Schweizer Freundinnen und Freunde von

Neve Shalom Oase des Friedens Wahat al-Salam

Nr. 32
Nachrichtenbrief November 2008

EDITORIAL Aus dem Friedensdorf

Jahren in „einer Wüste“, beson-
ders seit dem Zusammenbruch
des Osloer Friedensprozesses Ich wünsche mir, dass der Nahe
und dem Ausbruch der Aksa- Osten vorwiegend mit positiven
Intifada. Die Verhältnisse wer- Schlagzeilen in der Weltpresse zu
den symbolisiert durch den Bau finden ist. Leider ist es nicht so
Seit Jahren diskutieren Staats- der acht Meter hohen Sperr- weit. Allzu oft sind die Nach-
männer über Friedensverhand- mauer im Westjordanland. Diese richten von negativen, Sorge
lungen im nahen Osten, ist für einen grossen Teil der erregenden Berichten aus
unterzeichnen Abkommen, ma- Bevölkerung ein riesiges Hinder- unserer Gegend geprägt.
chen Versprechungen und nis um miteinander den Weg Vielleicht haben einige von
organisieren Konferenzen - zum Frieden zu gehen. Die Be- Euch den Film von André Marty,
gleichzeitig werden von den völkerung will Frieden, sie will dem Korrespondenten für den
selben Personen Konflikte ge- friedlich miteinander zusam- Nahen Osten des Schweizer
schürt und es fliesst Blut. Das auf menleben. Das zeigen die
Fernsehens, über Neve Shalom /
beiden Seiten! Es werden Israelischen Frauen, welche seit Wahat al-Salam im SF1 gesehen.
unschuldige Zivilisten, Frauen Jahren an den Strassensperren Dabei stellte André Marty
und Kinder getötet, Hass und Wache stehen, die jungen Men- folgende Frage: „Sie arbeiten
Verzweiflung aufgebaut. Vor schen von beiden Seiten, die in seit so vielen Jahren für den
Jahren bekamen Politiker aus Friedenscamps den Weg Frieden, nach Ihren Aussagen
Israel und Palästina sogar den suchen, auch die Bischöfe aller sind Tausende von Juden und
Friedensnobelpreis, nur Frieden christlichen Richtungen die eine Arabern durch Ihre Friedens-
hat diese Region noch nicht friedliche Lösung für die Stadt schule gegangen, und Frieden
erlebt. Viele Politiker aus Ost und Jerusalem suchen. Das sind
gibt es immer noch nicht? Wieso
West mischen im Nahen Osten Taten an Stelle von Worten. leben sie immer noch in einer
mit, sprechen von Frieden, doch Mit unserer Unterstützung
für das Oase?“ Diese Art von Frage
die Frage bleibt offen, ob Versöh- Friedensdorf
Neve Shalom wird uns oft gestellt.
nung oder Vergeltung im /Wahat al Salam können wir aus
Vordergrund steht. Worte an Die Übersetzung von Neve
der Schweiz die Menschen in (Hebräisch) und Waha
Stelle von Taten. Israel und Palästina stärken, die (Arabisch) lautet Oase und
Wie wohltuend muten die Akti- unter schwierigsten Umständen Quelle. Ich denke, dass für uns
vitäten an, die in Neve Shalom / das Zusammenleben und die
die Übersetzung Quelle passt.
Wahat al-Salam seit Jahren für Verständigung in einer von Wir erhoben nie den Anspruch,
Verständigung und Versöhnung Konflikten zerrissenen Region
die politische Lösung zu
stattfinden. Es geschieht im leben. erbringen. Wir s i n d ein
gemeinsamen Zusammenleben
Die Menschen glauben den politisches Resultat; wir leben
im Dorf, in den Schulen und bei
Worten der Politiker nicht mehr, eine mögliche politische Lösung
den Jugendtreffen wo
sie wollen Taten sehen. vor. Wir leisten mit unserer
Menschen aus allen Landestei-
friedenspädagogischen Arbeit
len zusammen kommen. Vieles
Rosmarie Zapfl-Helbling die Basisarbeit für einen Frieden,
wird getan, das nicht in der
Präsidentin sobald sich die Politiker einmal
Weltpresse erscheint. Es sind
trauen, den Frieden zu
kleine Schritte, welche Brücken-
beschliessen. Wir bereiten den
bauer in verschiedenen Orten,
Boden vor und zeigen tag-
und Kreisen in Israel und
täglich, dass ein zukünftiger
Palästina machen. Nur arbeiten
Friedensvertrag mit den nötigen
diese Brückenbauer seit einigen
Kompromissen lebbar ist und
von den beiden Völkern Nach einem komplexen, inte- ihrer Träume bei uns wahr
angenommen werden kann. ressanten Prozess der Begeg- werden.
Darauf ist unsere alltägliche nung wurden drei gemeinsame
Arbeit in unserem Dorf und in palästinensisch-israelische
unseren friedenspädagogischen Projektgruppen gebildet, die sich
Institutionen abgestimmt. mit verschiedenen Aspekten der
Als Beispiel erzähle ich Euch von Menschenrechte ausei-
einem unserer Projekte. Schon seit nandersetzen. Eine davon will
einigen Jahren führen wir in der ein gemeinsames Forum von
Friedensschule - mit Unter- israelischen und palästinensi-
stützung von USAID - das Pro- schen Anwälten zur Behandlung Sie konnten zum Beispiel ans
gramm Change Agents for von Verletzungen der Men- Meer fahren oder durften die
Peace durch. In diesem Rahmen schenrechte ins Leben rufen. So Al-Aksa Moschee besuchen.
arbeiten wir mit einflussreichen wurden diese jungen Advokaten Am Schluss der Woche sagten
Berufsgruppen, wie Journalisten, zu Change Agents, welche eine einige von ihnen, dies sei die
Geschichtslehrern, Ärzten, neue persönliche Verantwortung schönste Woche ihres Lebens
Mental Health Workers, um diese übernehmen und gemeinsam gewesen und sie wollten gar
auf ihrem Weg zu Change Agents danach handeln. (ausführlicher nicht mehr heim in ihren
zu begleiten. Dieses Jahr haben Bericht: düsteren Flüchtlingslageralltag.
wir in Zusammenarbeit mit dem http://nswas.org/spip.php?Articl Anfangs hatten sie Angst, als sie
Palästinensischen Hewar Centre e829) hörten, dass eine der Leite-
for Peace and Development das rinnen jüdisch ist. Einer von
Projekt Advocates for Change ihnen sagte sogar, er hasse sie
durchgeführt. Diese Idee ent- und wolle nicht mit ihr reden.
stand, als ein prominenter Am Schluss des Camps tat es
israelischer Menschenrechtsan- ihm sehr leid, so über sie
walt im Rahmen einer Nachver- gesprochen zu haben, und er
folgungsstudie der Friedensschule trennte sich von ihr unter
interviewt wurde. Er berichtete, Tränen.“
dass der Kurs für friedenspädago-
gische Gruppenleiter, den er vor Unsere Kinder von NSWAS
Jahren bei uns absolviert hatte, werden von klein auf dazu
eine zentrale Rolle gespielt habe, erzogen, „Change Agents“ für
um ihn für seine Arbeit als den Frieden zu sein. So wurden
Menschenrechtsadvokat zu 12 Jugendleiter in unserem
motivieren und zu bilden. Damals Jugendklub ausgebildet.
hatte er plötzlich klar verstanden, (http://nswas.org/spip.php?Articl
dass verschiedene Menschen e785)
dieselbe Situation anders sehen Danke, dass Ihr uns ermöglicht,
und dass man nicht immer unsere Friedensarbeit weiter
festlegen müsse, wer im Recht sei. durchzuführen.

Einige von ihnen leiteten diesen

In Advocates for Change wurden
20 israelische und 20 palästinen-
sische Rechtsanwälte zusammen-
gebracht, mit dem Ziel diese für
eine Art von Menschenrechts-
vertretung auszubilden, welche
die Bedürfnisse beider Seiten be-
rücksichtigt.
Sommer ein Camp für
palästinensische Kinder aus dem
Flüchtlingslager von Tul Karem
bei uns in NSWAS. Mai und
Nadine, meine älteren Töchter,
berichten Euch davon:
„Die Kinder von Tul Karem hatten
bei uns eine aussergewöhnliche
Zeit. Wir ermöglichten ihnen,
eine Woche ohne Angst zu
leben. Ausserdem durften einige
NEU...NEU...NEU...
In Zukunft erhalten Sie von
uns noch zweimal jährlich
Einzahlungsscheine (mit
Nachrichtenbrief und Ein-
ladung zur Jahresversamm-
lung) zugestellt.
Selbstverständlich decken wir
Sie auf Anfrage mit so vielen
Einzahlungsscheinen ein, wie
Sie sich das wünschen!
 Rückblick auf 25 Jahre Vorstandsarbeit
Schon 1983 mit Evi und Eyas...
Das erste Dokument in meinem
Dossier „Neve Shalom / Wahat
al-Salam“ (NS/WAS) ist ein Brief
vom 21. April 1983, unterzeich-
net von Peter Dreyfus und
seinem Cousin Roger Dreyfus.
„Anlässlich unseres Besuches im
Dezember 1982 in Neve Shalom
wurden wir von unseren Gast-
gebern gebeten, die Sympathi-
santen ihrer Arbeit in der
Schweiz in einer gemeinsamen
Vereinigung zusammen zu
fassen“. Über das Projekt selbst
erfuhr ich in einem noch etwas
unbeholfen übersetzten Flug-
blatt, seine jüdischen und ara-
bischen Bewohner seien davon
überzeugt, „dass ihre Unter-
schiede nicht Grund zu Konflik-
ten, sondern im Gegenteil
Quelle der Bereicherung sind“.
Das schien mir innovativ und
unterstützenswert, und so
schrieb ich ein paar potenzielle
Sympathisanten in Bern an. Ich
fand Unterstützung unter
anderem bei Marcel Marcus,
dem damaligen Rabbiner der
Jüdischen Gemeinde Bern. Ich
gehöre dieser kleinen Gemein-
de seit jeher an, obschon ich
kein praktizierender Jude bin.
Ich fühle mich aber der jüdi-
schen Schicksalsgemeinschaft
verbunden und habe die
Entwicklung des Staates Israel –
parallel zu meinem eigenen
Leben – stets mit Sorge mit-
verfolgt. Der Sechstagekrieg von
1967, als Israel um sein
Überleben kämpfte, gehört zu
meinen emotionalsten Erinne-
rungen. Die nachfolgenden
Jahre bestärkten mich dann
immer mehr in meiner Über-
zeugung, dass Israel langfristig
nur bestehen kann, wenn es sich
mit seinen Nachbarn aussöhnt.
Eine „Oase des Friedens“, wie
sie in Neve Shalom (der
arabische Teil des Doppel-
namens kam erst später dazu)
am Entstehen war, konnte den
Weg weisen.
Am 5. Juni 1983 nahm ich also
an einem ersten Treffen in
Neuenburg und am 21. August
1983 an der Gründungsver-
sammlung der „Schweizer
Freunde“ in Bern teil. Die 23
Anwesenden aus Basel, Lau-
sanne, Neuenburg und Bern
wurden ... von Evi Guggenheim
und Eyas Shbeta aus erster Hand
über das Friedensdorf informiert.
Daran hat sich in den seither
vergangenen 25 Jahren nichts
geändert. Sonst allerdings
schon. Evi und Eyas haben fünf
Jahre später geheiratet, das
damals noch sehr rudimentäre
Dorf hat sich zu einem
schmucken Ort mit moderner
Infrastruktur gemausert. Die
ersten dort geborenen Kinder
sind ihrerseits als vollwertige Mit-
glieder aufgenommen worden,
und mehrere Zehntausend Men-
schen haben Seminare der
Friedensschule besucht.
Einiges verändert hat sich auch
bei den Schweizer Freundinnen
und Freunden von Neve
Schalom / Wahat al-Salam,
wie sich der Verein heute
politisch korrekt nennt. In den
ersten zehn Jahren war er so
etwas wie ein erweitertes Fami-
lienunternehmen von Peter
Dreyfus, seiner Frau, seiner
Tochter und seiner Schwester,
welche in sehr persönlicher Art
die Verdankungen übernahm.
Spesen gab es keine.
Vorstandssitzungen auch kaum;
einmal im Jahr kam die „erweit-
erte Familie“ zur Jahresversamm-
lung zusammen – häufig im
Haus der Familie Dreyfus im
malerischen Biel-Benken. Mit der
Zeit wurde der Aufwand dann
doch zu gross. 1994 wurde mit
Urs Reinshagen erstmals ein
eigentlicher Präsident gewählt,
während sich Peter Dreyfus auf
die Funktion des Kassiers konzen-
trierte. Eine Art „Quantensprung“
folgte allerdings erst 2001, als Evi
Guggenheim Shbeta mit ihrer
Familie für drei Jahre in die
Schweiz kam und mit viel Fleiss
und Charisma dafür sorgte, dass
sich zahlreiche neue Sympathi-
santinnen und Sympathisanten
dem Verein anschlossen.
Auch der Vorstand wurde nun
stärker einbezogen – insbesondere
auch als es galt, den Goodwill
über die Distanz zu retten. Mit
Rosmarie Zapfl konnte eine
weitherum bekannte und
geschätzte Persönlichkeit als
Präsidentin gewonnen werden,
und für die Geschäftsleitung
wurde eine Teilzeitstelle
geschaffen. Diese Struktur hat sich
nach einigen Anlaufschwierig-
keiten recht gut eingespielt. Dies
ist auch notwendig. Denn die
täglichen Nachrichten aus dem
Nahen Osten zeigen leider, dass
NS/WAS noch immer eine kleine
Oase ist – der Funke des Friedens
ist nicht übergesprungen. Was
bleibt, ist aber ein anderer Funke –
der Funke der Hoffnung, dass die
Oase auf die sie umgebende
Wüste befruchtend wirken möge.
Peter Abelin
 Kurznachrichten
NSWAS hat erstmals eine Frau
als Sekretärin:
Am 27. März 08 wurde Dorit
Shippin als erste Frau zur
Sekretärin von NSWAS gewählt.
http://nswas.org/spip.php?Article
823
Dies infolge einer Umstrukturie-
rung der Organisation des
Dorfes in dem die pädagogi-
schen Institutionen von den
Dorfinstitutionen mehr Unab-
hängigkeit bekommen.
Eyas Shbeta der vormalige
Sekretär wurde zum General-
direktor des Dorfes ernannt.
Boaz Kitain wurde weiterhin zum
vorsitzenden der Association für
die pädagogischen Institutionen
gewählt.
http://nswas.org/spip.php?article
754
Bewegende Abschlussfeier für
die Sechstklässler der NSWAS
Primarschule
http://nswas.org/spip.php?Articlewird immer üblicher, an-
831
Erhöhte Anmeldungsquoten in festen oder im Andenken
der NSWAS Primarschule
Die Zahl der Kinder wird dieses spenden! Wir freuen uns
Jahr um ein Drittel steigen, wo- über jeden Beitrag und Sie
bei das Gleichgewicht zwischen erleichtern uns die Arbeit
jüdischen und arabischen
Kindern erhalten bleibt.
http://nswas.org/spip.php?arti
cle832
Ein gemeinsamer Kunst-Work-
shop:
25 Kinder aus dem Flüchtlings-
lager von Tul Karem in der
Westbank konnten im Juni nach
Überwindung der bürokratischen
Schwierigkeiten zu einem ge-
meinsamen Workshop mit den
Kindern der Schule von NSWAS
kommen. Für beide Seiten war
dies ein ganz besonderes Erleb-
nis.
IMPRESSUM
Schweizer Freundinnen und
Freunde von
http://nswas.org/spip.php?article Neve Shalom / Wahat al-Salam
833
Geschäftsstelle:
Neue ambulante Klinik für
c/o Ada Winter
Ne’ilin:
Geissenstrasse 6
Im Februar konnte in Ne’ilin in
CH - 8712 Stäfa
der Westbank durch die Vermitt-
lung von NSWAS und seinem
HAP Projekt (Humanitarian Aid E-Mail: ch@nswas.org
for Palestinians) eine neue Internet: www.nswas.org
ambulante Klinik mit japanischer
Hilfe eingerichtet werden.Ne’ilin Vorstand:
ist in letzter Zeit durch die
Rosmarie Zapfl-Helbling,
wöchentlichen Demonstratio-
nen gegen die Mauer und den Dübendorf (Präsidentin)
Trennungszaun bekannt gewor- Peter Dreyfus, Biel-Benken BL
den. (Vizepräsident)
http://nswas.org/spip.php?article
Brigitta Rotach, Zürich
769
Mediationskurs: Margaretha Gutknecht,
Im Rahmen der Doumiah- Rueyres-les-Prés FR
Sakina wurde erstmals ein Monique Eckmann,
Mediationskurs für eine multi- Carouge GE
kulturelle Gesellschaft durch-
Marie-Josette Gern, Neuchâtel
geführt.
http://nswas.org/spip.php?Article
824
Spendenkonti
Danke für Ihre Spenden! Es Bank:
Bank Coop, 4002 Basel
lässlich von Geburtstags-
PC 40-8888-1
Begünstigter: Neve Shalom,
an eine Person zu 4051 Basel
IBAN:
CH 10 0844 0298 3852 9000 0
enorm, wenn wir die voll- Postcheck-Konto
ständige Adresse erhalten.
Schweizer FreundInnen von
Dann können wir die be- Neve Shalom/Wahat al-Salam,
schenkte Person korrekt Basel
benachrichtigen!
Postcheck-Konto:
87-99504-1
ch@nswas.org