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Anmerkungen zur Frequenzverteilungsuntersuchung

von Mecklenbräuker et al. vom 25.03.2011

Torsten J. Gerpott*

Duisburg
13. April 2011

* Univ.-Prof. Dr. Torsten J. Gerpott, Am Freischütz 6, 47058 Duisburg.


Anmerkungen Torsten J. Gerpott
Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 1

1. Management-Zusammenfassung
Die Kostenvergleiche, die Mecklenbräuker et al. zur Beantwortung der Frage nach der Exis-
tenz ökonomisch-frequenztechnischer Nachteile aufgrund der bestehenden Frequenzzuteilun-
gen auf Mobilfunknetzbetreiber (MFN) in Deutschland vorlegen, sind durch problematische
Annahmen, z.T. nicht durchschaubare Berechnungsschritte und sachlich unangemessene Vor-
gehensweisen charakterisiert. Sie sind folglich nicht geeignet, die These zu untermauern, dass
„keine Indikationen für Wettbewerbsverzerrungen durch die Frequenzausstattung bei Flexibi-
lisierung des 900 MHz Bandes“ (S. 16) existieren.
Insbesondere implizieren die von den Gutachtern vorgelegten Vergleiche der Summen aus
Netz- und Frequenzkosten bei unterschiedlicher Frequenzverfügbarkeit, dass E-Plus eine Um-
verteilung von 900 MHz-Frequenzen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen im April/
Mai 2010 dadurch hätte erreichen können, dass man nicht um 800 MHz-Frequenzen mit ge-
steigert und so bei den Wettbewerbern niedrige (800 MHz-)Frequenzkosten hervorgerufen
hätte. Im zweiten Quartal 2010 war jedoch die von Mecklenbräuker et al. nun Anfang 2011
zugrunde gelegte Logik weder bekannt noch sicher vorhersehbar, so dass E-Plus sich nicht
entsprechend in seinem Bietverhalten darauf einstellen konnte. Folgt man dem Ansatz der
Autoren bei der Analyse frequenzverfügbarkeitsbedingter Wettbewerbsverzerrungen die Fre-
quenzpreise der Auktion mit in Kostenvergleiche einzubeziehen, dann würde E-Plus im
Nachhinein nun durch Versagen einer Umverteilung von 900 MHz-Spektrum dafür „bestraft“,
dass man sich bei der Versteigerung im Frühjahr 2010 sehr ernsthaft um 800 MHz-
Frequenzen bemüht hat.

2. Auftrag
Am 25.03.2011 wurde das von der Bundesnetzagentur bei Mecklenbräuker et al. in Auftrag
gegebene ökonomisch-technische Gutachten zur Frequenzverteilungsuntersuchung der Nut-
zungsflexibilisierung im 900/1800 MHz-Band auf der Website der Behörde veröffentlicht.

Am 28.03.2011 wurde ich von E-Plus mit einer ökonomisch ausgerichteten Kurzanalyse der
Tragfähigkeit der Schlussfolgerungen dieser Studie im Hinblick auf die dort adressierte Frage
(2) „Bestehen objektive ökonomisch-frequenztechnische Nachteile aufgrund der Frequenzzu-
teilung? Welche Kennzahlen sind aussagekräftig?“ (S. 31) beauftragt. Das vorliegende Papier
fasst die Analyseergebnisse, die ich auszugsweise auch bereits im Rahmen der öffentlichen
Sitzung der Präsidentenkammer der Bundesnetzagentur am 04.04.2011 in Bonn vorgetragen
habe, zusammen.
Dabei wird zunächst in Kap. 3.1 die von Mecklenbräuker et al. (2011, S. 49-80) vorgenom-
menen Vergleiche der Summen von Netzinvestitionen und -betriebskosten einerseits sowie
„Frequenzkosten“ (= in der Auktion im April/Mai 2010 gezahlte Spektrumpreise) andererseits
eingegangen, weil diese Vergleiche eine zentrale inhaltliche Bedeutung für die von Mecklen-
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bräuker et al. (2011, S. 16, 81) auf die o.a. Frage 2 gegebene Antwort haben. Anschließend
wird in Kap. 3.2 auf Aussagen eingegangen, die Mecklenbräuker et al. (2011, S. 32-42) im
Zusammenhang mit ihrer Auseinandersetzung mit Stellungnahmen treffen, die Marktteilneh-
mer im Rahmen der Bundesnetzagentur-Konsultationen zur Festlegung von Entgelten für An-
rufzustellungen in einzelnen Mobilfunknetzen im Jahr 2010 oder auf das Impulspapier der
Behörde vom August 2010 zur Frequenzverteilungsuntersuchung vorgelegt haben.
Die Analyse erfolgt dergestalt, dass zunächst jeweils konkrete Passagen aus dem Gutachten
von Mecklenbräuker et al. wörtlich zitiert oder sinngemäß wieder gegeben werden und dann
zu einer Passage kritische Anmerkungen/Fragen an die Gutachter adressiert werden.

3. Anmerkungen zu Teilen des Gutachtens


3.1 Kostenvergleichsbetrachtungen
Verfehlter Einbezug von Frequenzkosten bei Kostenvergleichen
Auf S. 49 treffen Mecklenbräuker et al. folgende Aussage: „Die Kosten für die Erbringung
[eines flächendeckenden Breitbanddienstes] im 800 MHz Band sind den Kosten für den Er-
werb der Frequenzen gegenüber zu stellen.“ Ähnlich heben die Autoren auch auf S. 57 in Ab-
bildung 12, auf S. 63 mit Abbildung 17 sowie auf S. 67 mit Abbildung 20 darauf ab, dass
dann keine Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Frequenzausstattungen gegeben
seien, wenn die Mehrkosten von Funkzugangsnetzen auf Basis von Kapazitätsfrequenzen (=
Frequenzen oberhalb von 1 GHz) gegenüber Netzen auf Basis von Flächenfrequenzen (= Fre-
quenzen bis zu 1 GHz) etwa dem Mehrpreis entsprechen, welcher in der Frequenzauktion im
Mai 2010 von den drei Unternehmen, die Spektrum aus der „digitalen Dividende“ im 800
MHz-Bereich ersteigert haben, gegenüber den dort erzielten Preisen für Kapazitätsspektrum
gezahlt wurde (s.a. S. 71).
Diese Logik, die Summe aus Netzinvestitionen und laufenden Betriebskosten einerseits sowie
Frequenzkosten andererseits als „Gesamtkosten“ (S. 63 u. 67) für vier Szenarien, die sich hin-
sichtlich der hypothetisch agierenden MFN und ihrer Ausstattung mit Frequenzen in den
Bändern 800 MHz, 900 MHz und 1.800 MHz unterscheiden, zu vergleichen und allein daraus
dann Schlussfolgerungen zu frequenzverfügbarkeitsbedingten Wettbewerbsverzerrungen zu
ziehen (vgl. S. 51), ist mindestens aus drei Gründen verfehlt:
– Die Frequenzkosten sind keine technisch bestimmte Größe, sondern resultieren aus dem
Auktionsverhalten der MFN, sie sind damit auch kein exogener Indikator für strukturell
hervorgerufene Wettbewerbsnachteile von MFN in Deutschland.
– Die Logik der Autoren impliziert, dass E-Plus eine Umverteilung von 900 MHz-Frequen-
zen zum Ausgleich von Wettbewerbsnachteilen im April/Mai 2010 allein dadurch hätte er-
reichen können, dass man nicht um 800 MHz-Frequenzen mit gesteigert und so bei den
Wettbewerbern niedrige (800 MHz-)Frequenzkosten hervorgerufen hätte. Im April/Mai
2010 konnte aber von einer solchen Logik nicht sicher ausgegangen werden, so dass E-
Plus sich nicht entsprechend in seinem Bietverhalten darauf einstellen konnte. Folgt man
dem Ansatz von Mecklenbräuker et al., bei der Analyse frequenzverfügbarkeitsbedingter
Wettbewerbsverzerrungen die Frequenzpreise der Auktion mit in Kostenvergleiche einzu-
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Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 3
beziehen, dann würde E-Plus im Nachhinein nun durch Versagen einer Umverteilung von
900 MHz-Spektrum dafür „bestraft“, dass man sich bei der Versteigerung im Frühjahr
2010 sehr ernsthaft um 800 MHz-Frequenzen bemüht hat.
– Die Autoren nehmen an, dass Netzkostenunterschiede in den vier Szenarien allein auf die
Lage der im Zugangsnetz nutzbaren Frequenzbänder zurückzuführen sind. Sie vernachläs-
sigen damit aber andere kostenbestimmende Faktoren wie etwa die größere Einkaufsmacht
der E-Plus-Wettbewerber bei Infrastrukturlieferanten, die z.T. auf die ungleiche regulatori-
sche Behandlung der MFN zurückzuführen sind und bis in die Gegenwart Netzkostennach-
teile nach sich ziehen. Weiterhin klammern sie aus, dass Telekom Deutschland (TD) und
Vodafone D2 (VD2) bei sprungfixen Netzinvestitionsverläufen und der sich hieraus erge-
benden besseren Auslastung von Netzkapazitäten niedrigere durchschnittliche „Stückkos-
ten“ (i.S. von Netzinvestitionen pro Kunde bzw. pro Euro Umsatz) aufweisen dürften. Al-
les in allem lässt die verengte Kostenanalyse von Mecklenbräuker et al. damit regulie-
rungsinduzierte Nachteile von E-Plus bzw. Vorteile von TD und VD2 außer Acht, die zu-
sätzlich einzubeziehen sind, wenn es darum geht, das Potenzial von MFN aufgrund ihrer
Marktposition, Wettbewerber zu verdrängen bzw. selbst verdrängt zu werden und die
Notwendigkeit einer kompensatorischen Frequenzregulierung abzuschätzen.

Bei den Vergleichen, die korrekterweise nur auf die Netzkosten ohne Frequenzpreise abstel-
len (Abbildung 16 u. 19) sieht sich E-Plus denn auch jeweils einem erheblichen Kostennach-
teil gegenüber Wettbewerbern ausgesetzt, die über ein größeres Volumen an Flächenspektrum
verfügen.

Realitätsferne Annahmen bei der Kostenmodellierung


Zur Bestimmung der erforderlichen Funkzellradien legen Mecklenbräuker et al. „eine kon-
stante Datenrate über den gesamten Versorgungsbereich zugrunde. Diese beträgt in der Ab-
wärtsstrecke 2,4 Mbit/s und in der Aufwärtsstrecke 384 kbit/s“ (S. 52). Zur Begründung die-
ser Prämissen wird lediglich pauschal auf den „Stand der Technik“ (S. 52) verwiesen. Hier
fehlt es offensichtlich an einer transparenten, inhaltlich gehaltvollen Herleitung der Datenra-
tenannahmen. Gleiches gilt für die Prämissen „über das Link Budget“ (S. 52).
Die Ableitung der auf S. 52 in Tabelle 3 gezeigten Funkzellradien für drei Frequenzbänder
und vier Besiedelungsklassen, zu deren Beleg als Quelle lediglich ein Selbstzitat („Institut für
Telekommunikation“ (ITC), TU Wien) angeführt wird, erläutern die Autoren wie folgt (S. 53):
„Es handelt sich um harmonisierte Zahlen aufgrund einer Befragung von nicht-deutschen
kommerziellen Mobilfunknetzbetreibern (basierend auf dem Ausbreitungsmodell COST-
HATA).“ Hierzu ist anzumerken, dass diese Angaben bei weitem nicht ausreichen, um die
fachliche Haltbarkeit der Berechnungen der Zellradien nachzuvollziehen. So ist zu fragen,
was hier „harmonisiert“ genau heißt (z.B. Verwendung des Mittelwerts, des Modus oder des
Medians aus der Befragung?). Außerdem ist nicht ersichtlich, inwiefern außerhalb Deutsch-
lands gewonnene Befragungsergebnisse auf Deutschland transferiert werden können. Ebenso
bleibt im Dunkeln, wer genau befragt wurde. Fachlich angemessen wären hier technische
Primärerhebungen bei den vier Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland gewesen.
Zur Herleitung der erforderlichen Datentransportkapazität in den Modellszenarien gehen
Mecklenbräuker et al. (S. 54f.) davon aus, dass die SIM-Kartenpenetration pro 100 Einwoh-
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ner, die in Deutschland Ende 2009 erreicht wurde, multipliziert mit der Zahl der Einwohner
und einem SIM-Kartenmarktanteil von 25% die Anzahl der Datenkunden eines MFN in den
Modellrechnungen angemessen widerspiegelt. Diese Annahme zur Zahl der Datenkunden ist
nicht sinnvoll, da Anfang 2011 die Nutzungsquote von mobilen Datendiensten in Deutschland
erst zwischen 15% und 25% der (Postpaid-)Mobilfunkkunden lag. Eine fachlich tragfähige
Modellierung hätte hier zudem nicht mit einer über 15 Jahre (!) konstanten Datenkundenquote
gearbeitet, sondern die Quote als S-förmige Arkustangens-Diffusionsfunktion formuliert.
Folge der nicht sachgerechten Annahmen/Modellierung ist eine viel zu hohe Datenkunden-
zahl. Sie führt zu einer Überschätzung des Bedarfs an Kapazitätsstandorten bei MFN mit
mehr als 2 x 10 MHz Flächenspektrum und hat damit zur Konsequenz, dass der Netzkosten-
nachteil von E-Plus in den Szenarien 1 bis 3 gegenüber den Konkurrenten in Szenario 0 signi-
fikant zu niedrig ausgewiesen wird.
Ebenso problematisch ist die Prämisse, dass „15% des täglichen [Daten-] Verkehrs in der
Hauptverkehrsstunde“ (S. 54) anfallen sollen. Entsprechende, in der deutschen Mobilfunkin-
dustrie übliche Werte liegen etwa auf 50% bis 60% des genannten Niveaus.
Die Überschätzung der Datenverkehrsmengen und der Kapazitätserfordernisse zur Bewälti-
gung der Hauptverkehrsstunde haben wiederum zur Folge, dass Kostenvorteile von Flächen-
gegenüber Kapazitätsfrequenzen systematisch unterschätzt werden und damit die relative
Netzkostenvorteilhaftigkeit des Szenarios 0 (s. S. 49) viel zu niedrig angesetzt wird.

Intransparente Kostenableitung
Bei dem Vergleich der „Kosten für die Netzabdeckung“ in Abbildung 16 kommen die Auto-
ren zu dem Ergebnis, dass sich diese Kosten für MFN mit Spektrum im 800 MHz-Bereich
(Szenario 0) und für E-Plus im Szenario 2 nur um etwa 11% unterscheiden (s. S. 62). Hier ist
nicht ersichtlich, inwieweit Mecklenbräuker et al. die Kosten berücksichtigt haben, die E-Plus
zu tragen haben würde, um einen Teil seiner Basisstationen dahingehend umzurüsten, dass sie
nicht mehr 900 MHz-Frequenzen, sondern 1.800 MHz-Frequenzen zur Abwicklung von
Sprachverkehr nutzen, da die 900 MHz-Frequenzen im Szenario 2 (und abgeschwächt auch
im Szenario 3) ja für den Datenverkehr benötigt werden (vgl. zu dieser Kostenart Gerpott
2008, S. 70-72).
Unerwähnt bleibt bei dem Vergleich der Kosten für Netzabdeckung auf S. 62, aber auch bei
der Gegenüberstellung der Netzkosten für Kapazität auf S. 67 (Abbildung 19) im Übrigen,
dass E-Plus selbst dann, wenn man den GSM-Sprachverkehr komplett auf 1.800 MHz migrie-
ren würde, mit 2 x 5 MHz im 900 MHz-Band in ländlichen Regionen einen Angebotsnachteil
dadurch erleidet, dass man lediglich geringere Spitzendatenraten anbieten kann als die D-
Netzbetreiber, weil letztere dazu der Lage sein werden, von dem Ihnen zur Verfügung stehen-
den Flächenspektrum von 2 x 22,4 MHz in dünn besiedelten Regionen mindestens 2 x 20
MHz zu aggregieren.
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In Kap. 3.2.6 kalkulieren Mecklenbräuker et al. „wie viele Basisstationen benötigt werden,
um den Verkehr eines typischen durchschnittlichen Mobilfunknetzbetreibers abzudecken im
Vergleich zu der benötigten Anzahl Basisstationen, die erforderlich sind, um nur Netzabde-
ckung sicher zu stellen“ (S. 65). Die Ableitung der Zahl der „Basisstationen … für Kapazität“
(S. 66) aus den Verkehrsmengen- und (nicht sachgerechten) Kundenzahlannahmen gemäß
Fußnote 49 ist im Bericht von Mecklenbräuker et al. nicht nachvollziehbar. Insbesondere wird
nicht klar herausgearbeitet, inwieweit die „Netzkosten für Kapazität“ in Abbildung 19 (S. 67)
ebenfalls die „Kosten für das Zugangsnetz für Netzabdeckung“ in Abbildung 16 (S. 62) bein-
halten.
Falls in Abbildung 19 auch die Kosten für Kapazitätsbasisstationen gemäß Abbildung 15/16
eingeschlossen sein sollten, dann ist der dortige Kostenausweis deshalb irreführend, weil er
den unterschiedlichen zeitlichen Verlauf von Investitionen in Flächenabdeckung und in Kapa-
zität sowie daraus resultierende Barwertunterschiede zwischen (Anschaffungs- und Betriebs-)
Kosten für Flächen- versus Kapazitätsbasisstationen nicht einbezieht: Kapazitätsinvestitionen
und mit ihnen verknüpfte Betriebskosten fallen, anders als Flächendeckungsinvestitionen,
nicht durchweg sofort, sondern erst sukzessive mit steigenden Datenkundenzahlen bzw. -ver-
kehrsmengen an. Der Barwert von Kapazitätsbasisstationen liegt bei gleichmäßiger Vertei-
lung ihres Aufbaus über die von Mecklenbräuker et al. angesetzten 15 Jahre Betriebsdauer
(vgl. S. 55 u.71) und einem Gesamtkapitalkostensatz von 10% (s. S. 55) um 51% unter dem
Barwert von Flächenbasisstationen, die kurzfristig zu errichten sind.1 Zusätzlich sinken die
Investitionen für Kapazität dadurch, dass „die Kosten der Basisstationen .. einem Preisverfall
[unterliegen]“ (S. 64). Im Ergebnis ist aufgrund der beiden genannten Effekte in einer konser-
vativen Rechnung anzunehmen, dass die Summe aus Anfangsinvestitionen und laufenden Be-
triebsauszahlungen pro Kapazitätsbasisstation im Durchschnitt höchstens bei etwa 50% der
Zahlungen liegt, die pro Flächenbasisstation anfallen.
Tabelle 1 weist in der oberen Hälfte aus, welche Gesamtkosten sich ergeben, wenn man un-
terstellt, dass die Werte in Abbildung 19 auch die Kapazitätskosten gemäß Abbildung 16 ent-
halten und dass sich der Barwert der Kapazitätskosten auf 50% des entsprechenden Nominal-
werts beläuft. In dieser Neukalkulation erhält man, selbst in dem zu eng angelegten Gesamt-
kostenvergleich von Mecklenbräuker et al., einen Kostenunterschied zuungunsten von E-Plus,
der sich auf mindestens 12% beläuft und nicht etwa (wie von den Autoren behauptet) „kleiner
als 1%“ (S. 68) ausfällt.
Sollte Abbildung 19 hingegen nicht die Flächenkosten aus Abbildung 16 enthalten, dann fehlt
bei Mecklenbräuker et al. eine Gesamtbetrachtung der Summe der drei Kostenarten gemäß
Abbildung 17 und 19. Tabelle 1 zeigt in der unteren Hälfte eine neu kalkulierte entsprechende
Gesamtbetrachtung, nach der E-Plus dann allein bei den Netzkosten einen Nachteil von min-
destens 12% aufgrund der schlechten Ausstattung mit Flächenspektrum aufweisen würde.

1 Der genannte Prozentwert ergibt sich wie folgt: [1 – (1/1,1)7,5] • 100.


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Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 6
Tabelle 1: Neukalkulation der Gesamtkostenvergleiche von Mecklenbräuker et al. unter Be-
rücksichtigung des verzögerten Anfalls von Kosten durch Basisstationen für Ka-
pazität

Annahme: Abb. 19 enthält auch Flächenkosten gemäß Abb. 16!

Szenario!
Kostenart! 0! 1! 2! 3! Quelle!

• !Flächendeckung (Mio. ")! 559,0! 2.233,0! 623,0! 1.595,0! Abb. 16!


• !Kapazitäta (Mio. ")! 596,5! 347,5! 1.405,5! 567,0! Abb. 16 u. 19!
• !Frequenzen (Mio. ")! 1.192,0! 43,0! 596,0! 639,0! Abb. 20!

• !Summe (Mio. ")! 2.347,5! 2.623,5! 2.624,5b! 2.801,0b!


(100%)! (112%)! (112%)! (119%)!

Annahme: Abb. 19 enthält Flächenkosten gemäß Abb. 16 nicht!

Szenario!
Kostenart! 0! 1! 2! 3! Quelle!

• !Flächendeckung (Mio. ")! 559,0! 2.233,0! 623,0! 1.595,0! Abb. 16!


• !Kapazitätc (Mio. ")! 876,0! 1.464,0! 1.717,0! 1.364,5! Abb. 19!
• !Frequenzen (Mio. ")! 1.192,0! 43,0! 596,0! 639,0! Abb. 20!

• !Summe (Mio. ")! 2.627,0! 3.740,0! 2.936,0b! 3.598,5b!


(100%)! (142%)! (112%)! (137%)!

a)  Kapazitätskosten ergeben sich als mit dem Faktor 0,5 multiplizierte Differenz der für ein Szenario ausgewie-
senen Werte in Abb. 19 und 16. Der Faktor 0,5 spiegelt wieder, dass Auszahlungen für Kapazität gegenüber
Auszahlungen für Flächendeckung zeitlich verzögert anfallen und dass der Preis später installierter Netztechnik
niedriger ist als der Preis heute errichteter Technik.!
b)  Vermutlich zuzüglich Kosten für Umrüstung von reinen GSM-900-Standorten auf „dual band“ Basisstationen.!
c)  Kapazitätskosten ergeben sich als mit dem Faktor 0,5 multiplizierte Szenariowerte gemäß Abb. 19. Der Faktor
0,5 spiegelt wieder, dass Auszahlungen für Kapazitäten gegenüber Auszahlungen für Flächendeckung zeitlich
verzögert anfallen und dass der Preis später installierter Netztechnik niedriger ist als der Preis heute errichteter
Technik.!

In Kap. 3.2.8 kontrastieren Mecklenbräuker et al. dankenswerterweise die eigenen Modellkal-


kulationen mit denen aus vier anderen Studien. Sie verdeutlichen so u.a., dass (S. 75) „das
Verhältnis der Basisstationen [für Kapazitäts- versus Flächenspektrum] .. zwischen 1 und 3,44
[liegt].“ Weiter stellen die Autoren heraus, dass „man erkennt, dass die Auswertung der Ver-
gleichsgutachten kein einheitliches Bild ergibt“ (S. 76). Hier ist anzumerken, dass die be-
obachtete enorme Spannweite des Verhältnisses von Basisstationen für Kapazitäts- versus
Flächenspektrum dafür spricht, dass eine modellhafte Betrachtung ohne Einbezug der Ist-Si-
Anmerkungen Torsten J.Gerpott
Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 7

tuation der vier Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland nicht ausreicht, um mit hinreichender


Sicherheit behaupten zu können, dass auf der Kostenseite keine Wettbewerbsverzerrungen
aufgrund von Frequenzausstattungsunterschieden vorliegen.
Auch wenn aus dem Gutachten nicht klar zu entnehmen ist, welche Kostenarten in Abbildung
19 eingeschlossen sind, so kann sicher festgestellt werden, dass die These, „dass ein Netzbe-
treiber mit einer Frequenzausstattung wie E-Plus zu gleichen Kosten ein mobiles Breitband-
netz aufbauen kann wie Netzbetreiber mit Flächenspektrum“ (S. 68) von Mecklenbräuker et
al. nicht in eindeutiger Weise transparent hergeleitet wird. Weiter sind die Kostenver-
gleichsanalysen in Kap. 3.2.6 insbesondere aufgrund der Vernachlässigung von Unterschie-
den im zeitlichen Anfall von Flächen- und Kapazitätskosten als sachlich nicht haltbar zu be-
werten.

Übersehene Implikationen der für E-Plus ausgewiesenen wettbewerbsstrategischen Positio-


nierungsmöglichkeiten
In Kap. 3.2.9 stellen die Autoren in der mit „Marktsegmente in Abhängigkeit von der Nut-
zungspräferenz“ betitelten Abbildung 26 fest, dass E-Plus aufgrund seiner Frequenzausstat-
tung nicht die Möglichkeit hat, sich als datenzentrierter Anbieter außerhalb von Städten zu
positionieren. Die (negativen) Konsequenzen daraus für die Entwicklung der Wettbewerbsin-
tensität und der Endkundenpreise gerade für den Wachstumsmarkt der mobilen Datendienste
werden ebenso wenig thematisiert wie die Implikation der Erkenntnis, dass sich E-Plus – so-
gar nach Meinung der Gutachter – aufgrund seiner Frequenzausstattung primär auf den
Sprachdienstemarkt zu beschränken hat, für die langfristige Überlebensfähigkeit dieses An-
bieters. Insgesamt ist die mit Abbildung 26 von Mecklenbräuker et al. eingeräumte frequenz-
bedingte Beschränkung der wettbewerbsstrategischen Positionierungsmöglichkeiten von E-
Plus zumindest bei Datendiensten nur schwer vereinbar mit der Aussage, dass „keine Indika-
tionen [dafür gesehen werden], dass Wettbewerbsverzerrungen aufgrund der Frequenz-
ausstattung vorliegen“ (S. 81).
Im Zusammenhang mit den unterschiedlichen Strategien der vier MFN in Deutschland tragen
Mecklenbräuker et al. schließlich vor (S. 80), dass es in Deutschland „ein [Nash-] Markt-
gleichgewicht gibt wenn es Betreiber mit unterschiedlichen Frequenzausstattungen gibt, die
unterschiedliche Marktpositionen eingenommen haben, bei denen keiner davon profitiert, eine
andere Position einzunehmen.“ Dieser Hinweis geht völlig am Thema einer frequenzausstat-
tungsbedingten Wettbewerbsbenachteiligung einzelner MFN in Deutschland vorbei. Das Vor-
liegen eines Nash-Gleichgewichts ist keine Voraussetzung dafür, dass es im Mobilfunkmarkt
chancengleichen Wettbewerb gibt. Ein Nash-Gleichgewicht impliziert vielmehr lediglich,
dass kein MFN sich durch unkooperatives Verhalten gegenüber einem Wettbewerber verbes-
sern kann. Wenn ein solches „Gleichgewicht“ im deutschen Mobilfunkmarkt vorliegen wür-
de, also der Wettbewerb quasi „erstarrt“ wäre, dann wäre das im Gegenteil ein Indiz dafür,
Anmerkungen Torsten J.Gerpott
Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 8

dass es (frequenz-)regulatorischer Eingriffe bedarf, um Anreize für unkooperative Konkur-


renzstrategien zu erzeugen.

3.2 Aussagen zur Stellungnahmen von Marktteilnehmern


Auf S. 35 führen Mecklenbräuker et al. im Zusammenhang mit der Auswertung einer E-Plus-
Stellungnahme, die bei der Bundesnetzagentur 2010 im Rahmen der Konsultation zu Mobil-
funkterminierungsentgelten eingereicht wurde, aus: „Wir bewerten diese Gegenüberstellung
von EBITDA und Umsatz bei Telekom Deutschland und anderen Netzbetreibern als wenig
aussagekräftig. … Ferner können aus der Gegenüberstellung keine eindeutigen Schlussfolge-
rungen im Hinblick auf die Frequenzausstattung als Ursache gezogen werden.“ Hier bleibt
zunächst unerklärt, warum nach dem Dafürhalten der Gutachter die Gegenüberstellung von
(absoluten) EBITDA von TD und des Umsatzes von E-Plus keine aussagekräftige Analyse
zur Verdeutlichung von Größenvorteilen von TD gegenüber E-Plus darstellen soll. Zudem
bleibt an dieser Stelle, aber auch auf S. 39 unerörtert, inwiefern nicht verschiedene MFN, die
gleiche prozentuale EBITDA-Margen aufweisen, aufgrund von absoluten Größendivergen-
zen, die z.T. auf regulierungsbedingte Bevorzugungen in der Vergangenheit zurückzuführen
sind, unterschiedliche Markmacht und Verdrängungsmöglichkeiten gegenüber Konkurrenten
aufweisen dürften. Schließlich ist zu fragen, warum die multivariaten Regressionsanalysen,
die von Gerpott (2010, S. 46) vorgelegt wurden und in denen ein signifikanter positiver Effekt
der Verfügbarkeit von 900 MHz-Frequenzen bei Geschäftsaufnahme auf die EBITDA-Marge
für 49 westeuropäische MFN empirisch nachgewiesen wurde, hier ignoriert wurden, obwohl
diese Analysen für den in Abrede gestellten kausalen Zusammenhang sprechen.

In Kap. 3.2.1.2 argumentieren Mecklenbräuker et al., dass daraus, dass sich die EBITDA-
Margen von E-Plus einerseits und TD sowie VD2 andererseits ähneln würden, geschlossen
werden könne, dass „Unternehmen unterschiedlicher Größe in einem Markt erfolgreich sein
können“ (S. 39). Sie setzen sich jedoch nicht mit den Fragen auseinander, wie viel erfolgrei-
cher E-Plus sein könnte, wenn das Unternehmen nicht seit 1993 regulatorisch benachteiligt
worden wäre und warum der Anbieter bei dem Erfolgskriterium der Unternehmensgröße auch
fast 20 Jahre nach dessen Markteintritt nicht zu TD und VD2 aufzuschließen vermochte.

Weiter stellen Mecklenbräuker et al. in diesem Kapitel auf S. 41 unter Bezugnahme auf die
Arbeit von Gerpott (2010) folgende Behauptung auf: „Der internationale Vergleich von Prof.
Gerpott zur Korrelation zwischen wirtschaftlich/finanziellen Kennzahlen weist ein Problem in
Bezug auf die Heteroskedastizität auf. … Für die Analyse heißt dies, dass es sich um eine
Scheinkorrelation handelt, bei der in diesem konkreten Fall nur die Schlussfolgerung gezogen
werden kann, dass nur ein Teil der Betreiber (jene, die früh in den Markt eingetreten sind)
sehr hohe Markanteile erzielen kann, und dass andere Betreiber entweder mittlere oder nied-
rige Marktanteile haben.“ Diesbezüglich gilt in methodischer Hinsicht, dass selbstverständlich
auch für die Analyse in Abbildung 5 bei Gerpott (2010, S. 41) anhand eines Diagramms der
Anmerkungen Torsten J.Gerpott
Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 9

Residuen des SIM-Kartenanteils geprüft wurde, inwiefern die Residuen mit zunehmendem y
ebenfalls klar zunehmen. Eine solche Zunahme war nicht eindeutig festzustellen. Folglich
existiert das behauptete Heteroskedastizitätsproblem nicht. Weiter implizieren die Ausfüh-
rungen, dass Mecklenbräuker et al. offenbar nicht bestreiten, dass TD und VD2 bis zur Ge-
genwart ökonomische Vorteile aus ihrem frühen Eintritt in den deutschen Mobilfunkmarkt
ziehen. Damit wird auch deutlich, dass ihre o.a. Kritik einer „Scheinkorrelation“ nicht nur
methodisch haltlos ist, sondern auch im Widerspruch zu den eigenen Aussagen der Gutachter
steht.
Zusätzlich führen Mecklenbräuker et al. auf S. 41 angesichts der Korrelation zwischen dem
Eintrittszeitpunkt eines MFN in einen nationalen Mobilfunkmarkt und dessen SIM-Karten-
marktanteil aus: „Für den deutschen Markt bedeutet dies, dass E-Plus und Telefónica …
durchaus einen angemessenen Marktanteil erzielen konnten, wie es bei E-Plus mit aktuell
18,5% Marktanteil der Fall ist“ (kursive Hervorhebung nur hier). Auf die Fragen, wie die
Gutachter „angemessen“ definieren und warum der genannte Marktanteil von E-Plus nun als
„angemessen“ zu klassifizieren ist, bleiben die Autoren jegliche Antworten schuldig. Symp-
tomatisch für die Einseitigkeit der Argumentation ist allerdings, dass auf den SIM-Karten-
marktanteil von E-Plus abgestellt wurde und nicht etwa auf den Umsatzmarktanteil, der im
Jahr 2010 mit 15,5% etwa um 16 % niedriger lag als die von Mecklenbräuker et al. gemachte
Prozentangabe.
Auf S. 42 behaupten die Gutachter dann: „Bei der Darstellung von E-Plus werden Markter-
gebnisse (Marktanteile) mit der Frequenzausstattung in Zusammenhang gebracht, ohne den
statistischen und faktischen Zusammenhang zwischen beiden Informationen herzustellen.
Andere Gründe für den Marktanteil (Strategie, späterer Markteintritt, geringe Zahl an portier-
ten Nummern im Mobilfunk) werden nicht untersucht. So ist aber der Wettbewerbseffekt der
Frequenzausstattung nicht zu identifizieren.“
Diese Ausführungen sind insoweit falsch, als dass die Aussagen von E-Plus auf die bereits
erwähnten empirischen Analysen von Gerpott (2010, S. 45–50) Bezug nehmen, in denen Zu-
sammenhänge zwischen drei Marktergebnisindikatoren einerseits und der Frequenzausstat-
tung von MFN bei Geschäftsaufnahme andererseits statistisch nachgewiesen wurden. Dieser
Beleg wird dort auch dergestalt erbracht, dass andere Faktoren, die ebenfalls Effekte auf die
betrachteten Marktergebniskriterien haben könnten (z.B. Markteintrittstiming, absolute Grö-
ße), ökonometrisch neutralisiert werden. Die Analysen von Gerpott sind damit sehr wohl ge-
eignet, belastbare Hinweise auf Wettbewerbseffekte der Frequenzausstattung zu liefern. Zu-
dem ist der Angriff der Argumentation von E-Plus ein Indiz dafür, dass die Gutachter mit un-
terschiedlichen Maßstäben messen: Während sie selbst in ihren Kostenvergleichen Effekte
von Drittvariablen nicht erörtern, geschweige denn statistisch kontrollieren, monieren sie bei
E-Plus (zu Unrecht), dass andere Faktoren nicht einbezogen worden seien.
Anmerkungen Torsten J.Gerpott
Gutachten Mecklenbräuker et al. 13.04.2011, Seite 10

Literaturverzeichnis
Gerpott, T.J. (2008): Öffnung von GSM-Frequenzen für UMTS-Angebote. München: Rainer
Hampp.
Gerpott, T.J. (2010): Wettbewerbs- und Regulierungsimplikationen der 900 MHz-Frequenz-
ausstattung von Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland. In: Gerpott, T.J. & Holznagel, B.
(Hrsg.), Flexibilisierung der Frequenznutzung, Berlin: B&S Siebenhaar, S. 7-81.

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