You are on page 1of 2

Hat die Wissenschaft Gott begraben?

John Lennox, R. Brockhaus Verlag Wuppertal 2002, 144 Seiten, Preis 9,90 Euro

Dieses Buch erscheint in der Reihe „Glaube und Wissenschaft“ des Instituts für Glaube und
Wissenschaft. Herausgeber der Reihe ist Dr. Jürgen Spieß.

Dr. John Lennox, Mathematiker und Philosoph an der Universität Oxford legt eine kritische
Analyse moderner Denkvoraussetzungen zum Thema „Glaube, Vernunft und
Naturwissenschaft“ vor. Durch Zitate namhafter Naturwissenschaftler und Philosophen stellt
er die Argumente der atheistischen und der theistischen Deutung des Universums und des
Lebens möglichst objektiv dar. Dabei geht es vorrangig um die Frage, ob die beobachtete
Feinabstimmung des Universums als Lebensraum sowie das Leben selbst einen Planer
voraussetzt, oder ob Zufall und Notwendigkeit zur Erklärung ausreichen.
Die Argumente werden für den Laien nachvollziehbar auf unzulässige Verallgemeinerungen
oder Rückschlüsse, sowie auf Übereinstimmung mit wissenschaftlichen Beobachtungen
geprüft. Der Leser wird mitten in den Kampf der Atheisten gegen den Glauben an Gott
hineingestellt, z.B. mit folgendem Zitat von Richard Dawkins (Oxford Professor für
öffentliches Wissenschaftsverständnis): „Der Glaube ist eines der großen Übel der Welt,
vergleichbar dem Pockenvirus, aber schwerer auszurotten“.
Vielleicht wundert sich mancher über diese feindseligen Worte, aber zumindest die
Widerstandsfähigkeit des Glaubens wird von Dawkins richtig eingeschätzt. Das geht aus
einer Veröffentlichung des Wissenschaftsmagazins „Nature“ aus dem Jahr 1997 hervor.
Danach hat sich der Prozentsatz der an einen persönlichen Gott glaubenden
Naturwissenschaftler in den letzten 80 Jahren in den USA nicht geändert.
Aber auch die Gläubigen sollten ihre Lektion lernen, z.B. aus dem traurigen Kampf zwischen
Kirche und Galilei. Lennox schreibt: „Eine Lehre für diejenigen, die die Bibel ernst nehmen,
sollte sein, dass sie demütig genug sind, zwischen den Aussagen der Bibel und ihrer
eigenen Interpretation der Bibel zu unterscheiden. Die Bibel könnte ja einfach komplexer
sein, als sie auf den ersten Blick denken, und es könnte die Gefahr bestehen, dass man sie
verwendet, um Gedanken zu rechtfertigen, die sie selbst nie zu lehren beabsichtigte.“
Er vermeidet deshalb umstrittene Argumente, wie z.B. die Ansicht, dass es vor dem
Sündenfall keinen Tod gegeben habe sowie jede Auseinandersetzung über das Alter der
Erde und der verschiedenen Arten von Lebewesen. Deshalb wird zwar mancher Christ seine
Argumentation als unvollständig kritisieren. Wir sollten aber bedenken, dass es angesichts
einer Wahrscheinlichkeit von weniger als 1/1040 000 für die zufällige Entstehung des Lebens
(Schätzung des Astrophysikers Fred Hoyle) keine Rolle spielt, ob die Erde 104 oder 1010
Jahre alt ist (in Worten zehntausend oder zehn Milliarden). Unser Herr Jesus Christus nahm
auf die Denkvoraussetzungen der Sadduzäer Rücksicht, die nur die 5 Bücher Moses als
authentisch betrachteten, indem er in seiner Diskussion mit ihnen nur aus den Moses
Büchern zitierte. John Lennox folgt in seinem großartigen Buch diesem Beispiel und dem
des Apostel Paulus und wird „den Wissenschaftlern ein Wissenschaftler“ – allerdings einer,
der viele unangenehme Fragen stellt und uneingeschränkt die Wahrheit aller Argumente
durchleuchtet. Dadurch ist sein Buch in besonderem Maße für die Skeptiker des
Schöpferglaubens eine Herausforderung, der sich kein ehrlicher Wahrheitssucher
verschließen kann. Dies wird durch folgendes Beispiel verdeutlicht: Ein namhafter
Biologieprofessor an der Universität Oxford besucht den Autor, sieht das Manuskript des
vorliegenden Buches und interessiert sich dafür. Obwohl er reichlich mit Arbeit überhäuft ist,
bringt er schon am nächsten Tag das Manuskript – bis zur letzen Seite voll mit seinen
Anmerkungen – mit dem Kommentar zurück: „Dieses Buch hat mich wie kein anderes zum
Nachdenken provoziert. Es bietet eine ideale Gesprächsbasis. Ich möchte am liebsten jedem
Kollegen in Oxford eine Kopie geben.“
Das Buch ist aber nicht nur für Professoren geeignet. John Lennox gelingt es meisterhaft,
schwierige Zusammenhänge und philosophische Probleme wie Kategoriefehler mit
anschaulichen Beispielen zu verdeutlichen. Wenn z.B. Tante Mathilde einen Kuchen backt,

1
so können Naturwissenschaftler zwar alle möglichen Fragen Wie-Fragen z.B. nach
Zusammensetzung, Nährwert u. a. untersuchen und beantworten, aber die Frage, warum der
Kuchen gebacken wurde, ist mit naturwissenschaftlichen Methoden prinzipiell nicht zu
erforschen. Würde jemand aus dieser Tatsache den Schluss ziehen, der Kuchen sei zu
keinem Zweck gebacken worden, so würde er einen Kategoriefehler begehen. Dennoch
behauptet Peter Atkins: „Die Wissenschaft benötigt Zwecke nicht [...] All der
außergewöhnliche, wundervolle Reichtum der Welt kann als ein Aufwachsen vom
Dunghaufen sinnloser, miteinander verknüpfter Zersetzung ausgedrückt werden“. John
Lennox fragt nun, was wohl Tante Mathilde dazu sagen würde und kommentiert: „Es ist eine
Sache, (mit Recht) zu behaupten, dass die Naturwissenschaften Fragen nach Ziel und
Zweck nicht beantworten können; es ist eine ganz andere, Ziel und Zweck selbst als Illusion
anzusehen.“
Besonderer Dank gebührt dem Autor für die umfangreiche und äußerst nützliche Sammlung
von Zitaten namhafter Wissenschaftler. Z.B. zitiert er den Genetiker Niles Eldredge: „...ich
fand heraus, dass Arten, sobald sie in der Fossildokumentation erscheinen, dazu neigen,
sich überhaupt nicht viel zu verändern. Arten bewahren wie selbstverständlich einen
unerschütterlichen, erbitterten Widerstand gegenüber Veränderung - oft mehrere
Jahrmillionen lang.“ Dieses Urteil wird von Colin Patterson vom Naturgeschichtemuseum in
London unterstützt. Im Zusammenhang mit der Diskussion um den Archaeopteriyx, der
häufig als Übergangsform zwischen Reptilien und Vögeln genannt wurde, schreibt er: „Um
die Karten auf den Tisch zu legen: Es gibt nicht ein einziges solches Fossil [das eine Ahnen-
oder Übergangsform darstellt], für das man ein wasserdichtes Argument ins Feld führen
könnte“. Als weitere Kostprobe sei der Biophysiker Dean Kenyon zitiert: „Wenn die
Wissenschaft auf der Erfahrung beruht, dann sagt uns die Wissenschaft, dass die in der
DNS verschlüsselte Botschaft von einer intelligenten Ursache herrühren muss. Was für eine
Art intelligenter Urheber war es? Alleine kann die Wissenschaft diese Frage nicht
beantworten; sie muss sie der Religion und Philosophie überlassen. Doch das sollte die
Wissenschaft nicht daran hindern, Hinweise auf einen intelligenten Ursprung anzuerkennen,
wo immer diese auftauchen mögen.“
Einen solchen Hinweis gibt der Beginn des Johannesevangeliums: „Im Anfang war das Wort,
und das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott.“ John Lennox schreibt dazu: „Im
Altgriechischen ist das Wort, das man mit „Wort“ übersetzt, logos, das von griechischen
Philosophen oft für das rationale Prinzip, das das Universum regiert, verwendet wurde. Hier
haben wir die theologische Erklärung für die rationale Verständlichkeit des Universums: Es
ist das Produkt des Geistes schlechthin, des göttlichen logos. Denn was hinter dem
Universum steht, ist viel mehr als ein rationales Prinzip. Es ist Gott, der Schöpfer selbst. Es
ist keine Abstraktion oder unpersönliche Kraft, die hinter dem Universum steht. Es ist ein
persönlicher Gott. Und genau wie Tante Mathilde nicht Teil des Kuchens war, so ist Gott
nicht ein Teil des Stoffs, aus dem das Universum besteht... Die Wissenschaft hat also
keineswegs Gott begraben. Nicht nur zeigen die Ergebnisse der Wissenschaft in die
Richtung seiner Existenz – ich behaupte, dass das naturwissenschaftliche Unternehmen
selbst erst durch Gottes Existenz seinen Sinn erhält“.

Prof. Dr. Hartmut Ising in „Perspektive“ 9/2002, S. 30f.

You might also like