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ZHW / CB / AnC2 7.

Redox-Gleichgewichte

7. Redox-Gleichgewichte

Literatur zum Thema:


- Kunze U., Schwedt G.: "Grundlagen der qualitativen und quantitativen Analyse", Wiley-VCH, Weinheim
(2002); Kapitel 10

ACHTUNG: In den Kapiteln 5 - 8 dieses Skripts werden - ausser wenn explizite etwas Anderes erwähnt
ist - Gleichgewichtskonstanten immer in empirischer Form angenommen, d.h. in den MWG's werden
Ionenaktivitäten durch Konzentrationen ersetzt. Der Einfluss der Ionenstärke auf die Gleichge-
wichtslage wird vernachlässigt.

7.1 Repetition der Grundlagen


7.1.1 Analogie zu Säure-Basen-Reaktionen
Viele Aspekte von Redoxreaktionen können durch Analogieschlüsse zu Säure-Basereaktionen erklärt wer-
den, indem man die Uebertragung von Elektronen (= negativ geladenes Elementarteilchen) in einer Re-
doxreaktion jener von Protonen (= positiv geladenes Elementarteilchen) in einer S/B-Reaktion gegen-
überstellt:
Begriff Redoxreaktion Säure-Base-Reaktion
- +
Uebertragenes Teilchen Elektron e Proton H

Akzeptor Oxidationsmittel Base

Donor Reduktionsmittel Säure

Aufnahme des Teilchens Reduktion Protonierung, Assoziation, Ba-


senprotolyse

Abgabe des Teilchens Oxidation Deprotonierung, Dissoziation,


Säure-Protolyse

Mass für Akzeptorstärke Standard-Reduktionspotential E°: Basenstärke pKB:


Je positiver E°, desto besser werden e- Je kleiner pKB, desto besser werden H+
aufgenommen aufgenommen

Mass für Donorstärke Standard-Oxidationsspotential -E°: Säurestärke pKS:


Je negativer E°, desto leichter werden e- Je kleiner pKS, desto leichter werden H+
abgegeben abgegeben

Gleichgewichtslage hängt ab von Unterschied der E°-Werte = ∆E° Unterschied der pKS-Werte = ∆pKS

Verhältnis c(Akzeptor)/c(Donor) Redoxpotential (Nernst-Gleichung) pH-Wert (Puffergleichung)


in Lösung bestimmt durch

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7.1.2 Halbzellreaktionen und Standardpotentiale


Jede Elektronenübertragung kann aufgeteilt werden in zwei hypothetische Teilschritte, eine Oxidation
und eine Reduktion (Analogie S/B: Protonenübertragung aufteilen in Deprotonierung der Säure und Pro-
tonierung einer Base), die beiden Teilschritte werden als Halbzellreaktionen bezeichnet.

1. Reduktion: AOx + ne− → ARe d


2. Oxidation: BRe d → BOx + ne−

Redoxreaktion: AOx + BRe d + ne− R BOx + ARe d + ne−

• Die stöchiometrische Gleichung der Redoxreaktion ist die Summe der Halbzellgleichungen.
• Die Halbzellgleichungen müssen vor dem Summieren evtl. passend erweitert werden, damit die Anzahl
übertragener Elektronen sich beim Summieren herauskürzt.

-
Zwei Halbzellreaktionen des gleichen Typs können nicht kombiniert werden (Die e würden nicht her-
ausgekürzt!), jede Reduktion ist immer mit einer Oxidation verkoppelt.
• AOx/ARed, bzw. BOx/BRed wird in Analogie zu S/B-Paaren als konjugiertes Redoxpaar bezeichnet.

Beispiel: Reaktion zwischen Permanganat und Wasserstoffperoxid


-
Das tiefviolette Permanganat-Anion MnO4 ist ein starkes Oxidationsmittel (wieso eigentlich?), das
2+
leicht zu Mn (aq) reduziert wird. Wasserstoffperoxid H2O2 dagegen wird leicht oxidiert und setzt da-
bei elementaren Sauerstoff frei:
− +
MnO4(aq) + 8H(aq) + 5e− 2+
→ Mn(aq) + 4H2O
+
H2O2 → O2(g) + 2H(aq) + 2e−

Redoxreaktion:
P.S. Was hat der pH-Wert für einen Einfluss auf die oxidierende Wirkung von Permanganat?

• Wird ein Teilchen oxidiert, so steigt die Oxidationszahl (OZ; vgl. Exkurs auf der nächsten Seite) von
mindestens einem seiner Bestandteile.
• Bei einer Reduktion sinkt mindestens eine der OZ im Molekül.

Beispiel: Abbau von Ethanol


Im Körper wird Alkohol unter anderem zu Acetaldehyd abgebaut. Ist dies eine Redoxreaktion oder
ein anderer Reaktionstyp?
O
H3C CH2 OH + .... H3C C + 2 H+(aq) + ....
H

Standard-Reduktionspotentiale E°
• Die Tendenz eines Teilchens, Elektronen aufzunehmen (=sich reduzieren zu lassen) wird gemessen mit
dem Standard-Reduktionspotential E°Red (Analogie S/B: Tendenz der Base, Protonen aufzunehmen,
wird mit KB gemessen): Je positiver E°Red, desto leichter lässt sich ein Teilchen reduzieren.
• Die Tendenz eines Teilchens, sich oxidieren zu lassen, wird mit dem Standard-Oxidationspotential E°Ox
gemessen. Zusammenhang zwischen E°ox und E°red bei einem konjugierten Redoxpaar:

E°ox = -E°red (G61)

• E° hat die Masseinheit Volt, ist also ein elektrisches Potential.

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Exkurs: Oxidationszahlen (OZ)


• Oxidationszahlen werden, um sie von Ionenladungen zu unterscheiden, in römischen Ziffern angegeben und in
Klammern hinter das Elementsymbol gesetzt (Bsp. Fe(III), Cl(-I)).
• Wie stark ein Atom oxidiert wurde, wird daran gemessen, wie viele seiner Valenzelektronen es gegenüber dem
elementaren Zustand abgegeben hat. Diese Oxidationszahl ist die Differenz zwischen der Rumpfladung und der
Anzahl noch vorhandener Valenzelektronen des Atoms.
Beispiel: Fe3+ hat die Rumpfladung +8 und 5 Valenzelektronen (Elektronenkonfiguration [Ar]3d5 ) Seine Oxidati-
onszahl ist deshalb +8 -5 = III)
• Die Elektronen in kovalenten Bindungen können nicht vollständig einem der beiden Bindungspartner zugeord-
net werden. Damit deshalb keine gebrochenen OZ entstehen, werden die Bindungselektronen jeweils ganz dem
elektronegativeren Bindungspartner zugeordnet Dies führt zu den folgenden Regeln für Oxidationszahlen:
Regeln zum Festlegen von Oxidationszahlen
Teilchen OZ Ausnahmen Beispiele
Elemente 0 - F2(g), Hg(l), Diamant
Wasserstoff +I Metallhydride: -I, z.B. LiAlH4 H2O, C6H6
Sauerstoff -II Peroxide: -I, z.B. H2O2 SO2, CH3CH2OH, NO3-(aq)
Alkalimetalle +I Legierungen: 0, z.B. Na-Hg-Amalgam Na+(aq), K2(C2O4)(s)
Erdalkalimetalle +II Legierungen: 0 CaSO4∙2 H2O, {BaEDTA}2-(aq)
Halogene ausser Fluor -I Oxoanionen variabel, z.B. ClO4- enthält Cl(VII) PbBr2, CHCl3
Fluor -I - NaF, F-(aq), C2F6
Organischer Kohlenstoff var. -I für jede Bindung zu H CO2 (OZC = +IV)
O für jede Bindung zu C CH2F2 (+II)
+I für jede Bindung zu Heteroatom H3C-CH3 (je –III)
Alle andern OZ werden aus der totalen Ladung des Moleküls/Ions zurückgerechnet
• Die Summe der OZ in einem Ion ist gleich seiner Ionenladung
Beispiel: Nitrat NO3-: totale Ladung -1, 3 O = 3*(-2) -> OZ des N = -1 -(3*-2) = +5 N(V)
• Die Summe der OZ eines ungeladenen Teilchens ist Null.
Beispiele: Lithiumaluminiumhydrid LiAlH4: Li(I) + Al(?) + 4 H(-I) =0 -> Al(III)
OH

Ameisensäure: H C C(?) + 2H(I) + 2O(-II) = 0 -> C( )


O
H

Formaldehyd: C O C(?) + 2H(I) + O(-II) = 0 -> C( )


H
H

Methanol: H C OH C(?) + 4H(I) + O(-II) = 0 -> C( )


H
H

Methan: H C H C(?) + 4H(I) = 0 -> C( )


H

• Nach einer Konvention der IUPAC werden nur noch Standardreduktionspotentiale tabelliert, die Oxi-
dationspotentiale der konjugierten Teilchen folgen dann durch einfachen Vorzeichenwechsel.
Wenn in diesem Skript im Folgenden E°-Werte erwähnt werden, handelt es sich immer um Re-
duktionspotentiale.
• Wie die Säure- oder Basenstärke kann die Reduzierbarkeit nur relativ zu einer Referenz gemessen
werden. Diese wurde ebenfalls festgelegt, es sind aquatisierte Protonen, die bei pH = 0 und Normal-
druck zu elementarem Wasserstoff reduziert werden können (sog. Normal-Wasserstoffelektrode):
+
2H(aq) + 2e− → H2(g)

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+
Ist ein Teilchen leichter reduzierbar als H (aq), dann ist sein E° ..........
+
Ist ein Teilchen schlechter reduzierbar als H (aq), dann ist sein E° ..........

Standard-Reduktionspotentiale in saurer Lösung

Halbzellreaktion E° in Volt
F2(g) + 2 e- → 2 F- 2.87
Ag2+ + e- → Ag+ 1.99
H2O2 + 2 H+ 2 e- → 2 H2O 1.78
MnO4- + 4 H+ + 3 e- → MnO2(s) + 2 H2O 1.69
PbO2(s) + 4 H+ + SO42- + 2 e- → PbSO4(s) + 2 H2O 1.69
MnO4- + 8 H+ + 5 e- → Mn2+ + 4 H2O 1.49
PbO2(s) + 4 H+ + 2 e- → Pb2+ + 2 H2O 1.46
Cl2(g) + 2 e- → 2 Cl- 1.36
Cr2O22- + 14 H+ + 6 e- → 2 Cr3+ + 7 H2O 1.33
MnO2(s) + 4 H+ + 2 e- → Mn2+ + 2 H2O 1.21
O2(g) + 4 H+ + 4 e- → 2 H2O 1.23
IO3- + 6 H+ + 6 e- → I- + 3 H2O 1.09
Br2(l) + 2 e- → 2 Br- 1.06
AuCl4- + 3 e- → Au(s) + 4 Cl- 0.99
NO3- + 4 H+ + 3 e- → NO(g) + 2 H2O 0.96
2 Hg2+ + 2 e- → Hg22+ 0.90
Ag+ + e- → Ag(s) 0.80
Hg22+ + 2 e- → 2 Hg(l) 0.80
Fe3+ + e- → Fe2+ 0.77
O2(g) + 2 H+ + 2 e- → H2O2 0.68
MnO4- + e- → MnO42- 0.56
I2(s) + 2 e- → 2 I- 0.54
Cu+ + e- → Cu(s) 0.52
Cu2+ + 2 e- → Cu(s) 0.34
Hg2Cl2(s) + 2 e- → 2 Hg(l) + 2 Cl- 0.27
AgCl(s) + e- → Ag(s) + Cl- 0.22
SO42- + 4 H+ + 2 e- → H2SO3 + H2O 0.20
Cu2+ + e- → Cu+ 0.16
2 H+ + 2 e- → H2(g) 0.00
Pb2+ + 2 e- → Pb(s) -0.13
Sn2+ + 2 e- → Sn(s) -0.14
Ni2+ + 2 e- → Ni(s) -0.23
PbSO4(s) + 2 e- → Pb(s) + SO42- -0.36
Cd2+ + 2 e- → Cd(s) -0.40
Cr3+ + e- → Cr2+ -0.41
Fe2+ + 2 e- → Fe(s) -0.41
Zn2+ + 2 e- → Zn(s) -0.76
Mn2+ + 2 e- → Mn(s) -1.03
Al3+ + 3 e- → Al(s) -1.66
H2(g) + 2 e- → 2 H- -2.23
Mg2+ + 2 e- → Mg(s) -2.37
La3+ + 3 e- → La(s) -2.37
Na+ + e- → Na(s) -2.71
Ca2+ + 2 e- → Ca(s) -2.76
Ba2+ + 2 e- → Ba(s) -2.90
K+ + e- → K(s) -2.92
Li+ + e- → Li(s) -3.05

Standardbedingungen: T=298 K, p=1 bar, pH = 0, Ionenaktivitäten = 1mol/l

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Standard-Reduktionspotentiale in basischer Lösung


Halbzellreaktion E° in Volt
HO2- + H2O + 2 e- → 3 OH- 0.88
MnO42- + 2 H2O + 2 e- → MnO2(s) + 4 OH- 0.60
O2(g) + 2 H2O + 4 e- → 4 OH- 0.40
Co(NH3)63+ + e- → Co(NH3)62+ 0.10
HgO(s) + H2O + 2 e- → Hg(l) + 2 OH- 0.10
MnO2(s) + 2 H2O + 2 e- → Mn(OH)2(s) + 2 OH- -0.03
O2(g) + H2O + 2 e- → HO2- + OH- -0.08
Cu(NH3)2+ + e- → Cu + 2 NH3 -0.12
Ag(CN)2- + e- → Ag + 2 CN- -0.31
Hg(CN)42- + 2 e- → Hg + 4 CN- -0.37
S(s) + 2 e- → S2- -0.48
Pb(OH)3- + 2 e- → Pb + 3 OH- -0.54
Fe(OH)3 + e- → Fe(OH)2 + OH- -0.56
Cd(OH)2 + 2 e- → Cd + 2 OH- -0.81
SO42- + 2 H2O + e- → SO32- + 2 OH- -0.93
Zn(NH3)42+ + 2 e- → Zn + 4 NH3 -1.03
Zn(OH)42- + 2 e- → Zn + 4 OH- -1.22
Mn(OH)2 + 2 e- → Mn + 2 OH- -1.55
Mg(OH)2 + 2 e- → Mg + 2 OH- -2.69
Ca(OH)2 + 2 e- → Ca + 2 OH- -3.03

Standardbedingungen: T=298 K, p=1 bar, pH = 14, Ionenaktivitäten = 1mol/l

Reaktionstendenz beliebiger Redoxpaare


Wird eine Reduktions- mit einer Oxidationshalbzelle zu einer Redoxreaktion kombiniert, kann man die zu
erwartende Reaktionstendenz aus der Differenz ∆E° der beiden E°-Werte ablesen (Analogie S/B: Die Ten-
denz einer beliebigen Säure-Base-Reaktion folgt aus der Differenz der beiden pKS-Werte).

∆E° := ERe d (Re duktionshalbzelle) − ERe d (Oxidationshalbzelle)


0 0
(G62)

∆E° wird auch als Elektromotorische Kraft (EMK) bezeichnet.

Zusammenhang zwischen ∆E° und der Reaktionstendenz einer Redoxreaktion:


∆E° > 0 ⇔ Redoxreaktion läuft sehr gut (K >> 1)
∆E° < 0 ⇔ Redoxreaktion läuft nicht (K << 1)
∆E° ≈ 0 ⇔ Redoxreaktion ist ein chemisches Gleichgewicht

Beispiel: Oxidation von Aluminium durch Luftsauerstoff:


Aluminium ist ein sehr unedles Metall, d.h. seine konjugierte oxidierte Form Al(III) kann kaum mehr reduziert wer-
den (Herstellung von Aluminium aus Al(III)-Erzen ist chemisch nicht möglich, sondern nur mit Elektrolyse!). Umge-
kehrt ist elementarer Sauerstoff ein sehr gutes Oxidationsmittel. Aus diesem Grund überzieht sich Aluminiummetall
an der Luft sofort mit einer hauchdünnen Schicht von Aluminiumoxid:
Reduktion : O2(g) + 4e− + 4H(aq)
+
→ 2H2O E° = +1.23V
3+ −
Oxidation : Al (s) → Al (aq) + 3e − E° = −(−1.66V)
3+ +
Folge − Rk.* : 2Al (aq) + 3H2O → Al 2O3(s) + 6H (aq)

3
O2(g) + 6e− + 6H(aq)
+ 3+
+ 2Al (s) + 2Al (aq) 3+
+ 3H2O R 3H2O + 2Al (aq) + 6e− + Al 2O3(s) + 6 H(aq)
+
∆E° = +2.89V
2
3
O +2Al(s) → Al2O3(s)
2 2(g)
* Al(III) ist eine extrem starke Lewissäure und protolysiert sofort mit dem Wasser der Reduktions-Halbzelle. Da
hier kein Elektronentransfer stattfindet (OZ bleiben gleich!), trägt die Reaktion auch nicht zu ∆E° bei.

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Rezept zum Erstellen von Redox-Reaktionsgleichungen


1. Welches der Edukte wird reduziert? ⇒ Suchen der passenden Halbzellgleichung in der E°-Tabelle mit
diesem Teilchen auf der linken Seite.
2. Welches Edukt wird oxidiert? ⇒ Suchen der passenden Halbzellgleichung mit dem entspr. Teilchen
auf der rechten Seite und Vertauschen von Edukten und Produkten in dieser Halbzelle.
3. Passendes Erweitern der beiden Gleichungen, bis in beiden gleich viele Elektronen auftreten.
4. Addieren der erweiterten Gleichungen und Herauskürzen von Teilchen, welche sowohl auf der Edukt-
wie auf der Produktseite auftreten.
5. Ueberlegen, ob mit den Produkten noch irgendwelche Folgereaktionen auftreten könnten, z.B. Proto-
lysen oder Fällungen, Anpassen der Reaktionsgleichung.
6. Berechnung von ∆E° = E° von Halbzelle 1. (Reduktion) – E° von Halbzelle 2. (Oxidation)

Abschätzen der Reaktionstendenz aus der E°-Tabelle


Wird die Tabelle der Standardreduktionspotentiale nach absteigendem E° geordnet, so stehen die starken
Oxidationsmittel oben links (z.B. Fluorgas, Wasserstoffperoxid) und die starken Oxidationsmittel unten
rechts (Alkalimetalle). Reaktionen zwischen diesen Extremen haben die grössten EMK und laufen deshalb
extrem exotherm und explosionsartig ab.
Ob eine Redoxreaktion abläuft, kann also sehr schnell aus den E°-Tabellen auf Seite 4 und 5 ermittelt
werden:
Die Gleichgewichtsreaktion zwischen einem Oxidations- und einem Re-
duktionsmittel läuft zu mehr als 50%, ab, wenn die Verbindungslinie
zwischen den beiden Edukten in der E°-Tabelle nach rechts unten zeigt.
Je steiler diese Verbindung ist, desto besser läuft die Reaktion (∆E° wird
grösser!).

7.1.3 Die Nernst-Beziehung


Das Nernst-Gesetz stellt die Beziehung zwischen dem Potential und dem Massenwirkungsgesetz der fol-
genden Reduktions-Halbzelle her
AOx + ne− R ARe d

R⋅T c(AOx )
ENernst = E0Aox / ARed + ⋅ ln (G63)
n⋅F c(ARed )
R: Universelle Gaskonstante 8.32 J ⋅ K −1 ⋅ mol −1
T: Absolute Temperatur (25°C: T = 298.15 K)
F: Faraday-Konstante 96'500 J ⋅ V −1 ⋅ mol −1

Wird in der Nernstgleichung der natürliche durch den dekadischen Logarithmus ersetzt und der Quotient
der Naturkonstanten für 25°C berechnet, findet man
0.059V c(AOx )
ENernst (25°C) = E0Aox / ARed + ⋅ log (G64)
n c(ARed )
Ist die reduzierte Form des Redoxpaares ein Festkörper, z.B. ein Metall M, so kann c(M) = 1 mol/l gesetzt
werden und die Nernst-Gleichung vereinfacht sich:
0.059V
n+
M(aq) + ne− R M(s) ⇒ ENernst (25°C) = EM0n+
/M
+ ⋅ log c(Mn+ ) (G65)
n

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Schlussfolgerungen aus dem Nernst-Gesetz


ƒ Vergrössert sich das Verhältnis c(Ox)/c(Red) eines konjugierten Redoxpaares um den Faktor 10, dann
steigt sein Potential um 0.059V/n (n ist die Anzahl umgesetzter Elektronen pro Formeleinheit).
ƒ
n+
Vergrössert sich die Konzentration einer Lösung von M um den Faktor 10, dann steigt ihr Redukti-
onspotential um 0.059V/n (n ist die Kationenladung).
ƒ
n+
Das Potential einer einmolaren Lösung von M ist gerade gleich dem Standardreduktionspotential.

Berechnung der Gleichgewichtskonstanten einer Redoxreaktion


(Theoretischer Hintergrund. vgl. Skript Allgemeine Chemie)
Wird ein Oxidationsmittel mit einem Reduktionsmittel vermischt, so verändern sie ihre Konzentrationen
durch gegenseitige Reaktion gerade so lange, bis die Nernst-Potentiale der beiden Redoxpaare gleich
werden:
Im Gleichgewicht gilt: ENernst (Oxidationsmittel) = ENernst (Re duktionsmittel) , bzw. ∆ENernst = 0
Werden für beide Reaktionspartner die entsprechenden Nernst-Beziehungen eingefügt und nach dem MWG
aufgelöst, findet man
n ⋅ ∆E°
logKRe dox = ; T = 298.15K (G66)
0.059

Beispiel: Knallgasexplosion
In der Reaktion zwischen Wasserstoff- und Sauerstoffgas ist der Sauerstoff sicher das Oxidationsmittel, da er nur als
Element oder mit negativer OZ vorkommt.
Reduktion : O2(g) + 4e− + 4H(aq)
+
→ 2H2O E° = +1.23V
+ −
Oxidation : H2(g) → 2H (aq) + 2e − E° = −(0.00V)

Bruttoreaktion : O2(g) + 2H2(g) R 2H2O ∆E° = +1.23V

4 ⋅ (+1.23)
⇒ logK = = 83.4; K =1083 !
0.059
Es ist wohl kaum vermessen, wenn bei einem so grossen K nicht mehr von einem "Gleichgewicht" gesprochen wird,
nach der Reaktion von stöchiometrischen Mengen Wasserstoff- und Sauerstoffgas, wird man auch mit empfindlich-
sten Analysemethoden kein Edukt mehr finden.

7.2 Einfluss anderer Gleichgewichte


Wie alle andern Gleichgewichtsreaktionen lassen sich auch Redoxvorgänge nach dem Le Châtelier-Prinzip
beeinflussen, was vor allem in der Analytik eine wichtige Rolle spielt: Entweder soll eine Reaktion stöchi-
ometrisch ablaufen (∆E° > 0) oder vollständig verhindert werden (∆E° < 0), und - falls beides nicht mög-
lich ist, soll wenigstens die Gleichgewichtslage kontrolliert werden können, z.B. durch Pufferung.

7.2.1 pH-Wert
Redoxreaktionen, welche in wässeriger Lösung ablaufen und als Edukte oder Produkte Basen oder Säuren
enthalten, werden in ihrer Reaktionstendenz durch eine Aenderung des pH-Wertes beeinflusst. Dies be-
deutet, dass das Potential der entsprechenden Halbzellreaktion pH-abhängig wird.

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Beispiel: pH-Abhängigkeit der Oxidationsstärke von Permanganat


-
Das tiefviolette Permanganation MnO4 ist ein sehr starkes Oxidationsmittel, das in der Analytik vielfach
genutzt wird, z.B. für Reoxtitrationen (Permanganometrie). Bevor jedoch das dank seiner hohen OZ von
+VII (!) extrem oxidierend wirkende Mangan seine Wirkung entfalten kann, müssen die kovalent gebun-
denen O(-II) des Oxoanions entfernt werden, und dies ist in wässeriger Lösung nur möglich, wenn sie
protoniert werden:

XRed XOx

MnO4- + 5e- Mn2+ + 4 O2-

Tiefer
Tiefer pH-Wert
pH-Wert 8 H+
4 H 2O

Das in der E°-Tabelle angegebene sehr positive Stanardreduktionspotential gilt deshalb auch nur für die
danebenstehende, die mithelfenden Protonen enthaltende Halbzellgleichung:

Der Einfluss des pH-Wertes äussert sich auch in der Nernst-Gleichung dieser Halbzelle:
0.059 c(MnO4− ) ⋅ c8 (H+ ) 0.059 c(MnO−4 ) 8 ⋅ 0.059
E = EMnO
0

/ Mn2 +
+ log 2+
= E 0

MnO4 / Mn2 + + log 2+
+ logc(H+ )
4
5 c(Mn ) 5 c(Mn ) 5
- 2+ +
Werden in dieser Gleichung Standardbedingungen eingesetzt (c(MnO4 ) = c(Mn ) = 1 mol/l) und logc(H )
durch -pH ersetzt, gelangt man zu einer pH-abhängigen Form von E°:
8 ⋅ 0.059
0'
EMnO−
/ Mn2 +
(pH) = EMnO
0

/ Mn2 +
− pH
4 4
5
Also nur bei pH=0 entspricht das Nernstpotential des Permanganats dem tabellierten Wert, sobald die-
-
ser steigt, sinkt E und damit die oxidierende Wirkung von MnO4 .

Konkurrenzreaktion zu Braunstein MnO2(s)


In dem obigen Ausschnitt aus der E°-Tabelle ist oberhalb der eben diskutierten und in der Analytik
2+
genutzten Reaktion zu Mn noch eine zweite Möglichkeit der Reduktion von Permanganat sichtbar,
nämlich jene zu festem Braunstein (Mangandioxid MnO2). Diese Reaktion läuft bei Standardbedingun-
+ -
gen sogar noch besser, da ihr E° 0.2V positiver ist. Da sie pro mol Mangan nur 4 H und nur 3 e um-
setzt, hat die pH-Abhängigkeit von E zwar eine andere Steigung, wie die Grafik auf der nächsten Seite
aber zeigt, schneiden sich die beiden Funktionen nie, d.h. Permanganat sollte zwischen pH 0 und 14
+
gar nicht bis zu Mn reduziert werden, sondern es sollte fester Braunstein ausfallen!
-
Um die gesicherte Stöchiometrie der Manganometrie zu erhalten (= 1mol Permanganat nimmt 5 mol e
2+
auf), muss der Analyt also auch noch imstande sein, den Braunstein zu Mn zu reduzieren, d.h. auch
die folgende Halbzelle ist von Belang:
MnO2(s) + 2e− + 4H+ → Mn(aq)
2+
+ 2H2O E° = + 1.21V

Auch dieses Potential ist pH-abhängig, und erst wenn die zugehörige Funktion ebenfalls in die Grafik
eingezeichnet wird, kann die Möglichkeit der manganometrischen Analyse von oxidierbaren Analyten

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2+
diskutiert werden: Nur wenn E° einer Reaktion, die zum Mn führt, oberhalb des E° des Analyten liegt
(= Positives ∆E°!), kann dieser permanganometrisch bestimmt werden.

• Chlorid als Analyt: Oberhalb von pH 6 reagiert Chlorid mit Permanganat überhaupt nicht, darunter entsteht
Braunstein.
• Bromid als Analyt: Permanganat reagiert zwischen pH 1.5 und 8 mit Bromid zu Braunstein, erst unterhalb pH
1.5 entsteht stöchiometrisch pro mol MnO4- ein mol Mn2+(aq) und werden 5 Elektronen umgesetzt.
• Wasserstoffperoxid als Analyt: Das Potential von H2O2 steigt zwar bei tieferem pH ebenfalls an, da aber sein E°
sehr viel negativer ist als jenes von Braunstein, wird ∆E°' bis hinauf zu pH 9 noch positiv.

Schlussfolgerungen:
• Enthält eine Halbzellgleichung keine sauren oder basischen Teilchen, ist das zugehörige Potential
nicht pH-abhängig
• Enthält eine Halbzellgleichung saure Edukte oder basische Produkte, steigt das zugehörige Poten-
tial , wenn der pH-Wert .....................
• Enthält eine Halbzellgleichung basische Edukte oder saure Produkte, steigt das zugehörige
Potential , wenn der pH-Wert .....................

7.2.2 Fällungsreaktionen
Analog zum vorhergehenden Abschnitt verändert sich das Potential von Halbzellreaktionen, welche als
Edukte oder Produkte Ionen enthalten, die schwerlösliche Salze bilden, sobald die Konzentration der
entsprechenden Gegenionen ändert.
Für die Nernst-Gleichung hat das eine im ersten Moment überraschende Konsequenz: Das Potential der
Halbzelle ist nicht mehr von den Konzentrationen des Redoxpaares abhängig, sondern vom Gegenion (das
an der Redoxreaktion gar nicht teilnimmt) !

Beispiel: Oxidierbarkeit von elementarem Silber


+
Die Oxidierbarkeit (gemessen am Oxidationspotential!) von elementarem Silber, das mit einer Ag -Lösung
in Kontakt ist, hängt ab von der Konzentration der Silberionen in der Lösung (sog. Elektrode 1. Art, vgl
Modul Analytische Chemie 4):
+
Halbzellgleichung: Ag(s) R Ag(aq) + e−

Nernstgleichung: (
Eox = − ERe d = − E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logc(Ag+ ) )

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptRedox.doc Seite 9 von 10 02.02.2006/Gae


ZHW / CB / AnC2 7. Redox-Gleichgewichte
+
Was das Le Châtelier-Prinzip voraussagt (Je höher c(Ag (aq)), desto schlechter ist die Oxidierbarkeit des
+
Silberblechs), wird durch die Nernstgleichung bestätigt: Je höher c(Ag (aq)), desto negativer wird EOx.
Gibt man nun in die wässerige Phase zusätzlich Chlorid, wir sofort festes Silberchlorid ausfallen, bis das
+ -
Löslichkeitsprodukt unterschritten wird, d.h. c(Ag ) wird via KL durch c(Cl ) bestimmt (sog. Elektrode 2.
Art):
KL (AgCl)
c(Ag+ ) =
c(Cl − )
Wird dies in die Nernstgleichung eingesetzt und ein wenig umgeformt, findet man

{ }
Eox = − ERe d = − E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logKL − 0.059log c(Cl − )

Nun werden die nicht konzentrationsabhängigen Summanden noch zusammengefasst zu einem neuen
Standard-Reduktionspotential:
E0AgCl / Ag = E0Ag+ / Ag + 0.059 ⋅ logKL (AgCl)

Da das oxidierte Silber sofort fast vollständig ausfällt, muss auch die Halbzellgleichung anders formuliert
werden:
Halbzellgleichung: Ag(s) + Cl − R AgCl (s) + e−

Oxidationspotential: Eox = − ERe d = − {E0AgCl / Ag − 0.059logc(Cl − )}

Das Standard-Reduktionspotential E°AgCl/Ag muss negativer sein als E°Ag+/Ag, da die Reduktion von Silberio-
nen aus einem schwerlöslichen Salz heraus schwieriger ist als aus einer Lösung. Dies ist auch so, wie die
Konsultation der E°-Tabelle, die beide Halbzellen enthält, zeigt.

Test 7a: Redox-Reaktionen


Im Moodle-Kurs AnC I steht für dieses Kapitel zur Lernkontrolle ein interaktiver Test bereit. Den
Test finden Sie, wenn Sie zum Inhaltsverzeichnis des Kurses gehen und dort das Thema 7 anwäh-
len.

D:\Daten gae\ZHW\AnC2\Skript AnC2\SkriptRedox.doc Seite 10 von 10 02.02.2006/Gae

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