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BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Baden-Württemberg

11. Landesausschuss, Mannheim, 26.06.2010 NP 1

AntragstellerIn: Landesvorstand

GRÜNE NETZPOLITIK
DIGITALE TEILHABE ERMÖGLICHEN – CHANCEN FÜR BADEN-
WÜRTTEMBERG NUTZEN
Der Landesausschuss möge beschließen:
1
2 Das Internet und die modernen Informationstechnologien haben unseren Alltag, unsere Kom-
3 munikation, unsere Gesellschaft tiefgreifend verändert. Die Politik muss sich diesen Verände-
4 rungen stellen. Sie muss neue Antworten auf alte und neue Fragen geben.
5
6 Wir Grünen begreifen Netzpolitik als Querschnittsthema, das unterschiedliche Politikfelder und
7 politische Ebenen betrifft. Wir müssen unsere Grundwerte und Grundorientierungen auf die di-
8 gitale Gesellschaft übertragen. Wie ist in Zukunft gesellschaftliche Teilhabe angesichts der Ver-
9 änderungen durch die digitale Revolution möglich? Welche Potenziale – aber auch Risiken ent-
10 stehen, und wie lässt sich eine soziale, freie, demokratische und ökologische Gesellschaft unter
11 den Bedingungen des digitalen Zeitalters realisieren?
12
13 Ein zentraler grüner Grundwert ist die Teilhabegerechtigkeit. Teilhabegerechtigkeit bedeutet die
14 Möglichkeit für jede Bürgerin und jeden Bürger, die Grundrechte entfalten zu können. In der
15 entstehenden Wissensgesellschaft wird das Internet immer mehr zu dem Medium, das gesell-
16 schaftliche Teilhabe – also den Zugang zu Arbeit, Bildung und Demokratie – ermöglicht. Ent-
17 sprechend wird der Zugang zum Internet selbst zu einer Frage der Teilhabegerechtigkeit. Um-
18 gekehrt gilt aber auch: Wo das Internet den Zugang zur gesellschaftlichen Teilhabe sicherstellt,
19 wird es zu einer politischen Herausforderung, Teilhabe auch für diejenigen zu ermöglichen, die
20 „offline“ bleiben möchten oder müssen.
21
22 Wir Grünen sehen in der digitalen Revolution eine große Chance für den Industrie- und Dienst-
23 leistungsstandort Baden-Württemberg. Die Netzwirtschaft kann zu einer grünen Spitzentechno-
24 logie werden. Um diese Chance zu nutzen, müssen allerdings die politischen Rahmenbedingun-
25 gen verändert werden. Wir Grünen machen uns insbesondere für das Feld der grünen Informa-
26 tionstechnologie („Green-IT“) stark, um Arbeitsplätze zu sichern und die Wirtschaft voranzu-
27 bringen. Hier kann Baden-Württemberg technologischer Spitzenreiter werden.
28
29 Informationstechnologie als Chance für Wirtschaft und Arbeit und eine digitale Teilhabe für alle
30 Bürgerinnen und Bürger gehören zusammen. Wir Grünen fordern daher vier netzpolitische
31 Schwerpunktprojekte für die Landespolitik: den breiten Ausbau der technischen Infrastruktur,
32 die Förderung der grünen Informationstechnik und der baden-württembergischen Netzökono-
33 mie, eine konsequente Umsetzung freier Zugänge zu Netzinhalten und den starken Ausbau
34 demokratischer Partizipation und gesellschaftlicher Teilhabe im Netz.
35

Der Antrag wurde: Abstimmung: Anmerkungen:


abgegebene Stimmen:
[ ] befasst
gültige Stimmen:
[ ] nicht befasst Ja-Stimmen:
Nein-Stimmen:
Enthaltungen:
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11. Landesausschuss, Mannheim, 26.06.2010 NP 1

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2 Zugang zum Internet gewährleisten – niemanden ausschließen
3 Wir Grünen setzen auf den konsequenten Ausbau der Netzinfrastruktur. Den Zugang zum
4 schnellen Internet verstehen wir als Bestandteil der Daseinsfürsorge. Im Jahr 2009 hatten etwa
5 70 % der Bevölkerung in Deutschland Zugang zum Internet (76 % der Männer, 62 % der
6 Frauen). Menschen die keinen Zugang zum Internet haben, nehmen mit steigendem Alter und
7 bei geringerem Einkommen erheblich zu. Insgesamt betrachtet sind etwa zwei Drittel der An-
8 schlüsse in Deutschland Breitband-Zugänge. Zwar sind in Baden-Württemberg im Vergleich zu
9 anderen Bundesländern deutlich mehr Menschen online, dennoch werden diese Zahlen im eu-
10 ropäischen Vergleich von den nordischen Ländern Island, Finnland, Dänemark und den Nieder-
11 landen deutlich übertroffen. Zudem gibt es in Baden-Württemberg ein starkes Stadt-Land-
12 Gefälle. Wir Grünen wollen Baden-Württemberg zum Spitzenland beim Netzzugang im europä-
13 ischen Vergleich machen. Angesichts der technischen Weiterentwicklung sehen wir dabei einen
14 Breitbandzugang als die im Sinne der Daseinsfürsorge angemessene technische Umsetzung des
15 Zugangs zur Internetinfrastruktur an. Daher muss zügig ein Recht auf Breitbandzugang nach
16 schweizerischem und finnischem Vorbild geschaffen werden. Dort sind die Internetprovider
17 verpflichtet, allen Bürgerinnen und Bürgern eine schnelle Webverbindung zur Verfügung zu
18 stellen. Davon profitiert besonders der ländliche Raum. Die Erfahrungen der Vergangenheit ha-
19 ben gezeigt, dass es hier nicht ausreicht, alleine auf den Markt zu setzen.
20
21 Zugang zum Zugang – für alle
22 Angesichts der Bedeutung digitaler Teilhabe darf niemand vom Internet aus finanziellen oder
23 sozialen Gründen ausgeschlossen werden. Internetterminals in öffentlichen Bibliotheken und
24 kommunalen Gebäuden können dazu beitragen, einen Basiszugang sicherzustellen. Eine weitere
25 Möglichkeit des „Zugangs zum Zugang“ unabhängig vom sozialen Status liegt in freien WLAN-
26 Netzwerken in Dörfern und Städten – entweder in privater Initiative als "Freifunk"-Netzwerk
27 oder als Angebot der Kommune wie es beispielsweise in Paris umgesetzt ist. Wir Grünen wollen
28 uns deshalb, wo wir in kommunaler Verantwortung stehen, für freie Netzwerke als Angebot der
29 Kommunen einsetzen. Das bedeutet gegenüber der unregulierten Verbreitung von W-LAN-
30 Spots eine Verringerung der Strahlenbelastung. Grünes Ziel ist es, im Interesse der Allgemein-
31 heit die Strahlenbelastung soweit wie möglich zu minimieren. Dazu gehört eine Senkung der
32 Grenzwerte, gemeinsame Netznutzung und ein besserer Schutz von Kindern, Jugendlichen und
33 Elektrosensiblen.
34
35 Netzneutralität und Verbraucherschutz aktiv kontrollieren
36 In den vergangenen Jahren nimmt die Bedeutung von Internetdienste, die an das Mobiltelefon
37 gebunden sind, und anderer Formen des mobilen Internets zu. Gerade hier, aber auch für den
38 Breitbandmarkt ist es – nicht zuletzt vor dem Hintergrund des ehemaligen Telekom-Monopols –
39 wichtig, dass die Bundesnetzagentur Preise und Verträge regelmäßig kontrolliert und auf neue
40 technische Entwicklungen reagiert. Zu dieser Kontrollfunktion der Bundesnetzagentur gehört für
41 uns auch die Durchsetzung des Prinzips der Netzneutralität. Das heißt: Unterschiedliche Daten-
42 ströme müssen gleich behandelt werden. Die Netzbetreiber dürfen nicht zu Türwächtern des
43 Internets werden, sondern müssen Datenpakete von und an ihre Kunden gleich behandeln und
44 ohne Diskriminierung übertragen, unabhängig davon, woher diese stammen. Um diesen Auf-
45 gaben gerecht werden zu können, ist eine personelle Aufstockung bei der Bundesnetzagentur
46 notwendig.
47
48 Medienpädagogik ausbauen!
49 Das Netz ist aus dem Alltag von Jugendlichen und Kindern nicht mehr wegzudenken. Daran
50 muss sich die Politik in ihrem Handeln messen lassen, auch in der Initiative „Kindermedienland“

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1 der Landesregierung. Medienpädagogische Einrichtungen für Eltern und Pädagog_innen sowie


2 Kinder und Jugendliche müssen zur Regel werden. Projekte wie die Initiative „Medienfluten"
3 der Caritas Stuttgart, die Schüler_innen für den Umgang mit Medien und Internet Orientierung
4 an die Hand gibt, müssen landesweit eingeführt werden.
5 Medienerziehung muss nicht nur an den Schulen, sondern bereits in Kindertageseinrichtungen
6 Thema sein. Folgerichtig muss eine reflektierte Medienpädagogik fester Bestandteil der Ausbil-
7 dung für Erzieherinnen und Erzieher und auch der Studiengänge zur frühkindlichen Bildung
8 werden. Klar ist, dass in der Schule Medienpädagogik als Querschnittsaufgabe verstanden wer-
9 den muss und nicht in einzelne Fächer abgeschoben werden darf. Das muss bei der anstehen-
10 den Neustrukturierung der Lehramtsausbildung in Baden-Württemberg berücksichtigt werden,
11 d.h. in allen Lehramtsstudiengängen muss eine zeitgemäße medienpädagogische Grundbildung
12 stattfinden.
13 Abseits dieser großen Linien vermitteln auch viele kleine Projekte meist unbeachtet von Politik
14 und Öffentlichkeit Medienkompetenz. Dies führt in vielen Fällen zu fruchtbaren Kooperationen,
15 beispielsweise zwischen den Freien Radios und Bildungseinrichtungen wie Schulen und Jugend-
16 gruppen. Hier wird nicht über Medienkompetenz palavert, sondern sie wird entwickelt und um-
17 gesetzt.
18
19 Computerspielerinnen und -spieler nicht kriminalisieren
20 Nach dem Amoklauf von Winnenden wurde in der Öffentlichkeit der Umgang mit Computer-
21 spielen und Medien sehr kontrovers diskutiert. Wir Grünen wenden uns gegen eine Verschär-
22 fung des §131 des Strafgesetzbuchs und damit gegen eine Kriminalisierung von Spielerinnen
23 und Spielern. Verantwortungsvoller Jugendschutz und die legitimen Interessen der Spie-
24 ler_innen müssen vereinbar sein. Darüber hinaus fordern wir eine grundlegende Reform der Un-
25 terhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK), um die Mängel des Jugendmedienschutzes bei
26 Computerspielen zu beheben.
27
28 Offline: Zugang darf kein Zwang sein
29 Zugang zum Internet zu haben, darf kein Zwang sein. Gerade im Hinblick auf die ältere Bevöl-
30 kerung ist darüber nachzudenken, ob betreute Internet-Dienstleistungen – etwa als Service von
31 Bürgerhäusern und Kommunen – eine Rolle dabei spielen können, eine Schnittstelle zwischen
32 digitaler Teilhabe und der „Offline-Welt“ aufzubauen.
33
34 Zentrale Forderungen der Grünen Baden-Württemberg:
35 ♦ Zugang zu Breitband muss heute als Teil der Daseinsvorsorge verstanden werden
36 ♦ Breitband-Zugang im ländlichen Gebieten Baden-Württembergs massiv ausbauen
37 ♦ dem Stand der Technik angemessenen Zugang auch über öffentliche Terminals, freie Netze
38 etc. anbieten und entsprechende Projekte landesweit und vor Ort unterstützen
39 ♦ regelmäßige Kontrolle der Preise und Vertragsstrukturen durch die Regulierungsbehörde
40 ♦ Netzneutralität gewährleisten – Infrastrukturanbieter dürfen ihre Kapazitäten nicht an Inhal-
41 te koppeln
42 ♦ Medienpädagogik in Kindergärten, Schulen und in der Erwachsenenbildung fördern und
43 konsequent ausbauen
44
45
46 Baden-Württemberg zum Vorreiterland der Green IT machen
47 Auf dem IT-Gipfel in Stuttgart wurde 2009 die Studie „KMU geben Impulse für den ITK-
48 Arbeitsmarkt“ vorgestellt. Fazit der Studie war, dass trotz der Wirtschaftskrise mit einem ständi-
49 gen Wachstum der IT-Branche, bei einem anhaltend großen Personalbedarf, in den nächsten
50 Jahren zu rechnen ist. Bis 2015 werden alleine im Mittelstand 81.000 neue Fachkräfte benötigt.

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1 Für die Großunternehmen kommt noch einmal ein Bedarf von fast 100.000 Fachkräften hinzu –
2 bei nur etwa 15.000 Absolvent_innen aus dem Bereich Informatik/ITK, die wiederum dieser
3 Branche auch nicht exklusiv zur Verfügung stehen. Aus diesen Zahlen lassen sich erhebliche
4 Chancen und Risiken für den Industrie- und Dienstleistungsstandort Baden-Württemberg able-
5 sen.
6
7 Green-IT: Mit grüner Technologie an die Spitze
8 Die mit dem Ausbau und der zunehmenden Nutzung der Informations- und Kommunikations-
9 Infrastruktur (IuK) verbundene Umweltbelastung darf nicht vernachlässigt werden. Schon heute
10 macht die IuK-Infrastruktur in Deutschland etwa 10 % des jährlichen Energieverbrauchs aus.
11 Weltweit beträgt der CO2-Ausstoß der IT-Industrie inzwischen in etwa soviel wie der des Flug-
12 verkehrs. Und jedes Jahr wird es mehr. Prognosen gehen – parallel zu wachsenden Datenmen-
13 gen, die im Netz transportiert werden, etwa durch "Cloud Computing" und durch die zuneh-
14 mende Bedeutung sozialer Medien – von einem stark wachsenden Energieverbrauch aus. Ohne
15 eine konsequente Green-IT-Strategie wird es keinen erfolgreichen Klimaschutz geben. Denn es
16 ist zu befürchten, dass der steigende Energieverbrauch für die IuK die Erfolge in anderen Berei-
17 chen, etwa beim Hauswärmeverbrauche, auffrisst.
18 Green IT ist spätestens seit dem entsprechenden CeBit-Schwerpunkt 2008 zu einem wichtigen
19 Schlagwort geworden. Und der Erfolg der Netbooks zeigt, dass bei den Privatkund_innen der
20 fortwährende „Höher-Schneller-Weiter“-Trend gebrochen ist: Es gibt einen Markt für effiziente
21 Rechner mit weniger Leistung. "Green-IT" darf aufgrund ökologischer und ökonomischer
22 Gründe kein Schlagwort bleiben, sondern muss in konkrete politische Vorgaben umgesetzt
23 werden. Wir fordern deshalb, den Energieverbrauch pro Gerät deutlich zu reduzieren und den
24 Restverbrauch insgesamt aus regenerativen Energieträgern zu decken, um so eine klimaneutrale
25 Teilhabe an der digitalen Gesellschaft zu ermöglichen. Neben der Energie- und Klimafrage sind
26 mit der Produktion der IuK-Infrastruktur weitere sozial-ökologische Herausforderungen verbun-
27 den. So trägt das Mobiltelefon als "Wegwerfgerät" zur Verknappung einiger seltener Metalle
28 bei. Die Produktionsbedingungen in der globalisierten Hardware-Industrie sind häufig sozial wie
29 ökologisch fragwürdig. Deshalb setzen wir uns für die Möglichkeit der Nachrüstung von Hard-
30 ware ein, der Computer darf nicht länger als Wegwerfprodukt verstanden werden. Des weite-
31 ren unterstützen wir Grünen Webhoster, die "Öko-Hosting" betreiben. Dazu gehören unter
32 anderem Strom sparende Server und eine Energieversorgung mit erneuerbaren Energien. Die
33 Rechenzentren des Landes und der Kommunen sollten aus grüner Sicht hier eine Vorreiterrolle
34 einnehmen. Bei der Beschaffung von Rechnern sind höhere ökologische Standards auch im Be-
35 zug auf Herstellung und Entsorgung zu setzen. Wir Grünen fordern darüber hinaus, ein euro-
36 paweites verpflichtendes Labeling von IT-Produkten mit guter Energiebilanz.
37 Auch beim Green-IT gilt: Grün ist, was Arbeitsplätze schafft. In Baden-Württemberg arbeiteten
38 2006 knapp 95.000 Menschen in der IT-Branche. 8300 Unternehmen erwirtschafteten einen
39 Umsatz von 21 Milliarden Euro. Hardware-Produktion gibt es bei uns im Land fast nicht mehr.
40 Baden-Württemberg ist ein Software-Land. Unsere heimischen Softwareentwickler haben Ein-
41 fluss auf die Entwicklung der Hardware. Sie sollen den Weg der Effizienz gehen und an dieser
42 Entwicklung mitwirken. Es ist Zeit für ein Ressourcen schonendes SAP. Baden-Württemberg hat
43 das Potenzial, zum High-Tech-Standort in Forschung, Produktion und Betrieb von grüner In-
44 formationstechnologie zu werden. Die Konzentration auf dieses Feld muss politisch gefördert
45 werden.
46
47 Fachkräfte qualifizieren
48 Hier gibt es sowohl auf Seiten der Arbeitsagenturen in Bezug auf Umschulungen als auch be-
49 züglich der Unterrichtsgestaltung an Schulen einigen Nachholbedarf in Sachen Medienpädago-
50 gik. Den Umgang mit Neuen Medien zu erlernen und dabei sowohl auf Gefahren als auch auf
51 Potentiale aufmerksam gemacht zu werden, hilft jungen Menschen in ihrem persönlichen und

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1 beruflichen Leben gleichermaßen weiter. Auch an Hochschulen soll die Einrichtung entspre-
2 chender Studiengänge im Internet-Umfeld gefördert und verwandte Studiengänge stets aktuell
3 mit Bezügen zum Web angereichert werden. Der bereits vorhandene Fachkräftemangel bremst
4 diesen Wirtschaftszweig enorm und muss daher politisch bekämpft werden. Wir Grünen setzen
5 uns deshalb für einen massiven Ausbau der Informatik, ITK und Medienpädagogik im gesamten
6 Bildungssektor in Baden-Württemberg ein.
7
8 Open-Source: frei und wirtschaftlich erfolgreich
9 Im Internetbereich arbeiten sehr viele Firmen mit Open-Source-Software und verdienen ihr Geld
10 mit Anpassungen und Schulungen. Wir begrüßen die weite Verbreitung von Open Source in
11 der Web-Wirtschaft und wünschen uns hier eine Vorreiterrolle der öffentlichen Hand und auch
12 des Landes. Denn gerade Open Business-Modelle, wie die Freie Software Branche, bieten zu-
13 kunftssichere Arbeitsplätze und schaffen nachhaltige Innovationen. Hier gilt es, an Hochschulen
14 und in öffentlichen Institutionen solche Modelle durch Ausbildung von qualifiziertem Personal
15 und der intensiven Nutzung der Angebote zu unterstützen.
16
17 Verbraucherschutz
18 Für Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich im Internet bewegen, ist Verbraucherschutz ein
19 wichtiges Thema. Denn mit stetiger Zunahme der Internetnutzerinnen und -nutzer steigt die
20 Zahl schwarzer Schafe im Netz. Das Internet darf nicht zum Fangnetz von Betrügerinnen und
21 Betrügern für unwissende Verbraucherinnen und Verbraucher werden. So hat der Bundesver-
22 band der Verbraucherzentralen ein eigenes Portal eingerichtet, weil viele ihre Rechte im Netz
23 nicht kennen. Wir Grüne meinen: Surferinnen und Surfer haben Rechte. Wir unterstützen alle
24 dabei, diese einzufordern und im Netz durchzusetzen. Wir wollen durchsetzungsstarke Verbrau-
25 cherrechte auch im digitalen Raum. Es muss einfach und klar erkennbar sein, wo die kostenlose
26 Internetwelt aufhört und kostenpflichtige Angebote beginnen. Wer online etwas kauft, muss
27 die gleichen Rechte haben wie bei einem Einkauf im Laden um die Ecke.
28
29 Zentrale Forderungen der Grünen Baden-Württemberg:
30 ♦ Wir machen uns stark für eine grüne Netzökonomie und schaffen damit Arbeitsplätze in ei-
31 nem Zukunftsfeld in Baden-Württemberg
32 ♦ Den Fachkräftemangel in der IT-Branche gezielt durch Weiterbildungsangebote und einen
33 Ausbau der Studienplätze in Baden-Württemberg beheben
34 ♦ Den Anteil von Open-Source-Software im öffentlichen Sektor deutlich erhöhen
35 ♦ Den Verbraucherschutz im Netz stärken
36 ♦ flächendeckenden Breitbandausbau in Baden-Württemberg
37
38
39 Teilhabe heißt auch: Freier Zugang zu Inhalten
40 Für uns Grüne ist klar, dass der Zugang zu Inhalten im Netz wichtiger und der Kampf um diese
41 Inhalte in den nächsten Jahren sich weiter verschärfen werden. Sei es bei der Frage von öffentli-
42 chen Inhalten, dem Urheberrecht, der staatlichen Kontrolle von Inhalten oder dem barrierefrei-
43 en Zugang zu Inhalten. Dabei geht es im Kern um Eigentumsrechte. Wir Grünen lehnen eine
44 Monopolisierung und Einschränkung des Zugangs zu Netzinhalten ab, denn die beste Infra-
45 struktur nutzt nichts, wenn damit kein Zugang zu Inhalten besteht. Dabei sind für uns Grüne
46 drei Fragen zentral: Welche Inhalte sollen staatliche und öffentlich geförderte Stellen bereitstel-
47 len? Wie soll die Kontrolle und die Freiheit von Netzinhalten ausgestaltet werden? Wie kann ein
48 barrierefreier Zugang zu Inhalten gewährleistet sein?
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1 Informationsfreiheit und Open-Data-Prinzip


2 Wir Grünen fordern und begrüßen das Recht auf Informationsfreiheit, d.h. den Zugriff von Bür-
3 ger_innen und Verbänden auf öffentliche Daten. Denn zur demokratischen Teilhabe gehört die
4 größtmögliche Transparenz des staatlichen Handelns, um eine Nachvollziehbarkeit von politi-
5 schen Prozessen und Verwaltungsakten zu ermöglichen. Dazu gehört auch, dass großer Wert
6 auf die Auffindbarkeit und Sichtbarkeit öffentlich bereitgestellter Informationen gelegt wird. Der
7 Informationsanspruch im Sinne des Rechts auf Informationsfreiheit muss individuell erleichtert
8 werden. Im Sinne der Informationsfreiheit sollen staatliche Stellen bereits von sich aus so viele
9 Daten wie möglich im Internet veröffentlichen – solange keine Persönlichkeitsrechte verletzt
10 sind, keine Geheimhaltung erforderlich ist oder andere rechtliche Hürden dem im Weg stehen
11 ("private Daten schützen, öffentliche Daten nützen"). Hierfür soll im Sinne des Open-Data-
12 Prinzips Infrastruktur bereitstehen, die dies mit möglichst wenig Aufwand ermöglicht. Für be-
13 stimmte Daten bieten sich dabei "APIs" und Datenstandards an, d.h. computerlesbare Schnitt-
14 stellen beispielsweise zu Umweltmessdaten, Abstimmungsergebnissen oder Haushaltskennzif-
15 fern - am besten in einem landesweit einheitlichen Format, so dass eine Weiterverarbeitung der
16 Daten problemlos möglich ist. Damit wird zugleich die Möglichkeit beispielsweise für Lokalzei-
17 tungen - aber auch andere Anbieter lokaler Inhalte - geschaffen, Mehrwert und gleichzeitig ein
18 Mehr an Demokratie durch die nutzerfreundliche Aufbereitung dieser Daten zu produzieren.
19
20
21 Öffentlich-rechtlichen Rundfunk auch per Internet
22 Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist durch den Rundfunkstaatsvertrags in seinen Online-
23 Angeboten eingeschränkt worden. Dabei könnte er gerade hier im Sinne seines Informations-
24 auftrages und als Forum des öffentlichen Diskurses wirken. Wir Grünen wollen das Internet als
25 dritte Säule fest neben Radio und Fernsehen etablieren. Daher fordern wir eine Umgestaltung
26 der bestehenden Regelungen im Rundfunkstaatsvertrag, denn wir halten sowohl eine gesetzli-
27 che Beschränkung des Online-Angebots auf Sendungsbezug und die 7 Tage Abrufbarkeit für
28 nicht förderlich. Des Weiteren halten wir den sogenannten Drei-Stufen-Test, bei dem die Inhal-
29 te auf ihren Auftrag, ihren Beitrag zum publizistischen Wettbewerb und die Auswirkungen auf
30 den Wettbewerb hin überprüft werden, für völlig unangemessen. Warum das bestehende Onli-
31 ne-Angebot nun im Nachhinein noch einmal zugelassen werden muss, ist unklar und unnötig.
32 Damit wird den Öffentlich-Rechtlichen ein Berg Arbeit aufgeladen, der wohl nur mit zusätzli-
33 chen Mitarbeiter_innen abgetragen werden kann. Das Programm wird dadurch nicht besser,
34 aber teurer.
35
36 Open Access – offenen Zugang zu Forschungsergebnissen sicherstellen
37 Öffentlich geförderte Forschungsprojekte – sowohl die öffentlich geforderte Drittmittelfor-
38 schung als auch öffentlich grundfinanzierte Einrichtungen wie Hochschulen – oder die Fraunho-
39 fer- und Max-Planck-Institute – sollen dazu verpflichtet werden, ihre Forschungsergebnisse und
40 Publikationen im Sinne eines "Open Access" kostenfrei und zeitnah im Internet zugänglich zu
41 machen. Dieses Prinzip soll insbesondere auch für die Ressortforschung der Ministerien und für
42 Gutachten und Studien gelten, die von Ministerien und Landesbehörden direkt in Auftrag ge-
43 geben wurden. Die Aufgabe, Wissen zu archivieren und bereit zu halten, muss in der digitalen
44 Gesellschaft von Bibliotheken und Archiven neu interpretiert werden. Dazu gehört beispielswei-
45 se der Zugang zu und die Bereithaltung von Metadaten und ergänzenden Informationen. An-
46 strengungen beispielsweise der Universitätsbibliotheken in Richtung einer Förderung von
47 "Open Access" müssen unterstützt werden. Wo immer es urheberrechtlich möglich ist, sollen
48 Bibliotheken und Archive darin gefördert werden, digitale Volltexte öffentlich zur Verfügung zu
49 stellen. Für alle diese Angebote der öffentlichen Hand sollten offene Formate verwendet wer-
50 den, die nicht abhängig von bestimmten Softwareanbietern sind.
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1 Für ein zukunftssicheres Urheberrecht


2 Der leichte Zugang zu Filmen, Musik, Büchern und anderen Medien über Internet-Tausch-
3 börsen u. ä. hat zu anderen Nutzungs- sowie Bezahlgewohnheiten geführt und ist eine Heraus-
4 forderung für Urheber_innen, Rechteverwerter_innen, die Justiz und den Gesetzgeber gewor-
5 den. Künstler_innen und Musiker_innen leben von der Verwertung ihrer kreativen Produkte,
6 deshalb müssen wir Wege finden, um ihnen weiterhin eine angemessene Vergütung zu ermög-
7 lichen. Maßgeblichen Einfluss auf die Zukunft des Netzes, der Kultur und neuer Unterneh-
8 mensmodelle hat deswegen eine zukunftssichere Regelung des Urheberrechts. Wir Grüne spre-
9 chen uns entschieden gegen die pauschale Kriminalisierung von unlizensierter Nutzung im pri-
10 vaten, nicht-kommerziellen Kontext aus. Die Verteufelung von Nutzer_innen als „Räuber“ und
11 „Piraten“, die derzeit vor allem von der Medienindustrie propagiert wird, ist unverhältnismäßig
12 und verliert die kulturellen und technischen Realitäten aus dem Auge. Im Kampf gegen die so
13 genannte "Internetpiraterie" gerät dabei immer öfter die Privatsphäre der Bürgerinnen und
14 Bürger ebenso unter die Räder wie der freie Zugang zu Wissen und kulturellen Werken. Digital
15 Rights Management (DRM) sowie die Verfolgung und Bestrafung von digitalen Privatkopien
16 lehnen wir entschieden ab und wollen die in den vergangenen Jahren entstandene Abmahnin-
17 dustrie bekämpfen. Wir treten für eine grundlegende Reform der bestehenden Urheberrechts-
18 gesetzgebung in Deutschland und der EU ein. Wir wollen eine Regelung, die den Künst-
19 ler_innen, Bürger_innen, Forscher_innen, Journalist_innen, Blogger_innen, Universitäten und
20 Schulen, jedoch nicht den Medien- und Verlagsgiganten, nützt.
21
22 Kulturflatrate
23 Wir setzen uns deshalb für einen fairen Ausgleich zwischen Nutzer_innen und Urheber_innen
24 ein. Ohne eine angemessene Vergütung für die Schaffung geistiger Werke und die Entkriminali-
25 sierung der Nutzer_innen ist ein solcher Ausgleich jedoch nicht möglich. Wir setzen uns deshalb
26 für das Recht auf die Privatkopie ein. Gleichzeitig müssen auf der anderen Seite gesetzlich ver-
27 ankerte Modelle etabliert werden, welche eine angemessene Vergütung für nicht-kommerziell
28 erstellte Kopien urheberrechtlich geschützter Werke sicherstellen. Eine Kulturflatrate kann hier-
29 für richtiger Weg sein. Denn das Urheberrecht musste im Laufe der Geschichte immer wieder
30 an die veränderten technischen Rahmenbedingungen angepasst werden. Mit der Verbreitung
31 des Radios befürchtete die Musikindustrie zum Beispiel, ihr Geschäftsmodell - der Verkauf von
32 Tonträgern - würde durch die kostenlose Verbreitung von Musik zerstört. Das war der Ursprung
33 der Pauschalabgabe auf Kopiergeräte und Leermedien vor fast 50 Jahren. Eine solche Pauschal-
34 abgabe auf Breitband-Internetzugänge in Form einer Kulturflatrate kann nun die Antwort auf
35 die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts sein. Selbstverständlich sehen wir auch juristische
36 und gesellschaftliche Herausforderungen, die mit der Einführung einer Kulturflatrate einherge-
37 hen würden. Den Fragen nach der Rechtfertigung einer Zwangsabgabe, der Betrugsgefahr
38 durch eine anonyme Erhebung der Daten oder dem potentiellen Datenmissbrauch, falls perso-
39 nenbezogen Nutzungsdaten erhoben werden, wollen wir uns stellen. Ebenso gilt es, den Ver-
40 waltungsaufwand für eine solche Abgabe möglichst gering zu halten.
41
42 Löschen statt sperren!
43 Als Partei, die für Freiheit steht und sich gegen Zensur einsetzt, lehnen wir jegliche Form von
44 Netzsperren oder der amtlichen Speicherung von Kommunikationsdaten – wie etwa die Vor-
45 ratsdatenspeicherung – vehement ab. Bürgerinnen und Bürger dürfen staatlicherseits nicht unter
46 Generalverdacht gestellt werden. Das ist eine Politik des Misstrauens, die das Vertrauensver-
47 hältnis zwischen Politik und Bürger_innen zerstört. In den Schubladen von CDU-Politiker_innen
48 finden sich immer noch Pläne zu Internetsperren, wie sie die damalige Bundesfamilienministerin
49 Ursula von der Leyen kurz vor der Bundestagswahl eingeführt hatte. Solch eine Symbolpolitik –
50 Sperren, die technisch leicht umgehbar sind – schützen niemanden. Wir Grüne fordern: Löschen
51 statt sperren! Statt eine Zensurinfrastruktur aufzubauen, müssen Polizei und Staatsanwaltschaft

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1 personell verstärkt werden, wenn es um die Suche nach strafrechtsrelevanten Inhalten im Netz
2 geht. Dabei müssen rechtsstaatliche Grundsätze eingehalten werden.
3
4 „Meine Daten gehören mir“
5 Grüne Datenschutzpolitik bedeutet „Meine Daten gehören mir!“. Um dieses durchzusetzen, ist
6 Verantwortung auf Seiten der Nutzer_innen und der Anbieter_innen gefragt. Es ist wichtig, dass
7 Bürger_innen nicht jedem Internetangebot persönliche Daten überliefern. Jedoch wollen wir
8 Betreiber von Social Networks gesetzlich verpflichten, dass die Nutzer_innen auch weiterhin die
9 volle Kontrolle über die eigenen Daten haben. In den vergangenen Monaten war der Daten-
10 schutz im Internet vor allem im Bezug auf soziale Netzwerke, wie Facebook, StudiVZ und wer-
11 kennt-wen, ein wichtiges Thema. Wir sehen es deshalb als notwendig an, dass die Betrei-
12 ber_innen dieser Plattformen ihren Umgang mit den Daten, die jedeR in den angelegten Profi-
13 len ergänzt oder ändert, transparenter gestalten. Die Weitergabe von Daten, darf nicht ohne
14 vorherige Einwilligung der Nutzer_innen geschehen. Aus unserer Sicht muss für die Nut-
15 zer_innen nachvollziehbar sein, wohin ihre Daten gelangen könnten. Die Weitergabe dieser
16 sensiblen Daten soll unterbunden werden können und wenn gewünscht, sollte eine Löschung
17 dieser Daten möglich sein. Es muss eine verbindliche Opt-In-Regelung geschaffen werden, so
18 dass die persönlichen Daten nur nach der ausdrücklichen Zustimmung der Betroffenen weiter-
19 geben werden.
20
21 Barrierefreiheit verwirklichen!
22 Wir Grüne legen großen Wert auf Teilhabe aller Menschen am gesellschaftlichen, politischen
23 und kulturellen Leben. Dazu gehört selbstverständlich auch die uneingeschränkte Partizipation
24 von Menschen mit Behinderungen. Auch bei Online-Angeboten spielt dieser Teilhabe-Aspekt
25 zunehmend eine Rolle. Zwar setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass auch Online-
26 Angebote wie Webseiten oder PDF-Dateien im Netz nicht automatisch für alle Menschen und
27 insbesondere oft nicht für Menschen mit Behinderungen zugänglich sind, in der Praxis finden
28 sich aber noch erhebliche Defizite. Dies gilt insbesondere für Online-Angebote auf Landes- und
29 kommunaler Ebene. Der Zugang zu Inhalten öffentlicher Webseiten und anderer Online-Inhalte
30 wie auch die Teilhabe an digitalen Bürgerdiensten ist jedoch insbesondere für Menschen mit
31 Behinderungen oft von großer Bedeutung, da beispielsweise Menschen mit Mobilitätsein-
32 schränkungen so Wege zu Ämtern erspart werden können. Online-Angebote der öffentlichen
33 Hand müssen daher bis in die kommunale Ebene hinein konsequent barrierefrei gestaltet wer-
34 den. Des Weiteren setzen wir uns auch dafür ein, dass privatwirtschaftliche Internetangebote
35 barrierefrei gestaltet werden.
36
37 Zentrale Forderungen der Grünen Baden-Württemberg:
38 ♦ Informationsfreiheit individuell wie kollektiv so einfach wie möglich machen
39 ♦ Bereitstellung aller dafür geeigneten öffentlichen Informationen auch in computerlesbarer
40 und standardisierter Form zur Weiterverarbeitung durch Dritte
41 ♦ Langfristige Auffindbarkeit, freie Lizenzen und offene Formate für öffentliche Inhalte
42 ♦ Unterstützung des Open Access-Prinzips - Pflicht zur zeitnahen Publikation in Open-Access-
43 Formaten für alle öffentlich geförderten Forschungseinrichtungen, Projekte und alle staatli-
44 cherseits in Auftrag gegebene Forschung
45 ♦ Unterstützung von Bibliotheken und Archiven in der Aufgabe, Wissen digital bereit zu hal-
46 ten
47 ♦ Konsequente Barrierefreiheit für alle öffentlichen Angebote
48 ♦ Politische Einforderung von Barrierefreiheit auch bei Unternehmen, Vereinen und Verbän-
49 den
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11. Landesausschuss, Mannheim, 26.06.2010 NP 1

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2 Teilhabe heißt: selbst aktiv werden können
3 Um Teilhabe mit Leben zu füllen, müssen nicht nur der technische Zugang und die entspre-
4 chenden Inhalte vorhanden und zugänglich sein – Nutzer_innen müssen zugleich auch über
5 Medienkompetenz verfügen. Gerade im Hinblick auf die Unterschiede in der Nutzung nach so-
6 zialer Herkunft, Bildung und Alter ist der Staat hier gefragt, durch Fördermaßnahmen und ziel-
7 gruppenspezifische Angebote eine aktive Nutzung des Netzes für alle zu unterstützen. Damit ist
8 verbunden, Nutzer_innen nicht nur als Konsument_innen, sondern sie auch als "Produ-
9 zent_innen" von Inhalten zu sehen. Ein besonderer Stellenwert kommt hier "sozialen Netzwer-
10 ken" zu. Hier wird durch private Firmen eine inzwischen breit genutzte Infrastruktur zur Kom-
11 munikation und Kontaktpflege bereitgestellt. Mit der zunehmenden Bedeutung sozialer Netz-
12 werke wächst die Notwendigkeit, darauf zu achten, dass keine Verstöße gegen den Daten-
13 schutz vorliegen. Zudem darf es nicht zu willkürlichen Ausschlüssen kommen. Perspektivisch
14 setzen wir Grüne uns hier für offene Standards ein.
15
16 Digitale Bürgerbeteiligung ausbauen!
17 Wir Grüne wollen die Möglichkeiten digitaler Bürgerbeteiligung in Baden-Württemberg aus-
18 bauen und weiter entwickeln. Etwa als Teil von Bürgerhaushalten, bei Petitionen, themenbezo-
19 genen partizipativen Prozessen, Bürgerbegehen und Volksbegehren. Im Sinne direktdemokrati-
20 scher Ideale treten wir für eine digitale Unterschriftensammlungen für Bürgerbegehren und
21 Volksabstimmungen ein. Gerade hier wird aber auch deutlich, dass entsprechende Formate
22 nicht alleine auf das Netz bezogen sein können, um eine breite Beteiligung und Legitimation
23 sicherzustellen. Grundsätzlich geht es uns Grünen nicht um den Showcharakter der digitalen
24 Bürgerbeteiligung, sondern um eine dauerhafte echte Beteiligung. Ein Beispiel für ein gelunge-
25 nes Instrument der digitalen Bürgerbeteiligung ist die "e-Petition" des deutschen Bundestages.
26 Wir Grünen fordern deshalb dieses Instrument auch für den baden-württembergischen Landtag
27 zu ermöglichen. Baden-Württemberg muss endlich mehr digitale Demokratie wagen.
28
29 e-Government
30 Die Schwester der e-Demokratie ist das e-Government. In diesem Sinne begrüßen wir es, wenn
31 Verwaltungshandeln im Netz nicht nur transparent gemacht wird, sondern das Netz auch zur
32 möglichst breiten Schnittstelle zwischen Bürger_innen und Verwaltung wird. Beispiele dafür sind
33 online ausfüllbare Anträge, Beratungen von Verwaltungsstellen auch per eMail oder die Steuer-
34 erklärung, die online eingereicht werden kann. Wichtig ist dabei allerdings zum einen, dass das
35 Land, die Kreise und Kommunen hier besonders genau auf den Datenschutz und das Prinzip der
36 Datensparsamkeit achten. Zum anderen muss darauf geachtet werden, dass digitale Teilhabe
37 hier nicht zu Lasten einer bürgerfreundlichen Verwaltung geht: Es muss immer auch möglich
38 sein, als Bürger_in Verwaltungsakte ohne Netzzugang auslösen zu können.
39
40 Zentrale Forderungen der Grünen Baden-Württemberg:
41 ♦ Förderung der aktiven Teilhabe für alle
42 ♦ Nutzer_innen nicht nur als Konsument_innen sehen
43 ♦ Datenschutz, der Schutz der Privatsphäre und das Verbot willkürlicher Ausschlüsse sind
44 wichtige Anforderungen an soziale Netzwerke als einer neuen Kommunikationsplattform
45 ♦ Öffentliche Arenen der Debatte politisch ernst nehmen und möglichst auch selbst anbieten
46 (Gemeinden, Kreise, Land) – als permanenter Rückkanal
47 ♦ E-Petition auch für den Landtag
48 ♦ Unterschriftensammlungen für Bürgerbegehren auf kommunaler und Landesebene erleich-
49 tern, indem auch im Netz gesammelt werden kann
50 ♦ Wir begrüßen es, wenn Verwaltungsakte online möglich sind - wichtig sind dabei Daten-

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11. Landesausschuss, Mannheim, 26.06.2010 NP 1

1 schutz, Datensparsamkeit und das Vorhandensein nicht-elektronischer Alternativen, denn


2 Bürgerfreundlichkeit darf nicht unter e-Government leiden.
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6 Begründung:
7 Erfolgt mündlich.

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