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Info 03/10 – Oktober 2010 Zürcher Anwaltsverband 5

AUS DER HONORARKOMMI SSION

Ein kürzlich eingegangenes Begehren um Honorarprüfung gibt An-


lass, wieder einmal einige grundsätzliche Überlegungen zusamme n-
zufassen:

Nichteintreten bei Die Honorarkommission tritt gemäss ständiger Praxis nicht auf ein
Rechtshängigkeit Honorarprüfungsgesuch ein, wenn die strittige Honorarforderung
bereits bei einem Zivilgericht rechtshängig ist. Steht im Zeitpunkt
des Gesucheingangs ein Rechtsstreit erst in Aussicht, wird das Ver-
fahren vom Präsidenten der Honorarkommission einstweilen sistiert,
bis über die Frage der Rechtshängigkeit Klarheit besteht. Sobald die
Kopie der Klageeinleitung an das zuständige Zivilgericht bei der
Honorarkommission eingeht, wird nachträglich auf das Honorarpr ü-
fungsgesuch nicht eingetreten. So beim zu beurteilenden Ve rfahren.

Anfragen und deren Aufgrund der eingereichten Unterlagen stand fest, dass der
Beantwortung per E-Mail Gesuchsgegner per E-Mail um die Beurteilung der Chancen der
gerichtlichen Anfechtung eines negativen Prüfungsresultates (Fac h-
arztprüfung für innere Medizin) beim Bundesverwaltungsgericht
gebeten wurde. Die Anfrage erfolgte vorbehaltlos und unter Beilage
diverser Dokumente, mit dem ausdrücklichen Hinweis auf die la u-
fende Rechtsmittelfrist und mit der Bitte um eine kurzfristige An t-
wort. Bereits am Folgetag antwortete der Anwalt mittels einer zwei-
seitigen E-Mail und riet – wegen Aussichtslosigkeit – von einer Be-
schwerde ab. Für den entstandenen Aufwand von rund zwei Stun-
den kündigte er seine Honorarrechnung an und gab den Stundena n-
satz von CHF 260.00 bekannt.

Zahlreiche Beanstandungen Der Gesuchsteller machte in einer vierseitigen Eingabe im Wesentli-


durch den Gesuchsteller chen geltend, der Gesuchsgegner habe zahlreiche anwaltliche
Grundsätze ausser Acht gelassen. Er habe es unter anderem ve r-
säumt:

– die Identität des E-Mail Absenders zu prüfen,


– sich formgerecht bevollmächtigen und beauftragen zu la ssen,
– den Gesuchsteller aufzuklären, ob er sich fachlich imstande sehe,
den Sachverhalt rechtlich zu beurteilen und
– den Gesuchsteller über die Kosten, die entstehen, aufzuklären.

Der Gesuchsteller habe sodann nach Treu und Glauben davon aus-
gehen dürfen, dass der Erstkontakt kostenfrei sei, weil viele Anwälte
die erste Beratung kostenlos erbringen würden. Dies sei geradezu
eine Usanz. Schliesslich sei die Antwort des Gesuchsgegners auch
fachlich sehr unbefriedigend ausgefallen und der Anwalt habe einen
völlig unverhältnismässigen Aufwand betrieben; die Honorarforde-
rung von CHF 629.45 sei überrissen. Aufgrund des objektiv sehr
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einfachen Auftrags wäre allenfalls ein Stundensatz von CHF 150.00


„den hier gegebenen Anforderungen entsprechend“ gewesen.

Trotz Nichteintretens liess es sich der Schreibende nicht nehmen,


seiner Verfügung einige materiell-rechtlichen Erwägungen beizufü-
gen:

Zustandekommen des Auch bei einer Anfrage per E-Mail und dem gleichzeitigen Ersuchen
Mandatsvertrages und an den Anwalt, einen Sachverhalt rechtlich zu prüfen, kommt ein
Erstberatung Mandatsvertrag gültig zustande, wenn der Anwalt in der Folge tätig
wird. Die Aufwendungen des Anwalts zur Beantwortung der Anfrage
sind grundsätzlich kostenpflichtig, und zwar ab dem ersten Feder-
strich. Der Klient kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine
Erstberatung nichts koste. Die Kostenpflicht beginnt mit der Man-
datserteilung.

Übliches Honorar bei Bei fehlender Honorarvereinbarung ist der „übliche Stundenansatz“
fehlender zu vergüten. Der vom Anwalt für die zeitnahe Beantwortung der
Honorarvereinbarung Anfrage zur Anwendung gebrachte Stundenansatz von CHF 260.00
zuzüglich Mehrwertsteuer liegt nach Beurteilung der Honorarkom-
mission im Rahmen des Üblichen.

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