuancierter Wortneuschöpfungen wie „Kollektivver-
Fragt man nach den Ursachen dieser Schieflage, so werden antwortung“ oder „Kollektivscham“: Im Kern bleibt der
viele antworten: Das liegt an der deutschen Geschichte. Vorwurf: die Deutschen sind das „Tätervolk“.
Meine Damen und Herren, kein Kundiger und Denkender Jede andere Nation neigt eher dazu, die dunklen Seiten ihrer
kann ernsthaft den Versuch unternehmen, deutsche Ge- Geschichte in ein günstigeres Licht zu rücken. Vor beschä-
schichte weißzuwaschen oder vergessen zu machen. Nein. menden Ereignissen werden Sichtschutzblenden aufgestellt.
Wir alle kennen die verheerenden und einzigartigen Untaten, Bei den anderen wird umgedeutet. Paradebeispiel für Um-
die auf Hitlers Geheiß begangen wurden. Hitler, als Voll- deutung ist die Darstellung der Französischen Revolution. Da
strecker des Bösen, und mit ihm die Deutschen schlechthin, ist das große Massaker in Paris und den Provinzen, besonders
sind gleichsam zum Negativsymbol des letzten Jahrhunderts in der Vendee. Da ist die anschließende Machtübernahme
geworden. Man spricht von einer „Vergangenheit, die nicht durch einen Alleinherrscher, dessen Eroberungskriegszüge
vergehen will“. Man räumt dem Phänomen Hitler auch heute millionenfachen Tod über Europa brachten. Die Mehrheit
noch in öffentlichen Darstellungen eine ungewöhnlich hohe französischer und außerfranzösischer Stimmen beschreiben
Präsenz ein. Tausende von eher minderwertigen Filmen sor- dennoch die Revolution mit ihrem Terror als emanzipatori-
gen vor allem im angelsächsischen Ausland dafür, das Kli- schen Akt und Napoleon als milden, aufgeklärten Vater des
schee vom dümmlichen, brutalen und verbrecherischen deut- modernen Europa.
schen Soldaten wachzuhalten und zu erneuern. Solche gnädige Neubetrachtung oder Umdeutung wird den
Wird hingegen darauf hingewiesen, auch Deutsche seien im Deutschen nicht gestattet. Das verhindert die zur Zeit in
letzten Jahrhundert im großen Stil Opfer fremder Gewalt ge- Deutschland dominierende politische Klasse und Wissen-
worden, so gilt das schon als Tabubruch. Die Diskussion um schaft mit allen Kräften. Sie tun »fast neurotisch auf der
das Zentrum gegen Vertreibungen belegt dies eindrucksvoll. deutschen Schuld beharren«, wie Joachim Gauck es am
Da wird dann gleich die Gefahr des Aufrechnens beschwo- 1.10.2003 ausgedrückt hat.
ren. Auf die Verursachung des Zweiten Weltkrieges durch Mit geradezu neurotischem Eifer durchforschen immer neue
das Hitlerregime wird verwiesen. In einem Interview hat un- Generationen deutscher Wissenschaftler auch noch die win-
längst Hans-Olaf Henkel, der Vizepräsident des Bundesver- zigsten Verästelungen der NS-Zeit.
bandes der deutschen Industrie das Faktum und die Folgen Es verwundert, daß noch keiner den Verzicht auf Messer und
dieser negativen Vergangenheitsbezogenheit auf den Punkt Gabel vorgeschlagen hat, wo doch bekanntermaßen diese In-
gebracht. Er sagte: »Unsere Erbsünde lähmt das Land.« strumente der leiblichen Kräftigung der damaligen Täter
(HÖR ZU 21/2003, Seite 16ff.). dienten. Die Deutschen als Tätervolk. Das ist ein Bild mit
Immer wieder erfahren wir, wie stark die 12 Jahre der NS- großer, international wirksamer Prägekraft geworden. Der
Vergangenheit bis in unsere Tage wirksam sind. Fast möchte Rest der Welt hat sich hingegen in der Rolle der Unschulds-
man sagen, je länger die Nazidiktatur zurückliegt, desto lämmer – jedenfalls der relativen Unschuldslämmer – bestens
wirkmächtiger wird der Hitlersche Ungeist. Das Häufchen eingerichtet. Wer diese klare Rollenverteilung – hier die
seiner Adepten am rechtsextremen Rand der politischen Sze- Deutschen als größte Schuldigen aller Zeiten, dort die mora-
ne ist nicht zu verharmlosen. Die abstoßende Aggressivität lischen überlegenen Nationen – nicht anstandslos akzeptiert,
ihrer öffentlichen Auftritte sorgt aber in der Regel für be- wird Schwierigkeiten erhalten. Schwierigkeiten gerade von
grenzte Anhängerschaft im heutigen demokratischen denen, die als 68er das „Hinterfragen, das Kritisieren und das
Deutschland. An der Wahlurne erteilen die deutschen Wähler Entlarven“ mit großem persönlichen Erfolg zu ihrer Hauptbe-
diesen Dumpfbacken jeweils eine klarere Abfuhr, als das in schäftigung gemacht haben. Einige von den Entlarvern hat es
vergleichbaren Nachbarländern geschieht. So gesehen ist das bekanntermaßen bis in höchste Staatsämter getragen.
Scheitern des NPD-Verbotes von Vorteil, weil nicht das Ver- Meine sehr geehrten Damen und Herren, um jedem Mißver-
fassungsgericht, sondern der deutsche Souverän, das Wahl- ständnis auszuweichen: Mit Ihnen gemeinsam bin ich für
volk sein Urteil über den braunen Abhub spricht. Klarheit und Wahrheit. Es soll, darf nicht verschwiegen und
Dieser aktuell zu beobachtende, tagespolitisch aktive Teil des beschönigt werden. „Hehle nimmer mit der Wahrheit, bringt
braunen Erbes gehört zu den unangenehmen, aber wohl un- sie Leid, nicht bringt sie Reue“, sagt der Dichter. Ja, das Un-
umgänglichen Erscheinungen einer parlamentarischen De- angenehme, das Unglaubliche, das Beschämende an der
mokratie. Der Narrensaum am rechten und linken Rand des Wahrheit, das gilt es auszuhalten. Wir Deutschen haben es
politischen Spektrums muß politisch und, wo Strafgesetze ausgehalten, wir halten es seit Jahrzehnten aus. Aber bei vie-
verletzt werden, mit justiziellen Mitteln bekämpft werden. Im len kommt die Frage auf, ob das Übermaß der Wahrheiten
erfolgreichen Kampf gegen gewaltsame Extremisten haben über die verbrecherischen und verhängnisvollen 12 Jahre der
sich unsere Staatsschutzorgane bewährt und in Krisen, wie NS-Diktatur nicht
dem blutigen RAF-Terrorismus der 70er Jahre, unser Ver- a) instrumentalisiert wird und
trauen erworben. b) entgegen der volkspädagogischen Erwartung in eine inne-
Nicht die braunen Horden, die sich unter den Symbolen des re Abwehrhaltung umschlagen könnte.
Guten sammeln, machen tiefe Sorgen. Schwere Sorgen macht Immer und immer wieder die gleiche schlimme Wahrheit:
eine allgegenwärtige Mutzerstörung im nationalen Selbstbe- Das kann, das muß geradezu psychische Schäden bewirken,
wußtsein, die durch Hitlers Nachwirkungen ausgelöst wurde. wie wir aus der Resozialisierungspsychologie wissen.
Das durch ihn veranlaßte Verbrechen der industrialisierten Schlimm ist es besonders, wenn ein U.S.-amerikanischer Ju-
Vernichtung von Menschen, besonders der europäischen Ju- nior-Professor (Daniel Jonah Goldhagen) als Ergebnis seiner
den, lastet auf der deutschen Geschichte. Die Schuld von Aufklärungsarbeit unser ganzes Volk als „Mörder von Ge-
Vorfahren an diesem Menschheitsverbrechen hat fast zu einer burt an“ bezeichnet. Diese ebenso schrille wie falsche These
neuen Selbstdefinition der Deutschen geführt. Trotz der all- hat ihm jedoch – besonders in Deutschland – Medienauf-

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merksamkeit und Autorenhonorar gesichert. Andere Natio- Konkret stellt sich die Frage: Wieviel Juden waren denn nun
nen würden ihn mit kalter Verachtung links liegen lassen. in den revolutionären Gremien vertreten? Zum siebenköpfi-
In der Tat lehnen sich gerade jüngere Menschen dagegen auf, gen Politbüro der Bolschewiki gehörten 1917 vier Juden: Leo
für Verfehlungen von Großvätern und Urgroßvätern in An- Trotzki, Leo Kamenjew, Grigori Sinowjew und Grigori So-
spruch genommen und mit dem Verdikt „Angehöriger des kolnikow. Die Nichtjuden waren Lenin, Stalin, Bubnow. Un-
Tätervolks“ belegt zu werden. ter den 21 Mitgliedern des revolutionären Zentralkomitees in
Ganz zweifellos steht fest: Das deutsche Volk hat nach den Rußland waren 1917 6 der jüdischen Nationalität an, also
Verbrechen der Hitlerzeit sich in einer einzigartigen, scho- 28,6 %. Der überaus hohe Anteil von Juden bei den kommu-
nungslosen Weise mit diesen beschäftigt, um Vergebung ge- nistischen Gründervätern und den revolutionären Gremien
beten und im Rahmen des Möglichen eine milliardenschwere beschränkte sich keineswegs auf die Sowjetunion. Auch Fer-
Wiedergutmachung geleistet, vor allem gegenüber den Juden. dinand Lassalle war Jude ebenso wie Eduard Bernstein und
Auf die Verträge zwischen der Bundesrepublik Deutschland Rosa Luxemburg. 1924 waren von sechs KP-Führern in
und dem Staat Israel unter den Führungspersönlichkeiten Deutschland vier und damit zwei Drittel jüdisch. In Wien wa-
Adenauer und Ben Gurion darf ich verweisen. Zu der damals ren von 137 führenden Austro-Marxisten 81 und somit 60%
vereinbarten Wiedergutmachung bekennt sich die Mehrheit jüdisch. Von 48 Volkskommissaren in Ungarn waren 30 jü-
der Deutschen ganz ausdrücklich, wobei Leid und Tod in un- disch gewesen. Aber auch bei der revolutionären sowjeti-
ermeßlichem Maß nicht ungeschehen gemacht werden kann. schen Geheimpolizei, der Tscheka, waren die jüdischen An-
Auf diesem Hintergrund stelle ich die provozierende Frage: teile außergewöhnlich hoch. Während der jüdische Bevölke-
Gibt es auch beim jüdischen Volk, das wir ausschließlich in rungsanteil 1934 in der Sowjetunion bei etwa 2% lag, mach-
der Opferrolle wahrnehmen, eine dunkle Seite in der neueren ten die jüdischen Tscheka-Führer immerhin 39% aus. Jüdisch
Geschichte oder waren Juden ausschließlich die Opfer, die galt, das sei erläuternd gesagt, in der Sowjetunion als eigene
Leidtragenden? Nationalität. Damit war er höher als der russische Anteil bei
Meine Damen und Herren, es wird Sie der Tscheka mit 36%. In der Ukraine wa-
überraschen, daß der amerikanische Auto- ren sogar 75% der Tschekisten Juden.
könig Henry Ford 1920 ein Buch mit dem Diese Feststellung leitet zu einem Kapitel
Titel The International Jew herausgegeben über, das zur damaligen Zeit für ungeheure
hat. Dieses Buch hat in den USA eine Auf- Empörung gesorgt hat. Der Mord am russi-
lage von 500.000 Exemplaren erlebt. Es schen Zaren und seiner Familie wurde von
wurde ein Weltbestseller und in 16 Spra- dem Juden Jakob Swerdlow angeordnet
chen übersetzt. Darin prangert Ford die Ju- und von dem Juden Chaimowitz Jurowski
den generalisierend als »Weltbolschewi- am Zaren Nikolaus II. eigenhändig vollzo-
sten« an. Er vermeinte, einen »alljüdischen gen. Weiter stellt sich die Frage, ob Juden
Stempel auf dem roten Rußland« ausma- in der kommunistischen Bewegung eher
chen zu können, wo damals die bolschewi- Mitläufer oder Leitungsfunktion hatten.
stische Revolution tobte. Er bezeichnete Letzteres trifft zu. Leo Trotzki in der
die Juden in »hervorragendem Maße« als UdSSR, Bela Kun in Ungarn.
»Revolutionsmacher«. Dabei bezog er sich Nicht zu vergessen die Münchner Rätere-
auf Rußland, Deutschland und Ungarn. publik: Kurt Eisner, Eugen Leviné, Tobias
Ford brachte in seinem Buch eine angebli- Achselrod und andere Juden waren hier als
che »Wesensgleichheit« von Judentum und Reinhard Günzel unbestrittene Führungspersönlichkeiten tä-
Kommunismus bzw. Bolschewismus zum tig. Ein großes Aufsehen erregte damals
Ausdruck. das Eindringen bewaffneter Rotgardisten in die Münchner
Wie kommt Ford zu seinen Thesen, die für unsere Ohren der Nuntiatur des späteren Pacelli-Papstes. Er wurde von den
NS-Propaganda vom »jüdischen Bolschewismus« ähneln? Revolutionären mit einer auf die Brust gehaltenen Pistole be-
Hören wir, was der Jude Felix Teilhaber 1919 sagt: droht. Auch die Ende April 1919 von Rotgardisten durchge-
»Der Sozialismus ist eine jüdische Idee. […] Jahrtausende führte Erschießung von sieben Mitgliedern der „Thule-
predigten unsere Weisen den Sozialismus.« Gesellschaft“, die in enger Verbindung zur späteren NSDAP
Damit wird auch ausgedrückt, daß an der Wiege des Kom- stand, zeigt die Entschlossenheit des revolutionären Prozes-
munismus und Sozialismus jüdische Denker standen. So ses. Diese Geiselerschießung, der die Londoner Times am 5.
stammt Karl Marx über beide Eltern von Rabbinern ab. Sein Mai 1919 eine Schlagzeile gewidmet hatte, gab einem »gifti-
Porträt hing im Wohnzimmer einer jüdischen Frauenforsche- gen Antisemitismus Nahrung und erzeugte lange nachwir-
rin, die im übrigen bekennt: kende Rachegelüste«.
»Ich bin damit groß geworden, daß ein jüdischer Mensch Weiter könnte nach dem revolutionären Eifer und der Ent-
sich für soziale Gerechtigkeit einsetzt, progressiv und so- schlossenheit der jüdischen Kommunisten gefragt werden.
zialistisch ist. Sozialismus war unsere Religion.« Nun, diese revolutionäre Elite meinte es wirklich ernst, so
Immer wieder klingen in den Schriften dieser frühen kom- äußerte Franz Koritschoner von der KPÖ:
munistischen Zeit quasi religiöse Züge an. Viele der für den »Zu lügen und zu stehlen, ja auch zu töten für eine Idee,
Bolschewismus engagierten Juden fühlten sich sozusagen als das ist Mut, dazu gehört Größe.«
„gläubige Soldaten der Weltrevolution“. So erwartete Kurt Grigori Sinowjew verkündete 1917:
Eisner bereits 1908, die »Religion des Sozialismus« werde »90 von 100 Millionen Sowjet-Russen müssen mitziehen.
die »Verzweiflung des Jammertals« und die "Hoffnungslo- Was den Rest angeht, so haben wir ihnen nichts zu sagen.
sigkeit des irdischen Geschicks" überwinden. Leo Rosenberg Sie müssen ausgerottet werden.« (S. 138)
verherrlicht das Proletariat 1917 gar als „Weltmessias“. Ähnlich auch hat Moisei Wolodarski formuliert:

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»Die Interessen der Revolution erfordern die physische dos aktiv. Daher könnte man Juden mit einiger Berechtigung
Vernichtung der Bourgeoisie.« (S. 138) als „Tätervolk“ bezeichnen. Das mag erschreckend klingen.
Ganz ähnlich auch Arthur Rosenberg im Jahre 1922: Es würde aber der gleichen Logik folgen, mit der man Deut-
»Die Sowjetmacht hat die Pflicht, ihre unversöhnlichen sche als Tätervolk bezeichnet.
Feinde unschädlich zu machen.« (S. 163) Meine Damen und Herren, wir müssen genauer hinschauen.
Zweifellos waren diese Äußerungen kommunistischer jüdi- Die Juden, die sich dem Bolschewismus und der Revolution
scher Revolutionäre keine leeren Drohungen. Das war Ernst. verschrieben hatten, hatten zuvor ihre religiösen Bindungen
Das war tödlicher Ernst. Nach einer von Churchill 1930 vor- gekappt. Sie waren nach Herkunft und Erziehung Juden, von
getragenen statistischen Untersuchung eines Professors sol- ihrer Weltanschauung her aber meist glühende Hasser jegli-
len den Sowjets bis 1924 folgende Menschen zum Opfer ge- cher Religion. Ähnliches galt für die Nationalsozialisten. Die
fallen sein: 28 orthodoxe Bischöfe, 1.219 orthodoxe Geistli- meisten von ihnen entstammten einem christlichen Eltern-
che, 6.000 Professoren und Lehrer, 9.000 Doktoren, 12.950 haus. Sie hatten aber ihre Religion abgelegt und waren zu
Grundbesitzer, 54.000 Offiziere, 70.000 Polizisten, 193.000 Feinden der christlichen und der jüdischen Religion gewor-
Arbeiter, 260.000 Soldaten, 355.000 Intellektuelle und Ge- den. Verbindendes Element des Bolschewismus und des Na-
werbetreibende sowie 815.000 Bauern. tionalsozialismus war also die religionsfeindliche Ausrich-
Ein besonders grausames Kapitel war das Niederringen jegli- tung und die Gottlosigkeit. Daher sind weder „die Deut-
chen Widerstandes gegen die Zwangskollektivierung in der schen“, noch „die Juden“ ein Tätervolk. Mit vollem Recht
Ukraine. Unter maßgeblicher Beteiligung jüdischer Tscheki- aber kann man sagen: Die Gottlosen mit ihren gottlosen Ideo-
sten fanden hier weit über 10 Millionen Menschen den Tod. logien, sie waren das Tätervolk des letzten, blutigen Jahrhun-
Die meisten gingen an Hunger zu Grunde. derts. Diese gottlosen Ideologien gaben den „Vollstreckern
Keinesfalls darf die ausgesprochen antikirchliche und an- des Bösen“ die Rechtfertigung, ja das gute Gewissen bei ih-
tichristliche Ausrichtung der bolschewistischen Revolution ren Verbrechen. So konnten sie sich souverän über das gött-
unterschlagen werden, wie es in den meisten Schulbüchern liche Gebot „Du sollst nicht morden“ hinwegsetzen. Ein ge-
der Fall ist. Tatsächlich hat der Bolschewismus mit seinem schichtlich bisher einmaliges millionenfaches Morden war
kriegerischen Atheismus die umfassendste Christen- und Re- das Ergebnis. Daher, meine Damen und Herren, plädiere ich
ligionsverfolgung der Geschichte durchgeführt. Nach einer entschieden für eine Rückbesinnung auf unsere religiösen
von russischen Behörden erstellten Statistik wurden zwischen Wurzeln und Bindungen. Nur sie werden ähnliche Katastro-
1917 und 1940 96.000 orthodoxe Christen, darunter Priester, phen verhindern, wie sie uns Gottlose bereitet haben. Die
Diakone, Mönche, Nonnen und andere Mitarbeiter nach ihrer christliche Religion ist eine Religion des Lebens. Christus hat
Verhaftung erschossen. gesagt: „Ich will, daß sie das Leben haben und daß sie es in
Weder die orthodoxen Kirchen oder Klöster wurden ver- Fülle haben“ (Joh 10, 10). Damit ist nicht nur das jenseitige,
schont. Die Baulichkeiten wurden entweder zerstört oder für sondern ganz konkret unser reales heutiges Leben und Über-
profane Zwecke genutzt. So wurden Kirchen zu Clubs, Kauf- leben gemeint. Deswegen ist es auch so wichtig, daß wir den
läden oder Speichern umgewandelt. Das Gold und das Silber Gottesbezug in die europäische Verfassung aufnehmen.
der sakralen Schätze der orthodoxen Kirche verwendete man Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben also ge-
zur Finanzierung weltweiter revolutionärer Bewegungen. sehen, daß der Vorwurf an die Deutschen schlechthin, „Tä-
Wie ging es den religiösen Juden selbst in der frühen So- tervolk“ zu sein, an der Sache vorbeigeht und unberechtigt
wjetunion? Auch sie waren der Verfolgung durch die Bol- ist. Wir sollten uns in Zukunft gemeinsam gegen diesen
schewisten ausgesetzt. An der Spitze der bolschewistischen Vorwurf wehren. Unser Leitspruch sei: Gerechtigkeit für
sogenannten Gottlosen-Bewegung stand ausgerechnet Trotz- Deutschland, Gerechtigkeit für Deutsche.
ki. Er leugnete damals sein Judentum, wurde aber von den Ich komme zum Schluß und sage: Mit Gott in eine gute Zu-
Russen und weltweit als Jude wahrgenommen. kunft für Europa! Mit Gott in eine gute Zukunft besonders
Meine Damen und Herren, wir haben nun gesehen, wie stark für unser deutsches Vaterland!
und nachhaltig Juden die revolutionäre Bewegung in Ruß-
land und mitteleuropäischen Staaten geprägt haben. Das hat Rede des CDU-Bundestagsabgeordneten Martin Hohmann
auch den amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson 1919 vom 3.10.2003 in der Bürgerhalle in Neuhof.
zu der Einschätzung gebracht, die bolschewistische Bewe- Seitenzahlen ohne nähere Angabe beziehen sich auf das Buch
gung sei »jüdisch geführt«. Mit einer gewissen Berechtigung „Jüdischer Bolschewismus“ Mythos und Realität von Johan-
könnte man im Hinblick auf die Millionen Toten dieser er- nes Rogalla von Bieberstein, vgl. die Rezension in diesem
sten Revolutionsphase nach der „Täterschaft“ der Juden fra- Heft. Quelle:
gen. Juden waren in großer Anzahl sowohl in der Füh- www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,1185,OID2535644_
rungsebene als auch bei den Tscheka-Erschießungskomman- TYP4,00.html

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 421


Die „Gaskammer“ im KL Mauthausen – Der Fall Emil Lachout
Von Johannes Heyne
Vorspiel Rechten und wird nach einem Wortwechsel von Vater
DIE FAMILIE LACHOUT Lachout die Stiegen hinunter geworfen. Anschließend landet
Emil Lachout wird am 20. Oktober 1928 in Wien geboren. dieser im KL Mauthausen.
Der Vater Anton Lachout, von Beruf Maschinenwärter und Da Anton Lachout kein Schwerverbrecher, sondern ein Poli-
Kraftfahrer, kommt aus einer Hugenottenfamilie, die das Be- tischer ist, wechselt er nach kurzer Zeit ins KL Dachau über,
kenntnis zur reformierten Kirche beibehalten hat. Die Mutter erlangt aber durch Fürsprache seines Bruders bald seine Frei-
entstammt einer deutsch-böhmischen Familie aus Königgrätz. heit zurück.
Der Vater ist Sozialist, Mitglied des republikanischen Anton Lachout hat in keinem der Lager Gaskammern zur
Schutzbundes, welcher im Jahre 1934 gegen die Regierung Menschentötung gesehen.
Dollfuß einen Aufstand inszeniert. Dem Nationalsozialismus Im Krieg dient Anton Lachout als Heereskraftfahrer und
sowie dem Anschluß Österreichs an das Deutsche Reich im Bandenjäger. Als er während eines Parteivortrags in der Ka-
März 1938 steht er fern, was zur Zeit des Dritten Reiches zu serne Widerspruch laut werden läßt, findet er sich erneut als
wiederholten Verhaftungen und Einweisungen in das neu er- politischer Häftling im KL Mauthausen wieder. Diesmal un-
richtete Konzentrationslager (KL) Mauthausen führt. terbleibt die Überstellung nach Dachau. Anton Lachout wird
als politischer Häftling besser als die anderen Häftlinge be-
KL MAUTHAUSEN handelt und hat Gelegenheit, das Lager eingehend zu besich-
Wenige Monate nach dem Anschluß Österreichs an das tigen.
Deutsche Reich im März 1938 wird bei Mauthausen, einem Eine Gaskammer zur Menschentötung ist noch immer nicht
kleinen Städtchen an der Donau östlich von Linz, ein Kon- vorhanden.
zentrationslager errichtet. Kriegsbedingt dauert der KL-Aufenthalt des Vaters wieder
Das Lager ist für heimische Schwerverbrecher bestimmt. Im nicht lange. Bald kehrt er zu seiner Truppe zurück.
Krieg kommen kriminelle Kriegsgefangene hinzu. Die Häft- Auch der Sohn Emil bekommt während des Krieges wieder-
linge arbeiten in den nahe gelegenen Granitsteinbrüchen. Im holt Gelegenheit, das KL Mauthausen von innen zu sehen: Er
Laufe der Zeit wird das Lager durch das Außenlager Gusen absolviert während des Krieges neben der Schule eine Aus-
sowie um eine Anzahl Nebenlager erweitert. bildung als Luftschutzmelder und Krankenpfleger. Nach Be-
Trotz Verbotes hört die Familie Lachout auch nach dem An- endigung der Schule im Sommer 1942 wird er Sanitätshelfer
schluß noch tschechischen Rundfunk. Nachbarn bemerken es der Freiwilligen Krankenpflege. Daneben besucht er eine In-
und erstatten Anzeige. Ein Parteigenosse schaut nach dem genieurschule der Reichsbahn.
Gegen Kriegsende wird Emil in Mauthausen zum Kranken-
transportdienst eingesetzt und kann nun ebenfalls das Lager
inspizieren. Auch er erfährt nichts über Menschentötungen
mittels Gas. Der Krankentransporter steht zwischen dem La-
gergefängnis und der Krankenstation, dort, wo nach dem
Kriege die angebliche „Originalgaskammer“ erstanden ist.
Wenige Tage vor Kriegsende begleitet Emil den Transport
eines Schwerverbrechers ins KL Mauthausen. Wieder parkt
der LKW auf der gleichen Stelle. Die heutige „Originalgas-
kammer“ hat sich auch jetzt noch nicht eingefunden.

Poker ums Gas


MILITÄRPOLIZEILICHER DIENST
Als die Sowjets am 9. Mai 1945 den noch nicht von den
Westalliierten befreiten Teil Niederösterreichs besetzen, fällt
Emil Lachout ihnen in die Hände. Er soll in den Osten ab-

Der jugendliche Emil Lachout, 1948 Eingang zum KL Mauthausen während des 3. Reiches

422 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


transportiert werden, kann jedoch trotz schwerer Typhuser- bis heute immer wieder angezweifelt werden, sei hier die
krankung nach Hause fliehen. amtliche Bestätigung für beides wiedergegeben, vgl. die Do-
Zunächst setzt er sein Studium an der Wiener Ingenieurschu- kumentenabbildungen.
le, jetzt Höhere Technische Lehranstalt, fort. Am 17. Juni
1946 schließt er das Studium erfolgreich ab. GAS
Da er keine Anstellung erhält, arbeitet er für ein Jahr wieder Am 7. Mai 1945 wird das Lager Mauthausen zunächst von
als Krankenpfleger im Sanitätsdienst für deutsche Kriegsge- den Amerikanern besetzt. In der Zeit vom 21. bis 28. Mai
fangene. 1945 lassen die diensthabenden US-Militärs Captain Lewy
Am 28. Juli 1947 wird er bei der Markt- und Lebensmittelpo- und Major Eugene Cohen von 400 deutschen Kriegsgefange-
lizei der Stadt Wien als Beamtenanwärter eingestellt. nen aus dem Gefangenenlager Jahnschule/Urfahr im Keller
Wenig später, am 1. Oktober 1947 wird Emil Lachout auf- der Krankenstation eine als Duschraum getarnte „Gaskam-
grund seiner Tätigkeit während des Krieges von der österrei- mer“ mit einem Doppelkrematoriumsofen errichten.3 Zeit-
chischen Bundesregierung zum Militärpolizeilichen Dienst gleich gibt es dementsprechende Täter- und Opfergeständnis-
(MPD) im Rang eines Leutnants abgeordnet. Der Militärpoli- se:
zeiliche Dienst ist der Alliierten Kommission für Österreich Der befreite Mauthausenhäftling und spätere Hofrat Hans
unterstellt, in diesem Fall der russischen Militärkommandan- Marsalek berichtet, der von den Amerikanern tödlich verletz-
tur des russisch besetzten Sektors von Wien.1 Der MPD hat te Lagerkommandant Franz Ziereis habe kurz vor seinem
die Aufgabe, die Russen beim Umgang mit der einheimi- Hinscheiden noch ein Geständnis über die Existenz einer La-
schen Bevölkerung zu unterstützen. Er besteht anfangs aus gergaskammer abgegeben.4
500 Österreichern, pro Kompanie steht ein russischer Offi- Weitere ehemalige Lagerinsassen melden sich, um Gleiches
zier, pro Zug ein russischer Unteroffizier als Dolmetscher zur zu bezeugen.5 Man kommt schließlich auf zwei Millionen
Verfügung. Der Dienst ist nebenberuflich. Emil Lachout ge- Gaskammertote in Mauthausen.6
hört diesem Dienst bis zur Beendigung des Besatzungsstatus Die Wachmannschaft wird, soweit bei der Besetzung nicht
im Jahre 1955 an. Kurz vor Auflösung des MPD wird er am umgekommen, gefangen genommen und zur Aburteilung
1. April 1955 in Wien noch zum Major ernannt. nach Dachau verbracht. Auch in den dortigen Untersu-
Da die Existenz des MPD und Emil Lachouts Mitgliedschaft chungsgefängnissen kommt es zu Tätergeständnissen über
angebliche Verbrechen der Lagermannschaft an den Häftlin-
gen.7
Am 7. März 1946 werden aufgrund der Täter- und Opferge-
ständnisse 61 Mitglieder der Lagermannschaft in Dachau
wegen Menschenrechtsverletzungen angeklagt. Am 11. Mai
werden alle Angeklagten für schuldig befunden. Die aller-
meisten von ihnen werden ein Jahr später, am 27. und am 28.
Mai 1947, in Landsberg hingerichtet.8
Im Sommer 1945 wird das Lager den Russen übergeben. Die
Russen benutzen es als Kaserne, und offenbar in Unkenntnis
ihrer hintersinnigen Bestimmung wird in der „Gaskammer“
geduscht. Die deutschen Kriegsgefangenen haben demnach
gute Arbeit geleistet: Die getarnten Gasduschen funktionie-
ren auch mit Wasser.
Zwischen Lagergefängnis und Krankenstation bauen sich die
Russen ein Kühlhaus für ihre Fleischvorräte.
Im Mai 1946 ziehen sie wieder ab. Das Lager steht leer und
wird von der Bevölkerung zur Baustoffbeschaffung genutzt.
Die Nachkriegs-„Dusch-Gaskammer“ verliert ihre Ausstat-
tung und ihr Gesicht.

GUTACHTEN
Trotz Versuche, die Vorgänge um die Tätergeständnisse ge-
heim zu halten, wird bekannt, daß diese durch Folterungen
erpreßt worden sind. Es gibt Proteste der Weltöffentlichkeit,
dazu Anfragen der deutschen katholischen Bischofskonfe-
renz.
Um Unruhe zu vermeiden, nehmen sich sowohl die Besatzer
als auch die deutschen und österreichischen Behörden der
Sache an. Schon am 29. August 1945 hat die österreichische
Staatskanzlei in einem Memorandum festgestellt, daß es we-
der im KL Mauthausen noch in anderen KLs auf deutschem
Boden Gaskammern zur Menschentötung gegeben habe.9 Es
werden Zweifel am Ziereisgeständnis laut.4
Vom 1. bis zum 8. März 1946 stellt ein britisches Militärge-
richt in Hamburg eine Liste von deutschen KLs mit Men-
Amtsbestätigung für Emil Lachouts Teilnahme am MPD2 schengaskammern zusammen, Mauthausen wird nicht ge-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 423


nannt. Überdies wird festgestellt, daß Mauthausen im Krieg Von der Alliierten Kommission wurden folgende Schlußfol-
nicht mit Zyklon B beliefert worden sei.10 gerungen gezogen:
– Die bisher durchgeführten Untersuchungen und Erhe-
ALLIIERTE UNTERSUCHUNGSKOMMISSIONEN bungen müssen unter gewissenhafter Beachtung des
In Deutschland und in Österreich werden alliierte Untersu- Genfer Abkommens über die Behandlung von Kriegsge-
chungskommissionen ins Leben gerufen, um den Vorwürfen fangenen und der Menschenrechtskonvention wieder-
im Einzelnen nachzugehen.11 Dies geschieht unter der Lei- holt werden. Gerichtlich abgeschlossene Verfahren
tung des Rechtsberaters der US-Militärregierungen in sind nur dann zu überprüfen, wenn entsprechende An-
Deutschland und Österreich, US-Oberst Dr. Stephen Pinter, träge oder Beschwerden vorliegen.
der während der Dachauer Schauprozesse auch als Anwalt tä- – Allen Untersuchungen und Erhebungen, insbesondere
tig war. den Vernehmungen, sind österreichische Fachkräfte
Am 7. März 1948 stellt die Britische Militärgerichtliche Un- des militärpolizeilichen Dienstes zur fachkundigen Un-
tersuchungskommission (Lt. Col. Nashton Hill) in einem terstützung und als Zeugen beizuziehen. Sollten diese
Rundschreiben fest, daß es in folgenden KZs keine Men- Organe Folterungen und Gehirnwäsche feststellen,
schenvergasungen gegeben habe: Bergen-Belsen, Buchen- dann haben sie das Recht, hierüber sofort Meldung bei
wald, Dachau, Flossenbürg, Mauthausen, Mittelbau-Dora, den zuständigen alliierten Militärbehörden zu erstatten,
Natzweiler/Struthof Niederhagen/Wewelsburg, Stutthof, die diese Übelstände ehestens abzustellen haben.
Theresienstadt.12 – Die alliierten Soldaten und Beamten, welchen Folte-
Die Untersuchungskommission in Wien wird von Major An- rungen nachgewiesen werden können, sind sofort zu
ton Müller geleitet, nach Aussage Emil Lachouts ein Russe anderen Dienststellen zu versetzen. (Anmerkung: Eine
mit deutschem Decknamen. Der MPD wird an den Untersu- strafrechtliche Verfolgung war nicht vorgesehen.)
chungen beteiligt, Emil Lachout ist als Adjutant Major Mül- Aufgrund dieser Richtlinien wurden viele Verfahren einge-
lers Untersuchungsoffizier für Österreich. stellt und die Kriegsgefangenen entlassen. Es konnte aber
In einer im Zuge seiner späteren festgestellt werden, daß diese
gerichtlichen Auseinanderset- Richtlinien umgangen wur-
zungen abgegebenen eidesstattli- den, indem Gefangene mit
chen Erklärung beschreibt er sei- den erpreßten Geständnissen
ne diesbezügliche Tätigkeit:13 an Oststaaten übergeben
»Aufgrund vielfacher Berichte wurden, wo eine weitere
und Beschwerden, daß die Überprüfung und Kontrolle
sogenannten „Kriegsverbre- durch Österreicher nicht
chergeständnisse“ durch Fol- möglich war.
terung und Gehirnwäsche Ich möchte ausdrücklich fest-
(Mentizid) erreicht wurden, stellen, daß es in den Oststaa-
wurden im Jahr 1948 in ten keine solche alliierten Un-
Österreich und in Deutsch- tersuchungskommissionen
land alliierte Sonderkommis- gegeben hat.
sionen mit der Prüfung dieser Die in Dachau angeklagte Lagerleitung vom KL Mauthau- Im Auftrage der österreichi-
Vorwürfe betraut. sen. Stehend mit der Nr. 13 der Gauleiter August Eigru- schen Bundesregierung haben
Diese alliierte Kriegsverbre- ber. als österreichische Vertreter
cher-Untersuchungskommis- an dieser Überprüfung Herr
sion hat in Österreich folgendes festgestellt: Major Müller, abwechselnd verschiedene (Amts-)Ärzte und
– Die Geständnisse der kriegsgefangenen deutschen Sol- ich teilgenommen. Ich habe nach Ansage von Herrn Major
daten und insbesondere die der Angehörigen der Waf- Müller die erforderlichen Aufzeichnungen in deutscher
fen-SS und der SS-Wachtruppe sind durch Folterungen Sprache geführt. Außerdem habe ich unter Aufsicht von
und Gehirnwäsche erpreßt oder gefälscht worden. Herrn Major Müller die Einvernahmen über die Folterun-
– Im Konzentrationslager (KL) Mauthausen hat es bis zur gen geführt und deren Abstellung veranlaßt.
Befreiung im Jahre 1945 keine Gaskammern gegeben, Die Ärzte haben die Gefolterten medizinisch untersucht
in welchen Menschen vergast wurden. und die entsprechenden Befunde ausgestellt. Diese Schrift-
– Es wurde festgestellt, daß die Aussagen vieler KZ- stücke wurden von Dolmetschern der Alliierten in englisch,
Häftlinge unrichtig und unglaubwürdig waren, weil französisch und russisch übersetzt.
sich die kriminellen Häftlinge fälschlich als politisch Zur Information wurden alle betroffenen Dienststellen mit-
oder rassisch Verfolgte bezeichnet hatten und mit den tels Rundschreiben verständigt.
Greuelgeschichten ihre kriminelle Bestrafung vertu- Ich kann mich erinnern, daß von der in Deutschland täti-
schen wollten, um nicht den Rest ihrer Strafe absitzen gen alliierten Untersuchungskommission Berichte einge-
zu müssen. Außerdem konnte in vielen Fällen bei den langt sind, wonach bei der Untersuchung festgestellt wur-
Aussagen von Angehörigen der Oststaaten festgestellt de, daß auch in anderen Konzentrationslagern keine Men-
werden, daß diese nie in einem KZ, sondern in Arbeits- schen vergast wurden. Als einziges Lager habe ich mir nur
lagern waren und die Greuelberichte nur deswegen er- Dachau gemerkt, da mein Vater dort einige Tage als politi-
zählt haben, um einer Verfolgung als Kollaborateure zu scher Häftling war und mir der Bundesfeldmeister des
entgehen. Auffallend war auch, daß viele Zeugen aus österr. Pfadfinderbundes Karl Prochazka, der dort auch
den Oststaaten unvermittelt nach ihren Aussagen ver- als Häftling war, ebenfalls bestätigt hat, daß es in diesem
storben waren. Lager keine Menschenvergasung gegeben hat.

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Der Akt (mehrere Ordner) wurde bei Auflösung des mili- Doppelspiele
tärpolizeilichen Dienstes dem Beauftragten der österrei- Während sich in Deutschland die Ergebnisse der Untersu-
chischen Bundesregierung übergeben.« chungskommissionen „Keine Gaskammern auf deutschem
Überdies entdeckt Emil Lachout in den Akten des IMT das Boden“ mit der Zeit durchsetzen und Teil des öffentlich zu-
Dokument über das KL Mauthausen, in welchem die Zwei- gelassenen Denkens werden, laufen in Österreich bezüglich
millionenzahl der angeblich in Mauthausen Vergasten festge- des Vorhandenseins einer Menschengaskammer im KL
schrieben ist.6 Er kann das Dokument als Fälschung entlarven. Mauthausen zwei sich gegenseitig ausschließende und folg-
Die Untersuchungsberichte der verschiedenen Untersu- lich einander mit wechselnder Intensität bekämpfende Rich-
chungskommissionen werden dem MPD zugestellt und von tungen nebeneinander her: Im Auftrag der Siegernationen
ihm ausgewertet. Am 1. Oktober 1948 setzt Emil Lachout ein beharren jüdische, internationale und sog. antifaschistische
Rundschreiben mit der Zusammenfassung der eingegangenen Organisationen trotz aller gegenteiligen Untersuchungser-
Berichte und der eigenen Untersuchungen auf. Verantwort- gebnisse weiter auf der Mauthausener Gaskammer und setzen
lich für das Schreiben zeichnet Major Anton Müller. Das die Öffentlichkeit und somit auch die Regierung unter Druck,
Schreiben ist beglaubigt von Lachout, Leutnant. Das Schrei- um das Land durch Schuldzuweisungen für Sühnezahlungen
ben in deutscher Sprache ist für die im Dienst stehenden erpreßbar zu machen.
Österreicher bestimmt. Daneben werden englische, französi- Das Wissen um die später eingebaute Gaskammer läßt sich
sche und russische Übersetzungen für die alliierten Dienst- jedoch nicht zum Verschwinden bringen. Quer durch alle
stellen angefertigt. Im ganzen werden ca. 60 Exemplare ver- Ränge bleibt untergründig das Bestreben lebendig, die Wahr-
teilt. heit über das Mauthausener Gas ans Licht zu bringen und das
Land vor den ungerechtfertigten
Schuldzuweisungen und Forderungen
zu bewahren.

NEUBEGASUNG
Am 20. Juli 1947 wird das leere KL
Mauthausen dem österreichischen Staat
von den Besatzern mit der Auflage
übergeben, dort eine Gedenkstätte ein-
zurichten. Es konstituiert sich eine aus
ehemaligen Häftlingen bestehende La-
gergruppe Mauthausen, welche die Sa-
che in die Hand nimmt. Die Gruppe be-
schließt den »weitgehenden Abriß der
vorhandenen Bausubstanz, um den Rest
als Gedenkstätte zu erhalten«. Weiter
stellen die Ex-Insassen fest:15
»Zu rekonstruieren sind Gaskam-
mern, Zellen, Hinrichtungsstätten
[…]«
Der damalige österreichische Justizmi-
nister Dr. Klecatsky schreibt im März
1949 unter der Überschrift »Österreich
baut ein KZ«:16
»[…] nach dem Inhalt der veröf-
fentlichten Pläne besteht kein Zweifel
daran, daß aus dem ehemaligen KZ
ein Museum des Schreckens geschaf-
fen werden soll. Nichts wird fehlen.
Das Original-KZ wird in seinen we-
sentlichen Teilen wiedererstehen.
Das Arrestgebäude mit all seinen
Zellen, das Krematorium, die Ge-
nickschußanlage und die Gaskammer
– unentbehrliche Lokalitäten jeder
Todesmühle – sollen mit besonderer
Sorgfalt rekonstruiert werden.«
Wenig später wird das Gelände des
ehemaligen KL Mauthausen zum öf-
fentlichen Denkmal erklärt und die Ge-
denkstätte mitsamt der „wiederherge-
richteten“ Gaskammer eröffnet. Die
Regierungsmitglieder, zum Großteil
Das Lachout- Gutachten14 ehemalige Mauthausenhäftlinge, sind

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halbherzig bei der Sache. Die Gedenkstätte findet in der Be- sonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung bis
völkerung nur zurückhaltende Beachtung. zu 20 Jahren bestraft.«
Im Jahre 1955 bekommt Österreich seinen Staatsvertrag, die Im Jahre 1992 wird der Straftatbestand: Leugnung des natio-
Besatzer ziehen ab. Alle die Besatzung betreffenden Akten nalsozialistischen Völkermordes in einem eigenen Artikel
werden mitgenommen, auch die Akten der Alliierten Unter- formuliert:20
suchungskommission. Die geistige Besatzung bleibt. Ȥ3h:
In den 60er Jahren beschließt die Regierung eine Neugestal- Nach § 3g wird auch bestraft, wer in einem Druckwerk, im
tung der Gedenkstätte. Da die „wieder“-hergerichtete ameri- Rundfunk oder in einem anderen Medium oder wer sonst
kanische Gaskammer den Neugestaltern zu bescheiden er- öffentlich auf eine Weise, daß es vielen Menschen zugäng-
scheint, wird nun das einstige russische Kühlhaus zur Gas- lich wird, den nationalsozialistischen Völkermord oder an-
kammer bestimmt und entsprechend umgestaltet. Es entsteht dere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Mensch-
wiederum ein als „Gaskammer“ „getarnter“ Duschraum, mit lichkeit leugnet, gröblich verharmlost, gutheißt oder zu
3,57 m × 3,87 m seinen Vorgänger etwas an Geräumigkeit rechtfertigen sucht.«
übertreffend. Dazu wird Gaskammer Nr. zwei mit zwei Tü- Zur keiner Beweise bedürftigen Offenkundigkeit nationalso-
ren versehen. Gaskammer Nr. eins hatte nur eine. Der Dop- zialistischer Verbrechen aber, wie sie nach dem Vorbild des
pelkrematoriumsofen verbleibt im Keller des Krankenbaus, IMT in den deutschen Gerichten praktiziert wird, hat sich die
wird nur von seinem bisherigen Ort in einer Ecke des Rau- österreichische Gesetzgebung nicht erniedrigt. Der Begriff
mes der besseren Sichtbarkeit halber in die Mitte gerückt. gerichtsnotorisch, d. h. gerichtsbekannt, wird nicht auf die
Dabei kommt ihm der Kaminanschluß abhanden, was jedoch, Verbrechen des Nationalsozialismus angewandt. Gegenar-
da er ja nur noch dekorativen Zwecken dient, nicht als stö- gumente gegen Menschenvergasungen werden demnach bei
rend empfunden wird. Bauherr ist die Baufirma Peters und Gericht zur Kenntnis genommen. Folglich gibt es in österrei-
Pascher, Linz.17 chischen Gaskammerprozessen immer wieder Freisprüche,
Nach Fertigstellung wird der Öffentlichkeit eine neue als Freisprüche sogar für angebliche „Täter“ und „Leugner“ ei-
Duschraum getarnte „Originalgaskammer“ vorgestellt, die nes Menschenvergasungsbetriebes im KL Auschwitz.21 Diese
jedoch wieder keine zur Menschenvergasung notwendigen
Gerätschaften enthält. Diese – so wird gesagt – seien allesamt
von der SS bei ihrem Abzug aus dem Lager entfernt worden.
Die Gaskammergeständnisse werden der neuen Gaskammer
angepaßt, man einigt sich, nachdem die während des IMT
behauptete Zweimillionenzahl auch in der vergrößerten Gas-
kammer nicht glaubhaft gemacht werden kann, auf ca. 4.000
Vergaste im KL Mauthausen.
Um die Rechte der österreichischen Opfer des Nationalsozia-
lismus zu wahren und auch wissenschaftlich zu untermauern,
wird 1963 das Dokumentationsarchiv des österreichischen
Widerstandes (DÖW)18 gegründet, welches, reichlich mit
Steuergeldern versehen, bald zufriedenstellende Arbeit lei-
stet. Zusatzaufgabe des Institutes ist, Gaskammerbezweifler
und Neonazis aufspüren und zur Anzeige zu bringen. Nach
zwanzigjähriger Tätigkeit sind dies bereits 600. Leiter des Gaskammer im KL Mauthausen in derzeitiger Gestalt.
DÖW sind zur Zeit Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer, Sohn An der Decke die Brauseköpfe in der angeblich als Dusch-
eines Waffen-SS Führers der Division Das Reich, und Prof. raum getarnten „Gaskammer“
Dr. Brigitte Bailer-Galanda. Die Professorentitel sind mit
Eintritt in die Institutsarbeit verliehen worden.

Freisprüche
Die österreichischen Gaskammeranzweiflungsprozesse ste-
hen auf dem Boden des Verbotsgesetzes, welches eine Wie-
derbetätigung im Sinne des Nationalsozialismus mit hohen
Freiheitsstrafen belegt. Unter Wiederbetätigung fällt auch das
Anzweifeln nationalsozialistischer Verbrechen.
Das Verbotsgesetz ist einen Tag nach Kriegsende, also am 9.
Mai 1945 von der damaligen Provisorischen Staatsregierung
erlassen worden. Von der russischen Besatzungsmacht wurde
die Veröffentlichung dieses Gesetzes im Mai 1945 verboten,
weil jene der Staatsregierung keine gesetzgebende Gewalt
zuerkannte. Dennoch besteht das auf schwankendem Boden
errichtete Gesetz bis heute. Wichtigster Artikel ist §3g:
»Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichne- Heizungsrohre in der Gaskammer Mauthausen. Da Wärme
te Weise (Einsatz für die Ziele des Nationalsozialismus) im nach oben steigt, werden Heizungsrohre immer unten ange-
nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, sofern die Tat bracht. Diese Rohre können nur die Kühlrohre des ehemali-
nicht nach einer anderen Bestimmung strenger strafbar ist, gen russischen Kühlraums sein, denn Kälte sinkt nach un-
19
mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren, bei be- ten.

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Freisprüche regen in Österreich immer neu zu weiterem HALT!
Nachdenken über die Möglichkeit von Menschenvergasun- Während das nachbarliche Deutschland seit dem Frankfurter
gen an. Auschwitz-Prozeß von 1963 bis 1965 seine ins Millionenfa-
che angewachsenen Gastoten ins Polnische auslagert, vor der
Keine Vergasungen im Altreich Weltöffentlichkeit im Auschwitzfieber sühnt und jegliche
Im Gegensatz zu Österreich werden in Deutschland die Aus- Gegenargumente mit Offenkundigkeit abschmettert, bleibt
sagen der Alliierten Untersuchungskommissionen zur Kennt- das österreichische Mauthausen mit seiner bescheidenen
nis genommen und schließlich im Jahre 1960 der Öffentlich- 4.000-Opfer-Gaskammer zunächst von der Weltöffentlichkeit
keit bekannt gemacht. Am 19. August 1960 schreibt der da- so gut wie unbeachtet.
malige Leiter des Institutes für Zeitgeschichte in München Trotz der Freisprüche geht es die nächsten zwei Jahrzehnte
Martin Broszat in der Zeit:22 im KL Mauthausen nahezu störungsfrei dahin.
»Keine Vergasung in Dachau Im Jahre 1987 schließlich steigt der im Verborgenen schwe-
WEDER in Dachau noch in Bergen-Belsen noch in Bu- lende Kampf um das Gas in Mauthausen an die Oberfläche,
chenwald sind Juden oder andere Häftlinge vergast wor- in die Gaskammerfrage kommt neues Leben:
den. Die Gaskammer in Dachau wurde nie ganz fertigge- Österreich ist nicht nur Opfer- sondern auch Täternation.
stellt und "in Betrieb" genommen. Hunderttausende von Immer erneut gibt es seitens Israels Wiedergutmachungsfor-
Häftlingen, die in Dachau oder anderen Konzentrationsla- derungen. Österreich versucht die Verschleppungstaktik,
gern im Altreichsgebiet umkamen, waren Opfer vor allem 1987 schließlich sind Forderungen in Milliardenhöhe nicht
der katastrophalen hygienischen und Versorgungszustän- mehr abzuwenden. Der damalige Innenminister Karl Blecha
de: Allein in den zwölf Monaten von Juli 1942 bis Juni (SPÖ) sinnt auf Abhilfe.
1943 starben laut offizieller Statistik der SS in allen Kon- Seit 1986 prozessiert Friedrich Rainer, der Sohn des einsti-
zentrationslagern des Reiches 110812 Personen an Krank- gen Gauleiters von Kärnten, mit Simon Wiesenthal um die
heiten und Hunger. Ehre seines Vaters.23 Auch die Gaskammer vom KL Maut-
Die Massenvernichtung der Juden durch Vergasung be- hausen ist im Gespräch. Karl Blecha informiert Friedrich
gann 1941/1942 und fand ausschließlich an einigen weni- Rainer über die Existenz eines Gutachtens, welches die
gen hierfür ausgewählten und mit Hilfe entsprechender Mauthausen-Gaskammer als Schwindel beweise. Als Ge-
technischer Einrichtungen versehenen Stellen, vor allem im währsmann wird, da der Major Müller nicht mehr greifbar
besetzten polnischen Gebiet (aber nirgends im Altreich) ist,24 Emil Lachout genannt. Friedrich Rainer nennt diesen als
statt: in Auschwitz-Birkenau, in Sobibor am Bug, in Entlastungszeugen, welcher am 9. September 1987 geladen
Treblinka, Chelmno und Belzec. wird. Der Richter Friedrich Umlauft nimmt jedoch den Zeu-
Dort, aber nicht in Bergen-Belsen, Dachau oder Buchen- gen nicht an mit der Begründung: »Es ist gerichtsbekannt,
wald, wurden jene als Brausebäder oder Desinfektions- daß es in Mauthausen keine[!!!] Gaskammern gab«.25
räume getarnten Massenvernichtungsanlagen errichtet, Lachout wird daraufhin allerdings nicht von Wiesenthal we-
von denen in Ihrem Artikel die Rede ist. Diese notwendige gen Leugnung von Gaskammern angezeigt.
Differenzierung ändert gewiß keinen Deut an der verbre- Daraufhin gibt Emil Lachout im Oktober des Jahres die oben
cherischen Qualität der Einrichtung der Konzentrationsla- zitierte Eidesstattliche Erklärung über seine Tätigkeit im
ger. Sie mag aber vielleicht die fatale Verwirrung beseiti- Rahmen der Alliierten Untersuchungskommission ab.
gen helfen, welche dadurch entsteht, daß manche Unbe- Karl Blecha geht weiter. Durch einen Mittelsmann spielt er
lehrbaren sich einzelner richtiger, aber polemisch aus dem das Müller-Lachout-Dokument Gerd Honsik, den Herausge-
Zusammenhang gerissener Argumente bedienen, und daß ber der Zeitschrift HALT zu.26 Gerd Honsik greift zu und
zur Entgegnung Leute herbeieilen, die zwar das richtige stellt in der Novemberausgabe des Jahres 1987 das Doku-
Gesamturteil besitzen, aber sich auf falsche oder fehlerhaf- ment in seiner Zeitschrift der Öffentlichkeit vor.
te Informationen stützen.«
Der Inhalt des Müller-Lachout-Dokum-
entes wird wiederholt, jedoch mit einer
Einschränkung: Das dort erwähnte KL
Mauthausen fehlt. Daß es sich nicht um
ein Versehen handelt, zeigt die Hinzu-
fügung: nirgends im Altreich. Als Alt-
reich bezeichnet man deutsches Gebiet
vor dem Anschluß Österreichs. Maut-
hausen wird damit aus den gaskammer-
freien Lagern ausdrücklich ausge-
schlossen, wenn es auch anschließend
heißt, Menschenvergasungen habe es
vor allem im besetzten polnischen Ge-
biet gegeben, und wenn auch in der
Reihe der Lager mit Gaskammervor-
richtung Mauthausen nicht erwähnt
wird.
Ist da eine Absprache getroffen wor-
den, um Österreichs Kleingaskammer
der Nachwelt zu erhalten? HALT, Nr. 40, November 1987

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 427


Über den Sinneswandel der österreichischen Bundesregie- Jahre 1987 auf. Emil Lachout, Religionslehrer aus Wien,
rung macht er sich folgende Gedanken: veröffentlichte in der Neonazi-Zeitschrift „Halt“ ein eben-
»Irgendwann nach diesem ersten Oktober 1948 muß die so brisantes wie gefälschtes Dokument. Darin stellt ein
Bundesregierung […] durch irgendwelche Umstände dazu (unbekannter) „Militärpolizeilicher Dienst“ fest: In Maut-
veranlaßt worden sein, die auf eigenen Wunsch erarbeite- hausen und in zwölf weiteren KZ hätte es keine Tötung
ten und für Österreich günstigen Erkenntnisse unterdrückt durch Giftgas gegeben. Lachout wurde angeklagt und ver-
und einer Lügenpropaganda in den Medien und an den urteilt.«
Schulen Raum gegeben zu haben, die genau das Gegenteil Die letzte falsche Aussage muß von dem Blatt zurückge-
von dem behauptete, was die alliierte Kommission auf nommen und berichtigt werden. Emil Lachout ist in all den
Wunsch der Bundesregierung herausgefunden und aner- Jahren nie verurteilt worden.
kannt hatte. […] Zur wissenschaftlichen Untermauerung der Argumente gibt das
Meiner Meinung nach müssen es politische Absprachen DÖW im Mai 1989 eine Schrift heraus: Das Lachout-„Doku-
gewesen sein, die die österreichische Bundesregierung zu ment“, Anatomie einer Fälschung.28 Im Vorwort heißt es:
einem Gesinnungswandel bewogen haben. Sei es nun, daß »Aus zwei Gründen haben wir uns entschlossen, die we-
die Alliierten selbst einer Veröffentlichung ihrer eigenen sentlichen Teile des Wahrheitsbeweises in der vorliegenden
Erkenntnisse doch nicht zustimmen wollten, weil sie ihre Broschüre zu veröffentlichen: Zum einen weil das Lachout-
Umerziehungspläne dadurch gefährdet sahen, sei es, daß „Dokument“ von „Halt“ und ähnlichen Organen vor-
sie fürchteten, daß auch Untersuchungen betreffend Au- nehmlich im Schulbereich verbreitet und nicht zuletzt auf-
schwitz verlangt werden könnten und sie dann überhaupt grund der (fälschlichen) Bezeichnung von Lachout als
den gesamten Gaskammerschwindel aus ihrer Propaganda „Amtssachverständiger“, „Sonderbeauftragter der Bun-
hätten fallen lassen müssen. Es könnte aber auch sein, daß desregierung“. und „Gendarmeriemajor“ zu Verunsiche-
Israel in Hinblick auf seine Wiedergutmachungsforderun- rungen in Schüler- und Lehrerkreisen führte. Zum anderen
gen Druck auf die Westalliierten ausgeübt hat, die gewon- weil die zuständigen Behörden und Gerichte – trotz zweier
nenen Erkenntnisse zu unterdrücken, um den gestellten parlamentarischer Anfragen an den Justizminister – offen-
Rahmen der Wiedergutmachung nicht zu gefährden.« bar nicht imstande sind, für eine rasche, effiziente und den
Um dem erwarteten Entrüstungssturm über das Dokument verfassungsgesetzlichen Vorschriften entsprechende Un-
die Kraft zu nehmen, veranlaßt Karl Blecha Emil Lachout am terbindung von Fälschungen und Neonazipropaganda zu
27. Oktober des Jahres, die Echtheit desselben zum zweiten sorgen: Unseres Erachtens ist es unerträglich, Behauptun-
Mal zu beglaubigen.13 gen über die Nichtexistenz von Gaskammern unwiderspro-
Überdies regt er über seine politischen Verbindungen die chen zu lassen. Was sollen etwa die Angehörigen und
Freie Universität Berlin zur Überprüfung des KLs Mauthau- Nachfahren von jenen, die in diesen Gaskammern ermor-
sen an. In der wissenschaftlichen Untersuchung, die 1990 det worden sind, von einem Österreich halten, in dem sol-
veröffentlicht wird, stellt die Autorin Gudrun Schwarz klar, che Ungeheuerlichkeiten ungestraft möglich sind? […]
daß die Behauptung, es habe im KL Mauthausen eine Gas- [Wir haben] die Hoffnung und Erwartung, daß die hier
kammer gegeben, als eine auf »Nichtwissen beruhende Le- aufgezeigten Fälschungen und neonazistischen Propagan-
gende« einzustufen sei.27 dalügen letztlich eine gerichtliche Ahndung zur Folge ha-
ben werden. Es wäre für Österreichs Ansehen und Stellung
Verleumdungen in der Welt verheerend, wenn unser im Kampf gegen den
Der Entrüstungssturm setzt ein. Das DÖW unter der Leitung Nazifaschismus wieder entstandenes Land als Freiraum für
von Prof. Dr. Wolfgang Neugebauer und Prof. Dr. Brigitte Neonazipropaganda und Antisemitismus angesehen wer-
Bailer-Galanda veranlaßt zum einen das erwartete und bis den müßte. Das DÖW jedenfalls wird seine Bemühungen
zum heutigen Tage nicht abklingende Echo vornehmlich in um zeitgeschichtliche Wahrheitsfindung und Aufklärungs-
der linken Presse. Im Ton weinerlicher Betroffenheit wird arbeit unbeirrt fortsetzen.
Emil Lachout als »Neonazi« und »Gaskammerleugner«, Wien, im Mai 1989
überdies als »Dokumentenfälscher« nicht nur des vorgestell- Dr. Wolfgang Neugebauer, wissenschaftlicher Leiter des
ten Dokumentes, sondern auch aller anderen Dokumente, die DÖW.«
seinen Lebensweg betreffen, verunglimpft. Vor allem, so Im Text findet sich der ahnungsvolle Satz: »Wären die im
wird verbreitet, habe es einen Militärpolizeilichen Dienst Lachout-Dokument behaupteten Dinge wahr, würde die Ge-
überhaupt gar nicht gegeben. denkstätte Mauthausen zu einem staatlichen Schwindel er-
Zwei Beispiele: klärt.«29
Die Volksstimme, Zeitung der kommunistischen Partei Öster- Jahre später, als die Chancen für die Mauthausener Gaskam-
reichs, KPÖ, schreibt am 4. 3. 1988 unter dem Titel: mer bezüglich ihrer Existenz schon beträchtlich gesunken
»Neonaziblatt HALT: Reine Fälschung: […] es dürfte sich waren, fühlt sich das DÖW noch einmal zu einer „wissen-
bei Emil Lachout um einen einzigartigen Hochstapler han- schaftlichen“ Dokumentation ihres Lieblingskindes veran-
deln. […] Es gibt in Honsiks Papier keinen einzigen au- laßt: Im Blatt Zeitgeschichte30 erscheinen über die Mauthau-
thentischen und belegbaren Punkt. Ausstellende Behörde sener Gaskammer und ihre Zeugen zwei Abhandlungen, wel-
ist ein „Militärpolizeilicher Dienst“. Diesen hat es als che in einer Rezension so kommentiert werden:31
österreichische Behörde mit Sicherheit nie gegeben.« »Die Autoren Freund/Perz/Stuhlpfarrer bringen es fertig,
Das Neue Wiener Tagblatt, Sozialistische Arbeiterzeitung lückenlos die Existenz einer Menschen-Gaskammer zu be-
schreibt am 20. Oktober 1989 unter der Überschrift: weisen (durch Zeugenaussagen) und sie gleichzeitig zu wi-
»Wiesenthal: „Haider-Distanz zu Weiss überzeugt nicht“ derlegen (durch Fakten).«
Eine österreichische Version der „Auschwitzlüge“ – der Daneben werden Emil Lachouts Stellungen angegraben: Am
sogenannte „Mauthausenbetrug“ – kam überhaupt erst im 3. Mai 1988 wird der österreichische Pfadfinderbund, in dem

428 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Emil Lachout geachtetes Mitglied ist, vom DÖW über dessen Im Oktober 1987 ist Emil Lachout wegen seiner damals 45-
„verbrecherische“ Betätigungen informiert und sein Aus- jährigen ehrenamtlichen Tätigkeit im öffentlichen Rettungs-
schluß gefordert. Bei Nichtbefolgung des Begehrs wird mit dienst zur Verleihung des Goldenen Verdienstkreuzes des
Streichung der Subventionen gedroht. Als Emil Lachout der Landes Wien33 vorgeschlagen worden. Aufgrund der öffent-
Bitte des Bundes, doch wegen der drohenden Einbuße frei- lich bekannt gewordenen „Wiederbetätigung“ Emil Lachouts
willig auszutreten, nicht stattgibt, wird er mit Beschluß vom wird die Ehrung gestrichen.
16. 05. 1988 ohne Verfahren ausgeschlossen. Funktionen, Seit 1971 ist Emil Lachout an den Höheren Technischen
Ehrenrechte und Ehrenzeichen werden ihm entzogen. Von Bundeslehranstalten in Wien als hauptamtlicher evangeli-
einem Kameraden erhält er folgenden Brief:32 scher Religionslehrer tätig.
»Lieber Emil! Am 13. September 1984 ist ihm der Titel Schulrat verliehen
Unabhängig davon teilt Dir die 1. Kolonne mit, daß Du worden.34 Am 20. Juni 1988 bekommt der derzeitige Landes-
gem. mündlicher Weisung unserer BFM Judith Frisch- superintendent Magister Peter Karner von Dr. Neugebauer
Wurth vom 28. 04. 1988 bis zum 10. 05. 1988 Deine Mit- einen Brief: Die Kirche möchte sich doch von der Mitarbeit
gliedschaft beim ÖPB freiwillig zurücklegen sollst. Bei et- des »Neonazis« und »Dokumentenfälschers« Emil Lachout
waigen Rückfragen bitten wir, daß Du Dich ausschließlich befreien. Wieder steht eine Androhung von Subventionsstrei-
nur an unsere BFM wendest. Begründung: Die Erwähnung chungen im Raum. Mag. Karner reagiert sofort und schickt
Deines Namens in verschiedenen Artikeln bereits be- Emil Lachout unter Aberkennung seiner Lehrbefähigung in
schlagnahmter Zeitschriften, in denen Du Stellungnahmen die Frühpension. Im Schreiben vom 13. Juli 1988 teilt der
zu Verbrechen des NS-Regimes abgibst, werden von uns, Kirchenmann dem DÖW mit, daß »die Aktivitäten von Ing.
egal in welcher Form sie verteidigt werden können, voll Lachout in Hinblick auf Wiederbetätigung in unserer Kirche
und ganz abgelehnt. Der ÖPB und seine Mitglieder beken- große Empörung hervorgerufen haben.«
nen sich voll und ganz zur demokrati-
schen Republik Österreich und beu-
gen in Ehrfurcht und tiefer Trauer ihr
Haupt vor den Opfern des National-
sozialismus. Die 1. Kolonne legt da-
her auf folgende Feststellung wert:
Die unter Erwähnung Deines Na-
mens publizierten Artikel werden von
uns schärfstens abgelehnt. Wir identi-
fizieren uns in keiner Weise mit den
darin enthaltenen Äußerungen, Mei-
nungen und Ansichten. Wir geben zu,
daß Du die 1. Kolonne oder Gilde
niemals mit solchen Dingen konfron-
tiert hast und dies anscheinend nur
Deine Privatmeinung darstellt. Trotz-
dem sind wir davon voll und ganz
überzeugt, daß auch Privatmeinungen
unserer Mitglieder den Grundsätzen
des ÖPB gerecht werden müssen.
Für die Führerschaft der 1. Kolonne
u. G/1:
Albert TRÄDER, DFM (Diplomfeld-
meister)«
Emil Lachout legt Beschwerde ein. Am
9. November des Jahres wird ein Eh-
rengericht über ihn abgehalten. Die
Bundesfeldmeisterin Judith Frisch-
Wurth ersucht ihn erneut, wegen der
angedrohten Subventionsstreichung
doch freiwillig zurückzutreten. Wieder
ist die Antwort: NEIN! So wird der
Verfemte dann wegen angeblicher
»Fälschung von Pfadfinderdokumenten,
Holocaustdokumenten und neonazisti-
scher Propaganda« zwangsweise aus
dem Bund entfernt. Über die Verhand-
lung und den Ausschluß gibt es kein
Protokoll. Nur in der Pfadfinderzeit-
schrift Unser Weg (9/88 Bundesver-
lautbarung Nr. 5/88) ist die Entschei-
dung niedergelegt. Lehramtsstammblatt für Emil Lachout

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 429


Als Emil Lachout sich bei der kirchlichen Disziplinarbehörde „Rundschreibens Nr. 31/48“ eines Militärpolizeilichen
beschwert, kommentiert ein Kirchenkanzler: »Mit Nazi- Dienstes bestätigt noch die Tätigkeit verschiedener alliier-
schweinen rede ich nicht!« ter militärpolizeilicher oder polizeilicher Einrichtungen
dokumentiert werden kann.
Justiz – Schlacht der Gutachten Da sich die einschlägigen Akten nicht in Gewahrsam des
Gleich im November 1987 wird Emil Lachout vom DÖW Österreichischen Staatsarchivs befinden, erlaubt sich die
beim Wiener Landesgericht für Strafsachen der Urkundenfäl- Direktion, nachfolgend die Anschriften der betreffenden
schung angeklagt, zum einen der Fälschung des nun nach Archive anzuführen:
ihm benannten Dokuments, zum anderen der Fälschung aller
National Archives and Records Administration
seine diesbezügliche Tätigkeit betreffenden Unterlagen.35
Washington, DC 20408, USA
Ermittlungen werden eingeleitet aufgrund der genannten
Vergehen sowie wegen des Verdachtes auf Wiederbetätigung Hauptverwaltung der Archive der UDSSR beim Ministerrat
(§ 3 g, Verbotsgesetz). 119435 Moscow
Da sich, wie schon erwähnt, in Österreich die deutsche Lo- B. Pirogovskaya 17«
sung „Offenkundigkeit nationalsozialistischer Verbrechen“ Da das Gericht von den Archiven keine Auskünfte erhält –
nicht durchgesetzt hat, ist das Gericht genötigt, die Fäl- die Akten seien geheim – ist es auf die von Klägern und Be-
schungsvorwürfe unter Beweis zu stellen. klagtem eingereichten Verlautbarungen angewiesen.
Am 6. September 1988 richtet es eine Anfrage an das Öster- Karl Blecha hat gehofft, durch eine gerichtliche Bestätigung
reichische Staatsarchiv betreffs der Akten des MPD. Die An- der Echtheit die Wiedergutmachungsforderungen Israels ab-
frage wird am 21. September des Jahres beantwortet:37 zuwehren, aber er hat nicht mit der Energie seiner Gegner
»Das Archiv teilt mit, daß nach Durchsicht der im Haus und der Zögerlichkeit der Gerichte gerechnet, die Untersu-
aufbewahrten Aktenbestände weder die Echtheit des chungen und Verhandlungen ziehen sich jahrelang hin, Karl
Blecha muß den Hut nehmen, nicht wegen
des Lachout-Dokumentes, sondern – das ist
die weiche Art – wegen etwas anderem,38
die Wiedergutmachung muß, wenn auch
verspätet, im Jahre 1999 gezahlt werden.
Das DÖW hat gehofft, das Gericht durch die
begleitende Medienhetze gegen Emil
Lachout zur schnellen Entscheidung zugun-
sten der Mauthausener Gaskammer zu brin-
gen. Auch das DÖW wird enttäuscht.
Emil Lachout, durch die Fürsprache des
DÖW von der Berufsarbeit befreit, nimmt
den Kampf auf. Beim Wiener Landesgericht
besteht kein Anwaltszwang. Emil Lachout,
gefestigt durch das Bewußtsein, das Recht
auf seiner Seite zu haben, verzichtet auf ei-
nen kostspieligen Anwalt und stellt sich der
Empörung der beleidigten Judenheit und de-
ren antifaschistischen Helfer – allein.
Emil Lachout arbeitet sich in die Materie ein
und überhäuft nun das Gericht allwöchent-
lich mit Gutachten, welche einerseits die
Existenz des MPD, andererseits die Echtheit
des Lachout-Dokumentes und damit die Fäl-
schung der Mauthausener Gaskammer be-
weisen sollen. Die in diesem Beitrag er-
wähnten und vorgestellten Gutachten wer-
den vorgelegt, daneben eine nicht mehr
überschaubare Anzahl weiterer Literaturan-
gaben und Dokumente. Das DÖW bleibt
nicht müßig und kontert in der Schlacht der
Gutachten mit einer ebenso umfangreichen
Welle von Gegengutachten, welche Emil
Lachout wiederum durch Gegengutachten
seinerseits entkräftet. Das Gericht muß sich
im Laufe der Jahre durch ein wahres Papier-
gebirge hindurcharbeiten. Von Seiten Emil
Lachouts belaufen sich die Eingaben laut
Aussage eines Parlamentsabgeordneten auf
insgesamt 12500 Seiten.39 Tatsächlich sind
Der russische Lageplan36 es aber wesentlich mehr. Die an die 300 von

430 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Emil Lachout eingegebenen Gutachten, manche von einem Prepared this 15th day of June, 1989 at Malden, Massa-
Umfang bis zu 200 Seiten, können nach zehnjährigen Ermitt- chusetts.
lungen nur mehr in Wagen durch das Gerichtsgebäude trans-
Fred A. Leuchter Associates, Inc.
portiert werden.
Fred A. Leuchter, Jr.«
Nur einige Beispiele der Eingaben Emil Lachouts seien an
dieser Stelle genannt:
ZWISCHENSPIEL TORONTO
Die Existenz des Lachout-Gutachtens spricht sich herum.
DER RUSSISCHE LAGEPLAN DES KL MAUTHAUSEN
Anfang März 1988 findet in Toronto vor dem District Court
Der Lageplan wurde erstellt, als das später zur Gaskammer
of Ontario der zweite Gaskammer-Prozeß gegen Ernst Zün-
gewandelte Kühlhaus zwischen Arrestgebäude und Kranken-
del statt, in welchem u. a. das in Kanada aufgetauchte Origi-
bau noch nicht gebaut worden war. Zwischen beiden Gebäu-
nal des Lachout-Dokumentes vorgelegt wird. Emil Lachout
den befindet sich der freie Platz, auf dem Emil Lachout wäh-
wird für den 11. März als Zeuge geladen.
rend des Krieges den LKW abstellte.
Die Ladung bleibt in Wien nicht verborgen. Die Reise nach
Toronto wird nicht gern gesehen. Am Reisetag bewegt sich das
DAS PINTER-GUTACHTEN
Auto Emil Lachouts zum Flughafen. Fahrer aber ist nicht Emil
Stephen Pinter, Leiter der Alliierten Untersuchungskommis-
Lachout selbst, sondern sein Bruder Karl. Wiederholt wird
sionen und während der Dachauer Prozesse als Anwalt tätig,
Karl Lachout wegen Kontrollen aufgehalten, die sich durch
bestätigte im Jahre 1961 den Inhalt des Lachout-Dokumen-
Identifizierungsschwierigkeiten von Emil und Karl ungebühr-
tes.
lich in die Länge ziehen. Karl läßt alles geduldig über sich er-
gehen, derweil Emil ungehindert mit einem anderen Auto dem
DAS HARTL-GUTACHTEN
Flughafen entgegenstrebt und pünktlich das Flugzeug erreicht.
Wovor sich das Gericht aus einsichtigen Gründen drückt,
Über die Zeugenaussage Emil Lachouts in Toronto berichtet
nämlich vor einem Ortstermin an der fast vor der Haustür ge-
später Ernst Zündel:41
legenen Tatwaffe, der Gaskammer in Mauthausen, das nimmt
»Es wurde totenstill im Gerichtssaal, als dieser Mann die
Emil Lachout in die Hand: Er läßt von
Ingenieur Silvio Hartl die derzeitige
„Originalgaskammer“ in Mauthausen
auf ihre Herkunft und Tauglichkeit zu
dem behaupteten Zweck überprüfen.
Das Ergebnis von Hartls technischem
Gutachten über die sogenannte „Gas-
kammer“ im ehemaligen Konzentrati-
onslager Mauthausen kann der hier
wiedergegebenen letzten Seite des Gut-
achtens entnommen werden.
Auch das Zweite Leuchtergutachten,
welches die technische Unzulänglich-
keit der Gaskammern in Dachau, Maut-
hausen und Hartheim belegt, wird dem
Gericht zur Kenntnis gebracht. Fred
Leuchter hat für Mauthausen zum einen
festgestellt, daß nirgendwo Spuren von
abmontierten, zum Gasbetrieb nötigen
Gerätschaften vorhanden sind, zum an-
deren hat er in den Mauern der Gas-
kammer keine Cyanidrückstände fest-
stellen können, die im Falle von Gasbe-
trieb vorhanden sein müßten. Das Er-
gebnis seiner Untersuchung lautet:40
»Conclusion
After reviewing all the material and
inspecting all of the sites at Dachau,
Mauthausen and Hartheim Castle,
this investigator has determined that
there were no gas execution cham-
bers at any of these locations. It is the
best engineering opinion of this in-
vestigator that the alleged gas cham-
bers at the above inspected sites
could not have then been, or now be,
utilized or seriously considered to
function as execution gas chambers.
Pfadfinderblatt Unser Weg

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 431


bestialischen Folterungen beschrieb, die an deutschen Ge- zurückgewiesen und das Verfahren mit Freispruch eingestellt
fangenen im Zuge der Einvernahmen begangen worden werden – mit unausdenkbaren Folgen.
waren. Er beschrieb die Arbeit der alliierten Kommission Um die Mißlichkeiten voll zu machen, geht Emil Lachout
„Allied War Crimes Investigation Commission“, der er über die Verteidigung seiner Angelegenheiten hinaus auch
angehört hatte, welche schon 1948 klar und eindeutig er- noch in die Offensive: Das DÖW sowie sämtliche in der Ver-
mittelt hatte, daß es im Altreich und in Österreich keine leumdung seiner Person und seines Gutachtens tätigen Insti-
Gaskammern zur Menschenvergasung gegeben hätte. Er tutionen bekommen eine Anzeige beim Landesgericht. Dem
erläuterte dem Gericht, wie es zu dem von der Zeitschrift Kläger recht geben, geht auch hier über die Kraft der Wiener
„HALT“ veröffentlichten Lachout-Müller-Dokument ge- Justiz. Die Verfahren werden nach einer Zeit wegen geringer
kommen war. Er sprach ruhig und überzeugend. Faurisson Schuld der Beschuldigten einstellt, ein feiner Kompromiß:
nannte Lachouts Zeugenaussage und sein Auftreten vor Schuld ist Schuld, auch wenn sie nur gering ist!
Gericht später „hervorragend“.« Am 15. September 1988 versucht man sich in Einschüchte-
Aufgrund der Aussagen Emil Lachouts muß der Kronanwalt rung: Bei Lachouts erscheint die Staatspolizei – Polizei mit
Pearson seine Behauptung, auch im KL Mauthausen habe es politischen Aufgaben – und führt eine Hausdurchsuchung
eine Gaskammer gegeben, fallen lassen. durch. Es werden Unterlagen, die Emil Lachouts Tätigkeit
beim MPD bestätigen, beschlagnahmt.42
Zwickmühle Die Einschüchterung des Durchsuchten gelingt aber nicht;
Das Wiener Landesgericht, das in regelmäßigen Abständen Emil Lachout wartet auf die Aufhebung der Beschlagnah-
durch parlamentarische Anfragen zur Berichterstattung ange- mung, stellt fest, daß Unterlagen fehlen und bereichert vier
halten wird, kommt in eine Zwickmühle: Trotz aller Umtrie- Jahre später die Gerichtsakten um eine dementsprechende
be des DÖW sind für die behaupteten Fälschungen keine Anzeige und Beschwerde.43
Beweise zu erbringen. So ziehen sich die freudlosen Ermittlungen durch die Jahre
Würde im Gegenzug aber den Gutachten und Beweisanträ- hin, ohne daß es zu einer Gerichtsverhandlung und damit zu
gen Emil Lachouts stattgegeben, müßte die Fälschungsklage einer Entscheidung kommt.
Am 24. März 1994 kommt ein Anstoß
von außen: Der Kanadische Oberste
Gerichtshof fällt ein bemerkenswertes
Urteil: Die Holocaust-Revisionistin Re-
gina von Finta wird mit der Begrün-
dung freigesprochen, daß es »den als
Holocaust bezeichneten organisierten
Massenmord und die KZ-Gaskammern
nicht gegeben« habe.44 Das bedeutet für
Österreich höhere Gewalt. Zwei Mona-
te später, am 24. Mai des Jahres, wird
das Ermittlungsverfahren gegen Emil
Lachout mit Amtszeugnis eingestellt Es
wird darin mitgeteilt, daß ein Grund zur
weiteren gerichtlichen Verfolgung gem.
§ 109(1) nicht vorhanden ist.45
Das bedeutet: Ein Fälschungsbeweis
kann nicht erbracht werden, das Lach-
out-Dokument gilt somit als echt. Die
„Gaskammer“ im KL Mauthausen ge-
hört fortgeräumt.
Es wird aber nichts fortgeräumt. Das
Rad des Geschehens setzt zur nächsten
Runde an: Öffentliche Empörung, nun
nicht nur über den als „Neonazi“ ver-
femten Emil Lachout, sondern auch über
das ihn deckende Gericht. Im Auftrag
des nie müßigen DÖW legt die Staatspo-
lizei einen neuen „Beweis“ für die „Gas-
kammer“ vor, das schon erwähnte und
von Emil Lachout schon lange entkräfte-
te sog. Totenbettgeständnis von Franz
Ziereis. Kein Entrinnen aus der ver-
zwickten Lage scheint dem Gericht mög-
lich. Der Staatsanwalt muß die Wieder-
aufnahme des Verfahrens beantragen.
Nun versucht man es mit der – wie
Emil Lachout es nennt – österreichi-
Das Pinter-Gutachten schen Methode:

432 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Der Richter des Wiener Landesgerichtes Dr. Röggla bean- Inzwischen ist am 3. Dezember des Vorjahres die erste Ver-
tragt die Zwangsuntersuchung des Beklagten auf seine gei- lautbarung aus Straßburg eingetroffen: Aufgrund der Be-
stige Zurechnungsfähigkeit. Im Januar des nächsten Jahres schwerde ist »die Kommission zu der Auffassung gelangt,
erscheint bei Lachouts schon am frühen Morgen erneut eine daß eine gütliche Regelung auf der Basis einer Geldzahlung
Abordnung der Staatspolizei, um den Hausherren ins Polizei- an den Beschwerdeführer in Höhe von ÖS 60.000,- als Ersatz
gefängnis abzuschleppen. Dort wird er für mehrere Stunden für immaterielle Schäden erzielt werden könnte.«48
von vor der Zellentür kartenspielenden Polizisten bewacht Grundlage dieses Vorschlages zur Güte ist, daß an der Echt-
und bei anfallenden Beschwerden wieder einmal als „Nazi“ heit sämtlicher von Emil Lachout vorgelegten Gutachten und
abgekanzelt. Nach einigen Stunden geht es mit schwerer Po- Dokumente in Straßburg keine Zweifel bestehen.
lizeibewachung in die psychiatrische Abteilung des Wiener
Allgemeinen Krankenhauses, wo die mit der Untersuchung Sieg
beauftragten Ärzte Prof. Dr. Spiel und Prof. Dr. Quatember Am 15. Dezember 1997 wird die österreichische Justiz in
ihrer Aufgaben harren. Für die Mehrzahl unserer Zeitgenos- letzter Instanz von der Europäischen Menschenrechtskom-
sen wäre eine solche mehr als einschüchternde Situation das mission zum Schadensersatz verurteilt.49 Am 31. März 1999
Aus gewesen. Nicht für Emil Lachout. Die Sache endet, in- wird die Summe von 56.000,- ÖS festgelegt, die am 1. Juni
dem der Zwangsvorgeführte den Ärzten die Sachlage um das 1999 vom Staate Österreich an Emil Lachout ausgezahlt
Lachout-Dokument und um die österreichische Gaskammer wird.
erklärt. Die Ärzte kapitulieren und erklären Emil Lachout als Damit sollte der nunmehr zwölf Jahre schwelende Fall Emil
vollkommen gesund. Lachout endlich abgeschlossen sein: Dem Wiener Landesge-
Emil Lachout triumphiert und richtet noch im gleichen Jahr richt ist die Entscheidung: Lachout-Dokument, echt oder ge-
eine Beschwerde an die Europäische Menschenrechtskom- fälscht, endgültig von höherer Instanz abgenommen. Es
mission in Straßburg wegen gesetzwidrigen Mißbrauchs der könnte beruhigt das angelaufene Aktengebirge wegschließen.
Psychiatrie und wegen übermäßig langer Dauer seiner Ver- Emil Lachout ist rehabilitiert. Durch Anerkennung seiner Be-
fahrens.46 Das Spiel geht in eine neue Runde. schwerde in Straßburg ist zugleich die Begründung des ge-
Richter Röggla aber gibt nicht auf. In Dr. Heinz Pfolz findet gen ihn gerichteten Verfahrens für nichtig erklärt. Sämtliche
er einen zuverlässigen Helfer. Emil Lachout bekommt zur vorgelegten Dokumente haben als echt zu gelten. Gefälscht
abermaligen Feststellung seiner Verhandlungsfähigkeit bei ist allein die „Gaskammer“ im KL Mauthausen.
jenem einen Termin, nimmt diesen aber
nicht zur Kenntnis. Dr. Pfolz fertigt dar-
aufhin am 9. April 1996 ein Gutachten
aus aufgrund von Beobachtung aus der
Ferne, in welchem die Verhandlungsun-
fähigkeit des Beklagten festgestellt wird.
Am 4. Juni des Jahres wird daraufhin das
Verfahren gegen Emil Lachout wieder-
um eingestellt, diesmal nicht wegen der
Aktenlage, sondern wegen dessen an-
geblicher Verhandlungsunfähigkeit.
Emil Lachout beschwert sich über diese
vom Gesetz in keinem Falle gedeckte
Methode beim Oberlandesgericht Wien.
Das Oberlandesgericht erklärt das Gut-
achten am 7. August 1996 für ungül-
tig.47 Das Verfahren am Landesgericht
geht weiter.
Am 1. Juli 1997 schließlich soll es zu
der zehn Jahre lang herausgeschobenen
und gefürchteten Hauptverhandlung
gegen den trotz aller Bemühungen noch
immer verhandlungsfähigen angebli-
chen »Urkundenfälscher« und »Neona-
zi« Emil Lachout kommen. Richter Dr.
Peter Loibl rechnet mit einer Katastro-
phe. Er wählt das kleinere Übel, den
Rechtsbruch: Er erkennt das vom Ober-
landesgericht abgelehnte Gutachten
kurzerhand wieder an und bricht die
Verhandlung wegen Nichtschuldfähig-
keit des Angeklagten ab. Die schweiß-
treibenden Anstrengungen, das Akten-
gebirge Emil Lachout/DÖW in den Ge-
richtssaal zu transportieren, sind um-
sonst gewesen. Das Hartl-Gutachten

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 433


Emil Lachout ist nicht nur als Sieger aus allen gegen ihn ge- Verfasser und Herausgeber von zwei weiteren derartigen
richteten Umtrieben hervorgegangen. Er ist auch der einzige Veröffentlichungen, des weiteren gegen den in dieser Ange-
der ins Kreuzfeuer der Justiz geratenen Revisionisten, dem legenheit laxen Bürgermeister der Stadt Wien sowie gegen
weder Gerichtskosten noch Bußgelder angehängt werden, ja, die Richter und Staatsanwälte des Wiener Landesgerichtes,
er ist der einzige, dem all die ausgestandenen Mißlichkeiten die im Lachout-Verfahren Rechtsverletzungen begingen.
auch noch entschädigt werden. Und somit: Auf in die nächste Schlacht! Der Fall Emil
Friedvoll könnte er nun einen fröhlichen Lebensabend ins Lachout ist noch lange nicht zu Ende. Wir werden weiter be-
Auge fassen! richten.

Nachwort Anmerkungen
Es könnte alles so schön sein. Aber ungerührt von all dem 1
Die anderen Alliierten, Engländer, Franzosen, Amerikaner, stellen ähnli-
Geschehen in der Hauptstadt residiert das corpus delicti, die che Hilfsverbände auf, die jedoch andere Namen führen.
kleine bescheidene „Gaskammer“ von 3,57 m × 3,87 m im 2
Das Amtszeugnis wurde am 24. 5. 1994 vom Landesgericht für Strafsa-
Mahnmal Mauthausen, Erinnerungsstraße 1, weiter im Kreise chen, Wien überprüft und dessen Echtheit festgestellt. Az. 26 e Vr
ihrer Lieben und harrt, festlich mit Bild und Texttafel ge- 7477/90
3
schmückt, ihrer täglich herbeiströmenden Andachtsgemein- Angabe von Emil Lachout, Max Mauermanngasse 25/1 A 1100 Wien.
Gutachten über den nachträglichen Einbau der Gaskammer im KL Maut-
de.
hausen durch die Amerikaner befinden sich im Gerichtsakt Az. 26 B Vr
Zur Befestigung eventuell brüchig gewordenen Glaubens an 13108/87 des Landesgerichts für Strafsachen, Wien.
vergastes Opfertum wird unter einer Glasplatte die Schrift 4
Das sog. Ziereisgeständnis wird in Hans Marsalek, Die Geschichte des
des DÖW Das Lachout-Gutachten – Anatomie einer Fäl- Konzentrationslagers Mauthausen, Wien 31995, S. 12ff. zitiert. Die beim
schung den Besuchern zur Kenntnis gebracht. Tode des Kommandanten Franz Ziereis anwesenden Amerikaner, US
Desgleichen halten die sog. linken Kreise in ihren Publika- Oberst Richard Seibel und Professor Dr. Premsyl J. Dobias, stellen je-
doch in Abrede, daß der Sterbende ein derartiges Geständnis abgegeben
tionen ungeniert weiter am „Urkundenfälscher“ Emil
habe. Am 1. 6. 1989 und am 1. 8. 1990 stellt das Landesgericht für Straf-
Lachout fest. sachen, Wien, fest, daß es sich bei dem Geständnis um eine nachträgliche
Emil Lachout hat am 22. August 2003 beim Landesgericht Fälschung handelt. Az. 26 B Vr 13108/87.
Wien, beim Landgericht Berlin und beim Landgericht Mün- 5
Opfergeständnisse über Menschenvergasungen im KL Mauthausen be-
chen in einer 29 Seiten umfassenden Schrift Strafanzeige ge- finden sich in:
stellt gegen die Verfasser und Herausgeber der Broschüre – Christian Bernadac, Les 186 marches, France-Empire, Paris 1974. Der
Das Lachout-Gutachten – Anatomie einer Fälschung, gegen Jude Christian Bernadac hat die Amerikaner bei der Lagerbefreiung be-
gleitet.
– Hans Marsalek, Giftgas im KZ Mauthausen. Die Vergasungsaktionen
im Konzentrationslager Mauthausen, Wien 1988
– Hans Marsalek, Die Geschichte des Konzentrationslagers Mauthausen,
Wien 31995. Hans Marsalek ist ehemaliger Häftling von Mauthausen,
heute Hofrat.
– Pierre Serge Choumoff, Nationalsozialistische Massentötungen durch
Giftgas auf Österreichischem Gebiet 1940 – 1945, Wien 2000. Pierre
Serge Choumoff ist ebenfalls ehemaliger Mauthausen-Häftling, heute
Vizepräsident des Internationalen Mauthausenkomitees.
– Simon Wiesenthal, KZ Mauthausen, Ibis-Verlag 1946
– Florian Freund, Bertrand Perz, Karl Stuhlpfarrer »Dokumentation. Der
Bericht des US-Geheimagenten Jack H. Taylor über das Konzentrati-
onslager Mauthausen«, Zeitgeschichte (Wien), 22. Jg., 1995, S. 318-
341. Es geht um den Bericht des 1944 in Österreich gefangengenom-
menen US-Agenten Jack H. Taylor, der den letzten Kriegsmonat in
Mauthausen als Häftling verbrachte. Der Bericht ist als Faksimile abge-
druckt. Auf S. 320 heißt es: »Taylors Bericht wurde zu einem der wich-
International verständliche Informationstafel zur Gaskammer tigsten Beweisdokumente für die in Mauthausen begangenen Verbre-
Mauthausen chen und fand im Nürnberger Prozeß Verwendung [...]. Taylor selbst
war 1946 im Dachauer Militärgerichtsverfahren beim Hauptverfahren
gegen 61 SS-Angehörige des KZ Mauthausen erster Zeuge der Ankla-
ge.«
– Florian Freund, »Tötungen durch Giftgas in Mauthausen und Gusen«,
in: Brigitte Bailer-Galanda, Wolfgang Benz, Wolfgang Neugebauer(
(Hg.), Wahrheit und „Auschwitzlüge“. Zur Bekämpfung „revisionisti-
scher“ Propaganda, Wien 1995, S. 119-136. Zusammenstellung der
Gaskammerbezeugungen in englischer Sprache in
www.scrapbookpages.com/Mauthausen/Gas%20Chamber/Gas02.html.
Robert Faurisson, »Le mythe de la chambre à gaz ou des chambres à
gaz de Mauthausen (Autriche)« ( Der Mythos der Gaskammer Maut-
hausen), 1986. Faurisson untersucht kritisch die Zeugenaussagen über
das KL Mauthausen während des IMT Nürnberg.
www.vho.org/aaargh/fran/archFaur/1986-1990/RF861112.html
6
Untersuchungsbericht der 3. US-Armee betreffend KZ Mauthausen vom
17. Juni 1945, Az. APO 403 092(3 JA-132) GNMCJ, IMT Dokument
2176-PS, US 249
7
Ein Amerikaner, der bei den Dachauer Prozessen anwesend war, berich-
tet, daß allen Bezeugungen von Menschengaskammern im KL Mauthau-
Wandschmuck in der Gaskammer von Mauthausen

434 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


sen zum Trotz während der Gerichtsverhandlungen nie die Rede von der dings wegen anderer Dinge, die mit den Gaskammern auf den ersten
Verwendung von Gas zum Zwecke des Tötens von Menschen gewesen Blick nichts zu tun haben!
22
sei. Joseph Halow, Siegerjustiz in Dachau, die US-Schauprozesse – Ein Die Zeit, Nr. 34, 19. August 1960, S. 16.
23
Amerikaner stellt richtig, Berg 1994, S. 226. Strafbezirksgericht Wien, Az. Z1. 9 U 939/86.
8 24
Eine Namensliste der 61 Verurteilten befindet sich in Major Müller hat sich nach Auflösung der Untersuchungskommission mit
www.scrapbookpages.com/Mauthausen/KZMauthausen/Trials/trials01.html. der Absicht, auf Weltreise zu gehen, von Emil Lachout verabschiedet und
9
Österreichisches Bundeskanzleramt – Auswärtige Angelegenheiten GZ. ist anschließend nicht mehr auffindbar. Angabe Emil Lachout.
25
1070-J/45, zitiert bei Robert Knight, Ich bin dafür, die Sache in die Län- Zur Aussage des Richters Umlauft s. Akten des Strafbezirksgericht Wien,
ge zu ziehen, Frankfurt 1988, S. 100f. Az. Z1. 9 U 939/86.
10 26
IMT-Dokument Nr. NI – 11396 vom 24./26. 10. 1945, Udo Walendy, Au- Diese Tatsache wurde im Beschluß der Ratskammer des Landgerichtes
schwitz im IG-Farben-Prozeß, Vlotho 1981, S. 61 – 63 für Strafsachen Wien vom 18. Juli 1990 im Verfahren Az. 22 a Vr
11
Eine Liste der Untersuchungskommissionen befindet sich im Gutachten 6793/90 bekannt gegeben.
27
vom 21. 7. 1991 des Landesgerichtes für Strafsachen, Wien, Az. 26 b vr Gudrun Schwarz, Die nationalsozialistischen Lager, Frankfurt, New
7477/90, S. 101-104a York, 1990, S. 15, 174ff.
12 28
Britische Militärgerichtliche Untersuchungskommission, Rundschreiben Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (Hg.), Das
Nr. 15/48, Hinweis IMT- Dokument Nr. N I 11137, Walendy, aaO. (Anm. Lachout-„Dokument’“ Anatomie einer Fälschung, unter Mitarbeit von
10), S. 60f. Brigitte Bailer-Galanda, Wilhelm Lasek, Wolfgang Neugebauer, Gustav
13
Eidesstattliche Erklärung Emil Lachouts vom 16. Oktober 1987 vor dem Spann, Wien 1989.
29
Bezirksgericht Favoriten, Wien, Az. Z1.1401/87 Ebd., S. 34
14 30
Die Echtheit des Lachout-Gutachtens ist festgestellt worden vom: Florian Freund, Bertrand Perz, Karl Stuhlpfarrer, »Historische Überreste
– Strafbezirksgericht Wien am 1. 4.1988, Az. 8 2 U 216/88; von Tötungseinrichtungen im KZ Mauthausen« und »Dokumentation. Der
– Landesgericht für Strafsachen, Wien am 29. 12. 1994, Az. 9 b E Vr Bericht des US-Geheimagenten Jack H. Taylor über das Konzentrations-
8595/94; lager Mauthausen«, Zeitgeschichte (Wien), 22.Jg., 1995, S. 297-317;
– District Court of Ontario/Toronto am 11./12. 4. 1988, Az. P 1777/1984 318-341.
31
und File 251/85 AaO. (Anm. 15), S. 69.
15 32
Ilse Schirmer-Vowinckel, »Nicht vorhanden: Historische Überreste von Der Brief des Pfadfinderkameraden stammt aus Gerd Honsik, Freispruch
Tötungseinrichtungen im KZ Mauthausen«, Vierteljahreshefte für freie für Hitler, Zeuge Emil Lachout, S. 97.
33
Geschichtsforschung 2(1) (1998), S. 68f. Schreiben der Magistratsdirektion der Stadt Wien, 6. 10. 1087, Az.
16
Die Presse, Wien, 26.3.1949. MDP/E – 157/87.
17 34
Die Angabe der Baufirma wurde von Emil Lachout gemacht. Heutiger Schreiben des Stadtschulrats für Wien vom 13. 09. 1984.
35
Name der Baufirma ist: Peters C. Baugesellschaft m.b.H., 4020 Linz, Landesgericht für Strafsachen, Wien, Az. 26 b Vr 13.108/87.
36
Südtirolstr. 28. Weitere Zeugnisse für den nachträglichen Einbau der Herkunft siehe Anm. 17.
37
Gaskammer in Mauthausen sind laut Lachout: Az. GZ 0695/0-R/88.
38
– Der russische Lageplan des Lagers, s. Valentin Sacharow, Aufstand in Karl Blecha mußte wegen angeblicher Mitwirkung bei der Lukona-
Mauthausen, Berlin 1961; vgl. Abbildung in diesem Beitrag; Affaire, Versicherungsschwindel durch Versenkung des Schiffes Lukona,
– Bestandsplan des ehemaligen KLs Mauthausen, Amt der oberösterrei- seinen Posten als Innenminister zur Verfügung stellen.
39
chischen Landesregierung vom 4.2.1949; vgl. Ernst Gauss (Hg.), Parlamentarische Anfrage des Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen
Grundlagen zur Zeitgeschichte, Tübingen 1994, S. 405f. Die Pläne be- an den Bundesminister für Justiz betreffend Prozeß gegen Emil Lachout
finden sich im Gerichtsakt des Landesgerichtes für Strafsachen, Wien, (wegen Verdachts der nationalsozialistischen Wiederbetätigung), Az.
Az. 26 B Vr 13108/87 2767/J XX.GP.www.parlinkom.gv.at/pd/frames/pm_m.html
18 40
DÖW, Altes Rathaus, Wipplingerstr. 6-8, A 1010 Wien. Der zweite Leuchter Report, Dachau, Mauthausen, Hartheim, Samisdat
19
In www.scrapbookpages.com/Mauthausen/Gas%20Chamber/Gas02.html Pub., Hamilton Ontario, 1989
wird die Gaskammer Mauthausen in Wort und Bild erschöpfend darge- www.vho.org/aaargh/fran/livres2/rapport2e.pdf.
41
stellt. Gerd Honsik, Freispruch für Hitler, Zeuge Emil Lachout, S. 97ff.
20 42
Das am 9. Mai 1945 erlassene österreichische Verbotsgesetz, zuletzt no- Es werden u. a. beschlagnahmt: Mehrsprachiger MPD-Dienstausweis
velliert im Februar 1992, Bundesgesetzblatt 148/92. Emil Lachouts; MPD-Schreiben vom 27. 10. 1948, Rücksendung des Un-
21
Österreichische Freisprüche und Verfahrenseinstellungen in Gaskammer- tersuchungsberichtes US-Oberst Dr. Stephen Pinter; MPD-Schreiben vom
prozessen: 10. 11. 1948, Vorlage des Gutachtens über den sog. Gaswagen von
– Walter Dejacco, Fritz Ertel, Landesgericht für Strafsachen, Wien, 10. Mauthausen; MP-Schreiben vom 16. 11. 1948, Vorlage der übersetzten
03. 1972, 20 Vr 3806/64-485; Anklage wegen Planung, Bau und Be- Pinter-Untersuchungsberichte betr. Mauthausen an die Bundesregierung;
trieb der Gaskammern von Auschwitz (Freispruch) ; vgl. Michael Gärt- MPD-Standesmeldung vom 1.1.1949; Schreiben der Alliierten vom 14.
ner, »Vor 25 Jahren: Ein anderer Auschwitzprozeß«, VffG 1(1) (1997), 02. 1955 über die Auflösung des MPD; drei Kopien des Lachout-
S. 24f. Dokumentes mit den Ausfertigungsnummern 15, 22, 34.
43
– Otto Graf, Franz Wunsch, LG. f. Str. Wien, 27. 06. 1972, 20 Vr Beschwerden vom 20. und vom 22. 06. 1992, Strafanzeige vom
3805/64; Anklage wegen Mitwirkung bei der Menschenvergasung in 21.06.1992.
44
Auschwitz (Freispruch). File Nr. 23027 23097.
45
– Odilo Globocnik, Ernst Lerch, LG Klagenfurt, 11. 05. 1976, 25 Vr Am 23. 11. 1994 wird vom Landesgericht für Strafsachen Wien die Ein-
3123/71; Anklage wegen Massenmord in den KLs Majdanek – Belzec, stellung des Verfahrens gegen Emil Lachout bestätigt, Az. 26 b Vr
Sobibor, Treblinka. Das Verfahren wurde zweimal eingestellt. 7477/90-544.
46
– Friedrich Rainer, LG für Str. Wien, 23. 07. 1981, 20 h Vr 3210/81, An- Conseil de l´Europe, F 67075 Strasbourg Cedex, France, Az. 23019/93,
klage wegen Leugnung der Gaskammer im KL Mauthausen (Freis- Emil Lachout/Österreich
47
pruch). Oberlandesgericht Wien, Az. 24 Bs 208/96 ON 772.
48
– Walter Ochensberger, LG. Feldkirch, 18 Vr 1323/78; 18 Vr 226/81; Vr Schreiben der Menschenrechtskommission vom 4. Dezember 1996, Az.
762/83; 26b Vr 1103/84; Vr 1638/85; 29 Vr 315/87…… Die Freisprü- HR-IF/nl.
49
che Walter Ochensbergers wegen Leugnung von Gaskammern sind Az. DH(97)601, final resolution v. 8. 10. 1999 Az. DH (99) 531, Be-
nicht mehr zu zählen (Freispruch). Verurteilungen gibt es dann aller- schwerde-Nr. 23019/93 Emil Lachout (E.L) /Österreich.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 435


Aufstand für die Wahrheit
Über den Beginn einer deutschen Intifada
Von Horst Mahler

An alle, die es angeht!


Der Aufstand des Deutschen Volkes für die Wahrheit hat begonnen. Sein bisheriger Verlauf ist dem nachfolgend
aufgeführten Bericht zu entnehmen. Er wird fortgesetzt. Der nächste Schritt auf diesem Wege war die Gründung
eines »Vereins zur Rehabilitierung der wegen Leugnung des Holocaust Verfolgten« zu dem Zweck, in organisierter
Form für die straf- bzw. disziplinarrechtlich Belangten Wiederaufnahmeverfahren vorzubereiten und sie bei der
Durchführung – insbesondere auch finanziell – zu unterstützen.
Das juristische Fundament für dieses Vorgehen ist denkbar einfach: §359 der bundes-„deutschen“ Strafprozeßord-
nung sieht die Möglichkeit einer Wiederaufnahme zugunsten eines rechtskräftig Verurteilten für den Fall vor, daß
sich nach der letzten Tatsacheninstanz die Beweislage verändert hat. Zwar ist der Fall des Fortfalls einer einmal an-
genommenen Offenkundigkeit von belastenden Tatsachen im Gesetz nicht bedacht. Ich habe aber keinen Zweifel,
daß diese Lücke durch Analogieschluß zu schließen ist.
Der Wiederaufnahmegrund ist mit dem offenkundigen Fortfall der Offenkundigkeit des Holocaust durch den Arti-
kel des Leitenden Redakteurs des Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Fritjof Meyer, eingetreten. Wegen der Einzel-
heiten verweise ich auf die nachfolgenden Ausführungen.
Wie die Rolle der Justiz einzuschätzen ist, habe ich in der Verfassungsbeschwerde für Frank Rennicke ausgeführt.
Ein Auszug aus derselben ist im zweiten nachfolgenden Abschnitt wiedergegeben.
Sind Sie bereit, diesem Verein beizutreten? Der Mitgliedsbeitrag für Betroffene beträgt € 3,--/Monat, für
Nicht-Betroffene € 10,--/Monat. (Spenden in beliebiger Höhe sind willkommen). Eintragung im Vereinsregi-
ster und Gemeinnützigkeit werden nicht angestrebt. Die Satzung entspricht den gesetzlichen Mindesterfor-
dernissen.
Ihre Absichtserklärung wollen Sie ggf. unter Angabe des vollständigen Namens, des Geburtsdatums und der Post-
anschrift (kein Postfach!) richten an: Rechtsanwalt Horst Mahler, Weidenbusch 13, D-14532 Kleinmachnow.

Feldzug gegen die Offenkundigkeit des Holocaust begann erfolgreich


Wir mußten unter Zwang lernen, daß das Deutsche Reich nunmehr auch „offiziell“ dahinschmelzen wie der Schnee in
beide Weltkriege vom Zaune gebrochen habe, daß von den der Frühlingssonne? Ist diese Erscheinung der von Fritjof
Nationalsozialisten 6 Millionen Juden systematisch – davon 4 Meyer mitgeteilten Tatsache zuzuschreiben, daß der letzte
Millionen allein in Auschwitz mit Zyklon B in Gaskammern Lagerkommandant von Auschwitz, Höß, unter Folter Phanta-
– umgebracht worden seien. Wer die mit der zuletzt genann- siezahlen gestanden hat – vermutlich in der Erwartung, daß
ten Tötungsart in Zusammenhang gebrachte Zahl bestritt, deren Wirklichkeitsferne demnächst erkannt und damit die
wird/wurde wegen „Verharmlosung des Holocausts“ ins Ge- Aufmerksamkeit auf die Umstände gelenkt würde, unter de-
fängnis geworfen. nen belastende Zeugenaussagen zustande gekommen sind?
Seit neuestem darf jedoch behauptet werden, daß nicht mehr Reichsbürger hatten im Rahmen des „Feldzuges gegen die Of-
als 356.000 (Juden und Nichtjuden) in Auschwitz dem Zy- fenkundigkeit des Holocaust“ den Meyer-Artikel vervielfältigt,
klon B zum Opfer gefallen seien. an eine Vielzahl von bekannten Persönlichkeiten des politi-
In diesem Sinne haben sich schon 4 Staatsanwaltschaften – in schen und kulturellen Geschehens in der BRD verteilt und sich
Berlin, Stuttgart, Bochum und Bielefeld – ausgesprochen. anschließend beim Generalstaatsanwalt Neumann in Berlin
Die Staatsanwaltschaft Stuttgart hat es abgelehnt, den Lei- selbst wegen Verstoßes gegen § 130 Abs. 4 StGB angezeigt.
tenden Spiegelredakteur Fritjof Meyer als Verfasser und die Zur Begründung dieses Schrittes hatten die Selbstanzeiger
ehemalige Bundestagspräsidentin Prof. Dr. Rita Süßmuth als ausgeführt:
Herausgeberin des Artikels »Die Zahl der Opfer von Au- Mit dem Seelenmord am Deutschen Volk, mit dem Völker-
schwitz – Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde«1 we- mörder Israel und mit der Verfolgung der Holocaustungläu-
gen Verstoßes gegen §130 Abs. 3 und 4 StGB anzuklagen. bigen muß es endlich ein Ende haben.
Meyer hatte in dem Artikel die These aufgestellt und belegt, Der Aufstand gegen die jüdische Weltherrschaft hat in Palä-
daß in der Zeit der Deutschen Besetzung im Konzentrations- stina mit der Zweiten Intifada begonnen. Der Befreiungskrieg
lager Auschwitz insgesamt 510.000 Menschen gestorben sei- setzt sich jetzt fort in Deutschland mit dem Angriff auf das
en, davon wahrscheinlich 356.000 „im Gas“ (Juden und Dogma von den 6 Millionen im Gas umgekommenen Juden.
Nichtjuden). Der entsprechende Einstellungsbescheid ist am Als erster identifizierte öffentlich Martin Walser in seiner
28.5.2003 zum Aktenzeichen 4 Js 75185/02 ergangen. Paulskirchenrede die „Auschwitzkeule“ als die Waffe unserer
Wie ist es zu erklären, daß offenkundig die Opferzahlen Feinde. Der Leitende Redakteur des Nachrichtenmagazins

436 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Der Spiegel, Fritjof Meyer, hat jetzt zum Schlag gegen die – im Falle Imke Barnstedt: StA Berlin vom 10.6.2003 zum
Holocaustreligion ausgeholt, der diese vernichten wird. Mit Aktenzeichen 81 Js 1564/03.
seinem Artikel »Die Zahl der Opfer von Auschwitz – Neue Das Ergebnis dieses Feldzuges lenkt die Aufmerksamkeit auf
Erkenntnisse durch neue Archivfunde« – veröffentlicht in der den nachfolgend wiedergegebenen Aufruf an die Judenheit in
wissenschaftlichen Zeitschrift Osteuropa, Heft 5 vom Mai aller Welt, den die Reichsbürger im Verdener Manifest vom
2002 – bestreitet er die Opferzahl von 6 Millionen vergasten 5. Februar 2003 wie folgt formuliert haben:
Juden. Im Unterschied zu zahlreichen Historikern bestreitet »Wir sehen in der mutigen Tat des SPIEGEL-Redakteurs
Fritjof Meyer zwar nicht Gaskammermorde an Juden, be- Fritjof Meyer das Signal zum Aufstand gegen die Bedrük-
hauptet aber, daß in Auschwitz auf diese Weise nur 356.000 ker des Deutschen Volkes. Wir werfen aber nicht Steine auf
von ihnen umgekommen seien. Das sind nicht mehr Men- die Besatzer, sondern im Geiste Mahatma Gandhis werden
schen, als jüdische Atomphysiker am 6. August 1945 in Hi- wir Meyers Aufsatz vervielfältigen und verbreiten, um aus
roshima binnen weniger Minuten im Feuer von „Little Boy“, freiem Entschluß neben ihm vor den Gerichten des Reichs-
der von ihnen gebauten Atombombe, verbrannten. Nicht viel vernichtungsregimes, das sich selbst als „Bundesrepublik
weniger Menschen erlitten am 13. Februar 1945 in Dresden Deutschland“ bezeichnet, Zeugnis für das Deutsche Reich
einen qualvollen Tod in dem von Wissenschaftlern seiner abzulegen. Wir klagen das Judäo-Amerikanische Imperium
Majestät, des Königs von Großbritannien, konzipierten Feu- an, zur Erlangung, Festigung und Ausdehnung der Weltherr-
ersturm. Die Zahl reicht bei weitem nicht heran an die ein bis schaft nicht nur den Zweiten Weltkrieg angezettelt, sondern
zwei Millionen Deutsche, die – nachdem sie die Waffen ge- nach dessen Ende seit 1945 weltweit 12 bis 16 Millionen
streckt hatten – General Dwight D. Eisenhower auf den Menschen einen gewaltsamen Tod bereitet zu haben.
Rheinwiesen mit der Hungerwaffe tötete. Sie ist auch erheb- Die Toten erheben jetzt durch uns ihre Stimme, um den Ju-
lich kleiner als die Zahl der Deutschen, die als Arbeitsskla- den zuzurufen:
ven in sowjetischen Lagern zu Tode geschunden worden „Es ist genug! Im 20. Jahrhundert haben viele Völker ge-
sind. Und sie macht nur etwa den zehnten Teil der Opferzahl blutet. Laßt die Welt endlich zur Ruhe kommen und Frie-
von zwei bis drei Millionen Toten aus, mit der der Vertrei- den einkehren! Begehrt nicht das Land eines unschuldigen
bungsvölkermord an den Deutschen in den Ostgebieten des Volkes, nur weil es ein blutrünstiger Gott euch vor 3500
Deutschen Reiches zu Buche steht. Jahren verheißen hat. Beendet den Weltkrieg, den ihr in
Wenn die von Fritjof Meyer ermittelten Opferzahlen der diesem Augenblick anzufachen versucht! Geht in Euch und
Wirklichkeit entsprechen, dann hat es „den Holocaust“ im entsagt Jahwe, denn er hat Lust am Völkermorden! Ergebt
Sinne eines „einzigartigen und unvergleichbaren Mensch- Euch den Völkern, die Euch als Brüder aufnehmen werden,
heitsverbrechens“ nicht gegeben. Die talmud-jüdische Moral, wenn auch Ihr sie als Eure Brüder achten werdet. Erkennt,
nach der nur der Mord an einem Juden ein Verbrechen, der daß Eure Auserwähltheit ein Fluch ist und Ihr in den
gewaltsam herbeigeführte Tod eines Nichtjuden dagegen Flammen des Hasses umkommen werdet, der Euch von de-
eher ein willkommenes Ereignis ist, weisen wir als men- nen entgegenschlägt, die Ihr wie das Vieh verachtet.“
schenfeindliche Gesinnung zurück. Das Heilige Deutsche Reich lebt, um die Judenheit vor das
Bisher sind dazu gemäß §170 Abs. 2 StPO (mangelnder Tat- Weltgericht zu fordern!«
verdacht) drei Einstellungsverfügungen der zuständigen
Staatsanwaltschaften ergangen: Anmerkung
– im Falle Edgar Forster: StA Bochum vom 6.5.2003 zum 1
In der Zeitschrift Osteuropa, 5/2002, S. 631-641; online:
Aktenzeichen 33 Js 145/03 A www.vho.org/D/Beitraege/FritjofMeyerOsteuropa.html; vgl. »Auschwitz-
– im Falle Ursula Haverbeck: StA Bielefeld vom 27. Mai Opferzahl: Das Zahlen-Roulette dreht sich weiter«, VffG, 6(4) (2002), S.
2003 zum Aktenzeichen 46 Js 171/03 371-385.

Der Aufstand für die Wahrheit begann auf der Wartburg


Wo einst Martin Luther – vom Pabst gebannt und vom Deut- hallte das Echo ihrer Rufe von den Mauern dieser stolzen
schen Kaiser mit der Reichsacht belegt – unter dem Schutze Burg.
deutscher Ritter das Neue Testament in die deutsche Sprache Diese Kundgabe sollte ursprünglich am 30. Juli 2003 in Au-
übersetzte, an der Stätte an der am 18. Oktober 1817 anläß- schwitz stattfinden, um diese jüdische Kultstätte als Tatort
lich des vierten Jahrestages der Leipziger Völkerschlacht ge- des Seelenmordes am Deutschen Volk zu markieren.
gen die napoleonische Fremdherrschaft sich 500 Studenten Dank der freundlichen Unterstützung durch den brandenbur-
zum Wartburgfest, der ersten bürgerlich-demokratischen gischen Innenminister Schönboom, der Horst Mahler – dem
Versammlung in Deutschland, unter dem Motto „Ehre – Inspirator dieser Wortergreifung – die Ausreise nach Polen
Freiheit – Vaterland“ versammelt hatten, um für einen geein- untersagt hatte, war durch das Medienecho dieser Zweck er-
ten Deutschen Nationalstaat zu kämpfen, erhoben am 30. Juli reicht auch ohne die körperliche Anwesenheit der Wahr-
2003 Bürger des Deutschen Reiches die Stimme für die heitskünder in Auschwitz.
Wahrheit: Durch auffällige Bewegungen der Unterstützer des „Verde-
»Den Holocaust gab es nicht. ner Manifests“ vom 5. Februar 2003 in Deutschen Landen
Die Wahrheit siegt. und entsprechende Telefongespräche – die abgehört werden
Die Lüge vernichtet sich selbst. sollten und abgehört wurden (was durch unmotivierte Kripo-
Das Deutsche Reich kommt Nachfragen nach Horst Mahler bei möglichen Anlaufstellen
im Aufstand des deutschen Volkes zu sich.« im Thüringischen Land erkennbar geworden war) – war die

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 437


Besatzungsmacht in den Glauben versetzt, daß eine Ersatz- Als die Gruppe nach zweistündigem Aufenthalt auf der
veranstaltung auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrati- Wartburg zu den auf dem Parkplatz bereitstehenden Fahr-
onslagers Buchenwald (in der Nähe von Weimar) stattfinden zeugen zurückkehrte, traten dort Kriminalbeamte der BRD,
würde. In dieses Gebiet wurde eine Armada von motorisier- der „Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft“
ten Observationstrupps des behördlichen Spitzeldienstes ent- (Carlo Schmid), an Horst Mahler heran, um ihm zu eröffnen,
sandt, die in einem stundenlangen „Katz- und Mausspiel“ daß gegen ihn ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts
über Autobahnen und Landstraßen hinweg – erfolglos – ver- der Volksverhetzung eingeleitet sei. Dieser Schritt wurde
suchten, die zur befreienden Tat Entschlossenen zu verunsi- damit begründet, daß während der Kundgabe in der Wartburg
chern (Der Fahrer von IK-G 135 hat sich dabei besonders »ein Transparent mit volksverhetzendem Inhalt« gezeigt
hervorgetan; aber auch IK-VT xxx war nicht schlecht.). In worden sei. Den Wortlaut desselben vermochte der Wortfüh-
Buchenwald selbst lagen uniformierte Polizeikräfte in Bereit- rer des Kripo-Kommandos nicht aufzusagen. »Irgendwas von
schaft, um den Auftritt der Reichsbürger zu verhindern. „Holocaust“ sei zu lesen gewesen.« Die Beamten wirkten
Tatsächlich war aber wegen ihrer Strahlkraft als Schauplatz lustlos.
Deutscher Geschichte die Wartburg für das entscheidende Auf der Rückreise nach Vlotho wurde etwa 10 km von der
Ereignis ausgesucht worden. Blitzartig versammelten sich die Wartburg entfernt der von Ursula Haverbeck chauffierte Pkw
zu gemeinsamer Tat Bereiten auf der bestgelegenen Aus- von vier Fahrzeugen des behördlichen Spitzeldienstes ge-
sichtsplattform unterhalb der Burg, um in einer feierlichen stoppt. Der Beifahrer – ein Arzt aus Bochum – wurde von
Zeremonie dem Duckmäusertum gegenüber der Holocaustre- uniformierten Polizeibeamten mit gezogener Pistole zum
ligion ein Ende zu setzen. Sie blieben dort von der überrasch- Verlassen des Fahrzeugs aufgefordert. Dieses wurde an-
ten Besatzungsmacht unbehelligt. Nur ein Kamerateam des schließend – einschließlich des Reisegepäcks – gründlich
behördlichen Spitzeldienstes – wohl das einzige, das nicht durchsucht. Dabei fielen der Polizei die auf der Wartburg ge-
durch Fahrmanöver abgeschüttelt werden konnte – war zuge- zeigten Transparente sowie die erwähnte Schriftrolle mit den
gen und filmte die Szene. Namen der Holocaustverfolgten in die Hände.
Horst Mahler eröffnete die feierliche Handlung mit der Anru- Gleichlaufend mit der Feierstunde auf der Wartburg wurde
fung des Deutschen Volksgeistes: zur Aufhellung des geistigen Hintergrundes etwa 300 der
»Sieghafter Geist wichtigsten Medien, diplomatischen Vertretungen sowie
Durchflamme die Ohnmacht meinungsbildenden Persönlichkeiten im In- und Ausland die
Zaghafter Seelen. aus Anlaß der geplanten Tatortbesichtigung in Auschwitz
Verbrenne die Ichsucht, von Horst Mahler zusammengestellte und herausgegebene
Entzünde das Mitleid, CD »Aufstand für die Wahrheit – Auschwitz am 30. Juli
Daß Selbstlosigkeit, 2003« zugestellt, die eine Sammlung neuerer Beiträge aus
Der Lebensstrom der Menschheit, Wallt als Quelle meiner Feder sowie von anderen Autoren enthält.
Der geistigen Wiedergeburt.« Die Feinde des Deutschen Reiches sollten wissen, daß von
Rudolf Steiner, 20. September 1919 nun an jeder Strafprozeß wegen „Volksverhetzung“ aufgrund
Nach stiller Besinnung sprach er dann die vier alles beinhal- von Kritik an der Judenheit und im Hinblick auf die offene
tenden Sätze, die jeweils von zwei Sprechern aus dem Kreis Bekennung der historischen Wahrheit für die Juden zum
der anwesenden Reichsbürger wiederholt wurden: Bumerang wird. Die Bresche hat der Leitende Redakteur des
»Die Wahrheit siegt! Nachrichtenmagazins Der Spiegel, Fritjof Meyer (»Die Zahl
Die Lüge vernichtet sich selbst! der Opfer von Auschwitz« in der Zeitschrift Osteuropa, Nr.
Den Holocaust gab es nicht! 5/2002 S. 631-641), geschlagen. Er beziffert aufgrund neuer
Das Deutsche Reich kommt Archivfunde die Gasopfer von Auschwitz mit 356.000 (Ju-
im Aufstand des Deutschen Volkes zu sich.« den und Nichtjuden). Obwohl er im Gegensatz zu der größer
Während der Feier wehten die schwarz-weiß-rote Fahne des werdenden Schar von „revisionistischen“ Historikern damit
1871 wiederhergestellten Deutschen Kaiserreichs und die an der Gaskammerversion noch festhält, ist sein Aufsatz
Fahne des Deutschen Kollegs – liegendes schwarzes Kreuz in bahnbrechend, denn die Strafverfolgungsbehörden der Besat-
Gold gefaßt auf rotem Grund –, die als Staatssymbol des zungsmacht haben vor der Macht des Spiegel kapituliert und
wieder zu sich kommenden Deutschen Reiches vorgeschla- Meyers These für „strafrechtlich unbedenklich“ erklärt.
gen ist. Zwischen den Fahnen flatterte eine meterlange Zwischen der „offiziellen“ Zahl von erst 4, dann 1,5 Millio-
Schriftrolle mit über hundert Namen von Personen, die von nen Gastoten in Auschwitz und der von Meyer behaupteten
der jüdischen Besatzungsmacht als „Revisionisten“ und „Ho- Zahl klafft ein Abgrund, der nur damit erklärt werden kann,
locaustleugner“ verfolgt wurden und teilweise immer noch daß die „offizielle“ Version auf Lügen und Fälschungen be-
verfolgt werden. Ihrer wurde in Dankbarkeit gedacht. ruht. Jetzt kann gestützt auf Meyers Erkenntnisse in der Mitte
Der zeremonielle Akt klang aus mit der gemeinsam gesunge- der Gesellschaft – nicht nur am „rechten Rand“ – gegen die
nen Hymne: Auschwitzlüge mit Aussicht auf Erfolg argumentiert werden.
»Nichts kann uns rauben Mögen wir sterben, Das Wissen um die Wahrheit nimmt sprunghaft zu, die Lüge
Liebe und Glauben unseren Erben bricht zusammen. Mit ihr schwindet die jüdische Macht.
zu unserem Land. gilt dann die Pflicht, Schon bald wird das Judäo-Amerikanische Imperium kra-
E s z u erhalten es zu erhalten chend zu Boden stürzen.
und zu gestalten und zu gestalten: Das wird ein Fest!
sind wir gesandt. Deutschland stirbt nicht.« Verden an der Aller am 31. Juli 2003

438 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Auszug aus der Verfassungsbeschwerde für Frank Rennicke
Vorbemerkung1 unter keinem denkbaren Gesichtspunkt als Bestandteil der
Mit der nachfolgenden Begründung nimmt der Unterzeichne- Deutschen Rechtsordnung bzw. als Betätigung Deutscher
te zum Zwecke der Verteidigung der Freiheit des Reichsbür- Gerichtsbarkeit anerkannt werden können.
gers Frank Rennicke den Grundrechtskatalog des Grundge- Es könnte als Widerspruch erscheinen, daß ein Reichsbürger
setzes für die Bundesrepublik Deutschland – bedingt – als zur Verteidigung gegen die Willkür der Sieger über das
Recht des Deutschen Reiches und das Bundesverfassungsge- Deutsche Reich ein Organ der Fremdherrschaft anruft mit
richt als ein Deutsches Gericht in Anspruch. dem Verlangen, deren Holokaustgesetzgebung – die wesent-
Gestützt auf die Rede des Staats- und Völkerrechtlers Prof. lich das Herzstück der talmudischen Fremdherrschaft über
Dr. Carlo Schmid vor dem Parlamentarischen Rat vom 8. das Deutsche Volk ist – für null und nichtig zu erklären.
September 1948 geschieht das in dem Bewußtsein, daß das Der Widerspruch löst sich in der Erkenntnis auf, daß die als
Grundgesetz keine Verfassung (vgl. Art. 146 GG) sondern „Bundesverfassungsrichter“ wirkenden Personen nicht selbst
eine Modalität des Besatzungsstatuts der westlichen Sieger- der Fremdmacht angehören, sondern nur deren Vasallen sind.
mächte, die Bundesrepublik Deutschland kein Staat sondern Sie sind zugleich Bürger des Deutschen Reiches und diesem
die „Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft“ zur Treue verpflichtet.
und folglich das Bundesverfassungsgericht weder Verfas- Vasallität an sich ist noch kein Verbrechen. Diese kann unter
sungsgericht noch ein Gericht des Deutschen Nationalstaates den Umständen einer militärischen Niederlage sogar das
– des Deutschen Reiches – sind. „kleinere Übel“ sein im Vergleich mit einer offenen Militär-
All denen, die gegen diese Sicht der Dinge mit der verstri- diktatur der siegreichen Streitkräfte. Da der Zweck der Ge-
chenen Zeit und den vielen Wahlen argumentieren, die in- schichte die Freiheit ist, kann Vasallität aber immer nur auf
zwischen stattgefunden haben, ist entgegenzuhalten: Zeit hingenommen werden. Sie wird insbesondere dann zum
1. Es hat in der Bundesrepublik zu keinem Zeitpunkt freie Verrat – also zu einem todeswürdigen Verbrechen – wenn
Meinungsäußerung und auch keine freien Wahlen gegeben: erkennbar wird, daß die Fremdmacht den von der Vasallen-
Die NSDAP, alle ihre Gliederungen und Nachfolgeorganisa- regierung aufrechterhaltenen Landfrieden mißbraucht, um
tionen sind im Mai 1945 von den Siegermächten unter Ver- mit den Waffen der psychologischen Kriegführung Seelen-
letzung des Art. 43 Haager Landkriegsordnung von 1907 mord am Deutschen Volke zu begehen in der erklärten – aber
verboten worden. vom Opfer vergessenen – Absicht, das Deutsche Reich und
Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel berichtete in seiner sein Staatsvolk der Deutschen auf ewig zu vernichten.
Ausgabe Nr. 20/2003, S. 47, von einer repräsentativen Mei- Gerhard Schröder hat als Bundeskanzler mit seiner Weige-
nungsbefragung im Jahre 1948. Danach waren zu dieser Zeit rung, die Bundeswehr an dem völkerrechtswidrigen Überfall
noch 57% der Deutschen der Meinung, daß der Nationalso- der USA auf den Irak zu beteiligen, in aller Öffentlichkeit
zialismus eine gute Idee gewesen sei. Erst die nun schon seit den Beginn des Endes der Vasallität markiert. Ein sorgfälti-
einem halben Jahrhundert andauernde völkerrechtswidrige ges Studium – quasi als Aktenstudium – des Buches des
„Umerziehung“ der Deutschen mag eine Änderung bewirkt deutsch-österreichischen Analytikers und Regierungsberaters
haben. Die Lüge von den 6 Millionen im Gas vernichteten Gerhoch Reisegger Wir werden schamlos irregeführt, Ho-
Juden wäre hier der entscheidende Faktor. (Als Kontrastbild henrain Verlag 2003, gibt Aufschluß darüber, daß das judäo-
diene die Entwicklung im Bereich der untergegangenen So- amerikanische Imperium innerlich bereits im Zusammen-
wjetunion: Die für die tatsächlich geplante und von Stalins bruch befindlich und seine nach außen gekehrte universelle
Schwiegersohn, dem Juden Kaganowitsch, durchgeführte Gewalttätigkeit Ausdruck davon ist.
physische Vernichtung von 30 Millionen selbständigen russi- Die Lawine, die die von den USA einseitig verkündete „Neue
schen Bauern verantwortliche KPdSU ist nach dem Zusam- Weltordnung“ in einem Zeitraum von maximal 10 Jahren un-
menbruch des bolschewistischen Systems nicht verboten wor- ter sich begraben wird, ist mit dem vorgetäuschten „Angriff
den. Ihre Nachfolgeorganisation ist in der Duma vertreten und auf Amerika“ am 11. September 2001 losgetreten worden.
spielt in Rußland gegenwärtig keine unbedeutende Rolle.) Keine Macht der Welt kann sie mehr aufhalten. Die Junta,
Die politischen Überzeugungen der Mehrheit der Deutschen die über die USA verfügt, hat den Dritten Weltkrieg begon-
waren also von Anfang an von jeglicher Beteiligung an der nen. Sie kann ihn nicht beenden und nicht gewinnen. Nur ein
„demokratischen“ Willensbildung dauerhaft ausgeschlossen. erfolgreicher Staatsstreich des US-Militärs gegen die jüdi-
Noch in dem Begleitschreiben der „deutschen“ Regierungen sche Herrschaft über die USA und die physische Liquidation
– BRD und DDR – zum 2+4-Vertrag wird die Selbstver- der Septemberverbrecher könnte die Katastrophe noch ab-
pflichtung der Bundesregierung, auch künftig Parteien mit wenden.
nationalsozialistischem Ideengut zu unterdrücken, hervorge- Die Welt verändert jetzt sehr schnell ihr Antlitz. Zig Millio-
hoben. nen – wenn nicht gar Milliarden – Menschen werden in die-
2. Mit der mit dem Einigungsvertrag verabschiedeten Neu- sem Krieg ihr Leben verlieren.
fassung von Artikel 146 GG ist klar zum Ausdruck gebracht, In dieser Lage ist jeder Bürger des Deutschen Reiches, der
daß sogar nach Meinung der Vasallenregierung das Grundge- sich in den Dienst der Fremdherrschaft gestellt hat, gerufen,
setz nicht zur gewohnheitsrechtlichen Verfassung des Deut- sich seines Deutschseins zu erinnern und im Geiste von Tau-
schen Volkes aufgewertet ist. roggen zu handeln, um die Fremdherrschaft jetzt zu lähmen
Diese – bisher unerhörte – Klarstellung ist hier deshalb un- und den Freiheitskampf der Deutschen für Volk und Reich
verzichtbar, weil Gegenstand der Erörterung die Holo- nach Kräften zu fördern.
caustgesetzgebung jener Fremdherrschaft und die darauf ge- Die weltweite talmudische Despotie – in ihrem gegenwärtigen
stützte Tätigkeit der Gerichte sind, die – wie zu zeigen ist – Stadium – beruht im wesentlichen auf vier Jahrhundertlügen:

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 439


1. Auf der Kriegsschuldlüge, daß das Deutsche Reich den in den Konzentrationslagern, insbesondere in Auschwitz, in
Ersten und den Zweiten Weltkrieg bewußt herbeigeführt Abrede gestellt (sog. Auschwitzlüge). Unter pseudowissen-
habe. schaftlicher Aufmachung („Leuchter-Report/Rudolf-Re-
2. Auf der Pearl-Harbor-Lüge, daß die USA von Japan ange- port“) wird hier auf über 30 Seiten dargelegt, daß die Er-
griffen worden seien. [Hawaii war damals eine US- mordung der Juden und Zigeuner durch das Naziregime
Kolonie, Anm. der Red.] aus technischen und tatsächlichen Gründen gar nicht mög-
3. Auf der Auschwitzlüge, daß das Deutsche Reich im Kon- lich gewesen sei und auch nicht, zumindest nicht in dem
zentrationslager Auschwitz in Verwirklichung eines all- von anerkannten Historikern genannten Umfang, stattge-
gemeinen Ausrottungsentschlusses vier Millionen Juden funden habe.
systematisch durch Giftgas getötet habe. So wird u.a. ausgeführt:
4. Auf der Septemberlüge, daß die USA am 11. September „Schlußfolgerung: Nach Durchsicht des gesamten Materi-
2001 von dem „Terrornetz Osama bin Ladens“ angegrif- als und nach Inspektion aller Standorte in Auschwitz, Bir-
fen worden seien. kenau und Majdanek findet der Autor die Beweise überwäl-
Es gilt das im Johannes-Evangelium (8:44) überlieferte Je- tigend. Es gab keine Exekutions-Gaskammern in irgendei-
sus-Wort, das an die Führer der Judenheit gerichtet ist: nem dieser Orte. Es ist beste Ingenieursmeinung dieses
»Ihr habt den Teufel zum Vater, und nach eures Vaters Ge- Verfassers, daß die angeblichen Gaskammern an den in-
lüste wollt ihr tun. Der ist ein Mörder von Anfang an und spizierten Plätzen weder damals als Exekutions-Gaskam-
steht nicht in der Wahrheit; denn die Wahrheit ist nicht in mern verwendet worden sein konnten, noch daß sie heute
ihm. Wenn er Lügen redet, so spricht er aus dem Eigenen; für eine solche Funktion ernsthaft in Betracht gezogen
denn er ist ein Lügner und der Vater der Lüge.« werden können.“
Der Kampf von Frank Rennicke gegen die Gerichte der Unterzeichnet wird dies von Fred Leuchter.“
Fremdherrschaft ist kein juristisches Kabinettstück. Er ist ein Gleichzeitig werde in einem Anhang der Broschüre dazu
Gefecht im Freiheitskampf des Deutschen Volkes. Wollte der aufgerufen, für eine massenhafte Verbreitung dieser an-
Unterzeichnete sich in diesem Kampf auf eine juristische Ar- geblich wissenschaftlich erwiesenen Behauptungen Sorge
gumentation der herkömmlichen Art beschränken, wäre das zu tragen.«
gleichbedeutend mit Parteiverrat, denn er würde sich an der Die dagegen gerichtete Revision des Bf. war darauf gerichtet,
Verschleierung des Wesens dieser Auseinandersetzung betei- mit grundsätzlichen Ausführungen den Widerspruch aufzu-
ligen und sich der Begrifflichkeit der Feinde des Reiches un- zeigen, der zwischen den entscheidungsbegründenden
terwerfen. Rechtsmeinungen des Berufungsgerichts einerseits und einer
an den Interessen des Deutschen Volkes orientierten Ausle-
I. Verfahrensgang und Umfang der Beschwerde gung des unter der Oberhoheit der westlichen Siegermächte
Am 22. November 2000 verurteilte das Amtsgericht Böblin- erlassenen Grundgesetzes für Deutschland andererseits be-
gen den Beschwerdeführer (Bf.) wegen Volksverhetzung in steht.
acht Fällen, davon in sechs Fällen in Tateinheit mit einem Dieses Verfahren ist nicht unproblematisch. Es treffen ge-
Vergehen gegen §21 des GjSM zu der Gesamtfreiheitsstrafe gensätzliche – d.h. einander ausschließende – Denkmuster
von zehn Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung aus- aufeinander. Die bei den Richtern zu vermutende Sichtweise
gesetzt wurde. kann sich auf die Macht stützen. Diejenige der Verteidigung
Gegen dieses Urteil legte sowohl der Bf. mit dem Ziel eines des Bf. ist seit Jahrzehnten einer intensiven Verteufelung
Freispruchs, als auch die Staatsanwaltschaft zu ungunsten des ausgesetzt und gänzlich machtlos. Da sich das Denken beider
Bf. mit dem Ziel einer Verurteilung zu einer höheren Strafe Pole auf die nämlichen Gegenstände bezieht, stehen die un-
jeweils form- und fristgerecht Berufung ein. terschiedlichen Denkweisen im Verhältnis zueinander. Die-
Die Berufung des Bf. blieb ohne Erfolg. Die Berufung der ses ist mit Gefühlskomplexen befrachtet, die dem freien Fluß
Staatsanwaltschaft hatte teilweise Erfolg. Nach durchgeführ- der Gedanken hinderlich sind.
ter Berufungsverhandlung verurteilte das Landgericht Stutt- Das bewußt zu machen, erscheint zweckdienlich. Es könnte
gart den Bf. zu der Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr 5 Mona- sich dadurch bei Gericht die Erinnerung einstellen, daß Ge-
ten, die Vollstreckung der Freiheitsstrafe wurde zur Bewäh- danken – auch im Bereich der juristischen Argumentation –
rung ausgesetzt.2 nicht danach zu beurteilen sind, ob sie „politisch korrekt“
Das Urteil ist dem Unterzeichneten am 11. Dezember 2002 sind oder nicht, sondern danach, ob sie richtig oder falsch,
förmlich zugestellt worden. wahr oder unwahr sind. Dabei mag mancher Gedanke wie ein
In die Gesamtfreiheitsstrafe ist eine Einsatzstrafe aufgrund Fausthieb in die Magengrube fahren und den Atem rauben.
des Schuldspruchs gemäß §130 Abs. 4 StGB wegen Verbrei- Hier hilft es, tief einzuatmen und sich zu fragen: „Ja, warum
tung der Broschüre mit dem Titel „Dokumente der Verteidi- eigentlich nicht?“ Mit dieser einfachen Frage befreit man
gung. Unterdrückte Tatsachen über Auschwitz und den Ho- sich aus den Denkverboten, die uns zu Sklaven fremder
locaust.“ einbezogen. Das Berufungsgericht hat dazu im ein- Mächte machen. Dieser Hinweis könnte hier insbesondere
zelnen festgestellt: deshalb hilfreich sein, weil im folgenden die Judenfrage auf
»Er [der Angeklagte Frank Rennicke] verfolgte damit das unerhörte Weise erörtert wird. Schamlos wird das Tabu aller
Ziel, diese Broschüre über den ersten Empfänger Marco Tabus verletzt, weil die Suche nach der Wahrheit kein Tabu
Rieger hinaus noch einer weiteren, unbestimmten, aber duldet.
größeren Zahl von Personen, insbesondere Gesinnungsge- Die Umstände begünstigen diesen Versuch. Die Macht, die
nossen, aber auch anderen Multiplikatoren zur Kenntnis zu uns unsere Gedanken vorzuschreiben versucht, hat sich mit
bringen. Wie der Angeklagte Frank Rennicke wußte, wird dem vorgetäuschten „Angriff auf Amerika“ vom 11. Septem-
in dieser Broschüre der Genozid an den Juden und Zigeu- ber 2001 selbst als eine verbrecherische entlarvt. Was diese
nern während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft Macht im Innersten bewegt und worauf sie zielt, hat mit bis-

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her nicht übertroffener Gediegenheit Gerhoch Reisegger in tete Überzeugung ist diese innere Standhaftigkeit, ohne die
seinem Buch Wir werden schamlos irregeführt. Vom 11. Sep- die menschliche Existenz ein jämmerliches Dasein ist.
tember zum Irak-Krieg, Hohenrain Verlag, Tübingen 2003, Dieses Innerste des Geistes ist nur in der Äußerung wahrhaft.
sachkundig enthüllt. Die Überzeugung ist das Licht, das sich auf alle Gegenstände
Das Revisionsgericht hat per Beschluß gemäß §349 Abs. 2 ergießt, an denen der Mensch ein Interesse nimmt. Sie be-
StPO vom 17. Juli 2003 die Revision des Bf. als unbegründet stimmt alle dem Menschen möglichen Entschlüsse und ist
verworfen »weil die Nachprüfung des Urteils […] keinen Wirklichkeit an sich (mit dem Akzent auf dem Tätigkeitswort
Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat.« „wirken“).
Auch das Bundesverfassungsgericht kann – weil es die Die Unterdrückung der Äußerung einer Überzeugung ist ge-
Macht dazu hat – den Nachweis, daß die Verurteilung des Bf. waltsame Verhinderung eines würdigen Daseins, denn der
auf Willkür beruht, ignorieren. Die Weigerung, die Tatsa- Mensch hat nur in der Äußerung seines Innersten Würde. Ein
chen und deren Zusammenhänge zur Kenntnis zu nehmen, Inneres, das sich nicht äußert, ist nicht wirklich. Ein Äußerli-
würde allerdings nach dem Grundsatz der actio libera in cau- ches, das nicht Äußerung eines Inneren ist, ist würdelos.
sa den Vorwurf des Landesverrats und der Rechtsbeugung Die Anmaßung, bestimmen zu können, daß eine bestimmte
nach sich ziehen. Die Zeit „der Organisationsform einer Mo- Überzeugung „wegen Offenkundigkeit ihres Gegenteils“ gar
dalität der Fremdherrschaft“ (OMF, Carlo Schmid), die sich nicht möglich sei – z.B. die Überzeugung, daß die massen-
selbst den Namen „Bundesrepublik Deutschland“ zugelegt hafte Vernichtung von Juden eine falsche Tatsachenbehaup-
hat, ist abgelaufen. Unter dem Zwang der auf uns zurasenden tung sei –, ist der ewig erfolglose Versuch, den Geist zu ver-
Katastrophe (vgl. Gerhoch Reisegger) wird das Volk der nichten. Dieser Versuch bringt nicht den Geist um, sondern
Deutschen im Aufstand für die Organisierung des Deutschen diejenigen, die versuchen, ihn zu töten.
Reiches (vgl. Art 146 GG) seine Handlungsfähigkeit zurück- Jedes weitere Wort ist überflüssig.
gewinnen. Artikel 1 Abs. 3 GG ist verletzt, insofern die Fachgerichte
Die dem Oberlandesgericht Stuttgart vorgetragene Revisi- durch demonstrative Weigerung, ihre Entscheidungen durch
onsbegründung war nichts anderes als die vorweggenomme- eine rechtliche Argumentation auf geltendes Recht zurückzu-
ne Begründung für die Verfassungsbeschwerde.3 Der auf den führen, den Bf. für vogelfrei erklärt haben. Sein Fall ist ein
Auschwitzkomplex bezügliche Teil derselben wird erneut weiterer Beleg für den allgemeinen Entschluß der „Organisa-
wie folgt vorgetragen: […] tionsform einer Modalität der Fremdherrschaft“ (OMF),
Menschen, die sich dem Überzeugungsdiktat („political cor-
IV. Rügen zum Komplex B: „Dokumente der rectness“) der Fremdmacht nicht beugen, für friedlos zu er-
Verteidigung“ klären.
[…] Die Grundrechtsverletzungen im einzelnen: Artikel 2 Abs. 1 GG ist verletzt, insofern die Verweigerung
Durch die Anwendung des §130 Abs. 3 und 4 StGB ist Arti- der Teilhabe am Rechtsfrieden dem Bf. die Möglichkeit
kel 1 Abs. 1 GG verletzt. Die Hoheitsgewalt maßt sich an, nimmt, seine Überzeugungen in üblicher Weise anderen
die Überzeugung der in ihrem Wirkungsbereich lebenden Menschen mitzuteilen, ohne sich der Gefahr strafrechtlicher
Menschen mit einer dekretierten Wahrheit zu verschmelzen. Verfolgung und gesellschaftlicher Ausgrenzung auszusetzen.
Das ist die Nichtung der Geistigkeit der Normadressaten. Die Ausfächerungen des allgemeinen Freiheitsrechts in be-
Die normative Aussage des objektiven Verfassungsrechts, sonderen Grundrechten (Meinungsfreiheit, Religionsfreiheit,
daß die Würde des Menschen unantastbar ist, beinhaltet eine Versammlungsfreiheit usw.) decken in diesem Falle nur Teil-
Wertaussage, der ihrerseits aber eine Aussage über eine bereiche ab. Der unspezifische Diskriminierungseffekt, dem
Seinsgegebenheit zugrunde liegt. Diese Seinsgegebenheit „Holocaustleugner“ (als Frevler gegen die „political correct-
„Menschenwürde“, die unabhängig von Zeit und Raum „ist“ ness“ – pc) ausgesetzt sind, reicht weiter als der Schutzbe-
und rechtlich verwirklicht werden „soll“, besteht in folgen- reich jener besonderen Freiheitsrechte.
dem: Jeder Mensch ist Mensch kraft seines Geistes, der ihn Wie die Urteile der Fachgerichte im Falle des Bf. zeigen,
abhebt von der unpersönlichen Natur und ihn aus eigener bewirkt die Ausgrenzung zugleich die Einordnung in kritik-
Entscheidung dazu befähigt, seiner selbst bewußt zu werden, resistente Befangenheitsmuster, die im ordentlichen Rechts-
sich selbst zu bestimmen und sich und die Umwelt zu gestal- mittelzug nicht aufzubrechen sind.
ten.4 Im privaten Verkehrsbereich bleibt der Ausgegrenzte nach
Abgesehen davon, daß kein Mensch „aus eigener Entschei- Aufgabe der „Drittwirkungstheorie“6 gänzlich schutzlos.
dung“ dazu befähigt ist, seiner selbst bewußt zu werden – Der von Bundeskanzler Schröder herbeigewünschte „Auf-
sowie niemand „aus eigener Entscheidung“ in unsere Welt stand der Anständigen“ gegen die „Nazis“, „Neonazis“,
hineingeboren wird –, ist diese Kommentarstelle der Fels in „Rechtsextremisten“ und „Rechtsradikalen“ hat im Privat-
der Brandung der Meinungen, die miteinander für die unter- rechtsraum zu regelrechten Ausmerzungsfeldzügen geführt:
schiedlichsten Menschenbilder streiten.5 Den Betroffenen werden Bankkonten, Mietverträge und Ar-
Die Geistigkeit des Menschen ist eine Seinsgegebenheit, also beitsverhältnisse gekündigt. Durch Mobilisierung von Feind-
etwas, das normativ weder in Frage gestellt noch gestaltet seligkeit im Wohnumfeld (Verteilung von „Steckbriefen“ mit
werden kann. Vielmehr ist diese der Grund der Sinnhaftigkeit Konterfei und der Losung „Nazis raus!“, Zusammenrottun-
aller Sätze, deren Logik durch ein „Du sollst“ bestimmt ist. gen vor den Wohnhäusern, Auflauern und Zusammenschla-
Welche Inhalte der subjektive Geist auch immer durch Vor- gen, Einbrüche mit schweren Verwüstungen des Inventars,
bild, Glaubenslehre, Tradition, Bildung, Erziehung im Um- Inbrandsetzung der vor dem Haus geparkten Kraftfahrzeuge
gang mit seinesgleichen empfangen mag: sie sind ausnahms- usw.) seitens der Schlägerbereitschaften (genannt „Antifa“)
los nur das formbare Material, an dem der subjektive Geist der OMF, wird Vertreibungsdruck aufgebaut. Am Ende ste-
durch die eigene Geistestätigkeit sich selbst hervorbringt und hen wohl schon bald Schutz(haft)lager, in die sich die Betrof-
sich zur Überzeugung herausarbeitet. Erst die selbst erarbei- fenen flüchten können, um nur ihre Gesundheit und ihr Le-

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ben zu retten. Denn die schützende Bewachung der Zielper- warten, wenn die Leute von der Wiege an mit dem Alten
sonen des bewaffneten Mobs, deren Objekt der Unterzeich- Testament aufwachsen?“«
nete seit dem 31. Juli 2003 ist, ist viel zu aufwendig, als daß Die Unvereinbarkeit des §130 Abs. 3 und 4 StGB mit Artikel
sie flächendeckend für längere Zeit aufrechterhalten werden 5 Abs. 1 GG hat Huster überzeugend dargelegt.11 […]
könnte. Der Bf. und seine Familie sind im Zusammenhang Da dieses Strafgesetz nach dem Eingeständnis des „Gesetz-
mit dem beschwerdegegenständlichen Strafverfahren wegen gebers“ den „Rechtsextremismus“ als solchen diskriminieren
„Volksverhetzung“ akut diesem Vertreibungsdruck ausge- will, verstößt es auch gegen das Verbot des Artikels 5 Abs. 3
setzt und gezwungen, ihr Domizil in einer weniger haßanfäl- GG.
ligen Umgebung zu suchen. Artikel 103 Abs. 1 GG ist durch das Offenkundigkeitsdogma
Artikel 3 Abs. 1 GG ist verletzt, insofern die Rechtsentwäh- verletzt.
rung7 die Gleichheit des Bf. vor dem Gesetz nichtet. Der Grundsatz, daß einem Angeklagten rechtliches Gehör zu
Der Grund der Ungleichbehandlung ist seine hoheitlich dis- gewähren ist, schließt es aus, die Merkmale des gesetzlichen
kriminierte Anschauung. Zur Äußerung nicht zugelassen ist Tatbestandes und andere unmittelbar beweiserhebliche Tat-
die Meinung, daß unter Berücksichtigung der angeblichen sachen als offenkundig zu behandeln.12
Tatumstände die Behauptung mit den Naturgesetzen unver- Merkmal des gesetzlichen Tatbestandes des §130 Abs. 3
einbar sei, im Herrschaftsbereich des Deutschen Reiches sei- StGB ist als Anknüpfungstat »eine unter der Herrschaft des
en 6 Millionen Juden systematisch mit dem Giftgas „Zyklon Nationalsozialismus begangene Handlung der in § 220a Abs.
B“ umgebracht worden. Diese Einstellung gilt als politisch, 1 StGB (Völkermord) bezeichneten Art«.
da sie auf die Wiederherstellung des Selbstwertgefühls der Der Bundesgerichtshof hat sich in ständiger „Rechtspre-
Deutschen ziele und deshalb für sich allein schon das Ver- chung“ darüber hinweggesetzt und für die Anwendung des
hältnis zur jüdischen Minderheit in der BRD belaste. Es ist §130 Abs. 3 StGB den Satz aufgestellt, daß „der millionenfa-
damit die durch Artikel 3 Abs. 3 GG konkretisierte Gewähr- che Judenmord in den Gaskammern der Konzentrationslager
leistung der Gleichbehandlung politischer Anschauungen während des 2. Weltkrieges“ eine offenkundige Tatsache im
mißachtet. Sinne des § 244 Abs. 3 Satz 2 StPO sei.13
Artikel 4 Abs. 1 GG ist verletzt, da §130 Abs. 3 und 4 StGB Während die dafür herangezogene Bestimmung eine Ermäch-
die Diskriminierung der nationalsozialistischen Weltan- tigungsnorm ist [... in diesen Fällen darf das Gericht von ei-
schauung und ihrer ideologischen Nachbarn bezweckt. Aus ner Beweiserhebung absehen], ist in der Praxis im Hinblick
den Gesetzesmaterialien geht hervor, daß mit dieser Straf- auf den sogenannten Holocaust eine sanktionsbewährte Ver-
norm »ein politisches Signal gegen rechtsextremistische und botsnorm gemacht worden. Weder darf das Gericht über den
neonazistische Entwicklungen« gesetzt werden sollte.8 Das „Holocaust“ Beweis erheben, noch ist es dem Angeklagten
unter Strafe gestellt Leugnen bzw. Verharmlosen soll der bzw. der Verteidigung gestattet, entsprechende Beweisanträ-
Beweis für „verfassungsfeindlichen Rechtsextremismus“ ge zu stellen. Verteidiger, die sich – wie im Falle der Rechts-
sein. Diesen und nichts sonst will man mit der Sanktion tref- anwälte Bock und Rieger – darüber hinwegsetzen, werden
fen. „Verfassungsfeindlicher Rechtsextremismus“ im Sinne selbst aufgrund von §130 Abs. 3 StGB wegen „Volksverhet-
dieser Normzweckverklarung ist in erster Linie die Weltan- zung“ verfolgt und bestraft.
schauung, die den historischen Nationalsozialismus bestimm- Oben […] wurde dargestellt, daß diese Praxis mit Rechtsan-
te. Diese steht aber in gleicher Weise unter dem Schutz des wendung nichts mehr zu tun hat.
Artikels 4 Abs. 1 GG wie alle anderen weltanschaulichen und Dank der Forschungsarbeiten der als „Revisionisten“ verun-
religiösen Bekenntnisse auch. glimpften Historiker ist die Behauptung der Feinde des Deut-
Der Versuch, durch Konstruktion einer immanenten Grund- schen Reiches, unter Nationalsozialistischer Herrschaft seien
rechtsschranke aus Art. 139 GG die nationalsozialistische Millionen von Juden in den Gaskammern der Konzentrati-
Weltanschauung wegen ihrer vermeintlich rassistischen und onslager umgebracht worden, längst als Propagandalüge ent-
humanitätsfeindlichen Inhalte aus diesem Schutzbereich aus- larvt worden. Das hat jetzt dazu geführt, daß aus der Mitte
zugrenzen, ist zum Scheitern verurteilt. »Für eine Art „Son- der Gesellschaft heraus zaghafte Korrekturversuche unter-
dervorschrift nach rechts“ ist im System des GG kein Platz.«9 nommen werden, offensichtlich weil man den Zornesaus-
Es darf nicht übersehen werden, daß von einer solchen im- bruch fürchtet, der über Juden – ohne zwischen Schuldigen
manenten Schranke in erster Linie der Judaismus betroffen und Unschuldigen zu unterscheiden – hereinbrechen könnte,
wäre. Wie gezeigt werden konnte […], ist die jüdische Reli- wenn den Deutschen allgemein und den anderen Völkern die
gion und Weltanschauung bis in die Gegenwart in einem Wahrheit bekannt wird.
Maße von Rassismus und Menschenfeindlichkeit geprägt, das Der unlängst vom Leitenden Spiegel-Redakteur Fritjof Meyer
in der europäischen Geschichte nicht seinesgleichen hat. in der Zeitschrift Osteuropa Nr. 5/2002, S. 631-641, unter der
Um zu zeigen, daß diese Bewertung nicht dem teutonischen Schirmherrschaft der Bundestagspräsidentin a.D. Prof. Dr. Rita
Zorn über die Juden zuzuschreiben ist, seien als Beleg Auf- Süßmuth veröffentlichte Artikel »Die Zahl der Opfer von Au-
fassungen des ehemaligen Britischen Außenministers Ernest schwitz – Neue Erkenntnisse durch neue Archivfunde« hat den
Bevin beigebracht (dieser folgte 1945 auf Antony Eden, als jetzt möglichen Durchbruch und Kurswechsel vorbereitet.
die Labour Party die erste Britische Nachkriegsregierung bil- Veranlaßt durch die Verurteilung des Bf. wegen „Volksver-
dete.) Sein Parlamentarischer Staatssekretär, Christopher hetzung“ und um den Artikel des Fritjof Meyer der Schwei-
Mayhew, vermerkte in seinem Tagebuch (Mai 1948):10 gespirale zu entreißen, haben Bürger des Deutschen Reiches
»Ich habe keinen Zweifel, daß Ernest die Juden verachtet. einen „Feldzug gegen die Offenkundigkeit des Holocaust“
Er witzelt über das „auserwählte Volk“; erklärt das Alte begonnen und am 5. Februar 2003 das „Verdener Manifest“
Testament zum unmoralischsten Buch, das je geschrieben verabschiedet. […]
worden ist, und sagt, die Juden hätten Hitler die Technik Nach Abfassung dieses Berichts ist in einem weiteren
des Terrors gelehrt. Er sagte zu mir: „Was kann man er- Selbstanzeigefall der Einstellungsbescheid der Staatsanwalt-

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schaft Lüneburg vom 1. August 2003 – 503 Js 14447/03 – lich, dass für ein Verharmlosen das bloße Drehen an der
ergangen, der in mehrfacher Hinsicht bemerkenswert ist und „Zahlenschraube“ noch nicht genügt.
deshalb seinem wesentlichen Inhalte nach hier vorgetragen Steht eine relativierende Ausdrucksweise in Rede, ist viel-
wird: mehr der inhaltliche Gesamtaussagewert der Äußerung
»Ihre Selbstanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft aus Sicht eines verständigen Lesers durch genaue Textana-
Berlin vom 07.04.2003 lyse unter Berücksichtigung sämtlicher Begleitumstände zu
ermitteln.
Sehr geehrter Herr Marloh,
Eine revisionistisch-agitative Gesamtaussage lässt sich
vorbezeichnetes Ermittlungsverfahren, welches ich von der dem Text des Fritjof Meyer indessen nicht entnehmen.
Staatsanwaltschaft Berlin zuständigkeitshalber übernom- Meyer grenzt sich in seinem Aufsatz vielmehr klar von jeg-
men habe, habe ich nunmehr mangels hinreichenden Tat- lichen Bestrebungen, den Holocaust mit seinen Schrecken
verdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. zu bagatellisieren, ab. Im letzten Satz seiner Ausführungen
Ihre Selbstanzeige wegen Volksverhetzung stützt sich auf – und damit an einer textlich besonders hervorgehobenen
die Annahme, Sie hätten durch die gleichzeitige Versen- Stelle – führt Meyer ausdrücklich an:
dung eines in der Zeitschrift Osteuropa, 52. Jahrgang, Heft „Dieses Ergebnis relativiert nicht die Barbarei, sondern
5, im Mai 2002 veröffentlichten Artikels des Fritjof Meyer verifiziert sie – eine erhärtet die Warnung von neuem Zivi-
mit dem Titel: „Die Zahl der Opfer von Auschwitz – Neue lisationsbruch.“ Die unter der Herrschaft des Nationalso-
Erkenntnisse durch neue Archivfunde“ an die Mitglieder zialismus begangenen Gewalttaten fasst Meyer – im Lichte
des Deutschen Bundestages Monika Griefahn, Michael seiner Berechnungen – damit explizit als „verifizierte Bar-
Großer-Brömer und Peter Rauen Ihrerseits den Straftatbe- barei“ und „Zivilisationsbruch“ zusammen. Diese Schluss-
stand der Volksverhetzung gemäß § 130 Abs. 3, Abs. 4 i. V. folgerung Fritjof Meyers aus den von ihm errechneten
m. Abs. 2 Nr. 1a StGB verwirklicht. Zahlen lässt im Rahmen der gebotenen inhaltlichen Ge-
In dem Artikel von Fritjof Meyer wird eine unter der Herr- samtbetrachtung aus objektiver Sicht keinen Raum für die
schaft des Nationalsozialismus begangene Handlung der in Annahme, Meyer habe mit seinen Zahlen zum Ausdruck
§ 6 des Völkerstrafgesetzbuchs bezeichneten Art jedoch bringen wollen, „alles sei nur halb so schlimm gewesen“.
weder geleugnet, noch verharmlost. In seinem Aufsatz Diese offenbar von Ihnen angenommene Lesart des Arti-
kommt Meyer zu dem Ergebnis, dass in dem nationalsozia- kels von Fritjof Meyer pervertiert die von diesem Autor ob-
listischen Arbeits- und Vernichtungslager Auschwitz- jektiv getätigte und gewollte Aussage.
Birkenau insgesamt rund 510.000 Menschen, hiervon in Der von Ihnen an mehrere Bundestagsabgeordnete ge-
der Zeit von Frühjahr 1942 bis Anfang November 1944 ca. schickte Artikel von Fritjof Meyer erfüllt daher bereits aus
356.000 in Gaskammern, ermordet wurden. Damit hat Rechtsgründen nicht den Tatbestand der Volksverhetzung,
Meyer die nationalsozialistischen Massentötungen in dem weshalb auch in einer mehrfachen Versendung dieses Arti-
Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau als solche nicht ge- kels keine nach § 130 Abs. 3, Abs. 4, Abs. 2, Nr. 1a StGB
leugnet. Weder wird in dem Artikel der von den National- strafbare Verbreitungshandlung erblickt werden kann.«
sozialisten verübte Völkermord als Ganzes bestritten, noch Was ist danach noch „offenkundig“? An der „Zahlenschrau-
wird behauptet, Massentötungen seien gar nicht begangen be“ darf gedreht werden – die politisch korrekte innere Ein-
worden oder jedenfalls nicht bewiesen. stellung vorausgesetzt. Aber was bedeutet das?
Soweit daran zu denken wäre, dass in dem Artikel tatsäch- „Offenkundigkeit“ ist ein beweisrechtliches Institut. In der
lich begangene Taten des Völkermordes im Sinne von § Beweisstation geht es um Tatsachen – innere und äußere
130 Abs. 3 StGB verharmlost werden, wäre zur Bejahung gleichermaßen.
dieses Tatbestandsmerkmals in rechtlicher Hinsicht ein Der Bundesgerichtshof hält millionenfachen Juden-Mord
ausdrückliches quantitatives oder qualitatives Bagatellisie- durch Giftgas für eine „offenkundige“ Tatsache. Wenn es
ren von Art, Ausmaß, Folgen oder Wertwidrigkeit einzelner aber nur 356.000 waren, die im Gas starben, wie steht es mit
oder der Gesamtheit nationalsozialistischer Gewaltmaß- der Offenkundigkeit des „Völkermordes“?
nahmen erforderlich. Fritjof Meyer bleibt mit der von ihm Der Weg, den die Staatsanwaltschaft Lübeck vorschlägt, ist
berechneten Zahl an Opfern zwar unterhalb der Zahl, die nicht begehbar. Sie votiert dafür, daß „an der Zahlenschrau-
insoweit in anderen Studien genannt werden. Gleichwohl be“ derjenige „drehen“ dürfe, der sich gleichzeitig – politisch
genügt die Annahme lediglich einer geringeren Opferzahl korrekt – dagegen verwahrt, daß seine Erkenntnisse für eine
noch nicht, um hierin ein tatbestandsmäßiges Verharmlo- das Deutsche Volk rehabilitierende Propaganda – die da-
sen zu erblicken. durch eben als rechtsextremistisch abgestempelt ist – „miß-
Der Tatbestand des Billigens, Leugnens oder Verharmlo- braucht“ werden. Eine floskelhafte Verbeugung vor dem
sens des Völkermordes an der jüdischen Bevölkerung unter Geßlerhut soll reichen. Wer so hirnrissig denkt, darf den Ho-
der Herrschaft des Nationalsozialismus wurde mit dem locaust leugnen oder verharmlosen.
Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28.10.1994 in den Für die anderen gilt dieser nach wie vor als „offenkundige
Straftatbestand des § 130 StGB eingefügt. Der Gesetzgeber Tatsache“.
wollte damit einen Beitrag zur Verhinderung rechtsextre- Daß bei dieser Argumentation zu allem Überdruß auch noch
mistischer Propaganda leisten. Demgemäß ist das Hand- übersehen wird, daß „der Holocaust“ ein Werturteil, aber
lungsmerkmal des Verharmlosens erst erfüllt, wenn der keine Tatsache ist, sei hier nur am Rande gewürdigt.
Äußernde den Holocaust herunterspielt, beschönigt oder in Wer hätte denn je dem Holocaust die Hand geschüttelt. Wer
seinem wahren Gewicht verschleiert. Dabei sollen alle hat ihn gerochen, wer gewogen und wer gar gesehen? Hat
denkbaren Facetten agitativer Hetze wie auch verbrämter ihn jemand ertastet?
diskriminierender Missachtung erfasst werden (so: BGHSt Eine historische Tatsache ist keine Tatsache im Sinne der
46, S. 36, 40). Dieser Gesetzeszweck macht bereits deut- Strafprozeßordnung. Tatsachen in letzterem Sinne sind mit

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den Sinnen wahrnehmbare Veränderungen der Innen- bzw. Wie hat denn Fritjof Meyer „an der Zahlenschraube ge-
Außenwelt. dreht“?
Wenn sich am Ussuri chinesische und sowjetische Soldaten Der vermeintliche Haupttatort des Gasmordes in Auschwitz,
Feuergefechte lieferten und viele von ihnen dabei einen ge- die Leichenkeller der Krematorien I und II, wird von ihm ge-
waltsamen Tod starben, ist mit der Feststellung dieser straf- strichen: Die Versuche, die dort angestellt wurden, seien
prozessual faßbaren Tatsachen immer noch die Frage offen, fehlgeschlagen: »weil die Ventilatoren kontraproduktiv wa-
ob sich dabei nur um einen Grenzzwischenfall oder um den ren und die erwarteten Massen an Opfern in den folgenden
Beginn eines Krieges zwischen Rotchina und der Sowjetuni- elf Monaten nicht eintrafen.«
on handelte. Flugs werden die Massenmorde in zwei außerhalb des Lagers
Hätten im zeitlichen Zusammenhang mit den Ereignissen am gelegene Bauernhäuser verlegt […]. Von den Bauernhäusern
Ussuri auch an anderen Stellen der Sowjetisch-Chinesischen ist auch nichts mehr zu sehen. Deren Fundamente seien erst
Grenze Scharmützel stattgefunden, wäre auch das nicht „jüngst“ entdeckt worden.15
gleichbedeutend mit der Feststellung, daß es zwischen der Tatort und Tathergang müßten also ganz andere gewesen
SU und Rotchina einen Krieg gegeben hatte. Vielmehr könn- sein, als bisher behauptet und als „offenkundig“ ausgegeben.
ten diese Ereignisse immer noch unter dem Begriff der „be- Gibt es doch Aussagen von Tausenden Zeugen, die das Ge-
waffneten Aufklärung“ (siehe Carl von Clausewitz) einge- schehen mit aller denkbaren Bestimmtheit in den Leichenkel-
ordnet werden. Die Beteiligten könnten die Absicht gehabt lern der Krematorien I und II mit eigenen Augen beobachtet
haben, lediglich die Entschlossenheit, die Kriegstauglichkeit haben wollen. Nach ihren Aussagen wurde die Massentötung
und Kriegsbereitschaft der jeweils anderen Seite zu testen, in grotesken Zeichnungen festgehalten: Funktionshäftlinge,
ohne schon ernsthaft einen Krieg beginnen zu wollen. die mit nackten, schweißüberströmten Oberkörpern ohne
Erst wenn kriegsmäßig ausgerüstete Divisionen in entspre- Gasmasken, rauchend mit bloßen Händen die im Gas Getöte-
chenden Räumen bereitgestellt und einige davon in Verfol- ten aus den Leichenkellern der Krematorien I und II entsor-
gung eines Kriegsplanes unter Beteiligung aller Waffengat- gen.
tungen in den umfassenden Kampf geführt worden wären, Meyer stellt weiterhin mit seinen Überlegungen auf physika-
dann wäre der Historiker berechtigt, aus diesen beobachtba- lische Gesetzmäßigkeiten und technische Erfahrungssätze ab
ren Tatsachen darauf zu schließen, daß zwischen der SU und – wie fast alle sogenannten Revisionisten –, um einsichtig zu
Rotchina ein Krieg stattgefunden habe. machen, daß die horrenden Zahlen von mehreren Millionen
Wenn 4 Millionen Juden tatsächlich vergast worden wären, Gasopfern ins Reich der Fabel gehören.
dürfte man schließen, daß dem ein Vernichtungsplan der Nichts anderes enthalten die „Dokumente der Verteidigung“,
Reichsregierung zugrunde gelegen haben muß. wegen deren Verteilung der Bf. verurteilt wurde.
Wenn aber nur 100 oder 1.000 oder 10.000 Juden auf diese Was ist nun, nachdem die hinter Fritjof Meyer auszumachen-
Weise umgebracht wurden, könnte von einer geplanten Ver- de Macht des Nachrichtenmagazins Der Spiegel mit ihrem
nichtung des jüdischen Volkes ernsthafterweise nicht gespro- umfassenden Archiv die Arena betreten hat, nach Meinung
chen werden. Stehen 100.000 oder 350.000 Gasmorde zur der Hohen Juristen am Holocaust noch „offenkundig“? An
Diskussion und werden – wie von Fritjof Meyer (a.a.O. S. was soll, an was darf sich ein ängstliches Gemüt halten, wenn
633) – Umstände beigebracht, die ein anderes Motiv für die von „Holocaust“ die Rede wird?
Tötungen ergeben, als die „Vernichtung der europäischen Wie kann Amalia Hinterwäldlerin geholfen werden, die ei-
Juden“, nämlich Überlegungen zur Eindämmung von Seu- nem Richter ihr naives Gemüt offenbart und sich dadurch viel-
chen, dann ist die Holocaust-These immer noch höchst frag- leicht strafbar gemacht hat, vgl. den nachfolgenden Beitrag?
lich. Das Berufungsgericht hat es nicht gewagt, sich auch nur an-
Himmler soll nach Meyer im November 1942 befohlen ha- satzweise mit den Tatsachen auseinanderzusetzen, die in der
ben, unter strengster Geheimhaltung „alle schwachen, kran- inkriminierten Schrift vorgetragen und von der Verteidigung
ken oder arbeitsunfähigen jüdischen Gefangenen“ zu „verga- unter Beweis gestellt worden sind. Auch hinsichtlich der von
sen“, „um einer weiteren Ausbreitung der Epidemien vorzu- Fritjof Meyer vertretenen Thesen hat es den Standpunkt be-
beugen.“ zogen, daß das Gegenteil „offenkundig“ sei. Wir sind Zeuge
Kommt dann der Hinweis hinzu, daß Himmler selbst um den einer Rechtsbeugung.
27. April 1943 herum – also nach 6 Monaten – „auf Vorlage“ Wenn man sich als Strafverteidiger an das hier erörterte Ma-
diesen Befehl widerrufen und entschieden habe, daß in Zu- terial mit der gewöhnlichen Einstellung zu Richtern und Ge-
kunft nur noch „geisteskranke Häftlinge“ umgebracht werden richten begibt – also immer noch eine Gemeinsamkeit innerer
sollten, alle übrigen – auch bettlägerigen – arbeitsunfähigen Einstellungen zu Ehrlichkeit, Rechtswillen, Redlichkeit und
Häftlinge von Tötungsaktionen ausgenommen und ggf. zu Unparteilichkeit voraussetzt – wird einem speiübel. Dieser
Arbeiten, „die sie auch im Bett verrichten können“, heranzu- Zustand bessert sich erst in der Erkenntnis, daß im Bereich
ziehen seien, und dieser Befehl „genauestens zu beachten“ der Holocaust-Justiz im Hinblick auf ihre politisch-
sei,14 dann ist die Annahme eines aus rassischen Motiven ge- strategische Bedeutung für die globale Fremdherrschaft diese
planten „fabrikmäßigen“ Judenmordes mit dem Ziel der „Be- Gemeinsamkeit nicht erwartet werden darf. Im Fall des Rich-
freiung Europas von den Juden“ eher unzulässig. ters Orlett (Deckert-Prozeß) haben die fremdherrschaftlichen
Weiter: Wenn von den „Millionen“ Opfern Millionen nach- Medien den Justizpersonen signalisiert, daß Ehrlosigkeit und
gelassen werden müssen und davon nur noch weniger als ein knechtische Vasallentreue erwartet und abweichendes Ver-
halbe Million im Gespräch sind, wie steht es denn da um die halten gnadenlos mit Zerstörung der beruflichen Existenz
Beweise, auf die die These von der Offenkundigkeit des sowie mit gesellschaftlichem Verruf geahndet wird. Es ist
„millionenfachen Juden-Mordes“ gestützt ist? Da muß doch dies eine jüdische Spezialität, die schon im Neuen Testament
gelogen und gefälscht worden sein, daß sich die Balken bie- und von Theodor Mommsen in seiner Geschichte des antiken
gen. Rom Erwähnung findet.

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Es ist nüchtern festzustellen, daß nicht mehr feindliche Ar- kolleg.org/hm/aktuelles/Revisionsbegruendung_Rennicke.htm
4
meen, sondern die Justiz der „Organisationsform einer Moda- Ähnlich Wintrich, Grundrechte, S. 6, 15; Festschr. f. Apelt, S. 1f.;
BayVBI. 58, 100; vgl. auch Marcic, Vom Gesetzesstaat zum Richterstaat,
lität der Fremdherrschaft“ mit dem selbst gewählten Namen 1957, S. 313ff.; Dürig in Maunz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 1 Rdnr. 17.
„Bundesrepublik Deutschland“ die Frontlinie bildet im 5
Vgl. dazu Bundesverfassungsrichter a.D. Prof. Dr. Ernst-Wolfgang Bök-
Kampf gegen das Leben des Deutschen Volkes. kenförde, Vom Wandel des Menschenbildes im Recht, Rhema-Verlag,
Der Verrat seiner intellektuellen Schichten, insbesondere des 2001.
6
Dürig in Mauz-Dürig, Komm. z. GG, Art. 3 Abs. 1 Rdnr. 505 ff.
ideologischen Standes, ermöglicht es der Judenheit, das deut- 7
Ipsen VVDStRL 10 - 1952 - 80 ff.
sche Volk auf die unverschämteste Art und Weise anzugrei- 8
v. Bubnoff in Leipziger Kommentar, 11. Auflage, 1996 Rdnr. 42 zu §
fen, zu verteufeln und zu verhöhnen. Das ist in der Weltge- 130.
9
schichte ohne Beispiel. 10
Herzog in Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, Komm. Z. GG, Art 139 Rdnr. 4.
Wer ist denn so naiv zu glauben, dieses Verbrechen könnte Quelle: Avi Davis, Jewsweek Magazine, 21. Januar 2003,
www.jewsweek.com/bin/en.jsp?enPage=BlankPage&enDisplay=view&e
ungesühnt bleiben? nDisp-
Aber tätige Reue ist jederzeit möglich und willkommen. What=object&enDispWho=Article%5El17&enZone=Stories&enVersion
Die vorstehend begründete Verfassungsbeschwerde stellt das =0&; Avi Davis, Senior-Mitglied des Freeman Center for Strategic Stu-
Gericht vor die Entscheidung, ob es sich weiterhin am Völ- dies in Los Angeles, ist leitender Redakteur der Zeitschrift Jewsweek.
11
Anm. der Red.: Vgl. Stefan Huster, »Das Verbot der „Auschwitz-Lüge",
kermord am Deutschen Volk, aus dem die Richter hervorge- die Meinungsfreiheit und das Bundesverfassungsgericht«, Neue Juristi-
gangen sind und dem sie alles zu verdanken haben, beteiligen sche Wochenschrift, 1995, S. 487ff.
oder auf die Seite dieses Volkes treten will, um es vor den sa- 12
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 45. Aufl., § 244 Rdnr. 51 unter Hin-
tanischen Absichten seiner Feinde zu schützen. weis auf Alsberg/Nüse/Meyer: Der Beweisantrag im Strafprozeß, 5. Aufl.
S. 541; LR-Gollwitzer 232 für Schriften mit strafbarem Inhalt.
13
BGHSt 40, 97, 99 m.w.N.
Anmerkungen 14
Meyer aaO., S. 633 Fn. 9, unter Bezugnahme auf die Dokumente des In-
1
Zwecks Lesbarkeit wurden einige Abkürzungen ausgeschrieben und län- ternationalen Militärgerichtshofes – IMT – von Nürnberg.
15
gere rechtliche Verweise in Fußnoten verbannt. Die Redaktion. Anm. der Red.: Zur Problematik der Bauernhäuser vgl. C. Mattogno,
2
Angewandte Vorschriften: §§ 130 Abs. 1 - 4 StGB; 21 Abs. 1 Nr. 1, 2, »Die „Entdeckung“ des „Bunkers 1“ von Birkenau: alte und neue Betrü-
3a; 4 Abs. 1 Nr. 1 und 2; 3 Abs. 1 Nr. 4; 6 GjSM, 52, 53 56 StGB. gereien«, VffG, 6(2) (2002), S. 139-145.
3
Abrufbar unter http://www.deutsches-

Amalia Hinterwäldlerin vor Gericht


Ein Trauerspiel
Von Ursula Haverbeck
Im Zusammenhang mit einer Strafanzeige Horst Mahlers ge- mit den Mitteln der modernsten Technik.
gen Rita Süßmuth und Fritjof Meyer wegen Verharmlosung Selbstanzeigerin: Aber war die Guillotine zu ihrer Zeit nicht
des Holocaust durch einen im Mai 2002 in der Zeitschrift Ost- ebenfalls das technisch modernste Mittel zur Massen-
europa erschienenen Artikel hatte sich Amalia Hinterwäldlerin Vernichtung von Menschen? Und wie steht es mit der Atom-
wegen Verbreitung dieses Artikels selbst angezeigt. Hier nun bombe von Hiroshima? Sie war ebenfalls die letzte Entwick-
die Protokolle der vier Verhandlungstage in Ausschnitten. lung der Waffentechnik und brachte in sekundenschnelle
Hunderttausende um.
Erster Verhandlungstag Richter Kern: Ja, aber nicht sechs Millionen.
Richter Kern: Warum haben Sie diese Selbstanzeige ge- Selbstanzeigerin: Also ist es die Zahl der Umgebrachten, die
macht? ausschlaggebend ist? Aber gerade diese Zahl ist doch im Ver-
Selbstanzeigerin: Um deutschen Richtern die Möglichkeit zu lauf, insbesondere der letzten zehn Jahre, drastisch herabge-
geben, diese wie ein Alpdruck auf dem deutschen Volk la- setzt worden. Sie ist doch nicht mehr offenkundig. Lesen Sie
stende Frage öffentlich behandeln zu können. doch bitte die neueste Veröffentlichung von Fritjof Meyer.
Richter Kern: Es handelt sich nicht um eine Frage, sondern Richter Kern: Habe ich gelesen. Meyer stellt nur für Au-
um eine allgemein bekannte, offenkundige Tatsache. schwitz eine Reduzierung der Zahlen fest. Das heißt doch
Selbstanzeigerin: Was heißt denn offenkundig in diesem nicht, daß nicht anderswo die anderen Millionen umgebracht
Fall? wurden.
Richter Kern: Nicht mehr des Beweises bedürftig, da eben Selbstanzeigerin: Ach, so ist das zu verstehen. Können Sie
wahr und in diesem Fall singulär. mir bitte sagen, wo diese anderen Orte liegen und wie sie
Selbstanzeigerin: Und auf welche Tatsache soll sich das be- heißen? Bisher wurde immer behauptet, Auschwitz sei der
ziehen? Haupt-Tatort, daher auch diese gerichtsrelevante Bezeich-
Richter Kern: Das deutsche Volk hat in dem NS-Staat das nung „Auschwitz-Lüge“. Was aber unzutreffend wäre, wenn
größte, eben ein singuläres Verbrechen begangen, in dem es Sie sagen, es war gar nicht in Auschwitz. Wo denn?
Millionen Juden vergaste. Richter Kern: Die Verhandlung ist für heute beendet.
Selbstanzeigerin: Sie meinen vergast mit Zyklon B?
Richter Kern: Ja. Zweiter Verhandlungstag
Selbstanzeigerin: Und worin besteht die Singularität? Das ist Richter Kern: Ist Ihnen eigentlich bewußt, daß auf Leugnung
auch solch ein unbestimmter Begriff. des Holocaust nach § 130 Absatz 4 StGB bis zu drei Jahren
Richter Kern: Gar nicht unbestimmt, das heißt: Massenmord Gefängnis steht?

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Selbstanzeigerin: Kann man etwas leugnen, was es nicht Selbstanzeigerin: Ich hatte gedacht, daß ich mich schuldig
gab? gemacht hätte, indem ich diesen Artikel weiterreiche, nach
Richter Kern: Natürlich nicht. Aber damit ist doch bewiesen, den beiden vorangegangenen Verhandlungstagen jedoch er-
daß es den Holocaust gegeben haben muß, weil sein Leugnen scheint mir dieses fraglich.
strafbar ist. Richter Kern: Wieso?
Selbstanzeigerin: Ach so, aber dieser Strafparagraph wurde Selbstanzeigerin: Weil der Wahrheitsfindung zu dienen wohl
doch erst erlassen, nachdem Auschwitz auch von Chemikern kaum als Schuld angesehen werden kann. Und weil es offen-
gründlich untersucht worden war und die Vergasung von 4,5 kundig geworden ist, daß nicht nur ich – sondern offensicht-
Millionen in den vorgezeigten Gebäuden nicht aufrechtzuer- lich auch Sie – sehr wenig über den Tatort dieses großen
halten war. Das hat doch jetzt gerade Frithjof Meyer als Verbrechens wissen.
Wahrheit bestätigt. Damit ist der Ort unbekannt. Richter Kern: Ich habe doch bereits mehrfach darauf hinge-
Richter Kern: Es geht nicht um den Ort, sondern um die Tat- wiesen, daß es nicht um den Ort, sondern um die Tatsache
sache. des Holocaust geht.
Selbstanzeigerin: Aber eine Tatsache von einem so gewalti- Selbstanzeigerin: Das stimmt, aber Sie haben nicht gesagt,
gen Ausmaß mit 6 Millionen Toter bedarf eines Tatortes, um wie ein Holocaust ohne Ort auf dieser Erde stattfinden kann.
als Sache, als Ereignis nachweisbar zu sein. Und falls ein neuer Ort gefunden wird, muß dieser doch nun
Richter Kern: Wie können Sie das furchtbare Verbrechen, für ebenfalls sorgfältig und umfassend geprüft werden, damit
das es Hunderte von Zeugen gibt, leugnen? Das ist ungeheu- nicht eine neue Panne passiert, daß es nicht wieder heißt, hier
erlich. wurden vier Millionen Juden vergast, und wenige Jahre spä-
Selbstanzeigerin: Ich leugne doch gar nichts. Ich weiß nur ter sind es dann nur noch Hunderttausende. Das können wir
nicht, wo es stattgefunden hat, nachdem Fritjof Meyer, und uns doch nicht noch einmal leisten, wenn wir glaubwürdig
doch wohl mit Billigung von Frau Prof. Dr. Rita Süßmuth, bleiben wollen.
nachgewiesen hat, daß es in Auschwitz nicht gewesen ist. Richter Kern: Das ist schlimmster Antisemitismus. Sie leug-
Zur Zeit ist der Tatort unbekannt, und damit die Offenkun- nen den Holocaust! Es gibt Hunderte von Zeugen. Wollen
digkeit nicht gegeben. Sie behaupten, daß die gelogen haben?
Richter Kern: Sie übersehen, daß es noch viele andere KZs Selbstanzeigerin: Ich will gar nichts behaupten, weil diese
gab: Majdanek, Treblinka usw. Verhandlungstage deutlich gemacht haben, wie wenig wir
Selbstanzeigerin: Von diesen weiß ich aber kaum etwas. In wissen. Das einzige, was ich behaupten kann, ist, daß es kei-
der Öffentlichkeit und in den Medien wurde immer der Zu- ne Offenkundigkeit gibt, sondern nur sehr viele Fragezei-
sammenhang zwischen dem Holocaust und Auschwitz herge- chen, die auch wir hier nicht in der Lage sind, zu beantwor-
stellt. Auschwitz war der Ort, wo die Millionen vergast wur- ten.
den. Und das hat sich jetzt als falsch erwiesen, als Lüge, als Richter Kern: Diese Fragezeichen sind eine Erfindung von
die Auschwitz- Lüge. Ihnen, hinter der Sie Ihre strafbare Leugnung des Holocaust
Richter Kern: Das zu sagen ist strafbar. Es können außerdem verbergen wollen. Das wird Ihnen nicht gelingen.
schon morgen neue Erkenntnisse vorliegen, die Meyer wider- Selbstanzeigerin: Und Ihnen gelingt es nicht, nachzuweisen,
legen. Wissenschaftliche Aussagen sind selten endgültig. wo das vom deutschen Volk begangene größte Verbrechen
Selbstanzeigerin: Das heißt, daß es keine Offenkundigkeit stattgefunden hat.
gibt, sondern allenfalls vorläufige Erkenntnisse. Meinen Sie Richter Kern: Das ist auch nicht meine Aufgabe. Ich habe
das? Recht zu sprechen und erkenne, daß Sie ein hartnäckiger Ho-
Richter Kern: Ich meine gar nichts und schließe die Verhand- locaustleugner sind.
lung. Selbstanzeigerin: Das muß dann wohl solch eine „ideelle
Wahrheit“ sein, wie Goldhagen das in seinem Buch „Hitlers
Dritter Verhandlungstag willige Vollstrecker“ nennt. Warten Sie mal, weil dieser Satz
Richter Kern: Bekennen Sie sich schuldig nach § 130 Absatz so schön klingt, habe ich ihn immer in meiner Brieftasche.
4 Strafgesetzbuch? Also, der ganze Satz heißt: „Die Einzigartigkeit des Holo-
caust ist eine ideelle Wahrheit, die höher steht als alles Fakti-
sche“ (S. 600f). Klingt doch wirklich großartig, nicht ?
Richter Kern: Unsinn, die Einzigartigkeit des Holocaustver-
brechens ist eine Tatsache, das ist das Faktische.
Selbstanzeigerin: Ja, ja, 6 Millionen vergaste Juden mit den
modernsten technischen Mitteln, nur der Tatort, der ist nach
wie vor unbekannt. Es kann sich also nur um eine ideelle
Wahrheit handeln, das müssen Sie doch zugeben. Ideelle
Wahrheit heißt: nur in der Einbildung vorhanden, eben nur
als Idee, da braucht man dann keinen Tatort.
Richter Kern: Also, nun hören Sie endlich mit Ihrem Tatort
auf, der nun auch noch eine Idee sein soll! Und den Goldha-
gen können Sie vergessen, das ist auch solch ein Spinner. Ich
frage zum letzten Mal: Geben Sie zu, daß Millionen Juden
vergast wurden?
Selbstanzeigerin: Mit Zyklon B, das haben Sie gesagt, und
das ist auch wieder eine äußerst schwierige Frage. Wo ist das
ganze Gift geblieben?

446 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Richter Kern: Also hören Sie, damit wurden doch die Juden Letzter Verhandlungstag
vergast, das ist doch das schreckliche Verbrechen. (Richter Kern mußte wegen Herzinfarkt durch Richter Stein
Selbstanzeigerin: Ja, aber wenn ich Ungeziefer mit einem Pe- abgelöst werden.)
stizid vergifte, dann fallen die Insekten vergiftet auf die Erde, Richter Stein: In den Akten steht immer nur Angeklagte oder
verwesen, das Gift gerät ins Wasser und wird von den Pflan- Selbstanzeigerin, wie heißen Sie denn eigentlich?
zen aufgenommen, und eines Tages habe ich es wieder auf Selbstanzeigerin: Amalia Hinterwäldlerin, wenn es beliebt.
dem Teller. Das ist doch die Lehre der Ökologie. Schreck- (aufstehend und mit einem kleinen Knicks)
lich, nicht? Und nun 6 Millionen vergiftete Juden. Richter Stein: Na, der Name ist passend, nach der Aktenlage
Richter Kern: Hören Sie auf, mir wird ganz schlecht. scheinen Sie tatsächlich etwas außer der Zeit zu leben.
Verhandlungspause! Selbstanzeigerin: Sie sind wohl neidisch, kann ich verstehen,
(Der Richter verläßt fluchtartig den Raum.) in dieser Zeit mit der Kriminalitäts- und Vergewaltigungsrate
zu leben, ist auch kein Vergnügen.
Nach der Pause Richter Stein: So habe ich das nicht gemeint. (zum Protokol-
Selbstanzeigerin: Herr Richter, es gibt keinen Holocaust lanten gewandt) Kürzen Sie diesen ungewöhnlich langen
mehr (ganz aufgeregt). Soeben mit der Post erhalten. Namen mit A.H. ab.
Richter Kern: Natürlich nicht, Auschwitz wurde schließlich Selbstanzeigerin: Müssen Sie das Protokoll nicht gegen-
1945 befreit, das weiß doch jedes Kind. zeichnen?
Selbstanzeigerin: Und Deutschland besetzt, das weiß leider Richter Stein: nickt.
nicht jedes Kind – aber das meine ich gar nicht. Es gab auch Selbstanzeigerin: Da würde ich doch von dieser Abkürzung
im Dritten Reich keinen Holocaust. Abstand nehmen. So außer der Zeit lebe ich nun doch nicht,
Richter Kern: Wo soll der denn dann stattgefunden haben, daß ich nicht wüßte, daß A.H. ein verbotenes faschistisches
immerhin haben es doch die Nazis gemacht? Symbol ist. Da könnten sie Ärger bekommen. Denken Sie an
Selbstanzeigerin: Also, das ist unerhört, was Sie da sagen, es Ihren Kollegen.
gab doch gar keine Nazis mehr im Dritten Reich, die waren Richter Stein: Na, dann schreiben Sie eben „Am. Hin.“ (irri-
doch alle außer Landes gegangen, und nun dies! Wieso soll- tiert)
ten National-Zionisten ihre Glaubensbrüder vergasen? Selbstanzeigerin: Also, da muß ich protestieren. Ich bin nicht
Richter Kern: Ich sprach nicht von National-Zionisten, son- hin, ich bin doch hier.
dern von National-Sozialisten. Richter Stein: Zum Donnerwetter, dann schreiben wir eben
Selbstanzeigerin: Das stimmt nicht, denn dann hätten Sie Na- den ganzen Namen immer aus! – Doch nun endlich zur Sa-
Sos gesagt. Haben Sie aber nicht, sondern Na-Zis. Das ist che. Ich habe Rücksprache mit dem Kollegen Staatsanwalt
verkappter Antizionismus, wenn Sie behaupten, die National- genommen. Ihr Verfahren wurde eingestellt, weil bei Ihnen
Zionisten hätten den Holocaust selber durchgeführt. Und die eine schwerwiegende geistige Behinderung festzustellen ist.
Nasos haben das auch nicht gemacht, sonst hätte der Herr Sie werden in eine psychiatrische Klinik eingewiesen, da
Staatsanwalt die Selbstanzeige verfolgt. Hier ist die Einstel- können Sie dann erzählen, was Sie wollen.
lung des Verfahrens. Amalia Hinterwäldlerin: Sie meinen wohl, ich wäre schwach-
Richter Kern: Das ist ungeheuerlich! sinnig – gilt das dann auch für Rita Süßmuth und Fritjof
Selbstanzeigerin: Ja, ungeheuerlich, daß so viele Menschen, Meyer? Kommen die auch in ein Heim für geistig Behinder-
die das Gleiche nur etwas früher sagten, deshalb zu hohen te, denn schließlich waren sie die Veranlassung für die
Gefängnisstrafen verurteilt wurden. Selbstanzeige mit dem nach Ihrer Ansicht unwahren und
Richter Kern: Nein, ungeheuerlich ist, was der Staatsanwalt wohl schwachsinnigen Artikel?
sich da erlaubt. Er ist wohl zu bequem, um die zahlreichen Richter Stein: Das ist eine Beleidigung. Weder Frau Süßmuth
Selbstanzeigen aufzugreifen. Aber das wird ihn teuer zu stehen noch Herr Meyer haben den Holocaust geleugnet. Bei diesem
kommen. Jedenfalls können Sie sich nicht darauf berufen. Artikel handelt es sich um eine qualifizierte wissenschaftli-
Selbstanzeigerin: Ich glaube, Sie irren, denn weder der Spie- che Arbeit.
gel-Redakteur, der diese Untersuchungsergebnisse vorlegte, Amalia Hinterwäldlerin: Ach so ist das. Ich habe auch ge-
noch Frau Süßmuth, die Präsidentin der Gesellschaft, in de- glaubt, das ist ein ernstzunehmender wissenschaftlicher Arti-
ren Zeitschrift das Ganze veröffentlicht wurde, stehen vor kel, aber nun verstehe ich, wenn man in Deutschland einen
Gericht, obgleich sie angezeigt wurden wegen Verharmlo- wissenschaftlichen Artikel zu diesem Thema ernst nimmt,
sung des Holocaust. Man darf jetzt tatsächlich die Wahrheit dann muß man schwachsinnig sein. – Wissen Sie, manchmal
sagen. habe ich das auch schon gedacht, allerdings vornehmlich bei
Richter Kern: Man muß die Wahrheit sagen, insbesondere juristischen Verlautbarungen. (Zeigt auf das Fenster) Sehen
vor Gericht. Sie mal, jetzt fängt selbst der Himmel an zu weinen.
Selbstanzeigerin: Nein, das wurde bisher bestraft, das haben (Alles blickt in den plötzlich einsetzenden Wolkenbruch, einer
Sie mir mehrmals in diesem Prozeß unmißverständlich er- schließt das Fenster. Und Amalia Hinterwäldlerin mitsamt
klärt. ihrem ganzen Holocaust ist weg, einfach weg.)
Richter Kern: Das Leugnen der Wahrheit, nämlich des Holo- Richter Stein: Der Prozeß ist beendet. Über etwas Ent-
caust, wird bestraft, aber doch nicht die Wahrheit zu sagen. schwundenes läßt sich keinerlei Urteil fällen. Die Kosten des
Selbstanzeigerin: Da aber das Leugnen des Holocaust nach Verfahrens trägt in diesem Fall der Zentralrat der Juden in
diesen neuen Erkenntnissen die Wahrheit ist, wurde eben der Bundesrepublik.
doch die Wahrheit zu sagen bestraft.
(Der Richter greift sich bleich geworden ans Herz und fällt in Ende
Ohnmacht. Die Urteilsverkündung muß verschoben werden.)

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Verein zur Rehabilitierung der wegen Bestreitens
des Holocausts Verfolgten
Pressemitteilung
Von Horst Mahler

An einem geschichtsträchtigen Jahrestag, am 9. November Der Verein soll durch organisierte Anstrengungen die bisher
2003, hat sich in Vlotho der „Verein zur Rehabilitierung der vorherrschende Vereinzelung der Verfolgten aufheben, ihrem
wegen Bestreitens des Holocausts Verfolgten“ (VRBHV) ge- Kampf um Gerechtigkeit die notwendige Wahrnehmung in
gründet. Zum Vorsitzenden wurde ein ebenfalls Betroffener, der Öffentlichkeit gewährleisten und die finanziellen Mittel
der Deutsch-Schweizer Geschichtslehrer Bernhard Schaub für einen erfolgreichen Rechtskampf bereitstellen.
gewählt. Seine Stellvertreterin ist die Leiterin des Collegium
Humanum, Ursula Haverbeck-Wetzel. Als Gründer haben u.a. mitgewirkt:
Gestützt auf einen Artikel des Leitenden Spiegel-Redakteurs – Ernst Zündel, unermüdlicher Kämpfer für die Ehre
Fritjof Meyer, »Die Zahl der Opfer von Auschwitz – Neue Deutschlands (in „Sicherheitshaft“ unter Guantanamo-
Erkenntnisse durch neue Archivfunde«, erschienen in der von Bedingungen in Kanada)
der Bundestagspräsidenten a.D. Rita Süßmuth verantworteten – und seine Ehefrau, die Novellistin Ingrid Zündel-Rimland
Zeitschrift Osteuropa (Heft 5/2002) strebt der Verein die (USA)
Wiederaufnahme von Strafprozessen an, die zur Verurteilung – Prof. Dr. Robert Faurisson (Frankreich)
wegen Leugnung bzw. Verharmlosung des Holocausts ge- – Museeumsdirektor Rainer Daehnhardt (Portugal)
mäß § 130 StGB Abs. 3 und 4 StGB geführt haben. – Germar Rudolf, Verfasser des „Rudolf-Gutachtens“ (im
Diesen Urteilen liegt ausnahmslos die These zugrunde, daß Exil)
der von der herrschenden Zeitgeschichtsschreibung behaup- – Jürgen Graf, Buchautor (im Exil)
tete rassistisch motivierte, millionenfache industrielle Juden- – Gerd Honsik, Verfasser des Buches „Freispruch für Hitler“
mord in der Verantwortung des Deutschen Reiches unter der (im Exil)
Reichskanzlerschaft von Adolf Hitler („Holocaust“ genannt) – Wilhelm Stäglich, Verfasser des Buches „Der Auschwitz-
eine offenkundige, also des Beweises nicht bedürftige Tatsa- Mythos“
che sei. – Fredrick Töben, Direktor des „Adelaide Institute” for His-
In seinem Aufsatz, der von zahlreichen Staatsanwaltschaften torical Research
in verschiedenen Bundesländern geprüft und für strafrecht- – Andres Studer (im Exil)
lich unbedenklich erklärt worden ist, vertritt Meyer die The- – Hans-Dietrich Sander, Herausgeber der Staatsbriefe
se, daß in den bisher als Tatort bezeichneten Leichenkellern – Manfred Röder, Deutscher Freiheitskämpfer (im Gefäng-
der Krematorien I und II im Stammlager Auschwitz Massen- nis)
tötungen nicht stattgefunden haben. – Frank Rennicke, Deutscher Liedersänger
Die Erkenntnisse von Fritjof Meyer bestätigen die For- – Hans Schmidt, Publizist (USA)
schungsergebnisse von Prof. Robert Faurisson, Paul Rassini- – Anneliese Remer, Witwe des Generalmajors Otto Ernst
er (beide Frankreich), Fred Leuchter, Arthur Butz (beide Remer (Spanien)
USA), Germar Rudolf, Wilhelm Stäglich, Udo Walendy Prof. Dr. Robert Faurisson hat in einem an den Unterzeichne-
(Deutschland), David Irving (UK), Jürgen Graf (Schweiz), ten gerichteten Brief vom 9. November 2003 „alle Revisioni-
Walter Lüftl, Wolfgang Fröhlich (beide Österreich), Fredrick sten“ eingeladen, sich der Initiative des Vereins anzuschlie-
Töben (Australien) und zahlreichen anderen „Revisionisten“, ßen.
die Beweise zur Widerlegung der sogenannten Auschwitzlü- Eine Abschrift des Briefes in Französisch, Englisch, Italie-
ge beigebracht haben. nisch und Deutsch ist dieser Presseerklärung angefügt.*
Während die genannten Historiker Massentötungen von Ju-
den durch das Gas Zyklon B gänzlich in Abrede stellen, geht Vlotho/Berlin am 11. November 2003
Fritjof Meyer davon aus, daß Vergiftungsaktionen mit Zy-
klon B wahrscheinlich (!) in zwei Bauernhäusern außerhalb Im Auftrage des Vorstandes
des Lagers Auschwitz stattgefunden hätten mit »wahrschein-
lich [!] 356.000 im Gas Ermordeten« (Juden und Nichtju-
den).
Damit ist die auf vermeintliche „Offenkundigkeit“ des Holo- * für die dt. Fassung vgl. den nächsten Beitrag
causts gegründete Strafverfolgungspraxis als Justizverbre-
chen offenkundig geworden.

448 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Offener Brief an Horst Mahler
Von Prof. a.D. Dr. Robert Faurisson
Professor Robert Faurisson, geboren 1929, hat moderne zu meiner Verhaftung schreiten würde: Ich habe aber zu-
und zeitgenössische französische Literatur an der Sorbon- viel Arbeit, um Ferien zu machen, sei dies auch in einem
ne und an der Universität von Lyon gelehrt, wo er sich auf deutschen Kerker.
die „Kritik von Texten und Dokumenten (Literatur, Ge- Ich schenke, wenn es um die Freiheit der Geschichtsfor-
schichte, Medien)“ spezialisiert hat. schung geht, der französischen Polizei und Justiz kein
In den 70iger Jahren hat er bewiesen, daß die angeblichen Vertrauen und noch weniger der deutschen Polizei und Ju-
Nazi-Gaskammern aus physikalischen und chemischen stiz. Offen gestanden, heutzutage bietet kein Land der
Gründen unmöglich existiert und funktioniert haben kön- Welt den Revisionisten mehr sicheres Asyl. Selbst China,
nen. Als erster in der Welt hat er die Pläne jener Räum- Japan, Rußland dienen Mammon oder fürchten ihn und
lichkeiten in Auschwitz veröffentlicht, von denen bis heute dienen ihm damit. Die Vereinigten Staaten, trotz der Exi-
fälschlicherweise behauptet wird, daß sie als Gaskammern stenz des 1. Verfassungszusatzes, und Kanada haben gera-
zur Tötung gedient haben. de am Beispiel der Ernst Zündel auferlegten grausamen
1988 sind die Entdeckungen des Professors dank einer von Behandlung gezeigt, zu welchem Grad von Ungerechtig-
dem Deutschkanadier Ernst Zündel veranlaßten Untersu- keit sie hinabsinken können, um Mammon zu gefallen.
chung durch den Amerikaner Fred Leuchter bestätigt Ernst Zündel ist eine Heldengestalt des deutschen Volkes,
worden; letzterer ist Fachmann für Hinrichtungsgaskam- ein außerordentlicher Mensch, den man bewundern muß,
mern, wie sie in den amerikanischen Strafanstalten benutzt wenn man ihn wirklich kennt.
werden, sowie Verfasser eines Gerichtsgutachtens über 1999 habe ich ein Werk von mehr als 2000 Seiten auf
die angeblichen Hinrichtungsgaskammern von Auschwitz französisch veröffentlicht, das einige meiner Schriften von
und Majdanek. Anfang der 90er Jahre wurden die Schluß- 1974-1998 zusammenfaßt. Dieses Werk beginnt mit einem
folgerungen dieses berühmten „Leuchter Reports“ ihrer- »In Memoriam«, in dem ich unter den Verstorbenen an
seits von dem damals am Max-Planck-Institut für Festkör- Franz Scheidl, Hellmut Diwald und Reinhold Elstner erin-
perforschung in Stuttgart tätigen deutschen Chemiker nere. Zu letzterem erinnere ich daran, daß er sich am 25.
Germar Rudolf bestätigt, ebenso wie durch den österrei- April 1995 in München selbst verbrannt hat zum Zeichen
chischen Ingenieur Walter Lüftl, damals Präsident der des Protestes gegen die über sein Volk vergossene »Niag-
Österreichischen Ingenieurkammer, sowie durch den In- araflut von Lügen«. Die letzten Worte dieses »In Memo-
genieur Wolfgang Fröhlich, einem Fachmann für Desin- riam« sind die folgenden:
fektions-Gaskammern. »Möge es [mein Buch] sich auch als eine Bezeugung der
Als Folge ihrer Entdeckung haben Robert Faurisson, Ehrfurcht vor den wahren Leiden aller Opfer des Krie-
Ernst Zündel, Fred Leuchter, Germar Rudolf, Walter Lüftl ges von 1939 bis 1945 lesen, gleich ob diese Opfer zum
und Wolfgang Fröhlich einen bedeutsamen Tribut an die Lager der Sieger gehörten, die man beweihräuchert,
gerichtliche und außergerichtliche Verfolgung zahlen oder zu dem der Verlierer, die man nicht aufhört zu de-
müssen. Wie viele Revisionisten vor ihnen, haben sie, je mütigen und zu beleidigen, seit bald einem halben Jahr-
nach Fall, eine zerstörte Karriere, Schläge und Verletzun- hundert.«
gen, Verurteilungen durch die Gerichte, Geldstrafen und Ich erinnere daran, daß diese Worte von 1998 stammen.
Exil erleben müssen. Zur Stunde befindet sich Wolfgang Seit fünf Jahren hat sich die Lage nur verschlimmert. Die
Fröhlich im Gefängnis in Wien, und Ernst Zündel ist in Niagaraflut von Lügen hat sich nur verbreitert und ver-
Toronto in einer Hochsicherheits-Zelle inhaftiert – unter stärkt. Wir haben nicht das Recht, die Arme zu kreuzen,
rechtlichen und physischen Bedingungen, die „Guanta- und unter Schweigen das Ausmaß des Schadens zu be-
namo“ entsprechen. trachten. Wir müssen handeln und reagieren.
Das ist was Sie zu tun versuchen.
Gleich nachdem ich von der Existenz Ihres „Vereines zur Wie alle anderen weiß ich nicht, wie groß die Erfolgsaus-
Rehabilitierung der wegen Bestreitens des Holocaust Ver- sichten dieses Versuches sind, aber ich möchte persönlich
folgten“ erfahren hatte, habe ich darum gebeten, in diese daran teilhaben, wie verschieden auch die Meinungen oder
Vereinigung aufgenommen zu werden, und Ihnen meinen Einschätzung sein mögen, die die Kämpfer für die gleiche
finanziellen Beitrag gesandt. Sache in Widerspruch zu einander bringen können.
Ihre Initiative ist geschickt, und ich wünsche ihr vollen Er- Im Dezember 1980 habe ich das Ergebnis meiner For-
folg. Ich lade alle Revisionisten ein, sich ihr anzuschließen. schung in einem Satz von sechzig französischen Worten
Sie haben mich zu Ihrer ersten Versammlung, die am 9. zusammengefaßt. Diesen Satz habe ich bei Radio Europe I
November 2003 stattfinden wird, eingeladen. Das Datum vorgetragen, nicht ohne ihm die folgende Warnung vor-
ist gut gewählt, denn es kennzeichnet in Europa den Jah- hergehen zu lassen: »Achtung, zu keinem dieser Worte bin
restag des Sturzes einer Tyrannei, die man für ewig halten ich durch politische Sympathie oder Antipathie inspiriert
konnte. Der Ort ist ebenfalls wohl gewählt, denn der Name worden.« Hier ist der Satz:
„Vlotho/Weser“ ist verbunden mit dem Namen unseres »Die sogenannten hitlerischen Gaskammern und der so-
Freundes Udo Walendy, der sich so sehr für die Wieder- genannte Genozid an den Juden bilden ein und dieselbe
herstellung der historischen Wahrheit und zugleich für Geschichtslüge, die eine gigantische finanzpolitische
sein deutsches Vaterland gemüht hat. Gaunerei erlaubt hat, deren Hauptbegünstigten der
Sehr gerne würde ich mich zu dieser Versammlung bege- Staat Israel und der internationale Zionismus, und deren
ben, aber ich denke, daß die deutsche Polizei unverzüglich Hauptopfer das deutsche Volk – nicht aber seine führen-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 449


den Politiker – und das gesamte palästinische Volk von Gefängnis und Geldstrafen, Schadensersatz, gericht-
sind.« lich erzwungener Veröffentlichung der ausgesprochenen
Dreiundzwanzig Jahre alt, bedarf dieser Satz, so glaube Verurteilung, Berufsverbot, usw. Dies ist ein unzulässiges
ich, keiner Änderung. Privileg, und wir verlangen die Abschaffung dieses Privi-
Man hat mich beschuldigt, antijüdisch zu. In Wirklichkeit leges.
will ich den Juden nichts Böses. Was ich fordere, ist das Das ist ein einfaches, klares, beschränktes Ziel.
Recht, über Juden mit ebensoviel Freiheit zu reden, wie Für mich ist und darf der Revisionismus nicht die Angele-
ich zum Beispiel das Recht habe, über Deutsche zu reden. genheit einer Ideologie sein, sondern eine Angelegenheit
Und ich verlange, daß den Juden das Recht genommen der Methode, die größtmögliche Akribie zu erreichen.
wird, mir Böses zu tun, sei es körperlich (ich habe von ih- Es ist die Akribie in der Geschichtsforschung, nach der ich
nen zwischen 1978 und 1993 zehn Überfälle erlitten), sei trachte und damit nach der Abschaffung von allem, was
es mittels eines Sondergesetzes, das sie schließlich am 13. das freie Streben nach dieser Akribie behindert.
Juli 1990 durchgesetzt haben, und das wir in Frankreich Alle meine Wünsche begleiten Sie.
das „Gesetz Fabius-Gayssot“, „Gesetz Faurisson“ oder Professor a.D. Dr. Robert Faurisson
„antirevisionistisches Gesetz“ nennen. Es ist skandalös, 10, Rue de Normandie
daß unter Milliarden von Begebenheiten, die die Ge- F-03200 VICHY
schichte der Menschheit ausmachen, eine einzige Bege- Frankreich
benheit, die die Juden „Holocaust“ oder „Shoah“ nennen, 0033-4-70-32-38-96
nicht bezweifelt werden darf, und dieses unter Androhung

Bücherschau
Der Terror begann nicht erst unter Stalin
Von Thomas Dunskus
Johannes Rogalla von Bieberstein, Jüdischer Bolschewis- fen, die von rechts kommenden Gegenbewegungen unter-
mus. Mythos und Realität, Edition Antaios, Dresden 2002, stützt haben.
312, €29.- Die im sog. Historikerstreit aufgeworfene Frage, ob Hitler
ohne den Bolschewismus denkbar wäre, ist ohne Bedeutung
»Es gibt kaum einen wichtigeren und folgenreicheren My- für die Beurteilung der Entscheidung weiter Teile des deut-
thos als den von dem „jüdischen Bolschewismus“« schen Volkes (und anderer Völker), sich dem Bolschewismus
Prof. Dr. Ernst Nolte, Vorwort entgegenzustellen – die Menschen hatten einfach Angst vor
dieser roten Lawine, deren Komponenten der Verfasser sehr
Mit seinem Buch über die weltweite Verwicklung jüdischer genau beschreibt.
Kreise in den Aufbau des Bolschewismus hat der Verfasser Das Buch unterstreicht, daß die anfangs äußerst starke Betei-
mutig ein sehr brisantes Thema behandelt, dem man allzu ligung osteuropäischer Juden am Aufbau des Bolschewismus
lange ausgewichen ist, insbesondere in Deutschland. Der Au- im wesentlichen auf die traumatischen Erlebnisse vieler von
tor legt mit Gelassenheit und Akribie den Umfang dieser ihnen zurückzuführen ist, auf die Pogrome unter denen sie zu
Verwicklung dar, sowie die Gründe, leiden hatten – in Kischinew waren,
die eine große Zahl von Juden, insbe- wie der Verfasser darlegt, 45 Juden er-
sondere in Osteuropa, zu einem aktiven schlagen worden – und allgemein auf
Engagement an Lenins Seite veranlaßt die Beschränkungen, unter denen sie,
haben – häufig unter kompletter Auf- vor allem in Rußland, leben mußten.
gabe ihrer eigenen religiösen oder eth- Diese Gründe sind durchaus verständ-
nischen Bindungen. lich, jedoch fragt sich der Leser, wie
Die Forschungsarbeit des Verfassers diese Aktivisten dann zum Zwecke der
stellt uns deutlich vor Augen, was für Vermeidung neuerlicher Pogrome die
eine ungeheure Bedrohung der Bol- Ermordung von Millionen Menschen
schewismus von Anfang an für die tra- nicht nur als „collateral damage“ billi-
ditionelle westliche Kultur (und nicht gend in Kauf nehmen, sondern solche
nur für diese) gewesen ist, und was für Schreckenstaten ganz bewußt in ihr
grauenhafte Taten den Aufbau des So- Programm einbauen und durchführen
wjetkommunismus in den 20er und konnten. Fernziel solcher Verbrechen
30er Jahren begleitet haben. Man er- war die Einführung eines wirtschaftli-
kennt, warum die europäischen Völker chen Systems, das Salcia Landmann als
in ihrer Mehrheit diese Entwicklungen »das dümmste ökonomische Konzept
als etwas Entsetzliches angesehen ha- der Welt« bezeichnet hat; mit ihm soll-
ben und aus der Angst heraus, solche ten alle Übel der Welt gelöst werden.
Ereignisse könnten weiter um sich grei- Angesichts der vom Verfasser aufge-

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zeigten starken jüdischen Präsenz in den wichtigen Gremien wie die Apostel einer bolschewistischen Weltordnung, ob sie
der bolschewistischen Bewegung von der Gründungszeit bis nun Lukácz oder Bloch hießen, in ihren jüngeren Jahren eine
zu Stalins Richtungswechsel in den 30er Jahren muß man „neue Weltordnung“ nur durch Gewalt herbeiführen wollten
auch die Argumentation von sich weisen, daß die Verbrechen (Lukácz) oder Deutschland 1918 als »eine einzige finstere
des Bolschewismus erst dem zunehmenden Einfluß Stalins Todesmaschine, in der der Satan haust« bezeichneten
zuzuschreiben sind. Die Ausführungen des Verfassers er- (Bloch), jedoch in späteren Jahren zu angesehenen Akademi-
wähnen keinen Versuch damaliger jüdischer Aktivisten, in kern heranwuchsen, denen niemand aus solchen Äußerungen
irgendeiner Weise mäßigend auf die Politik der Bolschewi- einen Vorwurf machen wollte. Auch der berühmte Lew Ko-
sten einzuwirken, im Gegenteil: die messianischen Ideen, die pelew sagte später von seinem früheren Ziel, dem Weltkom-
sie offenbar als Restbestand ihres religiösen Hintergrunds in munismus:
die Bewegung eingebracht hatten, lieferten ihnen die Recht- »um seinetwillen kann man und muß man lügen, rauben,
fertigung des von ihnen selbst ausgeübten Terrors. Hunderttausende, ja Millionen von Menschen vernichten –
Als Hitler 1933 Konzentrationslager für seine politischen die Begriffe Gut und Böse, Menschlichkeit und Unmensch-
Gegner einrichtete, brandete ihm aus aller Welt wütender lichkeit waren für uns hohle Abstraktionen.«
Haß entgegen, obwohl sich die Ansicht vertreten läßt, daß je- Die vom Autor geschilderten politischen Zustände in den
denfalls bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs die Zahl 20er und 30er Jahren, die von sowjetischer Seite angezettel-
seiner politischen Opfer nur ein verschwindend winziger ten Bürgerkriegsaktionen in den verschiedensten Teilen Eu-
Bruchteil der in den ersten Jahren nach der Oktoberrevoluti- ropas und die Akteure jener Epoche sind heute aus unserer
on ermordeten russischen Menschen betrug; mit den Morden geschichtlichen Erinnerung verschwunden, obwohl sie für
in der Sowjetunion hatte man sich damals offenbar schon ab- die Beurteilung der späteren Jahre von entscheidender Be-
gefunden. Man kann daraus nur schließen, daß für die mora- deutung sind. Das Buch von Johannes Rogalla von Bieber-
lische Beurteilung von politischen Mordaktionen die Zahl der stein sollte uns helfen, unser historisches Verständnis der er-
Opfer keine Rolle zu spielen scheint und daß nur die Art der sten Hälfte des 20 Jahrhunderts in ein besseres Gleichgewicht
Opfer und die Gründe für ihre Tötung von Bedeutung sind. zu bringen.
Es ist immer wieder erstaunlich, in diesem Buch zu lesen,

Das Ende der Legenden


Von Wolfgang Strauss
Alexander Solschenizyn, 200 Jahre zusammen. Die rus- der große jüdische Anteil an der heutigen revolutionären
sisch-jüdische Geschichte 1795-1916, Herbig, München, Bewegung steht fest.«
560 S., EUR 29,90 Entschieden, ja geradezu leidenschaftlich wehrt sich der
Dwesti ljet wmestje. Tschast II [Zweihundert Jahre zu- Schriftsteller, den die jüdische Publizistin Sonja Margolina
sammen. Teil II], Russki Putj, Moskau, Dezember 2002, einen „Patriarchen“ in den Nachfolge Dostojewskijs, den
560 Seiten, 17,50 EUR, ISBN 5-85887-151-8. »letzten russischen Propheten« nennt, gegen Kollektiv-
schuldthesen. Weder die Russen noch die Juden könnten für
Zunächst und ohne Umschweife: Alexander Solschenizyns die Heraufkunft der Schreckensherrschaft alleinschuldig ge-
200 Jahre zusammen. Die russisch-jüdische Geschichte sprochen werden, urteilt der GULag-Chronist. Als »glühen-
1795-1916 ist das Buch des Jahres. Nach diesem Solscheni- den Keil« bezeichnet er das Verhältnis zwischen Russen und
zyn wird die Geschichte des bolschewistischen Oktoberput- Juden. In seinem Buch bemühe er sich, den Keil von beiden
sches zwar nicht neu, doch mit wesentlichen Ergänzungen Seiten zu beleuchten. Dazu gehöre die Auflösung der Legen-
geschrieben werden müssen. Das Ende der Legende: so den. Die vielleicht zählebigste lautet: Lange vor dem Thron-
könnte der Buchtitel auch lauten. Zum Beispiel die Legende verzicht des letzten Zaren sei das alte Russische Reich in den
von einer eigenständigen, von Anfang an „russischen“ Sozi- Untergang, die Revolution geschlittert, die Apokalypsen des
aldemokratie. Gegründet 1898 in Minsk, ging die »Russische Jahres 1917 – Februar und Oktober – seien unabwendbar
Sozialdemokratische Arbeiterpartei« (RSDRP) aus dem gewesen, quasi von einem Weltgericht determiniert. Nur eine
»Allgemeinen jüdischen Arbeiterbund in Litauen, Polen und Legende, sagt Solschenizyn, und dieses Buchkapitel, ein
Rußland« hervor, personell wie organisatorisch. Bei der Ge- Noir-Thriller, beleuchtet den 18. September 1911. Ein Tag,
burt der russischen Sozialdemokratie leistete der jüdische der das Nahen des Großen Terrors erhellte, indem er die letz-
Arbeiterbund Hebammendienste. ten Rettungschancen verdunkelte.
Legenden ohne Zahl. »In diesem Buch kommen jüdische Acht Mal hatte man versucht, Pjotr Stolypin zu ermorden,
Stimmen viel mehr zu Wort als russische«, betont Solscheni- unterschiedliche Terroristengruppen hatten auf ihn und seine
zyn. Und das ist keine Legende: Jüdische Stimmen, nicht rus- Familie Attentate verübt, und nie war es ihnen geglückt, den
sische Stimmen, sprechen von einer jüdischen Dominanz in Mann, der dem Vorkriegsjahrzehnt seine Richtung, seine
den antimonarchistischen Bewegungen im Rußland der Vor- Ausstrahlung und seinen Namen gab, zu töten. Der „russi-
kriegszeit. In den Neuen Jüdischen Monatsheften (Berlin) sche Bismarck“ (so nannte man ihn auch) hatte als unpatheti-
stand am 10. Dezember 1919 im Artikel »Der jüdische Revo- scher Christ und selbstbewußter erster Diener des Russischen
lutionär« der Satz: Reiches sein Land in die moderne Zeit geführt, indem er eine
»So maßlos er von antisemitischer Seite übertrieben, und Landstände-Selbstverwaltung und eine Agrarreform durch-
so ängstlich er vom jüdischen Bürgertum geleugnet wird: setzte, die aus rückständigen Dorfbewohnern unternehmens-

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freudige Einzelbauern machte. Das achte Attentat, am 18. scheinlich begabtes Volk in diesem Land sämtliche Mög-
September 1911 in der Kiewer Oper, beendete das Leben des lichkeiten einer ungehinderten Entwicklung zu erkämpfen.«
Staatsreformators Stolypin, der seinem Land als Innenmini- (S. 592 in August vierzehn)
ster und als Ministerpräsident gedient hatte. Neunzig Jahre Wegen dieser Passage, ganze 15 Druckzeilen, ist der Autor
später schreibt Solschenizyn: dieses 1983 erschienenen Buches des Antisemitismus bezich-
»Der erste russische Premierminister, der sich ehrlich die tigt worden (nicht von russischer Seite, vielmehr in amerika-
Aufgabe der jüdischen Gleichberechtigung gestellt und nischen Zeitschriften), ist doch mit dem unwahrscheinlich
sich gegen den Zaren an ihre Erfüllung gemacht hatte, begabten Volk das jüdische gemeint.
starb – ist es Hohn der Geschichte? – durch die Hand ei- Nach den Mordschüssen von Kiew zerrissen drei Jahre später
nes Juden.« (S. 431) die Schüsse von Sarajewo die europäische Bürgerruhe. Kiew
Der Attentäter hieß Mordko Herschowitsch Bogrow, Student, und Sarajewo gehören als Wendepunkte der Menschheitsge-
Enkel eines Branntweinpächters und Sohn eines Millionärs. schichte zusammen. Die Schilderung des Stolypin-Attentäters
Als er seinen Browning auf Stolypin abfeuerte, war er 23 gehört zu den Höhepunkten im jüngsten Solschenizyn, der
Jahre alt. Mit diesen Schüssen wurde der Prozeß der russi- bislang kein positives Echo ausgelöst hat in (west)deutschen
schen Wiedergesundung aus eigener Kraft, wozu auch Stoly- Medien – was nicht anders zu erwarten war. Ohnehin ist das
pins Maßnahmen zur Aufhebung der antijüdischen Be- Frankfurter, Münchner, Hamburger, Berliner Feuilleton als
schränkungen gehörte, zu einem jähen, verhängnisvollen En- Würstchengrill des Hedonismus die denkbar ungeeignetste
de gebracht. Zu den Folgen des 18. September zählte eine Rezeption für ethische, ästhetische Asketen wie Solscheni-
Veränderung der Weltpolitik, kämpfte doch Stolypin gegen zyn. So nennt denn auch Gerd Koenen in der WELT den gro-
eine deutschfeindliche Außenpolitik an der Seite Frankreichs ßen Russen einen »moralischen Übervater«, den zu lesen al-
und Englands. Unter Stolypin wäre lerdings eine »intellektuelle Zumutung«
Rußland »nicht in diesen Krieg« einge- bedeuten würde. Immerhin attestiert
treten, behauptet Solschenizyn. Die Koenen dem Russen »patriarchale
Schlußfolgerung: Dem russischen Volk Strenge« mit einem Ton, der keines-
wäre die Februarrevolution – eine Folge wegs anklagend oder hetzerisch sei,
der Niederlagen im Ersten Weltkrieg – sondern »betont versöhnlich« (12. Ok-
erspart geblieben. tober 2002). Daß ausgerechnet Sonja
Ob Bogrow als Einzelgänger oder als Margolina, Tochter eines jüdisch-
Gruppenmitglied des bolschewisti- kommunistischen Trotzkisten, zu dem
schen, menschewistischen oder anar- sie sich heute voll Stolz bekennt – daß
chistischen Untergrunds geschossen ausgerechnet diese rote Nostalgikerin
hat, bleibt offen, auch Solschenizyn dem aufklärerischen Geist Solschenizyn
läßt die Frage unbeantwortet. Doch an »Rückwärtsgewandtheit« vorwirft, darf
einem zweifelt der Historiker nicht: als Witz einer virtuellen Feuilletonwelt
Mordko Herschowitsch war Agent der belächelt werden (SZ 15. Oktober
Ochrana, ein Spitzel im Solde der zari- 2002). Jeder Wahrheit wohnt ein Zeit-
stischen Geheimpolizei. In August vier- kern inne. Die Wahrheit über die „Ok-
zehn, im ersten Band des Roman- toberrevolution“, an deren Vorberei-
Zyklus Das Rote Rad, sind der „jüdi- tung und Durchführung die Bogrows,
schen Frage“ (russisch jewreiski wo- Bronstein, Mandelstam, Auerbach, Ro-
pros) 233 Seiten gewidmet, durch eine senfeld, Brillant, Apfelbaum wesentli-
teils dokumentarische, teils literarische chen Anteil hatten, bricht sich Bahn
Darstellung von Person und Wirken zehn Jahre nach dem Ende des geschei-
Stolypins. Darin auch eine Charakterisierung des Attentäters terten Experiments „Kommunismus“.
und das Psychogramm der entscheidenden Motive Bogrows:
»Stolypin hatte nie gegen die Juden irgend etwas direkt un- Die schmutzige Revolution I
ternommen, er hatte ihnen sogar einige Vergünstigungen Wenn es stimmt, daß der Bolschewismus nicht wirklich
gewährt, aber das alles kam ihm nicht von Herzen. Ein durch die Planwirtschaft auf dem Müllhaufen der Geschichte
Feind der Juden muß durchschaut und nicht nur nach sei- gelandet ist, nicht an der Abwesenheit von Demokratie zu-
nem Äußeren beurteilt werden. Dieser [Stolypin] sprach grunde gegangen ist, bleibt die Frage übrig, wann und durch
viel zu aufdringlich, viel zu unverblümt, ja herausfordernd wen die Weichenstellung in den Untergang erfolgt ist. Alex-
über die r u s s i s c h e n internationalen Interessen, über ander Solschenizyn, laut Spann-Schüler Friedrich Romig der
die russische Präsenz in der Duma, über den russischen »größte konservative Schriftsteller unserer Zeit«, nennt 1918
Staat. Er baute nicht ein allgemeines freies Land auf, son- als Geburtsjahr des krassni terreur, des Roten Terrors.
dern eine nationale Monarchie. Die jüdische Zukunft in »Die Bourgeoisie kann einige Personen töten, wir aber
Russland wurde also nicht von einem ihnen wohlgesinnten bringen ganze Klassen um.«
Entschluß bestimmt, und Stolypins Wirken verhieß den Ju- Ein Terrorist namens Apfelbaum verkündete 1918 das To-
den keine goldene Zeit. Bogrow konnte sich der Revolution desurteil. In jenem Jahr erblickte die nichtkommunistische
anschließen oder nicht. Er konnte den Maximalisten oder Intelligenzija das Haupt der Medusa. In die Glutöfen des
den Anarcho-Kommunisten angehören, er konnte über- Klassenvernichtungskrieges wollte Apfelbaum (in die Ge-
haupt keinem angehören, er konnte die Parteiideologie schichte eingegangen als „Sinowjew“) zehn Millionen Rus-
wechseln, er konnte sich selbst verändern, aber eines stand sen schicken, zehn von hundert. Ernst Nolte meint, die Äuße-
für ihn außerhalb aller Zweifel: Es galt, für ein unwahr- rung vom 17. September 1918 klinge in ihrer Ungeheuerlich-

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keit fast unglaubwürdig; dieser Apfelbaum formulierte das und anderen Städten während des Oktober 1917 wie auch
Verbrennungsurteil: in den folgenden Schlachten im Zuge der Niederschlagung
»Von den hundert Millionen der Bevölkerung in Sowjetruß- von Rebellionen gegen die neue sowjetische Macht.«
land müssen wir neunzig für uns gewinnen. Mit den übri- Die berühmten lettischen Schützenregimenter der 12. Armee,
gen haben wir nicht zu reden, wir müssen sie ausrotten.« Lenins Prätorianer, bekamen einen jüdischen Chefkommis-
In seinem jüngsten Buch Dwesti ljet wmestje. Tschast II. sar, Nachimson.
(Zweihundert Jahre zusammen. Teil II) spricht Solschenizyn Es gibt Verbrechen, die die Nachkommen der Opfer nicht
von den »duschiteli Rossii« (Würgern Rußlands), den »palat- aushalten können. Verbrechen sind das, die den letzten
schi grasnoi revoljuzii« (Henkern der schmutzigen Revoluti- Schutzraum durchbrechen – Verbrechen wie Psychozid an
on). Wer exakt ist gemeint? Auf Seite 89 heißt es: »Bolsche- einem Kulturvolk. Die Mehrheit der Kulturrussen empfand
wiki jewrej«. Deutsch: »Bolschewiken-Juden«. An anderer im Oktober das Einbrechen eines zerstörerischen Umgestal-
Stelle gebraucht Solschenizyn den Terminus »bolschewisti- tungs-Prinzips. „Oktober“, ein Synonym für tödliche Da-
sche Juden«. Übergeordnet dem allen ein Schlüsselbegriff: seinsbedrohung. 1924 notiert der jüdische Historiker Pasma-
»Jewrejski wopros«. Die »jüdische Frage«. Diesen Begriff nik:
verbot die kommunistische Zensur nach 1918 keineswegs, »Das Erscheinen des Bolschewismus war das Resultat von
auch für »Bolschewiken-Juden« war die jüdische Frage kein Besonderheiten in der russischen Geschichte, jedoch die
Tabu, ganz im Gegenteil, bildete doch die jüdische Frage ein O r g a n i s i e r u n g des Bolschewismus verdankt So-
Zentralthema der zur säkularen Religion gewordenen Parteii- wjetrußland der Arbeit der jüdischen Kommissare.«
deologie. Lenin lieferte ein Bei- Solschenizyn zitiert den Schlüs-
spiel; 1924 erschien im Moskauer selsatz auf Seite 80, wobei »Or-
Verlag Proletarii Lenins berühmte ganisierung« im Buchtext ge-
Lehrschrift Über die jüdische sperrt ist.
Frage in Rußland (von Solscheni- Erstaunlich die Fülle von Augen-
zyn auf S. 79 zitiert). zeugenberichten aus der frühso-
Nach diesem Solschenizyn muß wjetischen Zeit. Der Schriftsteiler
die Geschichte des 20. Jahrhun- Naschiwin beobachtet im think-
derts, im besonderen die der So- tank des Rates der Volkskommis-
wjetunion, neu geschrieben wer- sare (d. h. der Regierung) »Juden,
den, vor allem hinsichtlich des Juden, Juden«. Er sei niemals An-
Zusammenbruchs der großen tisemit gewesen, beteuert Naschi-
ideologischen Fronten in den prä- win, doch im Kreml »schnitt die
revisionistischen Epochen. Das geballte Masse der Juden buch-
Neue in diesem Solschenizyn ist stäblich die Augen«. Der be-
die Demonstration eines vom rühmte Erzähler Wladimir Koro-
(west)deutschen Historiker-Estab- lenko, der Sozialdemokratie na-
lishment totgeschwiegenen Phä- hestehend und ein Ankläger der
nomens. Die historisch beispiello- Judenpogrome im zaristischen
se Grausamkeit der Machtergrei- Rußland, schreibt 1919 ins Ta-
fung, des Bürgerkrieges und des gebuch:
Kriegskommunismus hatte eine »Bei den Bolschewiki gibt es
klar zu definierende Wurzel, im sehr viele Juden und Jüdinnen.
Ideologischen und Anthropologi- Ihr Hauptcharakteristikum: das
schen. Das Codewort lautet bei Rechthaberische, die aggressive
Solschenizyn, wie bereits er- Taktlosigkeit und Anmaßung,
Alexander Solschenitzyn
wähnt, »Bolschewiki-Jewrej«. die schmerzhaft in die Augen
»Bis zum Oktoberumsturz bildete der Bolschewismus nicht springen. In der Ukraine trifft der Bolschewismus auf Ver-
die zahlenmäßig stärkste Strömung unter den Juden«, liest achtung. Das Überhandnehmen jüdischer Physiognomien,
man auf S. 73. Solschenizyn erinnert: Unmittelbar vor dem besonders bei der Tscheka, entfacht im Volk äußerst vitale
Umsturz haben die bolschewistischen Juden Trotzki und Instinkte eines Judenhasses.«
Kamenjew das militärische Bündnis mit drei jüdischen Lin- »Das ist wirklich kein neues Thema: die Juden bei den Bol-
ken Sozialrevolutionären geschlossen – Natanson, Steinberg, schewiki, darüber ist schon viel geschrieben worden«, be-
Kamkow. Solschenizyn will damit sagen, daß Lenins Okto- ginnt Kapitel 15, in welchem Solschenizyn der Nachweis
berputsch, rein militärisch betrachtet, an einem jüdischen Fa- seiner Kardinalthese gelingt, nämlich die von der machtbil-
den hing. Das Zustandekommen des Kampfbündnisses zwi- denden Unentbehrlichkeit der bolschewistischen Juden im
schen Trotzki und seinen Landsleuten in der Partei der Lin- siegreichen Bolschewismus, im Bürgerkrieg, im frühen So-
ken Sozialrevolutionäre sicherte Lenin den Sieg in der Pa- wjetregime.
lastrevolte vom Oktober 1917. Als Kronzeugen zitiert Sol- »Wer die Meinung vertritt, die Revolution sei nicht eine
schenizyn den israelischen Historiker Aron Abramowitsch. russische, sondern die der Fremden gewesen, verweist auf
Dieser schreibt in einem 1982 in Tel Aviv erschienenen jiddische Familiennamen oder Pseudonyme, um dadurch
Werk: von den Russen die Schuld an der Revolution zu nehmen.
»Eine schlachtentscheidende Rolle spielte das jüdische Sol- Andere wiederum – bestrebt, die überproportionale Betei-
datenkontingent bei Vorbereitung und Durchführung des ligung der Juden an der bolschewistischen Machtergrei-
bewaffneten bolschewistischen Aufstandes in Petrograd fung abzustreiten – behaupten, es habe sich bei diesen nicht

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 453


um gläubige Juden (jewrej po duchu) gehandelt, sondern um tet „Tscheka“) in der Hand bolschewistischer Juden (»Gefäng-
Abtrünnige, Renegaten, Gottlose (otschtschepenzi).« niskommandanten waren gewöhnlich Polen oder Letten«).
Nach rabbinischem Gesetz ist Jude, wer von einer jüdischen In Odessa saßen in den Leitungsgremien von Partei, Armee,
Mutter geboren ist. Das orthodoxe Judentum verlangt aber Tscheka ausschließlich Juden. Juden bildeten die Mehrheit
mehr: die Anerkennung des hebräischen Regelbuches Ha- des Präsidiums des Petrograder Stadtsowjets. Den Bürger-
lacha und die Befolgung der Religionsgesetze aus der kriegsterror in Nischni Nowgorod dirigierte Lasar Kagano-
Mischna, die ja die Grundlage des Talmuds bildet. Davon witsch, die Massenerschießungen auf der Krim leitete Rosa-
ausgehend fragt Solschenizyn: Wie stark waren Einfluß, lia Salkind-Semljatschka. 1920 verwandelten sich die Bau-
Macht, Faszination und Gefolgschaft der säkularen Juden in erngebiete Westsibiriens in eine Vendée, nachdem Getreide-
der jüdisch-gläubigen Bevölkerung? Und: Kommissar Indenbaum durch Konfiskationsfeldzüge eine
»Wie viele der Gottlosen waren bei den Bolschewiki aktiv? Hungersnot heraufbeschworen hatte. Im Steppenwinter wur-
Kann sich ein Volk von seinen Abtrünnigen überhaupt los- den rebellische Bauern gezwungen, ihre eigenen Gräber aus-
sagen, gibt solch eine Lossagung Sinn?« zuheben; Tschekisten übergossen die Nackten mit Wasser,
Solschenizyns Versuch, diese Frage anhand historischer Fak- Maschinengewehre mähten Flüchtende nieder. In die Ge-
ten zu beantworten, weist mehrere Schwerpunkte auf: Das schichte eingegangen ist der Bauernaufstand von Tjumen als
Verhalten der orthodoxen Juden nach dem Oktober; Zahlen- »Ischimski Mjatjesch«.
verhältnisse der bolschewistischen Juden vor und nach dem Die Massenhinrichtungen von Priestern der Russisch-
Oktober; Vormarsch der bolschewistischen Juden in die Ka- Orthodoxen Kirche trug Genozidcharakter, bezogen auf die
der von Roter Armee und Tscheka; Lenins Judenstrategie, Zahl der Liquidierten, die Radikalität der Henker und die
schließlich Lenins Herkunft. Motive der Täter. Abgeschlachtet wurde die intellektuelle
»Kaum an die Macht gelangt, appellierten die Bolschewiki Elite des Ostchristentums in Rußland. Den Anstoß gab Lenin.
an die Juden. Und sie kamen, kamen in Massen. Die einen Am 27. Juli 1918, kurz nach der Ermordung der Zarenfami-
dienten in der Exekutive, die anderen in Regierungsorga- lie, erließ das SNK (Sowjetregierung) ein Liquidierungsge-
nen. Sie kamen, vor allem aus den Schichten säkularisier- setz gegen »Pogromtschiki«, und als Pogromist galt obligato-
ter junger Juden, die keineswegs als Gottlose oder gar risch jeder Priester. Den Gesetzestext entwarf eigenhändig
Gottesfeinde einzustufen waren. Dieses Phänomen trug Lenin – so die Erinnerung von Lunatscharskij –, und Lenin
Massencharakter.« (S. 79) ordnete an, die Geistlichen außerhalb von Gericht und Ge-
Lenin hatte noch nicht den Smolny verlassen, Ende 1917, da setzlichkeit zu bestrafen (»wne sakon«). Das heißt, so Sol-
arbeitete bereits in Petrograd ein »Jüdisches Kommissariat schenizyns Kommentar: »Rasstreliwatj«, erschießen.
für Nationalitätenfragen«. Im März 1919 beschäftigte sich Lenin am 17. Juli 1918 – Einlaß der Dämonen. Lenin, schon
der VIII. Parteikongreß der Russischen Kommunistischen er, und nicht erst Stalin. Daß die Entscheidung für den Mord
Partei (Bolschewiki) mit dem Antrag, einen »Jüdischen an jenem 17. Juli mit der Herkunft Lenins zusammenhängen
Kommunistischen Bund Sowjetrußlands« zu etablieren. kann, untersucht Solschenizyn auf Seite 15. Der von Lenin
Auch bei diesem Phänomen kann sich Solschenizyn auf Ur- befehligte Apparat von Partei, Tscheka, Armee kennzeichnet
teile jüdischer Historiker stützen. »Tausende von Juden eine Ideologie der Menschenvernichtung in Aktion im frühen
strömten zu den Bolschewiken, in denen sie Beschützer der bolschewistischen System (Ernst Nolte spricht von einem
internationalistischen Revolution sahen«, schreibt 1961 der »ideologischen Vernichtungspostulat«). »Der Schlüssel der
in England lebende Leonard Schapiro. M. Chaifez kommen- Entscheidung lag in den Händen Lenins«, konstatiert Sol-
tiert die jüdische Förderung des Bolschewismus so: schenizyn im Kapitel über die Bartholomäusnacht in Jekate-
»Für einen Juden, der weder von Aristokraten noch Popen rinburg. Für Lenin gab es in dieser Frage weder Kompromis-
abstammte, bedeutet der Bolschewismus eine erfolgver- se noch Zweifel: »Vernichten – darin hat er niemals ge-
sprechende Perspektive, einem neuen Clan anzugehören.« schwankt.« Unitschoschitj – vernichten. Für die Vernichtung
Der Chaifez-Artikel erschien 1980 in einer israelischen Zeit- waren Swerdlow, Dscherschinski, Trotzki im Juli achtzehn
schrift für die jüdische Intelligenz aus der UdSSR. die Mächtigsten neben Lenin. Keiner von ihnen ein Russe.
Der Zustrom der jüdischen Jugend in die bolschewistische Nichtrussen Lenins Erfüllungsgehilfen in Jekaterinburg, den
Partei habe erst als Folge von Pogromen auf dem Territorium Ural-Gouvernements. Henker und Henkersknechte. Golo-
der Weißen Armeen 1919 eingesetzt, behauptet der Lenin- schekin und Bjeloborodow (»Weißbart«), Parteiterroristen,
Biograph David Schub, ein jüdischer Menschewik. Dem wi- Killer der roten Uralmafia, deren blutige Karriere auf Seite
derspricht Solschenizyn: das sei ein Mythos. 90f. geschildert wird. Dann Jankel Jurowski, der sich rühmte:
»Schubs Argument ist deshalb nicht stichhaltig, weil der »Aus meinem Trommelrevolver wurde Nikolaus auf der
Masseneintritt von Juden in den Sowjetapparat bereits Stelle abgeknallt.«
1917 einsetzte und das ganze Jahr 1918 andauerte. Doch 1936 knallten Stalins Tschekisten den Zarenmörder Bjelobo-
zweifellos verstärkte die Bürgerkriegssituation von 1919 rodow in der Lubjanka ab, war er doch als Jude, als Interna-
das Verschmelzen jüdischer Kader mit den Bolschewiki.« tionalist, als Kosmopolit ein Feind des Russifizierers Stalin.
(S. 80) Was auch Goloschekin den Tod brachte, im Herbst einund-
Die Steigerung von Judophobie führt Solschenizyn zurück vierzig, da hielten deutsche Panzer schon an Moskaus Stadt-
unter anderem auf die Niederschlagung von Bauern- und grenze.
Bürgeraufständen, die Abmetzelung von Popen und Bischö- Rußland, ein Land der Täter? Solschenizyn verneint es, wie
fen, insbesondere der Dorfgeistlichen, schließlich die Ausrot- er überhaupt vor jeglicher Kollektivverurteilung zurück-
tung des Adels mit dem Höhepunkt „Zarenmord“. schreckt, und das Nein bezieht er auf das Große Volk und auf
In den Entscheidungsjahren der Bürgerkriegsepoche 1918- das Kleine Volk. Und die Opfer? In der großen Mehrheit –
1920 befand sich die Geheimpolizei (Solschenizyn benutzt Russen. Die in Kellern Erschossenen, in Klöstern Verbrann-
die damals gebräuchliche Abkürzung WTschK, daraus abgelei- ten, in Flußkähnen Ertränkten, in Wäldern Erhängten; Offi-

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ziere, Bauern, Aristokraten, Proletarier, der anti-antisemi- Roten Armee besetzten Gebieten Ostpolens. Polnische Bau-
tische bürgerliche Geistesadel, Russen (aber nicht nur Rus- ern, Bürger, Priester, Ex-Soldaten, Intellektuelle. Das Ein-
sen). Die „Henker der Revolution“, ihre Verbrechen mit ei- gangszitat stammt vom polnisch-jüdischen Historiker J.T.
nem Internationalismus rechtfertigend, verwandelten ihre Gross, Autor des Buches Nachbarn. Der Mord an den Juden
„schmutzige Revolution“ in eine, so Solschenizyn wörtlich, von Jedwabne. Warum im osteuropäischen Sturmjahr 1941
»antislawjanskaja«, was antislawische heißt. Nein, betont der Polen, Litauer, Letten, Ukrainer, Esten, Weißrussen, Buko-
Literaturnobelpreisträger auf Seite 93, das Tätervolk mit den wina- und Moldau-Rumänen den Einmarsch der Deutschen
holocaustischen Orientierungsmarken Tscheka-Lubjanka- Wehrmacht kaum erwarten konnten, beantwortet Alexander
GULag konnte kein slawisches Volk gewesen sein. Solschenizyn im zweiten Teil seines zeitgeschichtlichen
Im Kausalen Nexus Noltes steht auf Seite 233 eine vorweg- Schlüsselwerkes Zweihundert Jahre zusammen.
genommene Bestätigung der Solschenizynschen Thesen. Er Über die Begründung seiner Zentralthese hinaus – ohne den
sei überzeugt, so der deutsche Historiker, daß der Begriff des überproportional hohen jüdischen Anteil am Leitungs- und
»jüdischen Bolschewismus« nicht bloß eine bösartige Erfin- Exekutionspersonal der bolschewistischen Diktatur wäre Le-
dung zu politischen Zwecken darstelle, sondern daß er ge- nins junger Sowjetstaat spätestens beim Kronstädter Matro-
schichtlich zu gut begründet sei, um nicht von der Wissen- senaufstand 1921 am Ende gewesen – untersucht Solscheni-
schaft ausgeschlossen zu werden, »wie grauenhaft die natio- zyn spezifische schlachtentscheidende Fragenkomplexe:
nalsozialistische Konsequenz auch gewesen ist«. Hier zieht – Warum kollaborierte 1939 – 41 ein sehr großer Teil des
Nolte die Parallele zum anderen, das heißt konträren ideolo- Judentums in Ostpolen, Galizien und im Baltikum mit der
gischen Vernichtungspostulat: Roten Armee und Stalins Geheimpolizei, mit dem Bol-
»Nur wenn er nicht mehr von vornherein ausgestoßen und schewismus generell?
tabuisiert wird, kann „Auschwitz“ der eigentlichen Gefahr – Wieso standen die Pogrome in diesen Gebieten unter der
entgehen, die ihm heute droht: daß er durch die Isolierung Losung „Rache für die sowjetische Besetzung“?
vom „Gulag“ und von der kriegerischen Auseinanderset- Solschenizyn schreibt:
zung der beiden großen Ideologiestaaten des 20. Jahrhun- »In Ostpolen, im September 1939 der Sowjetunion einver-
derts zwar nicht zur Lüge, wohl aber zum wissenschafts- leibt, begrüßten die Juden, vor allem ihre junge Generati-
widrigen Mythos wird.« on, die einmarschierende Rote Armee mit frenetischem Ju-
Ist Solschenizyn der erste Historiker, der das finstere Jahr bel. Ob in Polen, Bessarabien, Litauen oder in der Buko-
1918 wissenschaftlich durchleuchtet? Über »die Greueltaten wina, die Juden wurden zur Hauptstütze der Sowjetmacht,
der Bolschewiki und den Anteil, den Juden daran hatten« die Zeitzeugen berichten: mit allen Kräften unterstützten
schrieb vor einem Jahrzehnt die russische Jüdin Sonja Mar- Juden die Etablierung der kommunistischen Herrschaft.«
golina, Tochter eines Bolschewiken der Lenin-/Stalin- (S. 329)
Epoche. Die Schrecken von Revolution und Bürgerkrieg sei- In jenem Unheilsjahr prophezeite ein nach Frankreich emi-
en »fest mit der Gestalt des jüdischen Kommissars verbun- grierter polnischer Jude einen vernichtenden Vergeltungs-
den«, heißt es in Margolinas Buch Das Ende der Lügen, er- krieg der vom Bolschewismus unterworfenen Nichtjuden.
schienen 1992 im Berliner Siedler Verlag. Das Werk trug den 1939 warnte Stanislav Ivanowicz, ein mit der UdSSR sympa-
damals schockierenden Untertitel Die russischen Juden – Tä- thisierender Linkssozialist:
ter und Opfer zugleich. Im Kapitel »Juden und die Macht« »Sollte die Diktatur der Bolschewiki zu Ende gehen, wird
(gemeint die Sowjetmacht) stehen Sätze, deren Wahrheitsge- ihr Zusammenbruch im Zeichen barbarisch-archaischer
halt von Solschenizyn heute bestätigt wird. »Die Bolschewiki Leidenschaften des Judenhasses und der Gewaltakte ste-
und die an ihrer Seite stehenden Juden regierten Rußland in hen. Der Sturz der Sowjetmacht würde für die Judenheit
den ersten Jahren nach der Revolution mit Angstschweiß auf eine grausame Katastrophe zur Folge haben, wird doch
der Stirn«, schreibt die Margolina. Der Rote Terror sei eine heute schon die Sowjetherrschaft mit Judophilie gleichge-
»Flucht nach vorne« gewesen. Den Akteuren sei eines klar setzt.«
gewesen: wenn die rote Schlinge um den Hals des Volkes ge- Solschenizyn zitiert die Vorhersage auf Seite 310.
lockert würde, würden die jüdischen Bolschewiken »die er-
sten Kandidaten fürs Schafott« sein. ANTISEMITEN AUF DER STELLE ERSCHIESSEN
Wo war Gott in der Lubjanka? In Kolyma? Am Weißmeer- Der dritte Fragenkomplex lautet: Wieso entstand ausgerech-
kanal? Alexander Solschenizyn, im Sinne der Dostojewski- net in der siegreichen russischen Arbeiterklasse nach 1918
jschen Gottsucher ein homo religiosus, stellt diese Frage ein nicht nur untergründiger, sondern offen aggressiver, so-
nicht. Ihn quält ein „Warum“. Warum wurden, um mit der gar in der Parteibasis sich ausbreitender Antisemitismus in
Jüdin Sonja Margolina zu sprechen, die russischen Juden Tä- der Form von Judenhaß?
ter und Opfer zugleich im bolschewistischen Jahrhundert? Obgleich Lenin am 27. Juli 1918 per Ukas anordnete, »aktive
Der 84jährige, zu Beginn des dritten Jahrtausends das öffent- Antisemiten« ohne Gerichtsverfahren zu erschießen, grassier-
liche Gewissen der russischen Kultur, kennt das erste Gebot te Mitte der zwanziger Jahre in Lenins Staat ein neuartiger,
des Historischen Revisionismus in einem von politischer extrem militanter Antisemitismus, der sogar in staatstragen-
Korrektheit unbefleckten Rußland: Souverän ist, wer die den Schichten der Monopolpartei Einfluß gewann.
Brandmauer rund um »jewrejski wopros« durchstößt. »Diese Welle des „neuen Antisemitismus“ erfaßte die Kul-
turkader und Bildungsinspektoren der russischen Arbeiter-
Die schmutzige Revolution II klasse und drang bis in die Basis von Komsomol und Par-
»Jeder lauscht ständig, ob die Deutschen nicht schon tei vor.« (S. 200f.)
kommen.« Die Gründe? Solschenizyn zitiert ausführlich, fast kommen-
Die da auf das Vordringen deutscher Truppen warten, sind tarlos aus Stellungnahmen von Zeitzeugen. Danach hätten
im Juni, Juli einundvierzig Hunderttausende in den von der Jewrejew-Bolschewiki den Sowjetstaat erobert und okku-

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piert, sie stünden an der Spitze der Roten Armee. Sowjet- Dorfvernichter verbreiteten sie Schrecken, verantwortlich für
macht sei in Judenmacht umgewandelt, die Juden würden den Hungertod von mindestens sechs Millionen Ukrainern.
nicht russische, sondern jüdische Ziele verfolgen (S. 201). Stalin wußte vom unstillbaren Haß der Stadtjuden auf alles
1922 melden die geflüchteten Sozialrevolutionäre E. Kusko- Bäuerliche in den Bauernvölkern der Russen und Ukrainer.
wa und S. Maslow, beide Juden: Jüdische Entkulakisierungskommissare wären während des
»Judophobie breitet sich im heutigen Rußland überall aus. Genozids, so Solschenizyn, wie Herren über Leben und Tod
Ausbreitung sogar in solchen Gebieten, in denen früher aufgetreten. Nach der Bauernabschlachtung »durch jüdisch-
keine Juden gelebt haben und wo die „jüdische Frage“ gar bolschewistische Hand« habe 1936 die Todesstunde der Bau-
nicht existent war. […] Ohne Zweifel wird heute der Bol- ernvernichter geschlagen. Zum ersten Mal in einem russi-
schewismus mit Judenherrschaft identifiziert.« schen Geschichtswerk werden ihre Namen genannt: J. Ja-
Volkstümlich ausgedrückt: kowljew-Epstein, M. Kolmanowitsch, G. Roschal, W. Feigin.
»An die Stelle des Iwan Iwanow tritt heute der Aron Moise- (S. 285) Die Bücher über die Verbrechen in den ersten zwan-
jewitsch Tankelewitsch.« zig Jahren nach Lenins Machtergreifung füllen viele Regal-
An den Wänden der Hochschulen tauchen neue Kampflosun- meter, die nachholende Aneignung des slawischen Bauernho-
gen auf (berichten Kuskowa und Maslow): locaust hat indes mit diesem Solschenizynband erst begon-
»Bej schidow, spasaj Sowjeti. – Schlag die Juden, rette die nen.
Räte.«
Anders ausgedrückt, im Rev-Jargon der damaligen Zeit: So- BROT UND WISSEN, BAUCH UND HIRN
wjets und Sowjetordnung ohne Juden. Gründe für den Ausbruch eines proletarischen Antisemitis-
Bej schidow... nicht eine Losung der Schwarzhunderter aus mus gab es noch in zwei weiteren sensiblen Bereichen. Die
der zaristischen Pogrom-Ära, vielmehr der Schlachtruf russi- russische Arbeiterjugend hatte das Nachsehen bei der Auf-
scher Jungkommunarden fünf Jahre nach dem Großen Okto- holjagd an der Bildungsfront. 1926 bestand die Studenten-
ber. (S. 229) schaft fast zu 26 Prozent aus Juden mit bürgerlichem Stamm-
Am Vorabend des XII. Parteitages 1923 bestand das Politbü- baum. (S. 202)
ro aus drei Juden und drei Nichtjuden. Im Komsomol- Auf den Chefsesseln im Binnenhandels- und Außenhandels-
Präsidium war das Verhältnis drei zu vier. Beim XI. Parteitag kommissariat saßen im November 1930 größtenteils Juden,
hatten Jewrejew-Bolschewiki 26 Prozent der ZK-Mitglieder zwischen 30 und 50 Prozent. Ihr Reich erstreckte sich auf
gestellt. Angesichts dieser Überfremdung beziehungsweise ländliche wie urbane Ladenketten, Gastronomie, Betriebs-
antislawistischen Kaderentwicklung entschlossen sich pro- kantinen, Gefängnis- und Kasernenküchen, Kooperativen,
minente russische Leninisten zu einem, so Solschenizyn, Konsumwarenproduktion. Die Leitung des Staatsplanes
»gegenjüdischen Umsturz«, russisch »antijewrejski perewo- (Gosplan) und des Fünfjahresplanes, das Werk der Rosen-
rot«. Mai 1924. holz, Ruchimowitsch, Epstein, Frumkin, Selemki, 1930 an
Kurz vor Eröffnung des XIII. Parteitages forderten die russi- den Hebeln der Volksernährung, 1936 das Futter für die Er-
schen Altrevolutionäre Frunse, Nogin und Trojanowskij den schießungskorridore der Lubjanka.
Rauswurf der »woschdej-jewrejew« (Judenanführer) aus dem Trotz des gigantischen physischen Aderlasses von 1936/37
Politbüro. Die Feinde der Säuberer reagierten schnell: Nogin dienten laut Solschenizyn Millionen von Juden dem stalini-
verstarb nach einer Speiseröhrenoperation, wenig später kam stischen Regime, loyal bis begeistert, unerschütterlich, gera-
Frunse unters Messer. (S. 207) dezu blind, verschworen der »saschtschita djela sozialisma«
Nach Solschenizyn bestand der Hauptgrund für das Aufbre- – der Verteidigung der Sache des Sozialismus. Und das hieß,
chen des neuen Antisemitismus im russenfeindlichen Charak- so Solschenizyn:
ter des prononciert jüdischen Internationalismus. Dem Faszi- »Kadavergehorsam beim Einsatz in der GPU, der Roten
nosum eines vom Russentum abgehobenen Internationalis- Armee, in der Diplomatie, an der ideologischen Front.
mus sei das russische Proletariat nicht erlegen, im Gegensatz Leidenschaftlichste Teilnahme der jüdischen Jugend in die-
zur jüdischen Intelligenzija, die der Revolution von 1918 mit sen Organisationen erlosch selbst nach den blutigen Er-
leidenschaftlicher Hingabe begegnet sei. Folgerichtig hätten eignissen von 1936 - 38 nicht.« (S. 281)
die Juden nach 1918 von »ihrem Land« gesprochen. (S. 218) Der Weltgeist, sagt Hegel, bedienst sich der niedrigsten
Zur Untermauerung seiner These zitiert Solschenizyn den Kreaturen zur Durchsetzung seiner unerforschlichen Absich-
nach dem letzten Moskauer Schauprozeß hingerichteten Par- ten. Bei der Durchsetzung des Experiments Sozialismus be-
teiideologen Nikolaj Bucharin, der auf einer Leningrader Par- diente sich der Weltgeist nicht nur niedriger Kreaturen. Niko-
teikonferenz Anfang 1927 den „handelskapitalistischen“ laj Ostrowskij, gelähmt und erblindet, schrieb seinen auto-
Charakter der zur Macht gelangten jüdischen Mittelstands- biographischen Roman Wie der Stahl gehärtet wurde als
Bourgeoisie enthüllte, indem er feststellte, Juden hätten in Idealist. Zu den niedrigsten Kreaturen gehörten andere, und
den zentralen Städten der UdSSR den Platz der russischen Solschenizyn hat sie aufgereiht in den Kapiteln über die bol-
Bourgeoisie eingenommen. (S. 209) Am neuen Antisemitis- schewistische Geheimpolizei. (Nicht im Sinne Hegels ist das
mus (»den wir, Genossen, schärfstens verurteilen müssen«) Ausklammern dieser Blutkapitel in den Buchrezensionen von
seien die Juden selbst schuld, schlußfolgerte der damalige F.A.Z. und SPIEGEL.)
bolschewistische Cheftheoretiker Bucharin.
Es gehörte zum taktischen Spiel des Antisemiten Josif GASWAGEN UND GIFTSTUHL
Dschugaschwili, Juden in seiner Entourage nicht nur zu dul- Von Anfang an befand sich die Geheimpolizei unter der
den, sondern sie gezielt an leitender Stelle einzusetzen. Und Kontrolle der »jewrej-bolschewiki«. Ihre Biographien ent-
sie dann dem Henker zu übergeben. So ist die mörderische hüllt Solschenizyn im wohl interessantesten Kapital, Über-
Kollektivierung 1928 bis 1933 mit den Namen prominenter schrift »Die zwanziger Jahre«. Es sind die Biographien von
»jewrejew-bolschewiki« verbunden. Als Bauernschlächter, Massenmördern an den Schreibtischen der Tscheka, der OG-

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PU und GPU. Aber nicht nur an Schreibtischen. Die Uritzki, Maclean, Blunt, Burgess); in der von BBC verkitschten Story
Unschlicht, Katznelson, Bermann, Agranow, Spiegelglas, der englischen KGB-Agenten behauptet einer der Décadents:
Schwarz, Asbel, Chaifez, Pauker, Maier, Jagoda nahmen per- »Um den Faschismus zu bekämpfen, muß man Kommunist
sönlich an Erschießungen teil, am Foltern, Erhängen, Kreuzi- sein.«
gen, Verbrennen. Tscheka-Gründer Dserschinski hatte drei In Rezensionen deutscher Feuilletons heißt es im Blick auf
Stellvertreter aus dieser Garde der eisernen Bolschewiki: die Verbrechen der sowjetischen Geheimpolizei, schließlich
Gerson, Luszki, Jagoda. Eine Elite der »jewrejew-bolsche- hätten die Juden in GPU, NKWD, KGB gegen Hitler ge-
wiki«. Jahre später, beim Bau des Archipel GULag, waren sie kämpft. »Russen und Juden haben gemeinsam gegen Hitler
abermals an der Front der Vollstrecker zu finden. Den Mos- gekämpft«, schreibt eine Frau Holm im Schirrmacher-
kau-Wolga-Kanal vollendete als oberster Sklavenhalter Israel Feuilleton. (Folgerichtig sieht mancher Artikel aus wie Nach-
Pliner, beim Zwangsarbeitergenozid am Weißmeerkanal richten aus der Sowjetunion.) An anderer Stelle verfälscht die
führten Regie Lasar Kogan, Sinowij Katzenelson, Boris Holm Solschenizyns Interpretation. In der FAZ vom 29. Ja-
Bermann (die Große Säuberung wurde ihr Grab). Solscheni- nuar 2003 schreibt sie:
zyn auf Seite 293: »Den hohen jüdischen Anteil im Personal des jungen So-
»Man kann es nicht leugnen, daß die Geschichte sehr viele wjetstaates erklärt der Autor mit der größeren innovativen
Juden zu Vollstreckern des allrussischen Schicksals auser- Unruhe und Tatkraft, die nach dem Oktoberumsturz […]
wählt hatte.« Betätigungsfelder im Staatsdienst, bei den Volkskommissa-
Den Giftstuhl erfand im Auftrag des NKWD der jüdische ren und in der Armeespitze fand.«
Hinrichtungskonstrukteur Grigori Mairanowski; als er als Das ist aber nicht die Aussage Solschenizyns! Dieser weist
ehemaliger Chef des NKWD-Laborinstituts 1951 selbst in anhand der Dokumente nach, daß Lenin drei Gründe hatte,
der Zelle saß, schrieb er an Berija: eine umstürzlerisch gestimmte Jugend des säkularisierten Ju-
»Bitte vergessen Sie nicht, daß durch meine Hand Hunder- dentums zur neuen Staatselite zu erheben, sie an die Stelle
te von schweinischen Feinden der Sowjetmacht ihr ver- der zaristischen Bürokratie zu setzen. Erstens der tödliche
dientes Ende fanden.« Haß der jungen Juden auf russische Traditionen, Religionsri-
Den rollenden Vergasungswagen erfand und erprobte Isaj ten, Geschichtsvorbilder, Haß auf alles Russische und das
Davidowitsch Berg, Chef der NKWD-Wirtschaftsabteilung Russentum selbst. Zweitens der Wille zur Überschreitung der
im Bezirk Moskau. 1937, zweiter Höhepunkt der Großen letzten Tabugrenzen im Sittlichen. Drittens die Bereitschaft
Säuberung; am Fließband wurden Verhaftete zum Tode ver- zur physischen Vernichtung des Feindes.
urteilt, in Lastwagen gepfercht, zu Erschießungsplätzen ge-
fahren, dann per Genickschuß hingerichtet, dann verscharrt. »MESTIZE UNTERSCHIEDLICHEN BLUTES«
Ökonomisch eine ineffiziente, zeitraubende, kostenintensive Dabei war der Internationalist Lenin keineswegs ein Freund
Liquidierungsprozedur, befand Isaj Berg. Also konstruierte des sich selbst verwirklichenden Judentums in Gestalt des
er 1937 die fahrende Erstickungskammer, das Vergasungsau- Zionismus. 1903 vertrat Lenin die Ansicht, eine jüdische Na-
to, russisch »duschegubka«. (S. 297) Man verfrachtete die tionalität gebe es nicht, sie sei die reaktionäre Ausgeburt des
Delinquenten in geschlossene, vollkommen abgedichtete sterbenden Kapitalismus. Stalin zählte die Juden zu einer
Russki Fords (Benziner). Leitete während der Fahrt die tödli- »bumaschnaja nazija«, einer Papier-Nation, die in einer »un-
chen Abgase in die Autozelle; am Massengrab kippte man ausweichlichen« Assimilierung verschwinden würde.
die Leichen in die Grube. Lenin selbst ist für Solschenizyn ein »Mestize unterschiedli-
chen Blutes«. (S. 76) Ein Großvater väterlicherseits Ab-
Die schmutzige Revolution III kömmling der asiatischen Kalmücken; der andere Großvater
Die Geschichte dampft Blut. Die Geschichte des Bolsche- ein Jude aus Wolhynien, Israel Blank, nach dem Übertritt zur
wismus dampft Blut von mindestens 66 Millionen; so nach russisch-orthodoxen Kirche mit Vornamen Alexander. Die
Berechnungen des Statistikers Prof. I.A. Kurganow, zitiert Großmutter väterlicherseits eine Anna Johanna aus deutsch-
von Solschenizyn im Nowi Mir-Essay »Die Russische Frage schwedischem Geblüt, geborene Großschopf. Solschenizyn
am Ende des Jahrhunderts« (Moskau 1994). Dem Mensch- urteilt:
heitsverbrechen des bolschewistischen Völkermordes fielen »Für die Russen war Lenin kein Russenfeind von Anfang
bis 1937, also in den ersten zwanzig Jahren des permanenten an, doch zu bestimmten Zeiten handelte Lenin antirussisch.
Terrors, zwanzig Millionen Menschen zum Opfer. Für viele Russen erschien Lenin als Ausgeburt einer frem-
Bei der wissenschaftlichen Sezierung verzichtet Solschenizyn den Rasse. Trotzdem: als Russen können wir uns von Lenin
nicht auf den moralischen Imperfekt, die Einzigartigkeit des nicht gänzlich lossagen.« (S. 76)
bolschewistischen Holocaust mit dem exorzistischen Ver-
nichtungshaß einer ethnisch-religiösen Gruppe im alten Ruß- EIN BESTSELLER IN RUSSLAND
land in Verbindung zu bringen. Dies mag ein Grund auch da- Im von Literaturgendarmen freien Rußland genießt Solsche-
für sein, daß die Rezeption des zweiten Bandes der Solsche- nizyns Enthüllungswerk den Rang eines Bestsellers. Verkauft
nizynschen Enthüllungen Zweihundert Jahre zusammen aus kurz nach dem Druck die erste Hunderttausendauflage des
Totschweigen oder Verfälschung besteht – nicht in Putins zweiten Bandes. Solschenizyns Wort vom »Jahrtausendver-
Rußland, sondern bei Schröders Medienlinken. (Eine konge- brechen«, heute ein geflügeltes Wort in russischen Feuille-
niale Übersetzung ins Deutsche würde eine historiographi- tons. Ein Verbrechen mit Folgen bis ins 22. Jahrhundert,
sche Jahrhunderttat bedeuten.) denn »niemals zuvor stand Rußland so nahe dem histori-
schen Abgrund, der ihn vom Nichts trennt«, schreibt die
SCHIRRMACHER UND HOLM: WIDERLEGT Dichterin Natalja Airapetrowa in der Literaturnaja Gaseta
Motive und Besessenheiten der linksintellektuellen Klasse in (22. Januar 2002). Solschenizyn hat eine Lawine losgetreten.
Deutschland erinnern an die „Cambridge-Spione“ (Philby, Soeben erschien ein neues Buch des Historikers Nikolai

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Ostrowskij: Der innere Feind. Genealogie des Bösen (576 auf der Seite des Stalinschen Humanismus gestanden hat?
Seiten, Feri-Verlag Moskau). Berühmt wurde Ostrowskij Auf jeden Fall führen ethische (und physische) Degeneraten
durch Heilige Sklaven und Tempel der Schimären – judais- das Wort, wenn das in der Menschheitsgeschichte einzigarti-
muskritische Abhandlungen, die es nicht erlauben, den Ver- ge Grausamkeitskapitel Tscheka/GPU unter Lorbeeren des
fasser in die Sackgasse der Verschwörungstheorien zu ver- Anti-Hitler-Krieges versinkt.
bannen.
Im Unterschied zu Rußland zeichnet sich die deutschsprachi- NAMENSLISTEN VERRATEN ALLES
ge Rezeption des zweiten Solschenizyn-Bandes durch Ver- Auf den Seiten 300f. veröffentlicht Solschenizyn die Namen
schweigen oder Verfälschung und in den meisten Fällen von ca. fünfzig Massenmördern, Schreibtischmördern, Ge-
durch Russophobie aus. Mit einer Fakten widersprechenden fangenenmördern. Ihre Vornamen verraten die ethnische
Interpretation rückt der SPIEGEL heraus (7/2003). So ist von Herkunft der Monster. Moise Frumkin, Mordichai Chorosch,
einer »Entfremdung« vieler Juden von der Sowjetmacht unter Josef Chodorowski, Isaak Solz, Naum Sorkin, Moise Kalma-
Stalin die Rede, von einer »Reduzierung« jüdischer »Mitar- nowitsch, Samuel Agurski, Lasar Aronstam, Israel Weizer,
beiter« in Partei und Geheimpolizei. Aron Weinstein, Isaak Grindberg, Scholom Dwoilazki, Max
Eine zwischen Verniedlichung und Verschleierung schwan- Daitsch, Jesif Dreiser, Samuel Saks, Jona Jakir, Moise Chari-
kende Auslegung entsprechender Sachkapitel in Solscheni- tonow, Frid Markus, Solomon Kruglikow, Israel Rasgon,
zyns Buch. Die im SPIEGEL als »Mitarbeit« apostrophierte Benjamin Swerdlow, Leo Kritzman...
Mittäterschaft sah in der entscheidenden Phase des Stalin- »Wir machen hier und jetzt für immer Schluß mit der Syn-
schen Aufstiegs – Mitte der Zwanziger Jahre bis Mitte der agoge«, soll im Frühjahr 1939 der neue Außenminister Mo-
Dreißiger – dergestalt aus, daß der jüdische Anteil in Füh- lotow erklärt haben, als er in seinem Haus mit der Säuberung
rungsfunktionen des Partei- und Staatsapparates in der begann. (Litwinow-Finkelstein rächte sich, indem er 1943
Ukraine 22,6 Prozent betrug (in der damaligen ukrainischen Roosevelt eine persönliche Geheimliste über Stalin Pogrome
Hauptstadt Charkow 30 Prozent), in Weißrußland 30,6 Pro- übergab.) Doch im Vergleich zum sowjetischen Außenmini-
zent (in der Hauptstadt Minsk fast 40 Prozent), in Moskau- sterium fiel der amtliche Pogrom im Innenministerium dra-
Stadt ca. 12 Prozent. In den Kaderpositionen der sowjeti- matischer aus. Stellten zwischen dem 1. Januar 1935 und
schen Herrschaftsklassen arbeiteten sechseinhalb mehr Juden dem 1. Januar 1938 Juden ca. 50 Prozent der NKWD-Kader,
als im jüdischen Bevölkerungsanteil, nämlich 1,82 Prozent so war am 1. Januar 1939 die jüdische Dominanz fast gänz-
im Jahre 1926. lich verschwunden, zusammengeschmolzen auf ca. sechs
»Der größte jüdische Zustrom im Apparat der Sowjetverwal- Prozent. (S. 295) Solschenizyn schreibt:
tung fand in den Städten und in den Metropolen der Sowjet- »Die Herrscher über das Schicksal des russischen Volkes
republiken statt«, belegt Solschenizyn auf Seite 199, und es glaubten wirklich, sie wären unersetzbar und unverwund-
charakterisiert die Unobjektivität und den Philosemitismus bar. Um so schrecklicher traf sie der Schlag, sie mußten an
von FAZ und SPIEGEL, die markanten Daten und Zahlen- den Untergang ihrer Weltanschauung, ja ihrer Welt glau-
vergleiche des 18. Buchkapitels dem deutschen Leser ver- ben.«
weigert zu haben. Auch an dieser Stelle nennt Solschenizyn die Namen der
Selbst im Säuberungsjahr 1936 sieht man in der sowjetischen grausamen Schlächter aus den Chefetagen der Geheimpoli-
Regierung eine Übermacht der »narkom jewrejew« (Solsche- zei. Sie kamen aus der Lubjanka und endeten in den Korrido-
nizyn): Litwinow-Finkelstein, Jagoda, Rosenholz, Weizer, ren der Lubjanka, die Pistolenbolschewiken Matwej Berman,
Kalmanowitsch, Kaganowitsch. In der selben Regierung ent- Josef Blatt, Abraham Belenki, Isaak Schapiro, Serge Schpi-
deckt Solschenizyn ganze Stämme stellvertretender Volks- gelglas, Israel Leblewski, Pinkus Simanowski, Abraham
kommissare (Minister): Solz, Gamarnik, Gurewitsch, Gings- Sluzki, Benjamin Gerson, Sinowi Katznelson, Natan Margo-
burg. Einige von Hunderten. Eine Übermacht der »bolsche- lin – eine endlose Liste verdienter »bolschewikow jewrejew«,
wiki jewrejew« an der Kulturfront, Sektion Gehirnwäsche, totgeschwiegen in der Solschenizyn-Rezeption im „Täter-
Abteilung Neusprech. Jüdische Internationalisten säubern in land“ Deutschland. Salpeter, Seligmann, Kagan, Rappoport,
den zwanziger Jahren die Geschichtsbücher. Ideologische Fridljand, Raiski-Lachmann, Joselewitsch, Failowitsch...
Radikalumerziehung durch Russenhasser wie Goichbarg, La- Markante Namen in Stalins Erschießungsliste nach 1936. Der
rin, Radek, Rotstein begannen damit, daß Begriffe wie »rus- nach den USA emigrierte jüdische Menschewik S. Schwarz
sische Geschichte«, »Großrussen« verboten, ausgemerzt, auf notiert 1966 in einer Dokumentation des Amerika-jüdischen
die rote Liste der konterrevolutionären Terminologie ver- Arbeiterkomitees:
bannt wurden. In der Moskauer Parteipresse forderten jüdi- »Die Säuberungen hatten das physische Verschwinden fast
sche Schriftsteller die Sprengung des Minin-Poscharski- aller „jewrej-kommunistow“ zur Folge, die vor 1936 in der
Denkmals auf dem Roten Platz. (S. 275) Um auf die deut- UdSSR eine wichtige Rolle gespielt hatten.« (S. 327)
schen Linksmedien zurückzukommen: Die geistige Entrussi-
fizierung durch »bolschewiki jewrejew« in den zwanziger IWRIT ODER JIDDISCH
Jahren findet keine Erwähnung, nicht bei Uwe Klußmann Der frühe Stalin glaubte an die totale Assimilierung der Ju-
und nicht bei Kerstin Holm. (Wie auch die Begriffe »Tsche- den mit Hilfe des Dogmas „proletarische Weltrevolution“. Im
ka« und »GPU« in den Rezensionen nicht auftauchen.) Widerspruch dazu lehnte der Großteil der jüdischen Bol-
Die Tscheka, die allererste Lokomotive des Staatsterrors, das schewiken die Assimilierung, also das Verschwinden als eth-
Urmodel der Planierraupe für 66 Millionen Skelette, die nisch gesonderte Gruppe im Sozialismus, strikt ab (zumal sie
Gasturbine für den bolschewistischen Holocaust, für Schirr- unter Assimilierung eine tödlich gefürchtete Russifizierung
machers Magazin und Augsteins Nachfolger nicht existent verstanden). Von Anfang an kämpften diese Juden im „Jüdi-
als Todeskürzel. Nur Wahrheitsleugnung oder Scham oder schen Kommissariat“ (Jewkom) und in der „Jüdischen Sekti-
Entblößungsangst, weil man so lange als liberaler Humanist on“ innerhalb der Russischen Kommunistischen Partei (Jew-

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sek) für die „Erhaltung des Jüdischen Volkes“ im sozialisti- tausend Frauen und Kleinkindern im Sklavenlager Kingir im
schen Staat, sogar für die Schaffung einer „jüdischen So- Juni 1954 (nur dreizehn Jahre nach „Babi Jar“).
wjetnation“ in der UdSSR. Die historische Aufarbeitung die- Die Meinung etwa, der GULag sei eben, anders als die Ju-
ser Vorgänge ist ein Verdienst Solschenizyns, natürlich ohne dentötung, noch von keinem Hollywood-Regisseur vom Ka-
Reflexe in deutschen Buchrezensionen. liber eines Steven Spielberg zum Thema gemacht worden,
Ein Mittel zur Etablierung einer „jüdischen Sowjetnation“ negiert die Tatsache, daß Rußland heute hochtalentierte, ja
bildete die Forcierung des Jiddischen als „Staatssprache“, geniale Filmemacher, Dramaturgen, Drehbuchautoren besitzt,
erstmals 1920 in Weißrußland durch Gesetz anerkannt. Das deren künstlerische Qualität keinen westlichen Vergleich zu
bedeutete nicht nur ein Nein zum Zionismus, sondern auch scheuen braucht. Bei einem Schauspiel von Sergej Kusnezow
zur Verbreitung des (neuhebräischen) Iwrit. Anfang der mit dem Titel Ich werde zurückzahlen hatte das Moskauer
zwanziger Jahre wurde Iwrit offiziell verboten, dagegen das Mali-Theater immer wieder ein volles Haus. Nur Stehplätze.
Jiddische als eine »Sprache der sowjetisch-proletarischen Monate hindurch. In diesem Drama werden die letzten Au-
Kultur« anerkannt (S. 255). In Weißrußland galten Marc genblicke der Zarenfamilie nachvollzogen. Für Rußlands
Chagall und El Lisizki als Avantgardisten einer jiddisch- Rechtgläubige – aber auch im Urteil der russischen Ge-
kommunistischen Kultur – der Neue Mensch aus Witebsk. schichtsrevisionisten – war Jekaterinburg 16. Juli 1918 die
Ende der Zwanziger kam der politische Rückschlag – aufge- Ejakulation des gulagistischen Denkens. Die Rolle der bol-
löst Jewkom und Jewsek. Die junge Generation der sowjeti- schewistischen Juden wird in diesem Bühnenstück direkt be-
schen Juden hat dies ohne Widerstand hingenommen, berich- handelt, indem der Arzt des Zaren, Botkin, zu einem der Ka-
tet Solschenizyn. Ohne Protest, ohne Rebellion, ohne ein pos sagt:
„Kronstadt“. Der Abschied vom Jiddischen und vom Jüdi- »Die Zeit wird kommen, da jeder glauben wird, daß Juden
schen an sich sei im Triumph eines internationalistischen für dies verantwortlich waren und sie die Opfer der Rache
Atheismus erfolgt, ein Internationalismus ohne Völker, sein werden.«
Volkskulturen, Volksidentitäten, mit einer einzigen Ausnah- Für den Lyriker Stanislav Kunjajew, Chefredakteur der Lite-
me: »Sowjetski narod« – Sowjetvolk! Ein Kunstprodukt, dem raturzeitschrift Nasch Sowremennik, ist die Ermordung der
Hekatomben von Proletarierblut geopfert wurden, das Blut Romanows das Ergebnis einer »menschenfeindlichen Intelli-
von Slawen, Balten, Moslems, Kaukasiern; Sowjetvolk, ein genz und eines satanischen Willens«. Kunjajew gehörte zu
Reißbrettprodukt, ein Frankensteinsches Gespenst, geschaf- einer Gruppe von 70 führenden Intellektuellen Rußlands, die
fen im Gulagismus, dessen Existenz ohne Vollstrecker aus ihre Unterschrift unter einen Brief gesetzt hatten, in dem
den Reihen der »bolschewiki jewrejew« nicht denkbar gewe- kommunistische Juden für den Zarenmord, für den bolsche-
sen wäre, von Alexander Solschenizyn auf fast sechshundert wistischen Umsturz und die darauf folgenden Massenmorde
Seiten dokumentarisch nachgewiesen. Als gegen Ende des verantwortlich gemacht wurden.
Krieges Stalin die Liquidierung des „Jüdischen Antifaschisti- Am Fall Kunjajew wird deutlich, warum die filmische Auf-
schen Komitees“ (JAK) befahl und mit der Ermordung ihrer arbeitung des Gulagimus in einem westlichen Land (vorläu-
intellektuellen Führer auch den Untergang des Jiddischen als fig) undenkbar ist. Oder anders ausgedrückt: Warum der Jude
eigenständige Kultur programmierte, schien die bolschewisti- Steven Spielberg davor zurückschreckt wie Belsazar vor der
sche Lösung der alten russischen »jewreiski wopros« (Juden- Flammenschrift an der Wand. Nicht die schiere Größe des
frage) an einem bizarren Ende angekommen zu sein. An der Verbrechens versperrt den Spielbergs den Weg zum Film-
Rampe des GULag. Kapitel Gulag, es ist vielmehr die tabuisierte Frage nach Mit-
schuld säkularisierter Juden am singulären Zivilisations-
SCHLUSSWORT bruch, die die Erschießungskeller von Lefortowo, die Stein-
»Unsere Geschichte ist eine Geschichte von Unglücken und brüche des Weißmeerkanals, die Goldminen von Kolyma
Katastrophen«, sagt die Schriftstellerin Swetlana Alixejewit- möglich machte.
scha dreizehn Jahre nach dem Untergang der Sowjetunion. In Deutschland kommt der gefürchtete Antisemitismusvor-
Vor dreißig Jahren erschien im Westen Solschenizyns Der wurf hinzu, im Land Adornos und Friedmans billig, allge-
Archipel GULag. Ein halbes Jahrhundert Glawnoje Uprawle- genwärtig, beruflich und sozial von tödlicher Brisanz, je
nije Lagerei (Lagerhauptverwaltung) – so lange existierte der nachdem wer ihn wann erhebt. Das linksliberale Feuilleton
GULag – zählt zu den schaurigsten Katastrophen in der zwei- der Frankfurter Allgemeinen druckte am 26. Juni 2003 eine
tausendjährigen russischen Geschichte. Aus heutiger Sicht angeblich verschollene Erzählung des bolschewistischen
kann man mit guten Gründen behaupten, daß Solschenizyns Schriftstellers Isaak Babel, erschossen im Januar 1941 in ei-
Bericht über das blutigste Menschheitsverbrechen der Mo- nem bolschewistischen Zwangsarbeitslager. Die unbekannte
derne zu den geistigen Wendepunkten und Kräften gehörte, Erzählung Esfirs Ring, ästhetisch wie moralisch ohne Bezug
die den Anfang vom Ende des Roten Imperiums einleiteten. zur russischen Literatur, lobpreist den Tod der jüdischen Ge-
Solschenizyns Höllenchronik wirft die Frage auf, weshalb heimpolizistin Esfir Rubenblum, »Kommissar der Sonderab-
heute an die geschichtliche Realität des GULag in der westli- teilung der Kiewer Tscheka«, gestorben »den Heldentod im
chen Öffentlichkeit viel weniger breit und intensiv erinnert Kampf mit den Feinden der Revolution«. Original-Zitate des
wird als an die Judenverfolgung im Nationalsozialismus. Isaak Babel, niedergeschrieben wenige Jahre vor dem „Hel-
Darauf gibt es keine rationale Antwort. Dem Einwand, die dentod“ des Bürgerkriegstschekisten Babel. Dieser angeblich
Inszenierung des Archipel GULag sei ein Vorgang, der die weltberühmte Bolschewik (so die Wertung des Frankfurter
Vorstellungskraft übersteige und nach den Regeln der klassi- Feuilletonchefs Frank Schirrmacher) bestätigt in einem seiner
schen Ästhetik gar nicht in Szene gesetzt werden dürfe, weil letzten Beiträge die jüdische Führerschaft in den Hinrich-
von den Bildern nur Ekel und Abscheu bewirkt werden kön- tungskommandos der Geheimpolizei während der Lenin-Ära;
ne, fiele demnach auch Macbeth zum Opfer. In seinem drit- für Dr. Schirrmacher kein Grund, auf Babels Tscheka-Ver-
ten Band schildert Solschenizyn die Abschlachtung von fünf- gangenheit hinzuweisen.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 459


Eine tödliche Drohung mit der Antisemitismuskeule verhin- jüdische Kommissar mit Lederjacke und Mauserpistole ty-
dert in Deutschland eine objektive Diskussion über anthropo- pisch für das Erscheinungsbild der revolutionären Macht.«
logische Wurzeln des von Solschenizyn aufgegriffenen The- Das Urteil stammt von Sonja Margolina, die sich stolz als die
mas. Aus Anlaß der Verleihung der Börne-Preises erklärte »Tochter eines jüdischen Bolschewisten« bezeichnet. Nach-
der amerikanisch-jüdische Gelehrte George Steiner in seiner zulesen in Margolinas Buch Das Ende der Lügen. Rußland
Dankesrede: und die Juden im 20. Jahrhundert (Siedler, Berlin 1992). Die
»Meines Erachtens gab es keine höhere Auszeichnung, Margolina lebt heute in Berlin. Die eben zitierte Passage
keinen höheren Adel, als dem Volk anzugehören, welches schließt mit den Sätzen:
nicht gefoltert hat. Beinahe seit meiner Kindheit war ich so »Die Tragödie des Judentums bestand darin, daß es keine
stolz darauf, von solch einer Arroganz: Ich gehöre der politische Option gab, um der Rache der geschichtlichen
höchsten Rasse an, weil wir nicht foltern. Wir sind die ein- Sünde der Juden – ihre exponierte Mitwirkung am kommu-
zigen. Wir hatten nicht die Macht dazu. Halleluja!« (FAZ, nistischen Regime – zu entgehen. Der Sieg des Sowjetregi-
31. Mai 2003) mes hatte sie zeitweilig gerettet, die Vergeltung stand noch
Nie gefoltert? Keine Macht? bevor.«
»So wurde der nicht selten gebrochen russisch sprechende © 31.10. / 7.11.2002 / 30./31.1.2003/17./30.9.2003

Unauslöschliche Schatten: Die Filmwelt und der Holocaust


Von Francis Dixon

Annette Insdorf, Indelible Shadows: Film and the Holo- lich Propaganda darstellen.
caust, 3. Aufl., Cambridge University Press, Cambridge Bei all ihrer moralisierenden Ernsthaftigkeit ist Insdorf, die
2003, 430 Seiten, $25.- einen Lehrstuhl für Filmstudien an der Columbia Universität
inne hat, offensichtlich in ihrem Urteilsvermögen verwirrt. Es
Unauslöschliche Schatten ist eine sehr eigensinnige Studie stimmt zwar, daß Mel Brooks The Producers (1968) nicht die
über Spiel- und Dokumentarfilme, die sich auf den Holocaust Erwartungen erfüllte. Aber respektvolle Beachtung erhält
beziehen, der von der Autorin Annette Insdorf als »Völker- The Boys from Brazil (1978), eine Phantasie, in der Dr. Men-
mord am europäischen Judentum« näher bezeichnet wird. gele (vergessenswert von Gregory Peck dargestellt) mehrere
Wenn der Autorin geglaubt werden soll, ist das Buch, das Dutzend Hitler-Klone auf die Welt losläßt, bevor sie von ei-
erstmals 1983 herausgegeben wurde, ein Versuch, Holocaust- ner Simon-Wiesenthal-Figur namens Ezra Liebermann (von
Filme vor allem vom ethischen Standpunkt aus zu bewerten, einem etwas fehlplazierten Lawrence Olivier dargestellt) un-
wobei Wahrheit und Seriosität höchste Priorität zukommen schädlich gemacht werden (»ein unterhaltsamer Krimi, der
anstatt Sensationshascherei und Irrtum. Unauslöschliche einige wichtige Fragen über Nazi-Weiterbetätigung auf-
Schatten verfehlt diese Ziel allerdings weit; die interessante bringt«, Seite 10). Warum wird aber der Film The Odessa
Frage ist warum. File (1974) übergangen, der mehr von Wiesenthals Münch-
Ein Grund für das Versagen des Buches liegt an den rätsel- hausiaden bringt? Oder They saved Hitlers Brain (1963)? Sie
haften Auswahlkriterien, nach denen die Autorin Holocaust- könnte das als „eine beunruhigende Geisterbeschwörung der
Filme in ihre Studie aufnimmt. Viel- Verdrehung von Biologie und Medizin
leicht ist die Einbeziehung des Films im Dritten Reich“ bezeichnen.
The Great Dictator aus dem Jahre 1940 Wenn Professor Insdorfs jedoch
gerechtfertigt mit seinen Konzentrati- schreibt, daß »für jeden, der Marathon
onslager-Szenen und komödienhaft Man sah, in dem Lawrence Olivier ei-
dargestelltem Widerstand von Ghetto- nen Nazi-Zahnarzt darstellt, der in New
Insassen. Diesem Film werden sechs York City Amok läuft, Oliviers vorzüg-
Seiten gewidmet. Wie kann aber die liche Leistung als Liebermann eine zu
lange Behandlung des Filmes Cabaret große Vielseitigkeit nahelegt« (Seite
(1972) oder Ingmar Bergmanns The 11), so wird diese Meinung die meisten
Serpent’s Egg (1977) gerechtfertigt Leser von VffG davon überzeugen, daß
werden, die beide in der Weimar Repu- ein zu eingehender Versuch, ihre kriti-
blik spielen? Die Autorin hängt wo- schen Maßstäbe und Methoden zu er-
möglich der intentionalistischen Denk- gründen, vergeudete Zeit wäre.
schule an, also der These, daß der Ho- In ihrer Kritik von Filmen, die Aspekte
locaust schon Jahre, wenn nicht gar des Holocaust zeigen, ist Insdorf ge-
Jahrzehnte im voraus geplant worden wöhnlich unnachgiebig mit Hollywood
war, bevor er tatsächlich angefangen und beschuldigt es aller möglicher Ver-
haben soll. Es ist aber wahrscheinli- gehen – von Holo-Kitsch und übermä-
cher, daß beide Filme lediglich deshalb ßiger Anwendung von Blut und Einge-
aufgenommen wurden, weil sie typi- weiden bis zu einer zu großen Sensibili-
sche NS-feindliche bzw. deutschfeind- tät für die Belange von Nichtjuden. Es

460 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


ist amüsant zu erfahren, daß eine Beschwerde der amerikani- lung des angeblichen Völkermords anbelangt, setzt die Auto-
schen Gas-Vereinigung eine Streichung des Wortes „Gas“ in rin den 1954er Film von Alain Renais Night and Fog (Nacht
der Fernsehfassung des Films Judgment at Nuremberg on und Nebel), den 1985er Film Shoah von Claude Lanzmann
Playhouse 90 (1959, Seite 3) zur Folge hatte. Amüsant zu le- sowie Steven Spielbergs Schindlers Liste an die erste Stelle
sen ist auch, daß es die Bräuche Hollywoods bei Regie und der Holocaust-Filme. Die in Night and Fog behaupteten neun
Rollenbesetzung seien, die die Glaubwürdigkeit von Anne Millionen Opfer von Auschwitz bereiten ihr scheinbar keine
Franks Tagebuch unterminieren (1959, Seite 7). Offensicht- Probleme. Sie stimmt den Anklagen zu, die von sensationel-
lich ist die Autorin unbeeindruckt von den Unterschieden len Bildern begleitet sind und zeigen, daß Körper angeblich
zwischen den verschiedenen Textfassungen des Tagebuches zu Seife, Kunstdünger, Lampenschirmen, Handtaschen und
und von den feststellbaren Abweichungen von der Wirklich- dergleichen verarbeitet wurden (Seite 37). Die sprechenden
keit, wie sie von Robert Faurisson aufgedeckt wurden, und Köpfe und klucksenden Karikaturen in Shoah sind scheinbar
auch nicht von der Überarbeitung, die von der Autorin Ira genügend Beweis für Insdorf, daß bis zu drei Millionen Ju-
Levin erwähnt wird, um den Inhalt des Tagebuches für Thea- den in Auschwitz vergast wurden. Aber sie ist ja auch naiv
ter- und Filmbesucher schmackhafter zu machen. genug, um die Behauptung eines von Lanzmann Befragten zu
Es ist einfach, Dutzende von Filmen und Hunderte von Do- glauben, daß es ihm von den Deutschen erlaubt worden sei,
kumenten durchzusehen und darin derartige Unstimmigkeiten sein großes Schuldbewußtsein mit großen Mengen von Wod-
zu finden. Warum wird die Rolle von Robert Mitchum in ka zu betäuben, das ihm dadurch verursacht wurde, daß er als
War and Remembrance (1989, Seite 23) hinsichtlich seiner Lokomotivführer Zugladungen von Juden nach Treblinka be-
revisionistischen und „antisemitischen“ Bemerkungen nicht fördern hatte. Was Schindlers Liste anbelangt, so zieht Ins-
kritisiert? Er wollte zu der Zeit Israel besuchen und dabei ein dorf es auch hier vor, die zahlreichen Abweichungen von den
„I like Ike“-Abzeichen tragen mit Ike als Bezug auf Adolf historischen Tatsachen zu übergehen und über die Tatsache
Eichmann. Wie kann ein antisemitischer polnischer Priester, zu moralisieren, daß der Hauptdarsteller des Films nach dem
der in Auschwitz starb (Life for Life = Leben für Leben – Maßstab der Nürnberger Gerichte in mehr als sechsfacher
Maximilian Kolbe, 1991) als ein Film für einen Völkermord Hinsicht ein Kriegsverbrecher war. Insdorf rührt es nicht, daß
an den Juden qualifizieren? Was genau soll es bedeuten, der Schwerpunkt des Films auf Sadismus gerichtet ist und
wenn ein früherer SS-Mann (Dirk Bogarde) seine frühere daß dessen Darstellungsweise ein Rückfall auf das Niveau
Lager-Insassin und sadomasochistische Geliebte (Charlotte der Sensationsmeldungen der unmittelbaren Nachkriegszeit
Rampling) während eines beherzten Geschlechtsverkehrs in bedeutet, einschließlich sich windender gehorsamer Juden
einem Hotel im Jahre 1957 in Wien mit Marmelade be- und ihr Nazi-Retter.
schmiert? Was hat das mit dem Holocaust zu tun, und warum Annette Insdorf gibt sich große Mühe, Holocaust-Filme zu
wird es hier respektvoll behandelt? (The Night Porter, 1974, finden, die sowohl moralisch rechtschaffend als auf verkauf-
S. 130-132). Da Indelible Shadows (Unauslöschliche Schat- bar sind. Ihr Buch hinterläßt aber dennoch den starken Ein-
ten) ein Vorwort des unvergleichbaren Elie Wiesel enthält, druck, daß ihr Interesse bezüglich dieser Filme tatsächlich
wäre es unbarmherzig, zu viele solcher Fragen zu stellen. Das darin liegt, den Holocaust-Kult – mit ausgesprochener Vor-
würde bedeuten mitanzusehen, wie sich der dünnhäutige St. eingenommenheit und wenig Respekt für historische Tatsa-
Sebastian des Holocaust-Kults sowie auch Frau Insdorf ange- chen – unter eine größtmögliche Zuschauerschaft zu bringen.
sichts Hunderter stechender Nadeln zunächst in Nadelkissen
und sodann gar in Igel verwandeln. Zuerst veröffentlicht in The Revisionist 1(3) (2003), S. 343f.; übersetzt von
Was die mit Moralität verbrämte Authentizität der Darstel- Hans Rummel.

Aus der Forschung


Erpreßte Geständnisse: Warum Unschuldige einen Mord gestehen
Von Manfred Köhler
Über die vergangenen sieben Jahre haben die Vierteljahres- chen überhaupt nicht stattfanden.
hefte für freie Geschichtsforschung in einer Reihe von Bei- In meiner Analyse »Der Wert von Zeugenaussagen und Ge-
trägen die Frage behandelt, wie es erklärt werden kann, daß ständnissen zum Holocaust«2 beschrieb ich mehrere Fakto-
viele Zeugen des sogenannten „Holocaust“ von Ereignissen ren, die einen Angeklagten entgegen seiner eigenen Erinne-
berichten, die entweder nicht so wie beschrieben oder über- rung dazu bringen können zu glauben, daß er eines Verbre-
haupt nicht stattfanden.1 chens schuldig ist, welches er gar nicht beging bzw. das
Vom psychologischen Standpunkt des Versuchs aus betrach- überhaupt gar nicht stattfand. Folterungen dritten Grades, al-
tet, revisionistische Ansichten dem Mann auf der Straße ver- so das Zufügen körperlicher Schmerzen, ist dabei nur eine
ständlich zu machen, ist es aber weitaus wichtiger zu erklä- mögliche Methode. Obwohl derartige Foltern mit Bestimmt-
ren, wie Angeklagte, denen vorgeworfen wurde – ob vor Ge- heit bei Vernehmungen von Angeklagten in den ersten Jahren
richt oder nur in den Medien –, an bestimmten Verbrechen nach Ende des Zweiten Weltkrieges angewandt wurden –
teilgenommen bzw. ihnen gleichgültig gegenübergestanden Rudolf Höß3 und die berüchtigten Dachauer Schauprozesse4
zu haben, ihre Schuld zugeben konnten, obwohl gezeigt wer- sind hierunter die bekanntesten Beispiele –, ist der Auffas-
den kann, daß diese Angeklagten unschuldig sind – und zwar sung von Arthur Butz’5 zuzustimmen, daß physische Gewalt
mitunter im radikalsten Sinne, da die vorgeworfenen Verbre- kaum in der Lage ist, die Ansichten und Einstellungen eines

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Angeklagten dauerhaft zu ändern. Er mag zwar unter dem war für Gauger schlimm genug, vom gewaltsamen Tod sei-
Eindruck der Folter ein Geständnis unterzeichnen, allerdings ner Eltern zu erfahren, aber wie sich herausstellen sollte,
ist es nicht wahrscheinlich, daß er es auch dann noch stützt, war dies erst der Anfang seines allzu realen Alptraums.
sobald er sich außerhalb der Reichweite seiner Folterer be- Gauger teilte der Polizei mit, daß er auf dem Gut seiner El-
findet. tern schlief, als seine Eltern, Morris, 74, und Ruth, 70, er-
Wesentlich effektiver sind verschiedene Gehirnwäsche- mordet wurden. Aber die Polizei kaufte ihm dies nicht ab und
Techniken – oftmals auch als Folter zweiten Grades be- brachten in deshalb zum Verhör ins Revier. Nach 21 Stunden
zeichnet –, die das Gedächtnis und die Einstellung eines ununterbrochenen Verhörs brach Gauger zusammen und ge-
Angeklagten ändern. Falls einem derart Gefolterten keine stand eine Tat, die er nicht begangen hatte.
psychologische Behandlung zugute kommt, kann eine sol- Obwohl die Polizei keine materiellen Beweise gegen ihn hat-
che Folter durchaus dramatische Langzeiteffekte aufzeigen. te, reichte den Schöffen das Geständnis, um ihn wegen Dop-
Das folgende, einem US-Medienbericht entnommene Bei- pelmordes zu verurteilen. Er wurde zum Tode verurteilt.
spiel macht deutlich, daß derartige Techniken recht häufig Zwei Jahre später wurde in einem anderen Untersuchungsfall
angewandt werden und recht wenig mit hochentwickelten ein Telefongespräch aufgenommen, bei dem ein Mitglied ei-
psychologischen Techniken oder mit Psychopharmaka zu ner Motorrad-Bande gegenüber einem anderen Mitglied mit
tun haben – ganz im Gegensatz zu herkömmlichen Ansich- dem Mord an den Gaugers prahlte. Die Bandenmitglieder
ten. Um einen Angeklagten einer solchen Folter zweiten wurden später wegen Mordes und anderer Verbrechen verur-
Grades zu unterziehen, muß man nichts weiter tun, als ihn teilt, und Gauger wurde 1996 aus der Haft entlassen, nach-
für eine längere Zeit von der Umwelt zu isolieren, ihn unter dem er drei Jahre unschuldig hinter Gittern gesessen hatte.
starken emotionalen Streß zu setzen und ihn wiederholt mit Jedes Jahr werden Tausende von Kriminellen auf Grundlage
jener Geschichte zu konfrontieren, die er als wahr zu bestä- von Geständnissen verurteilt, die sie während Polizeiverhö-
tigen hat. ren abgelegt haben. Laut Experten sind die Verhörmethoden
Wenn man sich die Lage aller Angeklagten vergegenwärtigt, der Untersuchungsbeamten so effektiv, daß sie auch den
die in Gerichtsverfahren wegen sogenannter nationalsoziali- hartgesottensten Kriminellen kleinkriegen können – und so-
stischer Gewalttaten verwickelt waren, dann erkennt man gar Menschen, die völlig unschuldig sind. Experten sind der
leicht, daß die Situation der Angeklagten in diesen Fällen so Ansicht, daß es Hunderte von Fällen gibt, wo unschuldige
extrem war, wie sie überhaupt nur sein konnte, und zwar so- Angeklagte bei Verhören zusammenbrachen und Verbrechen
wohl während der Verfahren in Dachau, Nürnberg, Krakau gestanden, die sie gar nicht begangen haben.
und anderswo in den Jahren 1945-1948 als auch in den nach Rich Fallin, früher ein Polizeibeamter in Maryland mit Spe-
1949 durchgeführten Verfahren, sei es in West-Deutschland zialisierung auf Verhöre, meint dazu:
oder gegen Eichmann und Demjanjuk in Jerusalem: Alle An- »Man nimmt sich jemanden vor, der verletzlich ist, wie ein
geklagten wurden schon Jahre vor Beginn der Hauptverhand- trauerndes Familienmitglied oder jemand, der nicht ge-
lung eingesperrt. Sie waren über mehrere Jahre hinweg mas- wohnt ist, mit der Polizei umzugehen. Wenn man ihn lange
siven Anschuldigungen über ihre Verwicklung in die grau- genug verhört, so wird er wahrscheinlich gestehen.«
samsten Verbrechen ausgesetzt, hatten die Zerstörung ihres
Lebens vor Augen, und zwar entweder im physischen Sinne Im Glauben, daß die Polizei die Wahrheit sagt…
durch die Todesstrafe oder doch im sozialen Sinne durch ho- Während seines Verhörs sagte Gauger, er habe anfänglich je-
he Freiheitsstrafen, und sie hörten „Holocaust“-Geschichten de Teilnahme an den Morden abgestritten. Aber die Polizei
von Staatsanwälten, Polizeibeamten, Zeugen, den Medien habe ihm suggeriert, sie habe Beweise gegen ihn. Er nahm
und manchmal sogar von ihren eigenen Strafverteidigern. Es irrtümlich an, daß die Polizei ihn nicht anlügen würde, eine
hätte außerordentlich starker Willenskraft und psychologi- Annahme, die laut Experten oft von Personen gemacht wird,
scher Widerstandskraft bedurft, um solch einem enormen die von der Polizei verhört werden. Gauger hat nie einen
bewußtseinsverformenden Druck standzuhalten. Anwalt gefordert, da er meinte, er habe nichts zu verbergen.
Die meisten Angeklagten waren freilich nicht so stark. Eich- Er führte aus:
mann zum Beispiel brach völlig zusammen. Andere, wie die »Sie sagten mir, sie hätten auf Kleidern in meinem Zimmer
meisten Angeklagten in den Verfahren um Auschwitz, Blut gefunden; sie hätten ein blutverschmiertes Messer in
Treblinka und Majdanek, wagten es nicht bzw. konnten sich meiner Tasche gefunden.«
nicht vorstellen, die allgemeine Geschichte infrage zu stellen, Um etwa ein Uhr nachts, meinte Gauger, sei das Verhör ins
sondern versuchten lediglich, ihre eigene Haut so gut wie Häßliche umgeschlagen. Die Polizei habe ihm grausame Tat-
möglich zu retten, was ja auch objektiv gesehen die einzig ortszenen mit Bildern seiner toten Eltern gezeigt, was ihn
realistische Verteidigungsstrategie war, da das Infragestellen emotional in einen freien Fall versetzt habe. Der kombinierte
der gesamten „Holocaust“-Geschichte den Zorn der gesamten Effekt des Verlusts seiner Eltern zusammen mit der wieder-
Welt auf die Angeklagten und – was noch wichtig und auch holten Anschuldigung durch die Polizei, daß er ein Lügner
effektiver ist – auf deren Strafverteidiger herniedergebracht und Mörder sei, war schließlich zu viel für ihn. Er sagte:
hätte.6 »Ich war emotional ausgelaugt, wollte Hilfe von diesen
Die Lektüre der nachfolgenden Geschichte aus dem alltägli- Menschen bekommen. Sie hört nicht auf mich zu verhören.
chen Leben in den USA sollte jeden Leser nachdenklich ma- Ich war erschöpft. Ich gab auf.«
chen, bevor er die Geständnisse von Angeklagten in „Nazi“- Obwohl sich Gauger nicht an ein Verbrechen erinnern konn-
Verfahren unkritisch hinnimmt. te, glaubte er schließlich selbst, was ihm die Polizei erzählte.
»Ich dachte, ich müßte es in einer At Blackout getan haben,«
In einer Aprilnacht des Jahres 1993 schnitt irgend jemand meinte er.
die Kehlen von Gary Gaugers Eltern auf, die auf einem Nichts von dem, was Gauger beschreibt, überrascht Fallin.
Bauernhof nahe der Stadt Richmond in Illinois lebten. Es »Sie werden für ungezählte Stunden in einem Verhörzimmer

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festgehalten, in einem kalten Raum mit ten setzten ihn massiv unter Druck, um
wenigen Kleidern an,« sagt er und fügt ihn zu einem Geständnis zu verhelfen.
hinzu, daß den Verhörten oftmals we- Während eines Streites mit seiner
der etwas zu Trinken noch zu Essen Freundin Bessie Selek war es Wood
angeboten wird oder gar erlaubt wird, zu viel geworden, so daß er in sein
während des Verhörs auf die Toilette Auto stieg und zu einem Geschäft
zu gehen. fuhr. Laut Zeugen habe Bessie kurz
Die Kriminalbeamten, die Gauger ver- danach mit einem Alkoholpegel von
hört hatten, weigerten sich, sich einem 2.8 Promille ihre Wohnung verlassen.
Interview für die Nachrichtensendung Sie ging in die entgegengesetzte Rich-
des US-Fernsehsender ABC zu stellen, tung entlang einer langen, dunklen
aber ihr Anwalt in der anhängigen Zi- Straße. Dort wurde sie von einem Au-
vilklage Gaugers bestreitet, daß die to überfahren und getötet.
Raymond Woods Verhör
Beamten gelogen hätten. »Ich glaube, wurde aufgenommen
»Du hast keine Ahnung, wie viele Be-
daß die Umstände des Verhörs von weise wir gegen Dich haben, Ray-
Gary Gauger völlig angebracht gewesen sind,« sagte Jim So- mond, hörst du mich?,« sagte einer der Polizisten während
tos, der Verteidiger der verhörenden Beamten, die immer des Verhörs, das auf Video aufgenommen worden war.
noch versuchen, Zweifel an Gaugers Unschuld zu säen, ob- Tatsächlich sahen Zeugen einen Lieferwagen mit einem zer-
wohl inzwischen ein anderer Mann wegen dieses Verbre- störten Scheinwerfer vom Tatort wegrasen. Die Scheinwerfer
chens im Gefängnis sitzt. an Woods Lieferwagen waren jedoch intakt. Zudem paßte
der am Tatort gefundene Insektenfänger nicht zu dem Lie-
Psychologische Kriegführung ferwagen, den Wood fuhr.
Allen Chestnet meint, auch er sei Opfer eines „harten Ver- Wood bestritt wiederholt, am Tod seiner Freundin beteiligt
hörs“ geworden. Im Mai 1998 schnitt sich der damals 16- gewesen zu sein, durch setzte in die Polizei so sehr unter
jährige zurückgebliebene junge Mann in die Hand. Als er mit Druck, daß es ihm zuviel wurde. Nach sechs Stunden Poli-
dieser Schnittwunde auf seiner Veranda saß, wurde er von zeigewahrsam gab er auf:
einem Reporter gesehen, der gerade in Chestnets Nachbar- »Sie haben mich sprichwörtlich kleingekriegt. Ich wurde
schaft einen Mord recherchierte. Als er das Blut an Chestnets durch diese Leute einer emotionalen Folter unterzogen. Sie
Hand bemerkte, benachrichtigte er die Polizei. überzeugten mich, daß ich tat, was ich nicht getan hatte.«
Chestnet, der kein Vorstrafenregister hat, wurde verhaftet und Nachdem der Richter in diesem Fall das Video des Verhörs
über Stunden verhört. Er führte aus, die Polizei habe während gesehen hatte, lehnte er Woods Geständnis als Beweis ab,
des Verhörs keinerlei Zweifel an seiner Schuld gehabt. und die Staatsanwaltschaft zog die Anklage zurück, aller-
»Sie sprachen im Stil “Ich weiß, daß du es warst, warum dings erst, nachdem Wood bereits ein Jahr im Gefängnis ver-
lügst du mich also an?”« meint Chestnet. »Sie habe mich so bracht hatte. Mit Bezug auf die laufenden Ermittlungen im
aufgeregt, daß ich nicht mehr klar dachte.« Mordfall von Bessie Selek verweigerte die Polizei ein Inter-
Stundenlang hätten ihm die Vernehmungsbeamten eingere- view. In einer Erklärung hieß es jedoch, man stehe zu seinen
det, er sei ein Mörder, und meinten, sein Leugnen seien Lü- Beamten.
gen, die ihn nur noch tiefer hineinreiten würden. Er meint, er Obwohl Wood nun auf freiem Fuß ist, meint er, es sei so lan-
habe verzweifelt versucht, die Beamten milde zu stimmen, die ge nicht vorbei, bis er von der Polizei eine Entschuldigung
ihm einen einfachen Ausweg zeigten: durch ein Geständnis. erhalten habe.
Sogar nachdem die Behörden ermittelt hatten, daß Chestnets »Es würde sie von ihrem gottgleichen Podest herunterholen,
DNS nicht mit jener übereinstimmt, die am Tatort gefunden daß sie keine Fehler machen können,« meint Wood, der eine
worden war, wurde er noch bis zum November 1998 in Haft Entschuldigung finanzieller Wiedergutmachung vorziehen
gehalten, wo er, so führt er aus, mit Messern angegriffen und würde.
zweimal von Mithäftlingen vergewaltigt worden sei. Die Be- »Das würde sie wieder menschlich machen.«
hörden behaupten, sie hätten Anlaß zu dem Verdacht gehabt, ABC News, 15.3.2003
er sei in den Mord verwickelt gewesen.
Chestnet gibt an, bis heute Angst vor der Polizei zu haben. Er Anmerkungen
hat die Behörden wegen Freiheitsberaubung verklagt. 1
Vgl. VffG 1/97, S. 41f.; 2/97, S. 75; 3/97, S. 139; 3/98; S. 214; 2/01, S.
Sowohl im Fall Chestnet wie auch im Fall Gauger weigerte 223; 3/01, S. 338.
sich die Polizei anfänglich zuzugeben, daß sie die Geständ- 2 In Germar Rudolf (Hg.) Dissecting the Holocaust, Theses & Dissertations
nisse von den unschuldigen Angeklagten erzwungen hatte, 3 Press, Chicago, IL, 2003, S. 85-131.
und zwar trotz klarer Entlastungsbeweise. Diese Verhaltens- 4 Ebd., S. 96
Ebd., S. 92ff.
weise ist laut Fallin unter Verhörern recht üblich: 5
Arthur R. Butz, The Hoax of the Twentieth Century, 3. Aufl., Theses &
»Einige der Polizisten sind Hitzköpfe. Einige von ihnen Dissertations Press, Chicago, IL, 2003, S. 235f.
6
halten sich für so gut, daß sie von jedem ein Geständnis Der einzige Verteidiger, der je während der Verteidigung eines angebli-
erhalten können. Keiner sagt ihnen, was sie zu tun haben chen “Täters” zumindest ein wenig in diese Richtung ging, indem er die
Zeugenaussagen zumindest im allgemeinen hinterfrug, war der Strafver-
oder wie sie es zu tun haben.« teidiger Ludwig Böck während des Majdanek-Verfahrens, und dafür be-
kam er anschließend den Zorn der Öffentlichkeit zu spüren, vgl. M. Köh-
»Sie haben mich kleingekriegt « ler, aaO. (Anm. 1), S. 109f. Heute ist es in Deutschland sogar für Straf-
In Raymond Woods Fall hatten die Kriminalbeamten in Mai- verteidiger verboten, den „Holocaust“ als solches zu hinterfragen, vgl.
ebd., S. 110.
ne nicht mehr gegen ihn vorliegen als den Verdacht, er habe
seine Freundin mit seinem Auto überfahren. Aber die Beam-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 463


Intelligenz: vererbt oder erlernt?
Von Andrea Schneider
Nachfolgend drucken wir eine Pressemeldung ab, die neulich toren abhängt, und wir konnten sogar den Intelligenzquoti-
von Dr. Paul M. Thompson über jüngst gemachte Entdek- enten einer Person voraussagen. Die Sprachregion des
kungen seiner Forschungsgruppe an der Universität von Kali- Gehirns sind bei Familienmitgliedern extrem ähnlich.
fornien in Los Angeles (UCLA) veröffentlicht wurden über Hirnregionen, die bei Familienmitgliedern sehr ähnlich
den Einfluß der Gene auf die menschliche Intelligenz. Die sind, sind besonders anfällig für familienspezifische
darin enthaltene Information ist ein weiteres Argument, das Krankheiten, einschließlich bestimmter Formen von Psy-
die Debatte zwischen der sogenannten behavioristischen chosen und Schwachsinn.«
(egalitaristischen) Schule und der genetischen Schule inner- Unter Verwendung von Kernspin-Tomographie untersuchten
halb der Soziologie anfachen wird, ob Intelligenz und Cha- Wissenschaftler eine Gruppe von 20 eineiigen Zwillingen, de-
raktereigenschaften primär vererbt oder durch Umweltein- ren Gene identisch sind, sowie 20 gleichgeschlechtliche Ge-
flüsse geformt werden. Die hier dargestellten Forschungser- schwister, deren Erbgut nur zur Hälfte übereinstimmt). Mit Hil-
gebnisse geben den Argumenten der genetischen Schule fe eines Hochleistungsrechners fertigten sie farbkodierte Bilder
mehr Gewicht. Diese Denkrichtung sieht sich seit Ende des an, die zeigen, welche Teile durch genetische Informationen
Zweiten Weltkrieges heftigen Angriffen und Verdächtigun- vorbestimmt werden und welche mehr von Umweltfaktoren
gen ausgesetzt, weil ihr vorgeworfen wird, rassistischen Argu- beeinflußbar sind, wie etwa Lernverhalten und Streßverhalten.
menten Vorschub zu leisten und somit rassistische Ideologie zu Um diese Gehirn-Karten des genetischen Einflusses herzu-
unterstützen, von der wir ja alle wissen, wo diese schon einmal stellen, schlossen sich die UCLA-Wissenschaftler mit dem
endete, nämlich direkt in den Gaskammern von „Auschwitz.“ Nationalen Gesundheitsinstitut Finnlands und den finnischen
Die Beweise legen freilich nicht nur nahe, daß die Ansichten Universitäten von Helsinki und Oulu zusammen. In einer
des durchschnittlichen Historikers über „Auschwitz“ grund- landesweiten Initiative spürte die finnische Gruppe alle einei-
legend falsch sind, sondern auch die Auffassungen des igen Zwillinge auf, die zwischen 1940 und 1957 in Finnland
durchschnittlichen Soziologen über die Natur von Homo sa- geboren worden waren – 9.500 Paare. Viele von ihnen absol-
piens. Wir müssen uns daher mit der Tatsache vertraut ma- vierten kognitive Tests und unterzogen sich einer Gehirnana-
chen, daß die gesamte egalitaristische Ideologie der heutigen lyse. Ihre genetische Ähnlichkeit wurde mit 78 verschiedenen
westlichen Gesellschaften auf Sand gebaut ist – sowohl ge- genetischen Markern bestimmt. Diese individuellen DNS-
schichtlich als auch bio-soziologisch. Abschnitte stimmten bei allen eineiigen Zwillingen exakt
überein, und bei den normalen Geschwistern zur Hälfte.
Jüngste Forschungen haben gezeigt, daß viele kognitive Fähig-
Gehirnforscher an der UCLA haben die ersten Bilder aufge- keiten überraschend stark vererblich sind, mit starken geneti-
nommen, die zeigen, wie Gene einer Person deren Gehirn- schen Einflüssen auf sprachliche und räumliche Fähigkeiten,
struktur und Intelligenz beeinflussen. Reaktionszeiten und sogar bezüglich mancher Charaktereigen-
Diese Ergebnisse (veröffentlicht in der Ausgabe vom 5. No- schaften, einschließlich emotionaler Reaktionen auf Streß. Die-
vember 2001 der Zeitschrift Nature Neuroscience) bieten auf- se genetischen Beziehungen sind auch dann gegeben, wenn
regend neue Einsichten darüber, wie Eltern persönliche Cha- man für ähnliche Umwelteinflüsse statistische Korrekturen
rakterzüge und kognitive Fähigkeiten vererben sowie wie vornimmt, denen sich Familienmitglieder oft ausgesetzt sehen
sich Gehirnkrankheiten in Familien fortpflanzen. und die sie ähnlich beeinflussen. Vor Abfassung dieser Studie
Die Forschergruppe stellte fest, daß die Menge an grauer war wenig darüber bekannt, welchen Einfluß die individuellen
Hirnmasse im vorderen Hirnbereich von genetischen Eigen- Gene auf die breite Variation menschlicher Gehirne und auf die
schaften der jeweiligen Eltern abhängt, was wiederum stark kognitiven Fähigkeiten des Individuums ausüben.
mit den kognitiven Fähigkeiten der untersuchten Person kor- Die UCLA-Forscher wenden diese neue Methode zur Ge-
reliert, wie sie in Intelligenztests bestimmt werden (IQ-Test). hirn-Kartographierung auch auf Verwandte schizophrener
Noch wichtiger ist, daß diese Bilder aufdecken, wie normale Patienten an sowie auf Personen mit einem genetischen Risi-
genetische Unterschiede die Gehirnstruktur und die Intelli- ko für die Alzheimersche Krankheit, um sie auf frühe Ge-
genz beeinflussen. Gehirnregionen, die Sprach- und Lesefä- hirnveränderungen hin zu untersuchen und um familiäre Ri-
higkeiten kontrollieren, waren bei eineiigen Zwillingen, die siken vererbter Hirnkrankheiten besser zu verstehen, deren
exakt die gleichen Gene besitzen, praktisch identisch, wäh- spezifische auslösende Gene bisher unbekannt sind.
rend gewöhnliche Geschwistern etwa 60% der üblichen stati-
stischen Gehirnunterschiede aufweisen [d.h.: 40% identisch Weiterführende Literatur
sind, Red.]. Diese starke strukturelle Ähnlichkeit der Gehirne Paul M. Thompson u.a., »Genetic Influences on Brain
von Familienmitgliedern hilft auch zu verstehen, warum Ge- Structure«, Nature Neuroscience, 4(12) (November 2001).
hirnkrankheiten wie Schizophrenie und bestimmte Arten von (www.loni.ucla.edu/~thompson/MEDIA/NN/Nature_Neuro2
Schwachsinn in bestimmten Familien gehäuft auftreten. 001_genetics.pdf).
Dr. Paul Thompson, Leiter dieser Forschungsgruppe und au- Kontakt-Information:
ßerordentlicher Professor für Neurologie im Labor für Neu- Prof. Dr. Paul Thompson, Laboratory of Neuro Imaging,
ro-Imaging an der UCLA führte dazu aus: UCLA Medical Center, 710 Westwood Plaza, Westwood,
»Wir waren erstaunt zu sehen, daß die Menge der grauen Los Angeles, CA 90095, USA.; thompson@loni.ucla.edu;
Masse in den vorderen Hirnregionen so stark von Erbfak- Tel: 001-310-206-2101; Fax: 001-310-206-5518

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Aus den Akten des Frankfurter Auschwitz-Prozesses, Teil 5
Von Germar Rudolf
Lügnerisches Allerlei »Auf[sic] mich haben sie wahrscheinlich vergessen. Als ich
Filip Müller ist wohl einer der am besten bekannten Zeugen, am Abend zum Appell zurückgekommen bin, haben sie
die ausgiebig über Massenvernichtungen im Lager Birkenau mich gefragt, wo ich den[sic] gewesen bin. Ich sagte, dass
berichtet haben.1 Zusammen mit zwei anderen Zeugen wurde ich krank geworden bin und alles verschlafen hätte.« (S.
Müller von Hermann Langbein vom Internationalen Au- 498)
schwitz-Komitee aufgetrieben und seine Aussage der Staats- Sie haben ihn vergessen? Doch zu welchem Appell will er ge-
anwaltschaft Stuttgart am 19.2.59 zugeleitet. Dort liest man: kommen sein, wenn doch alle anderen in seinem Lagerteil um-
»In den Jahren 1943/1944 wurde mit[sic] die Arbeit in den gebracht worden waren? Und wie kann er von einem Ereignis
Krematorien in Birkenau als Heizer aufgezwungen. […] berichten, das er verschlafen hat? Und warum werden gerade
Ich habe beobachtet, dass Boger oft in den Krematorien Kranke und Arbeitsunfähige von der Ausrottung verschont?
anwesend war. Er kam meist mit dem Fahrrad angefahren, Karl Seefeld ist ein weiterer Zeuge, der sich mit seiner eige-
wenn die Exekutionen kleinerer politischer Häftlinge[sic. nen Aussage der Lüge überführt. Der letzte Satz im vorletz-
gemeint wohl: Häftlingsgruppen] in dem Hinrichtungs- ten Absatz seiner am 17.2.1959 in Ludwigsburg ablegten
raum des Krematoriums II und III vorbereitet wurden. Aussage lautet wie folgt:
Boger übermittelte dem Kommandanten der Krematorien »Mindestens zweimal habe ich gesehen, wie Boger das Gas
verschiedene Akten und Listen der zum Tode verurteilten für die Duschräume, in denen Häftlinge vergast wurden,
Häftlinge. Er hat mit ihm die Art der Hinrichtung bespro- eingestellt hat und einströmen ließ.« (S. 499R)
chen und selbst organisiert. Nur Pech, daß nach herkömmlicher Auffassung das Gift-
Kurz nach Bogers Erscheinen im Krematorium kam ein ge- gasprodukt Zyklon B verwendet worden sein soll – auf
schlossenes Polizeiauto mit den zum Tode verurteilten Gipskörnchen absorbierte Blausäure. Das von diesen Körn-
Häftlingen angefahren. Boger verlas aus der Exekutionsli- chen verdunstende Gas konnte man weder einstellen noch ir-
ste deren Namen und führte die Häftlinge der Exekution gendwo einströmen lassen. Das Granulat soll durch Öffnun-
durch Erschießen oder durch Injektionen zu. Es waren gen eingeworfen worden sein.
meistens Gruppen von 10-30 Häftlingen, darunter sehr oft Als nächstes finden wir einen handschriftlichen Brief Ri-
auch Frauen. Boger bestätigte in der Liste die Vollendung chard Böcks, über dessen Geschichten ich bereits zuvor aus-
der Exekutionen. Ich schätze, dass in den Jahren führlich berichtete.4 Die hier zu findenden Anmerkungen
1943/1944 Boger ungefähr 40 Mal solchen Exekutionen Böcks bestechen vor allem durch die von ihm gewählten
der Häftlinge in den Krematorien von Birkenau aussi- Namen der Darsteller: Rosa aus Rosenheim, die von einem
stiert[sic] hat. Boger hat auch die Häftlinge misshandelt.« SS-Mann geschwängert worden war, wird von diesem er-
(S. 4962) schossen, als sie ihn eines Morgens freudig begrüßen will
Müllers Aussage ist nicht nur erstaunlich kurz, sondern zu- (501aR), und die Häftlinge Rudi und Ludi, die ihre Flucht
dem völlig auf das begrenzt, was er über Boger zu wissen geplant hatten, wurden deswegen aufgehängt (501b). Rosa
vorgibt. Er muß also von Hermann Langbein instruiert wor- aus Rosenheim, und Rudi und Ludi. Böcks Namensgebungs-
den sein, worüber er auszusagen hat, denn wenn man Müllers Phantasie war nicht die beste.
damalige Aussage mit dem vergleicht, was er während des
Prozesses aussagte und was er in seinem 1979 erschienenen Der nette Herr Boger
Buch niederschrieb, so ergibt sich, daß Boger in den letzten Die damals in Krakau ansässige Maryla Rosenthal wurde
beiden Fällen praktisch keine Rolle spielt, während die Greu- 1942 verhaftet und ins Lager Birkenau eingewiesen.5 Auf-
el, die er ansonsten erlebt haben will, in dieser ersten Aussa- grund ihrer deutsch-polnischen Zweisprachigkeit meldete sie
ge überhaupt nicht auftauchen. Auch die Wortwahl Müllers sich freiwillig als Dolmetscherin und diente in der politischen
in dieser Aussage ist merkwürdig, denn abgesehen von den Abteilung als Sekretärin und Dolmetscherin zunächst für den
behaupteten und immer als solche bezeichneten Gaskammern SS-Mann Kamphues, »der zu uns gut war« und dann ab An-
gab es gar keinen »Hinrichtungsraum« in den Krematorien, fang 1943 bis zur Räumung des Lagers im Januar 1945 für
schon gar nicht einen solchen, in dem regelmäßig Erschie- Boger selbst. Sie übersetzte für ihn die Aussagen polnischer
ßungen stattfanden.3 Häftlinge, die zu Boger zum Verhör gebracht wurden, sowie
Die mit gleicher Post von Langbein eingereichte Aussage ei- alle möglichen Schreibarbeiten.
nes Jozef Piwko ist da schon besser auf die allgemeinen »Auch seine [Bogers] Vernehmungen, welche er in meinem
Greuelgeschichten ausgerichtet, in deren Mittelpunkt er Bo- Beisein durchführte, wurden von mir in die Maschine ge-
ger gesehen haben will: Zuerst bei der gewaltsamen Räu- schrieben.«
mung des Zigeunerlagers – Boger soll die Zigeuner höchst- Bei Räumung des Lagers wurde sie in westliche Lager ver-
persönlich mit einigen SS-Männern in die Gaskammern ge- legt, über deren katastrophale Bedingungen sie wahrheitsge-
trieben haben – und dann bei der wenig später erfolgten Räu- mäß berichtet, diese seien die Folge von Überbelegung und
mung des Tschechenlagers, in dem Piwo selbst inhaftiert war: kriegsbedingter Mangelversorgung gewesen. Später wanderte
»Eines Tages kam plötzlich Boger mit SS-Männern ins La- sie nach Israel aus, kam jedoch 1957 mit ihrem Mann nach
ger hereingefallen und es vollzog sich genau dasselbe, als Deutschland zurück und lebte seither in Berlin.
wie früher im Zigeunerlager, nur mit grösserem Ausmass.« Hier haben wir unzweifelhaft die bestmögliche Zeugin über
Da Piwko selbst in diesem Lager war, stellt sich freilich die die Aktivitäten von Wilhelm Boger. Frau Rosenthal schreibt:
Frage, wie er dieser Ausrottung des Tschechenlagers entging. »Boger war zu mir nett und kann mich über ihn was meine
Aber da weiß der Zeuge Rat: Person betrifft nicht beschweren. Er ging sogar soweit, daß

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er mir ziemlich regelmäßig Teile seines ihm zugeteilten Es- viel zu berichten. Sie bestätigt, daß der Begriff „Schaukel“
sens im Kochgeschirr zukommen ließ, unter dem Vorwand, damals benutzt wurden, nicht jedoch „Boger-Schaukel“. Bo-
ich solle es reinigen. Außerdem besorgte er für mich Gar- ger habe das Gerät „Sprechmaschine“ genannt. Diese Ma-
derobe vom Lager Birkenau.« schine habe sie nie gesehen, da sie sich nicht in Bogers Büro
Doch um dem Eindruck Vorschub zu leisten, dies sei eine befand, sondern womöglich in einer Baracke außerhalb des
normale Verhaltensweise gewesen, schob sie gleich nach: Bürogebäudes. Frau Rosenthal berichtet lediglich von drei
»Diese Dinge habe ich noch gut in Erinnerung und es war Fällen, wo ihr erinnerlich ist, daß Häftlinge nach einer Folter
für Boger die Gefahr mit verbunden, daß er sich einer Be- zu ihr zur Aufnahme weiterer Vernehmungen ins Büro ge-
strafung aussetzt, wenn er dabei entdeckt worden wäre.« bracht wurden. In einem Fall erinnert sie sich, daß sie ange-
Fragt sich nur, wer ihn wohl dafür bestraft hätte – etwa der sichts des übel zugerichteten Häftlings aufgeschrien habe,
gefürchtete Gestapo-Beamte Boger? Frau Rosenthal fährt daß Boger sie aber ermahnt habe:
fort: »daß ich die persönlichen Gefühle hier ausschalten müßte,
»Er war auch zu den anderen jüdischen weiblichen Häft- und er vom Reichssicherheitshauptamt beauftragt sei, zu
lingen, welche in der politischen Abteilung beschäftigt seinem Ziel zu kommen, ganz gleich welche Methoden er
wurden, sehr nett und wir Jüdinnen hatten ihn sehr gut lei- dabei anwende. Ich hatte das Empfinden, daß Boger mir
den können. Ich erinnere mich auch noch, daß Boger kei- gegenüber sich entschuldigen wollte.«
nen ausgesprochenen Hass gegen Juden hatte. […] Zusam- Schreie gefolterter Häftlinge hingegen will sie des öfteren
menfassend kann ich also beim besten Willen nichts Schlech- vernommen haben. Zumal Frau Rosenthal als Bogers Sekre-
tes über Boger hinsichtlich meiner Person und der anderen tärin diejenige ist, die am besten über den Umfang derartiger
weiblichen Häftlinge in der politischen Abteilung sagen.« Mißhandlungen Bescheid wissen müßte, scheint es, daß die
Bezüglich Ereignissen, die sich nicht in ihrer unmittelbaren „Bogerschaukel“ so häufig nicht angewendet wurde.
Umgebung abspielten, sollte sie zumindest insoweit Kennt- Frau Rosenthals Aussage bezüglich der Autorisierung von
nisse haben, als sie immerhin Bogers Sekretärin war und Häftlings-Erschießungen ist deutlich und in Übereinstim-
wohl mit einem Großteil von Bogers Schriftverkehr vertraut mung mit dem, was aus damaligen Dokumenten hervorgeht:
war. In dieser Hinsicht führt sie aus: »Ich werde gefragt, ob ich wisse, daß Boger selbständig
»Über Erschießungen von Häftlingen durch Angehörige Erschießungen von Häftlingen durchführte und anordnete.
der politischen Abteilung, auch Broad gehörte der politi- Ob er Erschießungen durchführte, kann ich nicht mit Ge-
schen Abteilung an, kann ich persönlich aus eigenem Au- wißheit sagen. Hinsichtlich der Anordnung von Erschie-
genschein nichts sagen. Ich hörte wohl, daß Exekutionen ßungen bin ich auf Grund meiner damaligen Feststellun-
an Häftlingen vorgenommen wurden. In wie weit hierbei gen noch der Meinung, daß auch Boger und die anderen
die Angehörigen der politischen Abteilung beteiligt waren, SS-Männer der politischen Abteilung nicht selbständig Er-
habe ich nie erfahren.« schießungen anordnen konnten. Ich glaube es war so, daß
Darauf hingewiesen, daß sie kaum etwas „relevantes“ aussa- die Erschießungen vom Reichssicherheitshauptamt ange-
gen könne – als ob all ihre entlastenden Aussagen irrelevant ordnet wurden.«
wären –, fallen ihr dann doch einige Klischees ein, die sie je- Nur an einer Stelle berichtet Frau Rosenthal über die sonst
doch ihren eigenen gegensätzlichen Beobachtungen gegen- üblicherweise verbreiteten Greuelgeschichten: zu Anfang ih-
überstellt: rer Tätigkeit im Jahr 1942 war sie damit beauftragt, so ihr
»Obwohl ich persönlich über Boger nur Gutes sagen kann, Original-Ton, »die Todesfälle im Lager, welche durch natür-
war er im Lager bei den Häftlingen [außer denen, die mit lichen Tod bzw. in weit höherem Maße durch Vergasungen
ihm arbeiteten, versteht sich] sehr gefürchtet. Er und entstanden, zu registrieren.« Da die Toten von den Massen-
Lachmann waren die gefürchtetsten Männer im Lager. Er- vergasungen aber eben laut offizieller Geschichtsschreibung
wähnen möchte ich noch, daß mir Boger einmal andeutete, nirgends registriert wurden, kann dies nicht stimmen. Somit
daß seine Frau früher bei Juden gearbeitet habe und er mit fällt der einzige Aspekt von Frau Rosenthals Aussage, der die
den Juden immer gut ausgekommen sei.« Massenmordbehauptungen zu stützen scheint, in sich zu-
Sie berichtet, wie andere Frauen in der politischen Abteilung sammen.
auf dem Klo getratscht und den letzten Lagerklatsch ausge- Man kann sich vorstellen, daß eine derart massive entlastende
tauscht hätten, daß sie sich allerdings von solchem Tratsch Aussage bei der Staatsanwaltschaft nicht gerade auf Begei-
ferngehalten habe. Den Inhalt dieses Tratsches kennt sie sterung stieß. Noch weniger begeistert dürften allerdings die
gleichwohl: einflußreichen Häftlingsorganisationen sowie bestimmte jü-
»Unter uns Häftlingen wurde gesprochen, daß wenn Boger dische Lobbygruppen gewesen sein, wenn sie Frau Rosen-
ins Männerlager kam, es dort regelmäßig zu Massakern thals Aussage in aller Öffentlichkeit vernommen hätten. Und
komme. Genaues habe ich hierüber nie erfahren. Auch mir tatsächlich: In einem Schreiben an die Staatsanwaltschaft
gegenüber hat sich Boger hierüber nicht ausgelassen. Ir- Stuttgart bat der Siegfried Rosenthal, Marylas Ehemann, da-
gendwelche Gemütserregungen stellte ich bei Boger nie von abzusehen, seine kränkelnde Frau als Zeugin im laufen-
fest. Ich kann daher auch beim besten Willen nichts sagen, den Verfahren zu verwenden, um so mehr, als der verneh-
wann und wo Boger Häftlinge erschossen hat. Außer seiner mende Beamte Weida bereits erklärt habe, daß seine »Frau
Dienstpistole, die Boger am Koppel trug, sah ich nie eine nach Lage der Dinge nicht als eine wichtige Belastungszeu-
andere Waffe bei ihm. Irgendein Gewehr oder Maschinen- gin angesehen werden kann.« Dies weist wieder einmal dar-
pistole habe ich im Büro nicht gesehen. Auch konnte ich auf hin, daß die Staatsanwaltschaft entgegen dem Wortlaut
nicht feststellen, daß eine Uniform Flecken aufwies, welche deutscher Gesetze nur nach Belastungszeugen suchte. Herr
etwa auf Erschießungen hingewiesen hätten.« Rosenthal führte auch aus, daß ihm versichert worden sei, der
Über die berüchtigte Bogerschaukel, auf der Boger Häftlinge Name seiner Frau werde in keiner Weise an die Öffentlich-
zum sprechen gebracht haben soll, weiß Frau Rosenthal nicht keit gelangen. Als Grund gibt er an, er fürchte »Verunglimp-

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fungen seitens der zweifellos noch bestehenden SS Organisa- schlechten Gedächtnis und ihrer damaligen Weigerung, sich
tion« sowie Nachteile für seinen Betrieb für den Fall, daß dem Tratschen der anderen Häftlinge anzuschließen.
seine Frau in der Sensationspresse erscheine (S. 516f.). Tat- Bevor sie ein zweites Mal verhört wird, trifft sie sich mit ih-
sache ist, daß es damals keine „SS Organisationen“ mehr ren damaligen »Kolleginnen«. Diese Wortwahl alleine zeigt
gab. Die einzigen Organisationen, die sich um das Schicksal schon, daß sie mit dem damaligen Geschehen in Auschwitz
ehemaliger SS-ler kümmerten, konnten lediglich unauffällig eher eine normale Angestelltentätigkeit verbindet als eine
im Hintergrund und auf individueller Ebene wirken und nur Sklavenarbeit in einem Vernichtungslager. Diese Kollegin-
sehr begrenzte rechtliche und finanzielle Hilfe leisten, nie- nen (und womöglich andere „Überlebende“) berichten ihr
mals jedoch öffentlich wirksam werden. Die damals tatsäch- Greuelgeschichten, was sie überrascht, da sie sich daran gar
lich öffentlichkeitswirksamen Organisationen, Vereine ehe- nicht erinnern kann. Da diese Geschichten jedoch mit dem
maliger Häftlinge (VVN, Auschwitz-Komitee) und jüdische übereinstimmen, was die vernehmenden Beamten ihr erzäh-
Gruppen, die als Quelle möglicher Verunglimpfungen weit- len und von ihr bestätigt sehen wollen, und da sie die einzige
aus wahrscheinlicher waren und sind, kamen Herrn Rosent- zu sein scheint, die eine andere Erinnerung hat, schließt sie
hal nicht in den Sinn – oder er wagte es nicht, darauf in sei- messerscharf, daß ihr Gedächtnis falsch sein muß. Nach einer
nem Schreiben anzuspielen. Erklärung suchend, liegt jene tatsächlich nahe, sie habe den
Trotz Herrn Rosenthals Bitte wurde Frau Rosenthal ein zwei- Schrecken der Vergangenheit einfach nur ins Unterbewußt-
tes Mal vernommen, und sie erschien auch als Zeugin wäh- sein verdrängt. Sie bleibt allerdings standhaft bei ihrer Aus-
rend des Hauptverfahrens. Während ihrer zweiten Verneh- sage, daß sie sich nicht erinnern kann.
mung am 10.12.1959 durch die Staatsanwaltschaft Frankfurt Nebenbei bemerkt stellt sich die Frage, wie es kam, daß Frau
wurde Frau Rosenthal mit dem offensichtlichen Widerspruch Rosenthal vor ihrer zweiten Vernehmung mit mehreren ihrer
ihrer entlastenden Aussage zu den belastenden Aussagen an- damaligen Kolleginnen zusammentreffen konnte, um ihre
derer Häftlinge konfrontiert. Sie versucht dies damit zu erklä- Geschichten auszutauschen. Wer organisierte diese Zusam-
ren, daß ihr Gedächtnis einfach nicht gut genug sei und daß menkünfte? In der Literatur finden sich Hinweise, daß Häft-
ihr das, was sie damals in Auschwitz6 lingsvereine derartige Zusammenkünfte organisierten mit
»erleben mußte, einfach zu viel war. Ich habe das, was ich dem oft kritisierten Effekt, dadurch Aussagen beeinflußt zu
dort gesehen und gehört habe, nicht fassen und nicht ver- haben.9
arbeiten können. Dies mag mit ein Grund sein, dass ich Die etablierte These dessen, was mit Frau Rosenthals Erinne-
heute nicht mehr in der Lage bin, besondere Einzelheiten, rungen – und wahrscheinlich mit denen vieler anderer Häft-
die mir damals vielleicht bekannt geworden sind, wieder- linge – passiert sein soll, wird seit etwa 15 Jahren massiv als
zugeben. Ich bin jetzt in Frankfurt/Main mit ehemaligen der „Mythos unterdrückter Erinnerungen“ kritisiert. Obwohl
Kolleginnen aus Auschwitz zusammengekommen und wir der Zusammenhang ein anderer ist – die behauptete Unter-
haben natürlich auch über die damalige Zeit gesprochen. drückung angeblicher traumatischer Kindheitserinnerungen
Ich muss sagen, dass ich immer wieder darüber erstaunt an sexuelle Mißhandlungen – so ist die Struktur jedoch die
war, was meine Kolleginnen noch an Einzelheiten bekannt gleiche.
ist. Ich kann mich, wie gesagt, nicht mehr daran erinnern. Ich habe selbst einmal eine Person gekannt, die Opfer von
Ich möchte betonen, dass ich nicht das geringste Interesse Gedächtnismanipulationen geworden war. Die Dynamik sol-
daran habe, irgend jemand zu schützen Andererseits kann cher Prozesse zu studieren ist sehr aufschlußreich:
ich aber auch nicht sagen, was ich nicht weiß.« Die Betroffene litt seit ihrer frühen Jugend an Magersucht.
Immer wieder gedrängt, warum sie sich nicht an Einzelheiten Ihre Eltern schickten sie daher in psychiatrische Behandlung.
von Greueln und der Identität der Übeltäter erinnern könne, Leider geriet sie in die Hände eines Psychiaters, der gewissen
tischt sie die Geschichte auf, sie habe damals angesichts des Freudschen Theorien anhing, wonach die meisten psychi-
Schreckens wie in Trance gelebt und sich geweigert, irgend schen Probleme auf sexuelle Probleme zurückzuführen seien.
etwas um sich herum zur Kenntnis zu nehmen.7 Besagter „Experte“ redete der Patientin durch geschickte
Die Anormalität von Frau Rosenthals Aussage – der einzigen suggestive Fragetechniken ein, sie sei in ihrer Kindheit von
massive entlastenden unter den Aussagen der ehemaligen Se- Kollegen ihres Vaters und mit dessen Beihilfe sexuell miß-
kretärinnen der politischen Abteilung in Auschwitz – wird in handelt worden. Das Ergebnis dieser psychiatrischen Be-
der herkömmlichen Literatur allgemein anerkannt. Hinwe- handlung war, daß die Patientin nun nicht nur magersüchtig
gerklärt wird dies von den etablierten Holocaust-Historikern war, sondern zudem ihren Eltern tief mißtraute und anfing,
sowie auch vom Frankfurter Schwurgericht damit, daß Frau sich selbst zu verstümmeln; sie wurde für einige Jahre in ein
Rosenthal die schrecklichen Aspekte ihrer Erlebnisse völlig Sanatorium eingewiesen; das Sorgerecht für ihre Kinder
aus ihrem Bewußtsein ausgeklammert habe, es quasi ins Un- wurde ihr zeitweise genommen; einige andere Patienten die-
terbewußtsein verdrängt habe, wie sie es ja selbst in ihrer ses psychiatrischen „Experten“ wurden ebenso „behandelt“,
zweiten Vernehmung erläuterte.8 eine davon beging daraufhin sogar Selbstmord.
Schauen wir aber einmal etwas näher hin. Frau Rosenthal Als ich von den angeblichen grausamen Kindheitserinnerun-
war die erste der Sekretärinnen, ja die erste Frau überhaupt, gen erfuhr, wußte ich zunächst nicht, ob ich dem Glauben
die zum Thema aussagte. Während ihres ersten Verhörs kann schenken sollte, oder ob die Behauptung der Eltern zutraf,
sie sich an viele Details erinnern, wie der nette Herr Boger daß dies alles eine üble Manipulation des Psychiaters sei.
sie vorzüglichst behandelt hat. Durch die vernehmenden Be- Nun hatte besagte Dame eine Zwillingsschwester, die meiner
amten hört sie zum ersten Mal (bewußt) von den Greueln, bei Bekannten zufolge die gleichen grausamen Ereignisse erlebt
denen sie doch zugegen gewesen sein muß. Die Beamten haben soll, allerdings wurde sie weder magersüchtig noch
sind »taktvoll« und kompetent und wirken daher überzeugen bedurfte sei je einer psychiatrischen Behandlung. Diese Zwil-
auf die Zeugin. Die ihr vorgeworfenen Erinnerungslücken lingsschwester konnte als neutrale Person das Rätsel lösen:
über die ihr dargelegten Greuel entschuldigt sie mit einem Es handelte sich um einen klassischen Fall von „False Me-

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mory Syndrom“, wie er von Elisabeth Loftus und anderen lungen eingeleitet wurden (S. 529) und daß ein Freund von
Experten wiederholt beschrieben worden war.10 Nichts von ihm in Auschwitz heiraten durfte (S. 551).
dem, was meiner Bekannten von jenem inkompetenten Ohne auf Details einzugehen, sei darauf hingewiesen, daß
Psychiater eingeredet worden war, entsprach der Wahrheit, Hirsch immer wieder erwähnt, er berichte nur, »was zum Teil
aber ihre engste Familie konnte ihr das trotz 6-jährigen inten- hinreichend bekannt ist« (S. 540), was »allgemeines Lager-
siven Bemühens nicht vermitteln. gespräch« (S. 546) bzw. »Tagesgespräch« war (S. 553),
Aufgrund meiner Kenntnisse über falsche, eingepflanzte Er- »dem Hörensagen nach« (S. 543) und was andere Häftlinge
innerungen konnte ich sie in nur wenigen Tagen davon über- ihm erzählten (S. 560). So tief verwickelt in die Propagan-
zeugen, daß man ihr Gedächtnis manipuliert hatte, und nach datätigkeit der VNN, wie Hirsch war, darf es nicht wundern,
einem über ein Jahrzehnt währenden Drama folgte eine seeli- daß seine Aussage zum großen Teil nichts mit dem zu tun
sche Heilung und eine versöhnliche Familien-Wiederverei- hat, was er selbst erlebte bzw. woran er sich selbst erinnern
nigung. kann.
Die Behauptungen von Maryla Rosenthal, sie könne sich Inhaltlich betrachtet macht sich Hirsch an einigen Stellen
nicht bewußt an die Greuel erinnern, erkläre dies aber damit, massiv unglaubwürdig, etwa wenn er Boger in den Mund
daß sie damals wie in Trance gelebt haben muß, gekoppelt legt, er habe ausgerufen:
mit der Tatsache, daß sie sehr wohl detaillierte Erinnerungen »„Kennst mich, ich bin der Teifi (Teufel)“.«
an die Vergangenheit hat, die in ihrer positiven Natur aber Ist das noch komisch, so wird Hirsch theatralisch, wenn er
überhaupt nicht zu dem passen, was sie ins Unterbewußtsein behauptet, er habe gesehen, wie Boger und Broad oft zu Er-
verdrängt haben will bzw. soll, ist exakt das gleiche Erklä- schießungen gingen, was er daran erkannt habe, daß Blut aus
rungsmuster, daß die Dame im soeben beschriebenen Fall den geschlossenen Kisten tropfte, in denen je zwei Leichen
verwandte, um sich selbst über das Paradoxon hinwegzuhel- transportiert worden seien (S. 536). Woher er bloß weiß, was
fen, daß ihre bewußten Erinnerungen im Gegensatz zu dem in den Kisten war? Auf S. 536f gibt Hirsch die ergreifende
stehen, was ihr von anderen „Experten“ eingeredet worden Geschichte zum Besten, wie die Einwohner der Stadt Lidice
war. Denn tatsächlich hatte sie ein positive Beziehung zu ih- – Männer, Frauen und Kinder – nach dem Attentat auf Hey-
rem Vater, ihre Berichte über ihre Kindheit waren durchweg drich nach Auschwitz eingeliefert und dort vor allem von
positiv, und sie zeigte zudem ein völlig normales sexuelles Boger und Broad erschossen wurden, so daß das Blut der
Verhalten. All dies wies klar darauf hin, daß sie in ihrer Leichen »die Lagerstrasse regelrecht durchtränkte«. Das
Kindheit nie (mit oder ohne Beihilfe ihres Vater) sexuell Problem ist bloß, daß kein Einwohner der Stadt Lidice je
traumatisiert worden war. nach Auschwitz deportiert wurde. Die Männer wurden noch
Auch die Verhaltensweisen von Frau Rosenthal – positive in Lidice hingerichtet, die Frauen wurden nach Ravensbrück
Beschreibung Bogers, Rückkehr nach Deutschland, Verwen- verbracht, und die Kinder wurden zur Adoption freigege-
dung des Begriffs „Kolleginnen“ – weisen darauf hin, daß sie ben.11 Aber Hirsch will sogar „Sachbeweise“ gefunden haben:
durch die Erlebnisse in Auschwitz nicht traumatisiert worden »Ich selbst habe nach den Erschießungen einmal einen
war. Kinderstrumpf gefunden, der von einem LKW. herabgefal-
Es kann daher geschlossen werden, daß nicht die Erlebnisse len war.«
in Auschwitz Frau Rosenthal traumatisierten, sondern daß sie Fritz Hirsch ist daher nichts weiter als ein vulgärer Lügner.
durch die erinnerungsmanipulierenden Einflüsse von Häft- Da hilft auch nicht, daß er ausdrücklich meint versichern zu
lingsorganisationen, ehemaligen Mithäftlingen, Medienbe- müssen, dies sei »aber tatsächlich passiert, so wie alle Vor-
richten und den Ausführungen der Staatsanwaltschaft und gänge, die ich erwähnt habe, auch Tatsachen sind […]«. Ich
später des Richters eingeschüchtert wurde. Dies wird auch erspare mir daher eine nähere Analyse seiner nicht enden
dadurch bestätigt, daß Frau Rosenthals Trauma-Entschuldi- wollenden Erzählungen über wilde Schießereien der SS (534,
gungsstrategie für den Mangel an Erinnerungen um so inten- 538, 548, 560 – wie war das noch mit den strafrechtlichen
siver wurde, je öfter sie Vernehmungen ausgesetzt war. Ermittlungen bei Häftlingsmorden, Herr Hirsch?); über Kno-
chenstampfen, Haarescheren, Goldzahnziehen, Leichenasche
Antifa-Hysteriographie als Dünger (S. 539); über das Auseinanderhacken der zu-
Fritz Hirsch war 1946 bis Anfang 1947 hauptamtlicher Se- sammengefrorenen Leichen der angeblich von Boger durch-
kretär des Vereins der Verfolgten des Nazi-Regimes (VVN), geführten ersten Vergasung im Nov./Dez. 1942 (S. 549, vom
einer Organisation, die damals als kommunistische Tarnor- Hörensagen); über das Schamhaarrasieren nackter Frauen (S.
ganisation eingestuft war. Hirsch wurde am 13.2.1959 in 563); über einen Juden, der als Schreiber bei Frauenversu-
Stuttgart vernommen. Seine Vernehmungsniederschrift um- chen dienen sollte und deshalb kastriert worden sei, worauf-
faßt volle 49 Seiten (S. 520-568). Seine Aussage ist ein hin er breite Hüften und einen Busen bekommen habe; sowie
Sammelsurium von tatsächlich Erlebtem und Angelesenem über Experimente von Häftlingen bei erzwungenem Ge-
sowie von Gerüchten und perverser Phantasie. schlechtsverkehr miteinander (S. 562). Sex sells.
Es beginnt damit, daß er erwähnt, laut Rudolf Höß seien in Interessanterweise weiß Hirsch über Mengele, den er nur
Auschwitz 3 Mio. Menschen vergast worden (S. 523), was vom Namen und in seiner Funktion als Arzt kennt, nichts zu
darauf hinweist, daß er nicht aus eigenem Erleben berichtet. berichten (S. 554). Er meint zudem, die Zahlen der Vergasten
Während er anfangs ausführt, niemals mit eigenen Augen ge- seien dem RSHA gemeldet worden (S. 556), was im Gegen-
sehen zu haben, wie Boger Häftlinge erschossen hat, (S. satz zur These der unregistrierten und ungezählten Vernich-
526), berichtet er wenig später im Detail über solche Hinrich- tung steht.
tungen (S. 531). Jakob Gorzelezyk, früher Trainer von Max Schmeling, war
Positiv weiß er zu berichten, ihm sei ermöglicht worden, in ebenfalls in Auschwitz inhaftiert und war im Lager allgemein
Auschwitz erfolgreich einen Schachtmeisterkurs abzulegen, bekannt. Er wurde häufig mit Häftlingshinrichtungen in Zu-
daß bei der Ermordung von Häftlingen strafrechtliche Ermitt- sammenhang gebracht, bei denen er assistiert haben soll. In

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einer eidesstattlichen Erklärung vom 15.1.1946 bestätigte er chen Schreien auf der „Schaukel“ in einem Nebenraum miß-
Fritz Hirsch, daß sich Hirsch als Häftlings-Kapo seinen Mit- handelt worden waren, in üblem Zustand gesehen haben.16
häftlingen gegenüber anständig verhalten haben soll (S. 569). Die Sekretärinnen selbst seien aber anständig behandelt wor-
Offenbar wurde Hirsch von anderen Häftlingen vorgeworfen, den; auch sei sie nie Augenzeugin einer Tötung geworden,
er habe sich an diesen vergriffen, wie dies bei vielen Kapos und über den angeblichen Tod der mit ihr ins Lager eingelie-
damals der Fall war. Obwohl Gorzelezyk Hirsch nicht per- ferten Juden »in den Gaskammern« weiß sie nur vom Hören-
sönlich kannte, nimmt er ihn vor solchen Verdächtigungen in sagen (»wie ich vernommen habe«). Sie kennt zudem Namen
Schutz, die laut Gorzelezyk damals dazu hätten führen kön- und Adressen von einer ganzen Reihe weiterer damaliger Se-
nen, daß ihm die Häftlingsorganisationen nicht nur rechtli- kretärs-Kolleginnen.
chen Ärger bereiten, sondern ihm auch Lebensmittelzuteilun- Ab den Seiten 616 bis zum Ende des 4. Bandes finden sich
gen verweigern konnte. Wess’ Brot ich eß, dess’ Lied ich die Aussagen diverser polnischer Zeugen, die ihrer Struktur
sing. Kurz nach Gorzelezyks Schreiben wurde Hirsch bei der nach alle einem ähnlichen Schema folgen, nämlich so vielen
VVN als Schreiber angestellt. SS-Männern wie möglich auf die Schnelle irgend etwas an-
zuhängen. Die meisten dieser Aussagen sind weder datiert
Anständigkeit noch mit Ortsangabe versehen. Eine längere Aussage von Fe-
Alfred Korn wurde zunächst im Lager Plazow festgehalten, liks Mylyk jedoch wurde am 28.8.1947 in Auschwitz vor Un-
in dem er zunächst viele Freiheiten genoß, da Plazow erst ab tersuchungsrichter Jan Sehn abgelegt, einem der wichtigsten
1943 ein geschlossenes Lager war. Er meldete sich Ende stalinistischen Holocaust-Propagandisten im unmittelbaren
1943 freiwillig nach Auschwitz, wo er von den SS-Aufsehern Nachkriegspolen. Es sind dies also wahrscheinlich lediglich
anständig behandelt wurde. Er sei einmal verhört worden, Übersetzungen von Aussagen, die von Zeugen bei den stali-
was jedoch keine Konsequenzen hatte. Er wisse zwar allge- nistischen Schauprozessen in den ersten Nachkriegsjahren
mein von Grausamkeiten aus Lagergesprächen, könne jedoch gemacht worden waren. Da die Aussagen alle recht ober-
keine näheren Angaben machen. Die einzige konkrete Erin- flächlich und allgemein gehalten sind, erspare ich mir eine
nerung, die der Zeuge an Greuel haben will, beziehen sich nähere Analyse.
auf eine angebliche Vergasung im November 1944, zu einem
Zeitpunkt also, als nach offizieller Geschichtsschreibung Anmerkungen
sämtliche Vernichtungseinrichtungen bereits abgebaut wur-
1
den.12 Filip Müller, Sonderbehandlung, Steinhausen, 1979. Vgl. J. Graf Aussa-
genkritik in Auschwitz: Tätergeständnisse und Augenzeugen des Holo-
Der Zeuge Otto Locke berichtet, wie er von Boger auf der caust, Neue Visionen GmbH, Würenlos, 1994, S. 139-154.
„Schaukel“ mißhandelt worden sei – seiner Angabe nach ein 2
Falls nicht anders angegeben, beziehen sich sämtliche Band- und Seiten-
einfacher Stab, der auf zwei Schreibtischen in Bogers Büro angaben auf: Staatsanwaltschaft beim LG Frankfurt (Main), Strafsache
aufgelegt wurde. Interessant an seiner Aussage ist, daß er beim Schwurgericht Frankfurt (Main) gegen Baer und Andere wegen
viele Wochen im Häftlingslazarett verbrachte, einerseits we- Mordes, Az. 4 Js 444/59; Bd. 4, S. 495-650.
3
Wenngleich Müller in seinem Buch auch von Erschießungen im Krema-
gen eines Leidens, daß er sich im Strafbunker zugezogen hat- torium berichtete, und zwar an jener berühmten Stelle, wo bei ihm das
te, andererseits wegen Fleckfiebers.13 Locke berichtet auch, noch »warme Fleisch aus den Schenkeln und Waden« der Erschossenen
daß sich Boger ab Frühjahr 1943 auf Anordnung des Lager- herausgeschnitten und in Eimer geworfen wurde, wo die »Muskeln der
kommandanten Liebehenschel hin anständig verhalten habe, gerade Erschossenen« so sehr zuckten, daß sie die Eimer »in ruckartige
Bewegungen« versetzten. Da faktisch unmöglich, ein Lügner, für wahr!
denn es sei angeordnet worden, daß Häftlinge nicht geschla- 4
Vgl. VffG 7(2) (2003), S. 224-229.
gen werden dürften. Den schlechten Ruf Bogers führt er auf 5
Die nachfolgenden Ausführungen wurden dem Vernehmungsprotokoll
die zeitweise Anwendung der „Schaukel“ zurück. Locke der Maryla Rosenthal vom 21. und 22.2.1959, S. 507-515, entnommen.
6
weigerte sich, gegen Boger Strafanzeige zu erstatten. AaO. (Anm. 2), Band 20, S. 3183.
7
Ebd., S. 3184f.
8
Rebecca Elizabeth Wittmann, »Resistance Reconsidered: The Women of
Chefpropagandisten the Political Department at Auschwitz Birkenau«, Ergebnisbericht des
Hermann Langbein und Dr. Franz Danimann vom Au- Arbeitskreises »Jewish Resistance at the Concentration Camps«, Center
schwitz-Komitee wurden am 27. bzw. 9.1.1959 vernom- for Advanced Holocaust Studies, United States Holocaust Memorial Mu-
men.14 Angesichts der breiten Kenntnisse, die beide aufgrund seum, 1999, in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Museen Au-
schwitz-Birkenau, Madjanek und Theresienstadt;
ihrer Nachkriegstätigkeit erworben haben, würde man von http://www.interlog.com/~mighty/essays/wittmann.htm
beiden ausführliche Angaben erwarten, jedoch sind beide 9
A. Rückerl, NS-Verbrechen vor Gericht, C. F. Müller, Heidelberg 1984,
Aussagen recht kurz. Danimann beschreibt sich als Mitglied S.. 256; U.-D. Oppitz, Strafverfahren und Strafvollstreckung bei NS-
der Lager-Untergrundgruppe »Kampfgruppe Auschwitz«, de- Gewaltverbrechen, Selbstverlag, Ulm 1979, S. 113f., 239; H. Laternser,
Die andere Seite im Auschwitzprozeß 1963/65, Seewald, Stuttgart 1966.
ren Tätigkeit wohl weniger im Kämpfen lag als vielmehr im 10
Als weiterführende Literatur lese man:
Verbreiten von Propaganda, wie der ehemalige Auschwitz- – David F. Bjorklund (Hg.), False-Memory Creation in Children and
Häftling Bruno Baum auszuführen wußte.15 Beide Aussagen Adults: Theory, Research, and Implications, Lawrence Erlbaum Ass.,
entstanden anläßlich einer Anzeige durch das Auschwitz- Mahwah, NJ, 2000
– Terence W. Campbell, Smoke and Mirrors: The Devastating Effect of
Komitee gegen den Unterscharführers Lachmann, dem Lang-
False Sexual Abuse Claims, Insight Books, New York 1998
bein und Danimann ähnlich Untaten vorwarfen wie sie Boger – Tana Dineen, Manufacturing Victims: What the Psychology Industry Is
vorgeworfen wurden. Es handelt sich also um eine Maßnah- Doing to People, R. Davies, Montréal 1996
me zur Ausweitung der Ermittlungen auf weitere Verdächti- – Hans Jürgen Eysenck, Decline and fall of the Freudian empire, Pen-
ge. Langbein berichtet, daß er selbst einmal von Lachmann guin Books, Harmondsworth 1986
– Eleanor Goldstein, Kevin Farmer (Hg.), True Stories of False Memo-
verhört wurde, jedoch anständig behandelt worden sei. ries, Social Issues Resources, Boca Raton, FL, 1993
Die niederländische Zeugin Spora Stark war ähnlich wie Frau – Elizabeth F. Loftus, James M. Doyle, Eyewitness testimony: civil and
Rosenthal als Sekretärin in der politischen Abteilung einge- criminal, 3rd ed., Lexis Law Pub., Charlottesville, VA, 1997
setzt. Dort will sie des öfteren Häftlinge, die unter schreckli- – Elizabeth Loftus, Katherine Ketcham, The Myth of Repressed Mem-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 469


ory: False Memories and Allegations of Sexual Abuse, St. Martin’s memorial.cz/index_uk.htm; zu Chelmno vgl. I. Weckerts Beitrag »Wie
Press, New York, 1994 war das in Kulmhof/Chelmno?« 3(4) (1999), S. 425-437.
12
– Richard Ofshe, Making Monsters: False Memories, Psychotherapy, Vernehmung vom 5.3.1959 in Stuttgart, aaO. (Anm. 2), S. 571-576.
13
and Sexual Hysteria, 3rd ed., University of California Press, Berkeley, Vernehmung vom 6.3.1959, ebd., S. 578-584
14
CA, 1996 Ebd., S. 588-589R (Danimann), 590-592 (Langbein). Die Vernehmung
– Mark Pendergrast, Melody Gavigan, Victims of Memory: Sex Abuse erfolgte in Wien.
15
Accusations and Shattered Lives, 2nd ed., Upper Access, Hinesburg, »Wir funken aus der Hölle«, Deutsche Volkszeitung , 31.7.1945; vgl. auch
VT, 1996 Baums Bericht »Bericht über die Tätigkeit der KP im Konzentrationsla-
– Gary L. Wells, Elizabeth F. Loftus (eds.), Eyewitness testimony: psy- ger Auschwitz« vom Juni 1945 in Wien, Langbein Nachlaß im Dokumen-
chological perspectives, Cambridge University Press, New York 1984 tationsarchiv des österreichischen Widerstandes, Wien; Bruno Baum, Wi-
11
Die offizielle Geschichtsschreibung behauptet, daß größere Kinder in derstand in Auschwitz, Kongress-Verlag, Ost-Berlin, 1949, p. 34f.
16
Chelmno vergast wurden, vgl. http://www.lidice- Vernommen am 4.2.1959, Antwerpen, aaO. (Anm. 2), S. 603-611.

Leserbriefe
Zu O. Müller, »Polnische Bevölkerungsverluste während L. Wasilewski mit, daß in Polen 6 Millionen Ukrainer, 2
des Zweiten Weltkrieges«, VffG 3(2) (1999), S. 159-164 Millionen Weißrussen und 100000 Litauer wohnten! Diese
Ich finde Müllers Beitrag grundsätzlich nicht schlecht, doch Schätzung würde, wenn man 2,8 Millionen Juden und 1,2
er enthält meiner Meinung nach einen Kardinalfehler, der ab Millionen Deutsche (siehe unten) hinzunimmt, eine Ge-
Punkt 3 deutlich wird: die Grundlage bildet offenbar die pol- samtzahl von 12,1 Millionen Fremdstämmigen ergeben, d.
nische Volkszählung 1931. Demzufolge liegt der polnische h. etwa 40 % der jetzt rund 30 Millionen betragenden Be-
Anteil an der Gesamtbevölkerung bei etwa 70%. völkerung Polens. Daß aber auch diese Anteile noch als zu
Ich möchte ihnen Auszüge aus 2 Büchern vorstellen: niedrig gelten müssen, zeigen vergleichsweise die beiden
1. Werner Fuchs, Selbstzeugnisse polnischen Eroberungswil- folgenden Berechnungen von Hickmann (a) und Kuziela
lens, aus dem Jahre 1930, 1988 vom Verlag für ganzheitliche (b):
Forschung und Kultur neu aufgelegt und teilweise ergänzt. a. für 1922 bei 27,4 Mio. Einw.
Das letzte Kapitel befaßt sich mit der polnischen Volkszäh- Polen 15 200 000 = 55,5 %
lung 1921: Ukrainer 5 000 000 = 18,2 %
»Die polnische Volkszählung 1921 Juden 3 100 000 = 11,3 %
In amtlichen polnischen Quellen Deutsche 2 000 000 = 7,3 %
wird aufgrund der berichtigten Weißrussen 1 600000 = 5,8 %
Volkszählungsergebnisse vom 30. Litauer 250 000 = 0,9 %
September 1921 die völkische Tschechen 250 000 = 0,9%
Gliederung der Gesamtbewohner- b. für 1930 bei 30 Mio. Einw.
schaft Polens (damals 27 184 836) Polen 16 600 000 = 55,3%
folgendermaßen angegeben: Ukrainer 7 000 000 = 23,3%
Polen 18 820 000 = 69,2% Juden 2 800 000 = 9,3%
Ukrainer 3 899 000 = 14,3% Deutsche 1 200 000 = 6,7%
Juden 2 111 000 = 7,8% Litauer 200 000 = 0,7%
Weißrussen 1 060 000 = 3.9% Tschechen 200 000 = 0,7%
Deutsche 1 059 000 = 3,9% Nach diesen Berechnungen belief sich also der Anteil der
Andere 235 000 = 0,9% Polen nur auf höchstens 55,5 %, derjenige der Minderhei-
Hiernach würden die Fremdstämmigen in Polen nur 30,8 ten auf wenigstens 44,5 % !
% ausmachen. Was von dem Wert dieser Berechnung zu Dabei ist noch zu beachten, daß in der Aufstellung Dr. Ku-
halten ist, erhellt schon der Umstand, daß Polen damals zielas, die auf sorgfältigsten wissenschaftlichen Untersu-
(1921) für große Teile seines heutigen Staatsgebiets (Ost- chungen beruht, die Fremdvölker nur mit ihren sicheren
galizien usw.), die ihm erst am 15. März 1923 endgültig Mindestzahlen in Ansatz gebracht worden sind.
zugesprochen wurden, noch gar nicht die Souveränität in Dieses ziffernmäßig krasse Mißverhältnis zwischen Staats-
völkerrechtlichem Sinne besaß. So schlossen sich z.. B. volk und fremden Nationalitäten kommt in der Zusammen-
größtenteils die Ukrainer (also gerade die bei weitem setzung der polnischen Parlamente nicht annähernd zum
stärkste Minderheit!) aus grundsätzlichem Protest von je- Ausdruck. Vielmehr erhielt der Minderheiten-Block bei den
ner Zählung aus. Sie kann daher keine Gültigkeit bean- sogenannten „Pilsudski-Wahlen“ vom 4. bzw. 11. März
spruchen. Auch hat das offizielle Polen selbst bis heute 1928 im Sejm unter 444 Abgeordneten nur 55 Mandate
nicht den Mut gefunden, sie durch die Vornahme einwand- (davon 17 Deutsche), im Senat unter 111 nur 21 (davon 5
freier Erhebungen richtigzustellen; erst einige ehrlichere Deutsche) – ein Ergebnis, das als schwere Anklage gegen
polnische Statistiker bekannten Namens holten dieses spä- die Warschauer Regierung angesehen werden mußte: diese
ter, wenigstens teilweise, nach. Neuerdings werden aller- hatte nämlich die verschiedensten Druckmittel angewandt,
dings noch dazu von führender polnisch-nationaler Seite um die nicht-polnische Bevölkerung in der freien Ausübung
den Minderheiten Hundertsätze zugestanden, die der ihres Wahlrechts zu behindern!«
Wahrheit erheblich näher kommen. Als nächstes sei aus dem Buch von Hermann Rauschning,
So teilte erst im März 1930 der ehemalige Außenminister Die Entdeutschung Westpreußens und Posens. 10 Jahre pol-

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nische Politik, aus dem Jahre 1929, neu gedruckt 1990, zi- de ablief und endet mit der Bilanz:
tiert: »Vergleicht man die deutsche Bevölkerung in diesen Ge-
Die Fülle der mit Terror ergänzten strukturellen Maßnahmen, bieten, so zählte das Deutschtum 1910 1.100.372 Perso-
die zu dieser Entdeutschung führte, behandelt der Autor in nen.
acht Kapiteln, beginnend mit der polnischen Frage im Ver- 1921 lebten nach offizieller polnischer Volkszählung nur
sailler „Friedensvertrag“. Weiterhin beschreibt Rauschning noch 563.617 Deutsche in diesen Provinzen. Das heißt,
die Chronologie, Hintergründe und Folgen der Polonisierung nicht ganz 3 Jahre polnischer Herrschaft hatten ausge-
in diesen Provinzen, der parallel zum Kampf der Polen gegen reicht, um die Hälfte der Deutschen zur Abwanderung zu
alle Minderheiten in diesen zusammengeraubten Staatsgebil- nötigen.

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 471


Die Zählung durch deutsche Eine „Kleine Geschichte Polens“, in englischer Sprache
Kulturverbände 1926 ergab, von der polnischen Botschaft in Washington herausgege-
daß der Anteil der deutschen ben (gedruckt 1965 in Warschau), beschreibt die polnische
Bevölkerung auf 341.505 ge- Verlustbilanz am Ende des Krieges folgendermaßen:
sunken war. Ein Verlust von „Polen hatte 22 Prozent seiner Bürger verloren und 38
ungeheurem Umfange. Die Prozent seines Nationalvermögens einschließlich der tota-
Abwanderung eines derartig len Zerstörung seiner Hauptstadt, ebenso einer Zahl ande-
beträchtlichen Bevölke- rer großer Städte wie Danzig, Stettin und Breslau.“
rungsteiles von reichen wirt- Natürlich sind nicht alle Zahlenspiele der Polen so durch-
schaftlichen und sozialen sichtig; zur seriösen Wissenschaft gehören aber wohl die
Gefüge war bisher in hoch- wenigsten.«
zivilisierten Ländern in solch Mit freundlichen Grüßen
kurzen Zeitraum nicht beob- Franz Zappe, Wien
achtet worden.«
Wobei man anmerken muß Re.: G. Rudolf, »The Moon Landing: Fact or Fiction«,
daß die Zahl der Deutschen in VffG, 6(4) (2002), S. 449-455.
diesen Provinzen 1921 mit Sicherheit höher war als durch die
Werter Herausgeber!
polnische Volkszählung angegeben.
Tatsache bleibt jedoch, daß bereits sehr viele Deutsche ver- In besagtem Artikel wird auch die V1-Rakete erwähnt:
trieben bzw. zur Abwanderung genötigt worden waren, bevor »Modell einer V1-Rakete im Raumfahrtmuseum in Hunts-
die Volkszählung begann. ville. Es gibt wohl keinen Ort in der Welt, wo deutsche In-
Zur Zahl der polnischen Kriegsopfer schreibt Heinz Nawratil genieurskunst mehr bewundert und geachtet wird als hier.«
in Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1948. Das letzte In San Francisco gibt es eine Maschinenvorführungsgruppe
Kapitel unbewältigter Vergangenheit (Universitas, München des Namens Survival Research Laboratories (SRL), die einen
2001): funktionstüchtigen Nachbau eines V1-Raketenmotors herge-
»Wohl die gründlichsten wissenschaftlichen Analysen des stellt hat (ohne den Gleiter) und ihn für ihre Vorführungen
Problems stammen von Albin Eissner (Alfred Bohmann) während der letzten 15 Jahre benutzt hat, einschließlich Auf-
und Alfred Schickel. Sie errechnen unter Berücksichtigung tritten in Europa (die verlorene Rakete kehrt zurück). Dieser
amerikanischer Forschungsergebnisse rund 570.000 Men- Nachbau wird von einer großen Turbine angetrieben, die von
schen polnischer Abstammung, die entweder 1939 im einem großen V8-Motor angeworfen wird und auf einem
Krieg und später bei Partisanenkämpfen gegen deutsche Lastenkarren ruht, der von einem Gabelstapler-ähnlichen Ge-
Truppen gefallen sind oder durch die Nazis ermordet wur- fährt gezogen wird. Zudem wurde ein etwa 265 Liter fassen-
den. (Von der Bevölkerung der sowjetischen Besatzungszo- der Tank für das Kerosin beigefügt.
ne Polens starben mindestens 750.000 Volkspolen, die mei- Bilder einer Vorführung dieser V1 vom März 1997 in Austin,
sten davon bei Deportationen.) […] Texas sind online zu finden: http://www.srl.org/shows/austin/
Die polnische Regierung allerdings gab sechs Millionen an Hier eine Liste der URLs:
und erweckte dabei den Eindruck, es handle sich aus- – http://www.srl.org/shows/austin/preshow/austinpre37.html
schließlich um NS-Opfer. Die Gründe für diese Taktik lie- – http://www.srl.org/shows/austin/preshow/austinpre38.html
gen auf der Hand; einerseits wollte man die „brüderliche – http://www.srl.org/shows/austin/show/v1-5.JPEG
Sowjetunion“ nicht mit der Millionenzahl der Opfer des – http://www.srl.org/shows/austin/show/v1causeway2.JPEG
Stalinismus in Ostpolen belasten, andererseits aber auch – http://www.srl.org/shows/austin/show/v1subjugator.JPEG
die eigene Position bei polnisch-deutschen Verhandlungen
stärken. Eine Statistik auf der Grundlage der Staatsange-
hörigkeit und nicht der Nationalität ist wenig aussagekräf-
tig, weil man dabei polnische und deutsche, ukrainische
und jüdische, weißrussische und litauische Opfer ebenso
wenig unterscheiden kann wie die deutschen, russischen,
polnischen und ukrainischen Täter. Der Vollständigkeit
halber sei jedoch erwähnt, daß nach neueren wissenschaft-
lichen Untersuchungen die gesamten Kriegsverluste an
polnischen Staatsbürgern in Ost und West vermutlich bei
maximal 4 Millionen, im kongreßpolnischen Gebiet unter
2,35 Millionen liegen dürften. Da die Forschungen noch
nicht abgeschlossen sind, kann man durchaus weitere Prä-
zisierungen erwarten. Die Divergenzen erklären sich u. a.
aus der höchst ungewöhnlichen Zählweise der polnischen
Regierung. Das Statistische Jahrbuch der Warschauer Re-
gierung von 1956 z. B. vergleicht den Bevölkerungsstand
auf dem polnischen Territorium des Jahres 1946 mit dem des
Jahres 1931 im gleichen Gebiet und erreicht bzw. über-
schreitet die Sechs-Millionen-Zahl, indem es u. a. die Millio-
nen bis dahin verschwundener Schlesier, Pommern und Ost- Funktionstüchtiger V1-Raketenmotor, Eigentum der Survival
preußen als polnischen Bevölkerungsverlust ausweist. Research Laboratories (SRL), San Francisco

472 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


– http://www.srl.org/shows/austin/show/v1bigarmswave.JPEG dieser Ritualmorde zu ermöglichen. Aber um diese und um
– http://www.srl.org/shows/austin/show/v1towerfb.JPEG Hunderte anderer Geschichten, die über Jahrhunderte verteilt
– http://www.srl.org/shows/austin/show/v1larmbubbacrane.JPEG durch ihre Ähnlichkeit erschrecken, soll es bei der hiesigen
Der letzte Testlauf dieses Motors fand am 9.11.2003 in Ber- Darstellung gar nicht gehen. Auch möchte ich hier nicht über
keley, California, statt (dies war eine Guerilla-Vorführung: die Angemessenheit der Heiligen Inquisition berichten, die
SRL hat niemanden vorgewarnt, auch nicht die Polizei): fest auf dem Konzept und den Methoden der Inquisition ru-
http://srl.org/machines/v1/v1test20031109.mpg hen, die von Moses im Alten Testament beschrieben und im
Eine andere derartige vorwarnungsfreie Guerilla-Vorführung Buch Exodus und ähnlichen Stellen nachgelesen werden
auf einer Straße vor einem Kino in San Francisco, in dem da- können (32:27-35). Die päpstliche Unterstützung für Königin
nach ein Film über diesen Motor gezeigt wurde, stammt vom Isabellas Inquisition folgte der Hauptlinie biblischer Traditi-
Oktober 1996: on und Praxis und kann daher von Juden nicht als spezifisch
http://srl.org/shows/sf_minna96/roxiepics.html „christlich“ verurteilt werden, die jene Behandlung nicht mö-
In einigen der neueren SRL-Rundbriefe wurde erwähnt, daß gen, die ihnen als Folge ihrer eigenen Ideologie im Spanien
sie die alten zerbrechlichen V1-Ventile mit völlig neuen dau- des 15. Jahrhunderts zuteil wurde.
erhaften Ventilen ersetzt haben, die verhindern sollen, daß in Hier möchte ich nur durch eine Analogie unterstreichen, daß
Zukunft die „Ventilklappen“ (meine Bezeichnung) ausbren- selbst dann, wenn alle Berichte über Ritualmorde von juden-
nen, die in der Vergangenheit für Defekte sorgten. Die Deut- hassenden Nichtjuden erfunden wurden, wir es nun mit dem,
schen freilich benutzen ihre originalen V1-Raketen nur für was im kanadischen GULag in Ontario passiert, mit einer
einen Einmalflug, nicht für wiederholte Einsätze, so daß aus- Replik dieser Berichte in unseren Tagen zu tun haben.
gebrannte „Klappen“ damals kein Thema waren. Ernst Zündel wird langsam ermordet, Tag für Tag, Stunde für
Seit etwa zehn Jahren besuche ich nun die Vorführungen von Stunde, Minute für Minute, durch die Beamten und Politiker
SRL, und ich habe auch die meisten ihrer Videos von frühe- der britischen Krone! Ich glaube nicht, daß er diese rituelle
ren Vorführungen gesehen. Keine der neueren Maschinen Abschlachtung auf Dauer überleben kann, und wenn ich da-
übertrifft das Spektakel, das der V1-Motor bereitet. mit recht habe – so schrecklich es ist, dies niederzuschreiben
Herzlichst, G.M., San Mateo, Calif. – so werden wir umgehend, nachdem Ernst seinen letzten
Odem ausgehaucht hat, vom kanadischen Ministerialmörder
Zu I. Rimland, »Ernst Zündel: Sein Kampf für Denis Codere vernehmen, daß „Herr Zündel im Gefängnis
Deutschland«, VffG 7(1) (2003), S. 3-15 leider an den Folgen seines Bluthochdrucks und an Herzver-
Was in Kanada mit Ernst Zündel passiert, ist der langsame, sagen gestorben ist, obwohl wir alles in unserer Macht Ste-
absichtliche und kalkulierte MORD an einem nicht widerru- hende taten, um für seine Gesundheit zu sorgen, bis sein Fall
fenden Pazifisten, der am 5. Februar 2003 auf illegale Weise angemessen abgeschlossen sein würde“ oder so ähnlich.
von seinem Zuhause in Tennessee entführt und Anfang März Nachdem die rücksichtslosen Beamten der Schönen Neuen
in die VRK (= Volksrepublik Kanada) überführt wurde, wo Welt oder aus 1984 den ignoranten, fernsehsüchtigen, bier-
er in Isolationshaft gehalten wird. saufenden Massen und Sportsüchtigen ihre Erklärungen ab-
Seine Verlegung in ein Gefängnis nahe dem Flughafen von gegeben haben, können wir ja doch nichts anderes erwarten
Toronto, die widerlichen Verhältnisse, die Vorenthaltung von als einen einstimmigen Ruf aus 30 Millionen kanadischen
Lebensmitteln, die Belästigungen durch Wärter und die un- Kehlen: „Ach, wie schade!“
menschlichen Beschränkungen hinsichtlich Lesematerials – Vor einigen Jahren, als ich Ernst in Ottawa anläßlich der
er darf noch nicht einmal eine Bibel haben oder das christli- dann ausgeladenen Pressekonferenz im kanadischen Parla-
che Gesangbuch, daß ich ihm Anfang April daließ – all das mentsgebäude besuchte – die Konferenz mußte vor dem Ge-
sind Aspekte eines berechnenden Ritualmords durch eine bäude in freien stattfinden – nahm ich die Gelegenheit wahr,
Clique von Juden, die nun, da sie Ernst fest in ihren Klauen mit Dr. Ruth Bettina Birn Kontakt aufzunehmen, einer der
haben, nicht zulassen werden, daß er zu seinem normalen wichtigsten „Nazi-Jäger“ der Krone. Zu jener Zeit wurde sie
und produktiven Lebens als Ehemann, Vater, Großvater, Ver- gerade vehement vom notorischen Lügner und jüdischen
leger und Künstler zurückkehren kann. Rassefanatiker Daniel Jonah Goldhagen von der berüchtigten
Viele von uns Historikern und Wissenschaftlern anderer Ge- Harvard-Universität angegriffen. Sie hatte den „Fehler“ be-
biete haben im Vorübergehen oder intensiv über die angebli- gangen, zusammen mit Professor Norman Finkelstein das
chen Ritualmordgeschichten aus früheren Jahrhunderten in Buch A Nation on Trial. The Goldhagen Thesis and Histori-
Europa und im Nahen Osten gelesen, bei denen eine kleine cal Truth zu verfassen (Henry Holt, vgl. VffG 2(4) (1998), S.
Anzahl jüdischer Fanatiker, erfüllt von talmudischem Haß 311-320). In einem persönlichen, handgeschriebenen Brief an
auf alles Christliche, auf alle Christen und auf das Christen- mich schrieb sie, daß Goldhagen sie mit Zivilklagen bedroht
tum selbst, kleine Buben entführt und auf koschere Weise habe und sie als Mitglied des Tätervolkes beschimpft habe
verbluten lassen haben sollen, wie sie es mittels ihres (d.h. als Deutsche unter jenen Deutschen, die die „Sechs Mil-
Schächtrituals mit Kühen, Schafen oder Hühnern machen, lionen“ vernichtet haben.)
um dadurch „christliches“ Blut für ihre Paschahfest-Riten zu Sie und ihre Familie waren damals eingeschüchtert, und sie
erhalten. fürchtete um ihre Karriere und ihre Pension. In meiner Ant-
Ich habe ausreichend detaillierte Berichte von Hugh von Lin- wort riet ich ihr, sie solle sich einen guten Anwalt besorgen,
coln (England unter König Edward I (1272-1307)) sowie von aber sie solle ebenfalls darüber nachdenken, daß sie nun auf
den siebzehn Juden von Segovia (Spanien) gelesen, die 1468 ähnliche Weise ein Ziel für Angriffe geworden sei, wie all
für die Kreuzigung eines christlichen Jungen verurteilt wor- jene kanadischen Immigranten aus der Zeit des Zweiten
den waren. Diese Berichte, insbesondere jene aus Spanien, Weltkrieges seit Jahrzehnten das Ziel ihrer eigenen Angriffe
reichen aus, um eine sorgsame und kritische Beurteilung be- sind, die sie vor Gericht zu zerren und aus Kanada auszuwei-
züglich der Wahrhaftigkeit der Aussagen von Augenzeugen sen trachtet. Anscheinend war dieser Hinweis eine zu bittere

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 473


Medizin für sie. Danach brach sie jeden Kontakt zu mir ab. Haltung die Ausnahme und nicht die Regel ist. Die meisten
Später versandte Briefe kamen ungeöffnet zurück. Sie hatte Menschen haben das Bedürfnis nach einem Glauben. Sie
Angst vor den juden, ja sogar vor dem jüdischen Lügner in richten sich nur daran aus, was ihre Umgebung, die Gemein-
Harvard, dem geldgierigen Goldhagen, dessen Forschungser- schaft für wahr hält. In dieser Gemeinsamkeit fühlen sie sich
gebnisse und dessen Schlußfolgerungen, daß die Deutschen geborgen. Widerlegt man ihren Glauben, oder beweist man
ein Antisemitismus-Gen besäßen, von keinem seriösen Histo- ihnen dessen Haltlosigkeit, so übernehmen sie eben andere
riker ernst genommen werden. Inhalte – aber eben wiederum auf Glaubensbasis. Dieses Be-
Schließlich erinnert mich dies auch noch an James Bacques dürfnis kann also nicht mit wissenschaftlichen Abhandlungen
Buch Der geplante Tod, in dem er nachweist, wie General befriedigt werden, wohl aber mit einem Werk wie dem vor-
Eisenhower langsam und vorsätzlich einen Ritualmord an ei- liegenden.
ner Million unschuldigen Deutschen in dreckigen Lagern in Hier liegt die Bedeutung von Kemps Buch. Diese leichtver-
Deutschland und Frankreich zwischen April 1945 und Ende ständliche Darstellung trägt trotz aller Vereinfachung den
1946 beging. (Vielleicht ist es ja unangemessen für mich, je- Tatsachen insgesamt besser Rechnung als die – ebenfalls kli-
mals zu schreiben oder auch nur anzudeuten, daß ein Deut- scheehaft ausgetretenen – Fehldarstellungen, die zur Erlan-
scher überhaupt für irgend etwas nicht schuldig sein könnte!) gung politischer Vorteile erdacht und verbreitet wurden (und
Ich werde auch an Ikes Erfindung der DEF (= Disabled immer noch werden). Allein schon deren zielgerichteter Ein-
Enemy Forces, wehrlose/entwaffnete feindliche Kräfte) erin- satz – Hervorrufen von Schuldkomplexen zwecks politischer
nert, was es ihm erlaubte, so viele dieser wehrlosen Gefange- Erpreßbarkeit – begründet die Existenzberechtigung eines
nen wie möglich rituell zu ermorden, um dann zu seufzen Werkes, das ebenfalls die Gefühle anspricht und eine Identi-
und selbstgerecht mit einem „ich habe mit dem, was ich hat- fizierung mit der eigenen Gruppe fördert. Mit Gelehrsamkeit
te, alles getan, um sie zu retten“ zu antworten, anstatt daß er kann Derartiges nicht bewirkt werden.
sie angemessenerweise Kriegsgefangene genannt hätte, wo- Ob uns solche Gefühle recht sind oder nicht, steht hier gar
mit diese durch das Kriegsrecht geschützt gewesen wären, nicht zur Debatte. Die Verhaltensforschung zeigt, (Appe-
das die USA immerhin anerkannt hatten (im Gegensatz zu tenzverhalten!) daß Gefühle, die unbefriedigt bleiben, eher
Ikes Alliiertem Stalin!) fehlgerichtet werden, als daß sie einfach abgeschaltet werden
Ernst Zündel ist womöglich der letzte DEF. können. Wie groß das Bedürfnis ist, sich mit (s)einer Gruppe
Er ist mit Bestimmtheit wehrlos in gewissen Sinne dieses zu identifizieren, zeigt sich z.B. bei Fußballmeisterschaften –
Begriffes. Es ist auch mit Bestimmtheit in gewisser Hinsicht einer der wenigen Gelegenheiten, wo die Obrigkeit ein Aus-
ein Feind, so wie David Irving von den Juden als »unseren leben des Gruppengefühls zuläßt.
traditionellen Feinden« spricht – wobei Irving selbst über die T. Pedersen, Dänemark
Jahre häufig genug verprügelt und blutig geschlagen wurde,
um sich mit solcher Entschiedenheit diesbezüglich zu äußern. Zu P. Grubach, »Alle Menschen sind gleich – oder doch
Und Ernst Zündel ist schließlich mit Bestimmtheit eine Kraft, nicht?«, VffG, 7(2) (2003), S. 139-151
und zudem eine Kraft, mit der man weiterhin rechnen muß,
Werter Herausgeber!
so will ich meinen.
Es mag sein, daß Ernst einfach nicht aufgeben will und nicht Wie man meinem Beitrag entnehmen kann, ist eines der
in den Händen dieser jüdischen und nichtjüdischen Ri- Schlüsselargumente des verstorbenen Stephen Jay Gould und
tualmörder sterben wird. Es mag tatsächlich sein, daß er zu seiner Kollegen für die Nichtexistenz signifikanter Unter-
einem „Holo-Schwindel-Überlebenden“ wird und daß er es schiede zwischen den menschlichen Rassen die These, es ge-
erleben wird, wie irgendein bizarrer Zufall im kanadischen be keine Gene, die für irgendeine Rasse spezifisch seien.
(Un)Rechtssystem ihn auf freien Fuß setzen wird. Das ist Nach der Veröffentlichung meines Beitrages bekam ich einen
mein Hoffen und mein Gebet! wichtigen Artikel aus dem Jahr 1982 in die Hände: »Genetic
Dr. Robert H. Countess Relationship and Evolution of Human Races« (Genetische
Verwandtschaft und die Evolution menschlicher Rassen) von
Zu R. Countess, »Eine provokative Geschichte der weißen Masatoshi Nei und Arun K. Roychoudhury (Evolutionary
Rasse«, VffG 7(2) (2003), S. 233-236 Biology, Bd. 14, S. 1-59). Auf S. 12 lesen wir:
Es scheint mir, daß Kemps Reihe nicht als wissenschaftliches »In diesem Zusammenhang ist es angemessen festzuhalten,
Werk gedacht ist, sondern zur Begründung eines Mythos für daß die negroide Bevölkerung viele einzigartigen Allele
das Selbstverständnis der weißen Rasse. Der Fachwissen- [alternative Formen von Genen] sowohl für die Protein- als
schaftlicher mag an fehlenden Quellenangaben und Vereinfa- auch für die Blutbildung hat.«
chungen Anstoß nehmen, es liegt aber im Charakter eines Diese Tatsache widerlegt daher die Behauptung, es gebe kei-
solchen bewußtseinsprägenden Werkes, das es eine Gesamt- ne rassenspezifische Gene.
schau bietet, ohne jeden Einwand anzuführen, den die Fach- Zudem kann die moderne Wissenschaft heute mit hoher
wissenschaftler diskutieren. Treffsicherheit die rassische Zugehörigkeit einer Person mit-
Angesichts der groben und großen Lügen, die das Bewußt- tels eines DNS-Probe bestimmen. Tatsächlich gelang es ei-
sein der Massen beherrschen (siehe Artikel von Grubach und nem privaten Gen-Labor neulich, mit hoher Genauigkeit die
Whitney) ist ein Werk zu begrüßen, das auf dem gleichen Rassenzugehörigkeit eines Serienmörders in Süd-Louisiana
Niveau die Geschichte der weißen Rasse hervorhebt, und anhand einer DNS-Probe zu bestimmen, womit gleichfalls
zwar mit wesentlich besserem Halt in den Tatsachen, und so widerlegt wird, die Rasse sei „für Menschen eine biologisch
das Gesamtbild zurechtrückt. bedeutungslose Kategorie.“ (Josh Noel, »Fla. lab pointed to
VffG ist eine wissenschaftliche Zeitschrift, deren Leser wenig race Serial killer search changed course«, The Advocate,
Wert auf Glauben legen, sondern auf Wissensfindung und 4.6.2003, S. 1A, (vgl. im Internet
Tatsachen. Dabei muß man sich aber bewußt sein, daß diese http://pqasb.pqarchiver.com/theadvocate/)

474 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


Die VffG sollten gelobt werden, daß sie den Mut haben, die Lösungen für diese Rassenprobleme zu finden, indem wir die
Rassenproblematik aufzugreifen. Unsere Welt wird von ras- rassischen Unterschiede ehrlich betrachten.
sischer und ethnischer Gewalt geplagt, und wir werden nur
Paul Grubach, USA
jemals in der Lage sein, rationale, menschliche und gerechte

In Kürze
Unprovozierter Angriff nannte Josef Stalin einst »den größten lebenden Staats-
»US-Präsidenten haben eine reichhaltige Geschichte, die mann«. Malcolm Muggeridge, Moskauer Korrespondent für
Wahrheit umzubiegen, um sie bei der Verfolgung ihrer au- den Manchester Guardian, nannte seinen Kollegen Duranty
ßenpolitischen Ziele nach Gutdünken einzusetzen. 1941 einmal »den größten Lügner, den ich je traf.« Ukrainer ver-
nahm Franklin Roosevelt die „Tatsache“, daß ein deut- langen nun, daß Duranty der Preis nachträglich aberkannt
sches U-Boot auf einen amerikanischen Zerstörer geschos- wird. (Chicago Tribune 25.6.2003)
sen hatte, zum Anlaß, um den Befehl zu erlassen, bei Sicht-
kontakt auf alle deutschen U-Boote im West-Atlantik zu Revisionist Plantin erhält akademische Grade zurück
schießen. Am 11. September dieses Jahres (ja, 11.9.!), Das Verwaltungsgericht in Lyon entschied am 21.6.2003,
wandte sich Roosevelt an die Nation und verkündete, die- daß die Entziehung der akademischen Grade Jean Plantins
ser „unprovozierte Angriff“ sei mit den Schüssen eines durch die Universität Lyon zu unrecht erfolgt ist. Die Univer-
Scharfschützen auf einen Schulhof zu vergleichen. Genau- sität Lyon hatte Plantin seine Grade aberkannt, nachdem
so, wie Bush den Irak behandelte, so argumentierte Roose- Plantin wegen seiner revisionistischen Schriften verurteilt
velt, daß die USA handeln müßten und zwar schnell. Die worden war (vgl. VffG 4/99, S. 479; 3&4/2000, S. 469; 1/03,
Fakten kamen erst später heraus. Parlamentsanhörungen S. 94). Die Universität Lyon hat angekündigt, gegen dieses
des Jahres 1941 ergaben, daß die US-Marine diesen An- Urteil Berufung einlegen zu wollen.
griff gestartet hatte, durch den das deutsche U-Boot ge-
zwungen wurde, zurückzufeuern. Die Wahrheit spielte kei-
ne Rolle. Wie Saddam Hussein heute, so waren die Nazis Anwalt verliert Paß wegen revisionistischer Ansichten
damals das leibhaftige Böse.« Rechtsanwalt Horst Mahler, das enfant terrible von Deutsch-
(Chicago Tribune, 25.6.2003) lands feiner Gesellschaft, provozierte die deutschen Behör-
den ein weiteres Mal, indem er im Juli 2003 öffentlich an-
Ähnliche Lügen – ähnliche Lügner kündigte, er werde in Auschwitz eine Demonstration organi-
Im Januar 1944 richtete der durch seinen Finanzminister sieren, um dort gegen die Auschwitz-Lüge zu demonstrieren.
Henry Morgenthau Junior manipulierte US-Präsident Frank- Daraufhin wurde Mahler für besagten Monat verboten, nach
lin D. Roosevelt den War Refugee Board (WRB) ein, der den Polen auszureisen. Obwohl dies ein klarer Rechtsbruch war,
berüchtigten Bericht über die angeblichen deutschen „Ver- entschied das Verwaltungsgericht Brandenburg, der Paß-
nichtungslager“ Auschwitz und Birkenau herausgab. entzug sei legitim gewesen, da Mahler das Ansehen Deutsch-
Im September 2001 richtete der von seinem stellvertretenden lands gefährdet habe. (Kommentar: Wenn das ein Grund zum
Verteidigungsminister Paul Wolfowitz manipulierte US-Prä- Paßentzug wäre, dann würde kein deutscher Bewältigungs-
sident George W. Bush das Büro für Sonderpläne ein (Office Politiker mehr einen Paß besitzen.)
of Special Plans, OSP), das unwahre Berichte über irakische
Massenvernichtungswaffen zusammenfälschte. Das OSP Revisionist Fröhlich in Wien verhaftet und verurteilt
wird von Abram Shulsky geleitet. Die vier Leute, die für die Am 21.6.2003 wurde Diplom-Ingenieur Wolfgang Fröhlich
Zusammenstellung des Berichts über die Massenvernich- (52), ein Fachmann für Desinfektionsgaskammern, in Wien
tungswaffen zuständig waren, werden innerhalb des OSP als verhaftet. Sieben Jahre lang hatte Fröhlich Tausende von
„der jüdische Klüngel“ (Cabal) bezeichnet, was sogar von Kopien seiner Schriften an Parlamentsmitglieder, Politiker
der französischen Zeitung Le Monde erwähnt wurde (Jacques und Journalisten geschickt. Er hatte darin dargelegt, daß es
Isnard, Le Monde, 7.6.2003, S. 7). sich bei den angeblichen Gaskammern der Kriegszeit um eine
NB: Am 17. Juni 2003 veröffentlichte Le Monde einen ironi- Lüge handele. Erstaunlicherweise wurde er dafür lange Zeit
schen Leitartikel mit dem Titel »Saddam war böse, deshalb nicht behelligt. Erst als er im Jahr 2001 eine 368-seitige
hatte er verbotene Waffen.« Daraufhin sandte Robert Fauris- Schrift Die Gaskammerlüge veröffentlichte, wurde ein Haft-
son einen Leserbrief an Le Monde, der nur aus einem Satz befehl gegen ihn erlassen, dem er sich jedoch bis jetzt durch
bestand: »Hitler war böse, deshalb hatte er Gaskammern und Flucht in den Untergrund entzogen hatte.
Gaswagen.« Der Satz wurde nicht veröffentlicht. Am 3.9.2003 wurde Fröhlich von einem Wiener Gericht zu
drei Jahren Gefängnis verurteilt, von denen zwei auf Bewäh-
Antrag zu Aberkennung des Pulitzer-Preises rung ausgesetzt wurden. (The New Zealand Herald, Sept. 5,
1932 wurde der bekannte amerikanische Pulitzer-Preis für 2003) Da alle von Fröhlichs Verteidiger Dr. Herbert Schaller
schriftstellerische Verdienste an einen Auslandskorrespon- eingereichten Beweisanträge vom Gericht abgelehnt wurden,
denten vergeben, der in seinen Berichten über die Sowjetuni- machte sich angesichts dieser Ungerechtigkeit während der
on die Hungerkatastrophe und den Tod von Millionen Ukrai- „Verhandlung“ Unruhe im Zuhörerraum breit. Daraufhin
nern verschwiegen hatte. Walter Duranty, Moskauer Korre- schloß der Richter die Öffentlichkeit von der Verhandlung
spondent der New York Times zwischen 1922 und 1941, aus und verurteilte Fröhlich hinter verschlossenen Türen. Da

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 475


Fröhlich nur für Informationen verurteilt wurde, die er bis den als Lastenträger sterben.“ Nun, sie haben recht. Lei-
zum Jahr 1999 verbreitet hatte, muß er mit einem weiteren der habe ich kein Geld, um meinen eigenen kleinen Verlag
Strafverfahren für seine zwischen 1999 und 2003 verfaßten zu gründen, wodurch ich mein Problem lösen könnte.
Schriften rechnen. Mit freundlichen Grüßen, Darek, 22. Juni 2003«

Freiheitsstrafen für Schweizer Revisionisten bestätigt US-Firma verurteilt wegen „unkoscher“-Hinweis


Am 4.6.2003 bestätigte das Freiburger Berufungsgericht die Aufgrund der völkerrechtswidrigen Gewaltpolitik Israels ent-
Verurteilung der beiden Schweizer Kollegen Georges Bren- schied sich die im Norden des US-Bundesstaates Kansas an-
nenstuhl (drei Monate) und René-Louis Berclaz (seine Strafe sässige Firma Cook Composites and Polymers Co., bei Auf-
wurde von neun Monaten auf sechs Monate herabgesetzt, trägen aus arabischen Ländern darauf hinzuweisen, daß ihre
vgl. VffG 3/2002, S. 367). (Schweizerische Depeschen Agen- Produkte nicht israelisch seien und keine israelischen Kom-
tur, 4.6.03) ponenten enthielten. Daraufhin wurde die Firma wegen Ver-
letzung von Anti-Boykott-Gesetzen verklagt und einigte sich
Straßburg: Garaudy darf Meinung nicht äußern schließlich auf die Zahlung von $6.000 Strafe. US-Recht
Der Europäische Gerichtshof in Straßburg hat die Klage Ro- verbietet es US-Firmen, Information über ihre Geschäftsbe-
ger Garaudys, die französische Justiz beschneide sein Recht ziehungen zu Israel offenzulegen. Das Gesetz fordert zudem,
auf freie Meinungsäußerung, am 8.7.2003 als unzulässig ab- daß jeder Boykottaufruf gegen Israel an die Handelskammer
gewiesen. Garaudy war wegen seines Ende 1995 veröffent- gemeldet wird. Bisher hat die US-Handelskammer Strafen in
lichten revisionistischen Buches Die Gründungsmythen der einer Gesamthöhe von $26.000.000 für Boykottmaßnahmen
israelischen Politik zu einer Geldstrafe von 160.000 FF (ca. gegen Israel ausgesprochen. (Kansas City Star, 25.6.2003) Es
EUR 25.900) und einer Freiheitsstrafe von 9 Monaten auf steht freilich jeder US-Firma offen, französische oder deut-
Bewährung verurteilt. Laut Europäischem Gerichtshof sta- sche Produkte zu boykottieren bzw. zu deren Boykott aufzu-
cheln revisionistische Thesen zum Haß gegen Juden auf, rufen, und der Handel einer Vielzahl von Produkten mit be-
weshalb sie nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. stimmten, vor allem arabischen Länder ist bekanntlich per
(Vgl. VffG 1/97, S. 9-18; 2/98, S. 163; 1/99, S. 118.) US-Gesetz eingeschränkt bzw. verboten. Gleiches Recht für
alle.
Siegfried Verbeke verurteilt und erneut hausdurchsucht
Am 9.9.2003 wurde der belgische Revisionist Siegfried Ver- Lob für Hitlers Wirtschaftspolitik erntet Entrüstung
beke (63) zu einem Jahr Gefängnis auf Bewährung verurteilt, In ihrem Rundbrief vom Juli 2003 berichtete der Präsident
weil er Literatur verbreitet hat, in der »der Völkermord der der Glenview State Bank (Illinois, USA) Raub, wie Hitler der
Nazis an den Juden verharmlost wird«. Das Antwerpener einzige große Staatsmann während 1930er Jahre war, der die
Gericht entzog Verbeke zudem einige seiner Bürgerrechte für Wirtschaft seines Landes erfolgreich wiederbelebte, während
die Dauer von zehn Jahren. Wenn man bedenkt, daß Dissi- anderen wie US-Präsident Franklin Roosevelt dies mißlang.
denten vor wenigen Jahrhunderten noch auf dem Scheiter- »Die große Wirtschaftskrise der 1930er sah fallende Prei-
haufen landeten, so sei das Urteil gar nicht so schlecht, mein- se, riesige Arbeitslosigkeit und erschütterte Aktienmärkte
te Verbeke. überall auf der Welt, und die führenden Staatsmänner der
Nur drei Wochen nach diesem Urteil durchsuchte die Polizei Welt schienen kein Gegenmittel zu haben. Mit Ausnahme
erneut sechs von Verbekes Privat- und Geschäftshäusern, um eines Mannes. Sein Name war Adolf Hitler. Im Gegensatz
revisionistisches Material als Beweis dafür zu sichern, daß er zu Frankreich und England, und anders als die Vereinigten
dieses verbreitet hat. Der französische Revisionist Vincent Staaten, verbrachte Deutschland den Großteil der 1930er
Reynouard, der zur Zeit in Belgien lebt, war einer der Perso- mit einer wachsenden, nicht schrumpfenden Wirtschaft.
nen, die im Verlauf dieser Aktion von der Polizei „besucht“ Wenn es uns gelingt zu verstehen, warum Deutschland zu
wurde. Zeiten der Wirtschaftskrise dieser Krankheit widerstehen
konnte, dann würden wir besser verstehen, wie beunruhigt
Scherbengericht über Revisionisten in Polen wir heute im 21. Jahrhundert sein sollten.«
Wenn man in Polen ein revisionistischer Historiker ist, kann Nach zornigen Beschwerden, insbesondere durch den Chica-
man als Endergebnis von Glück sagen, wenn man überhaupt goer Ableger der jüdischen „Anti“-Diffamierungsliga ADL,
irgendeinen Job findet. Der polnische Akademiker Dr. Dari- löschte die Bank diesen Rundbrief von ihrer Webseite und
usz Ratajczak erlitt dieses Schicksal; er muß sich jetzt sein veröffentlichte eine Entschuldigung. Die Bank entschuldigte
Brot durch Arbeit in einem Lagerhaus verdienen, und zwar sich auch für eine Bemerkung Raubs bezüglich Palästinas. Im
nur, weil er ein Buch schrieb, das Einzelheiten des „Holo- Rundbrief hatte er ausgeführt: »Amerika zeigt, daß es für
caust“ in Frage stellte (vgl. VffG 3/99, S. 355, 2/00, S. 239). mehr steht als für engstirniges Eigeninteresse, indem es un-
Nachdem er nun seine „Verurteilung“ ableistet, berichtet er: dankbare Aufgaben in Palästina, Afrika und dem Irak an-
»Nach fast 4-5 Jahren endet meine „Universitäts-Strafe“ nahm.« Die Entschuldigung der Bank sowie der Protestbrief
am 20. Oktober 2003. Ich schickte 45 Bewerbungen an der ADL sind auf der Webseite der Bank ausgehängt:
verschiedene polnische Universitäten und Schulen, ohne www.gsb.com. (Chicago Sun-Times, 30.7.2003)
daß ich ein positiven Ergebnis erlangte. Eine Reaktion von
vielen ist z.B. die folgende: „Sie sind kein Historiker, Sie Noch eine Hexenjagd gegen deutsche Kriegsveteranen
sind ein Lügner“. Natürlich gibt es auch keine Chance, als Die US-Hexenjagd-Organisation Office of Special Investiga-
Journalist zu arbeiten. Nach meinen Bewerbungen an Uni- tions (OSI) des „Justiz“-Ministeriums hat verkündet, daß es
versitäten usw. erhielt ich mehrere e-Mails und anonyme versucht, Joseph Wittje (83) aus Bensenville (Chicago) die
Briefe mit scharfen Kommentaren wie: „Wir können sehen, Staatsbürgerschaft abzuerkennen. Wittje gibt zwar zu, daß er
daß Sie sich um eine Stelle beworben haben, aber Sie wer- ein Mitglied des SS-Totenkopfbatallions war, bestreitet je-

476 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


doch, jemals als Wache in einem Lager gedient zu haben. drehten Films auf legale Weise zu verhindern. Ihr Antrag auf
Wittje, ein Bauarbeiter im Ruhestand, hat während des Krie- Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Vorführung
ges bei der Errichtung von Luftschutzanlagen und an ver- des Films The Search for Truth in History (Die Suche nach
schiedenen Militärsport-Projekten gearbeitet. der Wahrheit in der Geschichte) während der Melbourner
Wittje wurde in Rumänien geboren, wo er 1942 der Armee Untergrund-Filmfestspiele wurde am 7.7.2003 vom regiona-
beitrat. Ein Jahr später trat er der deutschen Elitetruppe Waf- len Verwaltungsgericht verworfen. Der Festspiel-Vorsitzende
fen SS und später einer SS-Totenkopfeinheit bei. Als er 1950 Richard Wolstencroft meinte, diese Entscheidung sei ein Sieg
in die USA einwanderte, erwähnte er seine Mitgliedschaft in der freien Meinungsäußerung unpopulärer Ansichten:
der Waffen SS und SS nicht. Falls er seine US-Staats- »Wir unterstützen David Irvings Ansichten nicht, aber wir
bürgerschaft verliert, wäre er das 72. Opfer des OSI. (AP, unterstützen sein Recht auf Redefreiheit. Die Australier
10.9.2003) haben ein Recht, seine Sichtweise kennenzulernen.«
Laut der jüdischen Gemeinde von Victoria wird in Irvings
„Bücherverbrennung“ an neuseeländischer Universität Film die These verbreitet, der Holocaust sei ein 50-jähriger
Eine Ausgabe der wissenschaftlichen Zeitschrift History Mythos. (Sunshine Coast Daily, 8.7.2003) Am Abend der
Now, die einen Artikel des Dozenten Dr. Thomas Fudge ent- geplanten Filmvorführung setzte der Eigentümer des Kinos
hielt, in dem die Verfolgung des Holocaust-Revisionisten Jo- den Film Irvings dann doch ab, da sich etwa 150 jüdische
el Hayward mit mittelalterlicher Hexenverfolgung verglichen Schläger vor dem Kino zusammengerottet hatten, die mit
wird, wurde auf Anordnung des Vorsitzenden der Ge- physischer Gewalt drohten, falls der Film gezeigt würde.
schichtsfakultät Professor Peter Hempenstall eingestampft.
(The New Zealand Herald, 22.7.2003) Australien verbietet Kritik an Minderheiten
Zur Zeit befinden sich zwei Präzedenzfälle vor dem höchsten
Israel-kritischer neuseeländischer Karikaturist gefeuert australischen Gericht: Jones ./. Scully und Jones ./. Töben,
Im August 2003 sorgte Neuseeland wieder einmal für laut denen die Kritik an jüdischen Angelegenheiten, wie etwa
Schlagzeilen, als die führende Tageszeitung des Landes, The der „Holocaust“-Orthodoxie, als rassistische Äußerungen be-
New Zealand Herald, ihren Karikaturisten
Malcolm Evans entließ. Der Anlaß waren zwei
seiner Karikaturen, die als antisemitisch eingestuft
wurden (siehe Abbildungen). Evans, der sieben
Jahre für den Herald gearbeitet hatte, führte aus,
er lasse sich von einem Herausgeber nicht diktie-
ren, was er zu zeichnen habe:
»Zunächst muß ich anerkennen, daß die Zeitung
den Mut hatte, die Karikaturen überhaupt zu
veröffentlichen, aber nachdem sie gedruckt wa-
ren und die Reaktionen darauf kamen, schien
sich die Zeitung von ihnen zu distanzieren, und
man warf mich letztlich sogar raus.« (The Syd-
ney Morning Herald, 15.8.2003)

Mehr jüdische Zensur in Neuseeland


Die in Neuseeland geborene Elizabeth Laird
schrieb ein Buch des Titels A Little Piece of Gro-
und, ein Kinderbuch, das die Geschichte des 12-
jährigen Palästinenserjungen Karim erzählt, des-
sen Leiden beginnt, als seine Familie durch Ent-
eignung ihre Olivenhaine verliert und sein Vater
von israelischen Truppen erniedrigt wird. Laird
wehrte sich gegen den Vorwurf, das Buch sein an-
tiisraelisch. Laird meint, sie habe das Buch in ei-
nigen Abschnitten extra abgemildert, daß aber die
Beweggründe für Selbstmordattentäter hätten an-
gesprochen werden müssen.
»Selbstmordattentate geschehen im Hinter-
grund, und in einer Szene hinterfragt Karims
Onkel dessen Durst nach Rache, nachdem sein
Vater von Soldaten gedemütigt wurde. Er sagt
ihm: „Ist es deshalb richtig, wenn wir nun sie in
die Luft jagen?“« (The Guardian, 23.8.2003)

Jüdischer Terror verhindert Filmvorführung


Der jüdischen Gemeinde der australischen Pro-
vinz Victoria gelang es nicht, die Vorführung ei-
nes von Holocaust-Revisionist David Irving ge- Israel-kritische Karikaturen von Malcolm Evans

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 477


handelt werden, die von »vernünftigen Personen unter den Das U.S. Holocaust Memorial Museum in Washington hatte
gegebenen Umständen als beleidigend betrachtet werden.« Anfang der 1990er Jahre das Belzec-Projekt zur Erinnerung
In beiden Fällen war eine sachgemäße Verteidigung nicht an die Lageropfer gestartet. 1998 führten polnische Behörden
möglich, da es weder Frau Olga Scully noch Dr. Fredrick vor Ort Probebohrungen durch, um die Lage der Massengrä-
Töben möglich war, »aufgrund der Angst vor den Juden« ei- ber zu orten, damit die jüdischen Gebeine nicht durch Bauar-
nen Verteidiger zu bekommen. Das vorinstanzliche Gericht beiten gestört würden. Die Probebohrungen stießen auf
verpaßte sowohl Scully als auch Töben einen juristischen menschliche Überreste, was von bestimmten jüdischen Grup-
Maulkorb, und Frau Scully wurde gar verurteilt, Prozeßko- pen als Gräberschändung angesehen wird. (JTA, 25.6.2003)
sten in Höhe von $150.000 zu zahlen. Solche Urteile senden Demnach sind also forensische Untersuchungen von Verbre-
eine klare Botschaft an all jene, die vorhaben, das Verhalten chen gegen Juden nicht koscher?
oder die Taten jüdischer Personen in Australien zu kritisie-
ren. Frau Scully hat sich selbst für zahlungsunfähig erklärt. Kunstfreiheit für Auschwitz-Souvenirs
Nun versucht Australiens Regierung. sogenannten „Rassen- Die polnische Künstlerin Agata Siwek (30, www.siwek.nl),
haß“ im Internet und in Emails für strafbar zu erklären. Laut verkauft ihre eigenen Souvenir-Gegenstände an „Auschwitz“
der geplanten Strafgesetzänderung soll mit bis zu zwei Jahren in der holländischen Stadt Den Bosch. Die Palette reicht von
Gefängnis bestraft werden können, wer im Internet »beleidi- Krematoriumsmagneten für Kühlschranktüren und „Arbeit-
gende oder drohende Äußerungen« macht, die von »vernünf- Macht-Frei“-Schlüsselanhängern bis zu T-Shirts mit den To-
tigen Personen unter den gegebenen Umständen als beleidi- tenkopfsymbolen von der Lagerumzäunung. Sie behauptet,
gend betrachtet werden.« weil sie in der Nähe von Auschwitz aufgewachsen sei, würde
Wie schon im Sondergesetz gegen die Rassendiskriminierung sie ihre Kunstwerke so gestalten, um damit die Leute an den
soll auch für das neue Strafgesetz gelten, daß Wahrheit kein Holocaust zu erinnern und um Krieg und Diskriminierung zu
Verteidigungsgrund ist, da „verletzte Gefühle“ als Beweis für bekämpfen:
die Schuld ausreichen. Die im Fall Ernst Zündel offengeleg- »Ein Souvenir zu nehmen und es an seinen Schlüsselring zu
ten, aus solcher Gesetzgebung resultierenden Ungerechtig- hängen ist eine Weise, um an das Böse in uns allen zu er-
keiten weisen den Wege, auf den sich Australien begeben innern. Es [Auschwitz] ist ein Symbol des absoluten Bö-
hat: es folgt Kanada schnurstracks bei der Wiederbelebung sen.«
sowjetischer Schauprozesse; ein wahrer Alptraum für all je- Andere sind nicht mit Siweks Werbemasche einverstanden.
ne, die an Wahrheit, Ehre und Gerechtigkeit für alle glauben. Salomon Zanten (81), der 18 Monate in Auschwitz einsaß
(The Australian Jewish News, 5.9.2003) und angibt, der einzige Holocaust-Überlebende seiner Fami-
lie zu sein, zeigt auf die in seinem Arm eintätowierte Häft-
Australien führt neue harsche Terroristen-Gesetze ein lingsnummer:
Der australische Senat hat den dortigen Sicherheitsdiensten »Es ist ein Skandal, daß sie das machen. Ich habe nur ein
weitreichende Befugnisse gegeben, wonach jeder über 15 wirkliches Souvenir von Auschwitz – wie alle Überleben-
Jahre verhaftet werden kann, selbst wenn er nicht eines Ver- den – es ist an meinem Arm. Die Überlebenden haben täg-
brechens verdächtigt wird. Jeder derart Verhaftete kann einen lich Probleme. Wir vergessen niemals. Solche Sachen hel-
Anwalt fordern. Der Senator der australischen Grünen Bob fen uns nicht. Das ist eine schlechte Idee. Wo ist die Gren-
Brown ist darüber unglücklich: ze? Wie weit geht man noch?« (Reuters, 22.8.2003)
»Sobald man aus der ersten Verhaftung entlassen wird,
kann man gleich wieder verhaftet werden.« Deutschland und USA unterzeichnen Holocaust-Vertrag
Der linke Demokrat Brian Greig meint, das neue Gesetz sei Die Regierungen der USA und der BRD unterzeichneten ei-
eine radikale Abweichung von bestehenden Rechtsprinzipien: nen Vertrag, um Stätten des Holocaust in Deutschland zu er-
»Die verhaftete Person wird beweisen müssen, daß sie jene halten. »Die Stätten dienen als Erinnerung an die von der
Informationen nicht hat, von denen die Sicherheitsbehör- Nazi-Diktatur verübten Verbrechen, etwas, das wir niemals
den behaupten, sie habe sie.« vergessen dürfen und niemals vergessen werden«, führte der
Allerdings hat dieses neue drakonische Gesetz eine Klausel, deutsche Botschafter Wolfgang Ischinger bei der Unter-
der zufolge es nach drei Jahren vom Parlament bestätigt wer- schriftszeremonie im indianischen Vertragsraum des Eisen-
den muß. (Australian Broadcasting Corporation, 26.6.2003.) hower-Bürogebäudes aus. Der Vertrag war von der US-
Ein Präzedenzfall in England während des 2. Weltkrieges: Am Kommission zur Bewahrung amerikanischen Erbes im Aus-
23.5.1940 verabschiedete Englands Kriegs-Premier Winston land ausgehandelt worden und wurde vom Vorsitzenden die-
Churchill die „Regulation 18B“, wonach jeder ohne Haftbefehl ser Kommission, Warren L. Miller, unterzeichnet. (Washing-
verhaftet und hinter Schloß und Riegel gehalten werden konn- ton Times, 20.5.2003) Auf welche Weise stellen deutsche
te, was auch weidlich zur Beseitigung und Einschüchterung Holocaust-Stätten einen Teil des „amerikanischen Erbes im
politischer Gegner angewandt wurde. Ausland“ dar? Jüdisch ja, aber amerikanisch? Oder sollte das
identisch sein?
Jüdisches Gruppengerangel über Belzec-Denkmal
Norman Salsitz von Livingston, New Jersey, hat in Washing- US-Sondergesandter für Holocaust-Angelegenheiten
ton Zivilklage gegen das American Jewish Committee erho- Im Mai 2002 wurde Randolph Marshall Bell zum Sonderge-
ben. Er behauptet, das geplante 4-Million-Dollar teure Denk- sandten der USA für Holocaust-Angelegenheit befördert.
mal im angeblichen Vernichtungslager Belzec zur Ehrung der Bell leitete die US-Gruppe, die bei der Organisation der Lon-
behaupteten 600.000 Opfer schände die Gräber der Juden, doner Konferenz über Nazi-Gold anno 1997 mithalf. Er ar-
die von »den Nazis in einem gräßlichen Vertuschungsversuch beitete zudem eng mit dem US-Finanzministerium zusammen
verbrannt, zermahlen und mit der Lagererde vermischt wur- zwecks Vertragsabschluß mit Österreich anno 2000/2001 be-
den.« züglich Wiedergutmachungszahlungen für Zwangsarbeiter

478 VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 & 4


und Enteignungen. (www.state.gov/p/eur/rls/or/2002/12692.htm) Die Deutschlands während des letzten Jahrzehnts beteiligt waren.
psychologische Knebelung und finanzielle Plünderung (Forward, 5.9.2003)
Deutschlands sind perfekt durchorganisiert.
England gewährt russischem Wirtschaftskriminellen Asyl
US-Präsident unterzieht sich der Auschwitz- Boris Berezovsky (Bild), früher ein
Gehirnwäsche milliardenschwerer russischer Un-
Nach seinem Besuch in Auschwitz im Mai 2003 war der US- ternehmer und politischer Gegner
Präsident so sehr von seinen Eindrücken bewegt, daß er dies von Präsident Wladimir Putin, war
beim Besuch des israelischen Premierministers Ariel Sharon mit seinem zweiten Antrag auf poli-
am 29.7.03 im Weißen Haus zum Thema machte. Bush mein- tisches Asyl in England erfolgreich.
te, sein Besuch in Auschwitz habe ihn »ermutigt«, mit seiner Daß Berezovsky damit den gegen
Kampagne gegen den Terrorismus und gegen Massenver- ihn von russischen Staatsanwälten eingeleiteten Ermittlungen
nichtungswaffen fortzufahren. (New York Post, 1.8.2003) wegen Betruges entgeht, wird als unerheblich angesehen. Be-
rezovsky behauptet, in Rußland wegen seiner politischen An-
Argentinien untersucht seine „Nazi“-Vergangenheit sichten verfolgt zu werden, wohingegen Kritiker meinen, er
Argentiniens Präsident Nestor Kirchner ordnete am habe zusammen mit anderen die Modernisierung von Ruß-
25.6.2003 eine Untersuchung an, die klären soll, ob argenti- lands Wirtschaft effektiv dadurch verhindert, daß er das alte
nische Beamte das Ausmaß vertuschten, in dem ausgewan- Staatseigentum quasi geplündert und Milliardenwerte ins
derte Nationalsozialisten Verbindungen zur Regierung dieses Ausland verschoben habe, insbesondere nach Israel. (BBC,
südamerikanischen Landes hatten. Diese Untersuchung der 10.9.2003)
Geschichte von Nationalsozialisten, die wie Adolf Eichmann
in Argentinien Zuflucht fanden, erfolgt auf Druck des Simon- Russische Stadt wehrt sich gegen Greuelgeschichte
Wiesenthal-Zentrums und des US-Kongresses. (Ha’aretz, Die Behörden der Stadt Mozyr, 370 km südlich der weißrus-
26.6.2003) sischen Hauptstadt Minsk, haben die Einebnung eines alten
Friedhofs angeordnet. Die Weltvereinigung weißrussischer
Rumänien & Holocaust: erst verharmlost, dann beworben Juden protestierte dagegen, weil ihrer Ansicht nach die Über-
»Vom Holocaust war nicht nur die jüdische Bevölkerung Eu- reste von 40 Juden dort ruhen, die sich 1941 selbst in eine
ropas betroffen. Auch viele andere, inklusive Polen, starben Scheune einschlossen und in Brand setzten, um der Gefan-
auf die gleiche Art.« So zitierte die israelische Zeitung gennahme durch die Deutschen zu entgehen. Yacov Gutman,
Ha’aretz am 25.7.2003 den rumänischen Staatspräsidenten Vorsitzender der Weltvereinigung weißrussischer Juden,
Ion Iliescu, was die rumänisch-israelischen Beziehungen ei- meinte:
ner neuen Zerreißprobe aussetze. Die Bukarester Regierung »Diese Menschen wiederholten die Tat der Juden von Mas-
hatte sich bereits im Juni in einem offiziellen Kommuniqué sada.«
gegen überhöhte jüdische Opferzahlen in Rumänien während Die Behörden von Mozyr bestreiten die Wahrhaftigkeit die-
des Krieges gewehrt, hatte damit aber einen Proteststurm jü- ser Massenselbstmordgeschichte und weisen darauf hin, daß
discher Organisationen in Rumänien und der ganzen Welt kein dokumentarischer Beweis diese Erzählung stütze. Sergei
ausgelöst. Die Jerusalem Post forderte sogar, Iliescu solle in- Kostyan, Abgeordneter der Stadt Mozyr im weißrussischen
ternational isoliert werden. Kritisiert wird unter anderem, daß Parlament, sagte:
in Rumänien nach dem Zusammenbruch des Kommunismus »Wir weigern uns zu akzeptieren, daß dies jemals ge-
die Verehrung antikommunistischer (=„faschistischer“) schah.«
Kriegshelden in Mode kam. Gefördert wird dies vor allem Durch den ehemaligen Friedhof soll eine Gasleitung gelegt
von der Großrumänischen Partei, die ein Drittel aller Parla- werden. Kostyan:
mentssitze inne hat. »Sollten wir die Stadt etwa wegen der Juden ohne Gas las-
Aufgrund des anhaltenden internationalen Druckes erklärte sen? Ich bin kein Antisemit, aber die Weißrussen haben
der rumänische Präsident Ion Iliescu kurze Zeit später gegen- nicht weniger gelitten als die Juden.« (The Moscow Times,
über Daniel Mariaschin, dem stellvertretenden Vizepräsident 17.9.2003, S. 3.)
von B’nai B’rith International, er wolle eine Holocaust-
Kommission sowie ein Programm zur Vermittlung des Holo- Polen in Panik vor Beitritt zur EU
caust an rumänischen Schulen einrichten lassen. Wenn Polen nächstes Jahr der EU beitritt, muß es mit Wie-
(www.idgr.de/news/2003/n030731.html) dergutmachungsforderungen von vertriebenen Deutschen
Wess’ Brot ich eß, dess’ Lied ich sing. rechnen, deren Eigentum nach Kriegsende konfisziert wurde.
Polen wandte sich auch gegen die Errichtung eines Mahn-
„Nazi-Jäger“ ein Betrüger mals für die 15 Millionen deutschen Heimatvertriebenen, von
Am 28.8.2003 ordnete das Berufungsgericht der US-Haupt- denen 3 Millionen starben. Der Widerstand gegen dieses
stadt an, daß Sher »mit sofortiger Wirkung und mit seinem Mahnmal reibt sich unter anderem an der Tatsache, daß das
Einvernehmen seine Zulassung« bei der Anwaltsvereinigung Holocaust-Mahnmal an sechs Millionen Opfer erinnert, wäh-
in der US-Hauptstadt verliert. Sher wurde vorgeworfen, Gel- rend das Vertriebenenmahnmal an 15 Millionen Opfer erin-
der für „Holocaust-Überlebende“ für sich privat mißbraucht nern soll. (Times, 24.9.2003)
zu haben. Um weitere Ermittlungen zu verhindern, unter-
zeichnete Sher eine Einverständniserklärung für seinen Jüdische Verbrechen in Polen?
Rauswurf. Sher ist einer der am besten bekannten „Nazi- Das kanadisch-polnische National Institute of Remembrance
Jäger“ und war einer jener prominenten Juden, die bei der untersucht ein Massaker an etwa 35 Zivilisten, die am
Erpressung von Milliarden von Dollars von der Schweiz und 29.1.1944 womöglich von 50-60 jüdischen Partisanen er-

VffG · 2003 · 7. Jahrgang · Heft 3 479


mordet wurden, die Teil einer 120 Mann starken sowjeti- »Dies ist ein Protest gegen die Unmenschlichkeit der Nazis
schen Partisaneneinheit in Koniuchy (Polen) waren. Dov Le- auf polnischem Territorium. Es ist ein Tribut an die Asche
vin, Historiker an der Hebrew-Universität in Israel, der im derer, die hier ermordet wurden.«
Krieg selbst Mitglied einer jüdischen Partisaneneinheit unter Jaroslaw Mensfelt, Sprecher des Auschwitz-Museums, führte
sowjetischem Kommando in dieser Region war und darüber aus, das Museum sei über den Überflug nicht informiert wor-
Bücher verfaßt hat, führte aus: den, und er bedauere »diese Demonstration von Israels mili-
»Für den kanadisch-polnischen Kongreß ist es natürlich tärischer Stärke an diesem Ort. Dies ist ein Friedhof, ein Ort
bequem, dieses Thema aufzugreifen, anstatt nach Erklä- der Ruhe und des Sich-Sammelns.« (BBC, 4.9.2003)
rungen für Pogrome von Polen an Juden während des
Krieges und danach zu suchen.« Israelische Piloten rebellieren gegen Luftangriffe
Severin Hochberg, Historiker am US Holocaust Memorial Eine Gruppe israelischer Luftwaffenpiloten weigerte sich,
Museum, meint, das von ihm gesichtete Material lege tat- Ziele auf palästinensischem Gebiet anzugreifen. In der Erklä-
sächlich nahe, daß Zivilisten von Partisanen ermordet worden rung von 27 Piloten, von denen einige regelmäßig Kampfein-
sind, eine Ansicht, die von anderen befragten Experten ge- sätze fliegen, wurden die führenden israelischen Militärs ver-
stützt wird. Hochberg führte aus: urteilt. (http://news.bbc.co.uk/2/hi/middle_east/3137392.stm)
»Damals befanden sich die Sowjets in der Offensive, und
die Juden kämpften auf ihrer Seite, so daß ich annehme, Kollaps der israelischen Gesellschaft vorausgesagt
daß etwas Schlimmes stattfand. Aber zuerst muß noch wei- Der »Countdown zum Ende der israelischen Gesellschaft hat
ter geforscht werden.« (Forward, 8.8.2003) begonnen«, so der frühere israelische Parlamentssprecher
Avraham Burg:
Die Gefahren des arabischen Holocaust-Revisionismus »Wenn man auf der Schnellstraße reist, die knapp einen
Als Roger Garaudy jüngst vom Libyschen Präsidenten Mua- Kilometer westlich der palästinensischen Straßenblocka-
mar al Ghaddafi den Internationalen Menschenrechtspreis den verläuft, ist es schwer, sich das demütigende Erlebnis
verliehen bekam, forderte dies folgenden Kommentar von des verachteten Arabers vorzustellen, der stundenlang
Rabbi Abraham Cooper vom Simon-Wiesenthal-Zentrum auf gewundenen, mit Blockaden versehenen Straßen ent-
heraus: lang kriechen muß, die man ihm zuwies. Eine Straße für
»Ghaddafi und Roger Garaudy sind Mitglieder in einer die Besatzer, eine andere für die Besetzten. Nachdem Is-
Bruderschaft des Hasses, die wissentlich die große Lüge rael aufgehört hat, jenen Kindern Beachtung zu schen-
der Holocaust-Leugnung verbreitet als Teil einer weltwei- ken, die im Haß ertränkt werden, sollte es nicht über-
ten Anstrengung, das jüdische Volk zu dämonisieren.« rascht sein, wenn sie sich selbst in den Zentren israeli-
Jonathan Eric Lewis schrieb in der Zeitschrift Israelinsider: scher Wirklichkeitsflucht in die Luft jagen. Wir können
»Bei der arabischen Holocaust-Leugnung geht es einer- eine palästinensische Mehrheit nicht unter dem israeli-
seits um Juden, andererseits aber auch wieder nicht. Sie schen Stiefel halten und uns zugleich für die einzige De-
versucht zugleich, jüdisches Leiden lächerlich zu machen, mokratie im Nahen Osten ausgeben.« (The Guardian,
wie auch arabisches Versagen zu erklären. Sie wird ange- 16.9.2003)
wandt, um sowohl Israels Existenz zu verunglimpfen, als
auch, um eine Geschichte anzubieten, der zufolge die Ara- Vertuschter Mordversuch auf Konrad Adenauer
ber und nicht die Juden die Hauptopfer Europas sind. Sie Am 26.7.2003 zeigte der Bayerische Rundfunk um 21:30 Uhr
leugnet geschichtliche Realität und schafft zugleich eine al- eine Dokumentation über den gescheiterten Mordversuch an
ternative Erzählweise des zwanzigsten Jahrhunderts. Diese dem damaligen Bundeskanzler Konrad Adenauer. Ein Mann
Linie irrationalen politischen Denkens verkauft sich an den bat zwei Jugendliche, ein an Konrad Adenauer adressiertes
Totalitarismus, nicht an die Demokratie. Paket beim Kanzleramt abzugeben. Die zwei Jungs merkten,
Juden brauchen sich nicht schuldig zu fühlen, daß sie im daß der Mann sie auf dem Weg verfolgte, und sie gaben statt
Nahen Osten eine lebendige Demokratie errichtet haben. dessen das Paket bei der Polizei ab. Kurz danach explodierte
Andererseits muß die arabische Welt ihre eigenen Fehler das Paket. Die Geschichte ist danach einfach „in Vergessen-
auf eine Art untersuchen, die die Schuld des eigenen Ver- heit“ geraten. Es stellte sich jetzt heraus, daß der Mordan-
sagen nicht im jüdischen Erfolg sucht. Die Gefahr, die die schlag von 4 Mitgliedern der jüdischen Irgun durchgeführt
irrationale Politik der Holocaust-Leugnung birgt, ist so wurde. Adenauer sollte daran gehindert werden, ein Ab-
groß, daß sie nicht mehr nur als ein Problem des Antisemi- kommen mit Israel zu schließen. Als die Polizei damals her-
tismus angesehen werden kann oder als eine Herausforde- ausbekam, daß die Täter Juden waren, hat Konrad Adenauer
rung lediglich für jüdische Gruppen, sondern als eine Be- sich entschlossen, die Sache zu „übersehen“, weil es „un-
drohung für die in der arabisch-islamischen Welt Wurzel möglich“ sei, kurz nach dem „Judenmord“ des zweiten Welt-
schlagende liberale Gesellschaft und Demokratie.« (Israe- krieges vier Juden wegen versuchten Mordes gerade in
linsider, 19.9.2003) Deutschland anzuklagen. Schluß aus.
Dies erklärt allerdings nicht die Apartheids- und Rassenmen- Stand: 13.11.2003
talität der Zionisten in ihrem eigenen Staat Israel.

Israelische Kampfflugzeuge über Auschwitz Erratum


Drei F-15 Kampfflugzeuge, geflogen von Abkömmlingen
von Holocaust-Überlebenden, kreisten über den Bahngleisen VffG 7(1) (2003), S. 35, erste Tabelle, lies:
des ehemaligen Lagers Auschwitz-Birkenau, als dort 200 is- Noach Hans 4.12.1934 188931
raelische Soldaten einer Zeremonie beiwohnten. Israels Bot-
schafter in Polen, Shevach Weiss, meinte:

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