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Wir kennen alle die Bilder der tibetischen Ikonografie sehr gut, Buddhas in
verschiedenen Farben, tanzende vielarmige, vielgesichtige Yidam-Gottheiten,
verführerische Dakinis, schreckerregende Schützer der Lehren. Die Wände im
Lukhang zeigen ein wenig von dieser bekannten Bildwelt, sie zeigen aber
noch etwas anderes: Wild aussehende Yogis mit langen Haaren machen
merkwürdige Verrenkungen und Bewegungen, die so gar nicht den
Stellungen aus den Hatha-Yoga-Büchern ähnlich sehen. Im Inneren ihrer
Körper sieht man seltsame rote Linien oder Flammen oder innere Organe, im
Körper oder in der Nähe gibt es bunte Lichtkugeln , zwischen den Gestalten
erscheinen Sanskritsilben und abstrakte Formen wie zum Beispiel Gitter.
Derartige Darstellungen sind im ganzen Himalayaraum nur sehr selten in
Tempeln zu sehen (eher in Form kleiner Kärtchen, Tsaglis genannt, die bei
den entsprechenden Einweihungen gezeigt werden).
Was bedeuten nun diese Bilder? Sie stellen nicht mehr und nicht weniger dar
als die eigentlichen zentralen Übungen des tantrischen Buddhismus. Die
Ostwand zeigt Meister dieses Kerns der Überlieferungen, die Mahasiddhas
und die Hauptschüler von Padmasambhava. Die Westwand zeigt Bewegungs-
und Energieübungen, die zu den Lehren von der großen Vollkommenheit
(Dsog Chen) gehören. Der fünfte Dalai Lama , wie alle Dalai Lamas der
Gelug-Schule zugehörig, hatte Nyingma-Meister, die ihm diese Lehren
übermittelten, er brachte es darin zu bedeutender Me isterschaft. Orte wie der
Lukhang beweisen ganz klar, dass alle bedeutenden Meister, natürlich auch
jene unserer Zeit, nie ein Problem damit hatten, Lehrern verschiedener
Überlieferungslinien zu üben. Auf der Nordwand des Lukhang werden jene
Lehren illustriert, die das Hauptthema dieses Artikels bilden: die so genannte
Vollendungsphase (Dsogrim) der tantrischen Meditation.
Dsogrim
"Kanäle, Winde und Tropfen", die Sanskrit-Ausdrücke dafür sind Nadi, Prana
und Bindu, tibetisch heißt es Tsa, Lung und Thigle.
Die letzen drei Wörter bilden den Code, unter welchem diese Lehren im
tantrischen Buddhismus zusammengefasst werden. Diese Lehren werden nur
an geeignete Schülerinnen von Mund zu Ohr übertragen. Es kommt zwar
manchmal - ingesamt nicht sehr häufig - vor, das Meister dieser Lehren sich
öffentlich dazu äußern, dass ändert aber nichts daran, dass Schülerinnen, die
Tsa-Lung-Thigle -Praxis ausführen wollen, individuelle Betreuung unter vier
Augen benötigen, wenn sie wirklich in diese Lehren eindringen wollen. Damit
ist die Übertragung bei jedermann zugänglichen Veranstaltungen von
vornherein ausgeschlossen.
Was ist nun der Inhalt dieser Tsa-Lung-Thigle Lehren? Der Mensch besitzt
neben dem physischen Körper auch einen feinstofflichen, ätherischen, oft
Licht- oder Astralkörper genannten Körper. Dieser hat seine eigenen Organe
oder energetische Zentren, seine eigenen Nerven, aber auch eigene
Krankheiten und Störungen. Die energetischen Zentren sind im Westen
mittlerweile unter dem Namen Chakras wohl bekannt, jeder Mensch, der
kommerziell gesehen zum Marktsegment "Esoterik-Interessiert" (Zwanzig
Prozent der Bevölkerung!) gehört, hat schon mal etwas von Chakras gehört.
Der weitaus überwiegende Teil der Bücher und des Seminarmarktes zu diesen
Themen, die Stichworte lauten Chakras, Kundalini, Tantra, bietet sehr
zweifelhafte Informationen, teilweise sogar gefährlichen Unsinn.
Bezüglich des feinstofflichen Körpers bzw. der Chakras gibt es zwei aus
Indien stammende Lehren, beide werden bis zum heutigen Tag strikt geheim
gehalten und nur mündlich von Mund zu Ohr an geeignete und besonders
vorbereitete Personen in einem durchdachten und langjährigen Prozess
weitergegeben:
Das dem esoterischem Hinduismus zuzurechnende Kundalini-Yoga und die
Tsa-Lung-Thigle Lehren des tantrischen Buddhismus.
Letztere wurden von indischen Meistern, die berühmtesten unter ihnen waren
Padmasambhava und Naropa, an tibetische Schüler weitergegeben.
Tsa oder Nadi sind die "Kanäle", feinstoffliche Energiebahnen, die durch den
Körper verlaufen, einige Punkte, wo besonders viele dieser Bahnen sich
kreuzen, werden Chakras genannt. Wörtlich heißt Chakra Rad. Etwa einen
Fingerbreit vor der Wirbelsäule verläuft der Zentralkanal, an diesem entlang
sind in verschiedenen Höhen die Chakras angeordnet, der Zentralkanal bildet
die Achse der Räder. Lung oder Prana heißt wörtlich Wind, hat aber nicht nur
mit der Energie des Atems zu tun, sondern ist ein Oberbegriff für
verschiedene Arten von Energien, die sich in dem System der Energiebahnen
bewegen. Thigle oder Bindu heißt Tropfen, diese werden von den Winden
durch die Kanäle transportiert. Das gesamte System kann sechs prinzipielle
Zustände annehmen: In dem aktuellen Körper das Wachbewusstsein,
Traumbewusstsein und das traumlose Tiefschlafbewusstsein,
im Zwischenzustand (Bardo) zwischen Todeszeitpunkt und nächster
Inkarnation die drei Phasen die im "tibetischen Totenbuch" beschrieben
werden: Klares Urlicht, Erscheinen der Gottheiten, Suche nach dem Ort der
Wiedergeburt. Dieses sechs Zustände weisen nun unzählige Variationen und
Übergänge auf, welche alle durch die Abläufe im Energiesystem zustande
kommen.
Die Übende der Tsa-Lung-Thigle Lehren lernt nicht weniger, als alle
Vorgänge im Energiesystem bewusst zu steuern. Diese Methoden
funktionieren, wie jeder bestätigen kann, der sie aus eigener Anschauung
kennt, sie führen zur Entfaltung höher Bewusstseinskräfte (Siddhis), letztlich
zur Erlangung der Buddhaschaft.
Ein klassischer Text, der diese Lehren behandelt, sind die so genannten
"Sechs Yogas von Naropa"
3. Traum-Yoga
Der Schlüssel zu allen Übungen und Erfahrungen liegt in Punkt Eins, der
Tumo- Praxis. Durch Atem- und Visualisationsübungen wird das innere
Feuer erweckt. Dadurch entsteht letztlich eine Erfahrung, die sehr schön mit
"Wonne und Leerheit vereinigt" umschrieben wird. Es handelt sich um einen
äußerst freudvollen und gleichzeitig ruhigen Energiezustand, der den ganzen
Körper durchdringt, während dessen aber die Sichtweise "Leerheit von
unabhängiger Eigenexistenz" aufrechterhalten wird. Zu den mit der Tumo-
Übung verbundenen Praktiken gehört auch die Karma- Mudra- Praxis, das ist
die Methode der Erweckung des inneren Feuers durch sexuelle Vereinigung.
Tumo sollte nicht mit "sexueller Energie" gleichgesetzt werden (ebenso wenig
wie die Kundalini, manche Leute bezeichnen es heutzutage schon als
Aufsteigen der Kundalini, wenn sie sexuell erregt werden). Vielmehr ist die
sexuelle Vereinigung für die geübte Yogini ein weiteres Mittel, das innere
Feuer zu erwecken, selbstverständlich funktioniert dass ganze nur, wenn die
Tumo-Übungen ohne Verwendung dieses Mittels längere Zeit ausgeführt
wurden.
Weiter gehören zum Tumo auch Körperübungen, genau die se werden auf der
Nordwand des Lhukang abgebildet und sind durch die kürzliche Publikation
erstmals im Westen betrachtbar.
Dass solche Übungen existieren, ist für Westler oft sehr überraschend, sieht
man doch nie jemanden solche Übungen ausführen, selbst wenn man von
Kloster zu Kloster pilgert.
Die Geheimhaltung dieser Lehren hat nichts mit der Geheimhaltung von
Informationen zu tun (etliche Texte zu den Themen sind im Westen frei
erhältlich), sondern beruht auf der Tatsache, das der Fortschritt in die
Übungen von einer Person überwacht werden muss, die es selbst sehr weit
damit gebracht hat. Der eigentliche Vorgang ist völlig individuell und
unmöglich mit einem druckbaren Rezept zu beschreiben.
Nur eine mehrjährige Praxiserfahrung in den Tumo- Übungen e rmöglicht die
Praxis von Punkt Sechs, Phowa. Dabei handelt es sich (unter anderem) darum,
das eigene Bewusstsein unmittelbar nach dem Todeszeitpunkt in einen
gewählten Bereich zu übertragen.
Das Phowa abgetrennt von den sechs Yogas an völlig unvorbereitete
Personen weiterzugeben, ist genau auf dem gleichen Niveau angesiedelt, wie
die oben erwähnte Chakra-Esoterik. Solange die wirklichen Lehren erhalten
bleiben, spielen diese Zeiterscheinungen aber keine Rolle.
Kapitel 2
Einführung in die Tibetische Medizin
Das ganzheitliche Wissen vom Heilen
Das Charakteristische der Tibetischen Medizin ist, dass sie ein ganzheitliches
System ist, das Körper und Geist durch das Wind-Element miteinander
verbunden sieht und Krankheiten auf diesem Hintergrund betrachtet.
Deshalb ist es ein besonderes Merkmal der Tibetischen Medizin, dass sie
einen gelassenen und friedlichen Geist für so wichtig hält. Denn eines ist
sicher: Wer einen ruhigen Geist besitzt, wird weniger krank, und wenn er
krank wird, erholt er sich schneller. Und die Hauptbedingung für einen
ruhigen, starken und lebhaften Geist ist Güte, eine gütige Einstellung. Je
mehr Güte im Geist ist, umso friedvoller wird er. Da der Buddhismus in Tibet
einen großen Einfluss hatte, finden wir auch in der Tibetischen Medizin
buddhistische Einflüsse. So gibt es zum Beispiel buddhistische Rituale, um
die Potenz eines Medikamentes zu aktivieren (z.B. kostbare Arzneien, bei
Mondschein nach einem speziellen Ritus gefertigt Juwelenpillen). Ein
buddhistischer Arzt aktiviert und verstärkt zum Beispiel die Wirksamkeit
eines Medikamentes, indem er das Mantra des Medizin Buddha rezitiert.
Die Philosophie
Die Begierde nach der Erfüllung des Lebensdurstes, der Widerwille oder Hass
gegen alle Hindernisse, die dieser Erfüllung entgegenstehen, und die
Verblendung, die sich als Ich-Wahn manifestiert.
Die Illusion einer unveränderlichen Ichheit verstellt den Blick auf die
Wirklichkeit, führt zum Anhaften an der Sinneswelt und damit zu immer
neuen Wiedergeburten. Diese als Unwissenheit bezeichnete
Geistesverfassung bedingt körperliches und seelisches Leiden, das somit
immer aus unserer eigenen Wesenheit kommt.
Aus dem Buddhismus in seiner tibetischen, d.h. tantrischen Form stammt vor
allem die Lehre vom feinstofflichen Körper, der aus gesammelter kosmischer
Energie besteht und nur in der Meditation erfahrbar wird. Die Behandlung
von Blockaden im Fluss der Energie spielt in der tibetischen Psychiatrie eine
erhebliche Rolle, tangiert aber weniger den praktischen Arzt. Im Praxisalltag
werden dagegen Rezitationen von Gebeten, aber auch
Visualisationstechniken, relativ häufig benutzt, um die Wirkung der
therapeutischen Maßnahmen zu verstärken. Die Astrologie ist Teil der
Ausbildung der Medizinstudenten und unentbehrlich bei der
Vorherbestimmung günstiger Tage für das Sammeln der Heilpflanzen oder
für besonders wichtige Behandlungen (z. B. mit Juwelenpillen). Man mag dies
alles als magische, schamanistische Praktiken aus vorwissenschaftlicher Zeit
abtun, übersieht aber dabei, dass die Tibetische Medizin eine Schulmedizin
mit Universitätscharakter darstellt, als Erweiterung jedoch zu unserer
allopathischen Medizin eine starke Einbindung religionsphilosophischer
Gedanken beinhaltet.
Die Medizintheorie
Wie der Makrokosmos, so setzt sich auch der menschliche Mikrokosmos aus
den fünf Elementen Erde, Wasser, Feuer, Wind (Luft) und Äther (alles
durchdringendes Fluidum) zusammen.
Die Elemente konstituieren auch Wind, Galle und Schleim mit jeweils fünf
Unterarten. Ihr Verhältnis zueinander ändert sich mit der Tages-, und
Jahreszeit und mit dem Lebensalter. Wind (keinerlei Bezug zum
metereologischen Phänomen Wind) verbindet das Bewusstsein mit dem
Körper. Seine physiologische Wirkung entspricht der, die wir in der engen
Vermischung des Nerven-, des endokrinen und des Immunsystems mit der
Psyche heute sehen. Galle (ebenfalls keinerlei Bezug zur Gallenflüssigkeit
westlicher Nomenklatur) reguliert Verdauungs- und Stoffwechselvorgänge
und Schleim die Körperflüssigkeiten. Diese Säftele hre ist mit der
ayurvedischen Säftelehre Indiens praktisch identisch.
Ein Ungleichgewicht der Säfte führt zur Krankheit. Es wird durch die drei Gifte
im allgemeinen verursacht, im besonderen durch jahreszeitliche
Einwirkungen und durch seelische Störung begünstigt. Weitere Ursachen
werden im Einfluss böser Geister und in schädlichen (unethischen) Taten in
vergangenen Lebenszyklen (Karmaspuren) gesehen.
Die Diagnose des tibetischen Arztes beruht fast ausschließlich auf der
Pulsdiagnose. Die Pulstastung wird so durchgeführt, dass der Arzt mit seinen
mittleren drei Fingern die Pulse der Arteria radialis am Handgelenk des
Patienten tastet. Der Zeigefinger drückt bis auf die Haut, der Mittelfinger bis
zum Fleisch und der Ringfinger bis zum Knochen. Mit den daumenseitigen
bzw. den kleinfingerseitigen Anteilen seiner Fingerkuppen beurteilt er die
fünf soliden bzw. sechs Hohlorgane, unterscheidet dabei Hitze - und
Kältepulse (Krankheiten) und differenziert nach Körperabschnitten. Mit der
Pulstastung ist eine akkurate, nachprüfbare, effiziente und billige Diagnostik
möglich. Das Krankheitsspektrum, das damit abgedeckt wird, ist etwa das
gleiche, dem sich der im Westen niedergelassene Arzt gegenüber sieht.
Durch den tibetischen Mediziner können aber auch Krankheiten wie
Bluthochdruck, Diabetes, Stoffwechselstörungen, Krebserkrankungen oder
Tuberkulose in verschiedenen Organen ohne technische Hilfsmittel
zumindest qualitativ diagnostiziert werden.
Nur in unklaren Fällen wird auch die Urin-, Zungen-, Muttermilch oder
Augendiagnostik herangezogen.
Eine Anamnese wird eher kursorisch erhoben, eine körperliche
Allgemeinuntersuchung findet meist nicht statt.
Die Behandlung
Das Kalachakra Tantra besteht aus drei Teilen oder aus drei Zeiträdern: Dem
«Äußeren» dem «Inneren» und dem «Anderen» Zeitrad. Im «Inneren» Zeitrad
wird der gesamte menschliche Körper auch als Mandala verstanden.
Energiesystem
Dies alles steht in direktem Zusammenhang mit den äußeren Winden, dem
Atem und Äußeren Mandala. Es bildet den Kern der menschlichen Existenz,
Geburt, Veränderungen des physischen und psychischen Zustandes,
Wertigkeit des inneren Systems und steht in astrologischer Relation mit der
Außenwelt. Die Theorie basiert auf der Annahme, dass die subtilen im Körper
befindlichen Energieströme in Synchronisation mit den Planetenzyklen
ablaufen. Diese Bewegung der planetarischen Energien innerhalb des Körpers
ist der Kern der inneren Astrologie. Es erklärt die Stellungen und Details der
Chakren, Energiekanäle und Tropfen als Mikrokosmos in Relation zu den
Sternen bzw. Planetenkonstellationen als Makrokosmos. Dieses System
besteht in jedem Tantra-Text und sollte genau visualisiert werden, obwohl es
kein einheitliches System gibt, und in jedem Text ein unterschiedlicher
Aufbau und unterschiedliche Farbgebung der Energiekanäle vorkommen
kann. Auch das Kalachakratantra macht hier keine Ausnahme und hat einen
von anderen Tantratexten wesentlich veränderten inneren Aufbau.
Aufbau der Energiekanäle
Im unteren Teil dieses Mandalas ab dem Nabel ist der Zentralkanal blau und
wird der Weisheit, dem Same n und dem Verfinsterungsplaneten Kalagni
zugeordnet. Der rechte Kanal wird gelb, gehört zum Element Erde und den
Fäkalien (Ausscheidung), und wird dem Westen zugeordnet. Der linke Kanal
wird schwarz, gehört zum Element Luft und dem Urin, und wird dem Osten
zugeordnet.
Dies ist das horizontale Bild des Mandalas. Das vertikale Mandala setzt sich
zusammen aus: Obere Teil des Zentralkanals Raum, dem oberen linken Kanal
Wasser und dem unteren linken Kanal Luft. Sie stellen die männliche Seite
bzw. die Methode dar (dazu gehören die Himmelsrichtungen Osten, Zentrum,
Norden).
Die weibliche Seite oder Weisheit des Mandalas bildet sich aus: dem unteren
Zentralkanal Weisheit, dem rechten oberen Kanal Feuer und dem rechten
unteren Kanal Erde (Westen, Zentrum, Süden). Es wird ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass im Gegensatz zu anderen Systemen im Kalachakratantra
ein immerwährender Windfluss durch die Energiekanäle stattfindet.
Das Stirn-Chakra oder «Rad des Windes» hat eine Lotosblüte mit 16 Blättern,
d.h. 16 Hauptkanälen. Es stehen dort die 16 Tathagatas des Geist-Mandalas
(4 männliche, 4 weibliche Buddhas und ihre Partnerinnen)
Die Hauptkanäle als Speichen gesehen sind weiß und nach oben gebogen. Es
findet eine weitere Verzweigung in dünnere Kanäle statt. Das Stirnchakra
wird kreisrund gezeichnet. Es ist Sitz der Intuition und des Bewusstseins. Es
kontrolliert den menschlichen Geist, der eine mikroskopische Verkleinerung
des Kosmischen Geistes darstellt, daher die Bezeichnung als «Drittes Auge».
Das Kehl-Chakra oder «Rad des Genusses» hat eine Lotosblüte mit 32
Blättern, d.h. 32 Hauptkanälen. Es stehen dort 24 Bodhisattvas (12 weibliche,
12 männliche) und die 8 Schützer (4 männliche, 4 weiblich-zornvolle) des
Geist-Mandalas. Die Kanalspeichen sind rot und leicht nach unten gebogen.
Das Kehlchakra wird dreieckig mit der Spitze nach vorne gezeichnet.
Das Herz-Chakra oder «Rad der Phänomene» hat eine Lotosblüte mit 8
Blättern d.h. 8 Hauptkanälen. Es stehen dort die 8 Shaktis des Geist-
Mandalas. Das Herz-Chakra wird als Halbkreis gezeichnet.
Nach der Kalachakrabelehrung des Dalai Lama in Rikon 1985 splitten sich
diese 8 Kanäle in jeweils 3 weitere Kanäle, ergeben also insgesamt 24 Kanäle.
Die ersten Verzweigungen (Nr. 1-8 der 24 Kanäle) enden:
1. in der Haarlinie
2. in der Scheitelregion
3. am rechten Ohr
4. im hinteren Nacken
5. am linken Ohr
11. im Nabel
13. im Mund
14. in der Kehle
18. am Anus
Von diesen 24 Kanälen sind jeweils drei einer Richtung und einem Wind-
Element zugeordnet. Jeweils 8 Kanäle nach der Aufteilung in Geist (1-8),
Rede (9-16) und Körper-(17-24). Ebenso existiert eine Einteilung nach
rechter und linker Seite, wobei die Richtungen Osten, Südosten, Süden und
Südwesten mit den Kanälen 1-11 und 24 der rechten Seite zugehören,
während Westen, Nordwesten, Norden und Nordosten mit den Kanälen 12–23
zur linken Seite gezählt werden.
Die unteren Chakren
Das Nabel-Chakra oder «Rad der Hervorbringung» hat eine Lotusblüte mit 64
Blättern, d.h. 64 Hauptkanälen. Es stehen dort die 64 Göttinnen des Sprach-
Mandalas. Die Speichen sind gelb. Das Nabel-Chakra wird viereckig
gezeichnet.
Das Sexual-Chakra oder «Rad der Erhaltung der Glückseligkeit» hat eine
Lotusblüte von 32 Blüten, d.h. 32 Hauptkanälen. Es stehen dort die 32
Schützer des Körper-Mandalas. Die Speichen sind blau. Die Kanäle
entspringen in diesem Chakra dem in der Mitte liegenden Zentralkanal.
Winde bzw. Energieflüsse
Der belebende «Lebenserhaltende Wind». Die Richtung über dem Nabel durch
die Shakti Jnanaparamita (tib. Yeshe pharphyin). Zuordnung zum Element
Raum und der Keimsilbe HO. Dieser Wind wird auch als der «vitalisierende»
bezeichnet, da er im Herz bleibt und die Verbindung zwischen Leben und
Körper herstellt. Er hält die Atmung durch die Nase aufrecht. Diese Energie
ist grün.
Der «Abwärtsleerende Wind». Die Richtung unter dem Nabel durch die Shakti
Prajnaparamita (tib. Sherphyin). Zuordnung zum Element Tiefes Gewahrsein
und der Keimsilbe PHREM. Dieser Wind ist bei den Genitalien zu finden und
kontrolliert die Bewegungen von roten und weißen Bodhicitta (weiblichem
Blut und männlichem Samen), Stuhl und Urin. Eine Behinderung dieser
Energie führt zu Durchfall und Verstopfung. Die Energie ist blau.
Das, was gewöhnlich als «Ich» bezeichnet wird und unser «Inneres Mandala»,
den Körper, darstellt, besteht in der tantrischen Vorstellung aus fünf in
gegenseitiger Abhängigkeit und Wechselwirkung stehenden Anhäufungen
(Skrt. Skandhas) und den fünf Elementen Raum, Luft, Feuer, Wasser und Erde.
Die fünf Skandhas sind: Körperlichkeit (Anhäufung von materiellen Teilen),
Empfindungen (Anhäufungen von Einzelaugenblicken, Gefühlen),
Wahrnehmungen (Unterscheidungen, Anhäufungen von Merkmalen, die von
verschiedenen Bewusstseinsarten erkannt werden), Geistesregungen
(Anhäufungen verschiedener Faktoren) und das Bewusstsein (Anhäufungen
der verschiedenen Haupterkenntnisse). Die fünf Skandhas stellen einen
unaufhörlichen Prozess dar. Sie sind leer d.h. sie besitzen keine
unabhängige, substanzielle Natur. Im Kalachakratantra kommt noch ein
sechstes Skandha hinzu, die Weisheit oder Tiefe Gewahrsein.
Tropfen
Die Energiewinde haben die Aufgabe, sich in bestimmten Daseinszuständen
des Lebens zu Tropfen (tib. thig le) zu verdichten und sich in den Chakren zu
sammeln. Dies bezeichnet man als das System der vier Tropfen. Im
Kalachakrasystem stellt man sich e inen Tropfen in der Größe eines
Senfkornes von roter und weißer Konsistenz vor. Diese Tropfen, die mit den
Winden in den Energiekanälen fließen, haben die Aufgabe, mögliche latente
Verunreinigungen und Blockierungen zu reinigen. Nach der Vorstellung gibt
es zwei Gruppen von je vier Tropfen. Die erste Tropfengruppe sitzt:
Stirn-Chakra
Kehl-Chakra
Herz-Chakra
Nabel-Chakra
Die zweite Tropfengruppe sitzt:
Nabel-Chakra,
im geheimen Platz (Rückgratbasis),
Im Zentrum der Sexualorgane,
An der Spitze der Sexualorgane.
Die Tropfen von der Stirne und dem Nabel produzieren den Wachzustand. Es
werden die körperlichen Objekte gereinigt. Es ist dies der Zustand der
Bewußtseinswahrnehmung unserer Umwelt.
Die Tropfen von der Kehle und der Rückgratbasis produzieren den
Traumzustand Im Zustand des Traumes werden die Winde im oberen Teil des
Körpers in der Stirn-Chakra gesammelt und die Winde des unteren Teil des
Körpers im Nabel-Chakra.
Dieser Tropfen ist für Geräusche und Sprache zuständig sowie für die
Reinigung der Sprache von falschen Worten. Es ist der Zustand unserer
inneren Welt, unsere Gedanken, Gefühle, Wünsche und Hoffnungen.
Die Tropfen vom Herzen und dem Zentrum des Sexualorgans produzieren
den Tiefschlaf. Dieser Tropfen reinigt den Geist und man erreicht den
Zustand der Großen Weisheit.
Die Tropfen vom Nabel und der Spitze des Sexualorgans produzieren das
Tiefe Gewahrsam. Dieser Tropfen steht für den Ich-losen Zustand, die
Abwesenheit von Neid, Gier und Hass, das Nirvana.
Das TCM System von Akupunktur, Akupressur und Shiatsu arbeitet mit
diesen Systemen, benennt sie aber etwas anderes.
Die Akupunktur kennt ein System von Bahnen, die den menschlichen Körper
durchziehen. In ihnen fließt die vitale Energie Qi und reguliert sämtliche
Funktionen der Organkre ise mit ihren vielfältigen Zuordnungen. Über die
Akupunkturpunkte kann direkt auf diese strömende Energie regulierend
eingewirkt werden.
Im Zentrum der Betrachtungen stehen hier Erkenntnisse, die ihre Grundlagen
im Verwobensein von Mensch und Natur haben.
Die Leitbahnen und Organfunktionen sind in das Bezugssystem der 5
Elemente eingeordnet.
Die 11 Organe bzw. Funktionskreise werden unterteilt in 6 Yang-Organe und
5 Yin-Organe. Die 6 Yang-Organe werden auch Fu-Organe oder Hohlorgane
genannt. Zu ihnen zählen: Dickdarm, Dünndarm, Magen, Blase, Gallenblase
und Dreifacher Erwärmer.
Die 5 Yin-Organe sind die Speicher- oder Zang-Organe und zu ihnen zählen:
Lunge, Herz, (Perikard), Milz-Pankreas, Niere und Leber. Herz und Perikard
werden als ein Funktionskreis betrachtet, auch wenn es dafür zwei
Leitbahnen gibt.
Die Hohl- oder Fu-Organe hängen eng mit dem gekoppelten Zang-Organ
zusammen. Jeweils ein Yin- und ein Yang-Organ bzw. Funktionskreis bilden
eine Funktionseinheit, z. B. Dickdarm (Yang) und Lunge (Yin).
Die 12 Leitbahnen verlaufen symmetrisch auf beiden Körperseiten.
Die Funktionen der 5 Speicher-Organe beinhalten im wesentlichen folgende
Funktionen:
Aufnahme und Steuerung von Qi - Die Lunge ist "Herr des Qi". Das Qi der
Lunge n ist klar und fließt nach unten zur Niere.
Austausch und Ausscheidung über die Mikroflora der Schleimhäute des
Dickdarms.
Austausch im Sinne von Symbiose und Transformation. Das Riechen ist
ebenfalls von der Lunge abhängig.
Abgrenzung und Grenzerfahrung. Die Lunge beherrscht die Oberfläche des
Körpers, die Haut und die Körperhaare.
Verlusterfahrungen, Traurigkeit und Depression sind durch Störungen im
Lungenkreislauf gekennzeichnet.
Welken im Herbst des Lebens als Ausdruck Reifung und Ablösung. Die Lunge
ist Klimafaktoren: empfindlich auf äußere Wettereinflüsse wie Kälte,
Trockenheit, Wind oder Hitze.
Trockenheit
Beachte:
Die Kraft der Lunge drückt sich in der Stärke der Stimme aus.
Störungen der Lungenenergie manifestieren sich im gesamten
Respirationstrakt, (Nase, Nebenhöhlen, Rachen, Bronchien, Sprache und
Kommunikation, freudige Erregung im Sinne von Streß, Hitze, Wärme,
Sommer, Pulsation und Rhythmus.
Niere – Blase
Reinigung der Körpersäfte" und Wasserausscheidung
Sexualität und die Reproduktionsfunktion.
Wachstum und Entwicklung
Wärmeproduktion.
Bestimmt die psychische Aktivität und den Willen.
Bei Schwäche der Nierenenergie kommt es zu Aktivitätsmangel, Müdigkeit,
Angst, Depressionen, Impotenz, Fertilitätsstörungen oder zu psychischer
Starre.
Urbedürfnisse, vitalen Bedürfnisse des Sexualsphäre (Urogenitalorgane),
besonders in ihren vitalen Funktionen. Urvertrauen und dessen Bedrohung,
Lebenssicherung.
Besonders als Anfälligkeit gegenüber klimatischer Kälteeinflüsse.
Hierher gehören Haarausfall oder Verlust der Haarfarbe.
Die Knochen und Gelenke sind abhängig von den Funktionen des
Nierensystem; degenerative Gelenkerkrankungen gehen einher mit einer
Schwäche der Nierenenergie.
Leber – Gallenblase
Assimilation.
Die Leber "speichert" das Blut und ist für dessen harmonisches Fließen in den
Blutgefäßen verantwortlich.
Regulation der Menstruation ist von der Leber abhängig. Die
Muskelbewegungen und die Weichheit von Sehnen hängt von der ungestörten
„Energie der Leber" ab, d. h. Stagnation im Körper z. B. Schmerzen und
Spannungen in der Muskulatur oder Stauungs- und Spannungsgefühle im
Brustkorb oder im Kopf sind leberabhängig.
Auch eine Verhärtung von Sehnen oder Muskeln ist die Folge von
Leberstörungen.
Das Chi im Menschen
Damit die Energie zirkulieren kann, benötigt sie ein Bahnensystem, die
Meridiane. Auch hier unterscheidet man Yin- und Yang-Meridiane. Die Yin-
Meridiane beginnen am Fuß, verlaufen entlang der Innenseite des Beines zur
Brust, über die Vorderseite der Schulter, durch die Ellenbeuge zur
Handinnenseite. An den Fingerkuppen übergeben die Yin- Meridiane ihre
Energie an die Yang-Meridiane, die von den Fingerspitzen über den
Ellenbogen, die Schulter von hinten zum Kopf, über den Rücken, die Beine
von hinten auf der Außenseite bis zu den Zehen ziehen. Hier schließt sich der
Kreislauf. Wir sprechen deshalb auch von einem Energiekreislauf.
Wir besitzen 12 Haupt-Meridiane, sechs Paare für Yang Organe, sechs Paare
für Yin Organe und 2 Übergeordnete. Dies sind das Zentralgefäß und das
Gouverneursgefäß. Auch unter Mutter- und Vatermeridian bekannt.
Das Zentralgefäß versorgt die Yin-meridiane.
Das Gouverneursgefäß versorgt alle Yang-meridiane.
Yin-Meridiane Yang-Meridiane
Herz-Meridian Duenndarm-Meridian
Lungen-Meridian Dickdarm-Meridian
Milz-Pankreas-Meridian Magen-Meridian
12 Meridiane wechseln sich ab.
Jeweils 2 Yinmeridiane und 2 Yangmeridiane
Meridianuhr
Meridiannachweis
Die Meridiane wurden bereits vor cirka 20 Jahren nachgewiesen. Dr. Jean-
Claude Darras injizierte mit Hilfe von Radionukliden die Akupunkturpunkte
(Te 99, Th 201, Xe 133, HG2C 1197). Hierdurch konnte er den Verlauf der
oben beschriebenen Meridianleitbahnen messtechnisch darstellen.
(Quellen: "Die Neue Ärztliche" Nr. 39, vom 07.11.1985, "Bioenergetik" Nr. 6,
Juni/Juli 1988, "Deutsche Zeitschrift für Akupunktur", Nr. 35, 1-1992)
Die medizinischen Systeme des Ayurveda, der tibetischen und chinesischen
Medizin haben sehr viele Gemeinsamkeiten, die für unser Verständnis der
Entstehung von Krankheits- und Alterungsprozessen in den nächsten
Jahrzehnten noch bedeutsamer werden, als sie es heute bereits sind.
Selbstverständlich können in dieser Datei nur einige der Themen, die damit
verbunden sind, angerissen werden.
Der Anriss praktischer Übungen findet sich auf dieser Internetseite und zum
Teil auch auf der weiteren Seite unseres Institutes
www.systemischegesundheit.de , auf der wir uns jenseits von Tantra, an
Menschen wenden, die mit dem Thema Sexualität Berührungsängste
verbinden oder die schlechte Erfahrungen auf ihrem Lebensweg gemacht
haben und deren Energie vielleicht ein mehr kognitives Verständnis benötigt,
um Mut zu fassen.