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Redox-Gleichgewichte
7. Redox-Gleichgewichte
ACHTUNG: In den Kapiteln 5 - 8 dieses Skripts werden - ausser wenn explizite etwas Anderes erwähnt
ist - Gleichgewichtskonstanten immer in empirischer Form angenommen, d.h. in den MWG's werden
Ionenaktivitäten durch Konzentrationen ersetzt. Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gleichge-
wichtslage wird vernachlässigt.
Gleichgewichtslage hängt ab von Unterschied der E°-Werte = ∆E° Unterschied der pKS-Werte = ∆pKS
• Die stöchiometrische Gleichung der Redoxreaktion ist die Summe der Halbzellgleichungen.
• Die Halbzellgleichungen müssen vor dem Summieren evtl. passend erweitert werden, damit die Anzahl
übertragener Elektronen sich beim Summieren herauskürzt.
•
-
Zwei Halbzellreaktionen des gleichen Typs können nicht kombiniert werden (Die e würden nicht her-
ausgekürzt!), jede Reduktion ist immer mit einer Oxidation verkoppelt.
• AOx/ARed, bzw. BOx/BRed wird in Analogie zu S/B-Paaren als konjugiertes Redoxpaar bezeichnet.
Redoxreaktion:
P.S. Was hat der pH-Wert für einen Einfluss auf die oxidierende Wirkung von Permanganat?
• Wird ein Teilchen oxidiert, so steigt die Oxidationszahl (OZ; vgl. Exkurs auf der nächsten Seite) von
mindestens einem seiner Bestandteile.
• Bei einer Reduktion sinkt mindestens eine der OZ im Molekül.
Standard-Reduktionspotentiale E°
• Die Tendenz eines Teilchens, Elektronen aufzunehmen (=sich reduzieren zu lassen) wird gemessen mit
dem Standard-Reduktionspotential E°Red (Analogie S/B: Tendenz der Base, Protonen aufzunehmen,
wird mit KB gemessen): Je positiver E°Red, desto leichter lässt sich ein Teilchen reduzieren.
• Die Tendenz eines Teilchens, sich oxidieren zu lassen, wird mit dem Standard-Oxidationspotential E°Ox
gemessen. Zusammenhang zwischen E°ox und E°red bei einem konjugierten Redoxpaar:
• Nach einer Konvention der IUPAC werden nur noch Standardreduktionspotentiale tabelliert, die Oxi-
dationspotentiale der konjugierten Teilchen folgen dann durch einfachen Vorzeichenwechsel.
Wenn in diesem Skript im Folgenden E°-Werte erwähnt werden, handelt es sich immer um Re-
duktionspotentiale.
• Wie die Säure- oder Basenstärke kann die Reduzierbarkeit nur relativ zu einer Referenz gemessen
werden. Diese wurde ebenfalls festgelegt, es sind aquatisierte Protonen, die bei pH = 0 und Normal-
druck zu elementarem Wasserstoff reduziert werden können (sog. Normal-Wasserstoffelektrode):
+
2H(aq) + 2e− → H2(g)
+
Ist ein Teilchen leichter reduzierbar als H (aq), dann ist sein E° ..........
+
Ist ein Teilchen schlechter reduzierbar als H (aq), dann ist sein E° ..........
Halbzellreaktion E° in Volt
F2(g) + 2 e- → 2 F- 2.87
Ag2+ + e- → Ag+ 1.99
H2O2 + 2 H+ 2 e- → 2 H2O 1.78
MnO4- + 4 H+ + 3 e- → MnO2(s) + 2 H2O 1.69
PbO2(s) + 4 H+ + SO42- + 2 e- → PbSO4(s) + 2 H2O 1.69
MnO4- + 8 H+ + 5 e- → Mn2+ + 4 H2O 1.49
PbO2(s) + 4 H+ + 2 e- → Pb2+ + 2 H2O 1.46
Cl2(g) + 2 e- → 2 Cl- 1.36
Cr2O22- + 14 H+ + 6 e- → 2 Cr3+ + 7 H2O 1.33
MnO2(s) + 4 H+ + 2 e- → Mn2+ + 2 H2O 1.21
O2(g) + 4 H+ + 4 e- → 2 H2O 1.23
IO3- + 6 H+ + 6 e- → I- + 3 H2O 1.09
Br2(l) + 2 e- → 2 Br- 1.06
AuCl4- + 3 e- → Au(s) + 4 Cl- 0.99
NO3- + 4 H+ + 3 e- → NO(g) + 2 H2O 0.96
2 Hg2+ + 2 e- → Hg22+ 0.90
Ag+ + e- → Ag(s) 0.80
Hg22+ + 2 e- → 2 Hg(l) 0.80
Fe3+ + e- → Fe2+ 0.77
O2(g) + 2 H+ + 2 e- → H2O2 0.68
MnO4- + e- → MnO42- 0.56
I2(s) + 2 e- → 2 I- 0.54
Cu+ + e- → Cu(s) 0.52
Cu2+ + 2 e- → Cu(s) 0.34
Hg2Cl2(s) + 2 e- → 2 Hg(l) + 2 Cl- 0.27
AgCl(s) + e- → Ag(s) + Cl- 0.22
SO42- + 4 H+ + 2 e- → H2SO3 + H2O 0.20
Cu2+ + e- → Cu+ 0.16
2 H+ + 2 e- → H2(g) 0.00
Pb2+ + 2 e- → Pb(s) -0.13
Sn2+ + 2 e- → Sn(s) -0.14
Ni2+ + 2 e- → Ni(s) -0.23
PbSO4(s) + 2 e- → Pb(s) + SO42- -0.36
Cd2+ + 2 e- → Cd(s) -0.40
Cr3+ + e- → Cr2+ -0.41
Fe2+ + 2 e- → Fe(s) -0.41
Zn2+ + 2 e- → Zn(s) -0.76
Mn2+ + 2 e- → Mn(s) -1.03
Al3+ + 3 e- → Al(s) -1.66
H2(g) + 2 e- → 2 H- -2.23
Mg2+ + 2 e- → Mg(s) -2.37
La3+ + 3 e- → La(s) -2.37
Na+ + e- → Na(s) -2.71
Ca2+ + 2 e- → Ca(s) -2.76
Ba2+ + 2 e- → Ba(s) -2.90
K+ + e- → K(s) -2.92
Li+ + e- → Li(s) -3.05
3
O2(g) + 6e− + 6H(aq)
+ 3+
+ 2Al (s) + 2Al (aq) 3+
+ 3H2O R 3H2O + 2Al (aq) + 6e− + Al 2O3(s) + 6 H(aq)
+
∆E° = +2.89V
2
3
O +2Al(s) → Al2O3(s)
2 2(g)
* Al(III) ist eine extrem starke Lewissäure und protolysiert sofort mit dem Wasser der Reduktions-Halbzelle. Da
hier kein Elektronentransfer stattfindet (OZ bleiben gleich!), trägt die Reaktion auch nicht zu ∆E° bei.
R⋅T c(AOx )
ENernst = E0Aox / ARed + ⋅ ln (G63)
n⋅F c(ARed )
R: Universelle Gaskonstante 8.32 J ⋅ K −1 ⋅ mol −1
T: Absolute Temperatur (25°C: T = 298.15 K)
F: Faraday-Konstante 96'500 J ⋅ V −1 ⋅ mol −1
Wird in der Nernstgleichung der natürliche durch den dekadischen Logarithmus ersetzt und der Quotient
der Naturkonstanten für 25°C berechnet, findet man
0.059V c(AOx )
ENernst (25°C) = E0Aox / ARed + ⋅ log (G64)
n c(ARed )
Ist die reduzierte Form des Redoxpaares ein Festkörper, z.B. ein Metall M, so kann c(M) = 1 mol/l gesetzt
werden und die Nernst-Gleichung vereinfacht sich:
0.059V
n+
M(aq) + ne− R M(s) ⇒ ENernst (25°C) = EM0n+
/M
+ ⋅ log c(Mn+ ) (G65)
n
Beispiel: Knallgasexplosion
In der Reaktion zwischen Wasserstoff- und Sauerstoffgas ist der Sauerstoff sicher das Oxidationsmittel, da er nur als
Element oder mit negativer OZ vorkommt.
Reduktion : O2(g) + 4e− + 4H(aq)
+
→ 2H2O E° = +1.23V
+ −
Oxidation : H2(g) → 2H (aq) + 2e − E° = −(0.00V)
4 ⋅ (+1.23)
⇒ logK = = 83.4; K =1083 !
0.059
Es ist wohl kaum vermessen, wenn bei einem so grossen K nicht mehr von einem "Gleichgewicht" gesprochen wird,
nach der Reaktion von stöchiometrischen Mengen Wasserstoff- und Sauerstoffgas, wird man auch mit empfindlich-
sten Analysemethoden kein Edukt mehr finden.
7.2.1 pH-Wert
Redoxreaktionen, welche in wässeriger Lösung ablaufen und als Edukte oder Produkte Basen oder Säuren
enthalten, werden in ihrer Reaktionstendenz durch eine Aenderung des pH-Wertes beeinflusst. Dies be-
deutet, dass das Potential der entsprechenden Halbzellreaktion pH-abhängig wird.
XRed XOx
Tiefer
Tiefer pH-Wert
pH-Wert 8 H+
4 H 2O
Das in der E°-Tabelle angegebene sehr positive Stanardreduktionspotential gilt deshalb auch nur für die
danebenstehende, die mithelfenden Protonen enthaltende Halbzellgleichung:
Der Einfluss des pH-Wertes äussert sich auch in der Nernst-Gleichung dieser Halbzelle:
0.059 c(MnO4− ) ⋅ c8 (H+ ) 0.059 c(MnO−4 ) 8 ⋅ 0.059
E = EMnO
0
−
/ Mn2 +
+ log 2+
= E 0
−
MnO4 / Mn2 + + log 2+
+ logc(H+ )
4
5 c(Mn ) 5 c(Mn ) 5
- 2+ +
Werden in dieser Gleichung Standardbedingungen eingesetzt (c(MnO4 ) = c(Mn ) = 1 mol/l) und logc(H )
durch -pH ersetzt, gelangt man zu einer pH-abhängigen Form von E°:
8 ⋅ 0.059
0'
EMnO−
/ Mn2 +
(pH) = EMnO
0
−
/ Mn2 +
− pH
4 4
5
Also nur bei pH=0 entspricht das Nernstpotential des Permanganats dem tabellierten Wert, sobald die-
-
ser steigt, sinkt E und damit die oxidierende Wirkung von MnO4 .
Auch dieses Potential ist pH-abhängig, und erst wenn die zugehörige Funktion ebenfalls in die Grafik
eingezeichnet wird, kann die Möglichkeit der manganometrischen Analyse von oxidierbaren Analyten
• Chlorid als Analyt: Oberhalb von pH 6 reagiert Chlorid mit Permanganat überhaupt nicht, darunter entsteht
Braunstein.
• Bromid als Analyt: Permanganat reagiert zwischen pH 1.5 und 8 mit Bromid zu Braunstein, erst unterhalb pH
1.5 entsteht stöchiometrisch pro mol MnO4- ein mol Mn2+(aq) und werden 5 Elektronen umgesetzt.
• Wasserstoffperoxid als Analyt: Das Potential von H2O2 steigt zwar bei tieferem pH ebenfalls an, da aber sein E°
sehr viel negativer ist als jenes von Braunstein, wird ∆E°' bis hinauf zu pH 9 noch positiv.
Schlussfolgerungen:
• Enthält eine Halbzellgleichung keine sauren oder basischen Teilchen, ist das zugehörige Potential
nicht pH-abhängig
• Enthält eine Halbzellgleichung saure Edukte oder basische Produkte, steigt das zugehörige Poten-
tial , wenn der pH-Wert .....................
• Enthält eine Halbzellgleichung basische Edukte oder saure Produkte, steigt das zugehörige
Potential , wenn der pH-Wert .....................
7.2.2 Fällungsreaktionen
Analog zum vorhergehenden Abschnitt verändert sich das Potential von Halbzellreaktionen, welche als
Edukte oder Produkte Ionen enthalten, die schwerlösliche Salze bilden, sobald die Konzentration der
entsprechenden Gegenionen ändert.
Für die Nernst-Gleichung hat das eine im ersten Moment überraschende Konsequenz: Das Potential der
Halbzelle ist nicht mehr von den Konzentrationen des Redoxpaares abhängig, sondern vom Gegenion (das
an der Redoxreaktion gar nicht teilnimmt) !
Nernstgleichung: (
Eox = − ERe d = − E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logc(Ag+ ) )
{ }
Eox = − ERe d = − E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logKL − 0.059log c(Cl − )
Nun werden die nicht konzentrationsabhängigen Summanden noch zusammengefasst zu einem neuen
Standard-Reduktionspotential:
E0AgCl / Ag = E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logKL (AgCl)
Da das oxidierte Silber sofort fast vollständig ausfällt, muss auch die Halbzellgleichung anders formuliert
werden:
Halbzellgleichung: Ag(s) + Cl − R AgCl (s) + e−
Das Standard-Reduktionspotential E°AgCl/Ag muss negativer sein als E°Ag+/Ag, da die Reduktion von Silberio-
nen aus einem schwerlöslichen Salz heraus schwieriger ist als aus einer Lösung. Dies ist auch so, wie die
Konsultation der E°-Tabelle, die beide Halbzellen enthält, zeigt.