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Das Fundament 4/2009

Von Christus reden


in einer säkularen Gesellschaft

– am Beispiel des Paulus in Athen


Dipl.-Ing. Sieghard Rabus, Nürnberg, verheiratet, vier Kinder, war viele Jahre als
leitender Angestellter im Bereich Industrieautomatisierung tätig. Ehrenamtlicher
Mitarbeiter in Gemeinde und DCTB. Er hielt diesen Vortrag auf dem Regi-
onaltreffen in Bruchköbel 2009. Der Redestil ist bewusst beibehalten, um die
lebendige Ansprache wiederzugeben.

 Wie säkular, sprich weltlich, ist Ich meine beides wahrzuneh-


unsere Gesellschaft? Erleben wir men. Es scheint in letzter Zeit eine
ein Comeback der Religionen oder zunehmende Zahl von Veröf-
ist ein kämpferischer Atheismus fentlichungen zum Thema Gott,
auf dem Vormarsch? Religion und Glaube zu geben.

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

Wir leben in einer Zeit, in der sich eingeladen: „Kommen Sie doch
die Religionen dieser Welt durch morgen in unser Kulturzentrum.
die Globalisierung der Gesellschaf- Dort möchten wir gern von Ihnen
ten und der Systeme immer mehr hören, was Sie als Ausländer für
berühren. Zeichen dafür sind in einen Glauben haben.“ Am Abend
Deutschland etwa die vielen Veran- sitzen Sie in Ihrem Hotelzimmer
staltungen, die den Dialog mit den und überlegen. Was muss ich ihnen
anderen Religionen suchen und sagen? Welche Tatsachen müssen
das Gemeinsame aufspüren wollen. sie wissen, damit sie das Evangeli-
Manchmal hat man den Eindruck um verstehen?
- auch bei Theologen -, dass dies Nun, das ist eine erfundene
geschieht, weil man seinen eigenen Situation. Aber kann es nicht sehr
Standpunkt für nicht mehr vertei- schnell eine Situation geben, in der
digungswert oder begründbar hält. wir nichtinformierten Menschen in
Kürze das Entscheidende des christ-
lichen Glaubens vermitteln wollen?
Ganz ähnlich erging es Paulus
Botschafter für Christus auf seiner zweiten Missionsreise.
Gott hatte ihn nach Europa ge-
Lassen Sie sich einmal mitnehmen führt. Zum ersten Mal verlässt das
auf eine „Phantasiereise“. Stellen Evangelium den bekannten Kultur-
Sie sich vor, Sie würden Urlaub raum Asiens. Er kannte niemanden,
machen in einer Stadt im Ausland, auf dessen Erfahrung er zurück-
in der man vom Christentum noch greifen konnte. Warum dringen
fast nichts gehört hat. Missionare überhaupt in fremde
Es gibt dort zwar viele Tempel, Länder und Kulturen ein, leiden
ein vielgestaltiges religiöses Leben, und sterben sogar dort als Mär-
aber noch keine christliche Kirche. tyrer? Paulus begründet es: „Wir
Die Leute sind ziemlich offen und sind Botschafter an Christi Statt“ (2.
gesprächsbereit für alles Mögliche. Korinther 5, 29). Christen sind wie
Und so werden Sie in Gespräche die Gesandten eines Königs. Die
verwickelt. Sie kommen auch auf Botschaft dieses Königs muss allen
den Glauben an Gott zu sprechen. Menschen gesagt werden, gleich,
Es zeigt sich, dass sie recht neu- welcher Nation oder Religion sie
gierig sind. Schließlich werden Sie angehören. Das ist Gottes Wille.

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Das Fundament 4/2009

Zweite Missionsreise von Paulus

Was sagt man zu Menschen, die nicht kennen. Ich behaupte, dass wir
das Gesetz und die Propheten nicht heute viel lernen können von der
kennen, dafür aber hunderte andere Vorgehensweise des Paulus in Athen.
Götter und Gottesvorstellungen
haben? Diese Frage ist doch auch
für uns heute aktuell! In der Apos-
telgeschichte ist dies das zweite Mal, Paulus auf dem
dass uns berichtet wird, wie Paulus
Menschen begegnet, die nicht aus
Marktplatz
dem jüdisch-alttestamentlichen „Als aber Paulus in Athen auf sie
Hintergrund kommen. wartete, ergrimmte sein Geist in ihm,
In Lystra auf der ersten Missi- als er die Stadt voller Götzenbilder
onsreise werden Paulus und Barna- sah. Und er redete zu den Juden und
bas als Götter verehrt, woraufhin ein den Gottesfürchtigen in der Synagoge
Tumult entsteht und die Verkündi- und täglich auf dem Markt zu denen,
gung des Evangeliums abgebrochen die sich einfanden. Einige Philosophen
werden muss. aber, Epikureer und Stoiker, strit-
Die Rede des Paulus in Athen ten mit ihm. Und einige von ihnen
kann also als die erste überlieferte sprachen: Was will dieser Schwätzer
Missionsrede vor Menschen gelten, sagen? Andere aber: Es sieht so aus,
die den Gott des Alten Testamentes als wolle er fremde Götter verkün-

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

digen. Er hatte ihnen nämlich das Paulus nutzt die Möglichkeiten


Evangelium von Jesus und von der der weltoffenen Stadt. Er redet
Auferstehung verkündigt. Sie nahmen nicht nur in der Synagoge, sondern
ihn aber mit und führten ihn auf den er geht in die Öffentlichkeit, auf
Areopag und sprachen: Können wir den Marktplatz, und mischt sich
erfahren, was das für eine neue Lehre ein und redet dort über Dinge, die
ist, die du lehrst? Denn du bringst einige Leute aufregen.
etwas Neues vor unsere Ohren; nun Die Agora (griechisch: Markt-
wollen wir gerne wissen, was das platz) ist im Athen der Antike
ist. Alle Athener nämlich, auch die der Versammlungsplatz der Stadt,
Fremden, die bei ihnen wohnten, genutzt für die Heeres-, Gerichts-
hatten nichts anderes im Sinn, als und Volksversammlungen der freien
etwas Neues zu sagen oder zu hören“ Bürger. Er existiert etwa seit dem
(Apostelgeschichte 17, 16 - 21). 5. Jahrhundert v. Chr. und bildet
Paulus ist in Athen in einer einen Gegensatz zum kultischen
Wartestellung und sieht sich in und politischen Machtzentrum
der Stadt um. Nicht als Tourist, der archaischen Burganlage, der
sondern unter dem Blickwinkel, Akropolis.
wie die Menschen in dieser Stadt
denken und glauben. Paulus ist
Missionar. Er bemerkt die vielen
Götzenbilder und Statuen. Das Epikureer und Stoiker
führt bei ihm nicht zum Kunstge-
nuss, sondern erregt heiligen Zorn! Paulus diskutiert mit verschiedenen
Wie sehen wir unseren Ort, un- Philosophen, mit Epikureern und
sere Stadt? Kann man nicht manche Stoikern. Als Epikureer werden im
Parallele ziehen? Auch bei uns gibt Allgemeinen die Anhänger der Lehre
es viele Götzenstatuen. Sie stehen Epikurs bezeichnet. Seine Lehre war
oft in Schaufenstern von Boutiquen bis ins zweite nachchristliche Jahr-
oder werden häufig vorwiegend hundert hinein eine einflussreiche
von Männern stolz herumgefahren, philosophische Schule mit zahlrei-
zum Beispiel unsere Autos. Manche chen Anhängern. Seit der römischen
„Götter“ tragen weiße Kittel, an- Zeit wurde der Begriff mit einer
dere lassen sich in Stadien und im negativen Bedeutung im Sinne von
Fernsehen feiern und anbeten. „Genussmensch“ verwendet. Der

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Das Fundament 4/2009

Athener Epikur machte ein rational Kommen wir zurück zu Paulus.


gesteuertes, wohldosiertes Genussle- Er redet auf dem Markt von Jesus
ben zum Leitbild für das individuelle und der Auferstehung in recht heiß
Seelenheil und Lebensglück. ausgefochtenen Streitgesprächen.
Auch da finden wir heute Für manche der Anwesenden hat
Parallelen. Es ist das Leitbild vieler sich Paulus mit seiner Rede dis-
Gutsituierter, die eine politische und qualifiziert, andere sind neugierig
gesellschaftliche Verantwortung für geworden.
das Allgemeinwohl ablehnen. Wir Die Meinungen über Paulus
sehen immer häufiger Männer, die und seine neue Lehre sind geteilt.
als die „ewigen Jungs bis zum Ende Aber die Neugierde überwiegt.
ihrer 30-iger“ in einen „Zeugungs- Und so erhält er nun die Auffor-
streik“ getreten sind. Leitbilder, derung, mitzukommen auf den
welche die Politiker neuerdings Areopag. Der Areshügel, so wie
wieder vermitteln wollen, kommen der Areopag auch heißt, ist ein
da nicht mehr an. 115 Meter hoher Felsen mitten in
Die stoische Lehre ist gleicher- Athen. Früher befand sich dort
maßen materialistisch wie pantheis- der oberste Gerichtshof Athens.
tisch. Das göttliche Prinzip durch- In der Zeit des Paulus besitzt der
wirke den Kosmos in allen seinen Areopag nur noch Gerichtsbarkeit
Bestandteilen. Gott ist überall. Für in Schwurgerichtsfällen, also bei
den Stoiker als Individuum gilt es, Mord und Totschlag und in religi-
seinen Platz in dieser Ordnung zu ösen Streitfragen.
erkennen und auszufüllen, indem Und nun bekommt der Jude
er durch die Einübung emotiona- und Christ Paulus die Gelegenheit,
ler Selbstbeherrschung sein Los zu hier vor den gelehrten Leuten, vor
akzeptieren lernt und mit Hilfe von philosophisch informierten oder
Gelassenheit und Seelenruhe zur engagierten Menschen zu sprechen.
Weisheit strebt. Hier geht er anders vor, als auf
Dieses Denken, das einigen zeit- dem Marktplatz. Es ist denkbar,
genössischen Eliten und Leistungs- dass Paulus selbst über den hef-
trägern unserer Gesellschaft als Ideal tigen Streit auf dem Markt nicht
vorschwebt, ist letztlich schwierig glücklich gewesen war. Er hätte
umzusetzen, besonders wenn es um sicher lieber einen Vortrag gehal-
die Seelenruhe geht. ten; in Ruhe Argumente für seinen

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

Glauben entwickelt. Nun bekam lange sie bestehen und in welchen


er hier die tolle Gelegenheit dazu. Grenzen sie wohnen sollen, damit sie
Diese Menschen wollten hören, sie Gott suchen sollen, ob sie ihn wohl
waren offen und interessiert. Aber fühlen und finden könnten; und
es sind - würden wir heute sagen fürwahr, er ist nicht ferne von einem
- kirchenfremde Leute, die noch jeden unter uns. Denn in ihm leben,
nie eine Bibel in der Hand gehabt weben und sind wir; wie auch einige
haben. Was sagt Paulus zu ihnen? Dichter bei euch gesagt haben: Wir
sind seines Geschlechts. Da wir nun
göttlichen Geschlechts sind, sollen
wir nicht meinen, die Gottheit sei
Paulus auf dem Areopag gleich den goldenen, silbernen und
steinernen Bildern, durch menschli-
„Paulus aber stand mitten auf dem che Kunst und Gedanken gemacht“
Areopag und sprach: Ihr Männer (Apostelgeschichte 17, 22-29).
von Athen, ich sehe, dass ihr die Was können wir von dieser
Götter in allen Stücken sehr verehrt. Rede methodisch und inhaltlich
Ich bin umhergegangen und habe lernen? Wir müssen im Auge behal-
eure Heiligtümer angesehen und ten, dass Paulus diesen Leuten das
fand einen Altar, auf dem stand Evangelium verkündigen wollte.
geschrieben: Dem unbekannten 1. Paulus knüpft an die alltäg-
Gott. Nun verkündige ich euch, was liche Realität an. Bei dem, was sie
ihr unwissend verehrt. Gott, der die täglich vor Augen haben, holt er sie
Welt gemacht hat und alles, was dar- gedanklich ab. Dabei beschreibt
in ist, er, der Herr des Himmels und er ihre Einstellung sehr positiv:
der Erde, wohnt nicht in Tempeln, „Ich sehe, dass ihr die Götter sehr
die mit Händen gemacht sind. Auch verehrt“. Er macht ihre Götter nicht
lässt er sich nicht von Menschenhän- schlecht. Das ist auch heute sehr
den dienen wie einer, der etwas nötig wichtig für Gespräche mit Men-
hätte, da er doch selber jedermann schen anderer Religionen, beispiels-
Leben und Odem und alles gibt. weise Moslems oder Buddhisten.
Und er hat aus einem Menschen das Als Paulus durch die Stadt ging,
ganze Menschengeschlecht gemacht, stieß er auf einen Altar, auf dem
damit sie auf dem ganzen Erdboden geschrieben stand: „Dem unbe-
wohnen, und er hat festgesetzt, wie kannten Gott“. Dieser Altar für den

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Das Fundament 4/2009

unbekannten Gott ist für Paulus „Gott hat euch lieb“ – obwohl das
ein idealer Anknüpfungspunkt. Er auch gestimmt hätte – sondern
baut ihm eine Brücke zu seiner Bot- warnte sie vor dem Untergang.
schaft. „Was ihr unwissend verehrt,
das verkündige ich euch.“
2. Paulus setzt nichts voraus.
Deshalb fängt er nicht mit der Ge- Nichtwissend
schichte von Jesus an, sondern mit
dem ewigen Schöpfer und seiner
ins Verderben
Beziehung zu uns Menschen. Ist Oder stellen wir uns einen Zug
das richtig? Sollten wir nicht vor vor, der in die verkehrte Richtung
allem von unseren persönlichen fährt, zu einem anderen Ziel, als es
Erfahrungen mit Jesus sprechen, sich die Fahrgäste wünschen und
damit der andere auch diese erwarten. Dann steigen Christen ein
Erfahrungen machen kann? Ich und erzählen den Fahrgästen, wie
denke, dass in der heutigen Ver- man das Leben im Zug angenehmer
kündigungspraxis hier vieles schief gestalten kann. Ja, sie helfen aktiv,
läuft. Wir leben nicht in der Zeit sind manchmal aufopferungsvoll
Luthers, wo geweckt und genährt dabei, die Reise angenehm zu gestal-
durch kirchliche Verkündigung ten. Die Leute freuen sich darüber.
sehr viele Menschen die Frage be- Was würden die Fahrgäste aber tun,
wegte: „Wie finde ich einen Gott, wenn man ihnen sagen würde, dass
der mir gnädig ist?“ Das Schuld- der Zug in die falsche Richtung
bewusstsein der Menschen war in fährt? Plötzlich würden viele fragen:
jener Zeit hoch sensibilisiert. Heute
– und sicher auch damals in Athen
- ist die Situation eine andere. Ein
Mensch, ein Volk, das nicht weiß,
in welcher Lage es ist, begreift auch
nichts von Gottes Rettungsaktion.
Als Jona in Ninive predigte,
kehrten die Menschen um. Sie
kehrten um, weil sie wussten, in
welcher gefährlichen Lage sie sich
befanden. Jona predigte nicht:

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

„Wie komme ich hier raus? Wann Jesus damit nicht zur Super-Ergän-
kann ich umsteigen? Wo ist der rich- zung meines Lebens degradiert?
tige Zug?“ Andere würden sagen: Ist das eine wirkliche Hilfe und
„Lassen Sie mich in Ruhe, ich sitze eine korrekte Verhaltensweise den
hier ganz bequem. Der Fensterplatz, Leuten gegenüber, die im falschen
das Essen und Trinken, alles ist gut. Zug sitzen? Natürlich würden viele
Hauptsache, die Fahrt ist schön, das trotzdem sagen: „Ich brauche Ihre
Ziel ist mir gleichgültig.“ Solange angebotene Rettungsaktion nicht.
man den Leuten aber nicht sagt, Stören Sie mich nicht mit Ihrem Re-
dass sie im falschen Zug sitzen und den. Ich glaube Ihnen nicht. Warum
dass es am Ende zu einer Katastro- umsteigen? Das kostet mich zuviel.“
phe kommen wird mit diesem Zug,
wird sich keiner zum Aussteigen und
Umsteigen bewegen lassen.
Muss man nicht die Verkün- Weißfärberei
digungen in vielen Gemeinden
und Kirchen mit diesem Bild Bevor die Leute nicht gesagt be-
vergleichen? Machen wir in unseren kommen, dass ihr Leben in großer,
Reden und Predigten, in unseren tödlicher Gefahr ist, braucht man
persönlichen Zeugnissen nicht Jesus ihnen nicht von Jesus erzählen.
auch zum „Reisebegleiter“, der Sie können es gar nicht einordnen
alles nett arrangiert zur Freude der und verstehen. Es ist, wie wenn
Reiseteilnehmer? Viele lassen ihn man mit weißer Farbe auf einen
wohlwollend mitfahren. Aber wird weißen Hintergrund malt. Man
sieht nichts. Es fehlt der Kontrast.
Ich weiß nicht, wie viele Predigten
jeden Sonntag in Deutschland ge-
halten werden. Steht das Ergebnis
in einem gesunden Verhältnis zum
Aufwand? Ich meine nicht. Die
Wirkungslosigkeit der Verkündi-
gung ist bedrückend.
Es liegt am „weißen Hinter-
grund“, den man vielfach benutzt.
Man betreibt „Schönfärberei“, ja

Wohin geht die Reise?


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Das Fundament 4/2009

„Weißfärberei“ hinsichtlich der nicht in Tempeln, die mit Händen


Situation des Menschen vor Gott. gemacht sind“ (Apostelgeschichte
Eigentlich ist der Hintergrund 17, 24). Mit dieser Aussage macht
tiefschwarz, was unsere Situation er ihnen die Unlogik des mensch-
vor Gott angeht. Nur das ist keine lichen Verhaltens klar. Wir stehen
angenehme Botschaft. als Menschen auf einer anderen
Ganz anders sehen wir das bei Ebene wie Gott. Die Tempel, unsere
Paulus. Weil er sicher ist, dass jeder Denkmäler und selbst unsere kul-
Mensch am Ende seiner Reise Gott tischen Bilder und Figuren passen
begegnen wird, stellt er zunächst nicht zu einem Schöpfergott. Der
diesen Gott vor, bevor er auf Jesus Niedrige kann nie für den Höheren
zu sprechen kommt. etwas bauen, weder ein Tier für den
3. Paulus entfaltet den Athenern Menschen, noch ein Tisch für den
zunächst das biblische Gottesbild. Tischler. Nur Gott kann für sich
Er geht nicht auf ihr Gottesbild selbst etwas bauen.
ein, sondern entfaltet ihnen das In der Hand des Schöpfers
biblische Gottesbild. Der Mensch
hat ein Recht zu wissen, wie dieser
biblische Gott von sich selber redet.

Er ist der Schöpfer


„Und er hat aus einem Menschen das
ganze Menschengeschlecht gemacht, Er ist der Erhalter
damit sie auf dem ganzen Erdboden
wohnen“ (Apostelgeschichte 17, 26) „Auch lässt er sich nicht von Men-
Er spricht einfach von Gott als schenhänden dienen wie einer, der
dem einen Schöpfer. Damit relati- etwas nötig hätte, da er doch selber je-
viert er die Wichtigkeit der vielen dermann Leben und Odem und alles
Heiligtümer in Athen. gibt“ (Apostelgeschichte 17, 25).
„Gott, der die Welt gemacht hat Diese Aussage ist eine Absage an
und alles, was darin ist, er, der Herr jeden Kult, der die Götter günstig
des Himmels und der Erde, wohnt stimmen soll. Dies ist ein verbrei-

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

tetes Verständnis in den Religionen den Menschen gesucht und gefun-


und wird deutlich bei den verlang- den wird und dass Gott, obwohl er
ten Opfern oder in der Motivation unsichtbar ist, nicht fern ist von uns.
zu religiösen Wallfahrten. Wie kann Paulus aber behaupten,
Da alles von ihm ist, ist Gott dass Gott „nicht ferne von einem
darauf nicht angewiesen. Gott ist jeden unter uns“ sei? Es ist interes-
weder der „unbewegte Beweger“, sant, wie neuzeitlich sein Weltbild
der die Welt sich selbst überlässt, ist! Gott wohnt nicht jenseits der
noch ein Prinzip oder eine unper- Sterne. Gottes Wirklichkeit umgibt
sönliche Weltkraft. Die letzte Wirk- uns, nur bleibt er für uns unsichtbar.
lichkeit ist nicht ein Nirwana, in Paulus geht von einer uns unmit-
dem sich alle Gegensätze auflösen, telbar umgebenden, unsichtbaren
auch nicht eine Fülle ohnmächtiger Wirklichkeit aus, in der Gott wohnt
Götter. Die letzte Wirklichkeit ist (vergleiche Epheser 6, 12 - 20).
ein lebendiger Gott, der gehandelt „Denn in ihm leben, weben und
hat und bis heute handelt. Er ist sind wir“ (Apostelgeschichte 17,
der Schöpfer und der Erhalter allen 28). Paulus spricht den Menschen
Lebens. Er hat einen Willen und er an dieser Stelle etwas zu, wonach
ist eine Persönlichkeit. sie sich insgeheim, vielleicht oft
unbewusst, sehnen. Nach der Nähe
Gottes, nach einem Versöhntsein
mit Gott. Wenn wir die Religi-
Gott ist verborgen, aber onen um uns herum anschauen,
erkennen wir, wie dort die Angst
durchaus zu finden vorherrscht, und das von den
„Und er hat aus einem Menschen das primitiven bis zu den „höchsten“
ganze Menschengeschlecht gemacht, Religionen. Der biblische Gott
damit sie Gott suchen sollen, ob sie dagegen, den Paulus hier vorstellt,
ihn wohl fühlen und finden könnten; ist ein Gott, den man lieben kann.
und fürwahr, er ist nicht ferne von Paulus scheut sich nicht davor,
einem jeden unter uns“ (Apostelge- einen der griechischen Dichter zur
schichte 17, 26-27). Absicherung seiner Argumentation
Paulus sagt den Athenern und zu erwähnen. Er erkennt damit an,
damit auch den Neuheiden unserer dass auch Andersgläubige richtige
Zeit, dass Gott möchte, dass er von Gedanken äußern können.

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Das Fundament 4/2009

Wir sehen, wie Paulus sich mit wieder zurückkehrt zu dem Gedan-
dem Denken dieser Religionen zu- ken einer falschen Gottesvorstellung
mindest etwas beschäftigt hat, ohne und einer sich daraus ergebenden
dabei seinen eigenen Standpunkt falschen Gottesverehrung.
aufzugeben. Das ist durchaus „Da wir nun göttlichen Ge-
wichtig, um den Andersgläubigen schlechts sind, sollen wir nicht
abzuholen. Die Trennung von der meinen, die Gottheit sei gleich den
Welt darf nicht dazu führen, dass goldenen, silbernen und steinernen
Christen nicht mehr wissen oder Bildern, durch menschliche Kunst
sich nicht dafür interessieren, was und Gedanken gemacht“ (Apostelge-
die Menschen um sie herum den- schichte 17, 29). Paulus ist sich be-
ken oder reden. Wir sollten wissen, wusst, dass diese typisch menschli-
was die Leute denken, die unsere che „Grundeinstellung“. gegenüber
Zeit prägen. Gott eine Leistung vollbringen zu
Paulus zeigt damit, dass er die müssen, um ihn zu beeindrucken,
Kultur seiner Zeitgenossen kennt die Art unserer Beziehung und
und ernst nimmt, und sie nicht unsere Beziehungsfähigkeit zu ihm
von vornherein einen Widerspruch massiv beeinflusst.
gegen seine Argumentation aufbau-
en können. Er möchte die biblische
Wahrheit akzeptabel machen.
An Gott kommt
keiner vorbei!
Gott ist souverän „Zwar hat Gott über die Zeit der Un-
wissenheit hinweggesehen; nun aber,
Paulus betont in seiner Rede die gebietet er den Menschen, dass alle an
Erhabenheit und Souveränität allen Enden Buße tun. Denn er hat
Gottes. Gott ist nicht auf uns einen Tag festgesetzt, an dem er den
angewiesen, auch nicht auf unsere Erdkreis richten will mit Gerechtig-
Gebäude oder unsere Gottesdienste. keit“ (Apostelgeschichte 17, 30 - 31).
Umgekehrt, Gott kümmert sich um Mit den Aussagen in den Versen
den Menschen, um die Völker als 30 und 31 biegt Paulus sozusagen
Ganzes und den Einzelnen. Es ist in die Zielgerade seiner Rede ein.
aufschlussreich, wie Paulus immer Diese Art der Verkündigung, sein

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Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

Reden vom Gericht Gottes, wird einer verantwortlichen Beziehung


heute oft als zu hart empfunden. zu Gott stehen. Jede Beziehung
Viele Christen würden Paulus kennt Verantwortung. Ob es die
kritisieren: „Jetzt predigt er so lange Ehe, die Geschwister oder andere
und redet immer noch nicht von Verkehrsteilnehmer sind. Und das
Jesus.“ Paulus verhält sich so bei Gleiche gilt auch für unsere Bezie-
den Athenern, weil er zunächst die hung zu Gott.
Grundlagen legen muss, die einem Paulus ist nicht darum bemüht,
Juden längst klar sind. Die Athener die Menschen vor jedem Erschre-
sind Prototypen einer säkularen Ge- cken zu bewahren. Viele Menschen
sellschaft, durchaus vergleichbar mit denken, dass das persönliche Leben
den meisten unserer Zeitgenossen. ein endlicher Kreislauf sei, nur
könne man das Ende nicht abse-
hen. Man könne nur hoffen, dass
bessere Zeiten kommen, bis man
eines Tages „aussteige“, seinen Exo-
dus vollziehe, ohne Konsequenzen.
Es gehört aber unverzichtbar
zur biblischen Verkündigung, dass
dieser Welt noch eine Gerichtsver-
handlung bevorsteht. Jesus redet
mehrfach davon (vergleiche Mat-
thäus 12, 36-42) und Paulus sagt,
dass „wir alle vor dem Richterstuhl
Christi offenbar werden müssen“
(Römer 14, 10, 2. Korinther 5, 10).
Nur hier entlang! Jeder muss sich dieser Situation ein-
mal stellen. Diese Unvermeidbar-
Wie bereits erwähnt: Ich kann keit ist ärgerlich und keine erfreuli-
einem Menschen noch so viel von che Situation für uns Menschen.
der Liebe Gottes erzählen. Wenn Wir können uns dann nicht da-
die Realität eines göttlichen Gerich- mit entschuldigen, dass wir nichts
tes unerwähnt bleibt, zielt mein Re- gewusst hätten. Auch mit Tauf-
den von Jesus ins Leere. Er macht oder Mitgliedsbescheinigungen
deutlich, dass alle Menschen in werden wir nicht punkten können.

15
Das Fundament 4/2009

wollen dich darüber ein andermal wei-


terhören“ (Apostelgeschichte 17, 32).
Nun ist die Mine explodiert.
Hier findet die Scheidung statt.
Man hält es kaum für möglich,
nicht die Botschaft vom Gericht,
sondern die Botschaft von der
Auferstehung Jesu von den Toten
sprengt die illustre Versammlung.
Die Athener sind kluge Leute. Sie
verstehen sofort, wenn Jesus tatsäch-
Wo ist der Ausweg? lich von den Toten auferstanden ist,
„Denn er hat einen Tag festgesetzt, an dann ändert das alles radikal. Das
dem er den Erdkreis richten will mit wäre die absolute Legitimation für
Gerechtigkeit durch einen Mann, den Jesus, sein „Alleinstellungsmerk-
er dazu bestimmt hat, und hat jeder- mal“. Das wollen die meisten nicht
mann den Glauben angeboten, indem wahrhaben, das darf nicht wahr sein!
er ihn von den Toten auferweckt hat“ Einige aber wollen dran bleiben.
(Apostelgeschichte 17, 31). Sie sind auf dem besten Weg, den
Paulus nennt jetzt den Richter lebendigen Gott kennenzulernen.
des Endgerichtes. Es ist Jesus. Jesus Alle Religionsstifter sind gestor-
der Richter und der Retter. Das ist ben: Konfuzius, Buddha, Moham-
alles, was Paulus auf dem Areopag med, nur Jesus blieb nicht im Tod.
von Jesus sagt. Vieles andere haben die anderen Re-
Auch wir sollten nicht, vielleicht ligionsstifter mit Jesus gemeinsam,
aus Sorge, wir könnten jemand mit aber an der Auferstehung entschei-
der Botschaft der Bibel erschrecken, det sich alles. So ist der Abschnitt
zur Liebe Gottes vorstürmen und aus 1. Korinther 15, wo Paulus die
die davor liegenden Stationen un- Auferstehung Jesu als unverzichtbare
serer Verantwortlichkeit vor Gott Grundlage allen christlichen Glau-
und des unvermeidbaren göttlichen bens postuliert, auch heute beim
Gerichts einfach beiseite lassen. interreligiösen Gespräch absolut
„Als sie von der Auferstehung der entscheidend. Die Auferstehung
Toten hörten, begannen die einen zu schafft eine niemals wegzudiskutie-
spotten; die andern aber sprachen: Wir rende Autorität Jesu.

16
Von Christus reden in einer säkularen Gesellschaft

Wodurch bekommen Wie redet man nun mit einem libe-


ralen Zeitgenossen oder Atheisten?
wir Rettung?
Wenn wir uns Paulus zum Vorbild
Paulus erwähnt die Umkehr. Er re- nehmen, so lernen wir, dass wir
det nicht von irgendeiner Sünde. Im nicht sofort von Jesus reden müssen,
Gespräch mit Ungläubigen ist das wenn wir unseren Glauben bezeugen
auch nicht nötig. Paulus redet nur wollen. Wir sollten zunächst das
indirekt vom ersten Gebot. „Ich bin biblische Gottesbild in den Mittel-
der HERR, dein Gott, ... Du sollst punkt stellen.
keine anderen Götter haben neben 1. Der Gott, den wir verkündigen,
mir“ (2. Mose 20). Buße zu tun, ist ein persönlicher und äußerst enga-
Gott als alleinigen Gott anzuerken- gierter Gott, der nach dem Menschen
nen ist schon genug, denn daraus fragt und sich ihm mitteilen will.
folgt alles andere. 2. Gott will, dass der Mensch ihn
sucht. Weil wir ihn nicht suchen, fin-
den und kennen wir ihn nicht, leben
an ihm vorbei und übertreten damit
das erste Gebot.
3. Jeder Mensch ist Gott gegen-
über verantwortlich. Gott hat Jesus
das Gericht übergeben. Der Urteils-
spruch dieses Mannes ist unser
endgültiges Urteil - es gibt keine
Berufungsmöglichkeit.
4. Zur Rettung des Menschen
Zusammenfassung: gibt es nur einen Weg, nämlich den
Der Zeitgeist heute ist besonders über Jesus! Nur der Glaube an Jesus
durch eine hohe religiöse Beliebig- Christus rettet den Menschen, weil er
keit charakterisiert. Jeder solle beru- allein die zerstörte Beziehung zu Gott
higt das glauben, was er für richtig wiederherstellen kann.
hält, denn eine absolute Wahrheit für 5. Jesus lebt, denn Gott hat ihn
alle Menschen gäbe es ja doch nicht. von den Toten auferweckt. Der
Vielfach wird nur das Gemeinsame Auferstandene ist deswegen auch der
betont. So seien „alle Religionen nur Einzige, der sagen kann: „Ich bin bei
Flüsse, die in dasselbe Meer fließen“. euch alle Tage“. 

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