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1.2 Wie sehen die Gefüge der Silikatkeramik, der feuerfesten Werkstoffe und der Hochleis-
tungskeramik prinzipiell aus ?
Silicatkeramik: heterogen, porös, Korngröße wenig relevant
Feuerfest: heterogen, 15-17vol% Porosität, sehr grobkörnig
Hochleistungskeramik: extrem homogen, Porosität und Korngröße auf Anwendungs-fall
zugeschnitten
1.3 Welche Stückzahlen werden jeweils pro Muster/Werk und Jahr hergestellt ?
Silicatkeramik: Dachziegel/Fliesen u.a. Baukeramik: > 10 Mio Stück
Geschirr, Sanitär: ca. 10.000 Stück
Feuerfest: 1.000-10.000 t (ungeformte Massen)
> 10.000 Formteile
Hochleistungskeramik: 10.000 (Strukturkeramik) - >> 1 Mio Stück
(Elektronikkomponenten)
1.6 Wie schätzen Sie den Standort Deutschland/Westeuropa für diese Branchen ein ? Wo
gibt es steigende, wo stagnierende, wo fallende Umsatzzahlen ? Warum ?
Silicatkeramik: hohe Personalkosten wg. Handarbeit; kann wieder attraktiv werden, wenn
Automatisierungsgrad erhöht wird (Fliesen, Dachziegel, Geschirr), sonst allge-meine
Stagnation
Feuerfest: leicht steigende Tendenz wegen Stahlboom; Rohstoffe kommen aus Asien
(China), daher oft Verlegung der Produktion an den Ort der Rohstoffgewinnung.
Hochleistungskeramik inkl. Traditionelle technische Keramik: konstant ca. 10% Wachs-tum
seit vielen Jahren trotz aller Krisen
1.7 Gibt es „Grauzonen“ zwischen den drei Branchen ? Wo würden Sie die Zündkerze zu-
ordnen ? Welche High-Tech-Funktionsteile gibt es im Bereich Feuerfest ?
Überlappungen oder Zuordnungsschwierigkeiten gibt es bei den traditionellen techn-schen
Keramiken (Zündkerze, Isolatoren), die manchmal der Silicatkeramik, manchmal der
Hochleistungskeramik zugeordnet werden [Achtung: daher oft Verfälschung
derMarktstatistiken !]. Ferner werden für die Feuerfestbranche besondere Funktionsele-
mente entwickelt wie Schieber, Verschlüsse, Ventile, Sonden etc., die High-Tech-Charakter
aufweisen.
1.8 Wie hat die Entwicklung der Keramik die anderen Technologien (Elektrotechnik,
Stahlerzeugung, technische Chemie) beeinflusst ?
Keramik ist Schlüsseltechnologie. Sie ermöglicht die Entwicklung neuer Technologien,
manchmal aber nur vorübergehend. Beispiele:
Elektrotechnik: Ohne Keramik k e i n e Entwicklung der E-Technik im 19.Jhdt. möglich!
Heute – abgesehen vom Hochspannungsbereich – Verdrängung durch Kunststoffe
Stahlerzeugung: Ohne feuerfeste Werkstoffe k e i n e Metallurgie möglich !
Chemie: Im 19. Jhdt. Ohne Keramik keine Chemie denkbar; heute weitgehende
Verdrängung durch Kunststoffe
1.9 Warum gibt es heute kaum noch keramische Isolatoren ? Und wenn ja, für welche Ein-
satzfälle ?
Kunststoffe leichter, besser, dünnwandiger, billiger und zuverlässiger in der Herstellung;
Ausnahme: Hochspannungsbereich, hier Glas als Konkurrenz; Multilayersubstrate mit
integrierten Leiterbahnen
1.10 Welche Branchen erschließen sich durch keramische Werkstoffe gerade völlig neu ?
Energietechnik: Ionenleiter; Sensorik/Aktorik/Mikrosystemtechnik: Piezokeramik; Medi-
zintechnik: Bioaktive/bioinerte Implantate ....
1.12 In welchen Anwendungen hatten keramische Bauteile zunächst sehr gute Einsatzchan-
cen, kamen aber dann doch nicht zum Zug ? Warum war hier die Keramik gegenüber
metallischen Bauteilen benachteiligt ?
Komponenten in der Kfz-Technik: Turbolader, Ventil, Motorblock, Zylinderköpfe, Portliner
etc.; Herstellung zu teuer, Verhalten zu unzuverlässig; starke Konkurrenz zu Metallen;
geringerer Nutzen als erwartet (Wirkungsgrad, NOx-Emission...)
Vergessen Sie nicht die Definition der Keramik und die chemische Einteilung !
2.1 Wie unterscheiden sich der metallurgische und der keramische Prozess prinzipiell von-
einander ?
Siehe Bilder: Wegen der fehlenden Umformbarkeit nach der Halbzeugherstellung erfolgt bei
der Keramik zuerst die Rohstoffaufbereitung und Formgebung zum (kreideähnlichen)
Grünkörper, dann die irreversible, zu stofflichen und strukturellen Änderungen führende
Wärmebehandlung. Das Teil ist danach so verfestigt, dass eine weitere Behandlung nur
noch durch Schleifen möglich ist. Metalle können – evtl. nach Wiedererwärmung - weiter
verformt werden.
2.2 Was bedeutet das für ein Recycling, für die Qualitätssicherung, für die
Wertschöpfungskette ?
Recycling ist n i c h t s i n n v o l l – man müsste die chemische und strukturelle
Ausgangssituation wieder herbeiführen. Ausnahme: Silicatkeramik: Man kann gebrannte,
aber fehlerhafte Teile zermahlen und als „Magerungsmittel“/“Schamotte“ den Rohstoffen
wieder zusetzen.
QS ist beim Rohstoff/Pulver sehr gut möglich (Mineralbestand, Korngröße, chemische
Zusammensetzung); danach mangels hochauflösender Charakterisierungsmethoden nahezu
unmöglich. Erst nach dem Sintern weiß man, ob das Bauteil rissfrei, homogen usw. ist.
Abschließende Prüfung erst nach der Hartbearbeitung (Schleifen...) sinnvoll, da hier
nochmals Fehler eingebracht werden können. Die Wertschöpfung steigt am Ende steil an,
weil die vorhergehenden Prozessschritte nicht zu sinnvoll veräußerbaren Zwischenprodukten
führen (Schritt zum „Halbzeug“ nicht verwertbar).
2.3 Warum kann man Keramik nicht einfach gießen wie Metalle und dann umformen ?
Sprödigkeit, keine plastische Verformbarkeit; Guss wegen sehr hoher Schmelztemperaturen
oder Zersetzung (Siliciumnitrid) kaum möglich;[wird in Ausnahmen für sehr große
Feuerfestteile im Lichtbogenofen gemacht: sog. Schmelzgegossene Erzeug-nisse].
2.4 Was ist der generelle Unterschied zwischen natürlichen und synthetischen Rohstoffen?
Natürliche Rohstoffe: Reinheit abhängig von Lagerstätte, daher undefiniert; Korngrö-ße muss
durch mechanische Zerkleinerung eingestellt werden. Geringer Preis
Synthetische Rohstoffe. Chemische Fällungsprodukte definierter Reinheit; Preis steigt
exponentiell mit Reinheit; Korngröße „von unten her“ einstellbar; nanoskalige Pulver ohne
Zerkleinerung herstellbar.
2.5 Wie wichtig ist das Mahlen, Homogenisieren, Dispergieren der Rohstoffe für den wei-
teren Herstellungsprozess und die Eigenschaften der Erzeugnisse ?
Sehr wichtig für
a) Formgebung: größere und gleichmäßige Packungsdichten werden erzielt
b) Sinterprozess: Schwindung beginnt bei niedrigeren Temperaturen und führt zu höheren
Enddichten
c) mechanische Eigenschaften: höhere Festigkeit
2.6 Wie wirkt sich das Glasieren und Dekorieren von Silikatkeramik wirtschaftlich auf die
Kosten der traditionellen Erzeugnisse aus ?
Verteuernd wegen der Handarbeit.
2.10 Was bewirkt die Zerkleinerung noch außer der Verringerung der Korngröße ?
Erhöhung der spezifischen Oberfläche (m2/Gramm), d.h. Erhöhung der Sinteraktivität;
Verbesserung der Dispersion bei mehrphasigen Rohstoffen, verbesserte Homogeni-sierung.
2.12 Welches Formgebungsverfahren würden Sie wählen, wenn Sie eine Serienproduktion
(> 1 Mio Stück/Jahr) von Bauteilen mit minderer Oberflächenqualität aufbauen müss-ten ?
Schlickerguss; wenn bessere Oberflächengüten erforderlich werden, ist Spitzguss im Vorteil.
2.13 Welche Gefügedefekte erwarten Sie in axial gepressten Bauteilen ?
Reste von Granulaten (Agglomeraten), Dichtegradienten wegen ungleichmäßiger
Druckverteilung.
2.14 Was müssen Sie bei der Festlegung der Dimensionen der Formkörper vor dem Sin-tern
beachten ?
Aufmaß wegen (hier angegeben: linearer) Schwindung: a) beim Trocknen(1-3%) bzw.
Entbindern (15-17% Spritzguss; 1-2% Pressen); b) beim Sinterprozess (12-15 %)
Aufmaß wegen Hartbearbeitung je nachdem, welche Oberflächengüten erforderlich sind.
2.16 Warum sollte eine Produktion vom Pulver bis zum Bauteil möglichst in einer Hand sein
– andersherum gefragt: Wieso sollte man keine keramischen „Halbzeuge“ (z.B. Grünkörper)
einkaufen, um sie dann fertigzustellen ?
Kette der Fehlerfortpflanzung ist dann nachvollziehbar; man kann daher Defektquel-len
finden und abstellen. Das komplette Verständnis ist in einer Hand – damit auch die gesamte
Wertschöpfungskette. Grünkörper lassen sich schlecht versenden: Bruch.
Vergessen Sie nicht, sich die Definitionen, die Triebkräfte und die Materialtransport-
mechanismen anzusehen !
3.2 Wie wirkt sich eine höhere Ausgangsdichte auf den weiteren Verdichtungsprozess aus?
Schwindung beginnt bei geringeren Temperaturen und führt zu höheren Enddichten.
3.3 Wie kann man die Triebkräfte beeinflussen ?
Oberflächenenergie erhöhen: Mahlen, feine Pulver synthetisieren.
Grenzflächenenergie erhöhen: Sinteradditive
Chemische Energie erhöhen: Reaktionssinterverfahren durchführen, d.h. Aus-gangsstoffe
wählen, die miteinander reagieren (zu Mischkristallen, neuen Verbindungen)
Elastische Energie (Verzerrungsenergie) erhöhen: bei Metallen sehr hilfreich: Mahlen,
Verformen bei der Formgebung durch z.B. Pressen
3.4 Warum muss man eigentlich heizen, obwohl die Triebkräfte alle auch bei Raumtempe-
ratur vorhanden sind ?
Materialtransportmechanismen benötigen Aktivierungsenergie.
3.5 Was passiert, wenn man die Temperaturerhöhung in der Mitte des Schwindungsstadi-
ums abbricht ?
Weitere Verdichtung erfolgt nach t-Gesetz bei den verfügbaren Aktivierungsenergien. D.h.
es erfolgt keine weitere Beschleunigung der Verdichtung. Die Enddichte bleibt ge-ringer als
bei weiterer Temperaturerhöhung. Es ist also besser, ein wenig höher zu hei-zen als lange
Zeit bei geringerer Temperatur zu halten.
Für das Gefüge heißt das: Geschlossene Restporosität.
3.6 Was passiert, wenn man die Temperaturerhöhung am Ende des Anfangsstadiums ab-
bricht?
3.10 Wie verhalten sich nanokristalline Pulver nach der Herstellung bei Raumtemperatur?
Sie beginnen bei Kontakt bereits spontan Sinterhälse auszubilden. Schädlich für die Formgebung !
Man muss erst diese Teilchenketten „knacken“.
3.11 Ist der Mechanismus der Verdampfung und Wiederkondensation für das Sintern von
Pulvern hilfreich oder schädlich (Begründung) ? Welche Gefügeveränderungen er-warten Sie
grundsätzlich ?
Schädlich ! Verlust an Triebkraft ohne Schwindung ! Bildung vom Teilchenketten; Öffnung
neuen Porenraumes. Gut, wenn man poröse Sinterkörper braucht !
3.13 Wie unterscheiden sich feinkörnige und grobkörnige Pulverpackungen in ihrem Sin-
terverhalten in Bezug auf die o.g. Mechanismen ?
Feinkörnige Teilchen haben einen höheren Dampfdruck als grobe. Die freie Weglän-ge für
Oberflächendiffusion ist kleiner bei feinkörnigen Materialien. Die o.g. Mecha-nismen sind
also sehr viel wirksamer als bei grobem Pulver.
3.15 Welche Form müssen Poren anstreben, die im Inneren von Körnern sitzen ?
Kugelform wegen der Erniedrigung der Oberfläche relativ zum Volumen (auch wegen der
o.g. Oberflächenspannungen).
3.16 Warum bilden sich nadelige Apatitkristalle (siehe Biowerkstoffe) beim Sintern von
Calciumphosphat-Keramik aus ?
Anisotropie der Oberflächenenergie dominiert Erniedrigung der Gesamtoberflächen-energie;
daher keine Kugelform.
3.19 Wie kann man die bisherigen Effekte nutzen, um mit dem Sinterprozess Filterwerk-
stoffe oder Katalysatoren mit großen inneren Oberflächen usw. herzustellen ?
Abbruch des Sintervorgangs am Ende des 1.Sinterstadiums (Anfangsstadium); Nut-zung der
Verdampfung/Kondensation und Oberflächendiffusion zur Ausbildung defi-nierter offener
Porosität
3.20 Wie würden Sie einen leichten, aber wasserdichten Sinterkörper herstellen ?
Abbruch des Sintervorgangs am Ende des 2.Sinterstadiums (Schwindungsstadium); Nutzung des
Porenschlusses zur Ausbildung definierter geschlossener Porosität (ein kleiner Rest offener Porosität
bleibt ggf. übrig).
3.21 Was passiert mit dem Gefüge, wenn man so schnell aufheizt, dass die Stadien der
Verdampfung und Kondensation bzw. Oberflächendiffusion rasch übergangen wer-den und
man schnell zur Grenzflächendiffusion gelangt ?
Schnellere und effizientere Verdichtung, da die Triebkräfte nicht durch Verdamp-
fung/Kondensation und Oberflächendiffusion verschwendet werden ! Homogenere Gefüge
sind die Folge, kleine Poren, höhere Enddichten; geringere erforderliche Ma-
ximaltemperaturen.
3.22 Keramische Werkstoffe gelten als unempfindlich gegenüber Säuren und Laugen, Me-
tallschmelzen und Schlacken. Unterscheiden Sie nun genauer zwischen den Körnern und
den Korngrenzen. Welches sind die chemisch stabileren Gefügebestandteile und warum ?
Korngrenzen sind strukturell undefiniert (Großwinkel-KG sind quasi-amorph) und ha-ben
Verunreinigungen angereichert. Sie sind daher weniger resistent gegen Korrosi-on (siehe
Folien: Diffusionskoeffizienten in Gläsern !) als die Körner. Keramiken wer-den also entlang
der Korngrenzen chemisch „gespalten“. Daher sind auch grobkörni-ge Feuerfestprodukte
besser als feinkörnige (mehr Korngrenzen).
3.23 Sie wählen billige Rohstoffe für eine Massenanwendung geringer Wertschöpfung. Diese
sind daher mit Verunreinigungen versehen. Wo finden Sie diese Verunreini-gungen nach
dem Sintern wieder ?
An den Korngrenzen (siehe oben). Durch die strukturellen Verzerrungen finden Ionen von
Verunreinigungen immer einen geeigneten Platz in den Korngrenzen.
3.24 Warum sollten Sie nur reine Rohstoffe für Hochtemperaturanwendungen benutzen ?
Die o.g. Verunreinigungen bilden eine Art Glasphase an der Korngrenze; diese be-ginnt
oberhalb der Glastransformationstemperatur (bei Oxiden ca. 800oC) zu erwei-chen. Es
erfolgt viskose Verformung. Auch sind „saubere“ Korngrenzen stabiler ge-genüber
Diffusion/Korrosion wie glasartige (siehe oben).
3.25 Ist das fortschreitende Kornwachstum nützlich oder schädlich a) für den Verdichtungs-
prozess und b) für die mechanischen Eigenschaften des Bauteils (Begründung)?
a) nützlich: wandernde Korngrenzen können auch Poren treffen, wobei diese durch
Grenzflächendiffusion ausheilen können. Die ist kinetisch leichter als durch Volu-
mendiffusion (Transport von O2, N2, CO2, H2O usw. durch einen Festkörper !!).
b) schädlich wegen 1/ a (Griffith-Gleichung); wenn sonst keine Defekte da sind, ist die
Korngröße der Defekt.
3.26 Warum ist das Kornwachstum bei höheren Temperaturen schneller als bei niedrige-ren
Temperaturen ?
Es ist mehr thermische Energie für den Materialtransport zur Verfügung.
3.27 Würden Sie – um ein homogenes Gefüge bei optimaler Verdichtung einzustellen – eher
länger bei niedrigeren Temperaturen sintern oder lieber kurz bei hohen Tempe-raturen
(Begründung)?
Lieber kurz bei höheren Temperaturen, da höhere Enddichten erzielbar sind (siehe Bilder
weiter oben)
3.29 Was muss man bei den Rohstoffen beachten, wenn man besonders feinkörnige und
homogene Gefüge erzielen möchte ?
Feine Pulver, enge Korngrößenverteilung und homogene Packungsdichte verwen-den.
3.30 Was muss man bei den Rohstoffen beachten, wenn man besonders inhomogene
Gefüge mit Grobkorn- und Feinkornanteil erzielen möchte ?
Pulver mit verschiedenen Maxima der Korngrößenverteilung verwenden (bimodale, trimodale
Verteilungen), also Grobkorn mit Feinkorn mischen.
4.1 Welche Maßnahmen müssen Sie ergreifen, um die Festigkeit eines Bauteils zu erhö-
hen?
Griffith-Gleichung: Bruchzähigkeit erhöhen; Defektgrößen erniedrigen
4.2 Wie müssen Sie die Oberflächenkonturen von Bauteilen aus Keramik gestalten, die
Querschnittsverjüngungen aufweisen sollen ?
Für die Übergänge große Radien vorsehen, Kerbwirkung vermeiden ! Formel für Spannung
als Funktion des Kerbradius !!!
4.3 Die Endbearbeitung von Keramikbauteilen erfolgt mittels Schleifen mit Diamantwerk-
zeugen. Wie müssen die Schleifriefen in Ihrem Bauteil relativ zur axialen Lasteinlei-tung
verlaufen, um eine maximale Festigkeit zu garantieren (Zeichnung) ?
Schleifrichtung parallel zur Zugspannung, sonst Kerbwirkung !
4.4 Was bringt eine Politur geschliffener Flächen für die Festigkeit, wenn sonst keine wei-
teren Gefügedefekte vorliegen ? Abschätzung der Festigkeitssteigerung !
Oberflächenrauheit (Tiefe der Schleiffurchen) geht als ac in die Griffith-Gleichung ein! Die
Festigkeit kann bis um den Faktor 10 gesteigert werden, wenn ordentlich poliert wird.
4.5 Erläutern Sie die Griffith-Gleichung in ihrer Bedeutung für die Herstellungstechnik.
Griffith-Gleichung: Bruchzähigkeit erhöhen (Gefügeoptimierung, Werkstoffentwick-lung!
Defektgrößen erniedrigen, feine Pulver nehmen, homogene Dispersion, sorgfäl-tige
(saubere) Aufbereitung, Abrieb und Kontaminationen vermeiden, ggf. durch Rein-
raumtechnik; intelligente Sinterparameter wählen, Kontrolle der Prozessschritte so-weit
möglich. Proof-Test am Ende der Herstellungskette.
4.7 Ein Bauteil wurde mittels der Vickers-Prüfmethode auf Härte geprüft. Können Sie dieses
Bauteil noch für mechanische Belastungen verwenden ? Unterscheiden Sie Fälle, bei denen
die Prüfung mit hoher Auflast gemacht worden (Makrohärte) ist und solche bei niedriger
Auflast (Mikrohärteprüfung).
Härteprüfung bedeutet Herstellung eines Eindrucks (= Fehler); bei Keramik ist dies ferner mit
Rissbildung (Medianrisse, Lateralrisse) gekoppelt, die viel größer sind als der Eindruck selbst. Daher:
Achtung mit solchen Teilen; Makrohärtetests sind generell schädlich für Festigkeit, Mikrohärtetests
kann man durchgehen lassen, falls der Eindruck kleiner ist als der sonst versagensauslösende
Defekt.
4.8 Wie sieht ein Weibull-Diagramm für einen Werkstoff aus, der im Gefüge immer
Agglomerate und viele kleine Poren aufweist (Zeichnung) ?
Gehen Sie folgendermaßen vor:
1) Überlegung: Welches sind die größten Defekte? Hier: Agglomerate.
2) Was ist über deren Häufigkeit ausgesagt? Hier: immer da.
3) Welche anderen Defekte spielen sonst eine Rolle? Hier: kleine Poren; kleiner als
Agglomerate, daher immer unkritisch, solange größere Defekte vorhanden ist.
4) Zeichnen des Weibull-Diagramms: Hier: Große Defekte (Agglomerate) = niedrige
Festigkeiten; Defekte immer da: große Bruchwahrscheinlichkeit bei niedrigen Spannungen.
Also m hoch (steile Kurve), Festigkeit σ niedrig.
6) Da alle Proben integral in die Darstellung eingehen, muss ein Gesamtgerade resultieren,
die beide Fehlerarten berücksichtigt. Die ursprüngliche Information (zwei steile Geraden)
wird also „verwischt“ durch eine flache Gerade.
Da fragte ein Kommilitone: Es reicht also die flache Gerade als Antwort? Ja leider, denn die
Frage ist ungenau formuliert. In der Klausur wird also ggf. in ähnlichen Fällen präzisiert:
„Zeichnen Sie die Messpunkte schematisch ein. .“ oder „zeichnen Sie die Untergeraden für
die einzelnen Fehlerarten ein...“. Also:
4.10 Wie sieht ein Weibull-Diagramm für einen Werkstoff mit hohem KIc im Vergleich zu
einem Material mit niedrigem KIc aus (Zeichnung)?
Gerade verschiebt sich zu höheren Festigkeitswerten. Die Steigungen beider Kurven sind
gleich, wenn es keine besonders ausgeprägten Fehlerpopulationen gibt. Für den Fall, dass
durch die KIc-Erhöhung auch eine spezielle Fehlerquelle als bruchauslö-send eliminiert wird,
steigt auch die Zuverlässigkeit, d.h. m.
4.12 Ein Fabrikant will von Ihnen einen Kredit für eine große Investition zu einer Produkt-
fertigung. In seinen Akten finden Sie ein Weibulldiagramm zu diesem Produkt. Worauf
achten Sie und warum?
Festigkeitsniveau, Streuung der Werte (Geradensteigung); sind einzelne Fehlerpopulationen
(Unterkurven) sichtbar? Dies bedeutet evtl., dass eine Abhilfe im Produktionsprozess möglich ist.
5. Gefügeverstärkung
Bitte vergessen Sie nicht die Hintergründe der Verstärkung sowie die einzelnen Methoden !
5.1 Wie groß dürfen die Poren maximal werden, um nicht die Festigkeit zu erniedrigen?
< ac
5.2 Wie bringt man am besten gleichmäßige unterkritische Porosität in ein Bauteil hinein?
Stoppen der Verdichtung am Ende des 2 Sinterstadiums oder etwas später (je nach
Porengröße)
5.3 Wie groß dürfen die Teilchen maximal werden, um nicht die Festigkeit zu erniedrigen?
< ac
5.5 Wie wirken sich große Teilchen relativ zu kleinen Teilchen bei gleichem Abstand aus?
Große Teilchen heißt großes 2r im Diagramm; Kurven steigen nach links an, d.h.
Festigkeitserhöhung nimmt zu.
5.6 Sind steile oder eher flache R-Kurven nützlich für die Verstärkung keramischer Bau-teile
gegen statische Belastungen ?
Steile sind besser, da ein laufender Riss sofort einen großen Anstieg des Bruchwi-
derstandes sieht (damit bleibt auch a klein).
5.8 Sie führen Proof-Tests mit 2 durch, um die Qualität Ihrer Bauteile zu garantieren. Wenn
ein vorhandener Gefügedefekt vor dem Test die Ausgangslänge ao hatte, wie groß ist er
dann, wenn das Bauteil die Prüfung gerade bestanden hat ? Wie würde sich ein solches
Bauteil verhalten, wenn es erneut geprüft würde ? (oberes Bild wäre im Falle dieser Frage
vorgegeben!)
Der Riss wächst bis a2 an. Bei einer erneuten Prüfung wäre dann dieser Defekt grö-ßer als
vor der ersten Prüfung. Das bedeutet, dass der Proof-Test die geprüften Bauteile durch
unterkritisches Risswachstum schädigt.
5.9 Wie kommt das T der Selsing-Gleichung zustande? Was ist die obere Temperatur To?
Eine Temperatur ist die Prüftemperatur, bei der die Spannungen betrachtet werden sollen; To
ist diejenige minimale Temperatur, bei welcher spannungsrelaxierende Prozesse gerade
noch spürbar ablaufen (also aktive Korngrenzendiffusion bzw. aktives Korngrenzengleiten
über Glasphasen oder Großwinkelkorngrenzen). D.h. unterhalb dieser Temperaturen
„frieren“ beim Abkühlen von Sintertemperaturen alle Spannungen ein, bzw. bauen sich erst
auf, da T steigt. To wird kritische Spannungsre-laxationstemperatur genannt und ist bei
glasphasenhaltigen Systemen gleich der Glastransformationstemperatur.
5.11 Schätzen Sie ab, bei welchen Temperaturen elastische Spannungen in keramischen
Werkstoffen relaxieren. Begründung ?
Begründung siehe oben: Also: Oxidkeramiken: um 800oC (wg. Glasphasen),
Nichtoxidkeramiken 900-1200 oC. Verunreinigungen spielen auch eine Rolle !
5.12 Kann man Keramiken spannungsfrei glühen ? Worin liegt hier der wesentliche Unter-
schied zu Metallen ??
Nicht sinnvoll, da oberhalb To geglüht werden muss und sich beim Abkühlen dann die
Spannungen wieder aufbauen. Metalle: Versetzungen !
5.14 Warum sind eingelagerte Fasern besser als Plättchen oder Kugeln ?
Mit steigendem Verhältnis von Länge zu Dicke nimmt der Einfluss von Rissverkippung und
Rissverdrillung zu, d.h. neben dem KIc werden dann auch KIIc und KIIIc wirk-sam.
5.15 Wie erzeugt man im Gefüge Texturen, also Vorzugsorientierungen von faser- oder
plattenförmigen Teilchen ?
Spritzguss > Trockenpressen > Schlickerguss. Ursachen sind Strömungen, Wandrei-bung,
Ausweichen auf Druck.
5.16 Warum sind die verstärkenden Teilchen in ihrer Größe einer sinnvollen Beschränkung
unterworfen ?
Müssen < ac sein.
6.2 Warum besitzen feuerfeste Werkstoffe üblicherweise eine Porosität von 15-17 Vol.%?
Elastizitätsmodul sinkt mit steigender Porosität; Dehnungen steigen, Thermoschock-
beständigkeit wird besser. Aber: Infiltrationsbeständigkeit ? Daher möglichst geschlossene
Poren einstellen !
6.3 Wieso kann die Wärmeleitfähigkeit durch reine Korngrenzen große Körner verbessert
werden ?
Größere freie Weglänge für Phononen bis zur nächsten Impedanz (Hindernis): Korngrenze.
6.7 Warum nimmt die Wärmeleitfähigkeit keramischer Stoffe mit zunehmender Tempera-tur
zunächst ab, dann aber wieder zu ?
Gerichtete Phononenbewegung wird durch thermische Schwingungen zunehmend behindert,
dann übernehmen Strahlung und Konvektion den Wärmetransport.
6.8 Welche thermisch bedingten Schwierigkeiten hat man beim Löten von Keramik mit
Metallen zu berücksichtigen ?
Wärmedehnungsunterschiede zwischen Metall und Keramik (und Lot).
6.10 Welche Eigenschaften der Keramik nutzt man bei der Beschichtung von Turbinen-1
schaufeln ?
Geringe Wärmeleitfähigkeit
7. Biowerkstoffe
7.1 Wie teilt man Biowerkstoffe nach ihren Reaktionen mit dem Körper ein ?