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Edmund Husserl

Logische Untersuchungen
Klassiker Auslegen

Herausgegeben von
Otfried Höffe
Band 35

Otfried Höffe ist o. Professor für Philosophie


an der Universität Tübingen
Edmund Husserl

Logische
Untersuchungen

Herausgegeben von
Verena Mayer

unter Mitwirkung von


Christopher Erhard

Akademie Verlag
Titelabbildung: Edmund Husserl, © Husserl-Archives Leuven

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation


in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN: 978-3-05-004391-3

© Akademie Verlag GmbH, Berlin 2008

Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706.

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil
dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch
Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von
Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen
oder übersetzt werden.

Gesamtgestaltung: K. Groß, J. Metze, Chamäleon Design Agentur Berlin


Satz: Veit Friemert, Berlin
Druck und Bindung: MB Medienhaus, Berlin

Printed in the Federal Republic of Germany




Inhalt

Zitierweise und Siglen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . VII

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IX

1.
Einleitung
Verena Mayer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1

2.
Husserl’s concept of Pure Logic
(Prolegomena, §§ 1–16, 62–72)
Richard Tieszen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9

3.
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism
(Prolegomena, §§ 17–61)
Robert Hanna . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27

4.
Husserls phänomenologische Semiotik
(I. Logische Untersuchung, §§ 1–23)
Vittorio De Palma . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43

5.
Die Objektivität der Bedeutung
(I. Logische Untersuchung, §§ 24–35)
Gianfranco Soldati . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61

6.
Zugang zum Idealen: Spezies und Abstraktion
(II. Logische Untersuchung, §§ 1–12)
Peter Simons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77

7.
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction
(II. Logische Untersuchung, §§ 13–42)
A. D. Smith . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93
VI Inhalt

8.
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology
(III. Logische Untersuchung)
John J. Drummond . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105

9.
Grammatik und Intentionalität
(IV. Logische Untersuchung)
Jocelyn Benoist . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123

10.
Intentionalität und Bewusstsein
(V. Logische Untersuchung, §§ 1–21,
Beilage der VI. Untersuchung )
Dan Zahavi . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139

11.
Die Bedeutung objektivierender Akte
(V. Logische Untersuchung, §§ 22–45)
Verena Mayer/Christopher Erhard . . . . . . . . . . . . . . . . . 159

12.
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit
(VI. Logische Untersuchung, §§ 1–39, 67–70)
Rudolf Bernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189

13.
Kategoriale Anschauung
(VI. Logische Untersuchung, §§ 40–66)
Dieter Lohmar . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209

Auswahlbibliographie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Personenregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243

Sachregister . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245

Hinweise zu den Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 248


Zitierweise und Siglen

Husserls Texte werden nach der Husserliana-Ausgabe zitiert: Edmund


Husserl 1950 ff.: Husserliana. Gesammelte Werke. Den Haag/Dordrecht.
Als Abkürzung wird die Sigle „Hua“ mitsamt Bandangabe in römischen
und Seitenangabe in arabischen Ziffern verwendet.
Bei englischsprachigen Beiträgen sind die von den Autoren indivi-
duell angegebenen Textausgaben und Zitationsweisen maßgeblich. Die
Materialien­bände werden mit „Hua Mat“ mitsamt Band- und Seitennum-
mer zitiert. Folgende Ausgaben der Husserliana werden verwendet:

Hua I Cartesianische Meditationen und Pariser Vorträge. Hrsg. und eingeleitet von
Stephan Strasser. Nachdruck der 2. verb. Auflage. 1991
Hua II Die Idee der Phänomenologie. Fünf Vorlesungen. Hrsg. und eingeleitet von
Walter Biemel. Nachdruck der 2. erg. Auflage. 1973
Hua III Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie.
Erstes Buch: Allgemeine Einführung in die reine Phänomenologie. (= Ideen I)
In zwei Bänden. 1. Halbband: Text der 1.–3. Auflage; 2. Halbband: Ergänzende
Texte (1912–1929). Neu hrsg. von Karl Schuhmann. Nachdruck. 1976
Hua IV Ideen zu einer reinen Phänomenologie und phänomenologischen Philosophie.
Zweites Buch: Phänomenologische Untersuchungen zur Konstitution. Hrsg. von
Marly Biemel. 1952 (=Ideen II)
Hua VI Die Krisis der europäischen Wissenschaften und die transzendentale
Phänomenologie. Eine Einleitung in die phänomenologische Philosophie. Hrsg.
von Walter Biemel. Nachdruck der 2. verb. Auflage. 1976
Hua IX Phänomenologische Psychologie. Vorlesungen Sommersemester 1925. Hrsg. von
Walter Biemel. 2. verb. Auflage. 1968
Hua X Zur Phänomenologie des inneren Zeitbewußtseins (1893–1917). Hrsg. von
Rudolf Boehm. Nachdruck der 2. verb. Auflage. 1969
Hua XI Analysen zur passiven Synthesis. Aus Vorlesungs- und Forschungsmanuskripten
(1918–1926). Hrsg. von Margot Fleischer. 1966
Hua XII Philosophie der Arithmetik. Mit ergänzenden Texten (1890–1901). Hrsg. von
Lothar Eley. 1970
Hua XIII Zur Phänomenologie der Intersubjektivität. Texte aus dem Nachlass. Erster Teil:
905–1920. Hrsg. von Iso Kern. 1973
Hua XVI Ding und Raum. Vorlesungen 1907. Hrsg. von Ulrich Claesges. 1973
Hua XVII Formale und transzendentale Logik. Versuch einer Kritik der logischen
Vernunft. Mit ergänzenden Texten. Hrsg. von Paul Janssen. 1974
Hua XVIII Logische Untersuchungen. Erster Band: Prolegomena zur reinen Logik. Text der
1. und 2. Auflage. Hrsg. von Elmar Holenstein. 1975
Hua XIX/1 Logische Untersuchungen. Zweiter Band. Erster Teil. Untersuchungen zur
Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Hrsg. von Ursula Panzer. 1984
Hua XIX/2 Logische Untersuchungen. Zweiter Band. Zweiter Teil. Untersuchungen zur
Phänomenologie und Theorie der Erkenntnis. Hrsg. von Ursula Panzer. 1984
VIII Zitierweise und Siglen

Hua XX/1 Logische Untersuchungen. Ergänzungsband. Erster Teil. Entwürfe zur


Umarbeitung der VI. Untersuchung und zur Vorrede für die Neuauflage der
Logischen Untersuchungen (Sommer 1913). Hrsg. von Ullrich Melle. 2002
Hua XX/2 Logische Untersuchungen. Ergänzungsband. Zweiter Teil. Texte für die
Neufassung der VI. Untersuchung: Zur Phänomenologie des Ausdrucks und der
Erkenntnis (1893/94–1921). Hrsg. von Ullrich Melle. 2005
Hua XXII Aufsätze und Rezensionen (1890–1910). Hrsg. von Bernhard Rang. 1979
Hua XXIII Phantasie, Bildbewußtsein, Erinnerung. Zur Phänomenologie der anschaulichen
Vergegenwärtigungen. Texte aus dem Nachlass (1898–1925). Hrsg. von Eduard
Marbach. 1980
Hua XXIV Einleitung in die Logik und Erkenntnistheorie. Vorlesungen 1906/07. Hrsg.
von Ullrich Melle. 1984
Hua XXVI Vorlesungen über Bedeutungslehre. Sommersemester 1908. Hrsg. von Ursula
Panzer. 1987
Hua XXVIII Vorlesungen über Ethik und Wertlehre (1908–1914). Hrsg. von Ullrich Melle.
1988
Hua XXXI Aktive Synthesen. Aus der Vorlesung „Transzendentale Logik“ 1920/21.
Ergänzungsband zu „Analysen zur passiven Synthesis“. Hrsg. von Roland
Breeur. 2000
Hua XXXVI Transzendentaler Idealismus. Texte aus dem Nachlass (1908–1921). Hrsg. von
Robin D. Rollinger in Verbindung mit Rochus Sowa. 2003

Hua Mat II Logik. Vorlesung 1902/03. Hrsg. von Elisabeth Schumann. 2001
Hua Mat III Allgemeine Erkenntnistheorie. Vorlesung 1902/03. Hrsg. von Elisabeth
Schuhmann. 2001
Hua Mat V Urteilstheorie. Vorlesung 1905. Hrsg. von Elisabeth Schuhmann. 2002

Zitierte Manuskripte aus dem Nachlass:

Ms. L Bernauer Manuskripte


Ms. A Mundane Phänomenologie
Vorwort

Der vorliegende Kommentarband zu den Logischen Untersuchungen


erscheint zu Husserls 150. Geburtstag im Jahr 2009. Damit ein solches
Gemeinschaftswerk rechtzeitig fertig gestellt werden konnte, waren viel-
fache Anstrengungen notwendig. Ich bedanke mich bei Rudolf Bernet
und dem Husserl-Archiv Leuwen für die freundliche Überlassung des
Titelfotos; bei Dieter Lohmar für die bereitwillige Unterstützung bei der
Autorensuche; und nicht zuletzt bei den Autoren, die ihre Manuskripte
mit bewundernswerter Pünktlichkeit eingereicht haben. Mein besonderer
Dank gilt Christopher Erhard, der den Band von der Konzeption bis zur
Fertigstellung sachkundig und engagiert begleitet hat.

Verena Mayer
1
Verena Mayer

Einleitung

Husserls Logische Untersuchungen sind eines der detailliertesten Bücher,


die je über die Phänomenologie des Bewusstseins geschrieben wurden.
Die beiden 1900 (Prolegomena) und 1901 (Logische Untersuchungen)
erschienenen Bände waren das Ergebnis zehnjähriger Arbeit und sind
unter mannigfachen Geburtswehen publiziert worden. Insbesondere der
erste Band, die Prolegomena zu einer reinen Logik, wurde sogleich von der
Fachwelt viel beachtet; dieses Buch scheint dem damals vorherrschenden
Psychologismus den Todesstoß versetzt zu haben. Auch der zweite Band
hat eine breite Wirkung entfaltet. Er enthält nicht nur Beiträge zu den
in den philosophischen Schriften der Zeit vielfach diskutierten Themen
Bedeutung, Begriff, Urteil, Erkenntnis und Wahrheit, sondern weitet
diese Analysen auch auf damit verbundene Bewusstseinsakte, wie Wahr-
nehmungen, Imaginationen und die Intentionalität schlechthin aus. Indem
Husserl immer wieder Erkenntnisse früherer Kapitel aufnimmt, schafft
er schließlich ein umfassendes Gesamtbild der Struktur von objektiven
Erkenntnisleistungen. Mit einer Trennschärfe, die erst in der zweiten
Auflage ganz sichtbar wird, scheidet Husserl dabei das Psychologische
aus der Analyse des Bewusstseins-überhaupt aus und argumentiert für die
Notwendigkeit einer Einsicht in Wesenszusammenhänge, welche die von
uns immer schon beanspruchte Objektivität der Erkenntnis überhaupt erst
möglich macht. Der genaue Blick auf die Strukturen, die dem Bewusst-
sein beim Urteilen und Erkennen zugrundeliegen, die Unterscheidung der
verschiedenen Arten von Gegenständen und intentionalen Bezugnahmen,
überhaupt das Insistieren auf der Vielschichtigkeit unserer Bewusstseins-
phänomene machen den bis heute bei weitem nicht ausgeschöpften Reich-
tum der Untersuchungen aus. Das Werk profitiert immer noch davon, dass
 Verena Mayer

sein Verfasser sich nicht von den populären Dichotomien seiner Zeit – hier
Psychologismus, dort Logizismus – vereinnahmen ließ, sondern konse-
quent seinen dritten Weg verfolgte, der in der systematischen Rückbin-
dung des Objektiven an das urteilende und erkennende Subjekt besteht.
Diese Rückbindung kann heute als die Haupttugend der Logischen Unter-
suchungen gelten.
In ihren Grundstrukturen hat Husserl die hier formulierten Erkennt-
nisse mit wenigen Ausnahmen beibehalten und oft stillschweigend in der
späteren Entwicklung seiner Gedanken vorausgesetzt. So legt er etwa mit
der Analyse intentionaler Akte bereits die Spur für das spätere Konzept
eines tranzendentalen Subjekts, auch wenn er in den Untersuchungen noch
schreibt, er könne das „primitive [reine] Ich als notwendiges Beziehungs-
zentrum [intentionaler Akte] schlechterdings nicht […] finden.“ (Hua
XIX/1, 374) Die Unterscheidung zwischen abhängigen und selbstständigen
Teilen, die er von Brentano übernimmt und in der dritten Untersuchung
ausbaut, wird später kaum noch thematisiert, ist aber in der durch das
ganze spätere Werk wiederkehrenden Rede von Konstitution, Fundierung
und Moment ständig präsent. Eine genaue Kenntnis der Logischen Unter-
suchungen ist deshalb für das Verständnis der übrigen Schriften Husserls
unabdingbar, sie verlangt aber auch vom modernen Leser nicht wenig
Anstrengung. Denn es ist nicht nur so, dass Husserl eine eigene Terminolo-
gie mit manchmal formalem Exaktheitsanspruch entwickelt, die er zumeist
(aber doch nicht immer) konsequent über das Werk hinweg einsetzt. Wer
etwa den spezifischen Gebrauch, den Husserl von dem Wort „Vorstellung“
macht, nicht beachtet, wird leicht in interpretatorische Untiefen geraten.
Darüber hinaus aber verlangt der systematische Blick auf die essentiellen
Strukturen von Bewusstseinsakten eine ganz eigenartige philosophische
Einstellung, die Husserl später mit dem Terminus epoché gekennzeichnet
hat. Husserl argumentiert in der Regel nicht, sondern beschreibt, was er
vorfindet, er analysiert, klassifiziert und rekonstruiert die elementaren
Einheiten des Bewustseins, die er Akte nennt, und die weit mehr umfas-
sen als die Urteile, Wahrnehmungen und Empfindungen, von denen die
klassische Erkenntnistheorie ausgeht. Husserl betätigt sich so gesehen am
Bewusstsein etwa wie ein Botaniker an der Pflanzenwelt. Er ordnet und
zeigt Unterschiede und Gemeinsamkeiten auf, er weist philosophische
Behauptungen, die nicht durch Bewusstseinstatsachen evident begrün-
det sind, zurück, und überhaupt interessieren ihn metaphysische Annah-
men, etwa über die Struktur von Wahrnehmungen oder Urteilen, ebenso
wenig wie entsprechende empirisch-psychologische Untersuchungen.
Nicht umsonst steht der phänomenologische Wahlspruch „zu den Sachen
Einleitung 

selbst“ schon im Vorwort der Untersuchungen (Hua XVIII, VI): also weg
von theoretischen Annahmen und hin zu dem, was in der Analyse unserer
Bewusstseinsakte unmittelbar ersichtlich wird.
Diese Beschreibung der Logischen Untersuchungen soll nicht nahelegen,
dass das Werk ein bloßes Sammelsurium von Beobachtungen und Analy-
sen ohne inneren Zusammenhang darstelle. Tatsächlich ist es oft so gelesen
worden. Schon zeitgenössische Rezipienten haben etwa das Fehlen einer
inneren Verbindung zwischen dem ersten und dem zweiten Band beklagt
und den zweiten als einen Rückfall in den vom ersten zurückgewiesenen
Psychologismus betrachtet. Husserl, der diese Kritik als schmerzhaftes
Missverständnis betrachtete, spricht in einem Zusatz zur Einleitung von
einer „natürlichen Reihenfolge“ der Themen, macht aber gleichzeitig
darauf aufmerksam, dass die Untersuchung sich „gleichsam im Zickzack“
bewege, da sie immer wieder Unklarheiten beseitigen müsse, bevor sie
auf ihrem Weg fortschreiten könne. Ausgangspunkt ist dabei die Zurück-
weisung des Psychologismus in der Logik und Mathematik des 19. Jahr-
hunderts, die Husserl in den Prolegomena vornimmt. Die scharfsinnigen
und überaus einflussreichen Argumente dieses ersten Bandes der Logischen
Untersuchungen zeigen, dass die Logik nicht in psychischen Ereignissen
oder Gesetzen und ebensowenig in kulturellen Faktoren begründet sein
kann. Husserl bleibt aber in diesem Band eine eingehende eigene Begrün-
dung der Logik schuldig. Die Erkenntnis, dass die Logik ideale Gesetze
darstellt, die jeder Wissenschaft vorhergehen, läuft jedenfalls nicht auf
die Fregesche Behauptung hinaus, dass solche Gesetze in einem „dritten
Reich“ der Gedanken lokalisiert seien, von wo sie auf rätselhafte Weise ins
faktische Denken hinüberwanderten. Vielmehr fragt Husserl am Ende der
Prolegomena explizit, was nun für den Philosophen zu tun bleibe, da gezeigt
wurde, dass Logik und Mathematik grundlegender als jede empirische
Wissenschaft sind, und beantwortet diese Frage so: „Dem Philosophen ist
es nicht genug, daß wir uns in der Welt zurechtfinden, daß wir Gesetze als
Formeln haben, nach denen wir den künftigen Verlauf der Dinge voraus-
sagen, den vergangenen rekonstruieren können; sondern was das Wesen
von ‚Ding‘, ‚Vorgang‘, ‚Ursache‘, ‚Wirkung‘, ‚Raum‘, ‚Zeit‘ u.dgl. ist, will
er zur Klarheit bringen; und weiter, was dieses Wesen für wunderbare
Affinität zu dem Wesen des Denkens hat, daß es gedacht, des Erkennens,
daß es erkannt, der Bedeutungen, daß es bedeutet sein kann usf.“ (Hua
XVIII, 254) Es geht dem Philosophen mit anderen Worten um das, was
Husserl das „Korrelationsapriori“ nennt: die notwendige Entsprechung
und Beziehung zwischen den Akten des Bewusstseins und seinen Gegen-
ständen, und damit auch um die Frage, wie sich die allem wissenschaft-
 Verena Mayer

lichen Denken grundliegenden logisch-mathematischen Strukturen im


Bewusstsein konstituieren.
Diesen Fragen geht der zweite Band der Logischen Untersuchungen nach.
Für den Leser des ersten Bandes ist dabei nicht ohne weiteres ersichtlich,
weshalb die folgenden Untersuchungen mit einer Analyse der Bedeutung
einsetzen, oder was die vielfältigen Themen, die darauf folgen, die etwa
über logische Grammatik, Teil-Ganzes-Beziehungen, Intentionalität oder
Evidenz handeln., mit der zuvor erwiesenen Idealität von Logik und Mathe-
matik zu tun haben sollen. In den Ideen zu einer einen Phänomenologie aus
dem Jahr 1913, die sich in vieler Hinsicht als weiterführender Kommentar
zu den Logischen Untersuchungen lesen lassen, schildert Husserl den Zusam-
menhang kurz und gedrängt so:
„Da jede Wissenschaft nach ihrem theoretischen Gehalt, nach allem,
was in ihr ‚Lehre‘ ist (Lehrsatz, Beweis, Theorie), sich im spezifisch
‚logischen‘ Medium, in dem des Ausdrucks objektiviert, so sind
die Probleme von Ausdruck und Bedeutung für den von allgemein
logischen Interessen geleiteten Philosophen und Psychologen die
Nächsten, und sie sind dann auch die ersten, welche überhaupt,
sobald man ihnen ernstlich auf den Grund zu kommen sucht,
zu phänomenologischen Wesenserforschungen drängen. Man
wird von da aus zu den Fragen geführt, wie das ‚Ausdrücken‘ von
‚Ausgedrücktem‘ zu verstehen sei, wie ausdrückliche Erlebnisse zu
nicht ausdrücklichen stehen, und was die letzteren im hinzutretenden
Ausdrücken erfahren: man wird sich auf deren ‚Intentionalität‘
verwiesen finden, auf den ihnen ‚immanenten Sinn‘, auf ‚Materie‘
und ‚Qualität‘ […].“ (Hua III/1, 258)
Während also Husserl in den Prolegomena den Begriff der reinen Logik,
letztlich als eine formale Wissenschaftstheorie, entwickelt (siehe dazu
in diesem Band den Beitrag von Richard Tieszen) und diesen gegen die
psychologistische Vereinnahmung verteidigt (Robert Hanna), untersucht
er im zweiten Band die apriorischen Beziehungen der reinen Logik zum
Bewusstsein, insbesondere zum sprachlichen Ausdruck, zum Denken und
schließlich zum Erkennen. Seinem Motto „zu den Sachen selbst!“ folgend,
rekurriert er dabei nicht auf theoretische Konstrukte und überlieferte
Begriffsbestimmungen, sondern erarbeitet sich jeden Aspekt des Bewusst-
seins, der dabei auf die eine oder andere Weise ins Spiel kommt, deskriptiv
und von Grund auf neu. Die Grundlegung der reinen Logik gerät damit
zu einer umfassenden Strukturbeschreibung des Bewusstseins und seiner
Akte überhaupt.
Einleitung 

Es ist einleuchtend, dass Husserl, wenn er die „Affinität“ der Logik


zum Bewusstsein klären will, von den sprachlichen Ausdrücken ausgeht,
und also zunächst eine Beschreibung der Beziehungen von Ausdruck und
Bedeutung, und damit eine Semantik, vorlegt. (Vittorio De Palma) Die
Untersuchung der Relation zwischen Ausdruck und Ausgedrücktem führt
ihn dabei sogleich in das Problem der idealen Einheit der Bedeutung
gegenüber der Mannigfaltigkeit der Bedeutungsakte, das unter dem Titel
der okkasionellen oder indexikalischen Ausdrücke auch die analytische
Philosophie des 20. Jahrhunderts vielfach beschäftigt hat. Für die reine
Logik der Prolegomena und ihre Psychologismuskritik ist dabei wesentlich,
dass die Bedeutungen – die „logischen“ Inhalte der Bedeutungsakte – von
den psychologischen Erlebnissen scharf geschieden werden. (Gianfranco
Soldati) Da Husserl hier die von ihm selbst später zurückgewiesene Auffas-
sung vertritt, die Bedeutung eines Ausdrucks sei die „Spezies“ der entspre-
chenden Bedeutungsakte und werde durch einen Prozess der Abstraktion
gewonnen, folgt in „natürlicher Reihenfolge“ die II. Untersuchung über
„die ideale Einheit der Spezies und die neueren Abstraktionstheorien“.
(Peter Simons, Arthur Smith)
Die III. Untersuchung nimmt nun den Begriff der Abstraktion zum
Anlass, den Unterschied zwischen „abstrakten“ und „konkreten“ Inhalten
von Akten zu analysieren. (John Drummond) Genauer geht Husserl nun
von der weitgehend historisch-philosophischen Erörterung der Begriffe
in der II. Untersuchung zu eigentlich formalen Unterschieden zwischen
Ganzen und Teilen über. Die von Brentano übernommene „Mereologie“
erlaubt ihm dabei eine gegenüber der Tradition durchaus neue Definition
der Termini „abstrakt“ und „konkret“, welche dann die Basis für eine phäno-
menologische Theorie der sog. „ideierenden Abstraktion“ und die formale
Grundlage für viele weitere phänomenologische Deskriptionen bildet. Erst
in der VI. Untersuchung über die Idee der reinen Grammatik (Jocelyn
Benoist) kehrt Husserl dann wieder ausführlich zur Ebene der Ausdrücke
und ihrer Bedeutungen zurück, und zwar indem er die zuvor entwickelte
Unterscheidung der selbstständigen und der unselbstständigen Teile auf
die sprachlichen Zeichen anwendet. Keineswegs hat er hier die eigentliche
und ursprüngliche Aufgabe, die Grundlegung der reinen Logik, aus den
Augen verloren. Vielmehr scheidet die reine Grammatik Sinn von Unsinn
und gibt damit „der reinen Logik die möglichen Bedeutungsformen vor“,
auch wenn sie noch nicht die eigentlichen logischen Gesetze formuliert
(Hua XVIII, 295).
Die V. Untersuchung erst widmet sich direkt der Frage, die als der
eigentliche Zweck des zweiten Bandes bezeichnet worden war: wie wir
 Verena Mayer

uns nämlich in Bedeutungs- und anderen Akten auf die Gegenstände


dieser Akte beziehen, und in welcher Weise die Inhalte der Akte mit
ihren Gegenständen in Beziehung stehen. Das übergreifende Thema
ist der Begriff der Intentionalität (Dan Zahavi), den Husserl von Bren-
tano übernimmt, aber in seiner eigenen Weise ausformt. Intentionalität
stellt den entscheidenden Bezug zwischen „deskriptiver Psychologie“
und Logik her, der in den Prolegomena noch eher ein Rätsel geblieben
war; die Beschreibung ihrer Struktur und ihrer Dynamik erklärt uns, wie
wir zu den Sachen selbst kommen. Akte, in denen wir dies versuchen,
nennt Husserl nun objektivierende Akte, und widmet der Abgrenzung
und Beschreibung ihrer Struktur einen großen Teil der V. Untersuchung.
(Verena Mayer/Christopher Erhard) Die VI. Untersuchung handelt dann
von der Frage, wie wir die Sachen nicht nur „treffen“, sondern wie wir
zu Erkenntnis von ihnen gelangen können, und wodurch sich solche
Erkenntnisakte auszeichnen. Der bis dahin oft in Anspruch genommene
Begriff der Evidenz findet hier seine Aufklärung. (Rudolf Bernet) Aber
da das Ziel der Untersuchungen die Frage der Erkenntnis der reinen
Logik ist, kann es nicht nur um die Erkenntnis von empirischen Tatsa-
chen gehen. Vielmehr muss Husserl nun auch klären, wie wir zu wahrer
Einsicht in logische Gesetze und Grundbegriffe gelangen können. Die
VI. Untersuchung enthält daher auch eine Analyse der Struktur der kate-
gorialen Erkenntnis. (Dieter Lohmar)
Damit ist das Projekt, das in den Prolegomena umrissen worden war, in
groben Zügen vollendet, allerdings, wie Husserl bald bemerkt, mit vielen
Unklarheiten und Sprüngen. Schon bald macht er sich an eine Umarbei-
tung, von der die Bände XX/1 und XX/2 der Husserliana beredtes Zeugnis
geben. Dabei und währenddessen aber wandeln sich seine Auffassung in
manchen Hinsichten so entscheidend, dass er schließlich das Projekt der
Umarbeitung fallen lässt. Nur wenig korrigierte Neuauflagen erscheinen,
die allerdings an vielen Stellen sowohl die Kontinuität, als auch die Diffe-
renz deutlich erkennen lassen. Seine Umgestaltungen betrachtete Husserl
dabei niemals als einen Wechsel in der „Theorie“, vielmehr waren es stets
die Sachen selbst, die ihn bei genauerer Analyse zu Änderungen zwangen.
Wie die Kommentare dieses Bandes zeigen, lässt sich diese Dynamik viel-
fach in den Logischen Untersuchungen selbst schon beobachten. Überhaupt
ist die Phänomenologie, wie sie sich in den Logischen Untersuchungen erst-
mals en détail darstellt, ein offenes Projekt, eine, wie Husserl einmal in den
Ideen I schreibt, „anfangende Wissenschaft“, die zur Weiterentwicklung,
Präzisierung und Umgestaltung einlädt. Als Motto dieses Bandes, der zur
lebendigen Weiterführung dessen anregen soll, was man eine analytische
Einleitung 

Phänomenologie nennen könnte, mag daher das folgende Bekenntnis aus


den Ideen I dienen, wo Husserl schreibt:
„Unser Verfahren ist das eines Forschungsreisenden in einem
unbekannten Weltteile, der sorgsam beschreibt, was sich ihm auf
seinen ungebahnten Wegen, die nicht immer die kürzesten sein
werden, darbietet. Ihn darf das sichere Bewußtsein erfüllen, zur
Aussage zu bringen, was nach Zeit und Umständen ausgesagt
werden mußte und was, weil es treuer Ausdruck von Gesehenem ist,
immerfort seinen Wert behält – wenn auch neue Forschungen neue
Beschreibungen mit vielfachen Besserungen erfordern werden.
In gleicher Gesinnung wollen wir im weiteren getreue Darsteller
der phänomenologischen Gestaltungen sein und uns im übrigen
den Habitus innerer Freiheit auch gegen unsere Beschreibungen
wahren.“ (Hua III/1, 201)
2
Richard Tieszen

Husserl’s concept of Pure Logic


(Prolegomena, §§ 1–16, 62–72)

Husserl’s conception of logic in the Logische Untersuchungen is quite differ-


ent from the view of logic he held in his first book, Philosophie der Arith-
metik (PA). The Logische Untersuchungen open with the Prolegomena to Pure
Logic which contain an extended critique of the view that logic and math-
ematics have their foundations in psychology. Underwriting this critique
of psychologism is Husserl’s sharp new distinction between real and ideal
objects and truths. The comments on ideal objects and ideal truths in the
Logische Untersuchungen suggest a newfound platonism about logic and
mathematics. In the text of the Prolegomena Husserl credits a number of
figures with helping him to arrive at his new conception of pure logic. He
mentions in particular Kant, Herbart, Lotze, Leibniz, Lange and Bolz-
ano. Leibniz and Bolzano are held in high regard and it is Bolzano and
Lotze who are especially praised as the anti-psychologistic logicians. Lotze
is given credit for showing how a form of platonism about logic can be
defended. In his characterization of the positive tasks of pure logic, as we
will see below, Husserl also points to ideas in the work of Riemann, Grass-
man, Lie, Cantor, and some other figures.

1. Pure Logic as the Science of All Possible Sciences


At the outset of the Prolegomena Husserl asks whether logic is a theoretical
or practical discipline, whether it is a formal discipline or not, whether is
has the character of an a priori, demonstrative discipline or of an empirical,
inductive discipline, and whether it is independent of the other sciences,
especially of psychology and metaphysics (Hua XVIII, § 3). Husserl’s goal
10 Richard Tieszen

is to demarcate the domain of pure logic as an independent science. Logic


is endangered, he says, through confusions with other sciences, especially
psychology and some other empirical sciences. In the Prolegomena he
will seek to sharpen the conception of pure logic as an a priori, theoreti-
cal discipline that is formal and demonstrative in nature. Several different
conceptions of logic are considered along the way – logic as algorithmic,
as normative, and as technical practice – but it is argued that they fail to
do justice to pure logic as theoretical science. In Logische Untersuchungen
we are presented with a conception of logic that is quite different from the
one in his earlier work: pure theoretical logic is now said to be concerned
with ‚ideal‘ meanings. Moreover, it is also concerned with the ontologi-
cal correlates of ideal meanings, ideal objects and ideal states of affairs. In
Logische Untersuchungen pure mathematics is taken to be part of pure logic
in this broad sense.
Logic is described in the Prolegomena as the „science of all possible
sciences“ or as the „theory of science“. Husserl says (in § 12) that excellent
thoughts towards the circumscription of logic are to be found in Bolzano’s
Wissenschaftslehre. The essence of science consists of the unity of knowl-
edge in a whole system of grounded validations. Husserl examines at some
length the nature of the unity of science, i. e., the interconnections of
things and the interconnections of truths in science (§§ 62–64). The realm
of truth is not a disordered chaos but is dominated and unified by law. The
investigation and presentation of truths must therefore also be systematic.
Connections of validation are governed by reason and order, by regulative
laws, not by caprice or chance (§§ 6–8). In mathematics, for example, we
can find many examples of reasoning about different kinds of objects (e. g.,
triangles, numbers) that have the form „Every A is B, a is an A, and there-
fore a is a B“. Here we are carrying out a valid piece of reasoning that is
precisely not a function of chance or caprice. Arguments that take us validly
from given pieces of knowledge to new knowledge always have a form that
applies to countlessly many examples. Validating procedures do not stand in
isolation. With them a definite type is always brought out. Forms of reason-
ing of the kind just cited are free of all essential relation to some limited
field of knowledge. Logic is what makes possible the existence of sciences.
All testing, invention and discovery rests on regularities of form. It is the
wide degree of independence of form from a field of knowledge that makes
possible a „theory of science“. Were there no such independence there
would be only coordinated logics corresponding separately to the different
sciences. There would not be a general logic. Husserl says that in fact both
are needed. There should be investigations into the theory of science as it
Husserl’s concept of PURE LOGIC 11

concerns all sciences and, supplementary to these, particular investigations


concerning the theory and method of the separate specific sciences.
Some of the methods used in science are validation procedures but some
are simply auxiliary devices for validation procedures (§ 9). The theory
of science needs to take both of these into account. In passages that are
interesting to read in connection with PA, Husserl says that some scien-
tific procedures are abbreviations or substitutions for validating arguments
and are used to economize thought. These are methods or procedures
that originally received their sense and value from such validations but are
now used without cognitive insight. Among these auxiliary devices Husserl
includes algorithmic methods. Their function is „to save as as much genu-
ine deductive mental work as is possible by artificially arranged mechanical
operations on sensible signs.“ They may be executed blindly. Husserl says
that whatever marvels these methods may achieve, their sense and justifica-
tion depends on thought that can be validated. All „mechanical methods“,
including those of calculating machines, are included among these auxiliary
methods.
Logic, as theory of science, is in a sense a normative discipline. It seeks
that which pertains to genuine, valid science as such, so as to use this Idea
of science to measure whether the empirically given sciences are in agree-
ment with this Idea, to what degree they approach it, and where they offend
against it. With this norm as its end, logic readily gives rise to a technology.
Logic will have many practical uses in this role. Husserl asks whether the
definition of logic as a technology, as an applied or practical logic, really
captures the essential character of logic. His answer is that it does not.
Furthermore, even if logic has a normative function the logical laws
are not themselves normative prescriptions. They do not, as part of their
content, tell us how one should judge. They can be employed for normative
purposes but they are not therefore norms. Anyone who judges both that
every A is a B and every B is a C ought to also judge that every A is a C.
What we are told in logic itself, however, is only that if every A is a B and
every B is a C then it is also true that every A is a C. There are no norma-
tive terms in the latter case (§ 16). A different thought-content is involved.
Purely theoretical statements admit of normative transformations but that
does not make them normative statements.
Logic has a normative function but every normative discipline presup-
poses one or more theoretical disciplines as its foundation. In the sense just
suggested, it must have a theoretical content that is not itself normative.
Every normative discipline demands that we know certain non-norma-
tive truths and the latter are taken from certain theoretical sciences. We
12 Richard Tieszen

are therefore led to the question: which theoretical sciences provide the
essential foundations of the theory of science? In particular, does logic have
its place in sciences that have already been marked off and independently
developed?

2. Pure Logic, Psychologism, Empiricism, and Relativism


One of the central answers to these questions in Husserl’s time was that it is
psychology that provides the foundations of logic. The philosophers Mill,
Lipps, Sigwart, Wundt, and others had made such claims. In thinking of
logic as normative, psychologistic thinkers point out that what is regulated
by logic is the mental activities or products of those who reason. What
logic talks about are concepts, judgments, deductions, and so on. These
are all taken to be psychological activities or products. Husserl claims that
psychologistic arguments show only that normative logic may be helped
by psychology, not that psychology provides the essential foundation of
normative logic. The possibility remains open that „pure logic“ is the
foundation of normative logic. Earlier thinkers may not have succeeded in
making clear what pure logic is but this should give us all the more reason
to seek such clarification.
Husserl proceeds to critically examine the view that psychology is the
foundation of logic. The critique of psychologism is similar in a number of
ways to Frege’s (Frege 1893 and 1894), except that Husserl goes into much
more detail. As the critique unfolds we learn about many of the features of
pure logic. Husserl’s arguments continue to be of interest today since many
of the same issues are still in play in efforts to naturalize logic and math-
ematics.
Husserl starts by pointing out that psychology is supposed to be a factual
or empirical science (§ 21). It has so far lacked genuine and exact laws. The
propositions of psychology are merely vague generalizations from experi-
ence. They are propositions about approximate regularities. If this is the
case then there are serious consequences for the psychologistic logicians.
If psychological laws lack exactness then the same must be true for the
laws of logic. Laws of logic and mathematics, however, are exact. Even if
one had exact natural laws in psychology it is still true that natural laws
are not a priori. They are instead established by induction from singular
facts of sense experience. They are probabilities. Thus, laws of logic would
have to be probabilities. But this seems patently false. Laws of logic have
an a priori validity. Husserl says that we know about basic a priori laws on
Husserl’s concept of PURE LOGIC 13

the basis of direct insight. Laws of logic are not causal laws. Psychologis-
tic logicians confuse the contents of judgment with judgments as psycho-
logical processes or entities. The latter are real events having causes and
effects. A law of logic, however, ought not to be confused with the judging
or with knowledge of the law. The ideal ought not to be confused with the
real. There is a fundamental and essential gulf between ideal and real laws,
between normative and causal regulation, logical and real necessity, logical
and real grounds. There is no conceivable gradation that could mediate
between the ideal and the real.
Another consequence of psychologism is that logical laws must them-
selves be psychological in content. This, according to Husserl, is palpa-
bly false. No logical law implies a matter of fact. Laws of logic presup-
pose nothing mental. They presuppose no facts of psychic life. They do
so no more than the laws of pure mathematics do. One should not confuse
the psychological „presuppositions“ and „bases“ of the knowledge of a law
with the logical presuppositions, the grounds and premises, of that law.
Psychological dependence, or dependence of origin, is distinct from logical
demonstration and justification. In comments that indicate his newfound
platonism, Husserl says that the truth of laws of logic is raised above time.
One cannot attach temporal being to it. It does not arise or perish (§ 24).
Husserl considers Mill’s psychologistic account of some particular laws
of logic, e. g., the law of contradiction. For Mill, this law states nothing
more than the real incompatibility of two acts of judgment. Mill’s inter-
pretation, Husserl argues, yields a wholly vague, scientifically unproven
empirical proposition, not a law of logic. What the law of contradiction is
about is the ideal impossibility that the two propositions could both be true.
Husserl is led to a broader consideration of basic errors of empiricism
by his examination of psychologism (§ 26). He says that extreme empiri-
cism is as absurd as extreme skepticism. It destroys the possibility of the
rational justification of mediate knowledge (in the form of deductive infer-
ence) and so destroys its own possibility as a scientifically proven theory.
Since it puts full trust only in the singular judgments of sense experience
it abandons all hope of rationally justifying mediate knowledge. It will not
acknowledge as immediate insights and as given truths the ultimate prin-
ciples upon which the justification of mediate knowledge depends. Instead,
it tries to derive them from sense experience and induction. Empiricism
appeals to a naive, uncritical everyday experience to found logical laws,
instead of to immediately evident universal principles. Husserl considers
Hume to be a moderate empiricist since he distinguished matters of fact
from relations of ideas and surrendered only the former to sense experi-
14 Richard Tieszen

ence. Nonetheless, Hume’s position is also untenable. For Hume, mediate


judgments of fact never permit of rational justification but only of psycho-
logical explanation. This must apply to Hume’s theory itself. Husserl says
that our capacity to ideate universals in singulars, to „see“ a concept in an
empirical presentation and to be assured of the identity of our conceptual
intentions in repeated presentations, is presupposed by the possibility of
knowledge. Just as we can intuit one concept in an act of ideation as the
single species whose unity against various instances is given with insight, so
can we apprehend with evidence the logical laws relating to concepts (see
also Investigations II and VI). These concepts are ideal unities. Wherever
we can carry out conceptual presentations in this sense we can also apply
logical laws. The validity of these laws, however, is absolutely unrestricted.
It does not depend on our power nor on anyone’s power to achieve acts of
conceptual presentation, nor to sustain or repeat such acts. Investigation II
of the Logische Untersuchungen supplements these arguments on the nature
of pure logic. It is filled with objections to nominalism, conceptualism, and
the empiricist theories of abstraction of Locke, Berkeley, Hume, and Mill.
It is argued that psychologism and, more generally, empiricism, is a skep-
tical relativism. Empiricism about logic undermines itself. One can distin-
guish individual from specific relativism. In the former case one makes
truth relative to each person, while in the latter case one makes it relative
to humans as a species. Husserl’s term for species relativism is „anthropolo-
gism“. Husserl of course argues that both forms of relativism about logic are
absurd. Sigwart in particular is singled out for his anthropologism. Sigwart
resolves truth into conscious experiences. Experiences are real particulars,
temporally determinate, that come into being and pass away. According to
Husserl, however, truth is an „Idea“ that is beyond time. It makes no sense
to give truth a date in time nor a duration that extends through time. Truth
can of course be apprehended or grasped but this is not like apprehend-
ing some empirical content that comes into being and then vanishes at
some later stage. The experience of truth is experience of a universal, an
Idea. Other beings could not have logical principles different from ours. To
think that this is a possibility is to confuse psychological or anthropological
possibility with logical possibility. All change affects sensory individuals.
It makes no sense in regard to concepts. Real possibilities involve sensory
individuals but ideal possibilities do not.
If we think of truth as ideal in this sense then the empirical sciences
as a whole only approximate truth, just as real objects only approximate
ideal objects. These kinds of remarks, which occur throughout the Prole-
gomena, are the basis for the claim that Husserl has adopted a kind of
Husserl’s concept of PURE LOGIC 15

rationalistic platonism about logic and mathematics in the Logische Unter-


suchungen. A number of later philosophers and logicians who were inspired
by Husserl’s writings, such as Kurt Gödel (Gödel 1961, and Tieszen 2005,
Part II), would no doubt have found this rationalistic platonism attractive.
Husserl says that we are conscious of truth as we are conscious of a
species, e. g., the color red, as an ideal object. A red object may stand before
us but this object is not the (ideal) species red. The concrete object here
does not contain the species as a psychological or metaphysical part. The
non-independent moment of red (as opposed to a piece – see Investigation
III) that is given to us is itself something individual, something here and
now that arises and vanishes with the concrete whole object. It is similar but
is not identical in different red objects. Redness, however, is an ideal unity
that does not come into being or pass away. The part (moment) red is not
Redness itself but is an instance of redness. Just as universal objects differ
from singular ones, so too do our acts in apprehending them. Reference
to an individual in consciousness is different from reference to its species,
or its Idea (see also Investigations II and VI). In several acts of ideation
we come to be aware of the identity of the ideal unities that are meant in
our single acts. This is a strict identity. There is awareness of an identical
species. Truth is likewise an Idea. We are aware of the unity and identity
of truth over against the dispersed multitude of concrete compared cases.
Husserl says that the statements „It is the truth that P“ and „There could
have been thinking beings having insight into judgments to the effect that
P“ are equivalent. If there are not intelligent beings or if they are in a real
sense impossible then the ideal possibilities remain without actual fulfill-
ment. The apprehension of truth is simply nowhere realized. Each truth,
however, retains its ideal being and remains what it is. It is a case of validity
in the timeless realm of Ideas (§ 39). This idea of truth could not be merely
relative to the human species. That would be to miss its sense. The rela-
tivization of truth presupposes the objective being of the fixed point with
respect to which things are relative. In not seeing this, relativism is caught
in a contradiction.
Logic might seem to be about mental phenomena and processes since
it speaks of judgments, proofs, and so on. Husserl says that if we compare
logic with mathematics we will see that logic could not be about mental
phenomena. In the nineteenth century psychologism had not taken hold in
the foundations of mathematics as it had in logic. Psychologism, Husserl
notes, would also make mathematics a branch of psychology. Husserl thinks
that there is a theoretical unity of logic and mathematics. Like pure math-
ematics, the territory to be investigated by pure logic is an ideal territory
16 Richard Tieszen

(§ 46). Mathematics, Husserl says, no longer needs to fight for its indepen-
dent existence. (Husserl would perhaps be surprised at the extent to which
philosophers since his time have attempted in various ways to naturalize
mathematics.) We would have no numbers without counting, no sums
without addition, and so on, and yet no one regards the theories of pure
mathematics as parts of psychology. In a section of Logische Untersuchungen
that should be read in connection with the earlier view of PA, Husserl says
that counting and arithmetical operations as facts, as mental acts proceed-
ing in time, are certainly of concern to psychology since psychology just
is the empirical science of mental facts. Arithmetic, however, is different.
Numbers, sums, products and so on are not causal acts of counting, adding
and multiplying that are carried out here and there. They are not the same
as the presentations in which they are given. The number 5 is not my own
or any other person’s counting of 5. In the counting of 5 we have 5 as a
possible object of acts of presentation whereas the number 5 itself is the
ideal species of a form whose concrete instances are found in what becomes
objective in certain acts of counting, in the collective whole constituted
thereby. The number cannot be regarded as a part or side of a mental
experience. Therefore, it is not something real. If we are to conceive of 5
correctly we will first have an articulate, collective presentation of this or
that set of five objects. In this act a collection is intuitively given in a certain
formal articulation as an instance of the number species in question. On
the basis of this intuited individual we perform an abstraction. That is, we
not only isolate the non-independent moment of collective form in what is
before us but we apprehend the Idea in it. The number 5, as the species of
the form, is the reference of this conscious act. We can see how Husserl is
now grafting his ontology and epistemology of ideal objects onto his earlier
PA account of number. What we are now meaning, he says, is not this
individual instance, not the intuited object as a whole, not the form imma-
nent in it but still inseparable from it. What we mean is rather the ideal
form-species that is identical in whatever mental act it may be individuated
in as an intuitively constituted collection. It is a species that is untouched
by the contingency, temporality and transience of our mental acts. Acts
of counting arise and pass away. Arithmetical propositions tell us nothing
about what is real, neither about the real things counted nor the real acts
in which they are counted. The propositions of arithmetic are laws rooted
in the ideal essence of the genus Number. The singulars that come within
the range of these laws are ideal singulars, the determinate numbers that are
the lowest specific differences of the genus number. What has been said
here about pure arithmetic likewise carries over at all points to pure logic.
Husserl’s concept of PURE LOGIC 17

Terms such as „judgment“, „concept“, „proof“, and so on are equivocal. On


the one hand they stand for mental states that belong to psychology but, on
the other hand, they stand for ideal entities. One must always be careful to
separate these two meanings.
It is yet another prejudice of psychologism to hold that the recognition
of the truth of a judgment can be adequately understood in terms of the
psychology of inner evidence. Pure laws of logic, however, say nothing
about the psychology of inner evidence or its conditions. Psychological
possibilities about inner evidence are real possibilities but what is psycho-
logically impossible may very well be ideally possible. There are, for exam-
ple, decimal numbers with trillions of places and there are truths relating
to them. No one can actually imagine such numbers nor do the additions,
multiplications and so on relating to them. Inner evidence here is psycho-
logically impossible yet, ideally speaking, it represents a possible state of
mind. Moreover, inner evidence is often taken to be a special feeling that
attends some judgments. This view must be categorically rejected. The
correct view of „inner evidence“ in the case of logic and mathematics is that
inner evidence is the experience of truth as ideal. Truth is an Idea whose
particular case is an actual experience in an inwardly evident judgment. A
judgment that is not self-evident stands to a self-evident judgment much
as an arbitrary positing of an object in imagination stands to its adequate
perception. A thing adequately perceived is not a thing merely meant in
some matter or other. It is a thing given in our act as what we mean. As in
the realm of perception, the unseen does not coincide with the non-exis-
tent. Lack of inner evidence does not amount to untruth. Evidence is the
experience of agreement between meaning and what is itself present, the
meant. It is the experience of agreement between the sense of an assertion
and the self-given state of affairs. (These ideas are treated in more detail
in Investigations I and VI, and also in other works of Husserl.) The Idea
of this agreement is truth, whose ideality is also its objectivity. To have
evidence in this sense is also to be aware that no other person could have
evidence that is at variance with our own. If evidence were merely a matter
of subjective or even intersubjective feeling then it would not be possible to
escape skepticism about claims to evidence.
The problems of psychologism, empiricism, relativism, and natural-
ism about logic result, generally speaking, from failing to clearly grasp the
distinction between the real and the ideal.
18 Richard Tieszen

3. Pure Logic, Economy of Thought,


and Evolutionary Biology
Yet another empiricist attempt to find a basis for logic and epistemology
can be found in the efforts to provide a biological basis for these disciplines
(§§ 52–56). Husserl’s discussion of this kind of „biologism“ is especially
relevant to recent developments in philosophy and the sciences. Husserl
has in mind the work of Avenarius and Mach, who were thinking at a
relatively early stage about logic in connection with evolutionary biology.
Avenarius’ doctrine of least action and Mach’s doctrine of an economy of
thought are examined in the Prolegomena. Here one thinks of science in
terms of evolution or adaptation. One conceives of science as the most
purposive (economical, power-saving) adaptation of thought to the varied
fields of phenomena. In particular, a creature will be better adapted the
more rapidly or efficiently it can perform the acts needed for its survival
and success. This leads to the notion of an „economy of thought“. Our
intellectual powers are severely limited, as Husserl himself already noted in
PA. There is a fairly narrow sphere within which complex, abstract notions
can be fully understood. A significant effort has to be made to understand
complexities of this sort. When these facts are considered it is all the more
amazing that the more comprehensive rational theories and sciences should
have been developed at all. How could sciences such as mathematics, with
their towering structures of thought, be possible? Art and method make it
possible to overcome the defects of our cognitive constitution. They permit
an indirect achievement by way of symbolic processes from which intu-
ition, all true understanding and inner evidence are absent. One has some
sense of security, however, in using such arts and methods to economize
thought. There are certain natural processes of thought economy that are
then perfected and developed. Once the methods have been developed and
justified they can be used without insight. They can be used mechanically.
The reduction of insight to mechanism in our thought processes leads to
an indirect mastery over the complexities of thought that admit of no direct
mastery. Here Husserl gives many examples from mathematics (§ 54). The
surrogative, operational concepts that are developed on this basis turn signs
into „counters“ and make possible extensive fields of mathematical thought
and research. They take these areas down from the exhausting heights of
abstraction to comfortable intuitive ways where imagination, guided by
insight, can move within the limits of rules, as in regulated games.
Husserl’s concept of PURE LOGIC 19

A vast thought economy is present in recent purely mathematical disci-


plines. Genuine thought is replaced by surrogative, signitive thinking. This
economy leads to formal generalizations of our original trains of thought.
In this manner, the horizon of deductive disciplines is greatly enlarged.
Out of elementary arithmetic, for example, arises a more generalized form
of arithmetic in which numbers and magnitudes no longer count as basic
concepts but merely as chance objects of application. Fully conscious
reflection now takes place and the pure theory of manifolds (see below)
emerges as a further extension. In its form it covers all possible deductive
systems. The form-system of formal arithmetic is merely one of its special
instances.
Husserl thinks all of this contains important insights and ought to be
investigated in great detail. Its relation to logic as a practical technology is
immediately understandable. It yields an important foundation for such a
technology. Here Husserl especially praises the work of Mach. We need to
keep in mind, however, that Avenarius and Mach base their ideas about an
economy of thought on certain biological facts. Ultimately, we are dealing
with a branch of the theory of evolution. For just this reason, these thinkers
are able to throw light on practical epistemology and the methodology of
scientific research but not at all on pure epistemology and the ideal laws of
pure logic. Husserl says that all of the arguments against psychologism and
relativism mentioned above can be brought to bear on the effort to found
logic and pure epistemology on a biological economy of thought.
The principle of economy can be thought of either as something factually
given or as logically ideal. People like Mach and Avenarius tacitly substi-
tute the former for the latter. We see that it is a supreme goal of science to
arrange facts under laws that are as general as possible and in this manner
bring them together with the maximum possible rationality. This maxi-
mization is an ideal of a pervasive, all-embracing rationality. The „basic
laws“ would be laws of supreme coverage and efficacy, whose knowledge
yields the maximum of insight and explanation in some field. The axioms
of elementary geometry are examples of this. If we idealize this, we have the
notion that there are no limits to our power to deduce and subsume.
The goal or principle of maximal rationality in this sense is the supreme
goal of the rational sciences. It is self-evident that it would be better for us
to know laws more general than those that we already possess at a given
time. Such laws would lead us back to grounds that are deeper and more
embracing. This principle, however, is no mere empirical, biological prin-
ciple. It is a purely ideal principle, and an eminently normative one. To
identify the movement toward maximum possible rationality with a drift
20 Richard Tieszen

towards biological adaptation, or to derive the former from the latter,


amounts to confusion. It parallels the psychologistic misreadings of laws
of logic and their misconception as laws of nature. The ideal movement
of logical thinking is towards maximal rationality. The thought economist
who engages in biologism turns this into a real, empirical drift of human
thought, bases it on a vague principle of power-saving, and ultimately
on adaptation. One is certainly justified in speaking of an economy of
thought but only in that one compares one’s actual thought with an ideal
norm. The ideal validity of this norm is presupposed by all talk of an
economy of thinking. It is therefore not a possible explanatory outcome
of a theory of such economy. We measure our empirical thinking against
our ideal thinking and we then say that the former to some extent runs as
if guided by the latter. Before all economizing of thought we must already
know our ideal. We must know what science ideally aims at. Pure logic is
prior to biological thought economy. It is absurd to base the former on
the latter.

4. Pure Logic
When Husserl turns toward his own positive view of pure logic (§§ 62–
72) he refers, as we noted above, to the views of Herbart, Lotze, Leibniz,
Lange and Bolzano. His view emerges out of an examination of the work
of these thinkers but cannot be wholly identified with any one of them. His
suggestions about the nature of pure logic begin with reflections on what
constitutes the unity of science. Given Husserl’s very broad conception of
logic, this becomes a question about the conditions of the possibility of
theory in general. He is of course concerned with ideal conditions, not real
conditions of knowledge. Truths of science are what they are whether we
have insight into them or not. Since they do not hold insofar as we have
insight into them, but we can only have insight into them insofar as they
hold, they must be regarded as objective or ideal conditions for the possi-
bility of our knowledge of them. Logical justification of a given theory,
i. e., justification in virtue of its pure form, demands that we go back to
the essence of its form, to the concepts and laws that are ideal constit-
uents of theory in general that regulate in an a priori, deductive fashion
all specializations of the Idea of theory in its possible kinds. Thus, we are
dealing with an a priori, theoretical, nomological science that concerns the
ideal essence of science as such. As noted earlier, we are concerned with
the theory of theory, or the science of the sciences. Echoing Leibniz and
Husserl’s concept of PURE LOGIC 21

Bolzano, Husserl says that pure logic in this broad sense will even include
the pure theory of probability.
Husserl describes three tasks that should be assigned to pure logic in
this sense. The description of these tasks in the Prolegomena is not nearly
as clear as it could be. It is possible, however, to form a clearer conception
of the tasks by consulting Husserl’s Formale und transzendentale Logik (Hua
XVII, FTL) and Einleitung in die Logik und Erkenntnistheorie (Hua XXIV,
see also Tieszen 2004). My comments below will be informed, in part, by
these sources.
The first task of pure logic is to lay down and clarify the primitive concepts
that make possible the interconnected web of theory. Husserl divides the
primitive concepts into two groups: concepts that involve categories of
meaning and concepts that involve objective categories. Concepts that involve
the meaning of expressions are, among others, concept, proposition, and
truth. The elementary connective forms of logic are also involved here:
conjunction, disjunction, conditional linkage of propositions, and so on.
The correlative ontological concepts such as object, state of affairs, unity,
number, relation, and connection fall on the side of the pure formal objective
categories.
Husserl contributes to the development of this first task of pure logic
in Investigation IV of the Logische Untersuchungen, which is on the idea
of pure grammar. In Investigation III on parts and wholes Husserl distin-
guished independent from non-independent parts, and in Investigation
IV he applies this distinction to ideal meanings. The distinction between
independent and non-independent meanings is at the foundation of essen-
tial categories of meaning on which many a priori laws of meaning rest.
These laws abstract from the objective validity or truth of propositions.
They precede such matters. They are laws of grammar that provide pure
logic with possible meaning-forms. These are the a priori forms of complex
meanings that are significant as wholes. Such laws guard against senselessness
(Unsinn), which occurs when we combine meaningful parts to form a whole
that is not meaningful, as in „a round or“. Laws that guard against senseless-
ness are to be distinguished from laws that guard against formal or analytic
nonsense (Widersinn), i. e., absurdity or formal contradiction. In the latter
case we have meaningful wholes that are nonetheless contradictory, such as
„a round square“. The laws of grammar merely tell us what is required in
the case of complex meanings if we are to have a significant semantic unity.
As such, they are a priori patterns in which meanings belonging to different
semantic categories can be united to form one meaning instead of producing
chaos. Husserl’s view of grammar includes not only formal syntax but also
22 Richard Tieszen

categorial grammar. Within pure logic, we need to distinguish the pure


theory of semantic forms from the pure theory of validity which presup-
poses it. Building on these ideas, Husserl wishes to promote the old idea,
conceived by the rationalists in the seventeenth and eighteenth centuries,
of an a priori or universal grammar. As is to be expected, he contrasts the
idea of universal grammar with the idea of founding grammar on psychol-
ogy or other empirical sciences.
The second task of pure logic is to find the laws concerning (i) the possi-
ble truth or falsity of meanings (propositions) as such, purely on the basis of
their categorial formal structure, and (ii) the laws concerning the objective
correlates of propositional meanings, that is, of the being and non-being
of objects as such and of states of affairs as such, on the basis of their pure
categorial form. The laws in the one case concern meanings and in the
other case concern objects as such. On the side of meaning we have, for
example, theories of inference and laws that guard against formal or analytic
nonsense (Widersinn), i. e., absurdity or formal contradiction. On the side of
the objective correlates, of formal ontology, we have, for example, the pure
theory of multiplicities or the pure theory of numbers. We should try to
find the laws, which in their formal universality, span all possible meanings
and objects, under which every particular theory or science is ranged, and
which it must obey if it is to be valid. Husserl says that not every theory
presupposes every such law as the ground of its possibility and validity.
Rather, the ideal completeness of the theories and laws in question will
yield a comprehensive fund from which each particular valid theory derives
the ideal grounds of essential being appropriate to its form.
In FTL the grammar of pure logic is included in what Husserl calls the
first level of formal logic. The first level is concerned, as is the first task of
logic in Logische Untersuchungen, with the mere possibility of judgments as
judgments, without inquiring into whether they are true of false or even
whether they are merely consistent or contradictory. Husserl’s second task
of pure logic in Logische Untersuchungen is in some ways a precursor of what
is described as the second level of logic in FTL The second level of logic in
FTL is concerned with the possible forms of true judgments. Husserl calls
this „consequence-logic“ (Konsequenzlogik) or the „logic of non-contradiction“
Here we are to focus on the question of whether a given form is included in
or excluded by the forms of judgments in a premise set. In the former case
we have an analytic consequence relation while in the later case we have
an analytic anti-consequence, or an analytic contradiction. Husserl says
that this second level of logic concerns only the (non)-contradictoriness of
judgments. It is not yet concerned with the truth of judgments. Judgments
Husserl’s concept of PURE LOGIC 23

may be formally consistent with one another or not. If not, then they have
no possibility of all being true, and this is purely a matter of form. Laws at
this level would guard against Widersinn. Non-contradiction is a condition
for possible truth. The ontological correlate of a consistent formal theory
is a formal ontology or „manifold“. In FTL Husserl goes on to distinguish
a third level of logic, which he calls truth-logic (Wahrheitslogik). This is an
inquiry into the formal laws of possible truth. The idea in FTL is that gram-
maticality is a condition for the possibility of consistency of judgments, and
consistency of judgments is a condition for the possibility of truth of judg-
ments. Some additional ideas about the second and third levels of logic in
FTL are anticipated to some extent in Logische Untersuchungen in Investiga-
tion VI (see, e. g., Chps. 4 and 8).
Husserl says in Logische Untersuchungen that with the completion of the
first two tasks of pure logic we will have done justice to the Idea of a science
of the conditions of the possibility of a theory in general. Once we under-
stand these conditions, however, we might ask whether, at the highest level
of abstraction, there could be a theory that covers all possible deductive
theories. What is needed, according to Husserl’s third task of pure logic, is
a theory of the possible forms of theories or a „pure theory of manifolds“.
The forms of theories are not mutually unrelated. Husserl says that there
will be a definite, ordered procedure which will enable us to construct the
possible forms of theories, to survey their legal connections, and to pass
from one to the other by varying their basic determining factors. There
will be universal propositions that will govern the legal connection and
the transformation and mutual interchange of these forms, if not for the
forms of theory generally then at least for the forms of theory belonging
to defined classes. Husserl says that he is not claiming that mathematicians
themselves have as yet correctly discerned the ideal essence of such a new
discipline or have risen to the height of abstraction of an all-comprehen-
sive theory. Mathematicians, however, have used the term „manifold“ for
the objective correlates of possible formal theories. The term „manifold“
covers possible fields of knowledge over which theories of various forms
will preside. The objects in a manifold are not determined directly as indi-
vidual or specific singulars, nor indirectly by way of their material species or
genera, but solely by the form of the connections attributed to them. These
connections are as little determined in content as are their objects. Only
their form is determined through the forms of the laws that are assumed
to hold of them. The most general idea of a theory of manifolds is that it
is to be a science that works out the form of the essential types of possible
theories and investigates their legal relations with one another. All actual
24 Richard Tieszen

theories are then specializations or singularizations of corresponding forms


of theory, just as all fields of knowledge are individual manifolds. It is of
the highest methodological importance for mathematics to understand the
ranging of forms in more comprehensive forms or classes of forms.
As examples of what he has in mind, Husserl points to the theories of
manifolds that arose from generalizations of geometric theory and its
forms and to extensions of the formal theory of real numbers into the
formal two-dimensional field of ordinary complex numbers. Regarding
geometry, Husserl is referring to the theory of n-dimensional manifolds,
whether Euclidean or non-Euclidean. He mentions especially the work of
Riemann. He also mentions Grassman’s theory of extensions, Lie’s theory
of transformation groups, some work of Helmholtz, and Cantor’s investi-
gations into numbers and manifolds. Husserl says it is senseless to speak
of different geometries if „geometry“ names the science of the space of
everyday phenomena. If we mean by „space“ the categorial form of world-
space, however, and by „geometry“ the categorial theoretic form of geom-
etry, then we can extend our conceptions of these fields. From this point of
view, the theory of a Euclidean manifold of three dimensions is an ultimate
ideal singular in a connected range of a priori, purely categorial-theoretic
forms (formal deductive systems). Several other examples are mentioned by
Husserl (§ 70).
Although Husserl does not explicitly refer to Felix Klein in the Prolegom-
ena, Klein’s Erlanger program, inaugurated in 1872, can be used to illustrate
the kinds of points Husserl is making here (Tieszen 2005, Chp. 3 ). Klein
proposed that we think of different geometries as characterized by groups
of transformations. Each geometry investigates the properties left invariant
under groups of transformations. What is invariant in one geometry is not
necessarily invariant in another. The different geometries can, however,
be systematically related to one another to a remarkable extent. Euclidean
geometry can be viewed as the study of those properties left invariant under
so-called rigid motions: translations, rotations and reflections. Projective
geometry is concerned with the smaller class of invariants that are a func-
tion of the rigid motions plus projections. Topology is concerned with the
still smaller class of invariants that we obtain if our variations are even more
radical, including the most extreme stretchings and twistings. Thus, length
and angle are Euclidean invariants but they are not invariant under projec-
tive variations. Linearity and triangularity are projective invariants but they
are not invariant under the more radical topological variations. Connect-
edness and number of holes (to be more precise, „genus“), for example,
are topological invariants. One might say that topological invariants are
Husserl’s concept of PURE LOGIC 25

quite abstract or deep, relative to other geometric invariants. They quite


literally result from greater levels of abstraction. We can relate this idea of
greater levels of abstraction directly to the types of variations to which one
subjects objects. In topology we do not, for example, lose the property of
dimensionality of a geometric figure or object, or the property of having
a boundary or not, but we do lose things like size and shape as these are
understood in Euclidean geometry. Topological equivalence is much more
abstract than equivalence in, say, Euclidean geometry.
We can thus think of topology as a generalization of Euclidean geom-
etry, and indeed of projective geometry. The group of topological trans-
formations has the group of projective transformations as a subgroup, and
therefore has the group of Euclidean transformations as a subgroup. The
generalization/specification relations can in fact be made very precise here.
We can say exactly what is involved in making a geometry more „general“
or more „specific“ by pointing to groups of transformations (variations).
Some variations are more radical than others. We cannot perform them
without changing a property that was invariant for a range of variations into
a property that is no longer invariant. The idea is then to map all of this
out, characterizing in each case the geometry obtained. This classification
and organization extends to Euclidean and non-Euclidean geometries. One
can start with Euclidean geometry and abstract until one obtains projective
geometry or topological invariants or one can specialize from the top down
to Euclidean geometry. In the latter case the number of invariant proper-
ties increases by specializing the transformations under consideration until
we have the invariant properties of Euclidean geometry. As we said, this is
all made very precise in modern geometry by considering subgroups of a
group of transformations.
This is closely related to Husserl’s view that we can investigate differ-
ent a priori ontologies and their logical relations to one another as part
of a systematic, unified conception of the ideal sciences in which forms
are ranged under more comprehensive forms or classes of forms. Modern
geometry can be seen as a model for at least part of what he has in mind.
We think of each geometry as giving us a different spatial ontology. These
spatial ontologies or „manifolds“ are then all related to one another in a
systematic, interconnected whole. Each ontology is governed by a set of
laws that express properties that remain invariant under particular groups
of transformations. Such unification is, as it were, an ideal of reason.
The theory of manifolds that Husserl envisions is intended to be much
more comprehensive than these examples. It should truly be a mathesis
universalis. It would evidently be a realization of the goal of maximal ratio-
26 Richard Tieszen

nality. The ideal is to include all deductive theories. This might put one
in the mind of modern developments such as category theory. Husserl’s
ideas about manifold theory in the third task of pure logic have in fact been
likened to ideas in universal algebra or the Bourbaki program, except that
one has to also be careful about how manifold theory might differ from
these and from category theory (see Rosado-Haddock 2006).
In the developments of logic and mathematics since Husserl’s time we
can see that various elements of Husserl’s three tasks for pure logic have in
fact been realized or at least partially realized. In philosophy, however, the
effort to naturalize logic and mathematics in one way or another has not
abated.

Literature
Da Silva, J. 1998: „Husserl’s Conception of Logic“, in: Manuscrito XXII/2, 367–387.
Da Silva, J. 2000: „Husserl’s Two Notions of Completeness“, in: Synthese 125, 417–438.
Frege, G. 1893: Grundgesetze der Arithmetik I, Jena.
Frege, G. 1894: „Rezension von E. Husserl: Philosophie der Arithmetik“, in: Zeitschrift für
Philosophie und philosophische Kritik 103, 313–332.
Gödel, K. 1961: „The Modern Development of the Foundations of Mathematics in the Light
of Philosophy“, in: Gödel, K. 1995: Collected Works, Vol. III, S. Feferman et al (eds.),
Oxford, 374–387.
Hill, C. 2000: „Husserl’s Mannigfaltigkeitslehre“, in: Hill, C./Rosado-Haddock, G.: Husserl or
Frege?, Chicago and La Salle, Ill, 161–178.
Husserl, E. 1975: Introduction to the Logical Investigations, The Hague.
Rosado-Haddock, G. 2006: „Husserl’s Philosophy of Mathematics: Its Origin and Relevance“,
in: Husserl Studies 22, 193–222.
Smith, B. 1989: „Logic and Formal Ontology“, in: Mohanty, J. N./McKenna, W. (eds.):
Husserl’s Phenomenology: A Textbook, Lanham, 29–68.
Smith, D. 2003: „Pure Logic, Ontology, and Phenomenology“, in: Revue Internationale de
Philosophie 57, 133–156.
Tieszen, R. 2004: „Husserl’s Logic“, in: Gabbay, D./Woods, J. (eds.): Handbook of the History
of Logic, Vol. III. The Rise of Modern Logic: From Leibniz to Frege Amsterdam, 207–
321.
Tieszen, R. 2005: Phenomenology, Logic, and the Philosophy of Mathematics, Cambridge.
Willard, D. 1984: Logic and the Objectivity of Knowledge, Athens, Ohio.
3
Robert Hanna

Husserl’s Arguments against


Logical Psychologism
(Prolegomena, §§ 17–61)

3.1. Introduction
According to Edmund Husserl in the Prolegomena to Pure Logic, which
constitutes the preliminary rational foundation for – and also the entire
first volume of – his Logical Investigations, pure logic is the a priori theoreti-
cal, nomological science of „demonstration“ (LI 1, 57; Hua XVIII, 23).
For him, demonstration includes both consequence and provability. Conse-
quence is the defining property of all and only formally valid arguments,
i. e., arguments that cannot lead from true premises to false conclusions.
And provability (a. k. a. „completeness“) is the property of a logical system
such that, for every truth of logic in that system, there is, at least in prin-
ciple, a rigorous step-by-step logically valid procedure demonstrating its
validity according to strictly universal, ideal, and necessary logical laws. In
this way, the laws of pure logic completely determine its internal structure.
Moreover, these laws and these proofs are all knowable a priori, with self-
evident insight (LI 1, 196; Hua XVIII, 185–195).
So not only is pure logic independent of any other theoretical science,
in that it requires no other science in order to ground its core notion of
demonstration, it also provides both epistemic and semantic foundations
for every other theoretical science, as well as every practical discipline or
„technology.“ To the extent that pure logic is the foundation of every other

 Citations of Husserl include an abbreviation of the English title, volume number, and page
number, followed by the corresponding volume number of the Husserliana, and correspond-
ing page number. The English edition used is Findlay’s translation of the Logical Investigations
(1970, = LI). I generally follow the English translation, but have occasionally modified it where
appropriate.
28 Robert Hanna

theoretical science, it is the „theory of science“ (Wissenschaftslehre) in


Bolzano’s sense of that term (LI 1, 60; Hua XVIII, 27), the „science which
deals with the ideal essence of science as such“ (LI 1, 236; Hua XVIII, 244),
and thus the science of science.
Logical Psychologism, or LP, is a particularly strong version of the denial
that pure logic is an independent and absolutely foundational science. LP
was a widely held view in the second half of the 19th century, grew out of the
neo-Kantian and neo-Hegelian traditions alike, and is closely associated
with the origins of empirical psychology as an autonomous discipline (Kusch
1995). Husserl’s arguments against LP in chapters 1–8 of the Prologemena,
often referred to simply as Husserl’s „refutation“ of LP, constitute one of
the most famous and broadly influential critical set pieces in 20th century
philosophy, comparable in these respects to W. V. O. Quine’s attack on the
analytic-synthetic distinction in Two Dogmas of Empiricism published almost
exactly fifty years after the Prolegomena. In this connection, it is surely by no
means a historical or philosophical accident that the original working title
of another one of Quine’s famous and closely-related essays from the same
period was Epistemology Naturalized: Or, the Case for Psychologism (Kusch
1995, 11). By the 1950s, psychologism was making a serious comeback in
epistemology, if not in the philosophy of logic. But radically unlike Quine’s
seminal papers (Quine 1961, Quine 1969, Quine 1976a, Quine 1976b),
which are still widely read, studied, and taught in contemporary North
American and European departments of philosophy, Husserl’s Prolegomena
nowadays is rarely read or studied, and even more rarely taught. To the
extent that the debate between LP and anti-psychologism is still an issue, it
is the logico-philosophical writings of Gottlob Frege that are taken as the
seminal texts on anti-psycholgism.
It is obvious that Husserl’s conception of pure logic shares much with
Frege’s conception of pure logic in his 1879 Begriffsschrift and other manu-
scripts he was working on in the 1880s and 90s (Frege 1979), even allow-
ing for differences in the formal details of their logical theories. It is also
obvious that Husserl’s critique of LP shares much with Frege’s critique of
LP in his 1884 Foundations of Arithmetic and the Foreword of his 1893 Basic
Laws of Arithmetic, and that there is a direct, important, influential rela-
tionship between Frege’s devastating 1894 review of Husserl’s Philosophy of
Arithmetic (Frege 1984) and Husserl’s lengthy and passionate defense of his
conception of pure logic against LP. Indeed, this is all explicitly conceded
by Husserl in the second half of an unintentionally ironic footnote buried
away almost exactly in the middle of the Prolegomena (LI 1, 179, n. 2; Hua
XVIII, 172, n. 2).
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 29

But whatever the precise nature of Frege’s influence on Husserl himself,


and whatever the contemporary status of Frege’s anti-psychologistic writ-
ings, Husserl’s arguments against LP in chapters 3–8 of the Prolegomena are
independently philosophically interesting, and in fact they had a massively
greater intellectual and professional impact on the development of German
and European philosophy in the first half of the 20th century, than Frege’s
arguments did (Kusch 1995, chs. 1, 3, 4). Moreover, and perhaps most
importantly, as we shall see in section IV, one of the deepest problems in
the philosophy of logic arises directly from Husserl’s arguments against
LP. Husserl’s two-part response to this deep problem offers a prima facie
compelling line of argument to which contemporary philosophers of logic
and philosophical logicians should pay close attention.

3.2. What LP is, and its Three Cardinal Sins


According to Husserl, LP is the thesis that
„the essential theoretical foundations of logic lie in psychology,
in whose field those propositions belong – as far as their theoreti-
cal content is concerned – which give logic its specific character
(Gepräge).“ (LI 1, 90; Hua XVIII, 63)
In this way, LP is the thesis that logic is explanatorily reducible to empirical
psychology (Hanna 2006, ch. 1), in the strong, dual sense that
(i) a complete knowledge of the empirical, natural facts and causal
laws with which empirical psychology deals would yield a complete a
priori knowledge of the existence and specific character of logic, and
(ii) the empirical, natural facts and causal laws with which empirical
psychology deals strictly determine the existence and specific charac-
ter of logic.
Or in other words, according to LP, logic is nothing over and above empiri-
cal psychology. This does not entail that empirical psychologists of logic
are themselves logicians, but instead only that whatever it is that logicians
know about logic, can in principle be known by empirical psychologists
wholly and solely by virtue of their knowing all the empirical, natural facts
and causal laws that are relevant to logical thinking.
Husserl’s presentation of LP proceeds by means of a lengthy and some-
times repetitive critical exposition of the views of the leading recent and
exponents of LP, including Mill, Bain, Spencer, Wundt, Sigwart, Erdmann,
30 Robert Hanna

Lange, Lipps, Mach, and Avenarius. Against the „psychologicists,“ Husserl


explicitly aligns himself with Leibniz, Kant, Herbart, Bolzano, Lotze, and
(somewhat more covertly, as I noted above) Frege. In the crucial case of
Kant, however, there is some apparent equivocation, when in a footnote
Husserl asserts that „even transcendental psychology also is psychology“ (LI
1, 122, n.1; Hua XVIII, 102, n. 3). This apparent equivocation on Husserl’s
part can perhaps be explained away by distinguishing between Kant’s theory
of logic, which is explicitly and strongly anti-psychologistic (Hanna 2001,
71–76), and neo-Kantian theories of logic, which are arguably psychologis-
tic. If this is correct, then Husserl is not really equivocating; instead, he is
attributing psychologism to the mere followers (a. k. a. „epigones“) of Kant,
but not to Kant himself, who would on the contrary be historically and
rhetorically aligned with Husserl’s own anti-psychologism.
Quite apart from the historical and rhetorical vehicle of Husserl’s critique
of LP, however, its underlying content and structure involve, first, a pair-wise
contrastive characterization of LP’s conception of logic over and against
Husserl’s own conception of pure logic, and then second, a set of critical
arguments showing how LP either fails by external rational standards or
internally refutes itself. The pair-wise contrastive characterization of logic
according to LP versus pure logic according to Husserl can be summarized
as follows:

Logic according to LP is: Pure Logic according to Husserl is:


contingent necessary
based on particulars based on real universals
based on empirical facts based on non-empirical essences
concretely real abstractly ideal
governed by causal laws governed by strictly universal laws
conditional unconditional
belief-based truth-based
based on relativized, subjective truth based on absolute, objective truth
known by sense experience known by self-evident insight
a posteriori a priori
empirical non-empirical
instrumentally normative categorically normative

It should be especially noticed that the items on the left-hand side all
differ from the corresponding items on the right hand side not in degree
but rather in kind. In each pairing, some extra non-natural or ideal property
has been added by Husserl to the right-hand item of that pair in order
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 31

to distinguish it in kind from the corresponding item on the left-hand


side. The extra properties attributed by Husserl to pure logic are „non-
natural“ or „ideal“ in two senses. First, none of the extra properties is
to be found in the physical, spatiotemporal world. Second, none of the
extra properties is knowable by experiential, experimental methods. So
according to Husserl, pure logic is uniquely characterizable in terms of a
set of special non-natural or ideal kinds to which LP has no ontological
access (since LP has access only to the physical, spatiotemporal world) or
explanatory access (since LP has access only to concepts and beliefs that
are generated by experiential, experimental methods). This catalogue of
sharply opposed conceptions of logic is then strategically exploited by
Husserl in his three basic charges against LP – as it were, the three „cardi-
nal sins“ of LP.
Husserl’s first basic charge against LP is that LP is committed to what I
will call Modal Reductionism about Logic or MRL, which says logical laws and
logical truths are explanatorily reducible to merely causal laws and merely
contingent, probabilistic truths:
„The task of psychology is to investigate the laws governing the
real connections of mental events with one another, as well as with
related mental dispositions and corresponding events in the bodily
organism […]. Such connections are causal. The task of logic is
quite different. It does not inquire into the causal origins or conse-
quences of intellectual activities, but into their truth-content.“ (LI
1, 93–94; Hua XVIII, 67)
„Laws of thought, as causal laws governing acts of knowledge in
their mental interweaving, could only be stated in the form of prob-
abilities.“ (LI 1, 101; Hua XVIII, 76)
Logical laws according to Husserl are necessary rules, and logical truth
according to Husserl is necessary truth. On the classical Leibnizian account,
a rule or proposition is logically necessary if and only if it is true in every
„possible world,“ i. e., in every total set of „compossible“ or essentially
mutually consistent substances, insofar as this compossibility is completely
envisioned by God. Sometimes this Leibnizian, or theocentric, type of
logical necessity is also called metaphysical necessity. By contrast, on the clas-
sical Kantian account, a rule or proposition is logically necessary if and only
if it is „strictly universal“ and also „analytic,“ i. e., it is true in a complete
class of humanly conceivable variants on the actual experienced world,
there is no humanly conceivable variant on the actual experienced world
which is an admissible counterexample to it, and its denial would entail
32 Robert Hanna

a contradiction (Hanna 2001, chs. 3 and 5). Sometimes this Kantian, or


anthropocentric, type of logical necessity is also called conceptual necessity.
Otherwise put now , and regardless of whether the necessity is construed
as metaphysical necessity (Leibnizian or theocentric logical necessity) or as
conceptual necessity (Kantian or anthropocentric logical necessity), logical
laws and logical truths, as necessary, are always absolutely or unrestrictedly
true. By sharp contrast, merely causal laws and merely probabilistic laws
are inherently restricted by brute facts about the actual world. As Hume
pointed out, there is no absolute guarantee that any causal law, no matter
how generally it holds in the actual world of sensory experiences, will always
hold. And mere probabilities, no matter how probable, are always less than
1. So Husserl’s first basic charge against LP, or MRL, says that by explana-
torily reducing logical laws and logical truths to merely causal laws and
merely contingent, probabilistic truths, LP radically restricts the scope of
pure logical truth.
Husserl’s second basic charge against LP is that LP is committed to what
I will call Epistemic Empiricism about Logic or EEL, which says that logical
knowledge is explanatorily reducible to merely a posteriori knowledge:
„[According to LP] no natural laws can be known a priori, nor estab-
lished by sheer insight. The only way in which a natural law can be
established and justified, is by induction from the singular facts of
experience.“ (LI 1, 99; Hua XVIII, 73 f.)
„On this basis [of LP], no assertion could be certainly judged correct,
since probabilities, taken as the standard of all certainty, must
impress a merely probabilistic stamp on all knowledge.“ (LI 1, 101;
Hua XVIII, 76)
Logical knowledge according to Husserl is a priori knowledge and also certain
knowledge. A priori knowledge, in turn, is belief that is sufficiently justified
by evidence which is underdetermined by all sets and sorts of sensory expe-
riences, possibly also including evidence that includes no sensory experi-
ence whatsoever and is rationally „pure.“ Certain knowledge is indubitable
belief, i. e., belief that is not open to refutation by actual or possible coun-
terexamples, and more particularly not open to refutation by sensory expe-
riences or factual statistics. So Husserl’s second basic charge against LP,
or EEL, says that LP radically underestimates the epistemic force of pure
logical knowledge.
Husserl’s third basic charge against LP is that it is committed to what I
will call Skeptical Relativism about Logic, or SRL, which says that logical laws,
logical necessary truth, and logical knowedge are explanatorily reducible
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 33

to either individually-held beliefs (individual relativism) or species-specific


beliefs (specific relativism):
„In order to criticize psychologism we have […] to discuss the
concept of subjectivism or relativism, which is also part of the above-
mentioned [skeptical] theory. One of its original forms is caught
in the Protagorean formula: ‚man is the measure of all things,‘
provided this last is interpreted as saying ‚The individual man is
the measure of all truth.‘ For each man that is true which seems to
him true, one thing to one man and the opposite to another, if that
is how he sees it. We can therefore opt for the formula ‚All truth
(and knowledge) is relative‘ – relative to the contingently judging
subject. If, however, instead of such a subject, we make some contin-
gent species of judging beings the pivot of our relations, we achieve a
new form of relativism. Man as such is then the measure of all truth.
Every judgment whose roots are to be found in what is specific to
man, in the constitutive laws of man as species – is a true judgment,
for us human beings. To the extent that such judgments belong to
the form of common human subjectivity, the term ‚subjectivism‘ is
in place here too (in talk of the subject as the ultimate source of
knowledge, etc.). It is best to employ the term ‚relativism‘, and to
distinguish individual from specific relativism. The restriction of the
latter to the human species, stamps it as anthropologism.“ (LI 1, 138;
Hua XVIII, 122)
Relativism – or more precisely, cognitive relativism, which is about theoreti-
cal beliefs and truth, as opposed to moral relativism, which is about ethical
beliefs and principles of conduct – says that truth is determined by belief
or opinion. There are two distinct types of cognitive relativism. On the
one hand, individual cognitive relativism says that truth is determined by
individual beliefs or opinions (= subjective truth); and on the other hand,
specific cognitive relativism or anthropologism says that truth is determined
by beliefs or opinions that are either the result of human agreement (=
truth by mutual contract, or truth by general convention) or are innately
biologically specified in all human beings (= truth by instinct). According to
Husserl, logical truth is objective truth, hence mind-independent truth, hence
truth that is inherently resistant to determination by any merely subjec-
tive, contractual, conventional, or biological facts. So Husserl’s third basic
charge against LP, or SRL, says that LP implies a mistaken and indeed
ultimately skeptical theory of the determination of truth.
34 Robert Hanna

3.3. Husserl’s Three Basic Arguments against LP


Corresponding to the three „cardinal sins“ of LP, Husserl develops three
basic arguments against it. It is possible to spell out Husserl’s arguments in
step-by-step detail (Hanna 1993; Kusch 1995, ch. 3). But for our purposes
here, it is necessary only to cite Husserl’s formulations of the arguments,
describe their general form, and then offer a brief exposition of Husserl’s
underlying rationale for each argument.

3.3.1. Husserl’s Argument against LP from its Modal Reductionism


about Logic (MRL)

Here is what Husserl says about MRL:


„[According to LP] logical laws, must accordingly, without excep-
tion rank as mere probabilities. Nothing, however, seems plainer
than that the laws of ‚pure logic‘ all have a priori validity.“ (LI 1, 99;
Hua XVIII, 74)
„The psychologistic logicians ignore the fundamental, essential,
never-to-be bridged gulf between ideal and real laws, between norma-
tive and causal regulation, between logical and real necessity, between
logical and real grounds. No conceivable gradation could mediate
between the ideal and the real.“ (LI 1, 104; Hua XVIII, 80)
Here is the general form of Husserl’s anti-MRL argument:
(1) LP entails MRL.
(2) MRL is inconsistent with the existence and specifically modal char-
acter of pure logic – in particular, MRL is inconsistent with the
absolute necessity of pure logical laws and pure logical truths.
(3) Therefore, LP is false.
And here is the underlying rationale for Husserl’s anti-MRL argument.
Given Husserl’s characterization of the modal character of pure logic,
it follows that pure logical laws and pure logical truths are absolutely or
unrestrictedly true, regardless of whether this absolute truth is construed,
Leibniz-wise, as metaphysical necessity, or else construed, Kant-wise,
as conceptual necessity. Now if LP is correct, then MRL is correct, and
then logical laws and logical truths are non-absolutely or restrictedly true
precisely because they are restricted to the actual world. But logical laws and
logical truths are absolutely or unrestrictedly true. So LP must be false.
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 35

3.3.2. Husserl’s Argument against LP


from its Epistemic Empiricism about Logic (EEL)

Here is what Husserl says about EEL:


„[The laws of pure logic] are established and justified, not by induc-
tion, but by apodeictic inner self-evidence. Insight justifies no mere
probabilities of their holding, but their holding or truth itself.“ (LI
1, 99; Hua XVIII, 74)
„The justified possibility of [the exact factual sciences] becomes
the absurdity of [pure logic]. We have insight into, not merely the
probability, but the truth of logical laws. Against the truth that is
itself grasped with insight, the strongest psychologistic argument
cannot prevail; probability cannot wrestle with truth, nor surmise
with insight.“ (LI 1, 100; Hua XVIII, 75)
„How plausible the ready suggestions of psychologistic reflection
sound. Logical laws are laws for validation, proofs. What are vali-
dations but perculiar human trains of thought, in which, in normal
circumstances, the finally emergent judgments seem endowed with a
necessarily consequential character. This character is itself a mental
one, a peculiar mode of mindedness and no more […]. How could
anything beyond empirical generalities result in such circumstances?
Where has psychology yielded more? We reply: Psychology certainly
does not yield more, and cannot for this reason yield the apodeic-
tically evident and so metempirical and absolutely exact laws which
form the core of all logic.“ (LI 1,100–101; Hua XVIII, 75 f.)
Here is the general form of Husserl’s anti-EEL argument:
(1) LP entails EEL.
(2) EEL is inconsistent with the existence and specifically epistemic
character of pure logic – in particular, EEL is inconsistent with the
self-evident insights of pure logical knowledge, which are both a
priori and certain.
(3) Therefore, LP is false.
And here is the underlying rationale for Husserl’s anti-EEL argument.
Given Husserl’s characterization of the epistemic character of pure logic, it
follows that logical beliefs are sufficiently justified by self-evident insights,
i. e., rational intuitions. Self-evident insights, or rational intuitions, are a
priori or non-empirical, or if not strictly infallible, then at least certain and
indubitable. Now if LP is correct, then EEL is correct, and then even suffi-
36 Robert Hanna

ciently justified logical beliefs are all a posteriori or empirical, fallible, and
dubitable. But sufficiently justified logical beliefs are a priori and certain or
indubitable. So LP must be false.

3.3.3. Husserl’s Argument against LP from its Skeptical Relativism


about Logic (SRL)

Here is what Husserl says about SRL:


„[The individual relativist] will naturally reply: My theory expresses
my standpoint, what is true for me, and need be true for no one
else. Even the subjective fact of his thinking he will treat as true for
himself and not as true in itself […] The content of such assertions
rejects what is part of the sense or content of every assertion and
what accordingly cannot be significantly separated from any asser-
tion.“ (LI, 1, 139; Hua XVIII, 123)
„Specific relativism makes the assertion: Anything is true for a
given species of judging beings that, by their constitution and laws
of thought, must count as true. This doctrine is absurd. For it is
part of its sense that the same proposition or content of judgment
can be true for a subject of the same species […], but may be false
for another subject of a differently constituted species. The same
content of judgment cannot, however, be both true and false: this
follows from the mere sense of ‚true‘ and ‚false‘. If the relativist gives
these words their appropriate meaning, this thesis is in conflict with
its own sense […]. ‚Truth for this or that species,‘ e. g., for the human
species, is, as here meant, an absurd mode of speech. It can no doubt
be used in good sense, but then it means something wholly different,
i. e., the circle of truths to which man as such has access. What is true
absolutely, intrinsically true: truth is one and the same, whether men
or non-men, angels or gods apprehend it. Logical laws speak of this
ideal unity, set over against the real multiplicity of races, individuals,
and experiences, and it is of this ideal unity that we all speak when we
are not confused by relativism.“ (LI 1, 140; Hua XVIII, 125)
Here is the general form of Husserl’s anti-SRL argument:
(1) LP entails SRL.
(2) SRL is self-refuting, given the fact of the existence and specifically
alethic (i. e., truth-based) character of pure logic – in particular,
SRL is inconsistent with the objectivity of the truths of pure logic.
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 37

(3) Therefore, LP is false.


And here is the underlying rational for Husserl’s anti-SRL argument. Given
Husserl’s characterization of the alethic character of pure logic, it follows
that logical truth is objective, or mind-independent, and inherently resis-
tant to determination by merely subjective, contractual, conventional, or
biological facts. Now if LP is correct, then SRL is correct, and then truth is
either individually relativized or specifically relativized. Suppose that truth
is individually relativized. Then whatever anyone believes or opines is true,
is true. This includes the person who believes or opines that LP is false. So if
truth is individually relativized, then LP is both true (relative to the defender
of LP) and false (relative to the critic of LP) and thus self-contradictory.
Suppose, alternatively, that truth is specifically relativized. Then there can
be other communities, or other species, that say radically different and
opposing things about the nature of truth. This is the possibility of concep-
tual, semantic, and theoretical incommensurability. But given the possibility
of conceptual, semantic, and theoretical incommensurability, it follows that
these other communities or other species are really talking about something
other than what we mean by „truth“ – instead, they are really talking about
schmuth, or whatever. But truth, after all, is objective or mind-independent.
So if truth is specifically relativized, then these other communities or other
species are not actually disagreeing with us about truth, since they are talk-
ing about something other than truth. To summarize: If LP is correct, then
SRL is correct, and if SRL is correct, then it is either self-contradictory or
talking about something other than truth. So LP must be false.

3.3.4. Has Husserl Begged the Question against LP?


The Logocentric Predicament, and a Husserlian Way Out

It should be very clear from the previous section that Husserl’s three basic
arguments against LP all have the same general form, and that they all
directly invoke non-natural or ideal facts about the specific character of
pure logic, whether modal, epistemic, or alethic. But it can be objected
that Husserl only ever asserts that pure logic exists and also has the several
non-natural or ideal specific characters he attributes to it, and that he never
actually justifies this assertion. In this way, on the face of it, Husserl seems
to have merely begged the question against LP.

 The question-begging objection was first made in 1901 by Paul Natorp. See Natorp 1977,
57. See also Hanna 2006, ch. 1; and Kusch 1995, ch. 4.
38 Robert Hanna

But has he? It is equally clear that Husserl would reply to this charge by
saying that he has not begged the question against LP. Instead, and on the
contrary, what he has done is to show that and also precisely how the exis-
tence and specific character of pure logic is covertly presupposed and used,
even by the defenders of LP:
„Logic […] can as little rest on psychology as on any other science;
since each science is only a science in virtue of its harmony with logi-
cal rules, it presupposes the validity of these rules. It would there-
fore be circular to try to give logic a first foundation in psychology.“
(LI 1, 95; Hua XVIII, 69)
In other words, since LP is a theory, it fall under logical constraints,
e. g., laws of logical consistency, laws of logical consequence, and the
inferential justification of its theses and beliefs. So LP covertly invokes
pure logic, just as every other theory and every science explicitly or
implicitly invokes pure logic.
But given this line of argument, as Husserl himself anticipates, the
defenders of LP have one last arrow in their quiver, and it is a very sharp
one indeed:
„The opposition will reply: That this argument cannot be right, is
shown by the fact that it would prove the impossibility of all logic.
Since logic itself must proceed logically, it would itself commit the
same circle, and would itself have to establish the validity of rules
that it presupposes.“ (LI 1, 95; Hua XVIII, 69)
In other words, the defenders of LP will retreat to the charge that in his
showing pure logic to be what is covertly presupposed and used by the
defenders of LP, Husserl has himself run up against one of the deepest
problems in the philosophy of logic, namely, the explanatory and justificatory
circularity of logic – or what the Harvard logician Harry Sheffer later very
aptly called the „logocentric predicament“:
„The attempt to formulate the foundations of logic is rendered
arduous by a […] ‚logocentric‘ predicament. In order to give an
account of logic, we must presuppose and employ logic.“(Sheffer
1926, 228)
A specific version of the Logocentric Predicament is Lewis Carroll’s famous
skeptical argument, published in Mind in 1895 – and which Husserl may
well have read, or at least have read about – which says that that any attempt
to generate the total list of premises required to deduce the conclusion
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 39

of a valid argument leads to a vicious regress (Carroll 1895). But for our
purposes here, the Logocentric Predicament is just this:
How can pure logic in Husserl’s sense ever be explained or justified,
if every explanation or justification whatsoever both presupposes
and uses pure logic in Husserl’s sense?
How will Husserl respond to the Logocentric Predicament? One possi-
ble way out of the Logocentric Predicament would be for Husserl just to
concede that pure logic is explanatorily and justificationally groundless, in
the manner of the imaginary mock-logician invented by Carroll, Twee-
dledee:
„If it was so, it might be; and if it were so, it would be; but as it isn’t,
it ain’t. That’s logic.“ (Carroll 1988)
But then Husserl would have no rational defense against LP and no rational
response to the Logocentric Predicament. And it would clearly be self-
stultifying for Husserl to defend anti-psychologism and to respond to the
Logocentric Predicament by lapsing into a non-rational, or as it were fideist,
approach to the foundations of pure logic, which by Husserl’s own reckon-
ing – not to mention by an historical and rhetorical appeal to the authority
of Kant’s theory of logic – is supposed to provide categorically normative
laws of rationality. It made good sense for Kant to claim in the Preface to
the Critique of Pure Reason that in order to make room for moral faith in
freedom of the will, he had to „deny“ or limit our scientific knowledge of
universal natural determinism; but it would make no sense for Husserl to
say that in order to make room for pure logic, he had to deny rationality.
Husserl’s actual strategy of response to the Logocentric Predicament has
two parts. First, he distinguishes carefully between reasoning according to
logical rules, and reasoning from logical rules:
„Let us, however, consider more closely what such a circle would
consist in. Could it mean that psychology presupposes the validity
of logical laws? Here one must notice the equivocation in the notion
of ‚presupposing‘. That a science presupposes the validity of certain
rules may mean that they serve as premises in its proofs: it may also
mean that they are rules in accordance with which the science must
proceed in order to be a science at all. Both are confounded in our
argument for which reasoning according to logical rules, and reason-
ing from logical rules, count as identical. There would be a circle
only if the reasoning were from such rules. But, as many an artist
works without the slightest knowledge of aesthetics, so an investi-
40 Robert Hanna

gation may construct proofs without ever having recourse to logic.


Logical laws cannot therefore have been premises in such proofs.
And what is true of single proofs is likewise true of whole sciences.“
(LI 1, 95; Hua XVIII, 69 f.)
What Husserl is saying is that it is only if one mistakenly confuses reason-
ing according to logical rules and reasoning from logical rules that one
will also cite those logical rules as axiomatic premises in one’s argument,
and thereby encounter the circularity problem. But logical rules can be
perfectly legitimately used in proofs without also citing or mentioning them
as premises in those very proofs. Indeed, the very idea of natural deduction
systems, later discovered by Gerhard Gentzen, is based on this fact (Gent-
zen 1969). Furthermore, that Husserlian observation seems to be precisely
the right reply to make to Carroll’s vicious regress version of the Predica-
ment (Hanna 2006).
But I think that Husserl is also making an even deeper point than this
one. His deeper point is that it is not only possible but necessary, given our
commitment to human rationality, to conceive of the laws of pure logic as
supreme constructive categorically normative logical meta-principles, telling us
how we unconditionally ought to go about constructing all possible lower-
order logical principles or rules, all possible lower-order logical proofs, all
possible lower-order logical systems, all possible lower-order exact scien-
tific principles or rules, all possible lower-order exact scientific proofs,
and all possible lower-order exact sciences themselves. It is to be particu-
larly emphasized that this does not mean that the lower-order sciences are
supposed to be deduced from these supreme meta-principles, construed as
axiomatic premises. Instead and on the contrary, the lower-order sciences
are all simply constructed and operated according to these supreme constructive
categorically normative meta-principles. This deeper point, in turn, leads
directly to the second step of Husserl’s response to the Predicament.
Second, then, Husserl explicitly addresses the issue of how to character-
ize the explanatory and justificatory status of pure logic, when we assume
we must always reason according to (i. e., not from) the laws of pure logic
conceived as supreme constructive (i. e., not deductive) categorically norma-
tive (i. e., not instrumental, causal, or merely descriptive) meta-principles
(i. e., not lower-order principles) that tell us how we unconditionally ought
to construct first-order exact sciences, including all first-order logical
systems. Here is what he says:
„[The unifying aim or purpose of pure logic] is the ideal of a perva-
sive, all-embracing rationality. If all matters of fact obey laws, there
Husserl’s Arguments against Logical Psychologism 41

must be some minimum set of laws, of the highest generality […].


These ‚basic laws‘ are, accordingly, laws of supreme coverage and
efficacy, whose knowledge yields the maximum of insight in some
field, which permits the explanation of all that is in any way expli-
cable in that field. […] This goal or principle of maximum rational-
ity we recognize with insight to be the supreme goal of the rational
sciences. It is self-evident that we would be better for us to know
laws more general than those which, at a given time, we already
possess, for such laws would lead us back to grounds deeper and
more embracing. Plainly, however, our principle is no mere biologi-
cal principle, or principle of thought-economy: it is a purely ideal
principle, an eminently normative one […]. The ideal drift of logi-
cal thinking is as such towards rationality.“ (LI 1, 208; Hua XVIII,
209 f.)
In other words, Husserl is arguing that insofar as we must always reason
according to pure logic, and insofar as the laws of pure logic are conceived
as supreme constructive categorically normative meta-principles for
constructing all lower-order exact sciences, then it follows that pure logic
is the necessary a priori condition of the possibility of any explanation
or justification whatsoever, in the sense that it is innately constitutive of
human rationality.
This argument assumes, as a „transcendental fact,“ that we are rational
human animals, and that as a consequence our manifest capacity for gener-
ating and using pure logic in the cognitive or practical construction of any
explanation or justification whatsoever belongs innately to our cognitive
and practical rational human nature. Therefore pure logic exists and also
has the specific character attributed to it by Husserl. In turn, from this
„transcendental argument from rationality“ it would also directly follow
that Husserl’s arguments against LP are sound.
Whether or not one ultimately accepts a Husserl-style transcendental
rationalist solution to the Logocentric Predicament (Hanna 2006, chs 3,7),
and whether or not one ultimately accepts Husserl’s correspondingly robust
reinforcement of his arguments against LP, which might otherwise seem to
be question-begging, nevertheless Husserl’s response to the Logocentric
Predicament is at least prima facie compelling. It therefore provides an

 In the elided passage, Husserl seems to be asserting precisely what he himself had earlier
rejected in his response to the circularity objection – namely, that the laws of pure logic are
themselves axiomatic premises in deductive proofs. But charitably interpreted, this must be a
mere slip. Even Husserl nods.
42 Robert Hanna

independently sufficient reason for contemporary philosophers of logic and


philosophical logicians to re-read and seriously reconsider Husserl’s Prole-
gomena to Pure Logic. Husserl’s Prolegomena §§ 17–61 provides a classic, and
arguably independently defensible, defense of anti-psychologism. One can
foresee a day when every History of Twentieth Century Philosophy course
everywhere will begin its list of Required Readings with selections from
the Prolegomena, alongside the familiar selections from Frege, and when
Quine’s so-called „refutation“ of the analytic-synthetic distinction will also
be compelled to face up to the Logocentric Predicament.

Literature
Carroll, L. 1895: „What the Tortoise Said to Achilles,“ in: Mind 4, 278–280.
Carroll, L. 1988: Through the Looking-Glass, New York.
Frege, G. 1979: „Logic [1897]“, in: Frege, G: Posthumous Writings, trans. P. Long et al.,
Chicago, 127–151.
Frege, G. 1984: „Review of E. G. Husserl, Philosophie der Arithmetik I,“ in: Frege, G:
Collected Papers in Mathematics, Logic, and Philosophy, trans. M. Black et al., Oxford,
195–209.
Gentzen, G. 1969: „Investigations into Logical Deduction,“ in: Gentzen, G.: The Collected
Papers of Gerhard Gentzen, trans. M. Szabo, Amsterdam, 68–131.
Hanna, R. 1993: „Logical Cognition: Husserl’s Prolegomena and the Truth in Psychologism,“
in: Philosophy and Phenomenological Research 53, 251–275.
Hanna, R. 2001 Kant and the Foundations of Analytic Philosophy, Oxford.
Hanna, R. 2006: Rationality and Logic, Cambridge, MA.
Husserl, E. 1970: Logical Investigations, trans. J. N. Findlay, 2 vols., London.
Kusch, M. 1995: Psychologism, London.
Natorp, P. 1977: „On the Question of Logical Method in Relation to Edmund Husserl’s Prole-
gomena to Pure Logic,“ in: Mohanty, J. N. (ed.): Readings on Edmund Husserl’s Logical
Investigations, The Hague, 55–66.
Quine, W. V. O. 1961: „Two Dogmas of Empiricism,“ in: Quine, W. V. O.: From a Logical
Point of View, 2nd edn., New York, 20–46.
Quine, W. V. O. 1969: „Epistemology Naturalized,“ in: Quine, W. W. O.: Ontological Relativ-
ity, New York, 69–90.
Quine, W. V. O. 1976a: „Truth by Convention,“ in: Quine, W. V. O.: The Ways of Paradox, 2nd
edn., Cambridge, MA, 77–106.
Quine, W. V. O. 1976b: „Carnap and Logical Truth,“ in: Quine, W. V. O. : The Ways of Para-
dox, 2nd edn., Cambridge, MA, 107–132.
Sheffer, H. M. 1926: „Review of Principia Mathematica, Volume I, second edition,“ in: Isis 8,
226–231.
4
Vittorio De Palma

Husserls
phänomenologische Semiotik*
(I. Logische Untersuchung,
§§ 1–23)

Ziel der Logischen Untersuchungen ist es, eine phänomenologische Aufklä-


rung der Logik durch Rückgang zu den psychischen Akten zu liefern,
in denen die idealen Bedeutungen gegeben werden, von denen sie aber
unterschieden sind. Das Werk erwächst aus der Krise der „psychologischen
Begründung“ des Logischen, die Husserl in der Philosophie der Arithmetik
vertrat, und aus Reflexionen „über das Verhältnis zwischen der Subjekti-
vität des Erkennens und der Objektivität des Erkenntnisgehaltes“ (Hua
XVIII, 6 f.). Die Frage ist, „wie es […] zu verstehen sei, daß das ,an sich‘ der
Objektivität zur ‚Vorstellung‘ komme, also am Ende doch wieder subjek-
tiv werde“ (12 f.)1. Es geht für Husserl darum, die Einflüsse Lotzes und
Bolzanos einerseits und den Ansatz seines Lehrers Brentano anderseits zu
versöhnen bzw. die „unbegreiflich fremden Welten […] des rein Logischen
und […] des aktuellen Bewußtseins, […] des Phänomenologischen und
auch Psychologischen […] in eins zu setzen“ (Hua XXIV, 442 f.).
Die Logik ist nach Husserl die „Wissenschaft von Bedeutungen als
solchen“ (98), d. h. von den idealen Einheiten, die den theoretischen Gehalt
jeder Wissenschaft bilden, in mannigfaltigen Ausdrücken formuliert und in
mannigfaltigen Akten gedacht, aber von den zufälligen Ausdrücken und
* Hinweise auf Hua XIX werden nur mit Seitenangaben gegeben. Mein Dank gebührt der
Alexander von Humboldt Stiftung, die mir durch die Gewährung eines Stipendiums die
Durchführung dieser Arbeit ermöglicht hat. Des Weiteren danke ich Klaus Sellge für hilfreiche
Verbesserungsvorschläge zu einer früheren Version dieses Textes.
1 Später hat Husserl das Verhältnis zwischen dem subjektiv psychologischen Erlebnis und
dem in ihm erfassten Objekt als das ursprüngliche Problem der Phänomenologie bezeichnet
(Hua II, 75; Hua VI, 169 Anm. 1). Frege selbst (1969, 157 und Anm.) sagt, der „seelische[]
Vorgang“ vom „Erfassen“ eines Gedankens bzw. eines idealen Gegenstandes sei vielleicht „der
geheimnisvollste von allen“.
44 Vittorio De Palma

Akten unterschieden sind. Die Hauptaufgabe der I. Untersuchung ist es,


eine Abgrenzung des Begriffs Bedeutung dadurch zu gewinnen, dass die
Eigentümlichkeit und Unabhängigkeit der Bedeutung gegenüber dem
hervorgehoben wird, was mit ihr verbunden, doch nicht mit ihr iden-
tisch ist, also nicht mit ihr verwechselt werden darf: den Akten, in denen
die Bedeutung gegeben ist, dem Gegenstand, auf den man sich durch die
Bedeutung bezieht, der Anschauung, in der sich die Bedeutung erfüllt. Was
Bedeutung ist, lässt sich jedoch nach Husserl nicht definieren, da es sich um
„ein deskriptiv Letztes“ handelt, aber es „kann uns so unmittelbar gegeben
sein, wie uns gegeben ist, was Farbe und Ton ist“ (187).
An dieser Stelle sei darauf aufmerksam gemacht, dass Husserl im Rahmen
der Umarbeitung der VI. Untersuchung in den Jahren 1913/14 auch den
Inhalt der I. Untersuchung, deren „Unausgereiftheit“ er betont (Hua XX/2,
23), einer gründlichen Revision unterzogen hat. Aus Platzgründen wird diese
Revision in der folgenden Darstellung aber kaum berücksichtigt.

4.1. Ausdruck und Zeichen


Wie Husserl in der Einleitung zum zweiten Band der Untersuchungen
betont, wird Wahrheit nur in der Form von Aussagen zum bleibenden
Besitz der Wissenschaft, und wissenschaftliche Urteile lassen sich kaum
oder gar nicht ohne sprachlichen Ausdruck vollziehen (vgl. 7 f.). Die
I. Untersuchung nimmt ihren Ausgang von der Abgrenzung der Ausdrü-
cke gegen die anderen Arten von Zeichen. Denn jeder Ausdruck ist ein
Zeichen, aber nicht jedes Zeichen ist ein Ausdruck.
Husserl unterscheidet drei Arten von Zeichen: (1) natürliche Zeichen
(z. B. fossile Knochen); (2) künstliche Zeichen, etwa Merkzeichen (das
Stigma der Sklaven, die Flagge der Nation) oder Erinnerungszeichen (den
„Knopf im Taschentuche“); (3) sprachliche Zeichen bzw. Ausdrücke, d. h.
jede Rede und jeder Redeteil, unabhängig davon, ob sie wirklich geredet
sind, also kommunikativer Funktion dienen. Zum Ausdruck gehört, eine
Bedeutung zu haben bzw. etwas zu meinen. Das unterscheidet ihn von
den sonstigen Zeichen (und auch von jenen mimischen und gestischen
„Ausdrücken“, durch die man nichts mitteilt bzw. die nicht in mitteilender

 Vgl. dazu Bernet 1988; Senigaglia 1998; Melle 1998/99.


 Die Wichtigkeit der Zeichen für das Denken betont Husserl schon in der 1890 niederge-
schriebenen Abhandlung „Zur Logik der Zeichen. Semiotik“ (Hua XII, 340–373), die in vieler
Hinsicht der Thematik der I. Untersuchung vorgreift.
Husserls phänomenologische Semiotik 45

Absicht vollzogen werden), die bloße Anzeichen bzw. bedeutungslose


Zeichen sind.
Nur die „willkürlich und in anzeigender Absicht gebildeten Zeichen“
(31) bezeichnen etwas. Doch unabhängig davon ist Anzeichen alles, was
„einem denkenden Wesen tatsächlich als Anzeige für irgendwas dient“
(ebd.), d. h. alles, dessen aktueller Bestand als nichteinsichtiges Motiv erlebt
wird, um das Sein von etwas anderem zu setzen oder zu vermuten. Dieser
Motivierungszusammenhang ist nicht mit dem logischen Notwendigkeits-
zusammenhang zu verwechseln, in dem der Bestand eines Sachverhaltes
aus demjenigen anderer Sachverhalte einsichtig erschlossen wird. Denn ein
Sachverhalt dient zur Anzeige für andere aus ihm zu folgernde Sachverhalte
nicht als logischer Grund, d. h. vermöge des idealen Zusammenhangs der
betreffenden Inhalte, sondern vermöge des empirischen Zusammenhangs
von Überzeugungen als psychischen Erlebnissen. Der Begriff des Anzei-
chens hat seinen Ursprung eben in der Ideenassoziation. Sie bewirkt, dass
ein Gegenstand nicht für sich allein gilt, sondern einen von ihm verschie-
denen Gegenstand vorstellig macht und mit ihm eine phänomenale Einheit
bildet. Dazu gehört die Anzeige, bei der ein Gegenstand bzw. Sachverhalt
auf einen anderen hinweist und die Annahme seines Bestehens in unmittel-
bar fühlbarer Weise empfiehlt.
Dagegen ist das Hinzeigen eines bedeutsamen Zeichens auf seine Bedeu-
tung vom Anzeigen eines Anzeichens verschieden. Es handelt sich dabei
um eine andere Weise des Über-sich-Hinausweisens, denn das Verhältnis
des Ausdrucks zum Ausgedrückten ist kein induktives bzw. assoziatives
Hinweisen eines Daseienden auf ein anderes. Das Wort „Tisch“ steht für
bzw. ist Zeichen für Tische nicht in derselben Weise, wie die Wildspuren
für das Wild stehen bzw. Zeichen sind: Mit dem bedeutsamen Zeichen
meinen wir etwas. Später hat Husserl eingeräumt, dass auch das künst-
liche nicht-sprachliche Zeichen etwas meint, aber er hat zugleich betont,
dass es – im Gegensatz zum sprachlichen Zeichen – etwas direkt und nicht

 Später, im Zusammenhang mit der genetischen Phänomenologie, hat Husserl die Assozia-
tion als eine in der Besonderheit der Inhalte gegründete apriorische Synthesis betrachtet und
ihr eine grundlegende Rolle in der passiven Konstitution zugeschrieben. Die assoziative Induk-
tion von Nichtgegebenem aus dem Gegebenen aufgrund der bisherigen Erfahrung wird dann
zu einem der Erfahrungskonstitution zugrundeliegenden „ursprünglichen Vernunftakt“ (Hua
XIII, 354 ff.). Bemerkenswert ist, dass der erste Text, in dem die Assoziation als wesensgene-
tisch apperzeptionstiftend aufgefasst wird, im Kontext der Umarbeitung der VI. Untersuchung
entsteht und sich auf das Zeichenbewusstsein bezieht (Hua XX/2, 184 f.). Husserl (1939, 78)
selbst betrachtet die in der I. Untersuchung vollzogene Aufweisung des Ursprungs der Anzeige
aus der Assoziation als „den Keim der genetischen Phänomenologie“. Zu Husserls Assoziati-
onslehre vgl. Holenstein 1972.
46 Vittorio De Palma

in seinem „kategorialen Wie“ (Hua XX/2, 129) bezeichnet, da es keine


logische Form bzw. „keine Grammatik“ (Hua XX/2, 53) hat, die ihm
ermöglichte, etwas als etwas, d. h. in einer bedeutungsmäßig bestimmten Weise,
auszudrücken. Sprachliche Ausdrücke sind also gegenüber allen anderen
Arten von Zeichen dadurch ausgezeichnet, dass sie in kategorial geglie-
derter Weise etwas meinen. Diese Kategorialität des Ausdrucks kommt
in der I. Untersuchung immer wieder zur Geltung. Sie impliziert unter
anderem, dass im Falle sprachlicher Bedeutungen die Erfüllung nicht von
schlichten bzw. sinnlichen, sondern nur von fundierten bzw. kategorialen
Anschauungsakten vollzogen werden kann (vgl. 55, 62, 77).
In der mitteilenden Rede fungieren die Ausdrücke auch als Anzeichen.
Was die Rede zur Rede macht, liegt in der vermittelten Korrelation zwischen
den sinngebenden Akten der miteinander verkehrenden Personen bzw.
zwischen „Kundgabe psychischer Erlebnisse im Sprechen und Kundnahme
derselben im Hören“ (39). Die Ausdrücke dienen dem Hörenden als Anzei-
chen für die Gedanken des Redenden, sie haben eine kundgebende Funk-
tion, deren Inhalt die kundgegebenen Erlebnisse bilden. Die Kundnahme
bzw. das Verständnis der Kundgabe findet aber „ohne jede […] begriffliche
Fassung“ statt, denn sie ist kein Urteil, sondern „eine bloße Wahrnehmung
der Kundgabe“ bzw. des Anderen als Sprechenden und seiner Erlebnisse,
obschon Letztere vom Hörenden nicht selbst erlebt werden können (41).
Hier finden sich die ersten Ansätze einer Phänomenologie der Mitteilung,
die Husserl später im Rahmen seiner Beschäftigung mit der Intersubjek-
tivität entwickelt. In den Untersuchungen ist sein Interesse jedoch nicht
auf die kommunikative Funktion der Sprache, sondern ausschließlich auf
ihre logische Funktion gerichtet, die darin besteht, den Gedanken in der
Weise einer Bedeutung auszudrücken. Es ist diese Funktion, die in ihrer
Eigentümlichkeit zur Abhebung kommen soll. Husserl greift auf das
einsame Seelenleben zurück, um die Bedeutungsfunktion von der anzei-
genden Funktion abzusondern und zu beweisen, dass, „was die Ausdrücke
zu Ausdrücken macht“ (41) bzw. „die Bedeutung des Ausdruckes […] nicht
mit seiner kundgebenden Leistung zusammenfallen kann“ (42). In der
einsamen Rede fungieren die Worte zwar als Zeichen, da sie – genauso wie
in der Wechselrede – auf ihre Bedeutung hinzeigen, aber nicht als Anzei-
chen, da sie nichts anzeigen, indem sie nicht als daseiend gegeben sind

 Nach Husserl sind die Erlebnisse eines Subjekts prinzipiell nur diesem selbst direkt zugäng-
lich und den Anderen nur durch eine Indikation gegeben, die nie wirkliche Erfahrung des Indi-
zierten werden kann. Trotzdem hält er die Fremderfahrung bzw. Einfühlung für eine Wahr-
nehmung und nicht für einen Denkakt oder einen Schluss.
Husserls phänomenologische Semiotik 47

und keine Daseinsüberzeugung motivieren. Denn im einsamen Seelenle-


ben benötigen wir nur vorgestellte oder phantasierte Wortzeichen, aber
die sinnliche bzw. physische Inexistenz der Worte trifft nicht die Bedeu-
tungsfunktion bzw. die „Funktion des Ausdrucks als Ausdruck“, sondern
einzig die kundgebende bzw. mitteilende Funktion, die nur „im wirklichen
Sprechen und Hören“ stattfinden kann (43). In der monologischen Rede
können die Worte nicht als „Anzeichen für das Dasein psychischer Akte
dienen“, da Letztere „im selben Augenblick von uns selbst erlebt“ sind
(43).
Die Scheidung von anzeigender und bedeutender Funktion, die in der
Isolierung der Letzteren in der einsamen Rede kulminiert, ist eine der
umstrittensten Stellen der Untersuchungen. Von ihr geht Derrida (1967)
aus, um zu zeigen, dass Husserls Phänomenologie eine Metaphysik der
Anwesenheit ist. Der Vorrang der einsamen Rede, in der die Zeichen keine
empirische Existenz haben, nimmt Derrida zufolge geradezu die Reduk-
tion vorweg.

4.2. Bedeutung, Akt und Gegenstand


Der Ausdruck ist sinnbelebter Ausdruck bzw. Zeichen (und nicht bloßer
Wortlaut oder bloßes physisches Phänomen) nur vermöge der psychischen
Akte der Bedeutungsintention, die ihm eine Bedeutung geben und die auch
den Kern der Kundgabe bilden: „Er meint etwas, und indem er es meint,
bezieht er sich auf Gegenständliches.“ (44)
Husserl unterscheidet auf der Aktseite Ausdruckserscheinung, Bedeu-
tungsintention und Bedeutungserfüllung, auf der Inhaltseite Ausdruck, inten-
dierende bzw. erfüllende Bedeutung und Gegenstand. Die Akte sind real,
subjektiv und verschieden. Der Inhalt ist ideal, objektiv und identisch, d. h.
er kann unter verschiedenen Umständen und von verschiedenen Personen
als derselbe erkannt werden. (Dabei kann der Gegenstand eines Ausdrucks
sowohl real (wie „dieser Tisch“), als auch ideal sein (wie „die Zahl 2“), ist aber
als immer wieder identifizierbar stets von einer gewissen Idealität.)
Der Ausdruck besteht nicht in einem hic et nunc geäußerten Lautgebilde,
das nie wieder identisch wiederkehren kann. Der Signifikant bzw. das sinn-
liche Zeichen ist einzig gegenüber seinem vielfachen Auftreten (vgl. Hua
IX, 398; Hua XVII, 24 f.), denn „die im darstellenden sinnlichen Inhalt der
Anschauung wirklich vorhandene Gestalt“ (619) muss ideal gleich bleiben,

 Dazu vgl. Evans 1991; Costa 1998, 127 ff.; Mensch 2000 (mit weiteren Hinweisen).
48 Vittorio De Palma

damit der Ausdruck als derselbe Ausdruck in jedem faktischen Vorkom-


men wiedererkennbar ist. Dasselbe gilt für das Signifikat bzw. für das, was
der Ausdruck sagen will. Die ideale Bedeutung ist nicht mit den realen
bedeutungsverleihenden Akten zu verwechseln, in denen sie gegeben ist,
da sie in verschiedenen realen Akten identisch vollzogen werden kann.
Einen Ausdruck zu verstehen heißt eben, das zu verstehen, was er meint,
und nicht, was der Sprecher erlebt. Wenn ich sage: „Die drei Höhen eines
Dreiecks schneiden sich in einem Punkte“, so ist mein kundgegebener
Urteilsakt (also meine subjektive Überzeugung, dass es so ist, aufgrund
deren ich das Urteil ausspreche) nicht die Bedeutung des Aussagesatzes,
die ein identisch Wiederholbares und nichts Subjektives ist.
„Was die Aussage aussagt, ist dasselbe, wer immer sie behauptend
aussprechen mag, und unter welchen Umständen und Zeiten er dies
tun mag. […] Der Sachverhalt selbst ist, was er ist, ob wir seine
Geltung behaupten oder nicht. […] Die Urteilsakte sind von Fall zu
Fall verschieden. Aber, was sie urteilen, was die Aussage besagt, das
ist überall dasselbe.“ (49 f.)
Wir müssen also immer „von den flüchtigen Erlebnissen des Fürwahrhaltens
und Aussagens ihren idealen Inhalt, die Bedeutung der Aussage als die Einheit
in der Mannigfaltigkeit“ unterscheiden (50). Hier liegt der Kern der Wider-
legung des Psychologismus in den Prolegomena. Husserl selbst hatte zuvor
eine gewisse Vermengung von subjektiv-psychischem Akt und objektiv-idea-
lem Inhalt in der Philosophie der Arithmetik vollzogen, wie Frege (1894) in der
Rezension jenes Werkes bemerkte und er selbst selbstkritisch eingesteht:
„Das Kollektivum ist keine sachliche, in den Inhalten der kolligierten
Sachen gründende Einheit; nach der mir vorgegebenen Schablone,
daß alles ‚Wirkliche‘ entweder ‚Physisches‘ oder ‚Psychisches‘
ist, konnte es also nichts Physisches sein: Also entspringt die
Idee des Kollektivums durch ‚Reflexion‘, nämlich auf psychische
Einheitsform. Aber ist denn der Begriff der Anzahl nicht etwas
anderes als der Begriff des Kolligierens?“ (Hua XX/1, 295)
Um es mit Freges (1918/19) Terminologie auszudrücken: Es gibt neben
der Außenwelt der physischen Dinge und der Innenwelt der psychischen
Vorstellungen also noch ein „drittes Reich“, das der idealen Gegenstände.
Dieser Gedanke ist grundlegend für die Logischen Untersuchungen. Nach

 Es war aber nicht Frege, der Husserl auf die Unterscheidung zwischen Vorstellung, Bedeu-
tung und Gegenstand brachte, die sich bereits in einer Schrift findet, die Freges Besprechung
Husserls phänomenologische Semiotik 49

Husserl sind aber die eigentlichen Bedeutungsträger nicht Zeichen bzw.


sprachliche Entitäten, sondern psychische Akte in specie. Zwischen Bedeu-
tung und intentionalem Akt besteht ein innerer Zusammenhang, denn die
Bedeutung ist „Identisches der Intention“ (50) bzw. der ideale Inhalt von
Akten des Bedeutens, also zwar unabhängig von dem einzelnen Akt, als
dessen Inhalt sie gegeben ist, nicht aber von dem Akt überhaupt.
„Jeder Ausdruck besagt nicht nur etwas, sondern er sagt auch über
Etwas; er hat nicht nur seine Bedeutung, sondern er bezieht sich
auch auf irgendwelche Gegenstände. […] Niemals fällt […] der
Gegenstand mit der Bedeutung zusammen.“ (52)
Bedeutung und Gegenstand sind verschieden, insofern sie unabhängig
voneinander wechseln können. Denn mehrere Ausdrücke können einer-
seits dieselbe Bedeutung, aber verschiedene Gegenstände, sowie ande-
rerseits verschiedene Bedeutungen, aber denselben Gegenstand haben.
Beispiele des ersten Falles sind die universellen bzw. vielwertigen Namen,
die einen Umfang haben und verschiedene Gegenstände bezeichnen: so
hat der Ausdruck „ein Pferd“ immer dieselbe Bedeutung, da aber Letztere
unbestimmt ist, kann er, je nach Redezusammenhang, sich auf verschiedene
Einzeldinge beziehen. Beispiele des zweiten Falls sind die Namen „der
Sieger von Jena“ und „der Besiegte von Waterloo“ bzw. „das gleichseitige
Dreieck“ und „das gleichwinklige Dreieck“, oder Sätze wie „a ist größer als
b“ und „b ist kleiner als a“. Hier ist nämlich dasselbe Gegenständliche in
verschiedenen Weisen bzw. mit verschiedenen Bedeutungen gemeint. Wie
der Name einen einfachen Gegenstand als Korrelat hat, so hat der Satz
einen Sachverhalt als Korrelat. Wie Husserl (1939, 285 ff.) später präzi-
siert – ein Hinweis in diese Richtung ist allerdings bereits in der zweiten
Auflage der Untersuchungen vorhanden, wo der betreffende Text entspre-
chend verändert wird –, sind a>b und b<a verschiedene Sachverhalte, d. h.
verschiedene syntaktische bzw. kategoriale Gegenständlichkeiten, wobei
sich die betreffenden Sätze auf eine einzige vorsyntaktische Sachlage bzw.
auf dasselbe vorprädikativ Gegebene beziehen (d. h. die Größensachlage
a–b), indem sie es verschieden prädikativ explizieren. Denn in der sinn-

vorangeht (Hua XXII, 11 f.). Überhaupt kommt Husserl zur Erkenntnis der idealen Gegen-
ständlichkeiten nicht durch den Einfluss von Frege, sondern von Lotze (der Freges Lehrer war
und die Idee eines dritten Reichs vorwegnahm) und Bolzano (Hua XX/1, 293 ff.). Zu Husserls
Verhältnis zu Frege vgl. Mohanty 1982.
 In § 16 argumentiert Husserl gegen Mill, dass auch der Eigenname eine Bedeutung hat, da er
ein mit Grammatik versehener Redeteil ist und zum Bestandstück komplexer und einheitlicher
Ausdrücke werden kann. Dazu vgl. Rizzoli 2002.
50 Vittorio De Palma

lichen Erfahrung gibt es nicht nur Gegenstände, sondern auch Verhältnisse


zwischen ihnen, die genauso wie die Gegenstände unmittelbar gegeben
sind und die Urteile motivieren.
Husserl unterscheidet zwischen Bedeutung und Gegenstand in ähnlicher
Weise wie Frege (1892). Frege nennt Bedeutung, was Husserl Gegenstand
nennt, und Sinn, was bei Husserl Sinn oder Bedeutung heißt. Aber nach
Frege – wie er selbst in einem Brief an Husserl vom 24. Mai 1891 klärt
– bezieht sich ein Gemeinname auf den Begriff, d. h. auf eine Funktion, die
auf Gegenstände angewandt werden kann, und nicht, wie nach Husserl,
direkt auf die Gegenstände, die unter den Begriff fallen. Und, was die Sätze
betrifft, beziehen sie sich nach ihm nicht auf die Sachlage, sondern auf den
Wahrheitswert.
Der Ausdruck gewinnt nur dadurch Beziehung auf Gegenständliches,
dass er bedeutet. Er bezeichnet bzw. nennt den Gegenstand mittels seiner
Bedeutung. Der Akt des Bedeutens ist „die bestimmte Weise des den
jeweiligen Gegenstand Meinens“ (54 f.), auch wenn diese Weise (also die
Bedeutung) bei identischem Referenzgegenstand wechseln kann. Anders
als Twardowski meint, haben die sinngebenden Akte also nicht zwei
Seiten, deren eine dem Ausdruck die Bedeutung, deren andere ihm die
gegenständliche Richtung gibt.10 Vielmehr liegt das Wesen des Ausdrucks
„ausschließlich in der Bedeutung“ (55). Und da die Beziehung auf den
Gegenstand bzw. die Vorstellung vom Gegenstand sich in der Bedeutung
konstituiert, gehört diese Beziehung – genauso wie die Bedeutung – zu

 Nach Tugendhat (1970; 1976, 143–175), der sich hauptsächlich auf die Logischen Untersu-
chungen bezieht, betrachtet Husserl den intentionalen Akt, der einen Gegenstand meint, als
primäre Einheit des Bewusstseins und versucht, alle anderen Bedeutungen an die nominalen
zu assimilieren bzw. auch Sätze nach dem Modell von Namen zu verstehen, während die
Sprach­analyse lehrt, dass das Verstehen von Sätzen einen Vorrang gegenüber dem Meinen
von Gegenständen hat. Das ist zwar auch schon in Bezug auf die Untersuchungen fraglich, aber
dazu ist vor allem zu betonen, dass sich eine Berechtigung (und zugleich Berichtigung) von
Husserls logischem Ansatz in Erfahrung und Urteil findet, wo er die logischen Grundformen
und Grundunterscheidungen auf die Struktur der vorprädikativen Erfahrung zurückführt,
d. h. auf die Gliederungen, die die sinnliche Erfahrung vor jeder propositionalen bzw. katego-
rialen Formung besitzt. Ohne dies zu berücksichtigen, ist kein Vergleich von Phänomenologie
und sprachanalytischer Philosophie möglich. Zu Tugendhats Kritik vgl. Welton 1973 und
1983, 49–135.
10 In den Untersuchungen finden sich zahlreiche polemische Hinweise auf Twardowski (1894)
– während der Ausarbeitung des Werkes schrieb Husserl eine Rezension zu Twardowskis Buch
und eine Arbeit, worin er Twardowskis Gedanken eines zwischen der Vorstellung und dem
wirklichen Gegenstand vermittelnden immanenten Objekts kritisierte (Hua XXII, 303–356;
Schuhmann 1991). Trotzdem hält sich Husserl an das dreigeteilte Schema Twardowskis (Akt-
Inhalt-Gegenstand) und fällt so selbst unter seine eigene Kritik.
Husserls phänomenologische Semiotik 51

jedem Ausdruck, gleichgültig ob der Gegenstand existiert bzw. existieren


kann oder nicht. Die Bedeutungslosigkeit (Sinnlosigkeit oder Unsinnig-
keit) von bloßen Bedeutungshaufen wie „Grün ist oder“ darf also mit der
Gegenstandslosigkeit (Absurdität oder Widersinnigkeit) von aus apriorisch
unverträglichen Bedeutungen bestehenden Ausdrücken wie „rundes Vier-
eck“ nicht verwechselt werden. Letztere haben nämlich eine einheitliche
Bedeutung. Und gerade, weil wir diese Bedeutung und damit ihre gegen-
ständliche Beziehung verstehen, schließen wir die Möglichkeit ihres Refe-
renzgegenstandes (oder, was dasselbe ist, die Möglichkeit ihrer Erfüllung
bzw. der Anschauung des von ihnen Gemeinten) aus. Mit anderen Worten:
Nur insofern solche Ausdrücke einen intendierenden Sinn besitzen, kann
man ihnen einen erfüllenden Sinn absprechen. „Auch die als Absurdi-
tät (Widersinn) verstandene ,Sinnlosigkeit‘ konstituiert sich im Sinn: es
gehört zum Sinn des widersinnigen Ausdrucks, objektiv Unvereinbarliches
zu meinen“ (72). Ähnliches gilt für Ausdrücke wie „goldener Berg“, deren
Gegenstände nicht aus apriorischen, sondern aus empirischen Gründen
nicht existieren. Hingegen gibt es im Falle der sinnlosen Bedeutungshau-
fen eigentlich keine Vorstellung, von der wir sagen könnten, der von ihr
gemeinte Gegenstand existiere nicht. Denn sie meinen nichts bzw. sind
keine Ausdrücke.

4.3. Bedeutung und Anschauung


Das Gemeinte kommt zur Gegebenheit bzw. zur Gegenwart durch die
Anschauung (Wahrnehmung oder Phantasie). Ist der Referenzgegenstand
„in derselben Weise gegeben, in welcher ihn die Bedeutung meint“ (56), so
ist die Bedeutungsintention erfüllt und die gegenständliche Beziehung
realisiert. Im entgegensetzen Fall ist diese Beziehung in der bloßen oder
leeren Bedeutungsintention bzw. Meinung beschlossen. In der Erfüllung
der Meinung aufgrund korrespondierender Anschauung ergibt sich eine
„Deckungseinheit zwischen Bedeutung und Bedeutungserfüllung“ (56)
und eine Identifizierung des gemeinten und des gegebenen Gegenstandes:
Die Vorstellung erweist sich als richtig. „Der Wechsel gleichsam, der auf
die Anschauung ausgestellt ist, wird eingelöst.“ (61 f.) Auch bei der Bedeu-
tungserfüllung sind der Gegenstand und der Sinn zu unterscheiden, welcher
sein ideales Korrelat ist: im Falle der Wahrnehmung z. B. ist die Idee der
erfüllenden Bedeutung der identische Inhalt, der zu allen möglichen Akten
gehört, die denselben Gegenstand in wahrnehmender Weise meinen.
52 Vittorio De Palma

Husserls Dichotomie von Meinung und anschaulicher Erfüllung ist sach-


lich eine Übernahme der kantischen Dichotomie von Denken und Erken-
nen. Man kann in einer bestimmten Weise einen Gegenstand meinen bzw.
sich auf ihn beziehen, auch ohne ihn anzuschauen, ja sogar dann, wenn die
entsprechende Anschauung a priori ausgeschlossen ist wie bei den widersin-
nigen Ausdrücken, die sozusagen einen prinzipiell unrealisierbaren Anspruch
auf Erfüllung erheben. Im Gegensatz zu den bedeutungsverleihenden sind
also die bedeutungserfüllenden Akte dem Ausdruck außerwesentlich: Er
bedeutet, auch wenn Letztere nicht bestehen. Aber „das Bedeuten ist […]
nicht selbst das Erkennen“ (566). Man erkennt den Gegenstand nur, wenn
man ihn anschaut und die Meinung durch die Anschauung des Gegenstandes
bestätigt wird: Das Erkennen setzt „anschaulich erfüllte Bedeutungen“ voraus
(77). Ist dagegen der Gegenstand nicht gegeben, so ist er „bloß gedacht (bloß
bedeutet)“ (566) und die Intention nur symbolisch, d. h. eine „begriffliche
Vorstellung“ (61), ein leerer „Gedanke“ oder „Begriff“ (600). „Entfällt die
Anschauung ganz und gar, so erkennt das Urteil zwar nichts, immerhin meint
es aber in seiner rein gedanklichen Art, was mit Hilfe der Anschauung zur
Erkenntnis käme – wenn überhaupt das Urteil ein wahres ist“ (662). Husserl
radikalisiert aber Kants Ansatz, denn die Anschauung kann nach Husserl
nur sinnlich oder auf der sinnlichen fundiert sein, so dass der Gedanke einer
übersinnlichen Anschauung bzw. eines Verstandes ohne Sinnlichkeit ein
Widersinn an sich und nicht nur für uns Menschen ist (vgl. 712 ff.).
Wird die Bedeutsamkeit der Ausdrücke in die begleitenden Anschau-
ungsbilder verlegt, vollzieht man eine „Vermengung von Bedeutung und
erfüllender Anschauung“ (62). Bei den sprachlichen Bedeutungen können
ja die Anschauungsbilder nur in den einfachsten Fällen zur Erfüllung der
Bedeutungsintention beitragen. In Husserls einschlägiger Argumentation
muss man also zwei in der Darstellung verflochtene Aspekte auseinander-
halten: (1) In der Anschauung kann nie die Bedeutung liegen; (2) In den
sinnlichen Anschauungsbildern kann auch nicht die Erfüllung der kate-
gorialen Bedeutungen liegen, die keine adäquate Versinnlichung zulassen.
Phantasievorstellungen wechseln bei ungeänderter Wortbedeutung und
sind nicht für das Verständnis des Ausdrucks erforderlich, das nach ihrem
Dahinschwinden fortdauert. Bei Bedeutungen wie Kultur, Differerenzi-
alrechnung usw. stehen die begleitenden Phantasiebilder in einem bloß
assoziativen Verhältnis zu der gemeinten Gegenständlichkeit, bei absurden
Bedeutungen kann das Bild gar nicht existieren, bei geometrischen Begrif-
fen ist es nicht der gemeinten Sache angemessen und dient „nur als Anhalt
für die intellectio“ bzw. „bietet […] nur ein Exempel von sinnlichen Gestal-
ten derjenigen sinnlichen Art, welche die naturgemäßen Ausgangspunkte
Husserls phänomenologische Semiotik 53

für die geometrischen ‚Idealisierungen‘ sind“ (70 f.). Aber auch, wenn sich
der Ausdruck auf ein sinnlich Gegebenes bezieht, kann die Wahrnehmung
wechseln und sogar fortfallen, während der Sinn identisch bleibt. Sage ich,
während ich in den Garten hinausblicke, „eine Amsel fliegt auf“, so versteht
der Hörende den Sinn des Ausdrucks, ohne in den Garten zu blicken (vgl.
550 f.). Dass ein Ausdruck sinnvoll ohne illustrierende Anschauung fungie-
ren kann, beweist auch das Bestehen des „rein symbolischen Denkens“
(72), das nicht im Sinne eines auf die Zeichen selbst gerichteten Denkens
misszuverstehen ist. Denn im symbolischen arithmetischen Denken stehen
für die eigentliche Bedeutung nicht die bloßen Zeichen im Sinn physischer
Objekte bzw. bedeutungsloser Zeichen, sondern die „in einer Operations-
oder Spielbedeutung genommenen Zeichen“ (75).
Die sprachliche Kommunikation und Signifikation setzen also neben
den sinngebenden Akten dreierlei voraus: ideale Bedeutungen, sinnliche
Zeichen (die im Falle der Kommunikation wahrgenommen werden müssen,
während sie bei der bloßen Signifikation auch phantasiert sein können)
und die Möglichkeit der Erfüllung. Wenn die Bedeutung nicht über die
verschiedenen Akte als Ideales hinausreichen würde und nicht in sinn-
lichen Gegenständen „verkörpert“ oder „verleiblicht“ wäre11, so wäre sie
nicht identifizierbar und mitteilbar. Wenn aber kein Unterschied zwischen
anschaulicher Gegebenheit und bloßer Intendierung der Gegenstände
bestände, so bestände auch keine Mitteilung, ja keine Signifikation. Die
anschauliche Erfüllung ist nicht dem jeweiligen Bedeuten wesentlich, aber
sie ist für das Bedeuten überhaupt notwendig, denn es gäbe kein Bedeuten,
wenn es überhaupt keine Erfüllung gäbe. Das Denken bzw. Meinen kann
auch – in weiten Strecken oder in ganzen Gebieten – rein symbolisch sein,
aber es kann nicht durch und durch symbolisch sein. Wären die Gegen-
stände überhaupt nicht anschaulich gegeben, könnte es auch kein signitives
Über-sich-Hinausweisen geben. Der sprachliche Ausdruck kann sich nur
deswegen auf nicht gegenwärtige Gegenstände beziehen, weil die Gegen-
stände gegenwärtig sein können und es faktisch manchmal sind. Wäre kein
Fall von Gegebenheit ausweisbar, so könnte auch nicht von einem Hinzei-
gen auf ein nicht Gegebenes sinnvoll die Rede sein.

11 Diese Redewendungen gebraucht Husserl in den zwanziger und dreißiger Jahren (vgl.
Husserl 1939, 319 ff.; Hua XVII, 163, 294; Hua IX, 110 ff.; Hua VI, 368). In diesem Zusam-
menhang betont er: „Jede Art Irrealität“, von der „die Idealität der Bedeutungen“ ein besonde-
rer Fall ist, „hat Weisen möglicher Anteilhabe an der Realität“ (Hua XVII, 163).
54 Vittorio De Palma

4.4. Das Fundierungsverhältnis zwischen intuitivem


und signitivem Akt
Die Akte der Ausdruckserscheinung und die der Bedeutungsintention
„bilden […] eine innig verschmolzene Einheit“ (45), aber sie sind nicht
gleichwertig bzw. ihre Relation ist ungleichseitig.
Die Bedeutungsintention bedarf immer eines anschaulich gegebenen
Zeichens als „Stütze“ oder „Anhalt“ (47, 586, 619, 622). Wenn wir aber
einen Ausdruck wahrnehmen, sind wir nicht auf das Gegebene (d. h. auf
das Zeichen), sondern auf das nicht Gegebene (d. h. auf das Bezeichnete)
gerichtet. Das Zeichen ist nicht für sich selbst thematisch, sondern dient
nur als Mittel, als Übergang, um etwas von ihm Verschiedenes zu meinen.
Denn „die anschauliche Vorstellung, in welcher sich die physische Worter-
scheinung konstituiert, erfährt eine wesentliche phänomenale Modifi-
kation, wenn ihr Gegenstand die Geltung eines Ausdrucks annimmt“
(47), da die Intention nicht auf das sinnlich gegenwärtige Wort, sondern
ausschließlich auf die in ihm vermöge des Aktes des Bedeutens gemeinte
Sache geht. Das ist besonders einsichtig, wenn sich eine Arabeske oder
ein Lautkomplex später als bedeutsames Schriftzeichen oder Lautgebilde
erweist. Es ist immer „der eine und selbe Inhalt“ anschaulich gegeben, aber
„es erscheint uns nicht bloß ein sinnlicher Zug auf dem Papier, sondern das
physisch Erscheinende gilt als ein Zeichen, das wir verstehen“, da der sinn-
gebende Aktcharakter „ein ganz anderer ist“ (72). Was „das verstehende
Auffassen des Wortzeichens von dem Auffassen eines sinnleeren Zeichens
unterscheidet“, ist also der Aktcharakter (75 f.; vgl. 73, 398).
So sind im Zeichenbewusstsein zwei aufeinander gestufte Auffassungen
desselben Inhaltes vorhanden, denen jeweils ein verschiedener intentio-
naler Gegenstand entspricht. Das Bedeuten setzt das Zeichen voraus, als
dessen Bedeuten es erscheint, also „einen Akt anschaulichen Vorstellens
als notwendiges Fundament“ (81). Die anschauliche Auffassung ist ganz
unabhängig von der auf ihr fundierten signitiven Auffassung, indem sie
bestehen kann, auch wenn Letztere nicht besteht. Findet aber die signitive
Auffassung statt, so dient die Vorstellung des Zeichens nur als Grundlage
für den Vollzug des Bedeutungsaktes, der sich auf einen anderen Gegen-
stand bezieht. Der Gegenstand des intuitiven Aktes, d. h. der Ausdruck an
sich bzw. der als Zeichen fungierende Inhalt, ist ein physisches Objekt so
gut wie irgendein beliebiger Federzug oder Tintenfleck auf dem Papier.
Als solcher ist er in Hinsicht auf seine sachliche Besonderheit „gleichgül-
tig“ (42; 622) und kann „willkürlich variieren“ (619), da „anstatt seiner ein
beliebiger anderer Wortlaut und in gleicher Funktion hätte stehen können“
Husserls phänomenologische Semiotik 55

(421). Für sprachliche Zeichen gilt also dasselbe wie für Schachfiguren:
„Was sie phänomenal und physisch konstituiert, ist ganz gleichgültig und
kann nach Willkür wechseln“ (74). Denn alles liegt am Aktcharakter der
Auffassung, der den Inhalten einen bestimmten Sinn gibt und sie so erst zu
Ausdrücken macht.

4.5. Die sprachliche Intentionalität


als Muster der Intentionalität überhaupt
All das gilt, insofern das Zeichen mit dem Bezeichneten inhaltlich nichts
gemein hat (vgl. 587 f., 591) und die Beziehung zwischen ihnen eine rein
konventionelle, d. h. „eine zufällige, äußerliche“, ist, so dass „identisch
dieselbe Signifikation jedem beliebigen Inhalt angehängt zu denken ist“
(622). Aber Husserl überträgt diese Beziehung auf die zwischen Empfin-
dung und Gegenstand und macht so die Wahrnehmung zu einer bloßen
Konvention. Denn die signitive Bedeutungsintention, die in der Apper-
zeption eines sinnlich Gegebenen als sprachlichen Zeichens fundiert ist,
gilt für ihn als Muster, nach dem alle Arten von Intentionalität verstan-
den werden, und zwar auch die von ihr strukturell verschiedene perzeptive
Intentionalität. Die Ausdrücke liefern die „allergünstigen Beispiele“ (398),
um die Struktur der Wahrnehmung zu veranschaulichen. Denn die verste-
hende Auffassung, in der sich das Bedeuten eines Zeichens vollzieht, und
die objektivierende Auffassung, in der die anschauliche Vorstellung eines
Gegenstandes erwächst, sind verwandt, da „jedes Auffassen […] ein Verste-
hen oder ein Deuten ist“ (80). Einem vermeintlichen
„Bewußtsein vor allen Erfahrungen […] bedeuten die Empfindungen
nichts, sie gelten ihm nicht als Zeichen für die Eigenschaften
eines Gegenstandes, ihre Komplexion nicht als Zeichen für den
Gegenstand selbst; sie werden schlechthin erlebt, ermangeln aber
einer (aus ‚Erfahrung‘ erwachsenden) objektivierenden Deutung.
Hier ist also von Bedeutung und Zeichen so gut die Rede wie bei
den Ausdrücken und verwandten Zeichen.“ (80)
Zwischen roher und beseelter Empfindung besteht dasselbe Verhältnis, das
zwischen bloßem und sinnbelebtem Wortzeichen besteht: Auch im ersten
Falle liegt der Unterschied einzig im Aktcharakter, der den Empfindungen
einen Sinn verleiht, sie durchgeistigt und auf diese Weise bewirkt, dass wir
ein Gegenständliches wahrnehmen (vgl. 399, 559). Wie die Zeichen im
Zeichenbewusstsein haben auch die Empfindungen im Wahrnehmungs-
56 Vittorio De Palma

bewusstsein eine bloß vermittelnde Funktion: sie dienen als Durchgang,


ohne bemerkt zu werden, da wir ausschließlich auf den von ihnen repräsen-
tierten Gegenstand thematisch gerichtet sind. Wie bei den Zeichen liegt
alles an der beseelenden Auffassung und nichts an der Besonderheit der
Inhalte; die Empfindungen sind nämlich formlos und können irgendwelche
Gegenstände repräsentieren. Die im Dualismus von Inhalt und Auffassung
bzw. von Hyle und Morphé gegründete Wahrnehmungslehre (vgl. Hua
III, 83 ff., 191 ff., 225 ff.) stammt aus einer Übertragung der höherstufigen
Konstitutionsweise der Sprachgegenstände auf die realen bzw. sinnlichen
Gegenstände (vgl. Gurwitsch 1957, 215 ff.; Kern 1975, 133 ff.). So verfällt
Husserl der von ihm selbst kritisierten Auffassung der Wahrnehmung als
Bild- oder Zeichenbewusstsein.12 „Die Wahrnehmungsvorstellung kommt
dadurch zustande, daß die erlebte Empfindungskomplexion von einem
gewissen Aktcharakter, einem gewissen Auffassen, Meinen, beseelt ist“ und
dass „der Inhalt der Empfindung sozusagen ein analogisches Baumaterial
abgibt für den Inhalt des durch sie vorgestellten Gegenstandes“ (80 f.). Wie
ein im Wahrnehmungsfeld gegebener Gegenstand kann also die Empfin-
dung entweder im Bewusstsein bloß gegenwärtig sein oder vermöge eines
deutenden Aktes als Zeichen oder Bild von etwas anderem fungieren bzw.
für ein anderes stehen. Auch in der Wahrnehmung, wie im Zeichen- und
Bildbewusstsein, haben wir bloß das eine gegenwärtig und meinen statt
seiner doch das andere. Selbst die Wahrnehmung erweist sich also in der
Tat – im Gegensatz zu dem, was Husserl vertritt – nicht als selbstgebendes,
sondern als mittelbares Bewusstsein bzw. bloße Repräsentation, da nur die
immanenten Empfindungen unmittelbar bzw. eigentlich gegenwärtig sind,
die „als die Fundamente der Auffassung“ (399) gelten und so derselben
Funktion in der Wahrnehmung dienen wie das Bild und das Zeichen im
Bild- und Zeichenbewusstsein.13 Wenn die Erlebnisse (das Innere bzw.

12 Zu dieser Kritik vgl. 384 ff., 436 ff.; Hua III, 89 ff., 110 ff., 206 ff.; Rang 1975.
13 Dieser Widerspruch wird besonders deutlich in einer Stelle der Logikvorlesungen von
1920/21. Einerseits ist die Wahrnehmung „originales Bewußtsein eines individuellen […]
Gegenstandes“ (Hua XI, 18 Anm. 1). „Es ist gefährlich, hierbei von Repräsentanten und
Repräsentiertem, von einem Deuten der Empfindungsdaten, von einer durch dieses ,Deuten‘
hinausdeutenden Funktion zu sprechen. Sich abschatten, sich in Empfindungsdaten darstel-
len ist total anderes als signitives Deuten“ (Hua XI, 17). Andererseits ist die Wahrnehmung
„ein mittelbares Bewußtsein, sofern unmittelbar nur eine Apperzeption gehabt ist, ein Bestand
von Empfindungsdaten […] und eine apperzeptive Auffassung, durch die eine darstellende
Erscheinung sich konstituiert“ (Hua XI, 18). „Ein transzendenter Gegenstand […] kann sich
nur dadurch konstituieren, daß als Unterlage ein immanenter Gehalt konstituiert wird, der nun
seinerseits sozusagen substituiert ist für die eigentümliche Funktion der ,Abschattung‘, einer
darstellenden Erscheinung, eines sich durch ihn hindurch Darstellens“ (Hua XI, 17).
Husserls phänomenologische Semiotik 57

Immanente) den Gegenstand (das Äußere bzw. Transzendente) repräsen-


tieren, so sind sie ja Zeichen bzw. Bilder von etwas, das nur durch Zeichen
bzw. Bilder zugänglich ist, was vom phänomenologischen Standpunkt aus
absurd ist. Diese Aporien erscheinen deutlich in der Repräsentationstheo-
rie der VI. Untersuchung. Um nämlich die Bilder- und Zeichentheorie und
ihre widersinnigen Konsequenzen zu überwinden, genügt es nicht, abzu-
lehnen, dass in der Wahrnehmung die Empfindungen vom Akt gemeint
werden, thematisch sind und als Gegenstand dienen (vgl. 80 f., 164 f.),
sondern man muss den cartesianischen Gedanken ganz aufgeben, dass die
immanenten Empfindungen das eigentlich und ursprünglich Gegebene
seien und als Repräsentanten der transzendenten Gegenstände fungieren14.
Immanente, formlose und nicht-intentionale Empfindungen, die von einer
ebenfalls immanenten, aber formgebenden und intentionalen Auffassung
beseelt werden, sind keine deskriptiven Gegebenheiten, sondern psycho-
logische Konstruktionen – theoretische Entitäten, die keinen Platz in der
Phänomenologie haben dürfen.
Der Wahrnehmungssinn ist nicht durch Analogie mit der sprachlichen
Bedeutung zu begreifen. Die sprachliche Bedeutung ist nicht in der Erfah-
rung gegeben, sondern wird ursprünglich in sinngebenden Akten gestif-
tet und kann nur nachträglich rezipiert werden. Der Wahrnehmungssinn
hingegen ist ursprünglich in der Erfahrung gegeben und kann seinerseits nur
nachträglich in Akten nachvollzogen, aufgegriffen und expliziert werden.
Denn er erwächst aus den sachlichen Zusammenhängen zwischen den sinn-
lichen Inhalten, nicht aus einem subjektiven Akt der Sinngebung. Die Sinn-
gebung setzt eine schon (und nicht wieder durch Sinngebung) konstituierte
sinnliche Erfahrung voraus. In diese Richtung bewegt sich Husserl selbst in
den zwanziger Jahren, indem er zwischen aktiver und passiver Konstitution
unterscheidet. Während im Falle der idealen bzw. kategorialen Gegenstände
„eine vorkonstituierende Aktivität der objektivierenden Erfassung voran-
geht“, ist das Erfassen der realen bzw. sinnlichen Gegenstände „zwar eine
Aktivität, aber es ist ein bloßes Rezipieren eines vorkonstituierten Sinnes“
(Hua XXXI, 53, 41). Was vor der Erfassung liegt, ist also nicht ein formloser
Stoff, der vom Akt beseelt würde, sondern eine wesensgesetzlich struktu-

14 „Sind das in der Wahrnehmung eigentlich Gegebene Sinnesdaten, dann ist entweder alles
gegenständlich Bewußte als Auffassungskorrelat bloße gedankliche Konstruktion, eine bloße
Bedeutung – die sinnlichen Daten gelten als eine Art Zeichen – oder wir erklären das anschau-
liche Gegebensein der Gegenstände […] aus einer Projektionsleistung zugrundeliegender
verborgener Tätigkeiten der Seele an irgendwelchen ebenfalls verborgenen Stoffen. Beide
Wahrnehmungstheorien bleiben einem vorphänomenologischen Bewußtseinsbegriff verhaf-
tet.“ (Melle 1983, 50 f.)
58 Vittorio De Palma

rierte Vorgegebenheit, die die Erfassung motiviert. Der vom Ich ausge-
hende intentionale Akt setzt hier eine vom Gegebenen ausgehende Affek-
tion voraus, er ist „motiviert durch Affektionen“ (Hua XI, 342; vgl. Hua XI,
84 f., 151; Hua IX, 131, 209). Es ist letztendlich die sachliche Besonderheit
der vorgegebenen Inhalte, die die sinnliche „Auffassung“ bestimmt und
ermöglicht. Einen sinnlichen Gegenstand zu erfassen, heißt demnach einen
„Sinn“ zu erfassen, der vom Subjekt nicht gestiftet, sondern nur passiv rezi-
piert werden kann. Die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks zu erfas-
sen, heißt dagegen, einen Sinn zu erfassen, der zunächst vom Subjekt aktiv
gestiftet worden ist und nur darum aufgenommen werden kann. Es handelt
sich dabei um den „fundamentalste[n]“ Unterschied, d. h. um den zwischen
sinnlichen Gegenständen, die „dem erfahrenden Subjekt passiv vorgegeben
sind und nur erfahrbar sind durch Vorgegebenheit“, und „Denkgegenstän-
den“, die „nur dadurch erfahrbar sind, daß sie das erfahrende Subjekt in
seinen thematischen Ichakten selbsttätig erzeugt hat“, und deren Gegeben-
heit die Vorgege­benheit und die logisch-kategoriale Formung der ersten
strukturell voraussetzt (Hua XI, 291).
Die Geschichte von Husserls Denken nach den Logischen Untersuchungen
ist somit auch die Geschichte der (obgleich nie endgültigen und eindeu-
tigen) Überwindung der in der I. Untersuchung eingeführten sprachlichen
Konzeption der Intentionalität durch die Analyse der Eigentümlichkeit,
die die sinnliche Konstitution auszeichnet (vgl. Welton 1983).

Literatur
Bernet, R. 1988: „Husserl’s Theory of Signs Revisited“, in: Sokolowski, R. (Hrsg.): Edmund
Husserl and the Phenomenological Tradition, Washington D.C., 1–24.
Costa, V. 1996: La generazione della forma. La fenomenologia e il problema della genesi in
Husserl e Derrida, Milano.
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5
Gianfranco Soldati

Die Objektivität der Bedeutung


(I. Logische Untersuchung,
§§ 24 –35)

Nachdem Husserl in den ersten beiden Kapiteln der Logischen Untersu-


chungen den Begriff der Bedeutung anhand einer Theorie des kommunika-
tiven Verstehens eingeführt hat, beschäftigt er sich in den Kapiteln 3 und
4 mit der These, dass es keine subjektiven Bedeutungen gibt, dass Bedeu-
tungen also immer objektiv sind. In Kapitel 3 etabliert Husserl die These
der Objektivität der Bedeutung durch die Analyse von Gegenbeispielen.
In Kapitel 4 erläutert Husserl die sich daraus ergebende Metaphysik der
Bedeutung.
In diesem Beitrag werden zuerst einige Züge von Husserls Bedeutungs-
theorie zusammengefasst, die den Rahmen für die anstehende Debatte
bilden. Es wird anschließend bestimmt, worum es bei der Frage nach
der Objektivität der Bedeutung überhaupt geht. Danach wird Husserls
Argumentation gegen die Möglichkeit subjektiver Bedeutungen darge-
stellt und schließlich wird seine Auffassung der Idealität der Bedeutung
erläutert.

5.1. Intention, Kommunikation, Bedeutung


Sprachliche Kommunikation ist in Husserls Augen ein Vorgang, in dem
sich typischerweise ein Subjekt, der Hörer, durch die Wahrnehmung der

 Husserl orientiert sich in seiner allgemeinen Bedeutungstheorie offensichtlich an einigen


Beispielen, die er wohl als paradigmatisch betrachtet. Die davon abweichenden Beispiele
werden dann einzeln behandelt und durch Hinzunahme relevanter Annahmen an den allge-
meinen Rahmen angepasst.
62 Gianfranco Soldati

Äußerung des Sprechers motiviert sieht, bestimmte Annahmen über den


Sprecher zu machen. Diese Annahmen betreffen die Art und Weise, wie
der Sprecher etwas meint. Damit dies gelingt, müssen mindestens zwei
Bedingungen erfüllt sein.
Erstens muss der Sprecher etwas meinen. Etwas zu meinen heißt laut
Husserl, einen intentionalen Akt zu vollziehen, wodurch sich ein Subjekt
in einer bestimmten Weise auf etwas (eine „Gegenständlichkeit“) richtet.
Intentionale Akte zeichnen sich dadurch aus, dass sie in Bezug auf ihre
Gegenständlichkeit korrekt oder inkorrekt sein können. Ein typischer Akt
dieser Art ist ein Urteilsakt, ein Erlebnis also, das vom Sprecher beispiels-
weise mit der Äußerung „Bucephalus ist ein Pferd“ ausgedrückt wird. Das
Urteil hat den Sachverhalt, dass Bucephalus ein Pferd ist, als Gegenständ-
lichkeit. Das Urteil ist korrekt, wenn Bucephalus tatsächlich ein Pferd ist.
Das Urteil wird jedoch nicht gegenstandslos lediglich dadurch, dass es
falsch ist.
Zweitens muss der Sprecher nicht nur etwas meinen, er muss darü-
ber hinaus den Satz mit einer bestimmten Absicht dem Hörer gegenü-
ber äußern. Husserl sagt, dass der Sprecher der Äußerung „in gewissen
psychischen Akten einen Sinn verleiht, den er dem Hörenden mitteilen
will“ (Hua XIX/1, 39). Der Sprecher äußert den Satz mit der Absicht, dem
Hörer etwas mitzuteilen.
Husserl unterscheidet die mitgeteilte Bedeutung vom kundgegebenen
Erlebnis. Mit der Äußerung „die drei Höhen eines Dreiecks schneiden sich
in einem Punkte“ gibt der Sprecher sein Urteil kund. Das kundgegebene
Urteil ist nicht die Bedeutung der Äußerung, denn, schreibt Husserl, „was
diese Aussage aussagt, ist dasselbe, wer immer sie behauptend aussprechen
mag, und unter welchen Umständen und Zeiten immer er dies tun mag;
und dieses selbige ist eben dies, daß die drei Höhen eines Dreiecks sich in einem
Punkte schneiden“ (Hua XIX/1, 49). Damit hat Husserl ein erstes, zentrales
Argument für die Objektivität der Bedeutung geliefert. Das Argument
lautet, zusammengefasst, dass die Bedeutung einer Äußerung zu trennen
ist von den in der sprachlichen Kommunikation kundgegebenen subjek-
tiven Erlebnissen, weil unterschiedliche Äußerungen mit ein und derselben
Bedeutung unterschiedliche Akte kundgeben können.

 Husserl unterscheidet die Motivation, um die es hier geht, von jener Motivation, die etwa
durch einen deduktiven, induktiven oder probabilistischen Schluss zu erhalten wäre (Hua
XIX/1, 32 f.). Die in Frage kommende Annahme hat außerdem nicht die Form eines Urteils,
sondern: der Hörer nimmt den Sprecher als eine Person wahr, die ein bestimmtes intentionales
Erlebnis kundgibt (Hua XIX/1, 40).
Die Objektivität der Bedeutung 63

Husserl unterscheidet nun aber die Bedeutung nicht nur vom kundge-
gebenen Akt, sondern auch von dem, worauf sich der Akt richtet. Er sagt
beispielsweise, dass die Ausdrücke „der Sieger von Jena“ und „der Besiegte
von Waterloo“ denselben Gegenstand nennen (nämlich Napoleon), aber
„Verschiedenes bedeuten“ (Hua XIX/1, 53). Bedeutungen verdanken ihre
Objektivität also nicht der Tatsache, dass sie mit dem zu identifizieren
wären, worauf unterschiedliche Akte intentional gerichtet sein können.
Die Behauptung, dass Bedeutungen objektiv sind, impliziert nicht, dass
sie uns in irgendeinem Sinn als Gegenstände gegeben sind. Ein Ausdruck
muss jedoch eine Bedeutung haben, um einen Bezug auf einen Gegen-
stand zu erhalten. Husserl schreibt, dass der Ausdruck den Gegenstand
„mittels seiner Bedeutung“ bezeichnet, und dass der Akt des Bedeutens
„die bestimmte Weise des den jeweiligen Gegenstand Meinens“ sei (Hua
XIX/1, 54 f).
Obwohl sprachliche Kommunikation eine zentrale Rolle in Husserls
Verständnis von Bedeutung spielt, teilt Husserl nicht die verbreitete
Meinung, dass Bedeutungen wesentlich sprachlich sind. Husserl vertritt
eine intentionalistische Position, der zufolge sprachliche Bedeutung vom
Inhalt intentionaler Erlebnisse abhängt. Es gibt keine Bedeutung, die nicht
(selbständig oder in Zusammenhang mit anderen Bedeutungen) Inhalt
eines intentionalen Aktes sein könnte. Kommt einem sprachlichen Zeichen
eine Bedeutung zu, so hängt dies von der Tatsache ab, dass es einen inten-
tionalen Akt gibt oder geben kann, der durch Verwendung des Ausdrucks
kundgegeben wird. Da intentionale Akte für Husserl bewusste Erlebnisse
sind, hängt sprachliche Bedeutung seinem Ansatz folgend vom Bewusstsein
ab. Wo es kein Bewusstsein gibt (oder geben kann), da gibt es auch keine
Bedeutung.
Die vorangegangenen Bemerkungen sollten ausreichen, um den Rahmen
zu setzen, in dem die nun folgenden Überlegungen zur Frage, ob es subjek-

 Der Vorwurf, Husserl habe Bedeutungen „vergegenständlicht“, stammt von Ernst Tugend-
hat (vgl. Tugendhat 1976, Kap 9 und 10). Ein Versuch, Husserl gegen diesen Vorwurf in Schutz
zu nehmen, findet sich in Soldati 1996.
 Die These, dass Bedeutungen wesentlich sprachlich sind, kann unterschiedlich verstan-
den werden. Im metaphysischen Sinn kann gemeint sein, dass Bedeutungen in ihrer Existenz
von Sprache abhängen: es gäbe keine Bedeutungen, die nicht sprachlich ausgedrückt werden
(starke), oder ausgedrückt werden können (schwache Abhängigkeit). In einem zweiten,
erkenntnistheoretischen Sinn wären Bedeutungen sprachlich, insofern sie uns nur über Spra-
che zugänglich sind. Sprachliche Artikulation wäre dann eine Bedingung, um Bedeutungen zu
erfassen. Husserl vertritt grundsätzlich keine dieser beiden Positionen, obwohl er der Meinung
ist, dass sich bei bestimmten Bedeutungen (beispielsweise bei komplexen mathematischen
Ausdrücken), der Umweg über die sprachliche Artikulation als unumgehbar erweisen kann.
64 Gianfranco Soldati

tive Bedeutung gibt, behandelt werden müssen. Husserl berücksichtigt


drei Ausdruckstypen: vieldeutige Ausdrücke, indexikalische Ausdrücke und
Demonstrativa (Husserl nennt beide „wesentlich okkasionelle Ausdrücke“),
und vage Ausdrücke.
Die Bedeutung solcher Ausdrücke scheint in Abhängigkeit von Faktoren
wie Zeit, Raum und den in der Kommunikation involvierten Personen zu
schwanken. Dies, so Husserl, scheint die Behauptung der Objektivität der
Bedeutung zu gefährden.
Bevor wir uns nun fragen, inwiefern die Objektivität der Bedeutung
gefährdet ist, müssen wir bestimmen, was denn genau mit Objektivität der
Bedeutung gemeint ist und warum sie in Husserls Augen so wichtig ist.

5.2. Objektivität der Bedeutung und Wahrheiten an sich


An einer zentralen Stelle des dritten Kapitels der I. Untersuchung schreibt
Husserl:
„In der Tat ist es klar, daß unsere Behauptung, es ließe sich jeder
subjektive Ausdruck durch einen objektiven ersetzen, im Grunde
nichts anderes besagt als die Schrankenlosigkeit der objektiven Vernunft.
Alles, was ist, ist ‚an sich‘ erkennbar, und sein Sein ist inhaltlich
bestimmtes Sein, das sich dokumentiert in den ‚Wahrheiten an
sich‘. […] Was aber in sich fest bestimmt ist, das muss sich objektiv
bestimmen lassen, und was sich objektiv bestimmen läßt, das läßt
sich, ideal gesprochen, in fest bestimmten Wortbedeutungen
ausdrücken.“ (Hua XIX/1, 95)
Husserl bringt hier eine Position zum Ausdruck, die man heute als realistisch
bezeichnen würde. Die Position beinhaltet drei Behauptungen, welche die
Schrankenlosigkeit der Vernunft charakterisieren sollen. Die erste These
ist metaphysisch: alles, was ist, ist inhaltlich bestimmt. Es gibt nichts, was
unbestimmt wäre. Die zweite ist erkenntnistheoretisch: alles, was ist, ist so
erkennbar, wie es ist. Die dritte ist semantisch: alles, was ist, lässt sich so
beschreiben, wie es ist. Die angesprochene Schrankenlosigkeit der Vernunft
besagt im gegebenen Zusammenhang, dass es nichts gibt, was sich nicht
durch einen wahren Satz beschreiben ließe, einen Satz, der grundsätzlich
verständlich ist, und dessen Wahrheit durch uns grundsätzlich erkennbar

 Im Folgenden konzentrieren wird uns auf okkasionelle Ausdrücke. Husserls Bemerkungen


zur Vagheit verdienen eine unabhängige Behandlung.
Die Objektivität der Bedeutung 65

ist. Es gibt kein Sein, dessen Bestehen von Faktoren abhinge, die unserer
Vernunft so grundsätzlich unzugänglich wären, dass wir es weder denken
noch erkennen könnten.
Die geschilderte Position darf nicht verwechselt werden mit der radikal
rationalistischen Behauptung, wonach jede Wahrheit a priori feststellbar
wäre. Nichts in dem, was Husserl sagt, impliziert, dass es möglich sein sollte,
jede Behauptung durch ausschließliche Verwendung der Vernunft zu recht-
fertigen. Es geht eher um die These, dass es keine Umstände gibt, die mehr
rechtfertigen, als das, was durch die Vernunft zu erfassen ist. Die Vernunft
reicht grundsätzlich aus, um all das zu erfassen, was sich rechtfertigen lässt.
Realismus und Antirealismus sind nicht Positionen, die man ein für
alle Mal, und zwar unabhängig von den Eigenschaften und Gegenstän-
den, von welchen die Rede ist, einnehmen wird. Man wird sich vielmehr
für den Realismus in einem Gebiet und für den Antirealismus im anderen
entscheiden. Husserl hat seine Position im Verlauf seiner Karriere mehr-
mals geändert und es gibt wenig Stellen, an denen er den Realismus so
uneingeschränkt vertritt wie hier. Es ist dennoch klar, dass Husserl in den
Kapiteln 3 und 4 der I. Untersuchung von der Überzeugung ausgeht, dass
die Behauptung der Objektivität der Bedeutung mit einer starken Form
von Realismus einhergeht.
Husserl setzt den Realismus in direkten Zusammenhang mit der Behaup-
tung, „es ließe sich jeder subjektive Ausdruck durch einen objektiven erset-
zen“ (die Ersetzbarkeitsthese). Der Unterschied zwischen objektiven und
subjektiven Ausdrücken wird wie folgt definiert:
„Wir nennen einen Ausdruck objektiv, wenn er seine Bedeutung
bloß durch seinen lautlichen Erscheinungsgehalt bindet, bzw.
binden kann, und daher zu verstehen ist, ohne daß es notwendig
des Hinblickes auf die sich äußernde Person und auf die Umstände
ihrer Äußerung bedürfte.“ (Hua XIX/1, 86)
Subjektive Ausdrücke wären somit Ausdrücke, bei denen die genannte
Unabhängigkeit von Person und Umständen nicht vorhanden ist. Wir
können sagen, dass subjektive Ausdrücke nur von einem bestimmten Stand-
punkt aus vollständig verständlich sind, während das Verstehen objektiver
Ausdrücke von keinem spezifischen Standpunkt abhängt.

 Typische subjektive Ausdrücke sind indexikalische Ausdrücke wie „ich“‚ „hier“ und „jetzt“.
Um die vollständige Bedeutung des Ausdrucks „ich“ zu verstehen, muss man wissen, wer ihn
geäußert hat; um die vollständige Bedeutung des Ausdrucks „hier“ zu verstehen, muss man
wissen, wo sich der Sprecher befindet, usw. Wir werden später Husserls Verständnis der
Semantik solcher Ausdrücke im Detail besprechen.
66 Gianfranco Soldati

Ein subjektiver Ausdruck ist laut Husserl durch einen objektiven ersetz-
bar, wenn beide Ausdrücke dieselbe Bedeutung haben. Die Ersetzbar-
keitsthese besagt somit, dass es für jeden Ausdruck, dessen Bedeutung nur
unter Berücksichtigung der Umstände seiner Äußerung verstanden werden
kann, einen gleichbedeutenden Ausdruck gibt, der ohne Berücksichtigung der
spezifischen Umstände seiner Verwendung verstanden werden kann. Damit
sollte gewährleistet sein, dass es keine Bedeutung gibt, die ausschließlich
unter Berücksichtigung des spezifischen Kontextes ihrer sprachlichen Arti-
kulierung verstanden werden kann. Im Bereich der Bedeutungen gilt der
bei Ausdrücken bestehende Unterschied zwischen subjektiv und objektiv
nicht. Bedeutungen sind immer objektiv.
Auf die Art und Weise, wie Husserl die Ersetzbarkeitsthese zu etablieren
versucht, werden wir noch zurückkommen. Wir haben uns vorgenommen,
zuerst zu verstehen, warum dieses Ergebnis wichtig ist, und worum es dabei
geht. Husserl selber meint, dass die Ersetzbarkeitsthese „nichts anderes
besagt als die Schrankenlosigkeit der objektiven Vernunft“. Genau genommen
stimmt das vermutlich nicht. Man kann aber leicht rekonstruieren, was
Husserl damit meint. Wir haben bereits gesehen, was mit der Schranken-
losigkeit der Vernunft in Bezug auf Bedeutung gemeint ist: nichts besteht,
was sich nicht durch einen für uns verständlichen Satz beschreiben ließe.
Die Ersetzbarkeitsthese etabliert, dass es keine Bedeutung gibt, die nur
von einem bestimmten Standpunkt aus verstanden werden könnte. Aus den
beiden Behauptungen ergibt sich nun, dass nichts besteht, was sich nicht
durch einen Satz beschreiben ließe, der für uns unabhängig von seinem
Äußerungskontext verständlich wäre. Anders gesagt: das Bestehen und die
Erfassbarkeit jeder Wahrheit ist unabhängig sowohl von den Umständen,
in denen sie behauptet oder verstanden werden, wie von den Subjekten, die
sie behaupten oder verstehen. Wahrheiten bestehen und sind verständlich
an und für sich: sie bestehen nicht für den einen und nicht für den anderen
und sie sind nicht für den einen (grundsätzlich) verständlich und für den
anderen nicht. Wahrheit ist nicht relativ.

 Husserl schreibt, „daß, ideal gesprochen, jeder subjektive Ausdruck, bei identischer Festhal-
tung der ihm augenblicklich zukommenden Bedeutungsintention, durch objektive Ausdrücke
ersetzbar ist“ (Hua XIX/1, 95).
 Es ist beispielsweise nicht klar, warum die Ablehnung des semantischen Realismus nicht mit
der Ersetzbarkeitsthese kompatibel sein könnte. Selbst wenn es Bereiche der Realität gäbe,
die für uns grundsätzlich undenkbar sind, wofür wir keine angemessen Beschreibung liefern
können, hieße dies nicht, dass es irgendeinen Standpunkt geben muss, von dem aus gesehen
jene Bereiche denkbar wären.
Die Objektivität der Bedeutung 67

5.3. Wesentlich okkasionelle Ausdrücke


Damit ist klar, warum Husserl einen so großen Wert auf die Ersetzbarkeit
subjektiver Ausdrücke durch objektive legt. Wir wollen nun seine Argu-
mentation zugunsten der Ersetzbarkeitsthese rekonstruieren. Um dies zu
tun, müssen wir seine detaillierte Analyse der Semantik subjektiver Ausdrü-
cke genauer untersuchen.
Husserl beginnt mit der Beobachtung, dass es Ausdrücke gibt, die zufäl-
ligerweise mehrere Bedeutungen besitzen. Wir haben es dann mit einer
„Äquivokation“ (Hua XIX/1, 85) zu tun: der Ausdruck „Bank“ kann sowohl
für ein Geldinstitut als auch für eine Sitzbank stehen. Es liegt „in unserer
Willkür, einen solchen Ausdruck auf eine Bedeutung zu beschränken“
(ebd.). Anders verhält es sich bei den Ausdrücken, die Husserl „wesentlich
okkasionell“ nennt. Bei einem solchen Ausdruck gilt notwendigerweise, dass
seine „jeweils aktuelle Bedeutung nach der Gelegenheit, nach der redenden
Person und ihrer Lage“ orientiert ist (Hua XIX/1, 87). Man kann nicht
willkürlich entscheiden, die Bedeutung eines solchen Ausdrucks auf einen
bestimmten Anwendungsbereich einzuschränken. Wer stipuliert, dass das
Wort „hier“ nur verwendet werden darf, um sich auf den Ort zu beziehen,
an dem sich der Papst gerade befindet, der hat dem deutschen Ausdruck
„hier“ eine vollkommen neue Bedeutung verliehen.
Zu den wesentlich okkasionellen Ausdrücken gehören laut Husserl nicht
nur Personalpronomina (wie „ich“ und „du“), Demonstrativa (wie „dies“),
und „die auf das Subjekt bezogenen Bestimmungen hier, dort, oben, unten,
jetzt, gestern, morgen, nachher, usw.“ (Hua XIX/1, 90), sondern auch „alle
Ausdrücke, welche diese oder ähnliche Vorstellungen als Teile enthalten“
(Hua XIX/1, 91). Dazu gehören laut Husserl beispielsweise Ausdrücke für
„Wahrnehmungen, Überzeugungen, Bedenken, Wünsche, Befehle, usw.“
(ebd.) und viele Verwendungen der bestimmten Artikel „der“, „die“ und
„das“. Es geht hier also um eine durchaus bedeutende Klasse sprachlicher
Ausdrücke.
Husserl untersucht zuerst Personalpronomina, und zwar den Ausdruck
„ich“ (Hua XIX/1, 88). Offensichtlich meint jeder Sprecher bei Verwen-
dung des Ausdrucks „ich“ sich selbst, und man muss wissen, wer den
Ausdruck verwendet, um zu wissen, auf wen er sich bezieht. Husserl

 Husserl gibt folgendes Beispiel: wenn jemand am Abend „die Lampe“ verlangt, so meint
er seine Lampe, und zwar jeder seine eigene. Husserl gibt kein Beispiel für die anderen ange-
sprochenen Ausdrücke. Vermutlich meint er Folgendes: der Befehl „Geh nach Hause!“, der
Wunsch „Eis!“ usw. sind immer nur in einem Kontext vollständig verständlich.
68 Gianfranco Soldati

bemerkt zu Recht, dass der Ausdruck auch außerhalb eines Äußerungskon-


textes eine Bedeutung hat. Wer ein solches Wort „liest, ohne zu wissen,
wer es geschrieben hat“, versteht, wer damit gemeint ist, nämlich: „der
jeweilig Redende, der sich selbst bezeichnet“ (ebd.). Husserl nennt die
Bedeutung, die dem Ausdruck „ich“ unabhängig von seinem Äußerungs-
kontext zukommt, die „allgemeine Bedeutungsfunktion des Wortes ‚ich‘“.
Die Funktion erlaubt uns, von einer partikulären Äußerung von „ich“
ausgehend, den Redenden herauszufinden. Den Ausdruck „ich“ zu verste-
hen heißt also zuerst einmal, diese Funktion zu erfassen. Den Ausdruck
richtig zu verwenden heißt, ihn zu verwenden, um sich auf sich selbst als
der Redende zu beziehen.
Nun beobachtet Husserl, dass der Begriff, durch den wir diese Funktion
ausdrücken, nicht der Begriff ist, der „unmittelbar und selbst“ die Bedeu-
tung von „ich“ ausmacht. Husserl meint, dass die Ausdrücke „ich“ und
„der jeweilig Redende“ nicht dieselbe Bedeutung haben, weil sie „offen-
bar“ nicht gegenseitig ersetzbar sind. Man kann sich fragen, ob das stimmt.
Könnte man nicht sagen, dass der Ausdruck „ich“ bei jeder Verwendungen
dieselbe Bedeutung hat, nämlich die genannte Funktion, und dass sich
lediglich der Bezugsgegenstand von Fall zu Fall ändert? Der mathematische
Funktionsausdruck „Quadratwurzel“ hat eine feste Bedeutung, obwohl er
bei Anwendung auf unterschiedliche Zahlen verschiedene Werte ergibt.
„Quadratwurzel von vier“ meint nicht dasselbe wie „Quadratwurzel von
neun“, doch das liegt nicht an der Tatsache, dass der Ausdruck „Quadrat-
wurzel“ mit unterschiedlicher Bedeutung verwendet wird. So könnte man
vorschlagen, dass bei jeder Äußerung der Form „Ich bin F“ der Ausdruck
„ich“ durch „der (gerade) Redende“ ersetzbar wäre.
Husserl müsste an dieser Stelle mehr sagen, um die genannte Unersetz-
barkeit als unmittelbar einleuchtend erscheinen zu lassen.10 Wichtig für uns
ist festzustellen, dass er eine Unersetzbarkeitsthese aufstellt: die Bedeutung
des Wortes „ich“ sei nicht identisch mit der Bedeutung des Wortes „der
Redende“. In Hinsicht auf die oben erwähnte Ersetzbarkeitsthese wird

10 Andere haben es nach Husserl getan. So wird oft beobachtet, dass ich glauben kann, dass der
Redende F ist, ohne zu glauben, dass ich F bin, nämlich genau dann, wenn ich nicht gemerkt
habe, dass ich geredet habe. Schwieriger wird es mit der Berücksichtigung der Referenzre-
gel für den Begriff Ich. Die entsprechende Regel dazu lautet: der Begriff Ich bezieht sich auf
den Denker des Gedankens, in dem der Begriff angewandt wird. Es wurde argumentiert, dass
ein Subjekt nicht ein Urteil bei bewusster Verwendung jenes Begriffes fällen kann, ohne sich
zugleich als den Referenten jenes Begriffs zu betrachten. Genaueres dazu in den in Frank 1994
gesammelten Aufsätzen (besonders von Castañeda, Evans und Perry). Zur neueren Diskussion
vgl. Peacocke 2008 (dazu auch Soldati 2009).
Die Objektivität der Bedeutung 69

sich somit die Frage stellen, durch welchen anderen nicht okkasionellen
Ausdruck das Wort „ich“ ersetzbar sei.
Nach dem nun Husserl die Idee verworfen hat, dass die Bedeutung von
„ich“ bei jeder Verwendung dieselbe sei, geht er zur entgegengesetzten
Position über, wonach die Bedeutung des Ausdrucks „ich“ „in der unmit-
telbaren Vorstellung der eigenen Persönlichkeit“ (Hua XIX/1, 88) liege:
„Jeder Redende hat seine Ichvorstellung (und damit seinen Individual-
begriff von ich), und darum ist bei jedem die Bedeutung des Wortes eine
andere“ (ebd.). Damit stellt sich unmittelbar die Frage, wie diese individu-
elle Bedeutung in der Kommunikation vermittelt wird.
In Kapitel 3 liefert Husserl einen Versuch, die Verwendung von „ich“ in
der „kommunikativen Rede“ zu analysieren. Er merkt, dass die vorgeschla-
gene Lösung nicht vollständig überzeugt und verweist in einer Fußnote
auf die zweite Fassung der VI. Logischen Untersuchung, wo die Frage
ausführlicher behandelt wird. Eine Rekonstruktion von Husserls Lösungs-
versuch muss beide Stellen berücksichtigen.
Nennen wir den Individualbegriff, den jeder Redende von sich selbst hat,
ego. Jeder von uns hat seinen eigenen ego Begriff, es gibt also den egoHans-
Begriff, den egoAnna-Begriff, usw. In welcher Beziehung steht ein solcher
Begriff zur Verwendung von „ich“ in der Kommunikation? Husserls erster
Versuch (ebd.) lautet: der Ausdruck „ich“ dient dem Hörer als Anzeige für
die Tatsache, dass der Sprecher sich mit seinem persönlichen ego-Begriff
meint. Anders gesagt: äußert der Sprecher einen Satz, der das Wort „ich“
beinhaltet, so bietet dies dem Hörer ein Motiv anzunehmen, dass der Spre-
cher sich selbst mit seinem eigenen ego-Begriff meint. Sagt Hans Anna
gegenüber „ich bin glücklich“, so weiß Anna, dass Hans glaubt, dass egoHans
glücklich ist.
Husserl merkt sofort, dass dies nicht geht. Wir können nämlich das Wort
„ich“ „nicht als Äquivokum ansehen, dessen Bedeutungen mit denjenigen
aller möglichen Eigennamen von Personen zu identifizieren seien“ (Hua
XIX/1, 88 f.).11 Wir haben es hier erneut mit einem Problem der Ersetz-
barkeit zu tun: wäre egoHans die Bedeutung von „ich“ in Hans Äußerung,
so könnte Hans sagen „egoHans ist glücklich“, statt „ich bin glücklich“. Das
kann aber nicht sein, da im Ausdruck „egoHans“ nichts vor der allgemeinen
Bedeutungsfunktion des Ausdrucks „ich“ übrig geblieben ist. Die beiden

11 Dies liegt nicht etwa an der Tatsache, dass Eigennamen, im Unterschied zu indexikalischen
Ausdrücken, einen deskriptiven Gehalt hätten. Husserl schreibt: „[…] der Eigenname nennt
den Gegenstand ‚direkt‘. Er meint ihn nicht in attributiver Weise.“ (Hua XIX/2, 555).
70 Gianfranco Soldati

Ausdrücke haben eine unterschiedliche Bedeutung und sind daher nicht


gegenseitig austauschbar.12
Husserls erste Reaktion auf diesen Befund besteht nun darin, zwei Bedeu-
tungen anzunehmen, eine anzeigende und eine angezeigte. Die allgemeine
Bedeutungsfunktion wäre die anzeigende, der individuelle Ich-Begriff die
angezeigte. In der VI. Untersuchung kommt Husserl auf diese Idee zurück
und stellt die These auf, dass die spezifische individuelle Ich-Vorstellung zur
Bestimmung der allgemeinen Bedeutungsfunktion dient. Bei der Begrün-
dung dieser These macht Husserl einen wichtigen Schritt: er vergleicht
Personalpronomina mit Demonstrativa. Um dies zu verstehen, müssen wir
uns kurz auf Husserls Analyse der Semantik der Demonstrativa einlassen.
Bereits in der I. Untersuchung beobachtet Husserl, dass auch der
Ausdruck „dies“ eine Funktion als allgemeine Bedeutung besitzt.13 Die
Funktion kann laut Husserl so beschrieben werden: der im „Anschauungs-
oder Denkbereich“ liegende Gegenstand. Dieser allgemeinen anzeigenden
Bedeutung kommt bei jeder Verwendung des Ausdrucks eine partikuläre
Vorstellung, zum Beispiel eine perzeptuelle Anschauung des Gegenstandes,
hinzu.14 Welche Rolle spielt nun diese konkrete Vorstellung des Gegen-
stands gegenüber der allgemeinen Bedeutung? In der VI. Untersuchung
schreibt Husserl:
„Ich nehme, wenn ich dies sage, nicht bloß wahr; sondern auf Grund
der Wahrnehmung baut sich ein neuer, sich nach ihr richtender,
in seiner Differenz von ihr abhängiger Akt auf, der Akt des Dies-
Meines. In diesem hinweisenden Meinen liegt und liegt ganz
alleine die Bedeutung. […] Die Wahrnehmung realisiert also
die Möglichkeit für die Entfaltung des Dies-Meinens mit seiner
bestimmten Beziehung auf den Gegenstand […]; aber sie konstituiert

12 Auch an diesem Beispiel lässt sich der oben genannte Test ausführen: Hans kann seine
Überzeugung mit „ich bin glücklich“ ausdrücken, ohne bereit zu sein, der Behauptung, „Hans
ist glücklich“, zuzustimmen, weil er beispielsweise nicht weiß, dass er Hans ist.
13 „Was für Personalpronomina gilt, das gilt freilich auch für die Demonstrativa. […] Das
vereinzelt gelesene dies entbehrt wieder seiner eigentlichen Bedeutung, und verstanden wird
es nur insofern, als es den Begriff seiner hinweisenden Funktion (das, was wir die anzeigen-
den Bedeutung des Wortes nennen) erregt. Die volle und wirkliche Bedeutung kann aber sich
in jedem Falle seiner normalen Funktion nur auf Grund der sich zudrängenden Vorstellung
dessen entfalten, worauf es sich gegenständlich bezieht.“ (Hua XIX/1, 89)
14 Husserl ist der Auffassung, dass es nicht nur perzeptuelle, sondern auch imaginative und
gedankliche Demonstrativa gibt. Im Folgenden werden wir uns auf die perzeptuellen konzen-
trieren.
Die Objektivität der Bedeutung 71

[…] nicht selbst die Bedeutung, auch nicht einem Teile nach.“ (Hua
XIX/2, 554)
Die Situation wird hier vom Standpunkt des Sprechers betrachtet.
Behauptet er, „dies ist F“, so gibt er ein demonstratives Urteil kund, welches
einen partikulären Gegenstand betrifft, nämlich den Gegenstand, den er
wahrnimmt. In welcher Beziehung steht nun also das demonstrative Urteil
zur Wahrnehmung? Husserls Antwort lautet: das Urteil hängt in seiner
Differenz von der Wahrnehmung ab. Anders gesagt: es gibt kein demonstra-
tives Urteil, das keine perzeptuelle Anschauung involviert. Verschiedene
perzeptuelle Urteile unterscheiden sich voneinander lediglich dadurch,
dass sie verschiedene Wahrnehmungen beinhalten. Ein demonstratives
Urteil ist ein Erlebnis, welches eine Wahrnehmung als Teil hat.15 Demons-
trative Urteile unterscheiden sich voneinander lediglich dadurch, dass sie
verschiedene Wahrnehmungen enthalten. Der rein begriffliche Teil bleibt,
was die Bezugnahme auf den Gegenstand betrifft, derselbe.
Welche ist nun die Bedeutung des demonstrativen Urteils? Auf der einen
Seite sagt Husserl in der oben zitierten Stelle, dass das perzeptuelle Erleb-
nis die Bedeutung nicht konstituiert, auch nicht teilweise. Vier Seiten später
schreibt er allerdings, dass sich für den Sprecher „erst mit der ergänzenden
Vorstellung […] die volle und eigentliche Bedeutung des Demonstrativum“
konstituiert (Hua XIX/2, 557). Es bieten sich unterschiedliche interpreta-
torische Auswege.16 Wir wollen uns auf die beschränken, die am besten in
den allgemeinen theoretischen Rahmen passt.
Das bestimmende perzeptuelle Erlebnis hat einen Inhalt, es präsentiert
den wahrgenommenen Gegenstand in einer bestimmten Weise. Die Art
und Weise, wie der Gegenstand in der Wahrnehmung erscheint, ist nicht
begrifflich. Dem Inhalt der Wahrnehmung entspricht somit keine Bedeu-
tung. Es gibt keinen Ausdruck, dessen Inhalt dem Inhalt der Wahrnehmung
entsprechen würde. Im demonstrativen Urteil kommt der begriffliche
Inhalt des Urteils dem perzeptuellen Inhalt der Wahrnehmung hinzu. Es
gibt dann aber nicht zwei Inhalte, sondern nur einen,17 der teilweise begriff-
lich und teilweise nicht begrifflich ist. Im demonstrativen Urteil denkt der
Sprecher an den Gegenstand als den Gegenstand, der ihm perzeptuell so-und-

15 Husserl erläutert seine Auffassung des Verhältnisses zwischen Abhängigkeit und der Bezie-
hung des Ganzen zu seinen Teilen in der III. Untersuchung.
16 Vgl. z. B. Gurwitsch 1977, Künne 1982, Mulligan/Smith 1986, van der Schaar 1995, Beyer
2007.
17 Husserl spricht von einer „untrennbar einheitlichen Bedeutung“ (Hua XIX/2, 557). Er
sollte eher von einheitlichem Inhalt sprechen.
72 Gianfranco Soldati

so erscheint. Der Inhalt des mit „dies ist F“ kundgegebenen Urteils kann wie
folgt beschrieben werden: der f-erscheinende Gegenstand ist F,18 wobei f
keinen Begriff bezeichnet, und daher auch keine sprachliche Bedeutung,
sondern eine perzeptuelle Gegebenheitsweise, eine Art und Weise, wie der
Gegenstand in der Wahrnehmung erscheint19. Um also ein Erlebnis mit
dem genannten demonstrativen Inhalt zu haben, reicht es nicht zu denken,
man muss auch wahrnehmen.
Nun versteht man, wie Husserl bei der Analyse der Situation des Hörers
auf den Unterschied zwischen anzeigender und angezeigter Bedeutung
kommen konnte. Typischerweise hat der Hörer nicht dieselbe Wahrneh-
mungsperspektive auf den Gegenstand wie der Hörer. Daher hat der Hörer
in der Kommunikationssituation keinen Zugang zum perzeptuellen Inhalt
des Sprechers. Der Hörer urteilt aufgrund der Äußerung des Sprechers,
dass der Sprecher den Gegenstand meint, der ihm in einer bestimmten
perzeptuellen Weise erscheint. Der Hörer kann aber in seiner eigenen
Weise, an den Gegenstand zu denken, nicht dieselbe perzeptuelle Erschei-
nungsform anfügen. Der Hörer erfasst beim Verstehen der demonstrativen
Äußerung eine Bedeutung, die den perzeptuellen Inhalt des demonstra-
tiven Urteils des Sprecher anzeigt.
Wir können nun endlich zum Ausdruck „ich“ zurückkehren. Aufgrund
von Husserls Analyse der Demonstrativa verstehen wir nun, was er meint,
wenn er sagt, dass beim Ausdruck „ich“ „zwei Bedeutungen aufeinander
gebaut“ sind (Hua XIX/1, 89). Wir müssen offensichtlich davon ausge-
hen, dass jeder von uns sich selbst in einer bestimmten (perzeptuellen oder
wahrnehmungsähnlichen, zum Beispiel introspektiven) Weise gegeben
ist, und dass Ich-Urteile von diesem Zugang abhängen. Die bei diesem
Zugang erhaltene nicht begriffliche Vorstellung seiner selbst ergänzt im
Urteil die allgemeine Bedeutungsfunktion des Ausdrucks „ich“. Der Hörer
hat keinen Zugang auf jene Vorstellung, er erfasst allerdings die allgemeine
Bedeutung, die ihm ermöglicht, sich darauf als angezeigten Inhalt des
Urteils zu beziehen.
So elegant sie erscheinen mag, die so skizzierte Lösung wirft ernsthafte
Probleme auf, darunter die mindestens seit Hume gestellte Frage, ob es

18 Zu betonen ist hier, dass laut Husserl im demonstrativen Urteil die perzeptuelle Erschei-
nungsform nicht attributiv, sondern referentiell verwendet wird. Der Sprecher urteilt nicht,
dass etwas f ist, und dass das, was f ist, F ist (vgl. Hua XIX/2, 554). Die Erscheinung f darf
auch nicht als statisch oder atomar betrachtet werden. Der beim demonstrativen Urteil
vorkommende perzeptuelle Inhalt ist gewöhnlich komplex und dynamisch.
19 Die Bezugnahme auf diesen perzeptuellen Inhalt könnte beispielsweise rein demonstrativ
sein.
Die Objektivität der Bedeutung 73

denn wirklich eine nicht begriffliche Gegebenheitsweise des Selbst gäbe.


Die für uns entscheidende Frage ist aber eine andere: ist damit die Ersetz-
barkeitsthese, und die damit einhergehende These der Objektivität der
Bedeutung gesichert?

5.4. Die Ersetzbarkeitsthese


Nachdem Husserl seine detaillierte Analyse der subjektiven Ausdrücke
geliefert hat, stellt er die Frage: „Zerfallen also die Bedeutungen auch in
subjektive und objektive?“ (Hua XIX/1, 94) Seine Antwort lautet: „Man
wird sich entscheiden müssen, daß eine solche Auffassung untriftig wäre“
(Hua XIX/1, 95). Als Argument liefert er lediglich „den Umstand, daß,
ideal gesprochen, jeder subjektive Ausdruck […] durch objektive Ausdrü-
cke ersetzbar ist“ (ebd.). Genau das steht nun aber zur Debatte.
Offensichtlich meint Husserl, dass seine Analyse der subjektiven Ausdrü-
cke genügend Argumente geliefert hat, um diese Ersetzbarkeitsthese zu
rechtfertigen. Fragen wir uns also, inwiefern dies der Fall sein könnte. Eine
relativ einfache und unmittelbare Antwort wäre: ja, sowohl indexikalische
Ausdrücke wie Demonstrativa haben eine allgemeine Bedeutung, die durch
Ausdrücke wie „der Redende“, „der wahrgenommene Gegenstand“ usw.
ersetzt werden können. Anders gesagt: das, was wahr ist, wenn J. F. Kenne-
dys Äußerung „ich bin ein Berliner“ wahr ist, ist genau das, was wahr ist,
wenn der Mensch, der jene Äußerung gemacht hat, ein Berliner ist. Es ist
die Bedeutung, die jeder versteht, wenn er den Satz hört oder liest, ohne zu
wissen, wer ihn geäußert hat. Es ist allerdings nicht der Inhalt des kundge-
gebenen Urteils. Im strikten Sinn gilt die Ersetzbarkeitsthese also nicht. Es
gibt keinen Ausdruck, mit dem man einen okkasionellen Ausdruck ersetzen
könnte, in der Art, dass das dadurch kundgegebene Urteil denselben Inhalt
hätte wie das durch Verwendung des okkasionellen Ausdrucks kundgege-
bene Urteil.

5.5. Die Idealität der Bedeutung


Im vierten Kapitel der I. Untersuchung steht: „Die Bedeutung verhält sich
also zu den jeweiligen Akten des Bedeutens […] wie die Röte in specie zu
den hier liegenden Papierstreifen, die alle dieselbe Röte ‚haben‘.“ (Hua
XIX/1, 106)
74 Gianfranco Soldati

Jeder intentionale Akt, der sich durch eine Äußerung kundgeben lässt,
beinhaltet ein „Moment“, das als Einzelfall der Bedeutungsspezies betrach-
tet werden kann. Das Moment ist ein abhängiger realer Teil des Erlebnisses.
Anders gesagt: es trägt etwas zur phänomenalen Natur des Erlebnisses bei,
zur Art und Weise, wie das Erlebnis im Bewusstsein erlebt wird. Husserls
These ist nun, dass Bedeutungen nichts anderes sind, als ideale Gegen-
stände, Universalien, die durch jene Momente exemplifiziert werden.
Freilich gehört nicht all das, was die phänomenale Natur eines intentio-
nalen Aktes ausmacht, zu dem Teil des Aktes, der eine Bedeutung exempli-
fiziert. Husserl betont beispielsweise, dass die bildliche oder phonetische
Vorstellung des Wortes, das zur Kundgabe des Ausdrucks verwendet wird,
nicht zu dem gehört, was die Bedeutung exemplifiziert. Das intentionale
Erlebnis besitzt eine phänomenale Eigenschaft, die einzig und alleine der
Bedeutung der Ausdrücke entspricht, welche zur Kundgabe des Aktes
verwendet werden können. Das bedeutet nicht, dass die Bedeutung irgend-
welche sensorische Bestandteile beinhalten würde.
Reale Teile eines intentionalen Aktes sind subjektiv: sie zeichnen die
phänomenale Natur eines Erlebnisses aus. Bedeutungen sind objektiv, sie
sind das, was an und für sich wahr ist und was an und für sich von jedem
erfasst werden kann. Husserls Auffassung der Beziehung zwischen den
intentionalen Akten und der Bedeutung der sie kundgebenden Äußerungen
liefert ein Modell, um die Objektivität der Bedeutung mit dem subjektiven
Charakter der Erlebnisse des Meinens und des Verstehens in Einklang zu
bringen.

Literatur
Beyer, C. 2007: „Edmund Husserl“, in: Zalta, E. N. (Hrsg.): The Stanford Encyclopedia of
Philosophy (Winter 2007 Edition) (http:// http://plato.stanford.edu/entries/husserl/).
Frank, M. (Hrsg.) 1994: Analytische Theorien des Selbstbewußtseins, Frankfurt/M.
Gurwitsch, A. 1977: „Outlines of a Theory of Essentially Occasional Expressions“, in:
Mohanty, J. N. (Hrsg.): Readings on Edmund Husserl’s Logical Investigations, The Hague,
112–127.
Künne, W. 1982: „Indexikalität, Sinn und propositionaler Gehalt“, in: Grazer Philosophische
Studien 18, 41–74.
Mulligan, K./Smith, B. 1986: „A Husserlian Theory of Indexicality“, in: Grazer
Philosophische Studien 28, 133–163.
Peacocke, C. 2008: Truly Understood, Oxford.+
Schaar, M. van der 1995: „The Cognitive Value of Indexical Sentences: Kaplan versus
Husserl“, in: Hill, J./Kotatko, P. (Hgg.): Karlovy Vary Studies in Reference and Meaning,
Prag, 286–299.
Die Objektivität der Bedeutung 75

Soldati, G. 1996: „Bedeutungen und Gegenständlichkeiten. Zu Tugendhats sprachanaly-


tischer Kritik von Husserls früher Phänomenologie“, in: Zeitschrift für philosophische
Forschung 50, 410–441.
Soldati, G. 2009: „The Role of Experience in Self-Knowledge“, in: Coliva, A. (Hrsg.): The
Self and Self-Knowledge, Oxford.
Tugendhat, E. 1976: Vorlesungen zur Einführung in die sprachanalytische Philosophie,
Frankfurt/M.
6
Peter Simons

Zugang zum Idealen:


Spezies und Abstraktion
(II. Logische Untersuchung,
§§ 1–12)

6.1. Einleitung
Die zweite Logische Untersuchung heißt „Die ideale Einheit der Spezies und
die modernen Abstraktionstheorien“. Sie spielt eine Schlüsselrolle in den
Untersuchungen, denn sie soll die theoretische Grundlage und Rechtfertigung
dafür liefern, dass die Logik objektiven Charakter hat. Während Husserl eine
psychologistische oder relativistische Auffassung der Logik ablehnt, versteht
er die Logik als diejenige Disziplin, die die Gesetze der idealen Bedeutungen
beschreibt. Diese Bedeutungen lassen sich als Spezies von Aspekten oder
Momenten gewisser mentaler Akte verstehen, der Akte des Meinens oder
Bedeutens, deren Natur Husserl in der ersten Untersuchung umreißt. Obwohl
die einzelnen Instanzen dieser Aspekte mental sind, und somit dem denken-
den Menschen unmittelbar im Bewusstsein zugänglich, gelten die Gesetze
der Logik nicht diesen individuellen Instanzen, sondern ihren Arten oder,
wie Husserl sagt, ihren Spezies. Diese Spezies sind nicht wirkliche Dinge oder
Ereignisse, sondern ideale Entitäten. In der modernen Sprache der analy-
tischen Philosophie gelten sie als abstrakte Entitäten. Da Husserl das Wort
‚abstrakt‘ in dieser Weise bewusst und absichtlich nicht verwendet, da er sich
von empiristischen und anderen deflationären Theorien abstrakter Entitäten
distanzieren will, werden wir ihm in diesem Aufsatz folgen, und die Bedeu-
tungen sowie andere Arten oder Spezies als ideale Gegenstände oder Entitäten
beschreiben. Damit ist nicht gemeint, dass diese Bedeutungen irgendwie Idea-
lisierungen darstellen, sondern, dass sie einen ontologischen Status besitzen,
dem der Platonischen Ideen vergleichbar: zeitlos, unvergänglich, unverän-
derlich, von den Menschen ontologisch unabhängig. (Von der Abhängigkeit
bzw. Unabhängigkeit ist in der dritten Untersuchung die Rede).
78 Peter Simons

Es ist der jeweiligen Bedeutung zufällig, von dieser oder jeder Person im
Bewusstsein instanziiert zu sein. Die Bedeutung bleibt dieselbe, egal ob, wie
oft, und in wem sie instanziiert wird. Obwohl Husserl dies nicht ausdrück-
lich behauptet, können wir annehmen, dass es der jeweiligen Bedeutung
sogar zufällig ist, ob sie überhaupt instanziiert wird. Dies gilt auch der
Objektivität der Logik wegen. Ein Satz hat seine logischen Konsequenzen
ungeachtet dessen, ob diese Konsequenzen irgend einem Wesen bekannt
sind. Angesichts der Tatsache, dass aus einem beliebigen Satz p unendlich
viel weitere Sätze der Form ‚p oder q‘ logisch folgen, gibt es zu viele Sätze,
als dass sie alle in der Geschichte irgendwann von irgendjemandem erfasst
werden. Husserls Theorie der Spezies unterscheidet sich daher von der
eher naturalistischen Auffassung von Aristoteles, nach welcher jede Spezies
instanziiert wird, und es keine nichtinstanziierte Spezies gibt. Husserls
Theorie ist der Auffassung Platons näher.
In der Tat aber ist der wichtigste Einfluss auf diese Theorie Bernard
Bolzanos Lehre von Sätzen und Vorstellungen an sich. In seiner Wissen-
schaftslehre von 1837 vertritt Bolzano die Auffassung, dass es neben mentalen
Vorstellungen und Urteilen sowie neben sprachlich ausgedrückten Termen
und Sätzen eine unendliche Menge von idealen Vorstellungen und Sätzen
an sich gibt, die die jeweiligen Bedeutungen der Ausdrücke bzw. Inhalte
der jeweiligen mentalen Akte sind. Bolzano vertritt damit, was einen
semantischen Platonismus nennen könnte. Seine Gründe sind dieselben wie
Husserls, sie sollen die Objektivität der Logik garantieren. Husserl hatte
die Wissenschaftslehre in einem Antiquariat gefunden und gekauft, und
das Werk wirkte entscheidend auf ihn, wie er am Ende der Prolegomena
gesteht. Der Hauptunterschied zwischen Bolzano und Husserl lag zur Zeit
der Untersuchungen darin, dass Husserl die Bedeutungen als die Arten oder
Spezies von mentalen Entitäten verstand. Später (ab 1908) vertrat er eine
Position, die der Bolzanoschen näher ist. Bolzano ist aber nicht der einzige
Philosoph, der von Husserl in diesem Zusammenhang als Einfluss erwähnt
wird. Hermann Lotzes Theorie der Geltung idealer Entitäten hat Husserls
Auffassung nicht nur beeinflusst, sondern ihn zu seinem Verständnis der
Bolzanoschen Lehre des An sich verholfen.
Die Art und Weise, wie Bedeutungen miteinander kombiniert werden
können um komplexere Bedeutungen, darunter in erster Linie Sätze an
sich, oder, wie wir lieber sagen, Propositionen, zu bilden, wird in der vierten
Untersuchung über die Grammatik dargestellt. In der zweiten Untersu-
chung aber geht es zuerst darum, den idealen, platonischen Status dieser
Bedeutungen, sowie nebenbei den anderer idealer Spezies, zu begrün-
den.
Spezies und Abstraktion 79

6.2. Begründungsstrategie
Husserl nennt drei verschiedene Gründe, weshalb Spezies als ideale Enti-
täten angenommen werden müssen. Der erste Grund ist ontologisch: Nur
wenn wir ideale Spezies annehmen, können wir die objektiven Ähnlich-
keiten von individuell verschiedenen, aber in bestimmter Hinicht ähnlichen
Einzeldingen erklären. Der zweite Grund ist erkenntnistheoretisch oder
phänomenologisch: Die mentalen Akte, durch welche wir Spezies meinen
oder intendieren, sind von einer fühlbar anderen Art als die Akte, durch
welche wir individuelle Gegenstände meinen. Der dritte Grund ist dialek-
tisch und besteht darin, Theorien der Abstraktion zu kritisieren. Dies sind
Theorien, vor allem aus verschiedenen empiristischen Richtungen, die die
unabhängige und ideale Existenz der Spezies ablehnen, und den Anschein,
es gäbe sie als unabhängige Gegenständlichkeiten und wir mit ihnen in
kognitiver Verbindung treten könnten, trotz ihrer Zeit- und Wirkungslo-
sigkeit, auf eine andere, deflationäre Weise erklären wollen.
Husserl bekämpft somit in dieser Untersuchung nicht nur das, was wir
heute als antirealistische Theorien der Spezies bezeichnen würden, nämlich
Nominalismus sowie Konzeptualismus, sondern einen Grundpfeiler des
Empirismus, nämlich die (deflationäre) Rolle der Abstraktion. Er bekennt
sich ganz klar sowohl zu einer antiempiristischen Erkenntnistheorie als
auch zu einer platonistischen Ontologie. Somit steht er eindeutig auf der
Seite der starken Realisten im mittelalterlichen Streit um die Existenz und
um das Wesen der Universalien. Die Bezeichnung „Realismus hinsichtlich
der Universalien“ hätte Husserl selbst für seine Auffassung allerdings strikt
abgelehnt. In seiner Terminologie bedeutet ‚Realismus‘ die Auffassung,
das die Spezies real sind, das heißt, dass sie sich im Raum und Zeit befin-
den und kausal wirksam sein können. „Platonischer Realismus“ in dieser
historisch eher selten belegten Form lehnt er ganz lapidar als absurd ab.
Ob diese Auffassung der Spezies oder Universalien als raumzeitlich ganz
so absurd ist wie Husserl meint, ist eine andere Sache, auf die wir hier
nicht eingehen wollen. In der Tat wurde diese Auffassung ab und zu in der
Philosophiegeschichte vertreten, etwa von Peter Abälards Lehrer Wilhelm
von Champeaux. Diese Auffassung ist aber wenig sinnvoll, wenn es Spezies
gibt, die nie und nimmer instanziiert werden, wie in der starken Version des
Realismus, die Husserl vertritt, sondern nur dann, wenn alle Universalien
instanziiert werden. Da Husserls Theorie die ideale Existenz der Spezies
konstatiert, genügt es, seine Gründe für diese Theorie zu untersuchen.
Mit dem Bekenntnis zu einer platonistischen, rationalistischen Auffassung
der Universalien bricht Husserl eindeutig mit der Meinung seines philoso-
80 Peter Simons

phischen Lehrers Franz Brentano, sowie mit der Mehrheit der damaligen
Philosophen in Deutschland. Die damalige Tendenz ging zugunsten des
Empirismus, so dass Husserls Platonismus eine entscheidende Wende in
der damaligen deutschen Philosophie darstellt.

6.3. Die ontologische Begründung


Universalien oder Spezies dienen dazu, die objektiven Ähnlichkeiten und
Unähnlichkeiten der Dinge zu erklären. Es seien zum Beispiel A, B und C
drei hölzerne Bauklötze aus einem Kinderspielzeugkasten. A und B sind
beide (einheitlich) rot, und zwar von genau derselben Farbnuance von Rot.
C hingegen ist blau. A und C sind beide Kuben, B hingegen ist ein Zylinder
mit kreisförmigem Schnitt. Alle drei wiegen 25 g. Somit haben wir folgen
Ähnlichkeiten und Unähnlichkeiten ontologisch zu erklären:
A und B sind (genau) gleich (ähnlich) in der Farbe
A und C sind ungleich in der Farbe, ebenfalls B und C
A und C sind genau gleich in der Gestalt (Form)
A und B sind ungleich in der Gestalt, ebenfalls B und C
A, B und C sind alle genau gleich im Gewicht
Welche Ontologie ist erforderlich, um diese Tatsachen zu erklären? Auf
diese Frage gibt es seit mehr als zweitausend Jahren eine Reihe von Antwor-
ten. Nehmen wir als gegeben an, dass wir von den drei Bauklötzen A, B
und C reden müssen, dass es sie gibt. Unter den möglichen Ontologien
der Ähnlichkeit und Unähnlichkeit sind folgende vier durch ihre relative
Einfachheit und Popularität unter den Philosophen hervorstechend:
(1) Der Reismus: Es gibt nur die drei Bauklötze A, B und C.
(2) Der Tropennominalismus: Es gibt A, B und C sowie ihre jeweils
abhängigen Momente (wie Husserl sagt) oder Tropen (wie die
moderne Terminologie sagt), Farbtropen (Farbmomente), Form-
tropen usw. Tropen sind wie A, B und C individuelle Gegenstände,
jedoch in Kontrast zu diesen nicht unabhängig: sie können nur im
Zusammenhang des konkreten Individuums existieren. Universa-
lien gibt es nach dieser Theorie jedoch nicht, daher ist (2) wie (1)
eine nominalistische Theorie.
(3) Die schlichte Universalientheorie: Es gibt A, B und C sowie ihre
jeweilige Universalien. Diese Theorie ist (hinsichtlich der Univer-
salien) daher realistisch, nicht nominalistisch, und Tropen gibt es
Spezies und Abstraktion 81

nach dieser Theorie nicht. Universalien teilen sich nach dieser


Theorie meistens in substantielle Arten (z. B. Bauklotz), Eigen-
schaften (z. B. Rot) und Relationen (z. B. Größer sein).
(4) Die Vierkategorientheorie: Es gibt A, B, C, sowie ihre Tropen,
wie bei (2), aber auch die Arten sowohl der konkreten Individuen
(substantielle Arten) als auch der abhängigen Tropen. Diese vierte
Theorie ist diejenige, die von Husserl vertreten wird. Sie wird häufig
auch Aristoteles und manchen Scholastikern zugeschrieben.
Die reistische Alternative, obwohl sie auch heute nicht ohne Anhänger ist
(meist unter der Bezeichnung ‚Vogelstraußnominalismus‘), gilt allgemein als
schwer zu rechtfertigen. Selbst wenn die konkreten Individuen in diversen
Ähnlichkeitsbeziehungen stehen (Ähnlichkeitsnominalismus) oder verschie-
denen Klassen angehören (Klassennominalismus), bleibt der Verdacht, dass
die Ähnlichkeiten nicht ausreichend erklärt werden. Da Husserl diese Vari-
ante gar nicht in Betracht zieht, werden wir sie übergehen.
Der Tropennominalismus hingegen ist, da Husserl die Existenz der Tropen
voraussetzt, der natürliche nominalistische Rivale zu seiner Vierkategorien­
theorie. Die schlichte Universalientheorie wurde im 20. Jahrhundert unter
dem Einfluss der Prädikatenlogik die am häufigsten vertretene Theorie.
Sie verzichtet auf Tropen. Husserls Vierkategorientheorie ist die kompli-
zierteste dieser Theorien, da sie sowohl zwischen Art und Individuum, als
auch zwischen abhängigen und unabhängigen Individuen unterscheidet. Das
vollständige ontologische Bild einer einfachen Tatsache, etwa dass der Klotz
A rot ist, sieht dieser Theorie zufolge folgendermaßen aus:

Art: Bauklotz Art: Rot

Instanziiert instanziiert

Substanz: Klotz A inhäriert Tropus: Rotmoment r

Durch diese Konstellation ergibt sich, dass die Substanz A rot ist, oder,
dass sie die Eigenschaft, rot zu sein, exemplifiziert. Für Husserl sind die
Arten der Momente die Hinsichten, in Hinblick auf welche Gegenstände
ähnlich oder verschieden sind. So sind A und B ähnlich (gleich) hinsicht-
lich der Farbe, jedoch nicht ähnlich hinsichtlich der Form, während A und
82 Peter Simons

C ähnlich sind hinsichtlich der Form aber nicht hinsichtlich der Farbe.
Diese beiden Tatsachen werden in A selbst durch die Komponenten der
beiden Momente, das Farbmoment (ein Rotes) und das Formmoment (ein
Kubisches), ontologisch fundiert.
Die entscheidende Frage für Husserl ist nun, was die Ähnlicheit bzw.
Unähnlichkeit der jeweiligen Momente oder Tropen begründet. Für
Nominalisten, müssen diese Tatsachen in der Ähnlichkeit (Gleichheit) oder
Unähnlichkeit (Ungleichheit) der Tropen oder Momente selbst letzlich
ihren Grund haben. Husserl hingegen beharrt darauf, dass diese Gleichheit
bzw. Ungleichheit auf die Identität einer Spezies zurückweisen muss:
„Während wir die strenge Identität des Spezifischen im Sinne der
alten Tradition aufrecht halten wollen, stützt sich die herrschende
Lehre auf die weite Verbreitung uneigentlicher Reden über
Identität. Bei gleichen Sachen sprechen wir oft genug von dersel-
ben Sache. […] Solche Uneigentlichkeit, meint man, liege auch
bei der Rede von derselben Spezies und im besonderen bei der Rede
von derselben Bedeutung vor. […] Gegen dieses Argument wende
ich ein, daß die uneigentliche Rede von der Identität bei gleichen
Dingen, eben als eine uneigentliche, auf eine entsprechende eigent-
liche zurückweist; damit aber auf eine Identität. Tatsächlich finden
wir, wo immer Gleichheit besteht, auch eine Identität im stren-
gen und wahren Sinne. Wir können zwei Dinge nicht als gleiche
bezeichnen, ohne die Hinsicht anzugeben, in der sie gleich sind.
Die Hinsicht, sagte ich, und hier liegt die Identität. Jede Gleichheit
hat Beziehung auf eine Spezies, der die Verglichenen unterstehen;
und diese Spezies ist beiderseits [sic: ihrerseits, P. S.] nicht abermals
ein bloß Gleiches und kann es nicht sein, da sonst der verkehrteste
regressus in infinitum unvermeidlich wäre. […] Identität ist absolut
undefinierbar, nicht aber Gleichheit. Gleichheit ist das Verhältnis
der Gegenstände, welche einer und derselben Spezies unterstehen.
Ist es nicht mehr erlaubt, von der Identität der Spezies zu sprechen,
von der Hinsicht, in welcher Gleichheit statthat, so verliert auch die
Rede von Gleichheit ihren Boden.“ (Hua XIX/1, 117 f.)
Husserls Standpunkt ist sehr klar. Ohne eine ideale Spezies, die als Brenn-
punkt für die Ähnlichkeit der Dinge in dieser oder jener Hinsicht dient,
haben wir keine Erklärung der Gleichheit (Ähnlichkeit). In unserem Fall
„unterstehen“ (d. h. instanziieren) sowohl das Rotmoment von A als auch
das Rotmoment von B derselben Spezies von Rot.
Spezies und Abstraktion 83

Husserls Annahme, dass die Gleichheit definiert werden muss über die
gemeinsame Beziehung zu einer identischen Spezies, war interessanter-
weise auch um diese Zeit die Auffassung von Bertrand Russell, der in einer
Rohfassung seiner The Principles of Mathematics schrieb:
„Wenn wir uns überlegen, was wir meinen, wenn wir sagen, zwei
Größen seien gleich, so scheint es widersinnig darauf zu behar-
ren, dass sie keine gemeinsame Eigenschaft besitzen, die ungleiche
Größen nicht teilen.“ (Russell 1994, 58)
In ähnlicher Weise vertritt Russell zu dieser Zeit (1900) die Auffassung,
dass Ereignisse gleichzeitig sind, weil sie zur selben Zeit stattfinden, sowie
dass zwei Klassen numerisch gleich sind, weil sie dieselbe Anzahl besitzen.
Russells mathematische Beispiele sind allesamt Sonderfälle der allgemei-
nen Position Husserls.
Diese gemeinsame Position von Husserl und Russell ist aber nicht die
einzig mögliche. Um nur ein Werk zu nennen, das Husserl sehr gut kannte,
nämlich Freges Die Grundlagen der Arithmetik von 1884, so gibt es dort
zwei verschiedene Auffassungen über die Gleichheit und Abstraktion. Die
bekanntere, die Freges eigene Theorie wurde, macht von Klassen Gebrauch.
Wenn zwei Dinge in irgend einer Hinsicht gleich sind, z. B. Geraden in
ihrer Richtung, bzw. Klassen in ihrer Anzahl, so definiert Frege die Richtung
als die Klasse aller Klassen, die der gegebenen Gerade parallel sind, bzw. die
Anzahl als die Klasse aller Geraden, die der gegebenen Klasse gleichzahlig
sind. In modernerer Terminologie, falls E eine Äquivalenzrelation ist, und
falls a ein Gegenstand ist, der im Nachbereich der Relation E steht, so ist die
Klasse {x: x E a}, die so genannte Äquivalenzklasse von a unter E, das was wir als
‚die Richtung‘, oder ‚die Anzahl‘ usw. verstehen müssen. In seiner Philosophie
der Arithmetik (VII. Kapitel) hatte Husserl diese Auffassung Freges bereits
kritisiert: die Äquivalenzklassen sind eben nicht das, was wir mit ‚Anzahl‘,
‚Richtung‘ usw. meinen, sie sind ganz andere Gegenstände. Obwohl Freges
Auffassung von Giuseppe Peano geteilt und von Russell übernommen
wurde (zwar nicht als Abstraktionsprinzip, sondern als „das Prinzip, das auf
Abstraktion verzichtet“), ist sie nicht nur künstlich, wie Husserl mit Recht
bemerkt, sondern bei uneigenschränkter und unvorsichtiger Verwendung
widersprüchlich. Wenn wir etwa im diesem Sinne die Zahl 2 als die Klasse
aller Paare verstehen, dann können wir diese Paare durch Vereinigung zu
einer Allklasse verschmelzen, und diese Allklasse ist, wie Cantor und Russell
bemerkten, unter sehr natürlichen Annahmen widersprüchlich.

 Dt. Übersetzung P. S.


84 Peter Simons

In § 4 der zweiten Untersuchung geht Husserl auf die Idee ein, dass
die Identität der Spezies als eine „zerstreute Mannigfaltigkeit“ gleicher
Dinge aufgefasst werden kann. Er führt dagegen zwei Argumente an. Zum
einen gibt es einen markanten phänomenologischen Unterschied zwischen
dem Auffassen einer einzigen Spezies auf der einen und der kollektiven
Auffassung mehrerer gleicher Dinge auf der anderen Seite. Zum anderen
kann das Kollektiv als Vielheit nicht die Identität der Spezies als Einheit
erklären. Wenn eine solche Vielheit oder Mannigfaltigkeit als Ähnlicheits-
kreis verstanden wird, wie in der empiristischen Abstraktionstheorie, so
müssen die Ähnlichkeitskreise miteinander verglichen werden, und einige
sind einander gleich und andere sind es nicht. Ohne eine echte Einheit, die
Spezies, rutscht das Vergleichen in einen unendlichen Regress. Übrigens,
das Regressargument hinsichtlich der Ähnlichkeitskreise wurde viel später
(wiederum unabhängig von Husserl) von Russell benützt, um die Existenz
von mindesten einem Universale, nämlich der Ähnlichkeit, zu begründen.
Ein weiteres Problem der kollektiven Auffassung der Spezies als Klasse
oder Begriffsumfang wird von Husserl im Vorbeigehen gestreift. Eine
Klasse hat ihre jeweiligen Elemente meist zufällig. Es ist z. B. zufällig,
welche Hunde tatsächlich existieren. Die Spezies Hund hingegen ist nicht
zufällig dieses oder jenes, sondern ist wesentlich sie selbst, ungeachtet der
Zufälligkeit ihres Umfangs. Spezies und Umfang haben, wie wir heute
sagen, unterschiedliche modale Eigenschaften. Dies ist mit ein Grund,
warum Husserl Freges Anzahldefinition nicht akzeptieren kann. Wir
könnten aber die Spezies-als-Klasse modal stabilisieren, wenn wir sie als
die Klasse aller möglichen Mitglieder verstehen. Dagegen Husserl:
„Offenbar muß überhaupt jeder Versuch, das Sein des Idealen in
ein mögliches Sein von Realem umzudeuten, daran scheitern, daß
Möglichkeiten selbst wieder ideale Gegenstände sind. So wenig in
der realen Welt Zahlen im allgemeinen, Dreiecke im allgemeinen
zu finden sind, sowenig auch Möglichkeiten.“ (Hua XIX/1, 120)
In den Grundlagen vertrat Frege eine zweite Abstraktionstheorie, die er
nur teilweise ausführte, und dann zugunsten der Äquivalenklassentheorie
aufgab. Dies war eine Art von direkter Abstraktion. Im Falle etwa der Rich-
tung sah die Äquivalenz so aus:
Die Richtung der Gerade A ist identisch der Richtung der Gerade B
gdw. A parallel zu B ist.
Um auf das Beispiel der Farbe zurückzukommen, wäre die entsprechende
Äquivalenz
Spezies und Abstraktion 85

Die Farbe von A = die Farbe von B gdw. A gleichfarbig mit B ist.
Nach dieser Auffassung sind wir nur dann in der Lage, die Identität einer
Spezies zu erkennen und zu verstehen, wenn wir eine entsprechende Äqui-
valenz unter konkreteren Gegenständen verstehen. Die rechten Seiten
dieser Äquivalenzen sind, entgegen der Auffassung Husserls, semantisch
primär gegenüber der linken Seite. Es sind also die Abstraktionen Rich-
tung, Farbe, Anzahl usw. nur zu verstehen mittels des Verständnisses der
Äquivalenzrelationen unter konkreten Dingen. Die direkte Abstraktion
wurde in den letzten Jahren durch den so genannten Neufregeanismus von
Wright, Hale u. a. wiederentdeckt und zum Kernprinzip ihrer Philosophie
der Mathematik gemacht.
Diese direkte Abstraktionstheorie ist nicht unverträglich mit der plato-
nischen Auffassung Husserls. Wright und Hale selbst stellen sie als Erklä-
rung unserer Erkenntnis der abstrakten oder idealen Gegenstände vor. Ihre
Auffassung ist betont sprachlich-semantisch, im Kontrast zur phänomeno-
logischen Auffassung Husserls, aber die zwei Theorien ließen sich relativ
problemlos kombinieren. Auf der anderen Seite kann man diese Abstrak-
tion auch mit einer konzeptualistischen oder nominalistischen Auffassung
der idealen Gegenstände kombinieren.
Die direkten Abstraktionstheorien sehen zwei Problemen entgegen. Das
erste Problem wurde von Frege selbst angeschnitten. Es liegt darin, dass
Äquivalenz­prinzipien der Form
das X von A = das X von B gdw. A in Beziehung E zu B steht
uns keinerlei Information darüber vermitteln, wie Identitätssätze der
Form
das X von A = C
zu bewerten sind. Da Frege das Problem mit Bezug auf die Frage aufwirft, ob
Julius Cäsar eine Zahl wäre (Grundlagen, § 56), wird dies meist als das Cäsar-
problem bezeichnet. Es geht nämlich darum, ob ein Identitätssatz wie etwa
die Anzahl der Planeten = Julius Cäsar
durch die „Erklärung“
die Anzahl der F = die Anzahl der G gdw. es gibt genauso viele F wie G
entschieden werden kann. Natürlich meint niemand, dass Cäsar eine Anzahl
ist, aber nicht dank dieser „Erklärung“. Es war wegen des Cäsarproblems,
dass Frege die Äquivalenz­klassentheorie der direkten Abstraktion vorzog.
(Für moderne Lösungsversuche, vgl. Hale/Wright 2001, 335 ff., „To Bury
Caesar … “; sowie Simons 1998.)
86 Peter Simons

Ein zweites Problem liegt darin, dass die direkte Abstraktion leicht zu
Widersprüchen führt. Das Grundgesetz V von Freges Grundgesetze der
Arithmetik (1903) ist eine direkte Abstraktion und besagt
der Wertverlauf der Funktion f = der Wertverlauf der Funktion g
gdw. f und g immer denselben Wert für dasselbe Argument haben
(für alle x gilt: f(x) = g(x))
Wie Russell feststellte, führt dieses Prinzip zu einem Widerspruch, der
den Logizismus Freges widerlegt. Äquivalenzprinzipien müssen daher mit
Vorsicht genossen werden und bilden nicht einen automatischen Zugang
zu idealen Gegenständen wie Frege einst gemeint hat.
Wir sehen somit, dass Husserls ontologische Verteidigung des Platonis-
mus im Hinblick auf Spezies zwar gut argumentiert, aber nicht wasser-
dicht ist. Sie ist durchaus vergleichbar mit den Theorien seiner Zeitgenos-
sen Frege und Russell, jedoch auch mit moderneren Auffassungen über
Universalien oder abstrakte (ideale) Gegenständen. Da diese Debatten
längst nicht abgeschlossen sind, kann man sagen, dass Husserls Theorie
nichts von ihrer Aktualität eingebüßt hat.

6.4. Die phänomenologische Begründung


Husserl legt in der zweiten Untersuchung viel Wert auf die Tatsache, dass
die mentalen Akte, in welchen wir Spezies meinen, ganz anders beschaffen
sind und sich innerlich ganz anders anfühlen, als die Akte, durch welche wir
auf Individuelles bezogen sind, seien diese singuläre Akte des individuellen
Meinens, oder kollektive Akte des Meinens einer Vielheit. Diese phänome-
nologische Differenz dient als weiterer Beleg dafür, dass die Spezies unab-
hängig von uns existieren und nicht auf andere Dinge reduzierbar sind.
Da Husserls Bedeutungstheorie die Bedeutung von Ausdrücken durch
die Akte des intentionalen Meinens erklärt, wie er in der ersten Untersu-
chung ausführt, entspricht dem phänomenologischen Unterschied im Akt
auch einem semantischen Unterschied in der Bedeutung. In der Tat führt
Husserl seine Beispiele meist durch die Angabe von verschiedenen Ausdrü-
cken an, so dass seine Phänomenologie und seine Sprachphilosophie hier
ineinander übergehen.
Ein individuelles Meinen liegt vor, wenn ich den roten Bauklotz A vor
mir habe, ihn sehe, taste, manipuliere, mich auf ihn in Gedanken oder in
der Erinnerung beziehe oder ich eine andere Person mit dem sprachlichen
Ausdruck ‚der rote Bauklotz da drüben‘ auf ihn hinweise. Charakteristisch
Spezies und Abstraktion 87

für das individuelle Meinen ist, dass der Gegenstand als ein im Raum und
Zeit befindliches Unikum gemeint ist. Auch individuelle Momente oder
Tropen, obwohl sie meistens nicht mit eigenem Namen belegt werden,
fungieren in unserer Wahrnehmung als Bezugsobjekte, als Vorstellungs-
gegenstände, etwa wenn wir bemerken, dass das Rotmoment des Klotzes
A ganz gleich (ähnlich) dem von B, jedoch ganz anders als das von C ist,
oder dass das jetzige Blaumoment von C anders ist, z. B. verblichen, im
Vergleich zum Blaumoment, das der Klotz letzes Jahr hatte, als er neu war
und bevor er viel in der Sonne lag. Momente haben also nur gelegent-
lich Eigennamen, aber wir meinen sie eben als raumzeitlich lokalisierte,
nur eben nicht unabhängige Gegenstände. Sogar Namen und Vorstel-
lungen von Kollektiven sind, wenn nicht singulär, dennoch partikulär. Die
vier Schafe drüben auf der Wiese, die ich als Gruppe „mit einem Blick“
auffasse, bilden ebenfalls eine raumzeitlich lokalisierte, besondere Gruppe.
Die eigenartigen und speziellen Akte des kollektiven Vorstellens waren
Gegenstand der Untersuchung in Husserls erstem Buch, der Philosophie der
Arithmetik, und er hat seine Auffassung später nicht geändert. Solche Akte
gruppieren Individuen zusammen zu einer kollektiven Vorstellung, aber
sie sind deshalb nicht allgemein, obwohl sie auf mehrere Objekte bezogen
sind.
Im Kontrast zu diesen Akten des Meinens von Individuen und Grup-
pen stehen alle Akte des allgemeinen oder, wie Husserl sagt, spezifischen
Meinens. Denke ich an die Arten Bauklotz, Rot, Kubus, Schaf, Vier, so sind
diese Akte zwar für die indivi­duellen Klötze, Schafe, Rotmomente, Vierer-
gruppen usw. insofern relevant, als die partikulären Dinge bzw. Gruppen den
entsprechenden Spezies unterstehen, wie Husserl sagt. Aber die Bezugsge-
genstände der Terme ‚Bauklotz‘, ‚Rot‘, ‚Schaf‘ usw. sind weder individuelle
Gegenstände, die korrekterweise solchen Termen beigelegt werden, noch
Klassen von solchen Gegenständen (also Umfänge). Die Art oder Spezies ist
keine Klasse (obwohl es selbstverständlich Klassen von Spezies gibt – darauf
kommen wir zurück). Die Einheit der Spezies als Ding ist eben weder kollek-
tiv noch real (wirklich), sondern ideal. Diese ideale Einheit lässt sich nicht
hinterfragen, auf etwas anderes reduzieren oder zurückführen, sondern stellt
einen undefinierten Gegenstand in Husserls Ontologie dar.
Die Spezies spielen in Husserls Philosophie der Mathematik eine wich-
tige Rolle, obwohl er diese Seite der Theorie in den Logischen Untersu-
chungen nicht ausdrücklich betont. Die natürlichen Zahlen etwa, wie 4
oder 7, sind Spezies, und zwar Spezies von Gruppen. Die Gruppe der vier
Schafe auf der Wiese exemplifiziert oder untersteht der Zahlspezies Vier
so, wie jedes Schaf selbst die Tierspezies Schaf instanziiert. Für die Zahl
88 Peter Simons

4 ist es aber unwesentlich, diese Gruppe unter sich zu haben. Die Bezie-
hungen der Zahlspezies untereinander aber, wie etwa die Tatsache, dass 4
der Zahl 7 relativ prim ist, sind wesentlich und gehören a priori zur Wissen-
schaft der Arithmetik. Fassen wir aber mehrere Zahlen zusammen, etwa die
geraden Zahlen, die Primzahlen oder die Zahlen unter 100, so ist jede Zahl
eine Einheit in Bezug auf diese Gruppe, was Husserl eine spezifische Einheit
nennt. Insofern lässt sie sich quasi als Individuum behandeln, was den
Singular ‚die Vier‘ sowie den Eigennamen ‚4‘ rechtfertigt. Diese sprach-
liche Tatsache aber sollte uns nicht zu der Annahme verleiten, dass die
Zahlen „normale“ Individuen wären. Auf dieser Weise setzt sich Husserls
Theorie sowohl von der Theorie Freges (die Zahlen sind abstrakte Indivi-
duen, nicht Arten) als auch von derjenigen Russells (1903: die Zahlen sind
Klassen) ab. Die Klassen der Zahlen sind als Klassen genauso unproblema-
tisch wie die Klassen von „normalen“ Individuen.
Des Weiteren gibt es Spezies höherer Ordnung, wie etwa Farbe, Prim-
zahl. Die Zahl 7 ist eine Primzahl: sie ist selbst Spezies, sie gehört der
höheren Spezies an. Rot ist eine Farbe. Auch die Spezies Farbe gehört der
noch höheren Spezies wahrnehmbare Qualität an. Die Spezies Primzahl
gehört aber der Spezies Zahl nicht an, sondern sie ist eine Teilspezies von
dieser. Denn die Primzahlen sind 2, 3, 5, 7 usw., die Zahlen 2, 3, 4, 5, 6,
usw. Somit sind die Elemente der Teilspezies jeweils Elemente der größe-
ren (dem Umfang nach) oder umfangreicheren Spezies. Genau genommen
ist Rot als Spezies nicht maximal eng im Umfang, denn es gibt umfangär-
mere Spezies wie Scharlachrot, Kardinalrot, Vermilion usw. Eine kleinste oder
minimale Spezies ist eben eine, bei der jede Instanz jeder anderen Instanz
genau gleich ist, wie eine ganz bestimmte Farbnuance. Der englische Logi-
ker W. E. Johnson nannte solche Arten determinates, in Kontrast zu den
weiteren Spezies, die er determinables nannte. Es ist nämlich ein Fehler, die
determinates als Elemente der determinables anzusehen: sie sind ihre Teilspe-
zies. Den Unterschied kennt Husserl, obwohl er die niedersten Spezies erst
später in den Ideen als „eidetische Singularitäten“ terminologisch fixiert.
Die phänomenologische und semantische Besonderheit des Spezies-
Meinens dient Husserl als Zusatzargument, die Existenz und den Sonder-
status der Spezies zu untermauern. Sie allein kann jedoch nicht als schla-
gendes Argument für die Spezies angesehen werden. Es gibt eine Reihe
von nominellen Ausdrücken sowie von entsprechenden Akten des Meinens,
die dem Anschein zum Trotz keine Spezies bezeichnen oder meinen: die
durchschnittliche deutsche Familie; die Primzahl, die zwischen 5 und 7 liegt; die
Eigenschaft, heterologisch zu sein; das hölzerne Eisen sind problematische Fälle.
Auch generische Ausdrücke wie der graue Wolf oder Canis lupus dienen oft
Spezies und Abstraktion 89

nicht dazu, eine ideale platonische Spezies, sondern eine natürliche Klasse
von raumzeitlich begrenzten Individuen zu bezeichnen, die als Klasse
entsteht und vergeht. Die späteren Diskussionen des Universalienstreits in
der Philosophie des 20. Jahrhunderts haben gezeigt, dass Husserls sprach-
liche und phänomenologische Annahmen etwas naiv sind. Er vertraut auf
die Zuverlässigkeit der Grammatik und der Phänomenologie, uns über
die Grundunterschiede der Ontologie aufzuklären. Es ist aber durchaus
möglich, dass diese Unterschiede zwar pragmatisch äußerst nützlich sind,
aber es bedarf mehr an Argument um zu zeigen, dass sie nicht, wie Gilbert
Ryle einmal schrieb, „systematisch irreführend“ sind. Gerade historisch
wichtige Nominalisten wie etwa Ockham oder Hume haben gelehrt, dass
uns sowohl die Sprache als auch der Geist über die wahren ontologischen
Tatsachen täuschen können.

6.5. Kritik der Abstraktionstheorien


Husserl selbst war, wie aus vielen Belegen hervorgeht, ein großer Bewun-
derer von David Hume. Diese Bewunderung indes erstreckt sich nicht
auf Humes Theorie der Spezies oder der Abstraktion. Zur Jahrhundert-
wende in Deutschland galt Hume als der große Philosoph des Empirismus.
Husserl konstatiert, dass Humes Einfluss vielleicht größer ist als je zuvor,
bezeichnet den Humeanismus als die gängige Theorie, und spricht von
modernen Humeanern wie Erdmann und Cornelius. Er widmet daher den
größten Teil der zweiten Untersuchung nicht dem systematischen Aufbau
der Ontologie und Phänomenologie der Spezies, sondern der Kritik des
Empirismus in jeder Form im Hinblick auf die Abstraktionstheorie und
auf die Ablehnung der Spezies im Sinne unabhängiger idealer Gegen-
stände. Die Kritik der empiristischen Abstraktionstheorie, auf die David
Smith unten in seinen Beitrag näher eingeht, ist ein Teil von Husserls
Kritik des Nominalismus überhaupt, ob der Nominalimsus nun in gemä-
ßigter (konzeptualistischer) oder in radikaler (schlicht ableh­nen­der) Form,
verstanden wird.
Die großartigen mittelalterlichen Nominalisten wie Abälard, Ockham
oder Buridan waren Husserl nicht bekannt, so dass seine Kritik eigentlich mit
der Moderne, und zwar bei Locke anhebt. Husserl führt Lockes Probleme
mit Recht auf dessen problematischen und überstrapazierten Begriff der
Idee zurück. Lockes Fehler sind nach Husserls Auffassung in erster Linie
phänomenologisch, seine Beschreibung der Arten der Bewusstseinsakte
ist mangelhaft. Die Probleme kommen am deutlichsten zum Vorschein
90 Peter Simons

in Lockes berühmt-berüchtigtem Beispiel des allgemeinen Dreiecks, das


weder rechtwinklig noch spitzwinklig ist usw. Dass diese Auffassung zu
Absurditäten führt war schon ganz früh Kritikpunkt von Berkeley, also lehrt
uns Husserl nichts Neues. Nur einige Jahre nach der Veröffentlichung der
Untersuchungen schuf Meinong seine Lehre der unvollständigen Gegen-
stände, die der Lockeschen Theorie eine viel wohlwollender rezipieren. Da
diese Gegenstände in wahrhaft Meinongscher Weise nicht existieren oder
bestehen, wären sie ohnehin Husserl nicht geheuer, da dieser von vorn-
herein nichtexistierende Gegenstände ablehnt. Sie zeigen aber, dass eine
wohlwollende Rekonstruktion von historisch einst verpönten Theorien
die wichtigsten Elemente herausschälen und den „Auswurf“ beiseite lassen
kann. Dieser Punkt gilt für die Husserlsche Kritik im Allgemeinen. Da er
dem Empirismus (in Kontrast etwa zu Brentano, Meinong oder Twardow-
ski) nicht wohlgesonnen ist, greift er die empiristischen Abstraktionslehren
am schwächsten Punkt an. Wie aber später Wittgenstein weise bemerkt,
sollte man eine zu kritisierende Theorie nicht am schwächsten, sondern
am stärksten Punkt angreifen: nur so ist man sicher, dass eine reformierte
Version sich nicht wieder erheben kann (Wittgenstein hatte den Idealismus
im Auge).
Husserls Kritik der Empiristen richtet sich weiter an Berkeley, Hume
und Mill, sowie an moderne deutsche Humeaner. Wie im Falle Lockes,
zeigt seine Kritik weniger Originalität als seine positive Philosophie und
ist daher heute nur von Nebeninteresse. Phänomenologisch betont er mit
Recht, dass das Lenken der Aufmerksamkeit auf ein besonderes Merkmal
von einem Individuum oder von mehreren Individuen, etwa auf die Rotmo-
mente mehrerer Dinge, etwas anderes ist als das Verallgemeinern. Auch
kontrastive oder vergleichende Akte heben keine Allgemeinheit hervor.
Wie das Allgemeine ins Bewusstsein kommt, wird Husserl später in seiner
Theorie der kategorialen Anschauung bzw. der Wesenschau ausführen. In
der zweiten Untersuchung geht es vor allem um die Beseitigung der Alter-
nativen zu seiner eigenen Theorie.

6.6. Würdigung
Husserls Theorie der Spezies gilt mit Recht als eine klassische Darstellung
des Platonismus in der modernen Philosophie. Seine Auffassung über die
unabhängige Existenz der idealen Gegenstände oder Spezies ist eine Kardi-
nalstelle in der Konstellation der möglichen Positionen im Streit um die
Existenz der Universalien und der abstrakten (idealen) Gegenstände über-
Spezies und Abstraktion 91

haupt. Husserl gibt ontologische Argumente für die Existenz der Spezies
an, die noch heute ganz modern klingen und überhaupt nicht von der Hand
zu weisen sind. Seine Betonung der Harmonie zwischen den Kategorien
der Gegenstände und den Kategorien der intentionalen Akte, durch welche
diese präsentiert werden, ist zwar eine häufige Annahme, die heutzutage
eher in der sprachlichen Harmonie zwischen Ausdruckskategorie und
Gegenstandskategorie anzutreffen ist, aber im Prinzip ähnlichen Zwecke
dient. Ob diese Harmonie tatsächlich so besteht, wie Husserl und andere
meinen, ist umstritten. Jeder, der zu einem Nominalismus tendiert, wird sie
in Frage stellen (müssen). Ob im Allgemeinen Husserls Theorie also eine
feste Burg gegen jede Kritik ist, bleibt daher unklar. Die Vorteile des Plato-
nismus zeigen sich nicht unmittelbar an der Theorie selbst, sondern eher
in der Anwendung: in der Logik, in der Semantik, sowie in der Philosophie
der Mathematik. Das sind alle Gebiete, in denen Husserl die Objektivi-
tät und Nichtrelativität der Erkenntnisse betont: Sein Platonismus liefert
die dafür erforderliche ontologische Grundlage. So lange die ontologische
Frage nach der Existenz der idealen Gegenstände unentschieden bleibt,
so lange bleibt Husserls Platonismus eine lebendige Möglichkeit. Falls er
schließlich Recht hat, ist sie mehr als das: Sie ist – von Details abgesehen
– die richtige Theorie des Idealen, und seine phänomenologisch-seman-
tische Theorie eine mögliche Antwort auf die noch umstrittenere Frage
nach unserem epistemischen Zugang zum Idealen.

Literatur
Bolzano, B. 1837: Wissenschaftslehre, Sulzbach (Nachdruck: Aalen 1981).
Frege, G. 1884: Die Grundlagen der Arithmetik, Breslau (Nachdruck: Darmstadt 1986).
Hale, B. 1987: Abstract Objects, Oxford.
Hale, B./Wright, C. (Hgg.) 2001: The Reason’s Proper Study, Oxford.
Russell, B. 1994: Collected Papers, Volume 3. Toward the „Principles of Mathematics“,
1900–02, London.
Simons, P. 1998: „Structure and Abstraction“, in Schirn, M. (Hrsg.): Philosophy of
Mathematics Today, Oxford, 485–502.
Wright, C. 1983: Frege’s Conception of Numbers as Objects, Aberdeen.
7
A. D. Smith

The Critique of Empiricist


Accounts of Abstraction
(II. Logische Untersuchung,
§§ 13–42)

According to classical British empiricism, experience is originally of indi-


vidual things. When I begin to experience, I become aware of this thing,
and then that thing, and then another thing (or perhaps the first one again),
and so on. At first, my experience, and my thought, is restricted to such
individual items. By a certain age, however, we come by an appreciation of
kinds of things. When, for example, I say of this object and then of another
object that it is red, I am saying exactly the same thing of the two objects.
This shows a grasp of a general concept of red, since nothing individually
the same is to be found in two distinct objects. Such a grasp of general or
universal notions is even more obviously in evidence when I make such
an attribute the subject of a judgement: as when I say or think that red is a
colour. Here it is, as Husserl puts it, the „species“ red that I take as my object.
It is, in fact, with this last kind of judgement, and with the consciousness
of generality that it embodies, that Husserl is principally concerned in the
second Logical Investigation. Empiricists offer an account of our appreciation
of such generality, despite the fact that initially we are cognitively confined
to individuals, by proposing that the human mind is capable of perform-
ing some operation of „abstraction“ on its individual ideas. The object of
Husserl’s Second Investigation is to demonstrate that empiricist accounts of
abstraction are wholly inadequate, and therefore cannot account for our
appreciation of generality. Husserl himself is willing to speak of „abstrac-
tion“ in this connection: not, however, „in jenem uneigentlichen Sinn, der

 At one point Husserl complains that empiricism „bevorzugt einseitig die Allgemeinheit, die
zu den Begriffen in ihrer prädikativen Funktion […] gehört“ (Hua XIX/1, 154). It will emerge
later, however, that this predicative function is actually fundamental in Husserl’s own account.
94 A. D. Smith

die empiristische Psychologie und Erkenntnistheorie beherrscht“ (112).


Although Husserl naturally investigates in most detail the accounts of such
classical British empiricists as Locke, Berkeley and Hume, and their follow-
ers such as John Stuart Mill, he emphasises that the objectionable theory of
abstraction that is at issue, and especially that form of it as represented by
Hume, is one that „entspricht den in unserer Zeit herrschenden Tenden-
zen“ (211). Husserl’s Second Investigation is no mere historical exercise, but
a decisive move in an ongoing struggle for the truth.
The classical empiricist tradition of abstractionism begins with Locke’s
theory of „abstract ideas“. However, the historically influential form of
such abstractionism, which Husserl is primarily concerned to refute,
begins, with Berkeley and as modified by Hume, with a rejection of a claim
that was regarded as the core of Locke’s theory. According to the standard
reading, Locke proposed that the work of abstraction, operating on indi-
vidual, determinate ideas, results in the production of an „abstract idea“
that has the following features. First, the idea itself, qua individual element
in consciousness, is supposed to relate to what is general, indeed to give us
our first access to generality. And yet, secondly, this idea is itself supposed
to embody and be characterised by all the determinate forms that a deter-
minable kind can take. Such an idea, as Husserl puts it, is „eine anschauli-
che Sondervorstellung (eine Sondererscheinung)“ (138). So, the idea in
question is supposed to be both intuitive, and hence an „image“ of what
it represents, and yet also general and abstract. Such ideas are, in short,
as Husserl says, supposed to be abstract images (190). Hence, Husserl can
say that for Locke „das Allgemeine wird zum reellen Bewußtseins­datum“
(138). It is this view that Husserl characterises as „die psychologische
Hypostasierung des Allgemeinen“ (127).
It is against this account of abstraction that Berkeley directed the full
force of his polemic in the Introduction to his A Treatise Concerning the
Principles of Human Knowledge. Berkeley cites a passage in which Locke
asserts of the abstract idea of a triangle that „it must be neither oblique nor
rectangle, neither equilateral, equicrural, nor scalenon; but all and none
of these at once. In effect, it is something imperfect, that cannot exist; an
idea wherein some parts of several different and inconsistent ideas are put
together“ (Locke 1975, 4.7.9). As Berkeley pointed out, it is, of course,
quite impossible for an intuitive image of a triangle to be all (and none!) of
these at once. It is perhaps worth mentioning that it is unlikely that Locke

 Citations such as this are to Husserl’s second Logical Investigation as contained in Husserliana
XIX/1.
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction 95

actually held the view that Berkeley attributes to him. It now seems that
Locke’s own account of abstraction is somewhat closer to Berkeley’s own
than this traditional interpretation would have it. Be this as it may, the
relevant point for us is that Husserl endorses both this interpretation and
the standard criticism of it. Husserl’s main target, therefore, is empiricist
accounts of abstraction that, like Berkeley’s and Hume’s, explicitly reject
abstract ideas in, supposedly, Locke’s sense.
If we reject such a psychological hypostatisation of generality, and also,
as Husserl agrees with the empiricists that we should, a „metaphysical
hypostatisation“ of generality characteristic of extreme „Platonism“, what
are the options that are left? One is the option that Husserl himself takes.
This consists in claiming that although the realm of what is psychologi-
cally real – mental acts and their constituents – is throughout a realm of
what is individual and determinate, the objects of psychological acts may be
general. As Husserl insists, „Also besagt unsere Evidenz: Es gibt ebensogut
‚allgemeine Vorstellungen‘, nämlich Vorstellungen von Spezifischem, wie
es Vorstellungen von Individuellem gibt“ (145). When I judge that red is
a colour, red as such – the „species“ red itself – is as much and straightfor-
wardly an object for me as is the city of Berlin when I judge that Berlin is
a city. In addition to „real“ objects – objects that are individual and exist
in time – there are „ideal“ objects, which are categorially „specific“ and
exist timelessly. Indeed, the realm of being (Sein) similarly divides into the
real and the ideal. This is amply demonstrated, for Husserl, by the fact
that certain predicates truly apply to such ideal objects. It is simply true
to say that red is a colour. Hence, „Gelten diese Wahrheiten, so muss all
das sein, was ihre Geltung objektiv voraussetzt“ (130). All of this is quite
compatible with the insistence that the domain of the psychological is „real“
and individual through and through. The point is, as Husserl puts it, that
„Gemeint-sein heißt aber nicht Psychisch-real-sein“ (139). Being mentally
directed to generality is a phenomenologically distinctive mental act that

 See, for example, Ayers 1991, vol. I, ch. 27.


 My term „individual“ corresponds to Husserl’s German word „individuell“. There is also, for
Husserl, a quite different distinction, which cuts across the former, between Einzelheiten and
Allgemeinheiten. „Number“ is both „specific“ and „general“. Under it fall particular numbers.
The number four, for instance, is a spezifische Einzelheit. (See 115–6.)
 „Real“ corresponds to Husserl’s German term „real“. It expresses a categorial distinction.
Husserl emphasises that he is in no way suggesting that what is not „real“ – because it is ideal
– lacks reality in the everyday sense. Indeed, that is just what he is affirming. Irreal, or ideal,
objects, such as mathematical and logical objects, in contrast to mere fictions, „existieren wahr-
haft“ (130).
96 A. D. Smith

differs in nature from any directedness to what is merely individual; and,


asserts Husserl, „Die Bewußtseinsweise, die Weise der Intention muß es
sein, die den Unterschied ausmacht“ (191). More precisely, the distinctive-
ness of acts that are directed to what is general is to be accounted for, as
Husserl argues at length elsewhere in the Logical Investigations, by a pecu-
liar Aktcharakter. As Husserl writes in the present context, „Man beachtet
nicht, daß es das immanente Wesen solcher Aktcharaktere ist, Bewußtsein
von Allgemeinem zu sein, und daß alle Modi gemeinter Allgemeinheit,
welche die reine Logik nach Form und Gesetzt beschäftigen, nur mittels
entsprechender Modi solcher intentionalen Charaktere zur Gegebenheit
kommen“ (175).
The only alternative to the above is the denial that there are, ultimately,
allgemeine Vorstellungen at all. This is the path of empiricism, in the sense
that is operative in the Second Investigation. Husserl repeatedly claims
that such empiricism holds to the view „daß es bloss Einzelvorstellungen
gibt, daß uns somit nur Einzelobjekte bewußt werden können“ (128). Such
empiricism sees this as the only alternative to Locke’s supposed psychologi-
cal hypostatisation of the general: „Man glaubte nämlich, um der Absurdität
der abstrakten Ideen Lockes zu entgehen, die allgemeinen Gegenstände als
eigenartige Denkeinheiten und die allgemeinen Vorstellungen als eigen-
artige Denkakte überhaupt leugnen zu müssen“ (127). In plain contraven-
tion of the „Evidenz“, empiricism is the project „der in seinen verschie-
denen Formen das Allgemeine in Hinsicht auf Gegenstand und Denkakt
in Einzelnes glaubt umdeuten zu können“ (128). Husserl’s simplest, and
yet most fundamental, criticism of empiricist accounts of abstraction is,
therefore, that they are phenomenologically false. They effectively deny
the very datum that they should be accounting for. This may seem unfair.
Are not empiricist writers like Berkeley and Hume, it may be objected,
precisely offering an account of what it is to be mentally directed to general,
as opposed to singular, objects? It is, after all, precisely as an account of
generality that the empiricist theory of abstraction is offered. Neverthe-
less, Husserl’s charge is just. For as we shall now see, empiricist accounts of
what our appreciation of generality consists in are so wide of the mark that
they may, indeed, fairly be convicted of missing the essential phenomenon
altogether. They recognise acts of non-individual meaning in name, but
not in substance. This is hardly to be wondered at. A forthright, explicit
recognition of allgemeine Vorstellungen would undermine the position. All
that can be offered, therefore, is but a simulacrum of the phenomenon.
The first post-Lockean empiricist suggestion that Husserl considers is
that we can achieve mental advertence to a species through selective atten-
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction 97

tion. If my thought of redness is illustrated by my imagining some indi-


vidual red object, that object will have features other than redness. It will,
for example, be round. But I can mentally focus just on its colour. And
this, it may be suggested, gives us redness as such, without the need for
any allgemeine Vorstellungen. We have only individual presentations and acts
of attention. This suggestion is, however, hopeless, as Husserl repeatedly
points out (e. g., §§ 19, 40). If a certain red object is before me, its redness
is an individual instance of redness. It is what many philosophers these days
call a „trope“. This redness is numerically different from that in any other
red object, even one whose colour is qualitatively identical to that of the
first object. When I veridically perceive this red object, it is its „own“ indi-
vidual redness that I perceive; and so it is only this individual redness that
I can attend to by paying selective attention to the object. In short, if the
object to which I am directed is individual, then the only things in it that I
can attend to are themselves individual: its individual parts and moments.
Selective mental attention to them involves no more generality than does
attention to the object taken as a whole. Moreover, all of this applies even
if it is an idea of the imagination, rather than the senses, that is in question,
since the empiricists took such imaginative ideas to possess the same deter-
minacy and particularity as sensory ideas.
The suggestion that selective attention alone can account for our appre-
ciation of generality is one that Husserl attributes to Berkeley (155–6).
Husserl’s initial discussion of attention, however, relates to the views of
John Stuart Mill, whose theory is more complex (§ 13). In Mill’s account
selective attention is supplemented by a consideration „über die assoziative
Anknüpfung der allgemeinen Namen an diese pointierten Einzelzüge der
aunschaulichen Gegenstände und über die Einflüsse, welche die Namen
durch reproduktive Erweckung dieser Züge und der habituellen Konzen-
tration der Aufmerksamkeit auf sie üben“ (142). Selective attention, it is
agreed, has of itself no generalising function at all. It simply serves to direct
the mind to a relevant feature of an object that is to be subject to generalisa-
tion. Generality enters the picture solely through the associative power of a
name. Mill is here drawing on Hume’s development of Berkeley’s account.
It is specifically Hume’s view that was to dominate the empiricist tradition,
and it is this view to which Husserl devotes most attention. According to
Hume, we become accustomed to associate a certain term with a variety of
objects that resemble one another in a certain respect. The central role of
such a custom in the account of generality is expounded in the following
hugely influential passage from Hume: „After we have acquired a custom of
this kind, the hearing of that name revives the idea of one of these objects,
98 A. D. Smith

and makes the imagination conceive it with all its particular circumstances
and proportions. But as the same word is suppos’d to have been frequently
applied to other individuals, that are different in many respects from that
idea, which is immediately present to the mind; the word not being able to
revive the idea of all these individuals, but only touches the soul, if I may
be allow’d so to speak, and revives that custom, which we have acquir’d
by surveying them. They are not really and in fact present to the mind,
but only in power; nor do we draw them all out distinctly in the imagina-
tion, but keep ourselves in a readiness to survey any of them, as we may be
prompted by a present design or necessity. The word raises up an individ-
ual idea, along with a certain custom; and that custom produces any other
individual one, for which we may have occasion“ (Hume 1978, 1.1.7). All
later empiricist accounts of abstraction are but variations on and develop-
ments of this fundamental claim of Hume’s.
Since empiricism denies that there are mental acts – or „ideas“ – that liter-
ally, and in and of them themselves, have a general significance, it must, and
does, hold that whenever we have some general or universal object in mind,
we must think of some particular object, and then, through some mental
operation or connection, take this particular to stand as a representative for
a certain kind of thing. Thus Hume characterises as „one of the greatest and
most valuable discoveries that has been made of late years in the republic of
letters“ Berkeley’s contention that „all general ideas are nothing but particular
ones, annexed to a certain term, which gives them a more extensive significa-
tion, and makes them recall upon occasion other individuals, which are simi-
lar to them“ (ibid., my emphasis). Or, as Hume says a little later in the same
section of his work, when expounding his own variant of Berkeley’s account,
„Abstract ideas are therefore in themselves individual, however they may
become general in their representation“. After having read Husserl’s first
Logical Investigation we should expect him to focus on this manifestly false
central contention of empiricism. For in that earlier Investigation, Husserl
had claimed, quite rightly, not only that our having in mind some particular
object when we mean something general has but an „illustrative“ role for us,
but also that such illustration may be wholly absent. Every sentence of this
piece you are reading contains some general term. The empiricist claim is
that whenever you read such a word with understanding, you think of some
particular object that carries some wider representative function. But when
you read the word „red“ earlier, did you think of some particular instance
of red? I should be surprised if you did. And the suggestion that you neces-
sarily do such a thing whenever you understand a general term is simply
absurd. And yet it is an element in all the empiricist accounts of abstraction,
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction 99

since the only way to avoid an unreduced appeal to general „ideas“ is, given
the unquestioned presumption that all meaning and understanding involves
an idea, to give some particular idea a general „function“. It is perhaps a
little surprising, therefore, that Husserl makes this obvious objection only
in passing, though make it he does (e. g., 176).
In fact, Husserl repeatedly endorses, or at least refrains from disagree-
ing with, the positive claims made by the empiricists. For example, their
accounts always emphasise the importance of our recognition of individual
objects as being similar to one another in certain respects and how this
makes possible our appreciation of generality. Taking as his example our
general concept of a faint tone, Husserl allows that
„Sagt man, es hätte die Rede von der Tonschwäche nie erwachsen
können, wenn uns nicht Ähnlichkeiten schwacher Töne aufgefallen
wären; und sagt man weiter, die Gedächtnisreste solcher früheren
Erlebnisse seien, wo immer wir sinnvoll von schwachen Tönen
sprächen, in gewisser Weise erregt, in dispositioneller Nachwirkung
den Charakter des jetztigen Erlebnisses bestimmend: so mag es ja so
sein.“ (212)
Husserl even writes of the „Reichtum an genialen psychologischen Analy-
sen“ to be found in Hume (211).
Husserl’s principal complaint against all such empiricists accounts,
however, is that, even if they were acceptable on their own terms, they
would give us an account of merely psychological, genetic matters. The kinds
of psychological facts with which the empiricists deal are irrelevant to what
we mean when we advert to something general. Empiricism, being but a
psychological, empirical account of things, gives us at best genetic precon-
ditions, causal consequences, and perhaps concomitants of acts of non-
individual meaning, but never the acts themselves. As Husserl puts it,
„Wir meinen, hier und jetzt, in dem Augenblick, wo wir den allgemei­
nen Namen sinnvoll aussprechen, ein Allgemeines, und dieses
Meinen ist ein anderes als in dem Falle, wo wir ein Individuelles
meinen. Dieser Unterschied muß im deskriptiven Gehalt des verein­
zelten Erlebnisses, im einzelnen aktuellen Vollzug der generellen
Aussage, nach­gewiesen werden. Was sich kausal daran knüpfen, was
für psy­chologische Erfolge das jeweilige Erlebnis nach sich ziehen
mag, das geht uns hier gar nichts an. Es geht die Psychologie der
Abstraktion, nicht aber ihre Phänomenologie an.“ (148)
100 A. D. Smith

Empiricism attempts not to much to explain, as to explain away, the


phenomena. As Husserl puts it at one point, „Gewöhnlich finden wir dabei,
daß der immanente Wesensgehalt des Allgemeinheitsbewußtseins, mit dem
die gewünschte Klärung ohne weiteres zu leisten ist, gar nicht beachtet und
bezeichnet wird“ (125).
Consider, for example, Hume’s suggestion that when I read the word
„red“, this word „revives that custom“ that has associated the term with
a range of red things that I have experienced. These red objects, Hume
allows, „are not really and in fact present to the mind, but only in power“.
So my mind is not actually directed to this range of objects, but only,
supposedly, to some individual red object. No actual Allgemeinheitsbewußt-
sein is recognised at all. Perhaps the kind of capacity that Hume adverts to
by his phrase „in power“ is implied by our conscious directedness to what is
universal, but it hardly constitutes this actual consciousness. Moreover, not
only is a mere power inadequate to account for the phenomenology, the
power in question is the wrong kind of power to appeal to. This is a point
that Husserl makes in connection with Cornelius’s specific presentation of
the theory. Cornelius terms rudimentär an association that does not actu-
ally, but only „in power“, present a range of associated objects to the mind.
As Husserl observes, „Was die aktuelle Assoziation nicht leisten kann, wird
auch die ‚rudimentäre‘, die ja nur als Ersatz fungieren soll, nicht können“
(213). For let us suppose that Hume’s „power“ were actualised. I hear the
word „red“ and all the red objects that I have ever seen pop into my mind.
Would this give us a mental directedness to red as such? Of course not.
We should simply have a collection of red objects in mind, whereas what
is wanted is an account of our appreciation of what all the members of this
collection have in common. What they all have in common, what unites
them into a relevant collection, is, of course, the fact they are red! For
Hume and his followers, however, what unites the collection is not redness,
but „custom“. Redness, or more precisely the similarity with respect to
colour, enters the empiricist theory only as part of a genetic account of how
such a custom arises.
Husserl’s fundamental objection to empiricist accounts of abstraction
therefore holds even against a form of the theory that rejects the myth,
noted above, that we imagine some particular object whenever we under-
stand a general term. Even a theory that held, for example, that all that is
present to the mind when we grasp a generality is a word and its associated

 „Gewöhnlich“ is too weak. Husserl’s real complaint is that, because of their merely psycholo-
gical nature, empiricist accounts are constitutionally incapable of overcoming this failing.
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction 101

„custom“ (or Jamesian „fringe“) would be subject to the foregoing criti-


cism.
Although Husserl’s main criticism of empiricist accounts of abstraction
is that, because they are accounts of the merely psychological, they are,
even if true so far as they go, irrelevant to the central epistemological and
phenomenological issue, another, though related, complaint that is to be
found in his somewhat rambling and unfocussed discussion is that such
accounts altogether fail to recognise the essential logical and semantic nature
of generality. The idea that one can get by with just individual presenta-
tions and their objects together with certain psychological operations on
them betrays a blindness, which runs through the whole of empiricism,
to the fundamental, indeed categorial, distinction between straightforward
objects (however complex) and states of affairs, or, correlatively, between
straightforward presentations and propositionally structured modes of
consciousness. The empiricist tradition is, in short, blind to the nature of
thought. If the empiricists were right, then, as Husserl remarks, „wir hätten
lauter stellvertretende Einzelideen, aber kein Denken. Glaubt man durch
irgendwelche Konglomoration solcher Einzelheiten eine Prädikation
zustande zu bringen?“ (185). At the base of true generality and universality
is the logical function of predication, which is of the essence of thought.
That a given object X brings similar objects Y and Z to mind is a process
that involves no thinking. It is purely psychological. If Y and Z are similar
to X in, and only in, virtue of being red, this psychological operation in
no way amounts to judging that X (or Y or Z) is red. As Husserl writes,
„Die gedankliche Beziehung auf den Gleichheitskreis kann dem Einzelnen
nichts anderes geben als eben der Gedanke“ (193, original emphasis). As
soon as I take X and Y and Z to be red, or to be similar, then we are indeed in
the domain of thought. This, however, is only because redness or similarity
itself is now functioning as an identical general element relating the singulars
in question. This blindness to the distinctive logical character of thought to

 Husserl lumps James’s notion of a fringe together with other empiricist accounts of abstrac-
tion, and dismisses it accordingly (204). Elsewhere however (211n), Husserl acknowledges a
debt to James’s writings, and holds James to be free of „psychologism“. It is a pity that Husserl
did not devote greater space to James’s account of abstraction. Within the empiricist tradition,
broadly conceived, James’s is the most sophisticated and phenomenologically plausible account
of the present matters by far. (See James 1950, especially chapters IX and XII.)
 Later in the Logical Investigations Husserl will, famously, treat states of affairs as objects, and
will introduce the notion of a categorical intuition. None of this casts any doubt on the funda-
mental importance accorded to the present distinction by Husserl. Categorial intuition, though
a form of intuition, presupposes and is founded upon judgement.
102 A. D. Smith

be found among the empiricists is nicely illustrated by Locke’s „economic“


view of general terms, of which Husserl makes mention (§ 24). Locke’s
suggestion is that, since there are just so many different things in the world,
it would be inconvenient to have a different name for each one. General
terms are therefore introduced for reasons of expediency. As Locke puts it,
„Men making abstract ideas, and settling them in their minds with names
annexed to them, do thereby enable themselves to consider things, and
discourse of them, as it were in bundles, for the easier and readier improve-
ment and communication of their knowledge“ (Locke 1975, 3.3.20): as if
general terms did duty for a long list of things! As Husserl shrewdly points
out,
„Diese Darstellung kennzeichnet sich als eine widersinnige, wenn
man bedenkt, daß sich ohne allgemeine Bedeutungen überhaupt
keine Aussage, also auch keine individuelle, vollziehen läßt und daß in
keinem logisch relevanten Sinn von Denken, Urteilen, Erkennen die
Rede sein kann auf Grund bloss direkter Individualvorstellungen.“
(172)
One may now begin to wonder how it is that the empiricist tradition could
be so mistaken and so blind to the facts. Husserl’s diagnosis of this is the
confused notion of an „idea“ with which the tradition worked. Husserl
brings out these confusions initially in connection with Locke, but, as he
states, they are confusions „an denen die Erkenntistheorie bis zum heuti-
gen Tage krankt“ (134). Confusion arises from the fact that the term „idea“
was used to stand for all of the following. First, an „idea“ is any „Inhalt im
immanent-psychologischen Sinne“. Secondly, it is, more restrictedly, any
intentional experience, in that an idea is an idea of something. This is already,
for Husserl, a dire conflation, since it suggests that anything immanently
in the stream of consciousness is ipso facto intentional: that there is nothing
more to intentionality than being a „bit“ of consciousness. Thirdly, there is
a confusion between Vorstellung and Vorgestelltes. This is, in effect, a conse-
quence of the former conflation. Finally, no distinction is made between,
in Husserlian terms, an empty and a fulfilled, intuitional intention. Given
all these conflations, the possibility of recognising the plain phenomeno-
logical facts that Husserl presents so convincingly was simply foreclosed.
Given these conflations, an „idea“ must be what it means. And if an idea,
qua psychological entity, is (as indeed it is) individual and particular in its
nature, so must be its meaning and reference. Hence, we find Hume writ-
ing that it is „a principle generally receiv’d in philosophy that everything in
nature is individual, and that ’tis utterly absurd to suppose a triangle really
The Critique of Empiricist Accounts of Abstraction 103

existent, which has no precise proportion of sides and angles. If this there-
fore be absurd in fact and reality, it must also be absurd in idea“ (Hume
1978, 1.1.7). When it comes to giving an account of generality, or ideality, it
must be a case, as Hume himself wrote, of the „application of ideas beyond
their nature“ (ibid., quoted by Husserl [192]). Husserl’s phenomenologically
honest approach brings us back from this fantasy, and presents our general
„ideas“ in their true nature.

Literature
Ayers, M. 1991: Locke, 2 vols., London.
Berkeley, G. 1949: A Treatise Concerning the Principles of Human Knowledge, in: The
Works of George Berkeley, Bishop of Cloyne, ed. A. A. Luce and T. E Jessop, vol. 2
Edinburgh.
Hume, D. 1978: A Treatise of Human Nature, ed. L. A. Selby-Bigge, 2nd ed., revised by
P. H. Nidditch, Oxford.
James, W. 1950: The Principles of Psychology, New York.
Locke, J. 1975: An Essay concerning Human Understanding, ed. P. H. Nidditch, Oxford.
8
John J. Drummond

Wholes, Parts, and


Phenomenological Methodology
(III. Logische Untersuchung)

Husserl’s Prolegomena to the Logical Investigations (Hua XVIII) argues


against the view that psychology (or any empirical science) can serve as the
theoretical discipline underlying the normative and methodological dimen-
sions of logic. While this negative result is an important one, the spirit of
Husserl’s argument requires that he also turn to the positive identification
and elucidation of that underlying theoretical discipline. Husserl identi-
fies this discipline as „pure logic,“ and his project in the two-part second
volume of the Investigations (Hua XIX/1–2) is to lay out the principles of
that discipline.
This pure logic is inseparable from both phenomenology and ontology.
The ontological aspect of pure logic requires identifying object-categories
(Gegenstandskategorien), their correlative meaning-categories (Bedeutungs-
kategorien), and the lawful combinations of both as well as unpacking the
relation between meanings and objects. The phenomenological aspect of
pure logic involves developing an account of intentionality that clarifies
the manner in which ideal meanings are related to mind. Husserl more
fully works out this double relation of philosophical logic to phenomenol-
ogy and ontology in his Formal and Transcendental Logic (Hua XVII), where

 References are to the German texts of the Husserliana edition. When an English translation
is available, I have included a reference to the English text in square brackets. Interlinear page
references without further identification refer to Hua XIX [1970].
 See Robert Hanna’s Husserl’s Arguments Against Logical Psychologism in this volume for an
account of Husserl’s critique of psychologism.
 See Richard Tieszen’s Husserl’s Concept of Pure Logic in this volume for a discussion of the
tasks of pure logic.
106 John J. Drummond

he explores the grounding of formal logic in transcendental subjectivity as


well as the unity of formal logic and formal ontology. Indeed, in Formal
and Transcendental Logic and the lectures on transcendental logic from the
1920s collected in Analyses Concerning Passive Synthesis (Hua XI), Active
Syntheses (Hua XXXI) and Experience and Judgment (Husserl 1972 [1973]),
we see that the transcendental logic underlying formal logic is identifi-
able with phenomenology itself. But Husserl’s understanding of the rela-
tions between logic, phenomenology, and ontology remains inchoate in the
Investigations.
We can, however, gain some sense of these relations by studying the third
of the investigations. Along with clarifying what he means by „part“ and
„whole,“ Husserl there identifies the methodological insights and principles
that allow him to clarify, first, his notion of phenomenological description
as the identification of what is essential to things and the articulation of the
relations among these essentials, and, second, his understanding of the a
priori. While on first glance Husserl’s theory of wholes and parts seems to
belong to the study of objects, closer examination reveals that it not only
underlies his ontology but also provides a fundamental analytical principle
and a fundamental methodological principle for his mature phenomenol-
ogy as a whole. In this paper, I shall (1) outline Husserl’s theory of wholes
and parts and (2) explore its larger methodological significance, both in the
Investigations and beyond.

8.1.
Anything is a part, Husserl says in § 2 of the third investigation, that is
either a real constituent of the object in which it exists or a relational „part“
by which an object finds itself really associated with other objects (231
[437]). Husserl’s text here is not entirely clear. For the most part Husserl
speaks of real constituents. A part, he says, is anything and everything „that
can be distinguished ‚in‘ an object, or, to speak objectively, that is ‚pres-
ent‘ in it. Everything is a part that the object – namely, the object in and
for itself and therefore in abstraction from all the relations in which it is
entwined – has in a ‚real‘ (realen [i. e., as a spatio-temporal individual]), or
better, real (reellen [i. e., immanent or intrinsic]) sense, in the sense of actu-
ally contributing to its make-up.“ In the last sentence of the paragraph,
however, Husserl introduces what I take to be an additional conception of

 I have modified Findlay’s translation to make it more literal.


Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 107

a part: „Likewise, each form of connection [or combination] that is ‚real‘


(reale) in the same sense, e. g., the moment of spatial configuration, counts
as a proper part of the whole.“ I take the „likewise“ to indicate that we are
talking about another kind of part, and, since Husserl has used round as
an example of the first kind of part, I take „spatial configuration“ to refer
to spatial connection or combination. This is the kind of part I am calling
„relational.“
The leg of a table is a constituent part of the table, while the pen’s being-
on-top-of is a relational „part“ – or, perhaps better, aspect–of the pen. This
is an ontological distinction, and we should note that Husserl’s statement
of the notion of part emphasizes the question of reality. The part is either
a real constituent or a relational part that also requires the existence of the
other relatum with which it forms the completed relation. Husserl then
draws what sounds like another ontological distinction between indepen-
dent and non-independent parts, but he does so in presentational terms:
„we have independent contents wherever the elements of a presentational
complex (complex of contents) by their very nature permit their separate
presentation, and we have dependent (non-independent) contents wherever
this is not the case“ (233 [439]).
The leg of the table, for example, can be separately presented. Husserl
admits that the separated leg is not presented without any change in its
sense (234 [439]). Properly speaking, the separated leg is no longer a leg
at all but just a piece of wood or metal that had previously served as the
leg of a table. Husserl’s point is that there is continuity in the properties
belonging to the part as incorporated into the whole and the part as sepa-
rated. The separated leg of the table is presented with the same sensible
and material properties it had when presented as part of the table. It is
presented as a piece of wood or metal, as round or square, of a certain
length, and so forth, but it is presented apart from its functional property
of supporting the tabletop. This continuity in the properties belonging to
the part both in the whole and separated from it is sufficient to establish

 This reading is indirectly confirmed when Husserl later refers to both attributes and forms of
relations as parts or, more precisely, as non-independent moments (241 [444]) and, much later,
when Husserl distinguishes between absolute and relative adjectivity in Experience and Judgment
(Husserl 1972 [1973], § 53).
 This recalls Aristotle’s claim (Metaphysics 1035b24–25) that „it is not a finger in any state
that is the finger of a living thing, but the dead finger is a finger only homonymously.“ See the
similar point made in reference to the hand at Metaphysics 1036b31ff: the hand of a dead person
is no longer a hand which can „fulfill its work“ and, therefore, no longer genuinely a part of a
person (Metaphysics 1036b31).
108 John J. Drummond

the identity of the part. Its capacity for separate presentation, even if with
an altered sense, indicates its independence. The leg can exist as a sensible,
material object apart from its function, even though, when separated, it is
properly speaking the leg of a table in name only. The possibility of a sepa-
rate presentation is rooted in the possibility of an independent existence of
the part (even if in an altered, no longer functioning state).
Non-independent parts, on the other hand, are such that they cannot
at all be separately presented. The elimination of the presentation of
one part makes impossible the presentation of another part as well as
the whole of which it is a part (234 [439]). For example, eliminating
the presentation of the extension of the table-top – a constituent part
of the table top – also eliminates its presented color. A non-indepen-
dent part must be incorporated into and presented as part of a larger
whole comprising that part and at least one other. A non-independent
part requires supplementation by other parts. This notion of necessary
supplementation by other parts defines Husserl’s sense of the non-inde-
pendence of parts (233 [439]).
We can readily see that the relational „parts“ of an object require supple-
mentation: the pen’s being-on-top-of requires supplementation by that
existent object in relation to which it is on the top. The relation, in other
words, requires the presentation of both the object to which the relational
part belongs and the other relatum; together these make up the relational
whole. The relational „part“ is dependent for its presentation upon the
objects entering into the relation and forming together with it a more
inclusive, relational whole. The relational „part,“ nevertheless, belongs to
one of the objects in the relation: being-on-top-of belongs to the pen and
requires the table, whereas being-under belongs to the table and requires
the pen.
All relational „parts“ are non-independent, but only some constitu-
ent parts are. As we have seen, the leg of the table can be presented apart
from other parts of the table, but the color of the table cannot. The color
of the table can be distinguished from, but not presented apart from, the
table’s extension. Independently varying the color and the extension allows
us to recognize them as distinguishable parts. However, in maintaining
a constant color and varying the extension, I am truly varying only the
species of extension that limits the color; I do not vary the genus ‚extension‘
and replace it with another genus. To eliminate the extension altogether
would simultaneously eliminate the visual color. Similarly, in varying the
color, I vary only the species of color and do not remove color entirely; to
do so would eliminate the visual extension. Hence, visual color and visual
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 109

extension are not separately presentable. They are non-independent parts


in relation both to one another and to the whole that they compose.
In speaking of possibilities for presentation, we should note that Husserl
neither limits the meaning of „present“ to that of „perceptually present“ or
„imaginatively represent“ nor insists that the non-independence of parts
is in some sense dependent upon a relation to consciousness (240 [444]).
Husserl’s claim is that the separate existence of a non-independent part
cannot be thought (242 [445]). The inability to think truthfully the sepa-
rate existence of the non-independent part means that the part cannot exist
separately (242 [445–46]), for the inability here – as we know from the
Prolegomena – refers not to a psychological incapacity of human thinkers
but to a rational inability to separate specific logical contents from one
another. That objects cannot be rationally presented in a certain manner
means simply that the objects meant cannot exist in that manner. The
necessity of supplementing non-independent parts with other parts arises
out of a necessity in the nature of the things themselves, a necessity in the
sense of the parts themselves (242–43 [446]).
With these distinctions in mind, Husserl fixes his terminology regarding
parts as follows (see § 17):
(1) A piece is any part that is independent relative to the whole W of
which it is a part;
(2) A concretum is an independently existing object or an independent
part that is separated from its whole W and that, as such, is a whole
in its own right.
(3) A moment is any part that is non-independent relative to the whole
W of which it is a part.
Moments can also be called „abstract parts“ of W. While moments cannot
exist or be presented apart from their necessary supplements, they can be
distinguished from them and considered by themselves. Hence,
(4) An abstractum is any object in relation to which there is some whole
of which it is a non-independent part.
(5) A relative concretum is a whole that is itself an abstract moment of a
more comprehensive whole (for example, a colored, spatio-tempo-
ral thing is a relative concretum – a phantom, as Husserl calls it (Hua
XVI, 341 ff. [Husserl 1997, 297 ff.]; Hua IV, 21 ff., 36 ff. [Husserl
1989, 23 ff., 39 ff.]) – that is a moment of the material object into
which it enters).
110 John J. Drummond

(6) An absolute concretum is a concretum that is not abstract relative


to any more comprehensive whole W into which it enters as a
moment.
In recognizing a part as a moment, we grasp an essential necessity, the
necessary connection between this moment and the other moments neces-
sarily supplementing it in the formation of a whole. We recognize, in other
words, that it is universally and necessarily the case according to the very
sense of the parts involved that a moment of this type be presented with
moments of other specific types in the formation of wholes of certain species.
This essential necessity rests on an objective, ideal law (243 [446]). In the
terms of our example, it is in conformity with a non-empirical, univer-
sal, and unconditionally valid lawfulness that the existence of a content
belonging to the pure species ‚color‘ presupposes and unites itself with the
existence of contents of the pure species ‚extension.‘ The color-content is
related to the extension-content as one moment to a necessarily supple-
menting moment and is related to the colored thing it forms with extension
as a moment to the whole (244, 253 [446–47, 453]).
The laws relating non-independent contents receive a formal statement
through Husserl’s notion of foundation. Husserl defines „foundation“ in
the following way: „if a law of essence means that an A cannot as such exist
except in a more comprehensive unity which associates it with an M, we say
that an A as such requires foundation by an M“ (267 [463]). Again in terms
of our example, we can say that if the kinds A (color) and M (extension)
stand in the indicated relation, and if A1 (this red) and M1 (this triangular
shape) are instances of the pure kinds A and M, and if A1 (this red) and M1
(this triangular shape) are actualized in a single whole, then A1 (this red)
is founded upon M1 (this triangular shape). Moreover, the moment A1 is
exclusively founded on M1 if A1’s need for supplementation is satisfied by M1
alone. Both A1 and M1 in particular and A and M in specie stand in founda-
tional relationships. To say that A1 or A is founded upon a certain moment
plainly means the same as saying that A1 or A requires supplementation by
some other part and is, therefore, non-independent relative to the whole W
that it forms with M1 or M.
Moments are foundationally related in different ways to one another
and to the wholes whose moments they are. Moments may be related to
one another either one-sidedly or reciprocally and either immediately or
mediately (271–72 [466–67]). One-sided foundational relations occur when
one moment requires another as its supplement, but the second does not
require the first. A judgment, for example, requires as a founding moment
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 111

the perception in which the object about which I judge is presented; the
perception, however, does not require the judgment. The functional prop-
erties of a tool depend on the presence of certain physical properties in the
tool, but those physical properties do not depend on the functional ones.
Color and extension, on the other hand, are reciprocally related, for each
is founded upon and requires supplementation by the other; color cannot
be presented apart from extension and extension cannot be presented
apart from color. They are also immediately related to one another insofar
as the seen color fills the extension and the extension delimits the color.
Brightness and extension, by contrast, are mediately related insofar as their
relation requires the presence of color as an intermediary. Brightness is a
moment of color, and by virtue of this relation to color, is related to exten-
sion, but only mediately, only by virtue of its connection with color and
color’s connection with extension.
This view of moments and of their founding relations allows Husserl
to define a „whole“ precisely as a range of contents united by a single,
although possibly complex, foundation without the help of additional
contents (282 [475]). Every content comprised by a proper whole is foun-
dationally connected – mediately or immediately, reciprocally or one-
sidedly – with every other content comprised by that same whole. The
whole is simply the lawful, interconnected unity of founding and founded
moments. The unity arises out of the non-independence of the parts, out of
their need for supplementation by specific contents in conformity with law
(287–88 [479]). To put the matter conversely: where it makes no sense to
speak of the separate existence of any part within a whole, there is no need
for an additional principle that might account for the unity of the parts
comprised by that whole. There is no separate moment of unity added to
the interrelated moments, no constituent part to be identified as the unify-
ing moment, except in wholes not satisfying Husserl’s strict definition, i. e.,
except in wholes that can be divided into pieces, in which case the form of
unity corresponds to a unity of reference in the intention bringing the vari-
ous contents into a whole (289 [480]), as in the construction of a table. The
truly unifying factors of wholes in Husserl’s precise sense of „whole“ are the
relations of foundation themselves (286 [478]). The unity of such a whole is
a categorial predicate insofar as it is grounded in an ideal law defining the
necessary interrelationships among particular contents (290–91 [481]).
The lawful necessities that unite moments depend upon the essences of
those moments. It is not, in other words, a matter of indifference as to
what contents combine with, say, extension in the visual appearance or in a
physical object. Corresponding to these essences are the material concepts
112 John J. Drummond

employed in the propositional articulation of the necessary, lawful connec-


tions among essences. These material concepts are to be sharply distin-
guished from the purely formal concepts that lack all content and refer to
any object whatsoever. To the formal concepts correspond the categories
of formal ontology, e. g., the concepts „one,“ „object,“ „quality,“ „relation,“
„number,“ „plurality,“ „whole,“ and „part.“ These concepts have an essen-
tially different character from material concepts such as „color,“ „bright-
ness,“ „tone,“ „intensity,“ „tree,“ and so forth. The formal concepts are orga-
nized around the empty notion of „something“ or „object as such,“ while
the material concepts are organized around the highest material genera
or categories in which the various material ontologies, e. g., the ontology
of the material thing or of the person, have their roots. This fundamental
distinction between the purely formal categories and the material spheres
of essence provides the true basis for the distinction between the analyti-
cally a priori and the synthetically a priori (256 [456]). Whereas analytic
a priori laws are founded purely on formal categories and are unaffected
by all material concepts, synthetic a priori laws are founded on material
concepts and the specific nature of the unified moments.
All the laws or necessities governing the relations among moments of
different species fall, therefore, into the sphere of the synthetic or material a
priori. Such laws are fundamentally different from a purely formal, analytic
proposition such as „A whole cannot exist without parts.“ An analytic law
is an unconditionally universal proposition free from all material content
and from any explicit or implicit assertion of individual existence. It stands
opposed to its specifications, specifications that arise when we introduce
material concepts or positings of individual existence into the purely formal
relationship articulated in the law. The specifications of an analytic law
always yield analytically necessary propositions (cf. 258–259 [457–58]).
The propositions articulating relationships between relative concreta
whose names include as part of their meaning a reference to other rela-
tive concreta, apart from which the first relative concretum cannot be under-
stood, are also analytically necessary propositions. For example, the propo-
sition „There cannot be a parent without children“ expresses an analytic
necessity. Terms such as „parent“ and „child“ have a necessary reference
to another object, not by virtue of their meaning but as part of their mean-
ing (258 [457]). In such propositions there is no connection established
between two essences; the notion of „child“ is included in that of „parent,“
and vice versa. The relation of parent to child, therefore, is analogous to
that of whole to part, and the analytically necessary proposition „There
cannot be a parent without a child“ appears as a specification of the formal-
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 113

analytic law „There cannot be a whole without its parts“ and its purely
formal expression W(a,b,c…).
The terms „color“ and „extension,“ on the other hand, do not include a
reference to one another as part of their meaning. Nevertheless, we have
seen that by virtue of its essence color is necessarily and universally, i. e.,
lawfully, related to extension. We have, in other words, seen the necessity of
the principle „A color cannot exist without some space that it covers.“ Given
that „color“ does not as part of its meaning include a reference to some-
thing else, the necessity of the principle „A color cannot exist without some
space that it covers“ must be synthetic. So, while color, in virtue of its very
content, is unthinkable and impossible without an association with another
content, specifically a space that it covers, the notion of „color“ does not
analytically entail that of „extension.“ The principle „A color cannot exist
without some extension that it covers“ is a synthetic or material a priori
truth. Indeed, any law that articulates a founding relationship and includes
material concepts whose presence prevents a formalization of the law salva
veritate is a synthetically or materially necessary law (260 [458–59]).
The notions of whole and part, the notion of foundation, and the essen-
tial laws detailing the forms of foundational relationships make up Husserl’s
logic of wholes and parts and his mereology. There have been important
studies of this logic and Husserl’s mereological views, and I shall not pursue
the details of the logic of wholes and parts further. Instead I shall turn to a
brief discussion of the systematic role Husserl’s theory of wholes and parts
plays both in the Logical Investigations themselves and in his phenomenol-
ogy as a whole. In particular, I shall explore Husserl’s extension of these
analyses beyond real wholes and parts to ideal and intentional ones.

8.2.
Husserl’s discussion of wholes and parts is rich and fruitful, and it plays a
crucial role in the analyses he undertakes elsewhere in the Investigations.
For example, in the immediately following investigation, where Husserl
takes up the issue of a pure logical grammar, he uses the notion of a non-

 For another discussion of the relation between Husserl’s analyses of wholes and parts and his
doctrine of the synthetic or material a priori, cf. Benoist 1995.
 Cf. Ginsberg 1929; Nerenberg 1974; Simons 1982, 1987; Willard 1982; Null 1984, 1997;
Blecksmith and Null 1991; and Fine 1995.
 For a detailed discussion of this role, cf. Sokolowski 1968.
114 John J. Drummond

independent part to clarify the understanding of syncategorematic terms


that find their meaning only in relation to other meanings. The whole is
the proposition and the constituent parts are the terms making up that
proposition, only some of which refer to objects and their constituents.
The remaining parts, the syncategorematic ones, are understood in terms
of their foundational unity with the categorematic in the propositional
sense that refers to a state of affairs. Both the categorematic and syncateg-
orematic terms are constituent parts of the concretum that is the proposi-
tion; they are meanings that in their unity form a complex meaning.
While the ontological character of the notions „whole“ and „part“ can
lead to a too easy reading of Husserl’s analyses solely in terms of real,
constituent parts, the analysis of syncategorematic terms points in a differ-
ent direction. What is interesting about it is both that the whole analyzed
– the proposition – is not a really existing, spatio-temporal individual but a
logical entity and that the parts are themselves ideal meanings rather than
real, spatio-temporal parts. Still more interesting, if we turn our attention
to the account of expressions in the first investigation, we find a situation in
which both real and ideal constituents are joined in the formation of a single,
relational whole. There the whole under consideration is the expression,
but not all its moments are constituents in the way that color and extension
are real constituent parts of the real visible object or that categorematic
and syncategorematic terms are ideal constituent parts of the ideal proposi-
tion. Husserl claims that the expression has as its moments: (1) the sensible
sign, (2) its ideal meaning, (3) the intimated act that instantiates the ideal
meaning and confers this meaning on the sign, and (4) the reference to an
object (38 [276]). The expression is a whole in Husserl’s technical sense
in so far as the meaning-conferring act by virtue of instantiating an ideal
meaning fuses that meaning with the sensible sign and, thereby, establishes
the expression’s reference to an object. The meaning-conferring act fuses
both real and ideal parts, namely, the act and the sensible sign, on the one
hand, and the ideal meaning, on the other, at the same time that it estab-
lishes a relation between the act and sensible sign, on the one hand, and, on
the other, a referent that might or might not exist.
Since the real content of the expressive act discussed in the first investi-
gation is such as to confer meaning on the expressive sign thereby referring
to an object, Husserl must incorporate into his account of the whole that
is the expressive act the physical actuality that is the sensible sign. And
since the meaning conferred is properly an ideal meaning, he must also
incorporate into his account both an ideal meaning-species and the instan-
tiation relation by virtue of which the particular act can be said to confer
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 115

meaning. Finally, the act has another relational part, namely, its reference
to the object meant. In the last case, however, the other relatum of this
relation, according to the doctrine of the first edition of the Investigations,
is not included within the contents upon which we reflect from a descrip-
tive-psychological or phenomenological point of view. It is, in part, the fact
that we can intend non-existent objects – the fact that intentional relations
seem unique in that they can exist even when one of their relata does not
exist either as a physical actuality or an ideal object – that leads Husserl to
this conclusion. More inclusive wholes, in other words, according to the
doctrine of the first edition, depend upon the presence of real relations, but
this view will change with his more mature account of intentionality and of
the phenomenological method.
Central to the development of Husserl’s conception of method is his
doctrine of the phenomenological reduction, first formulated around 1907
between the first and second editions of the Investigations. One way to
understand the reduction is that it is a particular kind of reflective move
that changes the whole upon which we reflect when doing philosophy.
The difference is evident in what are textually minor but philosophically
major differences between the first and second editions’ versions of the
fifth investigation on intentionality. In the first edition of the Investigations
Husserl reveals a psychological understanding of the import of his own
discussion of parts and wholes in relation to conscious acts and their inten-
tional directedness, whereas in the second edition he manifests a broad-
ened, more properly phenomenological understanding.
We see this more clearly if we briefly consider Husserl’s conception, as
articulated in the first edition’s analysis of intentional acts, of the proper
object of our reflection on acts. There Husserl in the fifth investigation
draws „an important distinction […] between the real or phenomenologi-
cal (descriptive-psychological) content of an act and its intentional content“
(411 [576]). He identifies three senses of „intentional content“: (1) the
intentional object of the act, and he further distinguishes this sense into the
intentional object as the object „which is intended“ and the intentional
object „as intended“; (2) the act’s „matter“; and (3) the act’s intentional
essence (413 [578]). Husserl cautions us not to use the first sense of inten-
tional contents because it is ambiguous.10

10 Cf. Smith and McIntyre 1984, 108, who claim – incorrectly, I believe – that Husserl’s
distinction is between the intentional object and the intentional contents; see Drummond
1990, 27–31.
116 John J. Drummond

The important senses of „intentional content“ for our purposes are,


then, the second and third. The act-matter is that which in the act deter-
mines the manner in which the object is intended, and it stands opposed
to the act-quality that makes the act the kind of act it is. Now what does
it mean to say that the act-matter is that which in the act determines the
manner in which the object is intended? The difficulty, we have seen, is
that act-matter, just insofar as it is intentional content, does not properly
belong to the phenomenological content – the real, descriptive-psycholog-
ical content – of the act. Given the fact that different acts can be directed to
the same object in the same determinate manner, Husserl claims that what
is common to these acts is an identical intentional essence – the union of
act-quality and act-matter – that is instantiated in the individual acts, and
by virtue of that instantiation, an act of a certain quality is directed toward
an object in a certain manner. The instantiation of the essence, including
the matter, is really inherent to the individual act and is that by virtue of
which the act is „really“ intentional, but the intentional essence itself is
not really inherent to the act; it is the act’s ideal or intentional „content.“
The objective content or objective sense of the act is understood not as
a psychological reality but as an ideal species, and it is this species that is
the logical objectivity – the meaning as such – to which logical cognition
directs its attention.11
Let us recall that Husserl’s problematic in the Investigations is to preserve
the objectivity and ideality of meaning while accounting for the relation
between meaning and mind. This view of intentionality with its distinc-
tion between phenomenological and intentional contents and its theory of
instantiation of an ideal meaning-species is an ingenious solution to that
problem, but it poses a serious dilemma for Husserl’s project. On the one

11 For discussions of Husserl’s view that the meanings present in individual acts are instantia-
tions of meaning-essences, cf. Willard 1972 and Mohanty 1977. Smith and McIntyre 1982,
116 f., also take the view that in the first edition of the Investigations the real content of an
individual act is an instantiation of the act’s intentional essence. While this view of meaning is
correct for the first edition of the Logische Untersuchungen, it has already changed by the time
of the publication of the second edition; indeed, in Ideen I, Husserl essentially discards the
language of intentional essence, and its inclusion in the second edition of the Logische Untersu-
chungen is largely a consequence of Husserl’s decision not to rework the Logische Untersuchungen
in their entirety. As Husserl’s views mature, there is no longer a need to describe ideal or inten-
tional content in terms of „species“ or „essences“; in its place will come the language of the „ir-
real,“ which is also ideal or abstract, but the ideality is other than that of a species. Furthermore,
this abstract component of an intentional experience can be shared by various acts because it is
intentional as the objective correlate of these acts rather than as their essence. For more on this
point, see Drummond 1990, passim.
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 117

hand, the equation between the really inherent content and the phenome-
nological content means that in his phenomenological account of intention-
ality Husserl, as a matter of method, can rightfully appeal only to the really
inherent contents of the act. On the other hand, he cannot appeal solely to
the really inherent contents if he is to avoid psychologism in his account of
our apprehension of logical objectivities. The avoidance of psychologism
requires that he account for how the „ideal“ or intentional contents proper
to (logical) objectivities are present to mind without being really inherent in
mind. Given his identification of real (reell) content and phenomenological
content, however, Husserl cannot appeal directly to such „ideal“ or inten-
tional contents. But that is just what he does; he adopts the view that the
really inherent components that are essential to the experience’s intentional
reference to the object are instantiations of an intentional essence.
The postulation of such an underlying essential commonality is required,
however, only because one is barred from appealing to the intentional object
of the experience. The identity of content in these acts could be explained
just as easily – and more plausibly – in terms of the identity of the shared
object itself, but Husserl precludes this option by the way in which he
distinguishes phenomenological and intentional contents. So, this view of
intentionality, no matter how ingenious, is one that Husserl must abandon.
Husserl’s motive for abandoning the view of the first edition of the Inves-
tigations, however, arises more directly from his concern for the relation
of logic to truth.12 As Husserl develops his theory of fulfilling intentions
in the sixth investigation, he recognizes that fulfilling intentions involve
the direct, intuitive presence to consciousness of the intended object just
as intended. This, in turn, requires that he somehow make room for the
first sense of intentional content that he had previously excluded from
his account. This is the possibility opened up by the development of the
notion of the phenomenological reduction, and it will motivate an impor-
tant change in his theory of intentionality.
The change in Husserl’s treatment of intentionality in the second edition
of the Investigations is barely noted in the text itself, and it reflects the
train of thought finding its first detailed statement in Ideas I. Husserl no
longer draws a distinction between phenomenological (i. e., really inher-
ent, descriptive-psychological) contents and intentional contents. Instead
he draws a distinction within the phenomenological contents of the act
between its real and intentional contents. Both kinds of contents are now
conceived as moments within the whole that is the intending act along with

12 Cf. Rudolf Bernet’s Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit in this volume.
118 John J. Drummond

its intended object just as intended (411 [576]). The text previously quoted
has in the second edition been changed to read: „[W]e introduce an impor-
tant phenomenological distinction […], namely the distinction between the
real content of an act and its intentional content“ (411 [576, translation
modified]). The intentional content that in the first edition was outside
the bounds of a descriptive psychology is in the second edition within the
bounds of a phenomenological description.
The entire account of intentional content is now recast in a new light.
Whereas Husserl’s original understanding of phenomenology as descrip-
tive psychology required him to explain the object as it appears exclusively
in terms of the intending act and its real (reell) contents, his subsequent
understanding of the transcendental field opened for reflection by the
phenomenological reduction allows an appeal to both real and intentional
contents, including the intended object just as intended. The intentional
relation of consciousness to the world is now recognized as a (cor)relational
whole comprising non-independent parts, some of which are real and some
of which are intentional.
Husserl in Ideas I uses the term „noesis“ to refer to those features really
or immanently contained in the act and by virtue of which the act is inten-
tionally directed to an object, i. e., those moments of the act which „bear in
themselves what is specific to intentionality“ (Hua III, 192 [Husserl 1983,
203; translation modified]). Husserl uses the term „noema“ to refer to the
intentional correlate of the act, that to which the intending act is directed,
but he explicates the noema in multiple ways. These varied explanations
have generated much spilt ink, much of it by me, about how best to inter-
pret the noema. I shall not enter into the details of this controversy here,13

13 This controversy was first characterized by Dreyfus 1972, 135, as a debate between those
who view the perceptual noema as a percept (Gurwitsch) and those who view it as a concept
(Føllesdal). The debate came to be more broadly characterized as one between content-theo-
ries of intentionality and object-theories, or between mediator-theories and object-theories, or
between the Fregean interpretation and the non-Fregean interpretation, or between propo-
sitional and transcendental readings, or between west-coast and east-coast readings (or yet
others). Gurwitsch (1964, esp. 228–79; 1966a; 1966b; 1966c; 1966d; 1967, 24–57), while reco-
gnizing that the noema is also a sense, emphasizes the noema or intentional object as the inten-
ded objectivity itself simply as intended. This identification of the object which is intended with
the object as intended, i. e., with the noema as sense, raises the questions of how to explicate,
first, the difference and, second, the relation between the object intended and the object as
intended. Gurwitsch’s responses to these questions were united in his claim that the intended
object itself is a whole of noematic parts. Føllesdal 1969, on the other hand, emphasizes the
noema as sense, as an abstract intensional entity which semantically mediates the act’s reference
to the object. Føllesdal’s view remains very close to the position Husserl enunciates in the first
edition of the Investigations. His students Smith and McIntyre revised this position somewhat,
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 119

but it is worthy of note that although both the noesis and the noema are
identified as non-independent parts of the whole that is the intentional
correlation, and although both the noesis and the noema are themselves
subjected to a whole-part analysis, the whole-part analysis of the noetic and
noematic dimensions is insufficient to account adequately for noetic and
noematic structures since whole-part analysis abstracts from the tempo-
rality of the experiences analyzed (Drummond 1980, 13–19; 1990, 86–99;
1992, 101–4; 1998, 114–16).
This richer understanding of the whole that is the proper object of
philosophical reflection leads to fundamental changes in Husserl’s account
of intentionality and his conception of phenomenology. The inten-
tional content of the act, its intentional object (the intended object just
as intended), is now recognized as an „ir-real“ moment of the act. The
intended object considered philosophically within a part-whole perspective
is now recognized as an abstractum. It is a moment of a larger whole: the
intentional correlation between consciousness and the world in its signifi-
cance for us, a correlation that is itself an absolute concretum. Within this
view of intentionality, meaning is now understood as the intended object
just as intended, i. e., the intended object just in its significance for us as
disclosed in the intending act. Since the sense of the object is just the object
in the particular significance revealed by a particular act, the sense of the
object is characterized by the same „ir-reality“ as the intended object.
The form of ideality that Husserl calls „ir-reality“ enables Husserl (1) to
dispense with the duplication of meaning (as ideal species and as instantiated),
(2) to locate meaning directly in the act-object correlation, and (iii) to preserve
a non-psychologistic account of the relation of meaning to mind. However
one interprets the relation between the intentional object and intended object
– however, that is, one interprets what Husserl came to call the „noema“ – it is
clear that Husserl now conceives meaning as the ir-real, intentional correlate
of acts rather than as an ideal object really instantiated in acts.
This extension of the understanding of whole-part logic after the formu-
lation of the reduction underlies Husserl’s account of transcendental

arguing that the noema was not an instantiated essence or tokened type, but an abstract parti-
cular which is the correlate of the noesis. Hence, intentional directedness is analyzed by them
as a triadic relation: the act entertains a noema (i. e., a sense) and thereby prescribes an intended
object which might or might not actually exist (1982, 143). Some authors have adopted an
irenic approach to the controversy. See, e. g., Mohanty 1982, 1985; Welton, 1983, §§ 4.1, 5.4,
6.4, and chap. 7; and Larrabee, 1986. For a brief overview of the controversy, cf. Drummond
1997, and for criticisms of both Gurwitsch and Føllesdal, as well as of the irenic approach, cf.
Drummond 1980, 1990, 1992, 1998.
120 John J. Drummond

phenomenology as the synthetic or material a priori science of the eidé,


the essences, of the various types of experience of objects or, conversely, of
objects as experienced.14 It is this possibility for relating real and non-real
parts in larger wholes that is most interesting about Husserl’s account of
wholes and parts and that opens up possibilities for rethinking a number
of traditional philosophical problems. And it is, I think, with respect to
Husserl’s account of intentionality that this feature of Husserl’s doctrine
of wholes and parts becomes most important. The focus instead is on
the transcendental dimension within consciousness that accounts for our
disclosure of a world and objects as having meaning for us. What I have
suggested in this paper is that an understanding of phenomenology itself,
of its development, and of its possibilities requires – as a moment, as it were
– an understanding of the conception of parts and wholes that Husserl
provides in the third logical investigation. 15

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14 For a discussion of the difference and relation between the transcendental and the psycho-
logical, see Drummond 1990, passim; Drummond 2000; and Drummond 2008.
15 This paper expands upon a view first sketched in Drummond 2003.
Wholes, Parts, and Phenomenological Methodology 121

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9
Jocelyn Benoist

Grammatik und Intentionalität


(IV. Logische Untersuchung)

Husserls Interesse für die Grammatik in den Logischen Untersuchungen lässt


sich auf natürliche Weise durch das Gesamtziel seines Werkes erklären:
eine phänomenologische Aufklärung der Logik. Da Logik von den Prolego-
mena zur reinen Logik als die Wissenschaft von der Struktur einer Theorie,
und eine Theorie als ein System von Bedeutungen einer bestimmten Art
(Sätze) dargestellt wurde, erweist sich eine Untersuchung der Bildungs-
bedingungen solcher Sätze als unentbehrlich. Es geht um die Zusammen-
setzung der Bedeutung, welche das traditionelle Thema der Grammatik
(oder wenigstens der Syntax) ist. Husserl will dieses Problem in der IV.
Untersuchung behandeln.
Die Möglichkeit der Zusammensetzung von Bedeutungen ist für sich
genommen eine wichtige Frage. Ebenso wichtig ist aber ihre Konsequenz
in Bezug auf die Natur der Bedeutung selbst. In der I. Untersuchung ist
Husserl für eine intentionalistische Auffassung der Bedeutung eingetreten,
nach welcher Bedeutungen ideale Einheiten sind, die in „bedeutungsver-
leihenden Bewußtseinsakten“ (oder wenigstens in einem ausgezeichneten
Teil derselben) instanziiert sind. Nach dieser Auffassung entspricht jeder
Bedeutung ein intentionaler Akt.
Nach der I. Untersuchung ist jede solche Intentionalität (= „Bedeutungs-
intention“) dadurch gekennzeichnet, dass sie auf einen Gegenstand teleolo-
gisch abzielt. Dies ist der Sinn der Lehre des „erfüllenden Sinnes“, wie sie
im § 14 der I. Untersuchung dargestellt wird. Diese Lehre kombiniert zwei
Thesen: 1. Jede Bedeutungsintention als solche meint einen Gegenstand
(dies ist die innere Struktur des „Sinnes schlechthin“). 2. Dieser Gegenstand
ist nicht notwendig „gegeben“, aber die Bedeutungsintention als solche
bestimmt, was der Fall wäre, wenn er gegeben wäre (dies ist der „erfüllende
124 Jocelyn Benoist

Sinn“). Jede Bedeutungsintention steht also in einer gewissen Beziehung


zur Möglichkeit einer Anschauung. Sie beruht nicht auf dieser Möglichkeit
– so, als ob die Bedeutungsintention von der Anschauung abhängig wäre
–, sondern bestimmt sie vielmehr im Vorhinein als mögliche „Erfüllung“.
Was gesagt wird, muss angeschaut werden können – oder zumindest wäre
es sinnvoll, bei jeder Anschauung zu fragen, ob sie eine gegebene Bedeu-
tungsintention erfüllt oder nicht, da die Bedeutungsintention nach dieser
teleologischen Auffassung der Intentionalität auf das mögliche (oder sogar
unmögliche) Gegebensein eines Gegenstandes abzielt.
Trotzdem gibt es Bedeutungen, auf die diese intentionalistische teleo-
logische Auffassung prima facie nur schwer anwendbar ist: Was lässt sich
zum Beispiel vom Sinn des Bindewortes „und“ sagen? Meint „und“ einen
Gegenstand? Wenn ja, ist dieser Gegenstand in irgendeinem Sinn gege-
ben? Oder ist es wenigstens sinnvoll, irgendeine Gegebenheit mit dem,
was dieses Wort meint (wenn es ein solches Meinen gibt), zu vergleichen?
Man kann das ernstlich bezweifeln. Husserl kommt hier auf ein klassisches
Problem des modernen Empirismus zurück, dessen Quelle schon in Lockes
Versuch über den menschlichen Verstand zu finden ist, nämlich auf das
Problem der Bedeutung der so genannten particles (Partikel).
Die Untersuchung der Bedingungen, unter denen Bedeutungen zu
Sätzen zusammengesetzt sind, führt Husserl also zu einer Herausforde-
rung seiner ursprünglichen Auffassung der Intentionalität der Bedeutung.
Es fragt sich nun, ob diese Schwierigkeit ihn von jeder Deutung der Bedeu-
tung als „intentional“ abbringen wird, oder ob er nur die Lehre der Inten-
tionalität der Bedeutung revidieren muss.
Im Rahmen einer systematischen Lehre der Intentionalität, mit welcher
„Phänomenologie“ als solche in den Logischen Untersuchungen zu identifi-
zieren ist, steht Husserls Lösung natürlich auf der zweiten Seite. Demge-
mäß ist die IV. Untersuchung der Ort, an dem die Bedeutungsintention zu
ihrem eigentlichen Sinn gelangt, für welchen die grammatikalische Struk-
turierung (was Husserl „Gliederung“ nennt), keine äußere, kontingente
Eigenschaft, sondern eine innere, wesentliche ist. Man kann sogar sagen,
dass die Bedeutungsintention als das, was sie eigentlich ist, erst mit den
grammatikalischen Analysen dieser Untersuchung erscheint. Die Frage
ist dann, inwiefern diese Analysen mit denjenigen der I. Untersuchung
verträglich sind, und welche systematische Gestaltung der Bedeutungsin-
tention sich aus der Verbindung der beiden ergeben kann.

 Dies ist wenigstens in der Regel nicht der Fall. Wir lassen den wichtigen Fall der „wesentlich
okkasionellen Ausdrücke“ hier beiseite (vgl. dazu Hua XIX/1, 85 ff.; Hua XIX/2, 552 ff.).
Grammatik und Intentionalität 125

9.1. Phänomenologische Umdeutung des Unterschieds


zwischen Kategoremata und Synkategoremata
Auf den ersten Blick lässt sich die IV. Untersuchung als eine direkte
Anwendung der dritten verstehen. Als „Lehre von den Ganzen und
Teilen“ hat die III. Untersuchung zwischen „selbständigen und unselbstän-
digen Gegenständen“ unterschieden. Da Bedeutungen als solche (ideale)
Gegenstände sind (vgl. Hua XIX/1, 104 ff.), unterliegen sie den Gesetzen
der Mereologie, wie sie in der III. Untersuchung dargelegt wird. Selbstän-
dige Bedeutungen sind besondere Fälle von selbständigen Gegenständen;
unselbständige Bedeutungen sind besondere Fälle von unselbständigen
Gegenständen.
Wir müssen deshalb zu den Definitionen zurückkehren, die Husserl in
der III. Untersuchung angibt. Husserl beginnt mit einer psychologischen
Unterscheidung, die zur empiristischen Tradition gehört – er hat sie bei
Berkeley gefunden:
„Selbständige Inhalte sind da vorhanden, wo die Elemente eines
Vorstellungskomplexes ihrer Natur nach getrennt vorgestellt
werden können: unselbständige Inhalte da, wo dies nicht der Fall
ist.“ (Hua XIX/1, 233)
Danach entpsychologisiert er diesen Unterschied und enthüllt den ontolo-
gischen Grund, auf dem der Unterschied beruht, sofern er in der Natur der
„Inhalte“ (bzw. Gegenstände) begründet ist. So stellt er im § 5 der IV. Unter-
suchung eine „objektive Bestimmung des Begriffs der Unabtrennbarkeit“
vor. Wenigstens in der Fassung der zweiten Auflage von 1913 ist klar, dass
die Selbständigkeit oder Unselbständigkeit als Unabhängigkeit bzw. Abhän-
gigkeit von etwas in dem Wesen der betreffenden Gegenstände gegründet
ist. Wo immer wir es mit einem selbständigen Inhalt zu tun haben, gilt:
„In der ‚Natur‘ des Inhalts selbst, in seinem idealen Wesen, gründet
keine Abhängigkeit von anderen Inhalten, er ist in seinem Wesen,
durch das er ist, was er ist, unbekümmert um alle anderen.“
(Hua XIX/1, 239)
Umgekehrt ist im Fall der Unselbständigkeit „der Inhalt seinem Wesen
nach an andere Inhalte gebunden, er kann nicht sein, wenn nicht mit ihm
zugleich andere Inhalte sind“ (ebd.).
Wichtig ist, dass die Abhängigkeit bzw. Unabhängigkeit eine essenzielle
(wesentliche) und keine bloß existenzielle ist: die Existenz eines Inhalts
kann wohl von der Existenz anderer Inhalte abhängen oder nicht, was
126 Jocelyn Benoist

aber hier von Belang ist, ist, dass sich diese Abhängigkeit bzw. Unabhän-
gigkeit aus dem „Wesen“ des Gegenstandes ergibt. In Anbetracht dessen,
was der Gegenstand ist – nämlich in Anbetracht seines „Wesens“ – kann
der Gegenstand nur sein, wenn es entweder eine bestimmte andere Art
von Gegenständen gibt, oder wenn er keinen solchen spezifischen onto-
logischen Grund fordert. Dies betrifft das Wesen des Gegenstandes, als
spezifischen Gegenstand, der ein bestimmtes „Was“ hat.
Die Anwendung dieses generellen Schemas auf den besonderen Fall der
so genannten „selbständigen“ und „unselbständigen Bedeutungen“ ist gar
nicht so selbstverständlich. Denn was soll es heißen, dass es „unselbstän-
dige Bedeutungen“ gibt? Natürlich muss es sich um Bedeutungen handeln,
die unselbständig als Bedeutungen wären. Mit anderen Worten: um
Bedeutungen, die als die Bedeutungen, die sie sind, erst bestehen können,
wenn andere gegebene Bedeutungen bestehen. So würde der Sinn der
Unselbständigkeit im Fall der Bedeutungen mit dem generelleren Sinn der
Unselbständigkeit der Gegenstände übereinstimmen. Eine gewisse Art von
Wörtern würde ihren Sinn erst dadurch erhalten, dass sie in eine gewisse
Beziehung zu anderen Wörtern einträten.
Tatsächlich beschreibt Husserl die Unselbständigkeit der Bedeutung
jedoch nicht auf diese Weise.
In der Tat, eine solche Deutung der „Unselbständigkeit“ gewisser Bedeu-
tungen gehört in eine andere traditionelle Theorie, die Husserl kennt und
die eine wichtige Rolle in der Entwicklung seiner eigenen Theorie spielt,
die aber nicht seine eigene ist.
Die post-aristotelischen griechischen Grammatiker haben zwischen
Kategoremata und Synkategoremata unterschieden. Diese Unterschei-
dung betrifft Zeichen als solche. Durch sie werden zwei Klassen von
Zeichen bestimmt: 1. diejenigen, „welche als Subjekt oder Prädikat in einer
Aussage stehen können“ = Kategoremata, 2. diejenigen, „welchen nur in
Verbindung mit anderen diese Funktion zukommen kann“ (Marty 1908,
205). Letztere sind dann unselbständig hinsichtlich ihrer Fähigkeit, eine
bestimmte grammatikalische Funktion, die als „selbständig“ gekennzeich-
net ist, zu übernehmen.
Nun ist es möglich, diese Unterscheidung zu radikalisieren, wie es Bren-
tanos Schweizer Schüler Anton Marty getan hat. Man könnte zunächst
sagen, dass es Wörter gibt, die keine Bedeutung in sich selbst haben, sondern
nur mitbedeuten. Es kommt dann nicht mehr auf die bloße Prädikabilität
im Gegensatz zur „Komprädikabilität“ an, sondern auf die Selbständigkeit

 Ich übernehme diese Definitionen von Marty.


Grammatik und Intentionalität 127

einer Bedeutung im Gegensatz zur Unselbständigkeit einer anderen. Man


sollte demgemäß zwischen den Zeichen, die als „selbstbedeutend“ und
denjenigen, die nur als „mitbedeutend“ fungieren, unterscheiden.
In der Tat, stimmt diese neue Unterscheidung nicht mehr mit der
früheren überein. Wie Anton Marty bemerkt,
„‚sitzt‘, ‚geht‘ und dergleichen hätten wohl die Aristoteliker als
kategorematisch bezeichnet, da es als Prädikat dienen kann.
Es ist aber synsemantisch [= mitbedeutend]. Nur ‚Gehender‘,
‚Sitzender‘, und ‚er geht‘, ‚er sitzt‘ könnte ich als autosemantisch
[= selbstbedeutend] gelten lassen.“ (Marty 1908, 206)
In dieser Analyse sind diese beiden Arten von Ausdrücken (Ausdrücke wie
„Gehender“ und „er geht“) allen anderen entgegengesetzt als zwei Arten von
Ausdrücken, denen eine selbstständige Bedeutung zukommt, im Gegensatz
zu Ausdrücken, die Bedeutung erst dadurch erhalten, dass sie mit anderen
verbunden werden: die Bedeutung der letzteren ist „Mitbedeutung“.
Nun ist es interessant zu fragen, was diese beiden Arten, die das Mono-
pol für selbständige Bedeutung haben, gemein haben. Es ist klar, dass sie
grundverschieden sind. Die eine Art besteht aus Namen im weiteren Sinn
des Wortes – d. h. aus allem, was als ein Name fungieren kann, auch wenn
es zusammengesetzt und komplex ist. Die andere Art ist davon aber recht
verschieden: es handelt sich um das, was die Logiker dieser Zeit manch-
mal „den ganzen Satz“ nannten. Mit anderen Worten, etwas, das etwas
sagt (nicht nur nennt, sondern sagt). Was ist nun den beiden Funktionen
gemein – das die „Bedeutung“ in ihrer Selbständigkeit definieren könnte?
Es scheint nun klar, dass damit zu tun hat, was Husserl in der I. Unter-
suchung als die Intentionalität, bzw. das Sich-auf-etwas-Beziehen der
Bedeutung hervorgehoben hat. Was dem Namen (in dem weiteren Sinn)
und dem Satz als solchen gemein ist, ist genau dieses Sich-auf-etwas-
Beziehen. Gerade dies scheint im Gegenteil zu fehlen im Fall der Ausdrü-
cke, die Marty als „mitbedeutend“ kennzeichnen würde. „Der Mann“
(oder „der Gehende“) bezeichnet zwar etwas (oder kann wenigstens etwas
bezeichnen): einen Gegenstand. Man könnte wohl auch sagen, dass „Der
Mann geht“ nach einer gewissen Deutung des Begriffs vom Satz einen
„Sachverhalt“ bezeichnet oder bezeichnen kann. Aber „geht“ bezeichnet

 In der zweiten Auflage der Logischen Untersuchungen „eine Sachlage“.


 Vgl. die Erweiterung der Lehre von Marty, die Husserl als eine Hypothese im § 4 der IV.
Untersuchung vorschlägt, nach welcher „alle für sich bedeutsamen“ Ausdrücke als „kategore-
matisch“ zu behandeln seien (vgl. Hua XIX/1, 312).
128 Jocelyn Benoist

nichts, solange es „herausgerissen“ bleibt. Nicht etwa in dem Sinn, dass


es etwas bezeichnen könnte, das sich als fehlend herausstellte. Es ist über-
haupt sinnlos, in diesem Fall einen solchen Beziehungspunkt zu suchen.
Das Wort bezieht sich auf nichts, und vermeint nicht, sich auf irgendetwas
zu beziehen.
Wenn jedoch der Ausdruck mit einem anderen des geeigneten Typs
zusammengesetzt wird, bezieht sich doch das Ganze, das daraus entsteht
(wie z. B. „der Mann geht“), auf etwas, und so hat es eine „selbständige
Bedeutung“. In diesem Sinn kann man sagen, dass der „synsemantische
Ausdruck“ keine eigene Bedeutung hat, aber doch zu einer Bedeutung
wirklich beitragen kann: als solcher ermöglicht er Bedeutungen, die ohne
seine „mitbedeutende Leistung“ nie bestehen würden. Diese Art Ausdrü-
cke spielt insbesondere eine entscheidende Rolle in der Bildung der propo-
sitionalen Bedeutung.
Husserl tritt aber nicht für eine solche Theorie ein. Nach dem Grundge-
danken, den er in der I. Untersuchung entwickelt hat, gibt es keinen echten
sinnlosen Ausdruck. In der Tat, meint „Ausdruck“ soviel wie „sinnvolles
Zeichen“ (im Gegensatz zu Zeichen, die keinen eigentlichen Sinn haben,
wie die Anzeichen).
Nach Husserl kann ein sinnvolles Ganzes nur aus sinnvollen Teilen
zusammengesetzt werden. Dies lässt sich insbesondere an Husserls Analyse
der Eigennamen im § 16 der I. Untersuchung nachweisen. So gibt es keinen
sinnlosen Teil in einem Ausdruck als Ausdruck, keine „Lücke“ in der Kette
des Sinnes.
In diesem Sinne scheint Husserl Bolzano näher als Marty zu stehen. In
der Wissenschaftslehre hat Bolzano die Ansicht vertreten, dass „jedes Wort in
der Sprache zur Bezeichnung einer eigenen Vorstellung, einige auch wohl
zur Bezeichnung ganzer Sätze dienen“ (Bolzano 1987, 57). Unter „Vorstel-
lung“ als „Vorstellung an sich“ muss man hier, wie Husserl bemerkt, das
verstehen, was er selbst „Bedeutung“ nennt. Husserl und Bolzano zufolge
trägt jedes Wort seine eigene Bedeutung, die „synkategorematischen“
Wörter ebenso wie die anderen. Mit anderen Worten: keine Mitbedeutung
ohne eigene Bedeutung (die auch minimal sein kann).

 Das soll nicht bedeuten, dass der Ausdruck als bloßer physischer Gegenstand (und nicht als
Ausdruck), oder als Wortlaut (und noch nicht als Ausdruck im vollen Wortsinn), nicht auch aus
Teilen besteht, die keinen Sinn haben, und somit keine Ausdrücke sind.
Grammatik und Intentionalität 129

Soll dies nun bedeuten, dass Husserl, wie Bolzano es zu einem gewis-
sen Grade es zu tun scheint, die Unterscheidung zwischen kategorema-
tischen (als bedeutungsvollen) Wörtern und synkategorematischen (als
bedeutungslosen) Wörtern (oder wenigstens Wörtern ohne eigenen Sinn)
einfach aufgibt?
Es ist jedoch klar, dass dies nicht der Fall ist. Husserl bewahrt zwar
etwas von der grammatikalischen Analyse, wie Marty sie radikalisiert hat.
Er versucht trotzdem beide Wege zu versöhnen, und seine eigene Lehre
erscheint wie eine Art Zwischending. Nach Husserl ist es zugleich wahr, 1.
dass jedes Wort seine eigene Bedeutung hat, und 2. dass gewisse Wörter
von solcher Art sind, dass sie von anderen Wörtern abhängen, um ihre
volle Bedeutung zu erhalten.
Das bedeutet nicht, dass gewisse Wörter nur eine „Mitbedeutung“
hätten, wie Marty dachte, und als aus dem Kontext herausgerissen keine
Bedeutung mehr hätten; vielmehr ist es so, dass ihre Bedeutung als heraus-
gerissene nicht dieselbe ist, wie diejenige, die sie im Satz haben, und die
– in einem gewissen Sinne – unvollständig und ergänzungsbedürftig ist
(etwas, das Bolzano nicht gesehen hatte). Eine „unvollständige Bedeutung“
bedeutet aber nicht dasselbe wie „keine Bedeutung“.
„Kategorematische Bedeutungen“ als solche müssen also in folgender
Weise anerkannt werden: Die Unterscheidung zwischen dem Kategore-
matischen und dem Synkategorematischen ist keine bloße Unterscheidung
zwischen Arten von Zeichen (wie die zwischen Zeichen, die eine Bedeu-
tung tragen, im Gegensatz zu denjenigen, denen es an Bedeutung fehlt),
sondern eine Unterscheidung zwischen Arten von Bedeutungen, und zwar
im Bereich der Bedeutungen selbst. Das Problem ist dann, einen Sinn für
eine solche Unterscheidung in diesem Bereich zu finden.
Husserl versucht also, einen Sinn für die „Unselbständigkeit“ der Bedeu-
tung einzuführen, der nicht so sehr die Unmöglichkeit der herausgerissenen
Bedeutung, als vielmehr ihre Unvollständigkeit einschließt. „Unselbstän-
dig“ hinsichtlich der Bedeutung bedeutet dann: etwas bedeutend, aber auf
eine Weise, die weder zulässt, dass die Bedeutung völlig bestimmt werden
kann, noch, dass ein voller Sinn überhaupt – und entsprechend ein erfül-
lender Sinn – erfasst werden kann.

 Bolzanos Gesichtspunkt bezüglich der Zusammensetzung der „Vorstellungen“ ist in der


Tat mehr kombinatorisch als syntaktisch. Vgl. dazu Benoist 2002. Das bringt ihn dazu, die
Unterscheidung zwischen Kategoremata und Synkategoremata, wenn auch nicht ganz zu igno-
rieren (er deutet im Zusammenhang seiner Erörterung der Verneinung wenigstens auf sie hin),
wenigstens zu relativieren. Jede Vorstellung ist gleich – und selbständig – bedeutungsvoll.
130 Jocelyn Benoist

Dabei muss allerdings betont werden, dass dies nicht bedeutet, dass die
Bedeutung des Synkategoramas überhaupt unbestimmt ist. Sobald das
Synkategorema in den Zusammenhang eines vollständigen Ausdrucks
eintritt, erhält es eine voll bestimmte Bedeutung, die in verschiedenen
solchen Ausdrücken als identische wiederkehren kann. Diese Bedeutung ist
diejenige einer bestimmten Funktion, die auf eine vollkommen bestimmte
Weise ausgeübt wird. So ist der Sinn von „Hans und Peter“ vollkommen
klar und bestimmt, und der Sinn von „und“ als Verknüpfungsmoment in
diesem Zusammenhang ist ebenfalls vollkommen klar und bestimmt. Das
Synkategorema ist in dem vollständigen Ausdruck immer „ergänzt“, und
dadurch bestimmt.
Was das „herausgerissene Synkategorema“ betrifft, so ist der Fall nicht
genau analog. Es scheint, dass der Sinn des Synkategoremas in einer solchen
Verwendung bis zu einem gewissen Grad unbestimmt bleibt. Da dieser
Sinn „funktional“ ist, kann er nicht voll sein, sofern es keine „Materie“
gibt, auf welche er angewandt werden kann. Hier gibt es eine Ergänzungs-
bedürftigkeit, die im Fall des in einen Zusammenhang eingeschlossenen
Synkategoremas nicht hervorsticht, da es schon gesättigt worden ist.
Die Art und Weise, in der Husserl den Fall der unselbständigen Bedeu-
tung erörtert, enthält ein Paradox; denn man könnte glauben, dass das
herausgerissene Synkategorema die bloße „gewöhnliche Bedeutung“ des
Synkategoremas hat (nämlich die Bedeutung, die es in den Zusammenhän-
gen hat, in die es gewöhnlich eintritt), aber ohne ihre gewöhnliche (und
veränderliche) Ergänzung. Der Gegensatz bestünde also zwischen einer
(minimalen) Bedeutung mit Ergänzung und derselben ohne Ergänzung.
Nun ist dies aber nicht der Fall. Denn erstens würde dies bedeuten, dass
etwas zu dieser so genannten „minimalen“ Bedeutung wirklich hinzuge-
fügt wird, wenn das Synkategorema in einem Zusammenhang eintritt,
und somit, dass das Synkategorema so viele Bedeutungen bekäme wie es
Zusammenhänge gibt, in welche es eintritt – als ob die Bedeutung von
„und“ nicht dieselbe in „Hans und Peter“ und in „Andrea und Anna“ wäre.
Die Bedeutung des in einem Zusammenhang eingeschlossenen Synkate-
goremas ist nicht die Bedeutung des herausgerissenen Synkategoremas
zuzüglich einer ergänzenden Bedeutung. Zweitens, und dies ist wesentlich,
ist die Bedeutung des herausgerissenen Synkategoremas nach Husserls
Ansicht keine unergänzte Bedeutung. Sie ist zwar „ergänzungsbedürftig“,
aber, so erstaunlich dies sein mag, dieses Bedürfnis ist auch in diesem Fall
befriedigt. Hierin besteht die Pointe von Husserls Theorie der synkatego-
rematischen Bedeutung.
Grammatik und Intentionalität 131

Das ist in der Tat die einzige Weise, dem Begriff einer unselbstän-
digen Bedeutung Sinn zu geben: das herausgerissene Synkategorema hat
doch eine Bedeutung „für sich selbst“. Aber diese Bedeutung schließt das
Hinzukommen von anderen Bestandteilen ein und ist wesentlich mit jenen
verknüpft. Da diese anderen Bestandteile aber nicht gegeben sind, können
sie nur als unbestimmte Stellen eintreten. Mit anderen Worten: „und“ ist
wesentlich „… und …“, „x und y“, auch wenn weder ein bestimmtes x noch
ein bestimmtes y gegeben werden. So sind das Sichbeziehen auf ein x und
das Sichbeziehen auf ein y wesentliche (aber formale) Bestandteile der
Bedeutung von „und“.
Der wichtigste Punkt ist hier, dass dies ebenso für die herausgerissenen
wie für die in einem Zusammenhang geschlossenen Synkategorema gilt. In
einen „Zusammenhang“ treten nur konkrete A und B an die Stellen von x
und y ein. Das entscheidende Paradox ist nur, dass im Fall des herausgeris-
senen Synkategoremas eine Art Ergänzung stattfindet, ebenso wie im Fall
der konkreten Verwendung des Synkategoremas in einem Zusammenhang.
Diese Ergänzung ist aber im ersten Fall bloß „formal“.
So ist die Bedeutung des Synkategoremas „unselbständig“ in dem Sinn,
dass diese Bedeutung immer mit einem anderen Bedeutungsbestandteil
verbunden ist. Wenn es keinen anderen Ausdruck gibt, mit welchem das
Synkategorema verknüpft ist, muss man (d. h. der Hörer oder der Redende)
einen Bedeutungsbestandteil hinzufügen, der formal ist, der aber die
Bedeutung des Synkategoremas als solches vervollständigt und ermögli-
cht. Dieser Bestandteil ist „formal“, insofern er unbestimmt ist: er ist keine
Bedeutung, die sich auf einen bestimmten Gegenstand bezöge, sondern er
bezieht er sich auf „einen Gegenstand überhaupt“.
Das Synkategorema kann somit auch als herausgerissener Ausdruck eine
eigene Bedeutung haben, und doch stets eine solche, die nicht selbständig
sein kann und die immer nur in Beziehung zu etwas anderem steht – auch
zu dem bloßen Meinen eines „Gegenstands überhaupt“.
Auf diese Weise hat Husserl die Synkategoremata wieder in den Bereich
der Bedeutung eingesetzt.

9.2. Der Vorrang des Satzes


Die Fruchtbarkeit dieses Modells besteht in der Zweiseitigkeit der Idee
eines formalen Meinens bzw. eines formalen Bedeutungsbestandteils.
In einem gewissen Sinn ist dieses Meinen kein echtes Meinen – nichts
Bestimmtes ist dadurch gemeint – und somit bezieht es sich für sich selbst
132 Jocelyn Benoist

auf keinen (bestimmten) Gegenstand. In einem anderen Sinn ist es jedoch


ein Meinen – und daher gehört eine solche Bedeutung doch zum gewöhn-
lichen, intentionalen Sinn dessen, was eine Bedeutung ist.
Da die Bedeutung des Synkategoremas für sich selbst (bzw. als „heraus-
gerissen“ genommen) eine bloß formale ist, kann sie in ihrem funktionellen
Charakter als ein bloßes Mittel für den Aufbau von Bedeutungen höherer
Ordnung – und nicht als echte intentionale Bedeutung – interpretiert
werden.
Der Grundgedanke dessen, was Husserl „reinlogische Grammatik“
nennt, besteht nun darin, dass dieser Aufbau spezifischen Gesetzen unter-
liegt, die unabhängig von den Gesetzen, welche die Gegenstände als solche
betreffen und auf die sich die Bedeutungen beziehen, gelten. Synkatego-
remata als solche sind Sinnesoperatoren: sie ermöglichen, aus gegebenen
Teilsinnen Sinneseinheiten zu erzeugen.
Das Problem ist, dass der Sinn nicht auf beliebige Weise zusammenge-
setzt werden kann – wie es von einem kombinatorischen Gesichtspunkt à
la Bolzano der Fall ist. Gewisse Zusammensetzungen sind triftig, andere
nicht. Mit anderen Worten: es ist möglich, Sinn aus Sinnen aufzubauen;
aber es könnte sich daraus auch Unsinn ergeben. Insbesondere darf man
nicht den besonderen Status der Synkategoremata vergessen, indem man
sie als Kategoremata behandelt. Der Scheinsatz „Grün ist oder“ ist ein
Beispiel für Unsinn, der sich aus der Behandlung eines synkategorema-
tischen Wortes als eines kategorematischen ergibt – im vorliegenden Fall
als ein Prädikat.
Es ist zwar möglich, ein synkategorematisches Wort in ein kategorema-
tisches zu verwandeln; aber dies gelingt nur um den Preis einer Modifikation
des Sinnes des Synkategoremas, wie etwa, wenn man sagt: „‚und‘ hat eine
unselbständige Bedeutung“. In diesem Fall erhält „und“ die Bedeutung,
seine normale Bedeutung zu nennen, anstatt seine normale Bedeutung zu
haben – was die Anführungszeichen andeuten. Husserl nennt diesen Fall
„Analogon der suppositio materialis“ (Hua XIX/2, 331). Die Scholastiker
nannten suppositio materialis die Art der Referenz, durch die der Ausdruck
auf seinen eigenen Wortlaut bezogen wird. Das Analogon, das Husserl im
Auge hat, ist die Art der Referenz, durch die der Ausdruck seine eigene
Bedeutung nennt. Da die Bedeutung nach Husserl eine Art Gegenstand
ist, ist es immer möglich, sie zu nennen, von welcher Art sie auch sein mag.
So kann ein Synkategorema in dieser Art der Referenz als ein Kategorema
(ein Name) fungieren und demgemäß an den syntaktischen Stellen dieser

 Mit anderen Worten: der Gegenstand dieses Meinens ist nichts anderes als ein „Denkobjekt“.
Grammatik und Intentionalität 133

Art von Wörtern (Subjekt oder Prädikat) auftreten. Wo es als Synkatego-


rema verwendet wird, ist dies jedoch unmöglich: der Unterschied zwischen
Kategorema und Synkategorema ist eine wesentliche Grenze im Bereich
des Sinnes, und ihre Übertretung führt jenseits dieses Bereiches, zum
Unsinn.
Mit anderen Worten: der Sinn ist wesentlich strukturiert. Die Aufhe-
bung dieser Struktur ist die Aufhebung des Sinnes. Es gibt keinen missge-
bildeten Sinn.
Diese Struktur ist etwas ganz Eigenartiges: sie ist keineswegs eine Struk-
tur der (durch den Sinn) gemeinten Gegenstände, sondern eine bloße
Struktur des Sinnes. So ist das, was Husserl Unsinn nennt, etwas Tieferes
als das, was gewöhnlich „Sinnlosigkeit“ genannt wird. Das folgende Beispiel
macht diese Unterscheidung klar: ein Satz wie „diese natürliche Zahl ist
grün“ ist gewiss sinnlos – wenigstens, wenn jeder Teil des Satzes auf die
Weise verwendet wird, auf welche er gewöhnlich (außer dieser besonderen
Zusammensetzung) verwendet wird. Der Satz ist doch aber kein Unsinn
in dem prägnanten Sinn des Wortes, weil er die Struktur einer Rede (oder
wenigstens, in dem vorliegenden Fall, dessen, was in einer Rede auftreten
kann) behält. Der Begriff des Unsinnes betrifft genau dies: die Zerstörung
der Bedingungen einer Rede als solcher.
Was hier zu Tage tritt, ist, dass es dem Sinn wesentlich ist, in eine Rede
gehören zu können. Diese Eigenschaft scheint in einem bestimmten Maße
unabhängig von dem wesentlichen intentionalen Charakter der Bedeutung
zu sein. Oder genauer gesagt: dies scheint so, solange man ein gewisses
Modell von Intentionalität bevorzugt, welches das bloße Fundament der
Intentionalität im Fall der Bedeutungsintentionalität ausmacht.
Grammatik ist kein außerintentionales Phänomen, sondern vielmehr
gründet die wesentliche Grammatikalität der Bedeutung (auf die in der I.
Untersuchung nur hingewiesen wurde) auf dem Vorrang einer gewissen
Art von Intentionalität im Bereich der Bedeutung. Mit anderen Worten,
es ist klar, dass Husserl in den Logischen Untersuchungen die Bedeutung im
Horizont des Urteils versteht. Der Sinn ist wesentlich das, was als Teil
eines Urteilsinhalts (im Grenzfall eines „Satzes“ als der Inhalt selbst)
auftreten kann. In genau diesem Sinn – weil der Sinn, dessen Gesetze die
Grammatik darstellt, der Sinn ist, der in einem Urteil artikuliert werden
kann – ist die „reinlogische Grammatik“ „logisch“. Sie ist trotzdem nicht
die „Logik“ überhaupt, weil letztere das Urteil nur insofern behandelt, als
es einen Wahrheitswert trägt, und auf diese Weise mit dem „Gegenstand“
(der „Referenz“) wesentlich zu tun hat.
134 Jocelyn Benoist

Wenn man erst einmal verstanden hat, dass im Bereich der Bedeutungen
auf einer gewissen Ebene das Ganze (das Urteil) seinen Teilen vorangeht,
ändert sich der Blickwinkel auf die Intentionalität der Bedeutung völlig.
Diese Intentionalität wird zu einer (wesentlich) strukturierten Intentiona-
lität. Die Frage ist nicht mehr so sehr, ob das Synkategorema für sich selbst
Intentionalität hat, als vielmehr, Teil welcher strukturierten Art von Inten-
tionalität dieses Synkategorema als solches ist.
Von diesem Ausgangspunkt aus kann man dann wieder auf die so genannte
Unselbständigkeit der synkategorematischen Bedeutung zurückkommen.
Wir haben behauptet, dass diese Unselbständigkeit die Bedeutung selbst
und nicht nur die Erfüllung betrifft: es gibt wesentlich unvollständige
Bedeutungen, die erst in einem Zusammenhang wirklich das sein können,
was sie sind. Außerhalb dieses Zusammenhangs sind sie nur durch eine
(formale) Ergänzung zu erfassen, die den virtuellen Zusammenhang auf
eine formale Weise, als „Variable“ vorstellt. Was hat das nun mit der Inten-
tionalität dieser besonderen Bedeutungen und dem Ganzen, in welchem
sie auftreten, zu tun? Zielen die synkategorematischen Bedeutungen auf
Gegenstände ab, wie die Bedeutungslehre, die in der I. Untersuchung
dargestellt wurde, zu fordern scheint?
Eine formale Antwort wäre, dass eine solche Bedeutung für sich selbst
einen bloß formalen Gegenstand hat. Ein formaler Gegenstand ist aber
doch kein Gegenstand! Man darf nie die privative Bedeutung vergessen,
die das Wort „formal“ in den Logischen Untersuchungen hat. Man muss
zwischen dem Gegenstand und der Form des Gegenstandes unterscheiden.
Letztere ist ein bloßes Gespenst des Gegenstandes, und kein Gegenstand
im eigentlichen Sinne des Wortes – ein Gegenstand ist nicht „ein belie-
biger Gegenstand“, und eine Variable ist kein Name.
So verleiht dieser formale Bestandteil der synkategorematischen Bedeu-
tung vielmehr den Anschein einer echten Intentionalität. Diese Bedeutung
hat, genauer gesagt, nur eine formale Intentionalität. Mit anderen Worten:
für sich selbst, zielt die synkategorematische Bedeutung auf „nichts“ ab. In
diesem Sinn ist sie als Intentionalität auch „unselbständig“. Sie ist jedoch
intentional: sie setzt keinen bloß nicht-intentionalen Bestandteil in den inten-
tionalen Zusammenhang ein, zu dem sie gehört. Aber ihre Intentionalität ist
nur in diesem vollen Zusammenhang zu verstehen, also als eine Teilintentio-
nalität dieser Gesamtintentionalität. Die Form als solche ist für einen Inhalt
geschaffen: erst wenn ihr ein Inhalt gegeben wird, bekommt sie ihre echte
Intentionalität (= Gerichtetsein auf ein Objekt). Sonst ist sie nur die bloße
„Form“ eines solchen Gerichtetseins. Aber der echte Sinn der Form besteht
genau darin, in einen solchen (intentionalen) Zusammenhang zu treten.
Grammatik und Intentionalität 135

Daher ist die Lehre der synkategorematischen Bedeutung keine echte


Ausnahme von der intentionalistischen Auffassung der Bedeutung, die in
der I. Untersuchung vertreten wurde. Sie tritt vielmehr als eine Erweiterung
derselben auf. Die I. Untersuchung hat klargemacht, dass es zwei verschie-
dene Ebenen der Bedeutungsintentionalität gibt: diejenige des Namens
(im weiteren Sinn) und diejenige des Satzes. Beide sind zwar insofern
intentional, als auf der Ebene des Namens auf Gegenstände abgezielt wird,
und auf der Ebene des Satzes, auf kategoriale „Gegenständlichkeiten“, die
„Sachverhalte“ (die in der zweiten Auflage „Sachlagen“ genannt werden).
Sätze bestehen nicht aus bloßen Verkettungen von Namen. Sie enthalten
notwendig eine gewisse Form (eine Syntax), die sie zu Sätzen macht. Diese
Form als solche ist an der eigenen Intentionalität der Sätze beteiligt, und
sie ist nur aus dieser Intentionalität heraus zu verstehen.
Die „Unselbständigkeit“ gewisser Bedeutungen bedeutet denn auch,
dass sie keine echte Intentionalität für sich selbst haben. Sie stellen eher
die Form eines Meinens als ein echtes Meinen dar. Nichtsdestoweniger
tragen sie im Zusammenhang etwas zu dem Gesamtmeinen bei, indem sie
eine Form bereitstellen, so dass es sich als strukturiert konstituiert. Diese
Bestandteile zielen also auf nichts (Konkretes) ab, sind aber als Bestand-
teile gleichwohl an einem Abzielen höherer Ordnung beteiligt, in dem ihr
formales „Scheinabzielen“ ein wirkliches wird.
Auf diese Weise betrifft die Unselbständigkeit der unselbständigen
Bedeutungen schließlich auch ihre Erfüllung. Da solche Bedeutungen
ihren echten intentionalen Sinn (Gerichtetheit auf ein Objekt) erst im
Zusammenhang bekommen können, können sie auch erst im Zusammen-
hang erfüllt werden, insofern sie überhaupt erfüllt werden können. Es ist
sinnlos, das „herausgerissene Synkategorema“ erfüllen zu wollen, da es nur
eine „formale“ Bedeutung hat. Dagegen ist es vollkommen sinnvoll, es im
Zusammenhang (teleologisch: im Satzzusammenhang) erfüllen zu wollen.
Es gibt keine mögliche Erfüllung (Anschauung) von einem herausgeris-
senen „und“. Aber es gibt doch eine Erfüllung von „Hans und Peter“, die
sich keineswegs in die bloßen Anschauungen von Hans und Peter auflö-
sen lässt. Sie fordert vielmehr so etwas wie die Anschauung von Hans-und-
Peter, in welcher das „und“ eingeschlossen ist. So gibt es keine Anschauung
des herausgerissenen „und“, aber sozusagen eine Anschauung des „und“ in
Zusammensetzung.
Dieser Mangel an Erfüllbarkeit des Synkategoremas „für sich selbst“ ist
keine kontingente Tatsache. In der Tat ergibt sich das aus der funktionalen,
operationalen Natur der Bedeutung des Synkategoremas, derzufolge dieses
keinen Erfüllungssinn haben kann; mit anderen Worten, das Synkatego-
136 Jocelyn Benoist

rema bestimmt nicht, was gegeben werden müsste, damit es erfüllt würde.
Trotzdem spielt es eine entscheidende Rolle in der Bestimmung dessen,
was gegeben werden muss, um einem weiteren komplexeren und geformten
Bedeutungsgebilde seinen eigenen Gegenstand zu geben.
Ein erster möglicher Irrtum besteht darin, zu glauben, dass die Unselb-
ständigkeit der unselbständigen Bedeutungen sich auf diesen bloßen
Mangel an einem möglichen Erfüllungssinn beschränken ließe. Als ob sie
sonst dieselbe Art von Bedeutungen wie die anderen sein könnten. Also:
unselbständig hinsichtlich der Erfüllung; selbständig als „bloße Bedeu-
tungen“ (unabhängig vom Erfüllungsproblem). Das ist jedoch nicht der
Fall: es gibt echte unselbständige Bedeutungen, die unselbständig als
Bedeutungen sind – und nicht nur hinsichtlich ihrer möglichen Erfüllung.
Selbständigkeit und Unselbständigkeit teilen den Bereich der Bedeutung
ein, und diese Einteilung ist eine grundsätzliche. Im Bereich der Bedeu-
tungen ist Unselbständigkeit kein äußeres Phänomen.
Ein zweiter Irrtum besteht in der Annahme, die Unselbständigkeit der
unselbständigen Bedeutungen hätte nichts mit ihrem Mangel an einem
spezifischen Erfüllungssinn zu tun. Das kann nur glauben, wer die strikte
Verbindung ignorieren will, welche die I. Untersuchung zwischen dem
„Sinn schlechthin“ und dem „erfüllenden Sinn“ festgesetzt hat. Im § 14
kommt ganz deutlich zum Ausdruck: kein Sinn schlechthin ohne einen
entsprechenden erfüllenden Sinn. So kann die Unselbständigkeit der
synkategorematischen Bedeutung hinsichtlich ihrer Erfüllung (sie hat keine
Erfüllung für sich selbst) nur auf eine Unselbständigkeit dieser Bedeutung
selbst als Bedeutung hinweisen.
Mit anderen Worten, es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der
Unselbständigkeit einer gewissen Art von Bedeutungen als Bedeutungen
und der Unselbständigkeit derselben als Intentionen – da sie nicht als
herausgerissene auf etwas abzielen können. Die beiden sind, in der Tat,
untrennbar. Die Grammatikalität ist wesentlich eine mereologische Struk-
turierung der Intentionalität, welche die Abhängigkeit gewisser Teilinten-
tionalitäten als Intentionalitäten von den intentionalen Ganzen, in welchen
sie auftreten, voraussetzt.
Diese grammatikalische Strukturierung einer gewissen Art von Intenti-
onalität (nämlich der Bedeutungsintention) ist eine Bedingung des inten-
tionalen Zugangs zur Kategorialität überhaupt, der das Hauptthema der
Logischen Untersuchungen ist. Der Sinn, in seinem eigenen Aufbau, bringt

 Es wäre gerade Unsinn in dem von Husserl eingeführten technischen Sinn, sie als auf etwas
abzielend zu verstehen – die V. und VI. Untersuchung wird sagen: als „Repräsentationen“.
Grammatik und Intentionalität 137

die Form mit, und diese formale Komponente ist ein wesentlicher Teil
seiner eigenen intentionalen Ordnung. Dieser Komponente kann nichts
auf der Seite der Anschauung entsprechen – das ist genau das, was sie als
„formal“ bestimmt. Die Frage ist trotzdem, ob etwas dem Ganzen, von
dem diese formale Komponente ein Teil ist, entsprechen kann oder nicht.
Wir können hier die Antwort nicht entwickeln, die erst in der VI. Unter-
suchung unter dem Titel „kategoriale Anschauung“ gegeben wird. Der
einzige Punkt, den wir hier hervorheben wollten, ist der Folgende: Eine
solche Anschauung (und die entsprechenden kategorialen Gegenständ-
lichkeiten, die so genannten „Sachverhalte“ oder „Sachlagen“) setzt das
Hauptergebnis der IV. Untersuchung voraus, nämlich: die wesentliche
Grammatikalität einer gewissen Art von Intentionalität. Die Art Intentio-
nalität, die Husserl in dieser Untersuchung behandelt, ist wesentlich gram-
matikalisch; und, umgekehrt, hat die apriorische Grammatik, für welche
die Grundlagen hier geschaffen werden, unmittelbar einen intentionalen
Sinn, nämlich den, eine andere Ebene des intentionalen Bezugs auf neue
Arten von Gegenständen zu erschließen; Gegenstände, die keine schlich-
ten Gegenstände, sondern vielmehr „Gegenständlichkeiten“ sind.

Literatur
Benoist, J. 2002 : „Grammaire ou méréologie des représentations“, in: Ders.: Entre acte et
sens. La théorie phénoménologique de la signification, Paris, 33–48.
Bolzano, B. 1987: Wissenschaftslehre. Hrsg. von Jan Berg, Stuttgart-Bad Cannstatt (=
Bernard Bolzano Gesamtausgabe, 1–11, Bd. 2).
Marty, A. 1908: Untersuchungen zur Grundlegung der allgemeinen Grammatik und
Sprachphilosophie, Halle a. S.

 Vgl. die Fußnote bzgl. der Sachverhalte in § 9 der I. Untersuchung.


10
Dan Zahavi

Intentionalität und Bewusstsein


(V. Logische Untersuchung,
§§ 1–21,
Beilage der VI. Untersuchung )

Im ersten Paragraphen der V. Untersuchung stellt Husserl fest, dass der


Begriff Bewusstsein mehrdeutig sei, und unterscheidet dann drei miteinan-
der verflochtene Bedeutungen. Diese Dreiteilung soll nicht erschöpfend
sein, doch betrachtet Husserl die fraglichen Auffassungen als besonders rele-
vant für die folgenden Analysen. Um seine Liste vollständig zu zitieren:
„1. Bewußtsein als der gesamte reelle phänomenologische Bestand des
empirischen Ich, als Verwebung der psychischen Erlebnisse in der
Einheit des Erlebnisstroms.
2. Bewußtsein als inneres Gewahrwerden von eigenen psychischen
Erlebnissen.
3. Bewußtsein als zusammenfassende Bezeichnung für jederlei
‚psychische Akte‘ oder ‚intentionale Erlebnisse‘.“ (Hua XIX/1,
356)
Was genau meint Husserl? Die erste Auffassung bezieht sich auf die Einheit
oder Totalität von Erfahrungen. Es ist diese Bedeutung, die wir aufrufen,
wenn wir zum Beispiel vom Bewusstseinsstrom sprechen. Zweitens lenkt
Husserl unsere Aufmerksamkeit auf die Tatsache, dass wir Bewusstsein in
einem intransitiven Sinn als einstelliges Prädikat verwenden können, zum
Beispiel lässt sich von einer Erfahrung sagen, sie sei uns innerlich gegeben
und daher bewusst (eher als nicht-bewusst). Dieser Gebrauch des Begriffs
hat mit dem Problem des Selbstbewusstseins zu tun. Drittens können wir
von Bewusstsein auch in einem transitiven Sinn sprechen. Wir können
von einer bestimmten Erfahrung sagen, in ihr sei irgendein Gegenstand
bewusst, d. h. wir können von Bewusstsein im Sinne von intentionaler
Gerichtetheit sprechen.
140 Dan Zahavi

Bei der eigentlichen Untersuchung des Bewusstseins unterscheidet


Husserl daher drei verschiedene Themen: 1. Die Einheit des Bewusstsein-
stroms, 2. inneres Bewusstsein oder Selbstbewusstsein und 3. Intentionalität.
Er stellt sich die Aufgabe, alle drei zu klären und ihre Wechselbeziehung zu
erforschen. Sind sie gleichursprünglich oder ist eines von ihnen fundamen-
taler als die anderen? Auch wenn Husserl später den ersten beiden Proble-
men bedeutsame Analysen widmen wird, steht außer Frage, dass er sich in
den Logischen Untersuchungen hauptsächlich mit dem dritten Punkt ausein-
andergesetzt hat, dem Problem der Intentionalität. Tatsächlich können die
Logischen Untersuchungen nicht allein als dasjenige Werk betrachtet werden,
in dem Husserl zum ersten Mal eine voll ausgearbeitete Theorie der Inten-
tionalität vorlegt; vielmehr lässt sich dieser Begriff gewiss auch als ein für
die Organisation und Struktur der gesamten Logischen Untersuchungen uner-
lässliches Konzept interpretieren. Der folgende Beitrag soll einige wichtige
Aspekte von Husserls früher Theorie der Intentionalität präsentieren.

10.1. Der Begriff der Intentionalität


Der Begriff der Intentionalität hat eine lange Geschichte, die mindestens
bis Aristoteles zurückreicht. In unserem Zusammenhang allerdings sollte
es nicht mit jenem geläufigeren Sinn verwechselt werden, „beim Handeln
einen Zweck zu verfolgen“. „Intentionalität“ ist eher ein Oberbegriff für
das Über-sich-Hinausweisen, wie es für das Bewusstsein charakteristisch
ist (von lat. „intendere“, was soviel bedeutet wie in eine bestimmte Rich-
tung zielen, ähnlich wie einen Bogen spannen und ihn auf ein Ziel richten).
Intentionalität hat zu tun mit der Gerichtetheit von Bewusstsein, d. h. mit
der Tatsache, dass, wenn man wahrnimmt oder urteilt oder fühlt oder denkt,
man einen mentalen Zustand über oder von etwas hat. Der Begriff spielte
eine zentrale Rolle in der mittelalterlich-scholastischen Erkenntnistheorie,
doch sein modernes Wiederaufleben ist auf Brentano zurückzuführen. In
seinem einflussreichen Werk Psychologie vom empirischen Standpunkt (1874)
versucht er, eine klare Grenzlinie zwischen den Territorien der Psycholo-
gie und der Naturwissenschaft zu ziehen. Psychologie, so schreibt er, sei
die Wissenschaft der psychischen Phänomene, Naturwissenschaft dagegen
die der physischen Phänomene. Was ist der Unterschied zwischen diesen
beiden Klassen von Phänomenen?

 Das soll freilich nicht heißen, dass sich gar keine Bearbeitungen der anderen Themen in den
Logischen Untersuchungen fänden. Zur Diskussion siehe Zahavi 2002a.
Intentionalität und Bewusstsein 141

„Jedes psychische Phänomen ist durch das charakterisiert, was die


Scholastiker des Mittelalters die intentionale (auch wohl mentale)
Inexistenz eines Gegenstandes genannt haben, und was wir, obwohl
mit nicht ganz unzweideutigen Ausdrücken, die Beziehung auf
einen Inhalt, die Richtung auf ein Objekt (worunter hier nicht eine
Realität zu verstehen ist), oder die immanente Gegenständlichkeit
nennen würden. Jedes enthält etwas als Objekt in sich, obwohl
nicht jedes in gleicher Weise. In der Vorstellung ist etwas vorge-
stellt, in dem Urteile ist etwas anerkannt oder verworfen, in der
Liebe geliebt, in dem Hasse gehaßt, in dem Begehren begehrt usw.“
(Brentano 1973, 124–125)
Nach Brentano zeigen alle psychischen, d. h. mentalen Phänomene Inten-
tionalität. Kein physikalisches Phänomen tut das, weshalb Brentano nicht
nur behaupten kann, Intentionalität sei das spezifische Kennzeichen
des Mentalen, sondern auch, dass das Physikalische und das Psychische
verschiedene Gebiete ausmachen.
Brentanos These war einflussreich; seine Beschreibung und Charakteri-
sierung von Intentionalität allerdings sind nicht nur ein wenig rätselhaft,
sie sind geradezu unglücklich. Wie Chisholm später argumentiert, gibt
es in Brentanos Beschreibung eine Spannung zwischen einer ontologischen
und einer psychologischen These (Chisholm 1967, 6). Einerseits übernimmt
Brentano offensichtlich die scholastische Terminologie und spricht von der
intentionalen „(In-)Existenz“ des Objekts im Bewusstsein, wobei „Inexis-
tenz“ als „Existenz-In“ oder „innere Existenz“ verstanden werden soll.
Das Objekt des Bewusstseins ist immanent im psychischen Akt enthalten,
und darum wird der existentielle Modus dieses Objekts, sein ontologischer
Status, intentional genannt. Andererseits behauptet Brentano auch, das
psychische Phänomen sei charakterisiert durch seine Gerichtetheit oder
Referenz auf ein Objekt (Brentano 1973, 97). So lässt sich abwechselnd von
der intentionalen Inexistenz des Objekts und von der intentionalen Gerich-
tetheit des mentalen Akts sprechen. Obwohl diese beiden Charakteristika
keineswegs identisch sind, werden sie gleichwohl in Brentanos (früher)
Theorie der Intentionalität zusammengeführt, insofern er behauptet, das
Bewusstsein sei intentional auf ein intentional (in-)existierendes Objekt
gerichtet. So konzentriert sich Brentano offenbar auf die Fähigkeit des
Geistes, sich auf Objekte zu beziehen oder zu richten, die allein im Geist
existieren.
Ich werde auf diesen heiklen Punkt, den ontologischen Status des inten-
tionalen Objekts betreffend, gleich zurückkommen; fürs Erste kann man
142 Dan Zahavi

einfach feststellen, dass Brentanos Diskussion der Intentionalität Anlass für


eine lebendige Debatte gegeben hat, die bis heute anhält.
In der analytischen Philosophie und den Kognitionswissenschaften lassen
sich grob drei verschiedene Ansätze von Intentionalität unterscheiden:
Der erste, sprachphilosophische Ansatz versucht, die Intentionalität
des Bewusstseins durch eine genaue Untersuchung der logischen Eigen-
schaften jener Sätze zu erhellen, die gebraucht werden, um psychologische
Phänomene zu beschreiben.
Der zweite Ansatz, dominiert von Namen wie Quine, Dennett, Fodor,
Dretske, den Churchlands etc., hat sich hauptsächlich mit der Frage
beschäftigt, wie sich Intentionalität naturalisieren lasse, d. h. mit der Frage,
wie man Intentionalität in Form von nicht-intentionalen Mechanismen
erklären könne. „Es ist schwer einzusehen“, schreibt Fodor, „wie man in
Bezug auf Intentionalität Realist sein kann, ohne zugleich bis zu einem
gewissen Grad Reduktionist zu sein […]. Wenn Aboutness wirklich ist, muss
sie wirklich etwas anderes sein.“ (Fodor 1987, 97) Also entweder Intentio-
nalität wird naturalisiert, indem man intentionale Zustände auf Verhalten,
Neurophysiologie und letztlich Physik reduziert; oder man argumentiert,
dass eine solche Reduktion nicht möglich sei, und schließt daraus, das
intentionale Vokabular sei leeres Gerede und sollte aus unserem wissen-
schaftlichen Diskurs eliminiert werden.
Der dritte Ansatz ist in neueren Arbeiten von z. B. Searle, Strawson,
Siewert und Crane zu finden. Sie alle halten es für notwendig, die Erste-
Person-Perspektive in ihre Untersuchungen miteinzubeziehen und argu-
mentieren, dass eine sorgfältige Beschreibung der Strukturen der Inten-
tionalität unverzichtbarer Teil einer philosophischen Untersuchung des
Bewusstseins sei.
Wenn wir nun zu Husserl zurückkehren und seine Auffassung von Inten-
tionalität mit diesen drei Ansätzen vergleichen, so ist offensichtlich, dass
sie sich von den ersten beiden unterscheidet. Husserl interessiert sich in
der Hauptsache für Intentionalität als ein entscheidendes Merkmal des
Bewusstseins. Darüber hinaus konzentriert er sich vor allem auf eine
Darstellung von Intentionalität aus der Erste-Person-Perspektive, d. h.
vom Standpunkt des Subjekts aus. Daher würde sich Husserl offensichtlich
nicht an einer Naturalisierung von Intentionalität beteiligen, wenn man
darunter den Versuch versteht, Intentionalität reduktiv unter Berufung
auf nicht-intentionale Mechanismen und Prozesse zu erklären. Wer davon
überzeugt ist, dass eine Theorie der Intentionalität in einer reduktionis-
tischen Erklärung zu enden habe, wird von Husserls phänomenologischer
Behandlung der Intentionalität enttäuscht sein müssen.
Intentionalität und Bewusstsein 143

Was ist dann das Ziel seiner Darstellung? Zunächst und vor allem, eine
deskriptive Analyse der Strukturen bewusster Intentionalität zu bieten.
Indem er das tut, sucht Husserl zugleich die Beziehung zwischen Geist und
Welt (und nicht die Beziehung zwischen Geist und Gehirn) zu klären.

10.2. Ähnlichkeit und Kausalität


Wie bereits erwähnt, hat man viel Mühe auf den Versuch verwendet, Inten-
tion zu naturalisieren, d. h. eine reduktive Erklärung dafür zu liefern, wie
ein mentaler Zustand referieren (etwas repräsentieren) kann. Das Bestre-
ben war, Intentionalität mit Hilfe nicht-intentionaler Mechanismen zu
erklären und mentale Zustände auf komplexe informationsverarbeitende
Ereignisse zurückzuführen, die im Gehirn lokalisiert sind. Momentan sind
einige in hohem Maße technische Angebote auf dem Markt – auch wenn
es bislang keines zu allgemeiner Akzeptanz gebracht hat. Bevor wir detail-
lierter auf Husserls eigentliche Darstellung eingehen, möchte ich kurz die
zwei Standardvorschläge – die in der Tat eine lange Tradition haben – skiz-
zieren, nämlich den Versuch, Repräsentation entweder vermittels Ähnlich-
keit oder vermittels Kausalität zu erklären.
Ähnlichkeit könnte zunächst als recht aussichtsreicher Kandidat für eine
natürliche Form der Repräsentation erscheinen. Man denke an die Weise,
wie ein Spiegelbild das repräsentiert, was es reflektiert, oder ein Gemälde
oder Foto dasjenige, was es verbildlicht. Aber entgegen dem Anschein ist
Ähnlichkeit nicht hinreichend für Repräsentationalität. (Sie ist offenbar
auch nicht notwendig, da Wörter repräsentieren können, ohne dem zu
ähneln, was sie repräsentieren.) Ein Wald enthält zahlreiche Bäume, die
einander ähneln, aber das heißt deswegen nicht, dass ein Baum den anderen
repräsentiert. Jedes Objekt ähnelt sich selbst, aber es repräsentiert nicht sich
selbst. Ferner: während die Ähnlichkeit eine symmetrische Relation ist, so
ist es die Repräsentation nicht; d. h. auch wenn die dänische Königin ihrem
Portrait ähnlich sehen mag – sie ist keine Repräsentation davon.
Des Weiteren bestreitet Husserl, dass ein Bild oder ein Zeichen ein
Objekt sei, das zusätzlich zu seinen anderen Qualitäten wie Form, Größe
und Farbe auch eine innere Bild-Qualität oder Zeichen-Qualität habe.
Nach Husserl muss ein Zeichen oder Bild als Zeichen oder Bild wahrge-
nommen werden, damit es als Repräsentation von etwas anderem fungieren
kann (Hua XXXVI, 106–107). Es erhält seine repräsentationale Qualität nur
mit Hilfe einer speziellen kognitiven Apprehension. Wenn X ein Y reprä-
sentieren soll, muss X als Repräsentation von Y interpretiert werden. Es ist
144 Dan Zahavi

gerade die Interpretation, d. h. eine besondere Form der Intentionalität, die
X mit seiner repräsentativen Funktion versieht. Insbesondere, wenn X (ein
Gemälde, ein Foto, ein Icon, ein Symbol etc.) zur Repräsentation von etwas
anderem dienen soll, müssen wir zunächst X perzipieren, um ihm dann seine
repräsentationale Qualität zu verleihen. Dies aber ist ein weiterer Grund,
warum die Repräsentationstheorie der Wahrnehmung zurückgewiesen
werden muss; sie setzt voraus, was sie zu erklären versucht:
„Das Gemälde ist nur Bild für ein bildkonstituierendes Bewußtsein,
das nämlich einem primären und wahrnehmungsmäßig ihm
erscheinenden Objekt durch seine (hier also in einer Wahrnehmung
fundierte) imaginative Apperzeption erst die ‚Geltung‘ oder ‚Bedeu­
tung‘ eines Bildes verleiht. Setzt danach die Auffassung als Bild
schon ein dem Bewußtsein intentional gegebenes Objekt voraus, so
würde es offenbar auf einen unendlichen Regreß führen, dieses selbst
und immer wieder durch ein Bild konstituiert sein zu lassen, also
hinsichtlich einer schlichten Wahrnehmung ernstlich von einem ihr
einwohnenden ‚Wahrnehmungsbild‘ zu sprechen, mittelst‘ dessen
sie sich auf die ‚Sache selbst‘ beziehe.“ (Hua XIX/1, 437)
Wollen wir Intentionalität naturalisieren, wollen wir sie zurückführen auf
natürlich vorkommende Formen von Repräsentation, so scheint Kausali-
tät ein weiterer aussichtsreicher Kandidat zu sein. Denken wir etwa daran,
wie Rauch Feuer repräsentiert und rote Flecken die Masern. In beiden
Fällen haben wir es nicht mit einer bloß konventionellen Beziehung zu tun
zwischen der Repräsentation und dem, was repräsentiert wird. Es ist eher
so, dass Rauch und rote Flecken etwas an sich haben, das sie ganz natürlich
jeweils auf Feuer und Masern bezieht. Tatsächlich gibt es in beiden Fällen
eine Kausalbeziehung zwischen dem Repräsentierten und der Repräsenta-
tion (aus diesem Grund wäre es übrigens angemessener, sie als Zeichen von
etwas und weniger als Zeichen für etwas zu bezeichnen). Könnte es nicht
sein, dass Kausalität auch der Klebstoff ist, der Geist und Welt verbindet, so
dass von einem bewussten Zustand dann und nur dann gesagt werden kann,
er repräsentiere (sei gerichtet auf) ein Objekt, wenn er mit dem fraglichen
Objekt verbunden ist durch eine „Kausalkette der angemessenen Art“? Wäre
dies so, dann wäre es in der Tat möglich, Intentionalität zu naturalisieren.
Allerdings sieht sich diese eher krude Kausalannahme einigen offensicht-
lichen Schwierigkeiten ausgesetzt. Ein Problem hat damit zu tun, wie man
ohne petitio principii bestimmen könnte, was mit „angemessen“ (oder „rele-
vant“) gemeint ist. Wenn ich durch ein Fernglas auf einen entfernten Berg
blicke, würde man normalerweise sagen, dass das Objekt meiner Wahrneh-
Intentionalität und Bewusstsein 145

mung der Berg sei. Jedoch wäre der Berg, auch wenn er (durch das von
ihm reflektierte Licht) mein visuelles System kausal beeinflusst, sicherlich
nicht die einzige Ursache, sondern nur eine eher distale. Warum perzipiere
(repräsentiere) ich nicht die Linsen des Fernglases, von der proximalen
Stimulation meiner Netzhaut ganz zu schweigen? Ein weiteres Problem ist,
dass der Begriff der Kausalität zu grobmaschig scheint, um den Aspektcha-
rakter der intentionalen Beziehung wirklich einholen zu können. Man ist
sich nie simpliciter eines Objekts bewusst, sondern immer in einer besonde-
ren Weise, sei es aus einer bestimmten Perspektive, unter einer bestimmten
Auffassung oder speziellen Benennung. Zudem konstituieren real existie-
rende räumliche Objekte in meiner unmittelbaren physischen Umgebung,
also Dinge, die einen wirklich kausalen Einfluss haben, nur einen sehr klei-
nen Teil dessen, wovon ich Bewusstsein haben kann. Wenn ich an meinem
Schreibtisch sitze, kann ich nicht nur an die Rückseite des Mondes denken,
ich kann auch über quadratische Kreise, Einhörner, das nächste Weihnach-
ten oder den Satz des Widerspruchs nachdenken. Aber wie sollen diese
abwesenden, unmöglichen, fiktiven, künftigen oder idealen Objekte kausalen
Einfluss auf mein Denken haben? Die Tatsache, dass es möglich ist, Objekte
zu intendieren, die nicht existieren, scheint ein schlagendes Argument gegen
eine Theorie, die beansprucht, ein Objekt müsse kausalen Einfluss auf mich
haben, wenn ich seiner bewusst sein soll. Schließlich und endlich ist es für
eine Theorie der Repräsentation entscheidend, ob sie in der Lage ist, auch
Fehlrepräsentation und die Möglichkeit des Irrtums zu erklären, zumal es
eine der zentralen Eigenschaften von Repräsentationen ist, Wahrheitswerte
und Wahrheitsbedingungen zu haben. Sie können wahr oder falsch sein,
und es gibt Bedingungen, unter welchen sie wahr sind und andere, unter
denen sie falsch sind. Aber hier zeigt sich ein Problem für die Kausaltheorie.
Wenn X ein Y dann und nur dann repräsentiert, wenn X in entsprechender
Weise von Y verursacht wurde, ist Fehlrepräsentation so ziemlich ausge-
schlossen. Anspruchsvollere Formen kausaler Theorien sind in der Folge
entwickelt worden, um diese verschiedenen Schwierigkeiten zu bewältigen,
doch gibt es bislang kein allgemeines Einverständnis, dass sie darin erfolg-
reich gewesen wären.

10.3. Das intentionale Objekt


Wie Brentano vertritt Husserl die Auffassung, dass man nicht bloß liebt,
fürchtet, sieht oder urteilt – man liebt ein Geliebtes, fürchtet etwas Schreck-
liches, sieht ein Objekt und urteilt über eine Sachlage. Egal, ob wir von Wahr-
146 Dan Zahavi

nehmung oder Gedanken sprechen, von Urteil, Phantasie, Zweifel, Erwar-


tung oder Erinnerung, all diese unterschiedlichen Formen von Bewusstsein
sind durch intendierte Objekte gekennzeichnet und können nicht angemes-
sen analysiert werden ohne einen Blick auf ihr objektives Korrelat, d. h. das
wahrgenommene, bezweifelte, erwartete Objekt. Auch die Umkehrung ist
wahr: Das intentionale Objekt kann nicht angemessen analysiert werden
ohne einen Blick auf sein subjektives Korrelat, den intentionalen Akt.
Brentano betrachtete Intentionalität als dyadische Relation, die sich
zwischen einer Erfahrung und einem Objekt hält. Er nahm an, dass die
intentionale Relation dem entspricht, was wir eine gewöhnliche Relation
nennen würden, welche die Existenz beider Relata voraussetzt, und er
führte im Besonderen den Begriff der intentionalen Inexistenz ein, um das
Problem unserer Gerichtetheit auf nicht-existierende Entitäten zu lösen.
Wenn ich mir einen Faun vorstelle oder einen rosa Elefanten halluziniere,
bleibe ich intentional gerichtet, aber weder der Faun noch der rosa Elefant
existieren in Wirklichkeit. Der dyadische Ansatz ist daher gezwungen zu
behaupten, dass Faun und rosa Elefant Gegenstände mit einer sehr eigen-
artigen Weise der (intentionalen In-)Existenz sind. Das ist in sich keine
sonderlich befriedigende Lösung, und angesichts des Wunsches nach einer
einheitlichen Theorie von Intentionalität verursacht sie außerdem ernste
Probleme, wenn wir wahrheitsgetreue Perzeptionen ausweisen sollen.
Wenn ich zum Beispiel einen blühenden Apfelbaum sehe, sehe ich dann
in Wirklichkeit ein intentionales Objekt mit einem sehr eigentümlichen
ontologischen Status (etwas mit demselben Status wie das Objekt, das ich
sähe, wenn ich den Apfelbaum bloß halluzinierte)? Und ist der einzige
Unterschied zwischen Halluzinieren und Wahrnehmen des Apfelbaums
das (phänomenal nicht feststellbare) Faktum, dass im letzteren Fall der
außergewöhnliche intentionale Gegenstand einem gewöhnlichen realen
Gegenstand entspricht?
Husserls Auffassung von Intentionalität entgeht diesem Problem. Für
ihn ist Intentionalität nicht eine gewöhnliche Beziehung zu einem außer-
gewöhnlichen Objekt, sondern eine spezielle Art der Beziehung zum jewei-
ligen Objekt; eine spezielle „Beziehung“, die sogar bestehen kann, wenn
das Objekt nicht existiert; und die fortbestehen kann, selbst wenn das
Objekt zu existieren aufhört. Wenn es um Intentionen geht, die auf „unre-
ale“ Objekte gerichtet sind, dann sind sie nach seiner Auffassung genauso
durch ihre Gerichtetheit charakterisiert wie gewöhnliche Perzeptionen. Im
Gegensatz zu normalen Perzeptionen allerdings existiert der Referent nicht,
weder intra- noch extra-mental. Im Fall der Halluzination existiert der rosa
Elefant weder innerhalb noch außerhalb des Bewusstseins, doch handelt
Intentionalität und Bewusstsein 147

die Halluzination noch immer von einen rosa Elefanten. Diese Annahme
entbindet von der Notwendigkeit, dem halluzinierten Objekt eine beson-
dere Art der Existenz (oder intentionaler In-Existenz) zuzuschreiben, um
die Intentionalität des Aktes bewahren zu können. Husserl schreibt:
„Stelle ich Gott oder einen Engel, ein intelligibles Sein an sich oder
ein physisches Ding oder ein rundes Viereck usw. vor, so ist dieses
hier Genannte und Transzendente eben gemeint, also (nur mit ande-
rem Worte) intentionales Objekt; dabei ist es gleichgültig, ob dieses
Objekt existiert, ob es fingiert oder absurd ist. Der Gegenstand ist
ein ‚bloß intentionaler‘, heißt natürlich nicht: er existiert, jedoch nur
in der intentio (somit als ihr reelles Bestandstück), oder es existiert
darin irgendein Schatten von ihm; sondern es heißt: die Intention,
das einen so beschaffenen Gegenstand ‚Meinen‘ existiert, aber nicht
der Gegenstand. Existiert andererseits der intentionale Gegenstand,
so existiert nicht bloß die Intention, das Meinen, sondern auch das
Gemeinte.“ (Hua XIX/1, 439 f.)
Kurz, auch wenn zu den Eigentümlichkeiten des Geistes seine Fähigkeit
gehört, über Gegenstände nachzudenken, die nicht existieren, sollten wir
die Realität nicht-existenter Objekte nicht akzeptieren. Zu behaupten, dass
einige intentionale Gegenstände nicht existieren, soll nicht heißen, dass es
nicht-existierende Objekte gebe; vielmehr bedeutet es einfach, dass intentio-
nale Zustände sich auf etwas beziehen – ‚über‘ etwas sein können – selbst
wenn der Referent nicht existiert.
Der intentionale Gegenstand ist nicht eine spezielle Art von Gegenstand,
sondern eher die Antwort auf die Frage, worum es in einem bestimmten
intentionalen Zustand geht. Wenn sich die Antwort auf irgendein nicht-
existierendes Objekt bezieht, dann existiert das intentionale Objekt nicht.
Bezieht sich die Antwort auf irgendein existierendes Ding, dann ist das
intentionale Objekt dieses wirkliche Ding. Wenn ich also meinen Füller
anschaue, dann ist es dieser wirkliche Füller, der mein intentionales Objekt
ist, und nicht irgendein mentales Bild, eine Kopie oder Repräsentation des
Füllers (Hua III, 207 f.; XXII, 305; Crane 2001, 26).
Nach Husserl wird unser Geist nicht intentional durch einen externen
Einfluss, und er verliert nicht seine Intentionalität, wenn sein Objekt zu

 Diese Sichtweise scheint Husserl zu einer internalistischen Position zu verpflichten – der


Ansicht, der Geist habe seine referentiellen Vermögen ganz unabhängig davon, wie die Welt
ist, da mentale Zustände inhaltlich von nichts abhängen, was der Person, deren Zustände sie
sind, extern ist. Zur Diskussion, ob Husserls spätere Theorie ebenso einer solchen Auffassung
des Geistes zuzuordnen ist, siehe Zahavi 2004, 2008.
148 Dan Zahavi

existieren aufhört. Intentionalität ist keine externe Relation, die hervor-


gebracht wird, wenn das Bewusstsein von einem Objekt beeinflusst wird,
sondern ist im Gegenteil eine intrinsische Eigenschaft des Bewusstseins.
Die intentionale Offenheit des Bewusstseins ist ein integraler Bestandteil
seines Seins, nicht etwas, das von außen hinzugefügt werden müsste. Daher
setzt Intentionalität nicht die Existenz zweier separater Entitäten, der
Erfahrung und ihres Objekts, voraus. Alles, was nötig ist, damit Intentio-
nalität stattfindet, ist die Existenz einer Erfahrung mit der entsprechenden
internen Struktur von Objekt-Gerichtetheit (Hua XIX/1, 386, 427):
„Daß sich eine Vorstellung auf einen gewissen Gegenstand und in
gewisser Weise bezieht, das verdankt sie ja nicht einem Sichbetätigen
an dem außer ihr, an und für sich seienden Gegenstande: als ob sie
sich auf ihn in ernst zu nehmendem Sinne ‚richtete‘ oder sich sonst
mit ihm oder an ihm zu schaffen machte, etwa wie die schreibende
Hand mit der Feder; sie verdankt dies überhaupt nicht irgendei-
nem, ihr gleichwie äußerlich Bleibenden, sondern ausschließlich
ihrer eigenen Besonderheit.“ (Hua XIX/1, 451)
Vor diesem Hintergrund sollte es einleuchten, dass man nicht Husserls
Analyse der Intentionalität in den Logischen Untersuchungen in Anspruch
nehmen kann, um einen metaphysischen Realismus zu stützen – wie es gele-
gentlich geschehen ist – als würde Husserl behaupten, dass wir nur dann
von Bewusstsein sprechen können, wenn es auch etwas Bewusstseinsunab-
hängiges gebe, auf das es gerichtet werden könne. Die Analyse der Inten-
tionalität zeigt „lediglich“, dass es bewusste Akte gibt, die, aufgrund ihrer
eigenen Natur, auf Objekte gerichtet sind. Doch ist diese Beweisführung
hinreichend, wenn es darum geht, ein traditionelles erkenntnistheoretisches
Problem zu überwinden, und zwar das Problem, wie man Subjekt und
Objekt zueinander bringt. Es ist kein Problem für das Subjekt, das Objekt
zu erreichen, da das Subjekt per se selbst-transzendierend, per se auf etwas
Anderes als es selbst gerichtet ist. Im Fall der Perzeption ist dieses Etwas
genau das Objekt selbst und nicht irgendein Bild oder eine Kopie davon.
So ist es einer der entscheidenden Unterschiede zwischen Husserls
Auffassung von Intentionalität und den Theorien, von denen er beeinflusst
wurde (vor allem denen von Brentano und Twardowski), dass Husserl
bestreitet, dass das intentionale Objekt als intramentaler Inhalt verstanden
werden sollte, der bestenfalls als Mittler für unseren Zugang zum realen,
Intentionalität und Bewusstsein 149

bewusstseinstranszendenten Objekt dient. Wie Husserl betont, kann man


ein Objekt nur dann intendieren, wenn es das Objekt unserer Intention,
d. h., wenn es das intentionale Objekt ist:
„Man braucht es nur auszusprechen, und jedermann muß es aner-
kennen: daß der intentionale Gegenstand der Vorstellung derselbe
ist wie ihr wirklicher und gegebenenfalls ihr äußerer Gegenstand
und daß es widersinnig ist, zwischen beiden zu unterscheiden.
Der transzendente Gegenstand wäre gar nicht Gegenstand dieser
Vorstellung, wenn er nicht ihr intentionaler Gegenstand wäre.
Und selbstverständlich ist das ein bloßer analytischer Satz. Der
Gegenstand der Vorstellung, der ‚Intention‘, das ist und besagt der
vorgestellte, der intentionale Gegenstand.“ (Hua XIX/1, 439)
Folglich würde Husserl behaupten, dass es sinnlos sei, zwischen dem
intentionalen und dem wirklichen Objekt zu unterscheiden. Keinesfalls in
dem Sinne, dass alle intentionalen Objekte real seien, aber in dem Sinn,
dass, wenn das intendierte Objekt wirklich existiert, es dann dieses wirk-
liche Objekt ist und kein anderes, das unser intentionales Objekt wäre. Mit
anderen Worten, solange das Objekt nicht existiert, hat es überhaupt keine
Weise der Existenz, es ist nur vermeint (Hua XIX/1, 386). Existiert das
Objekt, dann ist es allerdings nicht nur intendiert, sondern auch gegeben.

10.4. Qualität, Materie und kognitive Phänomenologie


Es ist üblich, von Intentionalität als aspekthaft oder perspektivisch zu spre-
chen. Man ist sich nicht nur einfach eines Objekts bewusst, man ist sich
immer in einer bestimmten Weise eines Objekts bewusst. Stets hat man eine
bestimmte Perspektive oder einen Blickpunkt auf das Objekt; immer zeigt
es sich dem Subjekt auf eine bestimmte Art oder unter einem bestimmten
Aspekt. Insbesondere aber müssen wir unterscheiden: das intentionale
Objekt im Wie seiner Bestimmtheiten und im Wie seiner Gegebenheiten (Hua
III, 303 f.) Abgesehen vom Intendieren verschiedener Eigenschaften des
Objekts, abgesehen vom Variieren dessen, als was das Objekt, das ich inten-
diere, sich darstellt, kann ich auch eben jene Form der Darstellung selbst

 In seinem Werk Zur Lehre vom Inhalt und Gegenstand der Vorstellung von 1894 betont Twar-
dowski den Unterschied zwischen dem realen intendierten Objekt und dem immanenten intentio-
nalen Objekt und behauptet, dass unser Gerichtetsein auf ein wirkliches Objekt vermittelt sei
durch ein immanentes intentionales Objekt, das es repräsentiert. Es ist diese Unterscheidung
und Konzeption, die Husserl zurückweist (vgl. Hua XXII, 309 f.).
150 Dan Zahavi

variieren. Statt einen Tisch wahrzunehmen, kann ich ihn mir auch vorstel-
len, über ihn urteilen, mich an ihn erinnern etc.
Tatsächlich weist jede intentionale Erfahrung zwei verschiedene, aber
untrennbare Momente auf. Zum einen ist jede intentionale Erfahrung die
Erfahrung eines bestimmten Typs, sei es die Erfahrung des Urteilens, des
Hoffens, Begehrens, Bedauerns, des Erinnerns, Bejahens, Bezweifelns,
Wunderns, Fürchtens etc. Husserl nennt diesen Aspekt der Erfahrung
die intentionale Qualität der Erfahrung. Zum anderen ist jede intentio-
nale Erfahrung auch auf etwas gerichtet, es geht in ihr um etwas, sei es ein
Hirsch, eine Katze oder ein mathematischer Sachverhalt. Husserl nennt
die Komponente, die nicht nur bestimmt, welches Objekt intendiert ist,
sondern auch, als was das Objekt wahrgenommen oder begriffen wird, die
intentionale Materie der Erfahrung (Hua XIX/1, 425). Seine Unterschei-
dung von intentionaler Materie und intentionaler Qualität hat eine gewisse
Ähnlichkeit mit der gegenwärtigen Unterscheidung von propositionalem
Inhalt und propositionalen Einstellungen (obwohl es wichtig ist zu beto-
nen, dass Husserl keineswegs jede intentionale Erfahrung für grundsätzlich
propositionaler Natur gehalten hat.)
Selbstverständlich kann dasselbe Objekt mit verschiedenen Darstellungs-
weisen verbunden werden, und dieselbe Form der Darstellung wiederum
ist mit verschiedenen intentionalen Objekten kombinierbar. Es ist möglich
zu bezweifeln, dass „die Inflation fortschreiten wird“, zu bezweifeln, dass
„die Wahlen fair waren“ oder dass „mein nächstes Buch ein internationaler
Bestseller wird“, genauso wie es möglich, ist zu bestreiten, dass „die Lilie
weiß ist“, zu urteilen, dass „die Lilie weiß ist“ oder zu fragen, ob „die Lilie
weiß ist“.
Interessanterweise hielt Husserl diese kognitiven Unterschiede für
Unterschiede im Erlebnis. Es ist ein erlebnismäßiger Unterschied, ob ich
der Ansicht, Hegel sei der größte der deutschen Idealisten, zustimme oder
sie bestreite, genauso wie es einen erlebnismäßigen Unterschied macht, zu
erwarten oder zu bezweifeln, dass Dänemark den nächsten FIFA World
Cup gewinnen wird. Wie es ist, in einem bestimmten Typ bewusster
intentionaler Zustände zu sein, unterscheidet sich davon, wie es ist, sich
in einem anderen Typ intentionaler Zustände zu befinden. Auf ähnliche
Weise tragen die verschiedenen intentionalen Objekte, so wie sie erfahren
werden, zum phänomenalen Charakter des Erlebnisses bei. So gibt es einen
erlebnismäßigen Unterschied, ob ich bestreite, dass „der Eiffelturm höher
ist als das Empire State Building“ oder ob ich bestreite, dass „Nordkorea
eine entwicklungsfähige Wirtschaft hat“, genauso wie es ein erlebnismä-
ßiger Unterschied ist zu glauben, dass „die Gerechtigkeit siegen wird“ oder
Intentionalität und Bewusstsein 151

zu glauben, dass „Gleiches von Gleichem abgezogen, Gleiches ergibt“.


Husserl würde also die zur Zeit weitverbreitete Meinung zurückweisen,
dass nur sinnliche und emotionale Zustände Phänomenqualitäten haben.
Seiner Auffassung nach gibt es so etwas wie „in einem bewussten Zustand
sein“, gleichgültig, ob er nun sinnlich oder erkenntnisartig ist. Phänome-
nalität auf das „rohe Fühlen“ sinnlicher Empfindung zu reduzieren, margi-
nalisiert und trivialisiert in der Tat das phänomenale Bewusstsein und ist
einem richtigen Verständnis seiner kognitiven Bedeutung abträglich.
Und doch könnte man bestreiten, dass es eine klare Phänomenalität von
Gedanken gebe. Das Argument könnte etwa so laufen: Abstrakte Gedan-
ken sind begleitet von mentalen Bildern, und die phänomenalen Quali-
täten, die in abstraktem Denken angetroffen werden, sind in Wahrheit von
diesen Bildern, aber nicht von den Gedanken selbst konstituiert. Natür-
lich kann es mitunter vorkommen, dass Gedanken, die wir denken (etwa
ein Gedanke wie „jede algebraische Gleichung von ungeradem Grad hat
mindestens eine reelle Lösung“) tatsächlich von keinerlei Bildern beglei-
tet werden, doch heißt das nicht, dass dem betreffenden Gedanken die
Phänomenalität völlig fehlen würde. Oder betrachten Sie den Fall, dass
wir zunächst eine Folge von bedeutungslosen Geräuschen anhören, und
vergleichen Sie ihn mit dem Fall, dieselbe Geräuschfolge zu hören, dieses
Mal jedoch ihre Bedeutung zu verstehen und zu erfassen. Wer würde leug-
nen, dass zwischen den beiden ein markanter phänomenaler Unterschied
besteht? Husserl nimmt dies als Beleg für eine eindeutige kognitive Phäno-
menalität, die nicht einfach auf die Phänomenalität sinnlicher Zustände
oder mentaler Bilder reduziert werden kann:
„Denken wir uns z. B., es hätten gewisse Figuren oder Arabesken
zunächst rein ästhetisch auf uns gewirkt und nun leuchte plötzlich das
Verständnis auf, daß es sich um Symbole oder Wortzeichen handeln
dürfte. Worin liegt da der Unterschied? Oder nehmen wir den Fall,
daß jemand ein ihm ganz fremdes Wort als bloßen Lautkomplex
achtsam hört, ohne auch nur zu ahnen, daß es ein Wort sei; und
vergleichen wir damit den Fall, daß er späterhin das Wort, mit
seiner Bedeutung vertraut geworden, inmitten eines Gesprächs mit
Verständnis, aber ganz ohne begleitende Veranschaulichungen höre.
Worin liegt allgemein der Überschuß des verstandenen, aber bloß
symbolisch fungierenden Ausdrucks gegenüber dem gedankenleeren
Wortlaut? Was macht den Unterschied, ob wir ein Konkretum A
einfach anschauen oder ob wir es als ‚Repräsentanten‘ für ‚ein belie-
biges A‘ auffassen? In diesen und unzähligen ähnlichen Fällen liegt
152 Dan Zahavi

die Modifikation in den Aktcharakteren.“ (Hua XIX/1, 398; eine


neuere, ähnliche Argumentationslinie bei Strawson 1994, 5–6).
Die Phänomenologie behauptet, dass Bewusstsein durch intrinsische
Intentionalität gekennzeichnet ist und widersetzt sich dem Ansinnen,
eine reduktive Beschreibung von Intentionalität zu liefern, etwa in dem
Versuch, sie durch Berufung auf nichtintentionale Faktoren wie Kausalität
zu erklären. Aber wie funktioniert nun Intentionalität genau? Wie inten-
dieren wir Objekte? Für Husserl ist Intentionalität eng mit dem Problem
der Bedeutung verknüpft. Wir intendieren ein Objekt, indem wir etwas
darüber meinen:
„In der Bedeutung konstituiert sich die Beziehung auf den Gegenstand.
Also einen Ausdruck mit Sinn gebrauchen und sich ausdrückend auf
den Gegenstand beziehen (den Gegenstand vorstellen) ist einerlei.“
(Hua XIX/1, 59)
Auch wenn wir immer ein Objekt aufgrund von Bedeutung intendie-
ren, ist es wichtig, den Unterschied zwischen Akt, Bedeutung und Objekt
aufrechtzuerhalten. Das Objekt (sei es ein ideales Objekt wie die Zahl 6
oder ein wirkliches, wie meine neue Armbanduhr) sollte weder mit dem
Akt verwechselt werden (eben dem Prozess, etwas zu meinen) noch mit
der Idealbedeutung, die es uns ermöglicht, das Objekt aufzufassen (Hua
XIX/1, 211). Im Normalfall sind wir nicht auf die Bedeutung, sondern auf
das Objekt gerichtet: „Unser Interesse, unsere Intention, unser Vermeinen
– bei passender Weite lauter gleichbedeutende Ausdrücke – geht ausschließ-
lich auf die im sinngebenden Akt gemeinte Sache“ (Hua XIX/1, 47). Dass
Bedeutung und Objekt nicht verwechselt werden sollten, erhellt vielleicht
besonders aus jenen Fällen, in denen verschiedene Akte unterschiedliche
Akt-Materien, aber dasselbe Objekt haben.
Auch wenn Husserl die Auffassung vertritt, Bedeutung determini-
ere Referenz, wäre es ein Fehler zu glauben, seine Theorie sei nur für
solche Arten von Referenz relevant, die durch die Verwendung definiter
Deskriptionen ausgedrückt werden, d. h. Fälle, in denen die Aktmaterie
ein bestimmtes Objekt festlegt, indem seine Eigenschaften durch Beschrei-
bung zugewiesen werden. Im Gegenteil: Husserl war sich schon früh im
Klaren darüber, dass Wörter wie „dieses“ direkt und nicht attributiv refe-
rieren,, und wichtiger noch: Er begriff auch, in welchem Ausmaß Wahrneh-
mung eine demonstrative Komponente enthält, denn wenn ich ein Objekt
wahrnehme, intendiere ich dieses Objekt und nicht bloß jedes Objekt mit
ähnlichen Eigenschaften (Hua XIX/1, 553).
Intentionalität und Bewusstsein 153

10.5. Konstitution
Angenommen, ich halte einen Stift in der Hand und drehe ihn, um ihn
genau betrachten zu können. Bei diesem Vorgang bin ich immer auf
dasselbe Objekt gerichtet und bin mir durchgehend des Stiftes bewusst.
Aber dieses Bewusstsein von ein und demselben ist gleichsam quer zu einer
Mannigfaltigkeit errichtet. Nicht nur, weil sich meine Wahrnehmung als
temporaler Prozess die ganze Zeit verändert, sondern auch deshalb, weil
ich kontinuierlich eine wechselnde Mannigfaltigkeit visueller und taktiler
Empfindungen durchlebe (Hua XIX/1, 396; III, 84).
Diese Empfindungen sind weder mentale noch perzeptuelle Objekte.
Husserl verteidigt keine Variante einer Repräsentationstheorie der Wahr-
nehmung, er behauptet nicht, das direkte Objekt unserer Wahrnehmung
sei ein intramentales Sinnesdatum, das ein externes Objekt repräsentiere.
Vielmehr behauptet er, dass es nicht-intentionale empirische Elemente
gibt, Momente des Erfahrens, die einen Teil des perzeptuellen Akts ausma-
chen. Gerade weil die Sinnesempfindungen in sich selbst nicht-intentio-
nal sind, d. h. weil sie einer intrinsischen Objektreferenz ermangeln (Hua
XIX/1, 399; III, 92), können sie auf verschiedene Weisen interpretiert
werden. Husserl würde demnach also bestreiten, dass Intentionalität ein
essentieller Bestandteil unseres Bewusstseins sei. Auch wenn die intentio-
nalen Akte eine unbedingt zentrale Gruppe von Erfahrungen konstituieren
(Hua XIX/1, 392), und auch wenn Husserl später schreibt, dass Intentio-
nalität von grundsätzlicher Bedeutung sei, insofern alle Erfahrungen in der
einen oder anderen Weise daran teilhaben (Hua III, 187), ist es gleichwohl
nicht der Fall, dass jede Art von Bewusstsein intentional ist.
Was genau macht es möglich, dass wir ein identisches und stabiles
Objekt wahrnehmen? Es kann nicht die bloße Anwesenheit einer sinn-
lichen Mannigfaltigkeit sein. Tatsächlich schlägt Husserl vor, dass die
Sinnesempfindungen mit einer spezifischen Bedeutung interpretiert und
apprehendiert werden, und dass es diese Apprehension ist, die mich mit
dem Bewusstsein eines Objektes versieht (Hua XIX/1, 397). Diese Bedeu-
tung ist natürlich die Aktmaterie, und es ist gerade das Aufgreifen und
Interpretieren der Sinnesempfindungen, was das Wahrnehmungsobjekt
zur Erscheinung bringt. Auf diese objektivierende Interpretation ist es
zurückzuführen, dass wir die erfahrenen Sinnesempfindungen (im Falle der
Wahrnehmung) überschreiten und uns auf ein Objekt richten können:
„Apperzeption ist uns der Überschuß, der im Erlebnis selbst,
in seinem deskriptiven Inhalt gegenüber dem rohen Dasein der
154 Dan Zahavi

Empfindung besteht; es ist der Aktcharakter, der die Empfindung


gleichsam beseelt und es seinem Wesen nach macht, daß wir dieses
oder jenes Gegenständliche wahrnehmen, z. B. diesen Baum sehen,
jenes Klingeln hören, den Blütenduft riechen usw. Die Empfindungen
und desgleichen die sie ‚auffassenden‘ oder ‚apperzipierenden‘ Akte
werden hierbei erlebt, aber sie erscheinen nicht gegenständlich, sie
werden nicht gesehen, gehört, mit irgendeinem ‚Sinn‘ wahrgenom-
men. Die Gegenstände andererseits erscheinen, werden wahrge-
nommen, aber sie sind nicht erlebt.“ (Hua XIX/1, 399).
Mit anderen Worten, im Wechselspiel von Empfindungen und Interpre-
tation wird das Wahrnehmungsobjekt konstituiert. Tatsächlich ist nach
Husserl unsere intentionale Gerichtetheit auf ein Objekt ihrem Wesen
nach konstitutiv. Er schreibt, dass
„die Gegenstände, die uns ‚bewußt‘ werden, nicht im Bewußtsein
als wie in einer Schachtel einfach da sind, so daß man sie darin bloß
vorfinden und nach ihnen greifen könnte; sondern daß sie sich in
verschiedenen Formen gegenständlicher Intention als das, was sie
uns sind und gelten, allererst konstituieren“. (Hua XIX/1, 169)
Eine wichtige Frage ist, ob Husserls methodologischer Rahmen in den
Logischen Untersuchungen ihm erlaubt, überzeugend die Konstitution realer
Objekte zu begründen.
Kann er den Unterschied von bloß Intendiertem und real Existierendem
bewältigen? Was heißt es für ein Objekt, zu existieren? Auf der einen Seite,
und das wird in der VI. Untersuchung weiter entwickelt, vertritt Husserl die
Auffassung, dass das Objekt in sich selbst (das Ding an sich) nicht dem inten-
tionalen Objekt entgegengesetzt werden sollte, und dass es, wenn es über-
haupt etwas bedeuten soll, verstanden werden müsse als das, was den Sinn
der perzeptiven Intention erfülle (Hua XIX/1, 589). Somit ist für Husserl
die Idee der Existenz mit der Frage der Erfüllung verbunden. Wenn wir
von einem existierenden Gegenstand sprechen, so sprechen wir über einen
Gegenstand im vorrangigen Modus der Gegebenheit und nicht über einen,
der irgendwie auch Existenz als eine zusätzliche reale Eigenschaft besitzt.
Mit anderen Worten: Husserls Bezugnahme auf wirkliche Gegenstände
schließt keine metaphysischen Verpflichtungen ein. Durch den Ausdruck
„wirklicher Gegenstand“ wird weiter nichts ausgesagt, als dass das Objekt
in einem intuitiven Modus des Gegebenseins dargestellt wird. Wie es im

 Mehr zu diesem Thema findet sich im Beitrag von Rudolf Bernet in diesem Band.
Intentionalität und Bewusstsein 155

letzten Satz der Logischen Untersuchungen heißt: „Natürlich wird man nicht
übersehen dürfen, dass wirklich nicht so viel besagt wie außerbewußtseiend,
son­dern so viel wie nicht bloß vermeintlich“ (Hua XIX/2, 775).
Das ist kaum befriedigend, aber die besagte Begrenztheit ist sehr
bezeichnend für die methodologischen Restriktionen, denen Husserls
phänomenologisches Projekt in den Logischen Untersuchungen unterwor-
fen war. In der Tat macht Husserl in den Logischen Untersuchungen kein
Hehl aus der Tatsache, dass er die Frage, ob das Bewusstsein Wissen über
eine bewusstseinsunabhängige Realität erlangen könne, als metaphysische
Frage ansieht, die in der Phänomenologie nichts zu suchen habe. Dasselbe
gilt für die Frage, ob es überhaupt eine externe Realität gibt (Hua XIX/1,
26). Es ist zum Teil eine Konsequenz dieser methodologischen Restriktion
– einer Restriktion, die man durchaus als eine Art metaphysischer Neutra-
lität bezeichnen könnte – wenn Husserl schreibt, die Existenz des inten-
tionalen Objekts sei phänomenologisch irrelevant, da die innere Natur
des Aktes dieselbe bleibe, ob das Objekt existiere oder nicht (Hua XIX/1,
358, 360, 387, 396). Das Bemerkenswerte an diesen Aussagen ist, wie klar
sie zeigen, dass Husserls prätranszendentale Phänomenologie (lange vor
jeder Erwähnung von Epoché und transzendentaler Reduktion) Fragen
ausschließt, welche die Existenz betreffen. Interessant ist dann, ob die
Lage nach Husserls transzendentaler Wende dieselbe bleibt. In einem
Text von 1906/7 kritisiert Husserl seine eigene frühere Position, indem
er einwendet, sie reduziere die Phänomenologie auf eine Art deskriptive
Psychologie. Und, wie er schreibt, man muss sich der transzendentalen
Phänomenologie zuwenden, wenn man diese Restriktion überwinden, die
Relation zwischen wahrem Sein und Wissen verstehen und die Korrelation
zwischen Akt, Bedeutung und Objekt aufklären will (Hua XXIV, 427).

 Obwohl sich Husserls Behauptung in diesem Kontext auf eine Diskussion der Empfindun-
gen bezieht, gilt sie in einem weiteren Umfang; vgl. etwa die Diskussion in der II. Untersu-
chung (Hua XIX/1, 139).
 Diese Einschränkung hält Husserl dennoch nicht davon ab, gewisse metaphysische Posi-
tionen zurückzuweisen, die er für nicht kompatibel mit seinem eigenen Ansatz der Intentio-
nalität hält. Ein Beispiel wäre etwa seine Behandlung des Phänomenalismus. In der Beilage zu
den Logischen Untersuchungen heißt es dazu: „Wie immer die Frage der Existenz oder Nicht-
existenz der phänomenalen äußeren Dinge entschieden werden mag, darüber ist kein Zweifel,
daß die Realität des jeweils wahrgenommenen Dinges nicht verstanden werden kann als Reali-
tät einer wahrgenommenen Empfindungskomplexion in dem wahrnehmenden Bewußtsein.“
(Hua XIX/2, 764–765)
 Zu einer ausführlicheren Diskussion vgl. Zahavi 2002b, 2003a, 2003b.
156 Dan Zahavi

10.6. Schlussbemerkung
Zum Schluss möchte ich kurz zu der Beziehung zwischen Husserls und
Brentanos Theorie der Intentionalität zurückkommen. Wie Heidegger
später schreiben sollte: „Man darf also nicht, um die phänomenologische
Intentionalität zu widerlegen, einfach Brentano kritisieren! Damit gibt
man von vornherein das Thema aus der Hand.“ (Heidegger 1979, 62)
Husserl war von Brentano beeinflusst, hat aber unbestreitbar seine eigene
Analyse der Intentionalität in kritischer Auseinandersetzung mit Brentanos
Ansatz entwickelt und formuliert. Das zeigt sich nicht nur in der V. Unter-
suchung, sondern auch ganz ausdrücklich in der ausführlichen Beilage zu
den Logischen Untersuchungen mit dem Titel Äußere und innere Wahrneh-
mung – Physische und psychische Phänomene. Einer der Aspekte von Brentanos
Theorie, die Husserl hier thematisiert, ist die für Brentano zentraleUnter-
scheidung zwischen innerer Wahrnehmung und äußerer Wahrnehmung.
Während äußere Wahrnehmung fehlbar und unzuverlässig ist, gilt ihm die
innere Wahrnehmung als Quelle unfehlbarer Evidenz (Brentano 1973, 50,
198). So schreibt Brentano z. B., dass „niemand zweifeln [kann], ob der
psychische Zustand, den er in sich wahrnehme, sei, und ob er so sei, wie er
ihn wahrnehme“ (Brentano 1973, 14). Für Husserl dagegen hat die ganze
oberflächliche Unterscheidung zwischen Innen und Außen ihren Ursprung
in einer naiven Metaphysik des Common Sense und ist phänomenologisch
betrachtet suspekt und unangemessen für das Verständnis der Natur der
Intentionalität (Hua XIX/2, 673, 708). Husserl gesteht zwar zu, dass Bren-
tano seine Unterscheidung zwischen Innen und Außen auf deskriptive und
evidenzgestützte Kriterien und nicht etwa auf eine angenommene meta-
physische Unterscheidung zwischen dem Physischen und dem Psychischen
gründet (Hua XIX/2, 755). Aber obwohl es guten Sinn macht, zwischen
evidenten und nicht-evidenten Formen der Wahrnehmung zu unterschei-
den, wie Husserl dann weiter ausführt, fällt diese Unterscheidung nicht
mit derjenigen zwischen innerer und äußerer Wahrnehmung zusammen
(Hua XIX/2, 761). Vielmehr sind sich innere und äußere Wahrnehmung
epistemisch ganz ähnlich; sie sind gleichermaßen fehlbare Formen der
Erfahrung. Wie Husserl dann aber bemerkt, und dies ist der wirklich
entscheidende Punkt, werden alle psychischen Phänomene, soweit sie in

 Es ist wichtig darauf hinzuweisen, dass Husserl in seinen folgenden Schriften eine sorgfäl-
tigere Analyse der Evidenz vorgelegt und schließlich drei verschiedene Formen der Evidenz
unterschieden hat – apodiktische (unbezweifelbare), adäquate (erschöpfende) und inadäquate
(partielle) Evidenz – womit er ebenfalls zugesteht, dass „äußere“ Wahrnehmung durch eine ihr
eigene Evidenzform charakterisiert ist.
Intentionalität und Bewusstsein 157

der naturwissenschaftlichen Einstellung erfasst werden, mit Transzendenz


apperzipiert. Um sie als reine Phänomene zu apperzipieren, müssen wir
die phänomenologische Einstellung einnehmen (Hua XIX/2, 761). Diese
Aussage, die nicht überraschend aus der zweiten Auflage der Logischen
Untersuchungen stammt, ist aufschlussreich. Husserl macht nicht nur mehr
als deutlich, dass es eine wesentliche Differenz zwischen innerer Wahr-
nehmung (und Introspektion) und phänomenologischer Reflexion gibt. Er
weist auch darauf hin, dass die entscheidende Beschränkung von Brentanos
Projekt, seine Unfähigkeit eine radikale Analyse der Intentionalität vorzu-
legen, darin begründet liegt, dass er keine phänomenologische Reduktion
durchführt.

Übersetzt aus dem Englischen von Klaus Sellge

Literatur
Brentano, F. 1973: Psychologie vom empirischen Standpunkt, I. Band, Hamburg.
Chisholm, R. M. 1967: „Brentano on Descriptive Psychology and the Intentional“, in: Lee, E.
N./Mandelbaum, M. (Hgg.): Phenomenology and Existentialism, Baltimore, 1–23.
Crane, T. 2001: Elements of Mind: An Introduction to the Philosophy of Mind, Oxford.
Fodor, J. 1987: Psychosemantics, Cambridge, MA.
Heidegger, M. 1979: Prolegomena zur Geschichte des Zeitbegriffs, Gesamtausgabe Bd. 20,
Frankfurt/M.
Strawson, G. 1994: Mental Reality, Cambridge, MA.
Twardowski, K. 1982: Zur Lehre vom Inhalt und Gegenstand der Vorstellungen, Wien.
Zahavi D. 1992: Intentionalität und Konstitution. Eine Einführung in Husserls Logische
Untersuchungen, Kopenhagen.
Zahavi, D. 2002a: „The Three Concepts of Consciousness in Logische Untersuchungen“, in:
Husserl Studies 18, 51–64.
Zahavi, D. 2002b: „Husserl’s metaphysical Neutrality in Logische Untersuchungen“, in: Zahavi,
D./Stjernfelt, F. (Hgg.): 100 Years of Phenomenology. Husserl’s Logical Investigations
Revisited, Dordrecht.
Zahavi, D. 2003a: Husserl’s Phenomenology, Stanford.
Zahavi, D. 2003b: „Phenomenology and metaphysics“, in: Zahavi, D./Heinämaa, S./Ruin, H.
(Hgg.): Metaphysics, Facticity, Interpretation, Dordrecht/Boston, 3–22.
Zahavi, D. 2004: „Husserl’s Noema and the Internalism-Externalism Debate“, in: Inquiry
47/1, 42–66.
Zahavi, D. 2008: „Internalism, Externalism, and Transcendental Idealism“, in: Synthese
160/3, 355–374.
11
Verena Mayer / Christopher Erhard

Die Bedeutung
objektivierender Akte
(V. Logische Untersuchung,
§§ 22–45)

11.1. Einleitung
Die abschließenden vier Kapitel der V. Untersuchung haben die Funk­
tion, die bisherigen Beschreibungen intentionaler Erlebnisse in zweierlei
Hinsicht zu vertiefen: zum einen präzisiert Husserl hier den Begriff der
Materie und sein Verhältnis zur Qualität, zum anderen führt er den zentra­
len Begriff des objektivierenden Aktes ein. Objektivierende Akte stellen
ihrerseits die Grundlage für die erkenntnistheoretisch orientierte VI. Un­
tersuchung dar.
Um diese beiden Ziele zu erreichen, analysiert und reinterpretiert
Husserl en détail einen Satz aus Brentanos Psychologie vom empirischen Stand-
punkt von 1874:
(FB) Alle psychischen Phänomene sind entweder Vorstellungen, oder
beruhen auf Vorstellungen als ihrer Grundlage. (vgl. Brentano
1924, 120)
Husserl modifiziert diesen Satz schrittweise, indem er zunächst „psychische
Phänomene“ durch „intentionale Erlebnisse“ (391 ff.), „beruhen auf“
durch „fundiert sein in“ (vgl. III. Untersuchung, §§ 14 ff.) ersetzt und
schließlich den Begriff des objektivierenden Aktes einführt. So entsteht
Husserls eigene Version von Brentanos Satz:

 Husserl verweist auf diesen Satz bereits in § 10 der V. Untersuchung. Das Hauptproblem
liegt in der mehrfachen Bedeutung des Wortes „Vorstellung“. Zu Husserls Auseinandersetzung
mit Brentano vgl. den Beitrag von Dan Zahavi in diesem Band.
 Bloße Seitenangaben in Klammern beziehen sich auf Hua XIX.
160 Verena Mayer / Christopher Erhard

(FH) Jedes intentionale Erlebnis ist entweder ein objektivierender Akt


oder in einem solchen fundiert.
Der Weg, der im Laufe dieser Reformulierung in den Kapiteln 3 bis 5
einschlagen wird, führt über eine detaillierte Kritik an Brentanos „bloßen
Vorstellungen“ (Kap. 3) und eine systematische Analyse von „nominalen
Vorstellungen“ (Kap. 4) zu den eigentlichen objektivierenden Akten
(Kap. 5). Das 6. Kapitel ist in erster Linie terminologischer Natur; Husserl
unterscheidet hier nicht weniger als 13 verschiedene Bedeutungen von
„Vorstellung“, von denen für die Kapitel 3–5 nur die ersten vier relevant
sind.
Husserls Vorgehen in diesen Kapiteln stellt sich dabei als ein kompli­
ziertes Geflecht dar, das aus phänomenologischen Beschreibungen auf der
einen, aus „sprachphilosophischen“ Argumenten auf der anderen Seite
besteht, wobei die Argumente stets dem übergeordneten Ziel dienen, fein
nuancierte Aspekte von intentionalen Erlebnissen aufzuzeigen.

11.2. Brentanos Satz, die Materie und „bloße


Vorstellungen“ (§§ 22–31)
11.2. 1. Vorstellungen als Grundlage aller mentalen Akte
– ein Geschichtsbild

Brentanos These (FB), wie er sie in seiner Psychologie vom empirischen


Standpunkt darstellt, ist nur eine Variante der damals verbreiteten Idee,
dass Vorstellungen die Grundlage und das Wesen aller psychischen Akte
ausmachen. In Anlehnung an Hume verstanden Psychologisten wie Wundt
Vorstellungen als psychische Vorkommnisse, die aus Verschmelzungen von
Empfindungen entstehen, sich darüber hinaus aber nicht wesentlich von
diesen unterscheiden. Im Unterschied dazu fasst Brentano (ebenso wie
etwa Lotze) Vorstellungen als komplexe Akte auf, die zwar Empfindungen
enthalten, diese aber z. B. lokalisieren, vereinheitlichen, unter Begriffe
bringen und insbesondere auf Gegenstände beziehen. Das Vorstellen
unterscheidet sich von einem Empfindungskomplex also dadurch, dass es
intentionalen Bezug hat, wodurch es auch allen anderen Akten nicht nur

 Der folgende Kommentar zur V. Untersuchung ist das Ergebnis intensiver Diskussionen und
gemeinsamer Textanalysen der Logischen Untersuchungen. Kap. 3 kommentiert Verena Mayer,
die Kap. 4 und 5 Christopher Erhard.
Die Bedeutung objektivierender Akte 161

einen Inhalt, sondern auch einen Gegenstand verleiht. So lautet Brentanos


These im Wortlaut:
„Wir dürfen es demnach als eine unzweifelhaft richtige Bestimmung
der psychischen Phänomene betrachten, daß sie entweder Vorstel­
lungen sind, oder […] auf Vorstellungen als ihrer Grundlage beru­
hen.“ (Brentano 1924, 120)
Die Letzteren, also psychische Phänomene, die auf Vorstellungen beruhen,
sind einerseits Urteile, andererseits Gefühle und Willensakte. Das hat zur
Folge, dass Urteile und Gefühle nicht ihre „eigenen“ Gegenstände haben,
sondern sich nur auf durch Vorstellungen gegebene Gegenstände bezie­
hen.
Diese Einteilung der mentalen Erlebnisse geht bereits zurück auf
Descartes, der ebenfalls drei Arten von cogitationes unterscheidet: die
Vorstellungen (ideae), „wie wenn ich mir einen Menschen, eine Chimäre,
den Himmel, einen Engel oder auch Gott denke“, die Willensakte oder
Gemütsbewegungen (voluntates sive affectus), wenn ich etwas will oder
fürchte, und die Urteile (iudicia), wenn ich etwas bejahe oder verneine
(Descartes 1992, 64; III. Med., § 5). Dabei interessiert den Erkenntnis­
theoretiker vor allem der Unterschied zwischen Vorstellung und Urteil.
Dieser liegt nicht in erster Linie darin, dass Vorstellungen einfach, Urteile
aber komplex seien. Vielmehr können auch schon Vorstellungen Ideen
von Dingen und Eigenschaften kombinieren. Urteile aber erheben einen
Wahrheitsanspruch: sie sagen, dass die Sachen sich so verhalten oder nicht
verhalten, wie die Vorstellung es eben bloß vorstellt. Bloße Vorstellungen
sind demnach das, was bei einem cartesischen Zweifelsexperiment übrig
bleibt: sie sagen nichts darüber, was der Fall ist, stellen aber dennoch
Gegenstände vor, liefern also in gewisser Weise die Materie für alle ande­
ren Akte. In einer Bemerkung in § 23 erläutert Husserl entsprechend den
traditionellen Begriff der bloßen Vorstellung so: „belegende Beispiele“ für
bloße Vorstellungen seien „alle Fälle bloßer Einbildungsvorstellung, in
welchen der erscheinende Gegenstand weder als seiender noch als nichtsei­
ender gesetzt und bezüglich dessen alle sonstigen Akte unterbleiben; oder
auch die Fälle, in welchen wir einen Ausdruck, etwa einen Aussagesatz,
verstehend aufnehmen, ohne uns in Glauben oder Unglauben zu entschei­
den“ (444).

 Husserl weist Brentanos These später auch in diesem Sinne zurück: Urteile können ebenso
wie „bloße Vorstellungen“ Gegenstände geben; vgl. Melle 1990.
162 Verena Mayer / Christopher Erhard

Die zweite Gruppe von Fällen hat auch Frege in seiner Begriffsschrift
berücksichtigt. Hier unterscheidet er formal zwischen dem „Inhalt“ (später
dem „Gedanken“) und dem „Urteil“: „ —A“ bezeichnet den bloßen „Gedan­
ken“, dass A; dagegen bedeutet „├A“ das Urteil, dass A wahr ist (Frege
1964, 2 f.). Frege führte als Begründung an, dass wir vor allem in Beweisen
Gedanken hypothetisch annehmen, ohne schon über ihre Wahrheit oder
Falschheit zu entscheiden; die Unterscheidung zwischen Gedanke und
Urteil ist also schon allein eine Notwendigkeit formaler Demonstration.
Mit Brentanos These stimmt Frege auch insofern überein, als er Gedan­
ken von Vorstellungen im Sinne der empirischen Psychologie (Empfin­
dungskomplexen) klar unterscheidet: Gedanken haben intentionalen
Bezug und enthalten Begriffe. Es gibt aber auch Unterschiede. So sind
Gedanken für Frege keine psychischen Akte, sondern abstrakte Entitäten,
die in psychischen Akten „erfasst“ werden. Gedanken sind zudem immer
logisch strukturiert: sie haben bereits die Form von Urteilen, während
Vorstellungen bei Brentano ebenso wie bei Descartes einfache „Ideen“ sein
können. Und schließlich vertritt Frege die für die Zeitgenossen merkwür­
dige Auffassung, dass Gedanken auf Wahrheitswerte referieren (vgl. Mayer
2003). Generell ist aber schon formal klar, dass der Urteilsstrich an den
Inhaltsstrich „andockt“, dass also Urteile über Gedanken gefällt werden
und Letztere in diesem Sinne auch das „Fundament“ von Urteilen bilden.
In gewisser Weise ähnlich scheint die Sachlage bei den Gefühls- und
Willensakten. Solche Erlebnisse sind zwar anscheinend nicht wahr oder
falsch, sondern ähneln den Vorstellungen darin, dass sie zunächst einmal
schlechthin „sind“. Allerdings brauchen auch sie einen „Inhalt“ und einen
„Gegenstand“, der ihnen offenbar durch die Vorstellungen gegeben wird.
Man kann dann, wiederum im Sinne Freges, sagen, dass durch Gefühle
oder Willensregungen eine Vorstellung in spezifischer Hinsicht „gefärbt“
wird; sie erhält eine Gefühls- oder Willensqualität. Daher sind auch solche
Akte intrinsisch auf Vorstellungen angewiesen. So jedenfalls lautet Bren­
tanos Abhängigkeitsthese, die er im zweiten Band der „Psychologie“ noch
einmal in folgender Weise generalisiert:
„Wir reden von einem Vorstellen, wo immer uns etwas erscheint.
Wenn wir etwas sehen, stellen wir uns eine Farbe, wenn wir etwas
hören, einen Schall, wenn wir etwas phantasieren, ein Phan­­ta­
siegebilde vor. Vermöge der Allgemeinheit, in der wir das Wort
gebrauchen, konnten wir sagen, es sei unmöglich, daß die Seelen­
tätigkeit in irgendeiner Weise sich auf etwas beziehe, was nicht vor­
gestellt werde.“ (Brentano 1925, 34)
Die Bedeutung objektivierender Akte 163

Es ist diese, wie Husserl findet, „merkwürdige“ These, die er im Folgenden


argumentativ und phänomenologisch analysiert, modifiziert und schließ­
lich durch den Begriff des objektivierenden Aktes kritisch rekonstruiert.

11.2.2. Thematische Ausrichtung (§§ 22–23)

Im dritten Kapitel der V. Untersuchung geht es einerseits um die Frage, wie


sich Brentanos Begriff der Vorstellung und die damit verbundene Theorie
psychischer Phänomene zu Husserls Begriffen der Materie und Qualität von
Akten verhalten. Welchen Sinn macht es, die „Einbildungsvorstellungen“
zur Grundlage aller Akte zu erklären? Wenn Husserls Analyse richtig ist,
was sind dann Materie und Qualität solcher Vorstellungen und inwiefern
sind diese Momente in anderen Akten nachweisbar? Andererseits lässt
sich das Kapitel als eine Kritik an der traditionellen Vorgehensweise der
Erkenntnistheorie und als ein Lehrstück in phänomenologischer Wesensa­
nalyse begreifen, auch wenn Husserl in weiten Teilen zunächst argumentativ
vorgeht. Die Tradition nämlich, und mit ihr die zeitgenössische empirische
Psychologie, isoliert vermeintliche Bestandteile von mentalen Akten, die
in Wahrheit theoretische Konstrukte und in den Erlebnissen phänomenal
nicht vorfindlich sind. Die Wesensanalyse dagegen zerlegt nicht einzelne
Akte, sondern sucht vielmehr Konstanten in Variationsreihen festzuhal­
ten. Sie trifft dabei auch auf essentielle Unterschiede, und vermag so, eine
Begriffsklärung herbeizuführen (vgl. Piazza 2007). Diese macht in der
Begriffsverwendung vorhandene, aber nicht reflexiv geklärte Differenzen
zugänglich, weshalb auch ihre Ergebnisse „unmittelbar einleuchten“. Die
Evidenz, die durch dieses Verfahren erreicht wird, ist die der Deckungs­
gleichheit oder Kongruenz mit präreflexiven Intuitionen. Allerdings ist
dieses Verfahren, wie Husserl im § 27 deutlich macht, nicht fehlerfrei.
Es gilt nämlich, dass die evident erschauten Unterschiede, sobald sie „in
begriffliche Fassung gebracht und ausgesagt“ werden, an Überzeugungs­
kraft verlieren, insofern sie Interpretationen unterliegen. Die möglichen
Deutungsspielräume und die damit verbundenen theoretischen Interessen
müssen also von vornherein explizit gemacht werden: deshalb der zum Teil
mühsame argumentative Vorbau.
Es ist dabei wichtig, festzuhalten, dass Husserls Verfahren nicht nur
einen methodischen Unterschied zur Tradition markiert. Vielmehr darf
nun nichts als ein selbstständiger Gegenstand postuliert werden, das sich in
der Wesensanalyse als abhängig (im Sinne der III. Untersuchung) erweist.
Generell sind die Ausgangsgegebenheiten holistische Ganzheiten, d. h.
164 Verena Mayer / Christopher Erhard

die Akte in einer, wie Husserl später in den Ideen I präzisieren wird, zeit­
lichen aber auch inhaltlichen Beziehungsstruktur zu spezifischen Typen
von vorausgehenden und nachfolgenden Akten. Dass die Wesensanalyse in
zwei zentralen Fällen, nämlich bei Wahrnehmungen und Urteilen, keine
bloßen Vorstellungen als isolierbare Grundlage liefert, zeigt deshalb schon,
dass Brentanos These falsch ist. Dies gilt aber, wie gesagt, erst, nachdem
die möglichen Bedeutungen der These argumentativ auseinander gelegt
worden sind. Die Rede von Vorstellungen ist nämlich so vage, dass es
zunächst einer begrifflichen Vorklärung bedarf. Erst dann also, wenn die
Ambiguitäten in Brentanos These offen gelegt sind, kann die eidetische
Intuition zu einer Entscheidung führen.

11.2.3. Argumente gegen Brentano (§§ 24–26)

Nun hatte Husserl im zweiten Kapitel die Unterscheidung zwischen Mate­


rie und Qualität eingeführt (vgl. §§ 20–21), die zu Brentanos These gut
zu passen scheint: Man könnte etwa die Vorstellung, dass es gleich regnen
wird, als die Materie des Urteils „Es wird gleich regnen“ betrachten, das
Urteilen selbst als die dazu gehörige Qualität. Husserl macht aber sogleich
im § 22 auf einen wichtigen Gegensatz zwischen der These Brentanos und
seiner eigenen Auffassung aufmerksam: Materie und Qualität von Akten
sind unselbstständige Teile oder „Momente“ von Akten. Sie können also
nicht „für sich“ vorkommen, sondern werden vielmehr aus Reihen von
Akten abstrahiert. Materie und Qualität sind dabei, wenn auch in etwas
unterschiedlichem Sinne, ineinander fundiert: es ist keine Materie denkbar
ohne Qualität, und umgekehrt. Auch ist nicht nur die Materie, sondern
auch die Qualität eben deshalb wesentliche, innere Bestimmung des Aktes;
sie haftet diesem nicht nur „äußerlich“ an, so dass sie auch fortfallen
könnte. Dagegen könnte nach Brentano zwar kein Urteil ohne Vorstellung
vorkommen, wohl aber umgekehrt. Nun möchte man intuitiv Brentano
zustimmen, dass Vorstellungen jedenfalls eine wichtige Klasse intentio­
naler Akte bilden, die mit anderen Akten essentiell verbunden scheinen. So
gibt es keinen Wunsch, der nicht irgendeine Vorstellung des Gewünschten
enthielte, und im ganz abstrakten Sinne setzen Urteile jedenfalls Inhalte
mit Gegenstands- oder Sachverhaltsbezug voraus. Husserl steht damit vor
der Aufgabe, die Grundklasse der Vorstellungen oder Gedanken in seine
Theorie von Materie und Qualität als Momenten zu integrieren und seine
eigene Beschreibung „psychischer Inhalte“ damit an die erkenntnistheore­
tische Tradition anzuschließen.
Die Bedeutung objektivierender Akte 165

Nun gibt es zunächst eine scheinbar einleuchtende Beschreibung des


Zusammenhangs von Materie, Qualität und Vorstellung. Nehmen wir an,
Brentanos These (FB) gilt. Vorstellungen müssten dann in (Vorstellungs-)Quali­
tät und -Materie zerfallen, und als solche Ganzheiten allen anderen Akten
zugrunde liegen (vgl. 444). Die Materie von Akten enthielte dann selbst
ein qualitatives Moment, eben die Vorstellungsqualität; auf dieser Mate­
rie würden sich andere Qualitäten, z. B. die Urteilsqualität, aufbauen. Da
dann aber Vorstellungen gar nicht ohne die Vorstellungsqualität vorkom­
men könnten, würde die Unterscheidung zwischen Materie und Qualität
hier keinen Sinn machen. Was Husserl im Kapitel zuvor als „intentionales
Wesen“ bezeichnet hatte – die Verbindung von Materie und Qualität – wäre
hier eine echte Einheit, Vorstellungen ließen sich sogar als „reine Qualität“
ohne spezifische Materie verstehen, wären damit aber auch fundamental
von allen anderen Akten unterschieden.
Lässt sich eine solche Sonderstellung begründen? Husserl sieht hier die
folgende Schwierigkeit. Nehmen wir an, dass „Vorstellung“ eine spezi­
fische Art von Akt ist – eine „letzte Differenz“ – ebenso wie „Urteil“ oder
„Erinnerung“. Dann könnten wir, da es ja keine davon getrennte Mate­
rie, keinen „Inhalt“ gibt, nicht zwischen der Vorstellung „Papst“ und
der Vorstellung „Kaiser“ unterscheiden. Oder aber wir nehmen an, dass
„Vorstellung“ keine letzte Differenz innerhalb der Qualitäten bezeichnet,
sondern eine Qualität, die verschiedene Differenzierungen zulässt. Die
Vorstellung „Papst“ wäre dann von ganz anderer Art als die Vorstellung
„Kaiser“, und Vorstellungen wären wieder fundamental, aber auf einer
noch tieferen Ebene – nicht durch ihren Inhalt, sondern durch ihre Kate­
gorie – von allen anderen Akten unterschieden. Das scheint unplausibel
und wird nicht durch unsere Intuition gestützt. Die Intuition sagt uns viel­
mehr, dass eine identische Vorstellungsqualität die Vorstellungen „Papst“
und „Kaiser“ vereint, und dass ein differierender „Inhalt“ sie trennt. Es
bleibt also als dritte Möglichkeit: auch Vorstellungen zerfallen in Materie
und Qualität, also auch hier wie bei allen anderen Akten werden der spezi­
fische Inhalt und die Intention durch die Materie gegeben, der Aktcha­
rakter durch die Vorstellungsqualität. Kurz: die Annahme, Vorstellungen
nähmen gegenüber anderen Akten eine Sonderstellung ein, da sie nicht in
Materie und Qualität analysierbar seien, führt zu ihrem Gegenteil: auch bei
Vorstellungen ist zwischen Materie und Qualität zu unterscheiden.
Wenn wir aber dieses Ergebnis akzeptieren, verliert Brentanos These
sofort an Plausibilität. Das Wort „Vorstellung“ scheint in ihr nun eine zwei­
fache Bedeutung anzunehmen: Der erste Teil der These – alle psychischen
Phänomene seien entweder Vorstellungen – meint offenbar Vorstellungen
166 Verena Mayer / Christopher Erhard

als selbstständige Akte mit einem Inhalt und einer Vorstellungsqualität. Der
zweite Teil – alle psychischen Phänomene seien in Vorstellungen fundiert
– meint Vorstellungsinhalte, mit anderen Worten: Materien in Husserls
Sinne. Weshalb aber sollten wir die „zwecklose Annahme“ verfolgen, dass zu
dem Vorstellungsinhalt in komplexen Akten noch eine Vorstellungsqualität
hinzutreten muss, damit wir z. B. ein Urteil fällen oder etwas wahrnehmen
können? Offenbar dient ja die Vorstellung dazu, den anderen Akten einen
„Inhalt“ zu verleihen; dies geschieht aber schon allein durch den Vorstel­
lungsinhalt, der dann etwa mit dem eines entsprechenden Urteils identisch
wäre. Diese Funktion aber erfüllt gerade die Materie. Zwar gesteht Husserl
zu, dass es Akttypen geben kann, die auch in einer Vorstellungsqualität
fundiert sind, etwa die Erwartung, aber dass dies immer gilt, wie Brentanos
These behauptet, erscheint nun als höchst unwahrscheinlich.

11.2. 4. Wahrnehmungen und Urteile (§§ 27–31)

In den folgenden beiden Beispielen überprüft nun Husserl die Annahme,


dass es so etwas wie „bloße Vorstellungen“ gebe, die allen anderen Akten
zugrunde liegen. „Bloß“ wären diese Vorstellungen in dem Sinne, dass sie
nicht schon die Existenz des Vorgestellten mit behaupten. So kann man
sich bloß vorstellen, dass man im Lotto gewinnen wird, ohne es zu glauben
oder nicht zu glauben. Vor allem für zwei Klassen von Akten erschien (FB)
in diesem Sinne einigen Philosophen plausibel: für Wahrnehmungen und
für Urteile. Für die Wahrnehmung gilt, dass sie mindestens etwas reprä­
sentiert, auch wenn sie trügerisch ist; für Urteile, dass man sie „dahinge­
stellt sein“ lassen kann, also die Urteilsqualität abzieht und dennoch eine
„Vorstellung“ behält. Husserl geht in der Diskussion dieser beiden Fälle
von der bisherigen argumentativen Strategie ab und verwendet statt dessen
die „innere Wahrnehmung“ oder vielmehr, wie er in einem Zusatz zur
zweiten Aufgabe expliziert, die „ideierende phänomenologische Wesenser­
schauung“ (456). Die folgenden Überlegungen sollen also jedem, der sie
anhand von intuitiven Beispielen nachvollzieht, unmittelbar einleuchten.
Die Vorstellungsthese erhebt nun generelle Behauptungen, die die beiden
Spezialfälle belegen sollen. Bei trügerischen Wahrnehmungen, deren
Schein sich noch in der Wahrnehmung enthüllt, könnte man meinen, dass
zunächst eine Vorstellung durch einen Akt von Wahrnehmungsqualität
überlagert ist; dass aber beim Wegfall dieser Qualität dann doch wenig­
stens eine „bloße Vorstellung“ – eine Repräsentation ohne Existenzurteil
– übrig bleibt. So sieht derjenige, der einer optischen Täuschung erlag,
Die Bedeutung objektivierender Akte 167

wenn er diese sich bewusst gemacht hat, doch immer noch dasselbe, er
hat also wenigstens eine „bloße Vorstellung“ von der Sache. Die damals
vielfach nachgewiesenen optischen Täuschungen liefern eine Fülle von
Beispielen. Husserl diskutiert hier den folgenden Fall: Beim Besuch eines
Panoptikums glaubt er einer winkenden Dame zu begegnen; erkennt aber
einen Augenblick später, dass es sich um eine Puppe handelt (458). Es ist
nun recht absurd anzunehmen, dass diese Wahrnehmung durch eine bloße
Vorstellung zu erklären sei, zu der die Wahrnehmungsqualität hinzutrat
und anschließend wegfiel. Vielmehr versteht man das Erlebnis im Panop­
tikum besser, wenn man es als Abfolge zweier Arten von Wahrnehmungen
begreift, deren Materie beide Male dieselbe winkende Dame darstellt, die
aber unterschiedliche Qualität haben. In beiden Fällen handelt es sich
um eine echte perzeptive Auffassung desselben Dinges, jedoch nehmen
wir die Dame einmal als Wirklichkeit wahr, das andere Mal als Fiktion: es
handelt sich um verschiedene Aktqualitäten mit gleicher Materie. Husserl
beschreibt dieses Erlebnis als eine Art dynamischen Prozess:
„zwei perzeptive Auffassungen, bzw. zwei Dingerscheinungen durch­
dringen sich, nach einem gewissen Erscheinungsgehalt sich sozusagen
deckend. Und sie durchdringen sich in der Weise des Widerstreits,
wobei der aufmerkende Blick bald dem einen, bald dem anderen der
erscheinenden, aber sich im Sein aufhebenden Objekte zuwenden
kann.“ (459)
Man könnte sagen, dass Husserl hier eine Art „gestalt-switch“ beschreibt,
wobei beide Gestalten verschiedenen „Seinsstatus“ haben. Es gilt aber eben
nicht, dass eine „bloße Vorstellung“ durch ein dazu tretendes Wahrneh­
mungsurteil modifiziert wird, auch wenn „etwas als Fiktion wahrnehmen“
einer „bloßen Vorstellung“ schon recht nahe kommt. Vielmehr wechseln
Akte mit gleichbleibender Materie, aber widerstreitender Qualität einan­
der ab.
Auch das zweite Beispiel, Urteilen und Verstehen, hypothetisches
Annehmen oder Erwägen eines Urteils, kommt zum selben Ergebnis.
Zunächst scheint es zwar, dass das Urteil aus einer beurteilten Vorstellung
(dem Gedanken) besteht, die im Verstehen oder in einer bloßen Annahme
ohne Urteilsqualität vorkommt. Dies war die Fregesche Auffassung dessen,
was etwa in mathematischen Beweisen geschieht. Husserl hält es nun zwar
für ein Wesensgesetz, dass zu jedem Urteil ein entsprechender Vorstel­
lungsakt gehört, und zwar deshalb, weil man tatsächlich ein jedes Urteil
aufnehmen und verstehen kann, ohne es schon als richtig zu bewerten, und
weil ein solches Verstehen offenbar regelmäßig einer Urteilsentscheidung
168 Verena Mayer / Christopher Erhard

vorhergeht. Aber dieser Vorstellungsakt ist nicht ein Teil des Urteils selbst,
sondern steht in gewisser Weise gleichberechtigt neben ihm. Dies zeigt
sich schon, wenn man die Urteilstheorie Brentanos wörtlich nimmt. Bren­
tano sagt:
„Unter dem Urteilen verstehen wir, in Übereinstimmung mit dem
gewöhnlichen philosophischen Gebrauche, ein (als wahr) Annehmen
oder (als falsch) Verwerfen.“ (Brentano 1925, 34)
Nun soll aber dieses Annehmen oder Verwerfen den ganzen Akt des Vorstel­
lens im Sinne einer dahingestellten Annahme enthalten. Dies erscheint nun
noch absurder als im Falle der Wahrnehmung: Indem wir einen Inhalt als
wahr akzeptieren, lassen wir ihn ja gerade nicht mehr „dahingestellt“ sein.
Es macht also keinen Sinn, zu behaupten, der ganze Vorstellungsakt sei
im Urteilsakt enthalten. Vielmehr ändert sich die Qualität beim Übergang
vom bloßen Verstehen zum Urteilen: beides sind wiederum selbstständige
Akte mit identischer Materie, die in einem dynamischen Zusammenhang
und nicht in der Beziehung des „Enthaltenseins“ stehen.
Die Intuition zeigt nun den wahren Charakter des Urteilens, der in
der Urteilstheorie Brentanos mysteriös verblieb. Urteilen erscheint nun
als eine Art Antwort auf die in einer Erwägung gestellte Frage, und nicht
als ein bloßes Zustimmen zu einem vorgestellten Sachverhalt. Urteilen
heißt also phänomenologisch soviel wie eine Hypothese bestätigen oder
eine Vermutung „erfüllen“, ähnlich wie eine Erwartung oder Hoffnung
durch einen spezifischen Akt erfüllt wird. Damit löst Husserl ein scheinbar
formales Verhältnis in einen dynamischen Zusammenhang auf. Dadurch
wird gleichzeitig der traditionell sehr weite Begriff des Urteils auf solche
Akte beschränkt, die auf Zustimmungserlebnissen gründen. Diese Lösung
wird in der VI. Untersuchung mit ihrer Theorie der Erkenntnis, der
Wahrheit und der Evidenz voll ausgearbeitet und erhält erst in der späteren
„genetischen“ Phänomenologie einen systematischen Hintergrund.
Aus alledem ergibt sich, dass den Vorstellungen zunächst keine phänome­
nologische Sonderrolle zugeschrieben werden kann. Vielmehr haben alle
Akte mit gleichem Inhalt ein unselbstständiges Moment (einen abstrakten

 Ob Husserl diesen eingeschränkten Urteilsbegriff wirklich im Folgenden beibehält, ist eine


andere Frage, die wir hier nicht verfolgen. Interessant ist allerdings, dass auch Freges Urteils­
begriff von Anfang an eine solche Dynamik enthält. So schreibt Frege in der Begriffsschrift, dass
Zeichen wie „—A“, also die Verbindung aus dem Inhaltsstrich mit einem Inhalt A, „lediglich
die Vorstellung […] in dem Leser hervorrufen sollen, etwa um Folgerungen daraus zu ziehen
und an diesem die Richtigkeit des Gedankens zu prüfen“; erst dann darf das Urteil s A gefällt
werden. (Frege 1964, 2)
Die Bedeutung objektivierender Akte 169

Teil) gemeinsam, die Materie oder den Auffassungssinn, der ihnen einen
Gegenstand liefert. Akte mit gleicher Materie können dann widerstrei­
tende Qualitäten aufweisen, wie der Fall im Panoptikum zeigt. So schreibt
die Wahrnehmung dem Gegenstand Sein zu, das als-fiktiv-Wahrnehmen
spricht es ihm ab. Ähnlich spricht ein Urteil einem Sachverhalt Realität zu,
eine Hypothese „setzt“ dagegen den Sachverhalt fiktiv. In der bisher disku­
tierten Form ließ sich Brentanos These also nicht bestätigen. Aus der Idee
entgegengesetzter Setzungs-Qualität gewinnt Husserl allerdings später
den Begriff des objektivierenden Aktes.

11.3. Brentanos Satz und nominale Vorstellungen


(§§ 32–36)
11.3. 1. Eine neue Version von Brentanos These (§§ 32–33)

Husserl eröffnet das vierte Kapitel mit einer kurzen Zusammenfassung der
bisherigen Überlegungen, indem er die Ambiguität des Vorstellungsbe­
griffs nochmals betont: Vorstellung kann entweder eine gewisse Aktqualität
oder aber das Moment der Materie bedeuten, woraus zwei nicht äquiva­
lente Lesarten von (FB) resultieren (vgl. 475 f.).
Im vierten und fünften Kapitel geht es im Wesentlichen darum, einen
anderen Begriff von Vorstellung zu finden, demzufolge (FB) in univoker
Weise wahr wird. Husserls erster Schritt in diese Richtung besteht darin,
unter „Vorstellungen“ solche Akte zu verstehen, die sich durch Namen
ausdrücken lassen; dies sind die so genannten nominalen Akte. Dadurch,
dass Husserl auf sprachliche Phänomene wie Namen bzw. das Nennen
zurückgreift, um diese neue Aktklasse zu beschreiben, erhalten seine Über­
legungen einen stark „sprachanalytischen“ Charakter.
Er führt nominale Akte so ein:
„Der Satz gewinnt aber sofort einen neuen und unbedenklichen
Sinn, wenn wir dem Terminus Vorstellen einen neuen Begriff unter­
legen, und zwar denjenigen, welcher insofern besonders nahe liegt,
als die Rede von den Namen als Ausdrücken von Vorstellungen auf
ihn hinleitet. […] Wir können nämlich unter dem Titel Vorstellung
jeden Akt befassen, in welchem uns etwas in einem gewissen engeren
Sinne gegenständlich wird, nach Maßgabe etwa der in einem Griff
erfassenden, das Gegenständliche in einem Meinungsstrahl mei­
nenden Wahrnehmungen und parallelen Anschauungen oder auch
170 Verena Mayer / Christopher Erhard

nach Maßgabe der eingliedrigen Subjektsakte in kategorischen


Aussagen […].“ (477; vgl. 478)
Phänomenologisch betrachtet, wird damit angedeutet, dass Namen unsere
Aufmerksamkeit auf etwas lenken und uns somit auf eine mögliche Prädi­
kation gleichsam „vorbereiten“: Aufgrund von Namen sind wir in einem
ausgezeichneten Sinne auf etwas „gerichtet“. In obiger Passage über­
schneiden sich allerdings modale und strukturelle Merkmale von nominalen
Akten: zum einen die Art und Weise, wie wir einen solchen Akt vollzie­
hen, zum anderen dessen Struktur: Was Ersteres betrifft, so sind nominale
Akte mit Aufmerksamkeit auf das Genannte gerichtet – das Subjekt „lebt“
in ihnen, wie Husserl häufig schreibt; was Letzteres angeht, so haben
nominale Akte eine „einstrahlige“ Struktur: In ihnen „lebend“, erfassen
wir explizit einen einheitlichen intentionalen Gegenstand (wie komplex er
inhaltlich auch beschaffen sein mag); nominale Akte werden daher auch als
monothetisch bezeichnet. In der zweiten Auflage der Logischen Untersuchungen
subsumiert Husserl die nominalen Akte in diesem Sinne unter den aus den
Ideen I bekannten Begriff der „Einstrahligkeit“ (501 ff., 308; vgl. Ideen I,
§§ 118–119).
Mit Hilfe dieser neuen Begriffe lässt sich (FB) so reformulieren:
(FB*) Jedes intentionale Erlebnis ist entweder ein nominaler Akt oder
in (mindestens) einem solchen fundiert (vgl. 479).
Charakteristisch für (FB*) ist dabei das zweite Disjunkt, denn für den nomi­
nalen Vorstellungsbegriff gilt nicht mehr wie bisher, „daß die Vorstellung
als fundierender Akt die ganze Materie des fundierten umspanne“ (479).
Urteilt man etwa, dass die Sonne hell ist, so enthält dieses Urteil als Sach­
verhaltsbewusstsein einen nominalen Akt, der auf die Sonne, aber nicht auf
den Sachverhalt als ganzen gerichtet ist.
(FB*) wird im restlichen Teil des vierten Kapitels gegen Einwände
verteidigt, die sich vor allem gegen den Begriff des Namens und Husserls
fundamentale Unterscheidung zwischen Namen und Urteilen richten (vgl.
496 ff.). Wichtig ist dabei, dass Husserls letzte Version von Brentanos Satz,

 Vor dem Hintergrund der Unterscheidung zwischen „Sinnlichkeit und Verstand“ in der
VI. Untersuchung zeigt sich ferner, dass nominale Akte bereits sog. kategoriale Akte sind, d. h.
höherstufige Akte des „Denkens“, in denen die intentionalen Objekte eine Form haben, die
sich nicht auf ihre Gegebenheit in der sinnlichen Wahrnehmung reduzieren lässt. Nominale
Akte intendieren so genannte „Nominale“ bzw. genauer „Gegenstände-worüber“ (vgl. 685 ff.;
Hua XXVI, 94–97), die als Aussagesubjekte fungieren können.
Die Bedeutung objektivierender Akte 171

nämlich (FH), den Satz (FB*) nicht aufhebt, sondern vielmehr als Derivat,
als „sekundäre Folge“ (518 f.) ausweist.

11.3. 2. Das Wesen nominaler Akte (§§ 34–36)

11.3. 2. 1. Über Namen


Husserl bemüht sich nun zu zeigen, dass die „Einstrahligkeit“ von nomi­
nalen Akten tatsächlich ein präzises Kriterium gegenüber anderen Aktar­
ten darstellt, die dann eo ipso „mehrstrahlige“ sind. Insbesondere gilt es,
nominale Akte von sog. propositionalen Akten zu unterscheiden, wodurch ein
wesentlicher Unterschied in der Materie von Akten bezeichnet werden
soll.
Allerdings wird sich zeigen, dass eine solche scharfe Abgrenzung auf
Probleme stößt, die damit zusammenhängen, dass Husserl nominalen
Akten die Fähigkeit zuschreibt, den genannten Gegenstand als existierend
meinen zu können.
Um nominale Akte präziser zu beschreiben, erläutert Husserl den Begriff
des Namens (als Ausdruck einer nominalen Vorstellung). Dabei versteht
er unter Namen nicht nur Eigennamen (z. B. Napoleon) und Kennzeich­
nungen (z. B. der Sieger von Jena):
„Hier sehen wir nun, daß Wörter oder Wortkomplexionen, die als
Namen gelten sollen, nur dann einen abgeschlossenen Akt ausdrü­
cken, wenn sie entweder ein komplettes einfältiges Aussagesubjekt
darstellen (wobei sie einen kompletten Subjektsakt ausdrücken)
oder, von syntaktischen Formungen abgesehen, ohne Änderung
ihres intentionalen Wesens die einfältige Subjektfunktion in einer
Aussage erfüllen können.“ (481)
Als Beispiele für Namen in diesem Sinne werden angeführt:
„Das Pferd; ein Blumenstrauß; ein Haus, welches aus Sandstein gebaut
ist; die Eröffnung des Reichstages – aber auch Ausdrücke, wie daß der
Reichstag eröffnet ist […].“ (481)

 Die Mehrdeutigkeit der Redeweise „etwas ausdrücken“ hat Husserl bereits in der I. (§§ 5, 6,
11, 12) und IV. Untersuchung (§ 4) diskutiert, wo auch verschiedene Arten von Namen (Kenn­
zeichnungen, Eigennamen, universelle Namen) eingeführt werden. Im obigen Kontext ist das
Ausdrücken im Sinne der Kundgabe eines Aktes entscheidend (vgl. 39 ff.).
172 Verena Mayer / Christopher Erhard

In § 33 finden sich noch drei weitere Beispiele: „S ist p“, „Das P-sein des
S“ und „Die Tatsache, dass S p ist“, wobei nur die beiden letzten Ausdrücke
als Namen fungieren, da sie Husserl zufolge Sachverhalte bzw. Tatsachen
benennen. Im Gegensatz dazu drückt der Ausdruck „S ist p“ den Vollzug
eines Sachverhaltsbewusstseins aus, in dem eine „Thesis […] und darauf­
hin eine zweite unselbständige Thesis [vollzogen wird], derart, daß in der
Aufeinanderfolge dieser Thesen die synthetische Einheit des Sachverhalts
zu intentionaler Konstitution kommt. Und offenbar ist dieses synthetische
Bewußtsein ein ganz anderes als das sich ein Etwas sozusagen in einer
einstrahligen Thesis Gegenübersetzen“ (491 f.).
Folglich ist nach Husserl ein sprachlicher Ausdruck „N“ dann und nur
dann ein Name, wenn
(i) er innerhalb einer Aussage als logisches Subjekt fungiert oder ohne
Änderung seiner Bedeutung als ein solches Subjekt fungieren kann,
und
(ii) er einen „einfältigen“ bzw. „einstrahligen“ nominalen Akt kund­
gibt.
Während (i) ein syntaktisches bzw. semantisches Merkmal von Namen
darstellt, trägt (ii) Husserls phänomenologischem Ansatz Rechnung,
demzufolge die Besonderheit der nominalen Intentionalität hervorgeho­
ben wird.
Auffällig an obigen Beispielen ist dabei, dass ein bestimmter oder unbe­
stimmter Artikel vorkommt, der nach Husserl – sei er nun durch ein
eigenes Wort bezeichnet oder nicht (vgl. Jones oder der Jones; das latei­
nische homo) – eine zentrale Rolle spielt (vgl. 493). Durch ihn wird unsere
Aufmerksamkeit auf einen Gegenstand gelenkt, der auf diese Weise für
eine mögliche Prädikation bereitgestellt wird.10 Dies ist z. B. nicht der Fall
bei dem bloßen Substantiv „Baum“, das vermutlich zahlreiche Assozia­
tionen und Erinnerungen an Bäume oder anderes weckt, aber nicht wie
der Ausdruck „der Baum“ – im passenden Kontext – unseren geistigen

 Neben diesen Beispielen rechnet Husserl (merkwürdigerweise) offenbar auch bestimmte


Teilsätze vom Satzkomplexen zu den Namen. So fungiert etwa der Ausdruck „A“ in dem Satz
„B, weil A“ als Name; denn nach Husserl vollziehen wir nicht das Urteil A, wenn wir diesen Satz
äußern, sondern nennen vielmehr den entsprechenden Sachverhalt (vgl. 477 f., 494 f.). Vgl.
auch Hua Mat V, 152, 158 f.
 Namen mit unbestimmtem Artikel nennt Husserl gelegentlich auch „universelle“, „vielwer­
tige“ oder „vielumfangende“ Namen, vgl. 53 f.
10 Diese Funktion von Namen betont Husserl auch in seiner Kritik an Mills Konzeption von
Eigennamen in der I. Untersuchung (vgl. 64 f.)
Die Bedeutung objektivierender Akte 173

Blick auf einen bestimmten Baum zu lenken vermag. Auch der Ausdruck
„ein Baum“ leistet dies nach Husserl, denn er veranlasst uns dazu, an die
Art Baum zu denken (vgl. Hua XXVI, 68). In dieser Ausrichtung unserer
Aufmerksamkeit, aufgrund deren der nominale Akt sozusagen „auf eige­
nen Füßen“ steht, besteht auch die „Abgeschlossenheit“ bzw. „Vollstän­
digkeit“ von der oben die Rede ist. Die Einstrahligkeit bedeutet ferner, das
nominale Akte auf ihren Gegenstand unmittelbar und direkt, sozusagen
„mit einem Schlag“ bezogen sind, ohne dass dafür weitere Akte vollzogen
werden müssten – wie dies paradigmatisch bei Urteilen der Fall ist. Die
Intentionalität nominaler Akte muss sich nicht erst „aufbauen“, was aller­
dings nicht ausschließt, dass manche Namen, z. B. Kennzeichnungen, eine
interne Komplexität haben können (vgl. § 35).
Der bereits kurz erwähnte kategoriale Aspekt von Namen (vgl. Fn. 5)
drückt sich dabei in der Rolle nominaler Akte aus, eine Prädikation vorzu­
bereiten. Obgleich mir Jones in der nicht-ausgedrückten Wahrnehmung
inhaltlich („stofflich“) genauso erscheint, wie in der nominal ausgedrückten,
konstituiert sich der „Jones“ genannte Gegenstand „mit einer neuen Form
[…] (sozusagen mit dem charakteristischen Kostüm seiner Rolle), die sich
im angemessenen Ausdruck durch die nominale Ausdrucksform“ (687)
bekundet.
Durch diese Umschreibungen wird auch klarer, wieso Husserl plurale
Ausdrücke wie „Romeo und Julia“ als Namen nicht zulässt; denn wenn
man einen solchen Ausdruck versteht, ist man nicht auf einen attentional
bevorzugten Gegenstand gerichtet, sondern eben auf zwei: Romeo, Julia
– sofern man „Romeo und Julia“ nicht als Eigennamen von Shakespeares
Drama versteht. Nach Husserl liegt einem solchen pluralen Term eine
gewisse konjunktive Synthesis zugrunde, welche die beiden Figuren aller­
dings nicht in einem „Griff“ erfasst (vgl. 481, 501 ff.; Hua XXVI, 67 f.).11
Allerdings besteht hier die Möglichkeit der „Nominalisierung“, durch die
aus einem pluralen Ausdruck ein Name gemacht werden kann, im Beispiel
etwa „das Paar Romeo und Julia“. Da sich aber die Ausdrücke „Romeo und
Julia“ und „das Paar Romeo und Julia“ bedeutungsmäßig unterscheiden,
handelt es sich wegen (i) bei ersterem Ausdruck nicht um einen Namen.
An diesem Beispiel erkennt man auch, wieso beide Kriterien, (i) und (ii),
erforderlich sind: Denn nach Husserl fungiert der Ausdruck „Romeo und
Julia“ in dem Satz „Romeo und Julia sind aus Verona“ durchaus als Subjekt

11 Zur Frage, ob Ausdrücken wie „Romeo und Julia“ besonderen Gegenstandstypen entspre­
chen, vgl. die VI. Untersuchung , § 31, und Künne 2007, 56 f. Ausführlich werden Kollektio­
nen im Beitrag von Dieter Lohmar in diesem Band beschrieben.
174 Verena Mayer / Christopher Erhard

der Aussage, allerdings nicht als Name, da er keine „einstrahlige“ Gerich­


tetheit ausdrückt (vgl. 501).
Prima facie scheint Husserls Begriff von Namen zu liberal zu sein. Man
denke etwa an einen synkategorematischen Ausdruck wie „und“. Kann man
nicht sagen „Und ist eine Partikel“? Ist „und“ also ein Name? Man sieht
jedoch rasch, dass (i) verletzt ist, denn in diesem Satz wird, mit Quine zu
reden, „und“ nicht verwendet, sondern erwähnt, d. h. es hat eine Bedeu­
tungsverschiebung stattgefunden (vgl. 329 ff.). Es ist ja eigentlich gemeint
„Das Wort ‚und‘ ist eine Partikel“.12

11.3. 2. 2. Setzende vs. nicht-setzende Namen


Im Anschluss daran macht Husserl eine Beobachtung, die für das Folgende
zentral ist, nämlich die, dass ein Name eine nominale Vorstellung unabhän­
gig davon ausdrücken kann, ob uns die bezeichnete Gegenständlichkeit als
existierend oder nicht existierend erscheint; er spricht dabei von setzenden
und nicht-setzenden Namen bzw. nominalen Akten. Verwendet jemand etwa
den Namen „der Präsident der USA“ in „wahrhaftiger Rede und in norma­
lem Sinne“ (482), so weiß die entsprechende Person, dass es diesen gibt;
anders ist die Lage bei dem Ausdruck „die Geliebte von Romeo“.
Folgenschwer ist diese Beobachtung aus einem textimmanenten und
einem sachlichen Grund: Immanent gesehen deshalb, weil dadurch die
Klasse der nominalen Akte in zwei disjunkte Bereiche zerfällt, deren
Unterschied qualitativer Natur ist, da weder Materie noch Empfindungen
bei setzenden bzw. nicht-setzenden Namen verändert werden. Damit kann
(FB*) aber nicht mehr in Aussicht stellen, dass die letztfundierenden Akte
ein und dieselbe Qualität haben.
Sachlich gesehen mutet Husserls Behauptung, ein nominaler Akt als
solcher sei setzend oder nicht-setzend, sonderbar an. Ist es nicht plausibler
anzunehmen, dass eine propositionale Einstellung (z. B. die Überzeugung,
dass … existiert) diese Rolle übernimmt?13
Doch zurück zum Argument. Angesichts der Spaltung der Namen in
setzende und nicht-setzende erwägt Husserl am Ende von § 34 die Möglich­
keit, ob sich deren Verhältnis nicht in Analogie zu Brenatanos These aus
dem dritten Kapitel beschreiben lässt. M. a. W.: Ist es nicht vielleicht so,
dass setzende Namen in nicht-setzenden fundiert sind? Ist es insbesondere

12 Kritisch wäre hier zu fragen, welche Namen Husserl (prima facie) subjektlosen Sätzen wie
„Es regnet“ oder „Nichts existiert“ zuschreiben würde. An der These, dass jede „voll ausge­
sprochene Aussage mindestens einen Namen enthält“ (479), hält er jedenfalls fest.
13 Mehr dazu in Abschnitt 11.5.1.
Die Bedeutung objektivierender Akte 175

nicht denkbar, dass es Existenzurteile sind, welche sich auf nicht-setzenden


Namen aufbauen?
Diese Fragen nimmt Husserl nun zum Anlass, um in den §§ 35–36
grundsätzliche Überlegungen zum Verhältnis zwischen Namen und Urtei­
len anzustellen. Impliziert der setzende Vollzug eines nominalen Aktes,
dass man auch urteilt, dass die jeweilige Gegenständlichkeit existiert? Folgt
daraus insbesondere, dass sich setzende Namen als Urteile analysieren
lassen? Husserl verneint beides:
„Nach diesen Ausführungen dürfen wir also ganz allgemein behaup­
ten, daß zwischen Namen und Aussagen Unterschiede bestehen, die
das bedeutungsmäßige Wesen angehen oder die auf ‚Vorstellungen‘
und ‚Urteilen‘ als wesenverschiedenen Akten beruhen.“ (488 f.)
„Niemals kann eine Aussage als Name oder kann ein Name als
Aussage fungieren, ohne seine wesentliche Natur zu ändern, d. h.
ohne Änderung seines bedeutungsmäßigen Wesens […].“ (494)
Husserl schließt aus all dem, dass es zwei qualitativ verschiedene Arten von
nominalen Akten gibt, nämlich setzende und nicht-setzende (vgl. 483).14
Darüber hinaus erweitert er diesen Unterschied auf propositionale Akte,
d. h. solche, welche durch Aussagen ausgedrückt werden.
Die Lösung des Problems der qualitativen Einheitlichkeit der Gattung
der letztfundierenden Akte ergibt sich erst in Kapitel 5, wo Husserl die
Gattung der objektivierenden Akte definiert, die umfassend genug sein soll,
Akte mit unterschiedlichem setzenden Charakter zu respektieren.
Aber wie sehen Husserls Argumente für die These aus, dass zwischen
Nennen und Urteilen wesentliche Unterschiede bestehen?

11.3. 2. 3. Nennen vs. Sagen


Man könnte meinen, die Sache dadurch zu klären, dass setzende Namen
stets attributiv ergänzt werden könnten, ohne ihren Sinn zu verändern, etwa
indem man statt „der Präsident der USA“ sagt „der gegenwärtig amtierende
Präsident der USA“ oder „der wirklich existierende Präsident der USA“.
Aber selbst dann, so Husserl, ist nicht ausgesagt, dass der Präsident der USA

14 Man beachte, dass sich der Begriff der Aktqualität nun im Vergleich zu seiner Einführung
in den §§ 20 ff. der V. Untersuchung verändert; denn jetzt bezeichnet die Qualität nicht mehr
in erster Linie die Art eines Aktes (z. B. Wahrnehmung, Urteil, Furcht etc.), sondern vielmehr
dasjenige Moment von Akten, das später doxischer bzw. thetischer Charakter heißt (vgl. Ideen I,
§§ 103–117, 129). Vgl. dazu die Schemata bei Stepanians 1998, 234; Tavuzzi 1982, 51; Heuer
1989, 35, 39.
176 Verena Mayer / Christopher Erhard

existiert: „Nennen ist dem Sinne nach auch hier nicht identisch mit Aussagen.“
(482) Die Setzung soll allein durch „dasjenige Moment des Aktes vollzogen
[sein], das im bestimmten Artikel ausgedrückt ist“ (482). Diese Beschreibung
aus § 34 wird durch die Argumente aus § 35 wesentlich ergänzt.
Dort richtet sich Husserls Argument zunächst gegen die These, die Bezug­
nahme auf Einzeldinge durch Kennzeichnungen15 sei immer und notwendig
von Urteilen („determinativen Prädikationen“) begleitet, die das Subjekt
simultan vollziehe.16 Er geht von folgenden Ausdrücken aus:
(i) „der soeben vorfahrende Minister“
(ii) „der Minister – er fährt soeben vor“
(iii) „der Minister, welcher soeben vorfährt“
(iv) „der Minister“
(v) „der – es ist ein Minister“
(vi) „der – er existiert – er ist ein Minister“
Offenbar ist es nicht unplausibel, (i) als (ii) oder (iii) zu paraphrasieren; in
diesem Fall ist es denkbar, dass die durch die Parenthese bzw. den Rela­
tivsatz ausgedrückten determinativen Prädikationen „in gewisser Weise
subjektivisch fungieren können“ (486). Aber auch dann erschöpft sich die
nominale Bezugnahme nicht in einer solcher Prädikation, da Letztere
nur einen „Teil des Subjektnamens“ (486) betrifft. Wollte man auch die
deskriptiv einfachere Kennzeichnung der Minister entsprechend wegana­
lysieren, stößt man auf unüberwindbare Schwierigkeiten, genauer: auf
einen Regress. Der Übergang von (iv) zu (v) und von (v) zu (vi) deutet
das an: Würde man „der“ in (v) weiter analysieren, müsste man etwa (vi)
formulieren; in (vi) kommt aber immer noch der „volle Name“ der vor,
„und so kämen wir auf einen unendlichen Regress“ (486).
Es ist nach Husserl also nicht möglich, jeden setzenden Subjektausdruck
als einen durch „determinative Prädikationen“ ergänzten Namen zu verste­
hen. Namen lassen sich nicht durch Kennzeichnungen weganalysieren.17
Übertragen auf die ausgedrückten Akte bedeutet dieser „grammatische“
Befund, dass nicht alle intentionalen Zustände propositionaler Natur sind.18

15 Husserl spricht von „attributiven Namen“ (486) und von „den Namen bereichernde Attribu­
tion[en]“ (487).
16 Diese These ist eine schwächere Form der oben erwähnten Behauptung, dass Nennen eigent­
lich Urteilen sei.
17 Vgl. Mohanty 1969, 97 ff.
18 Stärker: offenbar impliziert nach Husserl auch nicht jeder nicht-propositionale Akt einen
propositionalen. Dies gilt z. B. für einstrahlige Wahrnehmungen von Einzeldingen. Solche
Die Bedeutung objektivierender Akte 177

Husserls Argument weist allerdings eine problematische Prämisse auf,


denn es wird angenommen, der „volle Name“ der enthalte eine „Existenz­
setzung“. Aber wie kann ein Name bzw. der Akt des Nennens als solcher
Existenz setzen? Normalerweise verwenden wir einen Namen und glau­
ben dabei, dass die genannte Sache existiert. Aber das ist eine Art Hinter­
grundüberzeugung des Sprechens und keine Auszeichnung des zugehö­
rigen nominalen Aktes.19 Sein Argument ist insofern richtig, als es zeigt,
dass Nennen und Urteilen qua Aktvollzüge wesentlich verschieden sind:
Rufe ich aus „Jones!“, während ich hinter ihm hergehe, so urteile ich nicht
„Jones existiert“.

11.3. 2. 4. Abhängigkeiten zwischen Namen und Sätzen


Aber wie genau verhalten sich nun nach Husserl Ausdrücke wie (i), (ii) und
(iii) zueinander? Ist es nicht klar, dass man einen nominalen Akt der Form (i)
nur dann vollziehen kann, wenn man auch Akte der Form (ii) und (iii) und die
darin enthaltenen Urteile vollziehen kann? Sind Urteile also nicht doch primär
gegenüber Namen? Husserl trägt diesen Intuitionen durchaus Rechnung:
„Es ist unzweifelhaft, daß ein großer Teil der Namen, darunter alle
attributiven Namen, unmittelbar oder mittelbar aus ‚Urteilen‘ ent­
springen.“ (486)
„Im Wesen der attributiven Vorstellung liegt also phänomenolo­
gisch eine gewisse Mittelbarkeit, der die Rede vom Entspringen,
Abgeleitetsein, andererseits vom Zurückweisen Ausdruck gibt.“
(488)
Nach Husserl handelt es sich hierbei um „idealgesetzliche Zusammen­
hänge“, um „Wesensverhältnis[se]“, die gleichwohl Implikationen für empi­
risch-genetische Zusammenhänge haben. So sind beispielsweise deskriptive
Kennzeichnungen wie (i) hinsichtlich ihrer Erfüllung auf Urteile der Art
„der Minister fährt soeben vor“ angewiesen, d. h. im Fällen eines solchen
Urteils aufgrund von aktueller Wahrnehmung erfüllt sich die Intention,
die mit (i) ausgedrückt wird. Es ist widersinnig anzunehmen, man könne (i)
vollziehen, ohne prinzipiell das zugehörige Urteil fällen zu können.

Fragen werden heutzutage kontrovers diskutiert; vgl. z. B. Tugendhat 1976, 6. Vorlesung;
Crane 2001, Kap. I und IV.
19 Vgl. dazu treffend Rollinger 2003, 140: „To be sure, the person who applies the names in
question may know that the named objects exist, but it certainly does not follow from this that
the objects are posited in or by the act of naming.“
178 Verena Mayer / Christopher Erhard

Dies sind Zusammenhänge, die in den intentionalen Implikationen der


jeweiligen Akte gründen.20 In Erfahrung und Urteil und in den Cartesiani­
schen Meditationen wird Husserl später solche Verweisungszusammenhänge
im Rahmen des noetisch-noematischen Horizontes von Akten ausbuchsta­
bieren, der Bezüge auf vergangene und zukünftige Erlebnisse enthält.
Allerdings dürfen diese Abhängigkeiten nicht damit verwechselt werden,
dass auch „attributive Namen“ weder Urteile sind noch notwendigerweise
aktuelle Urteilsvollzüge enthalten: Der Ursprung der Geltung solcher
Namen darf nicht mit dem Nennen selbst vermengt werden. Das gilt a
fortiori für einfache nominale Akte, wie z. B. Eigennnamen oder „wesent­
lich okkasionelle Ausdrücke“, die nach Husserl keine Rückverweise auf
ausweisende Urteile enthalten (vgl. 85 ff., 552 ff., 657 ff.).21

11.3. 2. 5. Nominalisierung von Sätzen


Schließlich weist Husserl in § 36 nach, dass selbst dann, wenn Aussagen an
der Subjektstelle von Sätzen stehen, der Unterschied zwischen nominalen
und propositionalen Akten nicht aufgehoben wird. Es geht hier darum,
dass – unter gewissen Bedingungen – „Aussagen als ganze Namen fungie­
ren können“ (490). Betrachten wir dazu Husserls Beispiele:
(A) Regen ist eingetreten.
(B) Dass Regen eingetreten ist, ist erfreulich (oder: Die Tatsache/der
Umstand/dies, dass Regen eingetreten ist, ist erfreulich.)
(C) Regen ist eingetreten; das ist erfreulich.
Die in (A) ausgedrückte Tatsache lässt sich nach Husserl auf verschiedene
Weise bezeichnen, z. B. durch Ausdrücke wie „dies“ oder „diese Tatsache“,
aber auch durch Ereignissätze wie „das Eintreten des Regens“. Dies nimmt
Husserl als Indiz dafür, dass Aussagen wie „Regen ist eingetreten“ aufgrund
einer semantischen Operation als Namen fungieren können. Dabei verwan­
delt sich die Materie der Akte von einer propositionalen in eine nominale.
So ist man aufgrund von (B) in einem nominalen Akt auf den Sachverhalt
Regen ist eingetreten intentional bezogen; sagt man nur „Regen ist einge­
treten“ (A), so ist man zwar auf denselben Sachverhalt bezogen, aller­

20 Husserl vergleicht diese Zusammenhänge mit Konstruktionen aus Arithmetik und Geometrie,
etwa mit dem „Zurückverweisen“ eines Fünfecks auf ein Viereck oder der Zahl 5 auf die Zahl 1.
21 Husserl erwähnt jedoch auch hier gewisse „geltungslogische Hinsicht[en]“ (489), die ein
rationales Subjekt gewissermaßen zwingen, „nicht anheben [zu] könne[n] mit dies S, ohne
damit ‚potentiell‘ zuzugestehen, dass es S gebe“ (489). Man könnte das als pragmatische Impli­
kation bezeichnen.
Die Bedeutung objektivierender Akte 179

dings in einem propositionalen Akt: Während man in (A) ein Urteil durch
„Verknüpfung“ zweier Vorstellungen (Regen, Eingetretensein) vollzieht,
setzt man den Eintritt des Regens in Akten wie (B) oder (C), urteilt aber
nicht mehr im eigentlichen Sinne.22 Das soll nach Husserl insbesondere aus
(C) hervorgehen, denn das anaphorische das folgt zeitlich nach dem Vollzug
des Urteils „Regen ist eingetreten.“23 Ähnliches gilt bei der Bezugnahme auf
fremde Rede, etwa wenn jemand sagt: „‚Die Mehrwertssteuer wird erhöht‘;
das hat Angela Merkel angekündigt.“ Wie in § 35 weist Husserl auch hier
auf „idealgesetzliche Zusammenhänge“ hin:
„Danach kommt dieser Sachverhalt im Urteil ‚ursprünglicher‘ zum
Bewußtsein; die in einem Strahl auf ihn gerichtete Intention [(B),
(C)] setzt die mehrstrahlige [(A)] voraus und weist in ihrem eigenen
Sinne auf sie zurück. Apriori gründet aber in jeder mehrstrahligen
Bewußtseinsweise die Möglichkeit […], in die einstrahlige über­
führt zu werden, in welcher der Sachverhalt im prägnanten Sinne
‚gegenständlich‘ oder ‚vorgestellt‘ ist.“ (492)

11.4. Brentanos Satz und objektivierendene Akte


(§§ 37–43)
11.4. 1. Eine gemeinsame Gattung für setzende
und nicht-setzende Akte (§§ 37–38)

Worin besteht die Pointe von Husserls detaillierten Ausführungen zu


Namen und Aussagen? Es sollte nachgewiesen werden, dass die Eigen­
schaft, „einstrahlig“ zu sein, nominale Akte wesentlich von propositionalen
Akten unterscheidet. Damit tritt allerdings ein Unterschied in der Materie
zu Tage, der setzende und nicht-setzende Akte gleichermaßen betrifft.24

22 Dabei sind Sachverhalte kategoriale Gegenstände, die in höherstufigen kategorialen Akten


konstituiert werden. Vgl. dazu die I. (§ 12), V. (§§ 17, 28) und VI. Untersuchung (§§ 44 ff.).
Die Plausibilität von Husserls Überlegungen hängt somit auch davon ab, ob er gute Gründe
hat, Sachverhalte als eigene ontologische Kategorie anzunehmen. Insgesamt zu Sachverhalten
bei Husserl vgl. Süßbauer 1995, Teil 3 und 4.
23 Das anaphorische Demonstrativum soll dabei eine ostensive Dimension haben – Husserl
sagt, es weise „wie mit dem Finger“ auf den Sachverhalt hin (vgl. 492).
24 Die beiden Begriffspaare setzend – nicht-setzend und nominal – propositional (einstrahlig
– mehrstrahlig) lassen also vier mögliche Kombinationen zu (vgl. 501).
180 Verena Mayer / Christopher Erhard

Aber Husserl sucht immer noch nach einer einheitlichen Qualität von Akten,
die Brentanos Satz (FB) in nicht-äquivoker Weise erfüllen.
Um also die drohende Spaltung der letztfundierenden Akte in setzende
und nicht-setzende zu unterlaufen, führt Husserl in Kapitel 5 den Begriff
des objektivierenden Aktes ein, der die gesuchte einheitliche Gattung bezeich­
nen soll. Es gilt also, zu zeigen,
„daß in Ansehung der Qualitäten zwischen nominalen und propo­
sitionalen Akten Gattungsgemeinschaft besteht, und damit zugleich
werden wir zur Abgrenzung eines abermals neuen, gegenüber
dem zuletzt betrachteten weiteren und noch bedeutsameren Vor­­
stellungsbegriffes gelangen, durch welchen auch der Satz von der
Gründung jedes Aktes in Vorstellung eine neue und besonders wich­
tige Interpretation erfahren wird.“ (498)
Aber inwiefern können setzende und nicht-setzende nominale bzw. propo­
sitionale Akte zu ein und derselben Gattung gehören? Nach Husserl grün­
det diese Gattungsgemeinschaft in der Möglichkeit, jedem Element der Klasse
der objektivierenden Akte ein material identisches und ein qualitativ entgegenge-
setztes „Gegenstück“ innerhalb derselben Klasse zuordnen zu können (vgl. 505,
508). Anders ausgedrückt: Ist e ein Akt aus der Gattung G der objektivie­
renden Akte, so gibt es einen Akt e* aus G, der die gleiche Materie und den
gleichen repräsentierenden Inhalt wie e, jedoch entgegengesetzte setzende
Qualität hat.25 Diese komplexe Eigenschaft soll die objektivierenden Akte
eindeutig charakterisieren.
Wie ist das zu verstehen? Betrachten wir das Sehen eines Stuhles, ausge­
drückt durch „dieser Stuhl“. Der zugehörige nominale Akt ist im Normal­
fall ein setzender, d. h. der Stuhl erscheint mir als tatsächlich existierend;
aber das kann sich ändern, z. B. dann, wenn ich feststelle, dass sich seine
Farbe und Form immer dann ändert, wenn ich mich ihm – ceteris pari­
bus – nähere. Prinzipiell ist es nun denkbar, dass ich nicht sofort zu der
negativen setzenden Überzeugung gelange, dass der Stuhl in Wirklichkeit
nicht existiert. Vielleicht fange ich an, cartesisch zu reflektieren und nehme
überhaupt nicht mehr Stellung zur Frage nach dem Sein oder Nichtsein
des Stuhls. Der setzende nominale Akt hat sich verändert; nun liegt ein
nicht-setzender oder neutraler Akt vor, der immer noch dieselbe Materie
wie der unmodifizierte Akt hat. Beide sind einander so ähnlich, dass die
Zuordnung zu ein und derselben Gattung gerechtfertigt erscheint, denn

25 Unter „repräsentierenden Inhalten“ sind bei Wahrnehmungen die Empfindungen zu verste­


hen; vgl. dazu VI. Untersuchung, §§ 25–28, 53–58.
Die Bedeutung objektivierender Akte 181

ich habe immer noch eine sinnliche Anschauung von dem Stuhl als eines so
und so bestimmten. Ähnliches gilt für entsprechend modifizierte proposi­
tionale Akte.
Als Gegenbeispiel betrachte man etwa die Freude darüber, dass die Sonne
scheint, also einen Gefühlsakt (vgl. 401 ff.). Einer solchen Freude liegt die
setzende Überzeugung zugrunde, dass die Sonne tatsächlich scheint. Ange­
nommen, diese Überzeugung wird aufgrund von anderen Überzeugungen
oder Wahrnehmungen neutralisiert oder gar revidiert; dies hat zur Folge,
dass auch die Freude mit einem Schlag verschwindet. M. a. W.: nicht-
setzende Freude ist keine Freude mehr, während nicht-setzende Wahr­
nehmung immer noch Wahrnehmung – zumindest Anschauung – ist (vgl.
499 f.). Man fällt sozusagen also aus der Gattung der Gefühle (hier: der
Freude) heraus, sobald die Setzung aufgehoben ist.26

11.4. 2. Aktmodifikationen (§§ 39–40)

Bevor Husserl seine endgültige Version von Brentanos These formuliert,


werden verschiedene Arten der Modifikation eines Aktes eingeführt.27 Die
objektivierende Akte definierende Operation, jedem Akt ein qualitatives
Gegenstück zuordnen zu können, wird gegen die Möglichkeit abgegrenzt,
jedem Akt eine Vorstellung höherer Stufe zuzuordnen, die auf diesen Akt
reflexiv gerichtet ist (§ 41). In diesem Sinne wäre nämlich die objektivie­
rende Akte definierende komplexe Eigenschaft, eine „bloße Vorstellung“
als Pendant zu haben, trivialerweise erfüllt, da zu „jedem möglichen Akt
[…] eine auf ihn bezügliche Vorstellung [gehört], und diese kann ebenso­
wohl als setzende wie als nichtsetzende […] qualifiziert sein“ (505). Im
Gegensatz zu dieser „vorstellenden Objektivierung“ (506) ist die qualitative
Modifikation ausschließlich auf die Qualität bezogen, nicht-iterierbar und
nur auf Erlebnisse anwendbar – einen Stuhl man nicht „neutralisieren“.
Iterierte Anwendung der qualitativen Operation bedeutet dabei soviel wie
„Rückkehr“ zum ursprünglichen Akttyp (hebe ich die „Neutralisierung“
einer Stuhlwahrnehmung auf, gelange ich wieder zu setzenden Wahrneh­
mung).

26 Diese Beschreibung ist nicht ganz exakt, denn im obigen Beispiel ist normalerweise die
Neutralisation bzw. der Wegfall des Existenzglaubens mit einer anderen Gefühlsqualität verbun­
den, z. B. mit dem Gram darüber, dass die Sonne nicht scheint. Husserl könnte erwidern, dass
das nicht notwendig der Fall ist, dass also Gefühle nicht im gleichen Sinn wie Wahrnehmungen
bzw. Anschauungen invariant gegenüber qualitativer Modifikation sind.
27 Zur Bedeutung des Modifikationsbegriff beim frühen Husserl vgl. Stepanians 1998, Kap. 10.
182 Verena Mayer / Christopher Erhard

Qualitative Modifikationen gehören zusammen mit den „imaginativen“


zu den sog. konformen Modifikationen. Beide zeichnen sich dadurch aus,
dass sie die Materie eines Aktes unberührt lassen (vgl. 512). Während die
qualitative Modifikation allein eine Überführung von setzender in nicht-
setzende Qualität zur Folge hat, verändert sich der repräsentierende Inhalt
des Aktes (Empfindungen) aufgrund der imaginativen Modifikation – etwa
wenn man die Augen schließt und sich den gerade noch gesehenen Stuhl
vorstellt. Husserl hat ja bereits in § 21 festgestellt, dass Qualität und Mate­
rie einen Akt nicht vollständig individuieren (vgl. 433 ff.). Die materiale
Modifikation (objektivierender) Akte umfasst die Übergänge von nomi­
nalen bzw. einstrahligen zu propositionalen bzw. mehrstrahligen Akten.28

11.4. 3. Husserls Reinterpretation von Brentanos Satz (§§ 41–43)

Da Husserl glaubt, objektivierende Akte als eine qualitativ einheitliche


Gattung eindeutig bestimmt zu haben, kommt er schließlich zu der in
seinen Augen gültigen Version von (FB):
(FH) Jeder Akt ist entweder ein objektivierender Akt oder enthält einen
solchen als reellen Teil in sich.29
Welche Konsequenzen hat dieser Satz für die Struktur intentionaler Erleb­
nisse? Offenbar lässt sich folgern:
1. Objektivierende Akte sind die alleinigen Träger der Materie eines
Aktes, m. a. W.: nicht-objektivierende Aktqualitäten tragen nichts zur
Weise bei, wie uns Gegenstände inhaltlich erscheinen.
2. Der aus Kapitel 4 gewonnene Satz (FB*) Jeder Akt ist eine nominale Vorstel-
lung oder in einer solchen fundiert ergibt sich als eine wahre, aber „bloß […]
sekundäre Abzweigung“ (514) von (FH), da jeder objektivierende Akt seiner­
seits entweder ein einstrahliger (nominaler) oder aber ein mehrstrahliger
(propositionaler) ist, der durch einstrahlige (nominale) Akte aufgebaut wird.
Die Doppeldeutigkeit von „Vorstellung“ im Sinne von Materie und Quali­
tät eines Aktes kennzeichnet in gewisser Weise auch noch das Verhältnis
von (FH) und (FB*), denn in (FH) ist von der Fundierung aller Qualitäten
in objektivierenden die Rede, während (FB*) die basale Rolle von einstrah­

28 Die qualitative Modifikation in § 40 der V. Untersuchung ist ein Vorläufer der Neutralisati­
onsmodifikation aus den Ideen I (vgl. §§ 109–114), die ihrerseits in engem Zusammenhang mit
Husserls Epoché steht; vgl. Pietersma 1985.
29 Diese Version von (FH) kann als äquivalent zur obigen betrachtet werden.
Die Bedeutung objektivierender Akte 183

ligen Akten behauptet, womit ein materieller Unterschied hervorgehoben


wird (vgl. 519). Aber durch die neue Terminologie unterläuft Husserl die
Doppeldeutigkeit des ungeklärten Vorstellungsbegriffs.
3. Jeder zusammengesetzte Akt ist „eo ipso qualitativ komplex“ (515) und
fundiert in seinen Teilakten bzw. deren Materien bzw. Qualitäten, denn
zusammengesetzt zu sein bedeutet, aus mehreren Teilakten zu bestehen,
die ihrerseits verschiedene Qualitäten haben (können) (vgl. auch 416 ff.).
4. Jeder zusammengesetzte Akt ist letztlich in einfachen nominalen/
einstrahligen Akten fundiert.

11.4.4. Die Bedeutung objektivierender Akte

Worin besteht die Bedeutung von Husserls objektivierenden Akten?


Offenbar ist es so, dass die Intentionalität eines Erlebnisses wesentlich
auf objektivierenden Akten beruht. Intentionalität ist also in erster Linie
ein intrinsisches Merkmal objektivierender Akte. Damit wird die Intui­
tion präzisiert, derzufolge alle anderen Arten von Akten ihren Gegenstand
„zunächst“ einmal „vorstellen“ müssen, wodurch eine asymmetrische
Abhängigkeit zum Ausdruck kommt. Auf diese Weise tragen objektivie­
rende Akte dazu bei, die gattungsmäßige Einheit intentionaler Erlebnisse,
auf der Husserl schon früh insistiert (vgl. V. Untersuchung, §§ 10, 14), zu
vertiefen. Im Unterschied zu Brentanos Satz können objektivierende Akte
sowohl setzende als auch nicht-setzende („bloße“) Vorstellungen sein.
Das bedeutet jedoch nicht, dass nicht-objektivierende Qualitäten, wie
z. B. Gefühle, auf die ihnen zugrunde liegenden Objektivationen reduziert
werden. Hier bestehen irreduzible Unterschiede, wie Husserl bereits in
§ 15 der V. Untersuchung herausgestellt hat. Sich vor etwas zu fürchten
bedeutet beispielsweise nicht, zwei lose, lediglich assoziativ oder durch
Gleichzeitigkeit verbundene Akte des Fürchtens und Vorstellens zu voll­
ziehen. Vielmehr liegt hier eine typische Einheit der Fundierung vor,
aufgrund deren das Fürchten das Vorstellen zwar wesentlich voraussetzt,
man aber dennoch im Fürchten und nicht im „bloßen“ Vorstellen „lebt“.30
Dass ein solcher Gefühlsakt einen objektivierenden Akt als Teil enthält,
lässt sich erst durch Reflexion und „ideierende Abstraktion“ erkennen.
Trotz der Einheit der Fundierung vertritt Husserl in den Logischen Untersu-
chungen die These, dass nicht-objektivierende Akte nichts zur Konstitution

30 Einheiten der Fundierung spielen an verschiedenen Stellen bei Husserl eine zentrale Rolle.
Vgl. dazu den Beitrag von John Drummond in diesem Band.
184 Verena Mayer / Christopher Erhard

des intentionalen Gegenstands beitragen. Für eine „objektive“ Eigenschaft


wie die des „furchterregend-seins“ hat Husserl hier keinen Platz.31
Historisch betrachtet, schreibt sich Husserl selbstbewusst das Verdienst
zu, zum ersten Mal den Vorstellungsbegriff von all seinen verwirrenden
Mehrdeutigkeiten befreit zu haben (vgl. 520 ff.):
„Denn die gesamte Erkenntnistheorie krankt an dem Mangel einer
Analyse des Begriffs ‚Vorstellung‘, es fehlt ihr an der wesentlichen
Abgrenzung der Gattung Vorstellung im Sinne des objektivierenden
Aktes […].“ (Hua Mat III, 150)
Die entscheidende systematische Bedeutung der objektivierenden Akte besteht
allerdings darin, den Boden für die Erkenntnistheorie der VI. Untersuchung
zu bereiten. Denn dadurch, dass objektivierende Akte zu einer Aktklasse
zusammengefasst werden, die invariant gegenüber qualitativer und imagi­
nativer Modifikation ist, sind sie im besonderen Maße dazu geeignet, in
sog. identifizierende Synthesen einzugehen. Und solche Identifizierungen
stellen eine notwendige Bedingung für Erkenntnisakte dar, denn der para­
digmatische Fall einer Erkenntis besteht nach Husserl darin, eine Meinung
in eine Anschauung zu überführen, wobei beide, Meinung und Anschau­
ung, von ein und demselben (so und so bestimmten) Gegenstand handeln.
Auf diese Weise erweisen sich (setzende) objektivierende Akte als Akte, die
wahr oder falsch sein können, womit Husserl einem zentralen normativen
Merkmal der Intentionalität Rechnung trägt.32 Husserls Begriff des objek­
tivierenden Aktes stellt somit den ersten Schritt dar, die Wahrheitsfähigkeit
intentionaler Phänomene zu verstehen.

31 Es sei darauf hingewiesen, dass Husserl bereits in seinen Vorlesungen über Ethik und Wert-
lehre (Hua XXVIII, z. B. 332 ff., passim) und in den Ideen eine Auffassung vertritt, derzufolge
alle Akte – zumindest implizit – objektivierende sind. An der Fundierung aller Akte in objekti­
vierenden Akten des hier besprochenen Typs ändert sich allerdings nichts. Vgl. Ideen I, §§ 37,
95, 116–117; Ideen II, §§ 4, 7, 11. Siehe dazu Smith 1977 und Lorca 1999. Emphatisch vertritt
auch Sartre die These, dass jede Aktqualität zur Konstitution des intentionalen Gegenstands
beiträgt; vgl. Sartre 1994.
32 Vgl. z. B. McDowell 1994, xi f.: „To make sense of the idea of a mental state’s or episode’s
being directed towards the world […] we need to put the state or episode in a normative
context.“
Die Bedeutung objektivierender Akte 185

11.5. Ausblick
Es hat sich gezeigt, dass die Seitenwege, die Husserl im Verlauf der letzten
Kapitel der V. Untersuchung einschlägt – z. B. die Unterscheidung zwischen
Namen und Sätzen bzw. zwischen nominalen und propositionalen Akten –
auch für heutige analytische Diskussionen zahlreiche systematische Anknüp­
fungspunkte liefern. Husserls Kritik an Brentanos Satz kann somit nicht als
ein bloßes Lehrstück der Philosophiegeschichte betrachtet werden.

11.5. 1. Das Problem setzender Namen33

Abschließend sei auf die bereits problematisierte These Husserls hinge­


wiesen, es gebe setzende nominale Akte. Ein setzender nominaler Akt ist
Husserl zufolge unabhängig vom Vollzug eines propositionalen Akts
möglich.34 Gibt es somit bei Husserl eine Art Hume’schen belief, einen
vorprädikativen Existenzglauben? Folgt daraus insbesondere, dass intenti­
onale Erlebnisse als „vor-“ oder „außersprachliche“ interpretiert werden?
Tatsächlich lassen sich Husserls Aussagen zu Namen thesenartig wie
folgt zusammenfassen:
(i) Nominale Akte sind kategoriale Akte.
(ii) Jemand kann einen nominalen Akt nur dann vollziehen, wenn er
(prinzipiell) in der Lage ist, diesen als Teilakt eines propositio­
nalen Aktes zu vollziehen.
(iii) Nominale und propositionale Akte sind wesentlich verschiedene
Akte (bzgl. ihrer Materie).
(iv) Jemand kann einen nominalen Akt vollziehen, ohne zugleich einen
propositionalen zu vollziehen.
(v) Nominale Akte sind in allen propositionalen Akten als Teilakte
enthalten.
(vi) Nominale Akte sind eine echte Teilmenge der einstrahligen Akte.
Daraus ergibt sich, dass nominale Akte insofern pimäre Bausteine intenti­
onaler Erlebnisse sind, als sie konstitutive und unreduzierbare Teilakte von
propositionalen Akten darstellen: Kein Satz ohne Namen. Ihre Rolle als
Namen können nominale Akte allerdings erst in Verbindung mit proposi­
tionalen Akten ausüben: Kein Name ohne möglichen Satz.

33 Vgl. dazu auch Tugendhat 1970, 41 Fn. 47; 96 ff.


34 Das betont Husserl nachdrücklich in einer Vorlesung von 1902/03, vgl. Hua Mat II, 95–102.
186 Verena Mayer / Christopher Erhard

Diese Deutung wird auch durch folgende Stellen bestätigt:


„In der Wahrnehmung gibt sich uns ein Gegenstand als leibhaft
daseiender. Wir nennen ihn einen gegenwärtig seienden, sofern wir
auf Grund dieser Wahrnehmung das Urteil fällen, daß er ist.“ (461)
Ähnlich heißt es in den Vorlesungen über Bedeutungslehre (1908):
„Wie, wenn es eine nominale Vorstellung gäbe, die in keinen gültigen
propositionalen Identitätsakt einfügbar wäre? Könnte dann noch die
Rede davon sein, daß diese Vorstellung etwas vorstellt, daß sie einen
vorgestellten, genannten Gegenstand hat?“ (Hua XXVI, 62)
„Wie immer ein Gegenstand sich außerkategorial konstituieren
mag (was natürlich nur eine Möglichkeit für sinnliche Gegenstände
ist), Gegenstand-worüber ist er nur innerhalb eines kategorialen
Bewußtseins als nominal vorgestellter und im Urteilsbewußtsein als
nominal gesetzter.“ (Hua XXVI, 94)
In diesem Sinne versteht Husserl nominale Akte also nicht als „vor-“ oder
„außersprachliche“.
Nichtsdestoweniger impliziert die These (vi), dass es einstrahlige Akte
gibt, z. B. Dingwahrnehmungen, für die all das nicht gilt. Ein- bzw. Mehr­
strahligkeit ist nach Husserl keine sprachabhängige Eigenschaft von Akten,
obgleich er sich im vierten und fünften Kapitel der V. Untersuchung am
sprachlichen Ausdruck von nominalen Akten, den paradigmatischen Reprä­
sentanten einstrahliger Akte, orientiert. Sprachlich artikulierten Akten
kommt dabei ein methodischer, aber kein explanatorischer Vorrang zu. Dies
ist so lange unproblematisch, bis man sich zu der (fragwürdigen) Ansicht
durchgerungen hat, jede Form intentionaler Gerichtetheit sei notwendig
auf Sprache angewiesen.
Allerdings bleibt es an dieser Stelle der Logischen Untersuchungen eine
offene Frage, wie eine einstrahlige Wahrnehmung unabhängig von einem
„Urteilsbewußtsein“ setzend sein kann, zumal Husserl solche Wahrneh­
mungen zweifelsohne auch Tieren und Kleinkindern zuschreiben würde.35
Eine Antwort lässt sich vermutlich in der VI. Untersuchung finden, denn hier
werden objektivierende Akte nicht mehr in Isolation, sondern in Erfüllungs­
zusammenhängen betrachtet. Für setzende Akte ist dabei eine Erfüllung in
stimmigen Synthesen der Identifikation charakteristisch, und offenbar ist
diese Art der Erfüllung auf auch sub-propositionaler Ebene möglich.36

35 In Ideen I ist sogar von „tierische[n] Ichsubjekte[n]“ (Hua III/1, 73) die Rede.
36 Vgl. VI. Untersuchung, 1. Abschnitt und den Beitrag von Rudolf Bernet in diesem Band.
Die Bedeutung objektivierender Akte 187

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12
Rudolf Bernet

Intention und Erfüllung, Evidenz


und Wahrheit
(VI. Logische Untersuchung,
§§ 1–39, 67–70)

12.1. Einleitung: Der Begriff der Erkenntnis


Der „Erste Abschnitt“ der VI. Untersuchung ist einer ausführlichen
Bestimmung von „Erkenntnis“ und „Wahrheit“ gewidmet, und er kann
somit füglich als der zentrale Teil der „Elemente einer phänomenolo-
gischen Aufklärung der Erkenntnis“ im zweiten Band des Werkes bezeich-
net werden. Akte des Erkennens beziehen sich nach Husserl auf einen
anschaulich gegebenen Gegenstand, und sie unterscheiden sich von bloßen
(d. h. unanschaulichen) Denkakten oder Urteilen durch ihren Charakter
der Evidenz (§ 37). Die Erfüllung des Wahrheitsanspruchs eines Urteils
ergibt sich somit letztlich immer aus der evidenten Selbstgegebenheit der
intentional vermeinten Sache und nie allein aus der logischen Kohärenz des
Denkens oder aus der sprachlichen Korrektheit des Aussagens. Daraus zieht
Husserl die Folgerung, dass auch die Akte einer sinnlichen Wahrnehmung
Erkenntnisakte mit einem eingelösten Wahrheitsanspruch sein können.
Als paradigmatischer Fall wahrer Erkenntnis gilt der VI. Untersuchung
jedoch weiterhin ein Denken oder Urteilen, dessen ideale Bedeutung mit
der anschaulichen Gegebenheit des gemeinten Sachverhalts vollständig
übereinstimmt. Die nähere Bestimmung dieser Übereinstimmung unter
dem Titel „Evidenz und Wahrheit“ im 5. Kapitel der VI. Untersuchung
setzt nicht nur die Analyse des Unterschieds zwischen leeren und anschau-
lichen intentionalen Akten sowie des sie beide einheitlich umspannenden
Erfüllungsbewusstseins in den vorangehenden Kapiteln voraus, sondern

 Alle Paragraphen in Klammern beziehen sich auf die VI. Untersuchung, die Seitenangaben
auf Hua XIX.
190 Rudolf Bernet

auch die Ergebnisse der Analyse des Wesens von intentionalen Akten über-
haupt (V. Untersuchung ) sowie des Zusammenhangs von Bedeutung und
Ausdruck (I. Untersuchung ).
Von Erkenntnis und Wahrheitsanspruch kann nach Husserl aber nur
bei „objektivierenden“ Akten die Rede sein, d. h. bei solchen intentio-
nalen Akten oder Aussagen, die sich auf eine Sache beziehen und die deren
inhaltliche Bestimmungen oder deren Sein (als Existenz oder Geltung)
auf Grund einer wirklichen und anschaulichen Erfahrung von ihr setzen
bzw. behaupten (§§ 1–3, 38). Auch ein Wunschsatz ist zwar eine Aussage
über einen erwünschten Sachverhalt, aber er behauptet nicht, dass dieser
Sachverhalt besteht oder dass das Erwünschte wirklich existiert, und er
enthält somit weder eine sachliche Erkenntnis noch eine Wahrheitsprä-
tention (§ 69). Ähnliches gilt auch für den sprachlichen Ausdruck eines
Fragens oder eines Zweifelns, der zwar „passend“ bzw. „wahrhaftig“ sein
kann, der aber in Ermangelung der Affirmation des fraglichen oder zwei-
felhaften Sachverhalts keinen Anspruch auf Erkenntnis und Wahrheit
macht (§ 68). Aus dem Umstand, dass der Ausdruck eines Wunsches, einer
Frage oder eines Zweifels dennoch bedeutungsvoll bleibt, ergibt sich für
Husserl die wichtige Einsicht, „daß nicht jedes Bedeuten ein Erkennen
einschließt“ (§ 67). Von einem Erkennen bzw. von einem Wahrheitsan-
spruch kann bei nichtobjektivierenden Akten nur dann die Rede sein, wenn
nicht über ihren Gegenstand, sondern über den wirklichen Vollzug dieser
Akte geurteilt wird (§§ 2, 70). Wenn ich sage: „Ich wünsche, dass …“, so
beinhaltet diese Aussage ein erkennendes Nennen meines Wünschens. Es
handelt sich dabei also um eine Art von Wahrnehmungsurteil, genauer
um eine Aussage, welche der inneren Wahrnehmung von einem Akt des
Wün­schens, Fragens, Zweifelns usw. Ausdruck verleiht (§ 2). Ein solches
„Urteilen über diese [nichtobjektivierenden] Erlebnisse“ (547) unterschei-
det sich bezüglich seines Erkenntnisanspruchs nicht von einem Urteilen
über einen objektivierenden Akt (z. B. einem Urteilen über ein Urteilen,
vgl. § 19). Der Unterschied zwischen diesen beiden Urteilen liegt einzig
darin, dass jedes Urteil (als objektivierende Setzung eines Sachverhaltes)
einen ursprünglichen Wahrheitsanspruch impliziert, während einem nicht-
objektivierenden Akt des Wünschens usw. erst durch das ihn vergegen-
ständlichende (bzw. „nominalisierende“) Urteil eine Erkenntnisprätention
zuwächst. Soweit das Ergebnis der §§ 67–70, in denen Husserl am Ende
seiner ausführlichen Erwägung der Auffassungen von Aristoteles, Bolzano
und Sigwart über das Wesen der nichtobjektivierenden Akte schließlich an
seiner Auffassung festhält, dass einzig objektivierende Akte als Akte mit
einem möglichen Anspruch auf Erkenntnis und Wahrheit gelten können.
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 191

Urteile als Ausdrücke einer objektivierenden Bedeutungsintention impli-


zieren jedoch nicht notwendigerweise eine wirkliche Erkenntnis des geur-
teilten Sachverhalts, und ob das der Fall ist oder nicht, ist ihnen auch nicht
anzusehen. Ein auf einer einsichtigen Erfahrung des Sachverhalts beru-
hendes Urteil und ein leeres Behaupten eines Sachverhalts sind sprachlich
ununterscheidbar (§ 1). Wir machen oftmals bedeutungsvolle Aussagen
oder verstehen die Bedeutung der von Anderen gemachten Aussagen, ohne
dass damit eine Erkenntnis des geurteilten Sachverhalts verbunden wäre.
Diese Beobachtung führt Husserl dazu, das Kriterium für das Vorhan-
densein einer Erkenntnis außerhalb der sprachlichen Aussage zu suchen,
nämlich in der erfahrungsmäßigen Einsicht in das Bestehen des ausgesagten
Sachverhalts bzw. in seiner anschaulichen Selbstgegebenheit. So wird
verständlich, warum das „Wahrnehmungsurteil“, d. h. ein auf der Wahr-
nehmung eines selbstgegebenen Sachverhalts beruhendes Urteil, Husserl
als Vorbild für alle sprachlich vermittelten Erkenntnisakte dient (§§ 4–5).
In einem solchen Wahrnehmungsurteil kommen die behauptende Bedeu-
tungsintention des Urteilens und die Wahrnehmung des in ihm gesetzten
Sachverhalts zur Deckung. Nach diesem Modell werden von Husserl alle
Erkenntnisakte als Akte verstandenen, in denen eine Identität zwischen
dem Gegenstand einer objektivierenden Intention und dem Gegenstand
einer Anschauung, d. h. eine Synthesis der anschaulichen Erfüllung herge-
stellt wird: „Die Reden von Erkenntnis des Gegenstandes und Erfüllung
der Bedeutungsintention drücken […] dieselbe Sachlage aus.“ (567) Eine
Erkenntnis bezieht sich also stets auf einen intentionalen Gegenstand, der
dann und nur dann erkannt wird, wenn er so, wie er vermeint bzw. ausge-
sagt wird, zugleich auch wirklich anschaulich selbstgegeben ist.

12.2. Intention und Erfüllung


Von einer Erkenntnis kann also erst dann die Rede sein, wenn über einen
Gegenstand oder Sachverhalt nicht bloß etwas aus- oder nachgesagt bzw.
„berichtet“ (reported) wird, sondern wenn die ausgesagte Tatsache zugleich
anschaulich eingebracht bzw. „gebucht“ (registered) wird (Sokolowski
1974, 32–42). Intention und Anschauung als die beiden Momente einer
erkenntnismäßigen Synthesis der Erfüllung sind oftmals keine gleichzei-
tig vollzogenen Akte, so dass ein Sachverhalt also „vorerst“ leer vermeint
bzw. ausgesagt werden kann, um dann „nachher“ mit seiner anschaulichen
Selbstgegebenheit zur Deckung gebracht zu werden. Husserl nennt dies
eine „dynamische Einheit zwischen Ausdruck und ausgedrückter Anschau-
192 Rudolf Bernet

ung“ (566). Die Dynamik dieses Erfüllungsverhältnisses beruht darauf, dass


die den sprachlichen Ausdruck belebende „Bedeutungsintention“ nicht nur
„zunächst […] für sich gegeben“ ist (567), sondern dass sie auch als leere
oder unerfüllte nach ihrem Gegenstand „gleichsam begehrend langt“ (605).
Die Bedeutungsintention zielt nicht nur auf den intentionalen Gegenstand,
sondern sie „[zielt ab]“ (566) auf ihre Erfüllung durch dessen anschauliche
Gegebenheit, wohl wissend um ihr „Manko“ (608), d. h. darum, dass sie
mit Bezug auf das sie belebende Erkenntnisinteresse eine noch „unbefrie-
digte Bedeutungsintention“ ist (567). Die Bedeutungsintention ist nicht
bloß unanschaulich oder „leer“, sondern „der Fülle bedürftig“ (607). Ihre
leere Vermeinung des Sachverhalts enthält zugleich eine Tendenz auf
anschauliche Erfüllung. Die Herstellung einer Synthesis der Erfüllung ist
somit nicht eine Verbindung von vordem bezugslosen Teilen, sondern sie
beruht auf einem „Übergangserlebnis“, in dem „die Zusammengehörigkeit
[…] der Bedeutungsintention und der ihr mehr oder minder vollkommen
entsprechenden Anschauung […] deutlich hervor [tritt]“ (566).
Dieses Übergangserlebnis ist der eigentliche synthetische Akt eines dyna-
mischen Erfüllungsbewusstseins, in dem die Identität von leer vermein-
tem Gegenstand und anschaulich gegebenem Gegenstand nicht etwa bloß
nachträglich und von außen künstlich erzeugt wird, sondern in dem die
beiden Gegenstände sich als übereinstimmend zeigen. Die „Dynamik“ des
synthetischen Erfüllungsbewusstseins wird getragen von einem Begehren,
das auf die „Annährung an ein Erkenntnisziel“, nämlich an die Wahrheit als
Übereinstimmung von gemeinter und anschaulich gegebener Sache abzielt
(584; vgl. Bernet 2003). Im Übergangsbewusstsein zur „Befriedigung“
dieses Begehrens erweist sich nicht nur die Angewiesenheit der Vermei-
nung auf die Anschauung, sondern auch, umgekehrt, der Anschauung auf
die Vermeinung. Damit wird auch deutlich, dass eine Anschauung, für sich
genommen, noch kein Akt der Erkenntnis sein kann, sondern erst dann
eine Erkenntnis impliziert, wenn sie eine zugehörige (mehr oder weniger)
leere Intention erfüllt. Aber auch die leere Intention löst sich keineswegs
in der sie erfüllenden Anschauung auf, sondern sie bleibt trotz ihrer Modi-
fikation von einer beliebigen oder „freien“ zu einer anschaulich „gebun-
denen“ bzw. „realisierten“ Bedeutungsintention erhalten (§ 9).
Dies bestätigt auch die geläufigste Form einer Synthesis der Erfüllung,
nämlich die „statische Einheit zwischen ausdrückendem Gedanken und
ausgedrückter Anschauung“ (§ 6). Eine statische Synthesis der Erfüllung
unterscheidet sich von einer dynamischen Synthesis der Erfüllung vor allem
dadurch, dass die Intention und die sie erfüllende Anschauung gleichzeitig
und nicht nacheinander vollzogen werden. Die „statische“ Synthesis der
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 193

Erfüllung nimmt mit anderen Worten das „bleibende Ergebnis“ einer „dyna-
mischen“ Erfüllungseinheit dadurch vorweg (567), dass sie den anschaulich
gegebenen Gegenstand unmittelbar „als“ (559, 568 f.) den in der Aussage-
bedeutung gemeinten erkennt. Als Modell einer solchen Rekognition des
angeschauten Gegenstandes „durch seinen Begriff“ (567) dient Husserl
das „Wahrnehmungsurteil“, in dem ein wahrgenommener Gegenstand in
der Aussage unmittelbar als das, was er ist, genannt wird, z. B. als „mein
Tintenfaß“ (558). Freilich handelt es sich dabei nur dann um ein Erken-
nen, wenn der genannte Gegenstand auch wirklich gleichzeitig anschaulich
gegeben ist (§ 7). Ein solches „Erkennen“ des wahrgenommenen Gegen-
standes in einem „Akte der Klassifikation“ assoziiert also „nicht Wort und
Tintenfass“, sondern bringt die Akte eines sinnlichen Wahrnehmens und
eines sprachlichen Nennens desselben Gegenstandes zu einer erfüllungs-
mäßigen Einheit (559). Auch die Analyse der statischen Erfüllungssynthese
bestätigt somit, dass weder bloß aussagendes Nennen noch bloßes Wahr-
nehmen eines Gegenstandes als ein Erkennen gelten kann, sondern allein
das Nennen eines Gegenstandes bei seiner gleichzeitigen Wahrnehmung
bzw. allein das Wahrnehmen eines Gegenstandes bei seiner gleichzeitigen
begrifflich bestimmenden Nennung. Als mit einem allgemeinen (also auch
auf andere individuelle Gegenstände anwendbaren) Namen bezeichneter
bleibt der gegenwärtig präsente Wahrnehmungsgegenstand aber auch in
dieser Erfüllungseinheit noch auf den Horizont seiner möglichen Abwe-
senheit bezogen. Sokolowski (1974) bemerkt also zu Recht, dass in allem
Erkennen eines Gegenstandes ein Wechselspiel von Anwesenheit und
Abwesenheit zum Schwingen kommt.
Die Bewahrung einer Dimension der Abwesenheit inmitten eines
synthetischen Erlebnisses anschaulicher Erfüllung ist besonders deutlich
im Normalfall des Erkennens, wo eine leere Intention durch eine entspre-
chende Anschauung des Gegenstandes nur partiell erfüllt wird, d. h. wo
mehr gemeint oder gesagt wird, als was anschaulich gegeben ist. Gegen
ein solches „[H]inausmeinen“ (574) der Erkenntnis über den Bestand
der eigentlichen anschaulichen Gegebenheit ist letztlich nur das bloße
Nennen eines gleichzeitig wahrgenommenen Gegenstandes gefeit (wobei
die Erkenntnis allerdings noch immer eine unwahre sein könnte, nämlich
wenn das Wahrgenommene irrtümlich mit einem falschen Namen bezeich-
net wird). Sobald man aber übergeht zu prädikativen Aussagen insbeson-
dere über komplizierte Sachverhalte, sagt man meistens mehr, als was man
auf Grund von eigener Anschauung wirklich weiß. Ganz unvermeidlich
ist ein solches Hinausmeinen jedoch im Falle der äußeren Wahrnehmung,
die ja immer das ganze Ding meint, obwohl nie alle seine Seiten gleich-
194 Rudolf Bernet

zeitig anschaulich selbstgegeben sein können (§ 10). Dieser allen äußeren


Wahrnehmungen eigene „Überschuss“ der Intention über die Anschauung
hinaus ist auch der Grund, warum Husserl das Modell der anschaulichen
Erfüllung einer (nennenden oder prädizierenden) Bedeutungsintention
dann auf die phänomenologische Bestimmung vorsprachlicher, sinnlicher
Erfahrungen übertragen kann (§§ 10, 14–15, 21–23, 25–26, 29).
Jeder Akt einer äußeren Wahrnehmung ist „ein Gewebe von Partialin-
tentionen“ (574), von denen nur einige anschaulich erfüllt sind, die meisten
jedoch bloß leere Vermeinungen des wahrgenommenen Gegenstandes
bleiben. Im „Fluß“ (590) der kontinuierlichen Wahrnehmung eines Gegen-
standes können diese leeren Vermeinungen dadurch anschaulich erfüllt
werden, dass neue Seiten des wahrgenommenen Gegenstandes zu anschau-
licher Selbstgegebenheit kommen. In diesem Fall ergeben sich „Steige-
rungsreihen der Erfüllung“ (§ 24), in denen der Wahrnehmungsgegenstand
darum immer besser erkannt wird, weil immer mehr von ihm anschaulich
gegeben ist. Verschiedene Wahrnehmungsakte bzw. verschiedene Phasen
im kontinuierlichen Fluss einer äußeren Wahrnehmung unterscheiden
sich also durch den Umfang ihrer anschaulichen „Fülle“ (§ 21) bzw. durch
den Reichtum ihres „intuitiven Gehalts“ (§ 22). Die Steigerungsreihen der
Erfüllung in der kontinuierlichen Wahrnehmung sind also verbunden mit
„Gradationen der Fülle“ (§ 23) und also auch mit Graden der Erkenntnis
des wahrgenommenen Gegenstandes bzw. mit Graden der „Evidenz“. Als
Maß eines solchen „Mehr oder Weniger“ an „perzeptivem Gehalt“, d. h.
eines unterschiedlichen „Gewichts“ von anschaulichen und leeren Parti-
alintentionen innerhalb einer äußeren Wahrnehmung, fungiert das Ideal
einer „Vollständigkeit“ der Selbstgegebenheit ihres Gegenstandes bzw.
einer maximalen „Annäherung“ der Wahrnehmung an die Sache selbst
(§ 23). Da eine adäquate Wahrnehmung eines räumlichen Dinges jedoch
prinzipiell ausgeschlossen ist, handelt sich bei „der adäquaten Selbstdar-
stellung des Erkenntnisobjekts“ in diesem Falle um „eine ideale Grenze“
(598) bzw. um ein unerreichbares Ideal, das einem unendlichen Fortschritt
in der Erkenntnis von einem wahrgenommenen Ding als Regel dient (vgl.
Bernet 1978). Dieser Fortschritt der Erkenntnis mittels einer erfüllungs-
mäßigen Näherbestimmung und einer immer vollständigeren Selbstgege-
benheit des Gegenstandes wird aber dadurch gefährdet, dass der Prozess
der Erfüllung einer Partialintention möglicherweise mit dem Preis eines
Verlusts an anschaulicher Fülle („Entfüllung“, vgl. 616) bei einer anderen,
vordem aktuell erfüllten Partialintention bezahlt wird. Auch kann prinzipi-
ell nie ausgeschlossen werden, dass im Erfüllungsprozess ein „Widerstreit“
auftritt, d. h. dass eine Partialintention durch die anschauliche Gegeben-
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 195

heit des Gegenstandes „enttäuscht“ wird und dadurch zu dessen Neu- bzw.
Umbestimmung zwingt (§§ 11–12).
Unser Verständnis der dynamischen sowie der statischen Erfüllungsein-
heit bleibt jedoch lückenhaft, solange das Wesen einer auf den Gegenstand
gerichteten leeren Intention sowie das Wesen einer Anschauung vom Gegen-
stand nicht sowohl für die Aussagen als auch für die äußeren Wahrneh-
mungen näher bestimmt wird. Fest steht bisher nur, dass es sich bei der
Intention und bei der Anschauung um einen objektivierenden intentio-
nalen Akt handeln muss.
Zu einer Anschauung des Gegenstandes wird ein intentionaler Akt
dadurch, dass sein Gegenstand anschaulich gegeben ist bzw. dem inten-
tionalen Bewusstsein „erscheint“. Ein Wahrnehmungsakt unterscheidet
sich von einer leeren intentionalen Vermeinung eines Gegenstandes also
nicht durch sein „intentionales Wesen“, d. h. (nach der Lehre der V. Un-
tersuchung ) nicht durch seine „Materie“ und „Qualität“, sondern durch
seine „Fülle“ bzw., genauer, durch sein „erkenntnismäßiges Wesen“ (§ 28).
Diesem erkenntnismäßigen Wesen „gehören dann die drei Komponen-
ten Qualität, Materie und Fülle oder intuitiver Inhalt zu“ (626). Erst der
„intuitive Inhalt“ oder „intuitiv repräsentierende Inhalt“ macht aus einer
setzenden („Qualität“) und inhaltlich bestimmten („Materie“) Intention
eines Gegenstandes eine Wahrnehmung, d. h. eine Erfassung von dessen
anschaulicher Selbstgegebenheit. Im Falle der Wahrnehmung handelt es
sich bei diesem intuitiv repräsentierenden Inhalt um „Empfindungen“,
in denen sich der Gegenstand mit seinen inhaltlichen Bestimmungen im
Bewusstsein leibhaft „darstellt“ bzw. „abschattet“ (§ 22). So entspricht z. B.
der roten Farbe des wahrgenommenen Gegenstandes eine Rotempfindung
im wahrnehmenden Bewusstsein. Man darf diese Empfindungen von Rot
aber nicht als einen bloß äußerlichen Annex des intentionalen Wesens
des Wahrnehmungsaktes von einem roten Gegenstand verstehen. Für
sich genommen, fehlt den Empfindungen nämlich jeder Bezug auf einen
intentionalen Gegenstand. Erst durch ihre Einbeziehung in einen inten-
tionalen Akt gegenständlicher Vermeinung bzw. durch ihre intentionale
„Auffassung“ (609) werden Empfindungen zu anschaulichen „Abschat-
tungen“, d. h. zu Erscheinungen von einem selbstgegebenen Wahrneh-
mungsgegenstand. Nicht der intuitiv repräsentierende Empfindungsinhalt
allein, sondern erst die von Husserl „rein perzeptiver Gehalt“ (§ 14b)) oder
„intuitiver Gehalt“ (§ 22) genannte Einheit von „Fülle und intentionale[r]
Materie“ (§ 25) macht aus einem intentionalen Akt eine Wahrnehmung
und macht die Anschauung eines Gegenstandes zu einem intentionalen
Akt.
196 Rudolf Bernet

Verschiedene Arten von Anschauungen unterscheiden sich denn auch


nicht nur durch die Art der in ihnen aufgefassten Empfindungsdaten,
sondern auch durch deren „Auffassungsform“ bzw. „Auffassungssinn“ (622).
Dies wird besonders deutlich, wenn man den Akt einer Wahrnehmung mit
dem Bildbewusstsein vergleicht. Das Bildbewusstsein gilt Husserl zu Recht
als ein anschaulicher Akt, denn im Bild erschaue ich den darin abgebil-
deten Gegenstand. Anders als in einer Wahrnehmung ist dieser Gegen-
stand mir aber nicht selbstgegeben, sondern eben nur im Bild dargestellt.
Husserl versucht diesen Unterschied zwischen einer Wahrnehmung und
einem Bildbewusstsein (das in den Logischen Untersuchungen noch mit der
Phantasie identifiziert wird) durch die Verschiedenheit der darin aufge-
fassten „darstellenden oder intuitiv repräsentierenden Inhalte“ zu erklären
(§ 22). Dieser Lehre zufolge bezieht sich die wahrnehmende Auffassung
auf „Empfindungen“ als ihre „präsentierenden oder selbstdarstellenden“
intuitiven Inhalte, das Bildbewusstsein oder die „äußere Phantasie“ hinge-
gen auf „sinnliche Phantasmen“ als ihre „analogisierenden oder abbilden-
den“ intuitive Inhalte (609 f.). Der Unterschied zwischen einer Wahrneh-
mung und einem Bildbewusstsein wäre somit wesentlich begründet in der
Verschiedenheit der darin aufgefassten darstellenden Inhalte und bestände
letztlich darin, dass Empfindungen von Rot und die rote Farbe des wahr-
genommenen Gegenstandes „sachlich identisch“ bzw. inhaltlich „gleich“,
Phantasmen und Eigenschaften der abgebildeten Gegenstände hingegen
einander nur „ähnlich“ sind (vgl. § 14a) und 622 f.).
Diese Erklärung des Unterschieds zwischen Wahrnehmung und Bild-
bewusstsein bedürfte aber nicht nur einer näheren phänomenologischen
Aufklärung der Wesensverschiedenheit von „Empfindungen“ und „Phan-
tasmen“, sie streitet auch mit der Beobachtung, dass Bilder mit dem darin
abgebildeten Original bis zur Ununterscheidbarkeit „sachlich identisch“
sein können. Husserl selbst erwähnt auch Beispiele, in denen „das Zeichen
[…] dem Bezeichneten ähnlich […], ja vollkommen ähnlich“ ist (587; vgl.
auch 606 das Beispiel der Landkarte.). Wenn er dennoch daran festhält,
dass wir eine (abbildende) „Photographie des Zeichens A“ und „A als
Zeichen für das Zeichen A“ von einander unterscheiden können, dass wir
also im Falle eines Zeichens von einem Zeichen das „A trotz bildmäßiger
Ähnlichkeit nicht als Bild, sondern eben als Zeichen fassen“ (587), so kann
das nur an der Auffassungsform und nicht am aufgefassten Inhalt liegen.
Dieser Vorrang des „Auffassungssinnes“ bestätigt sich besonders deutlich
am Beispiel einer äußeren Wahrnehmung, in welcher derselbe Empfin-
dungskomplex einerseits im Sinne einer wahrnehmungsmäßigen Selbstge-
gebenheit der sichtbaren Teile und andererseits als eine bloß zeichenhafte
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 197

Vertretung für „weitere, nicht zu eigentlicher Darstellung kommende Teile


oder Seiten des Gegenstandes“ aufgefasst wird (609):
„Wir müssen also den rein signitiven und rein intuitiven Reprä­
sentanten die gemischten beiordnen, welche zugleich signitiv und
intuitiv repräsentieren, und zwar in Beziehung auf dasselbe intenti-
onale Wesen.“ (620)
Dem letzten Zitat ist auch bereits zu entnehmen, dass Husserl die anschau-
lich unerfüllten bzw. leeren Partialintentionen innerhalb eines Aktes äuße-
rer Wahrnehmung in den Logischen Untersuchungen noch als „signitive“
Intentionen versteht. Wir tun aber gut daran, uns in der Bestimmung des
Wesens von Leerintentionen vorerst an den Fall der leeren Bedeutungsin-
tentionen von Aussagen zu halten, bei denen eine vermittelnde Funktion
von Zeichen unmittelbar einleuchtet. Husserl schreibt:
„Die Bedeutung kann sozusagen nicht in der Luft hängen, aber für
das, was sie bedeutet, ist das Zeichen, dessen Bedeutung wir sie nen-
nen, völlig gleichgültig.“ (622)
Ein Akt des Bedeutens (und somit wohl auch des Denkens), der einen Sach-
verhalt unanschaulich bezeichnet sowie inhaltlich-begrifflich bestimmt,
kommt somit nicht ohne jede anschauliche „Stütze“ aus (619). Auch ein
leeres Bedeuten eines Gegenstandes bedarf also noch „einer fundieren-
den Anschauung“, die aber in diesem Fall nicht den bedeuteten Gegen-
stand betrifft, sondern die bloße „Anschauung des Zeichens“, das ihn
vertritt (619): „[D]iese signitiven Intentionen haben jeweils einen intui-
tiven Anhalt, nämlich am Sinnlichen des Ausdrucks, aber sie haben darum
nicht einen intuitiven Inhalt.“ (586) Während der „intuitive Inhalt“ eines
anschaulichen intentionalen Aktes, wie wir gesehen haben, dem darin
zur Darstellung kommenden Gegenstand entweder (in einer Wahrneh-
mung) „gleich“ oder (in einer bildlichen Vorstellung) „ähnlich“ ist, hat die
Anschauung des Zeichens als „intuitiver Anhalt“ der Bedeutungsintention
„mit dem Gegenstand des signifikativen Aktes ‚nichts zu tun‘“ (619; vgl.
auch 622 f.) Die anschauliche Gegebenheit eines Zeichens bzw. sprach-
lichen Ausdrucks ist für das leere Vermeinen eines Sachverhalts ebenso wie
für ein uneinsichtiges Verstehen der ausgedrückten Bedeutung zwar unver-
zichtbar, aber zugleich (wegen der „Gleichgültigkeit“ bzw. Willkürlichkeit
oder Konventionalität des Zeichens) ohne jeden Erkenntniswert.
Im Gegensatz zum leeren Bedeuten eines Sachverhalts bedürfen die
„signitiven“, auf die unsichtbaren Seiten des Dinges gerichteten Partialin-
tentionen eines Wahrnehmungsaktes (§§ 15, 23) deswegen keines äußer-
198 Rudolf Bernet

lichen „intuitiven Anhalts“, weil sie an den durch die intuitiven Partialin-
tentionen derselben Wahrnehmung zu anschaulicher Selbstgegebenheit
kommenden Seiten des Gegenstandes bereits genügend „Stütze“ haben. In
einer äußeren Wahrnehmung fungiert nämlich „derselbe Inhalt im Sinne
derselben Materie einmal in der Weise des intuitiven das andere Mal in
der eines signitiven Repräsentanten“ (623). Man muss also unterscheiden
zwischen Leerintentionen, die für sich (aber nicht ohne die Anschauung
eines sprachlichen Zeichens) bestehen können, und Leerintentionen, die
schon immer mit anschaulichen Intentionen verknüpft sind. Letztere sind
leere Partialintentionen einer Wahrnehmung oder eines Bildbewusstseins,
erstere sind leere Bedeutungsintentionen, in denen nichts vom vermein-
ten Sachverhalt anschaulich gegeben ist. Der Unterschied zwischen diesen
beiden Arten von Leerintentionen ist so groß, dass man sich die Frage stel-
len muss, ob es sich denn wirklich in beiden Fällen um die selbe Form der
Leere handelt. Dieser Frage ist Husserl in seinen, zu Lebzeiten unveröf-
fentlicht gebliebenen „Entwürfen zu einer Umarbeitung der VI. Unter-
suchung “ (vgl. Hua XX/1, 85–98) auch selbst nachgegangen. Das bemer-
kenswerteste Resultat dieser erneuten Besinnung über das Wesen der
Leerintentionen war dann die Abstandnahme von der Bezeichnung der
wahrnehmungsmäßigen Leerintentionen als „signitive“ oder „signifikative“
Intentionen. Aber Husserl war bereits in seiner „Dingvorlesung“ von 1907
(Hua XVI) zur Überzeugung gelangt, dass das leere „Hinausmeinen“ der
Wahrnehmung über die anschaulich gegebenen Seiten eines Gegenstandes
nicht als ein Zeichenbewusstsein verstanden werden kann. Was innerhalb
der Wahrnehmung nur leer vermeint ist, wird zugleich als Gegenstand
einer möglichen Wahrnehmung antizipiert, und zwischen dem tatsäch-
lich Wahrgenommenen und dem Horizont des Wahrnehmbaren waltet
demnach keineswegs ein Verhältnis zeichenhafter Beliebigkeit.
Dieser Unterschied zwischen einer durch sprachliche Ausdruckszeichen
vermittelten bedeutungsmäßigen Leerintention einer Aussage und einer
wahrnehmungsmäßigen Leerintention erinnert uns auch an einen dritten,
oben schon eingeführten Begriff der Intention, nämlich an die Intention
als das in einer Mangelerfahrung begründete Streben nach anschaulicher
Erfüllung. Man kann davon ausgehen, dass eine partielle Wahrnehmung
eines Gegenstandes naturgemäß nach einer ergänzenden Wahrnehmung
strebt, in der sich ihre auf bloß „mitgemeint[e]“ (589) Seiten des Gegen-
standes bezogenen Leerintentionen anschaulich erfüllen würden. Ein
solches, auf die anschauliche Erfüllung einer bedeutungsvollen Behaup-
tung gerichtetes Erkenntnisinteresse kann auch dem Aussagen innewoh-
nen, muss es aber, wie wir alle wissen, leider nicht notwendig. Wenn dies
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 199

jedoch der Fall ist, d. h. wenn der Redende bestrebt ist, in der Anschauung
der Sachen selbst die Rechtfertigung für seine Behauptungen zu suchen, so
kann man mit Husserl davon ausgehen, dass das auf anschauliche Erfüllung
und auf eine mögliche Steigerung der Evidenz gerichtete Erkenntnisinte-
resse dem Reden und dem Wahrnehmen gleichermaßen eigen ist. Aber es
bleibt doch der Unterschied, dass leere Wahrnehmungsintentionen sich
nur in neuen Wahrnehmungen erfüllen können, während bei sprachlichen
Aussagen auch schon eine bildliche oder eine schematisch anschauliche
„Illustrierung“ (650) des behaupteten Sachverhalts der Erkenntnis förder-
lich sein kann – obwohl natürlich zu eigentlicher Erkenntnis die weitere
Erfüllung der Bildvorstellung durch eine Wahrnehmung erforderlich
bleibt (591). Auch ist zu beachten, dass kompliziertere Aussagen oftmals
nur mittelbar, d. h. in verschiedenen Erkenntnisschritten anschaulich
erfüllt bzw. einsichtig gemacht werden können (§ 18), während Wahrneh-
mungsurteile und leere Wahrnehmungsintentionen in der Regel unmittel-
bar zu anschaulicher Erfüllung gelangen.

12.3. Evidenz und Wahrheit


Erst im „Zweiten Abschnitt“ der VI. Untersuchung wird vollends deutlich,
dass die Wahrnehmungen, mit denen kategorial geformte Bedeutungs-
intentionen bzw. prädikative Aussagen anschaulich erfüllt werden, eine
komplexere Struktur haben als die Wahrnehmungsakte, welche sinnliche
leere Partialintentionen erfüllen. Wir haben auch schon darauf hingewie-
sen, dass die Leere im Falle von unerfüllten Wahrnehmungsintentionen
und von unanschaulichen, „signitiven“ Bedeutungsintentionen jeweils von
anderer Art ist. Es bleibt jedoch dabei, dass es sich sowohl bei Aussagen
als auch bei Wahrnehmungen um Intentionen und Anschauungen handelt,
die beide als objektivierende intentionale Akte verstanden werden müssen.
Das Erfüllungsbewusstsein, das die Akte der Intention und der Anschau-
ung synthetisch umspannt, hat allerdings bei prädikativen Aussagen und
bei sinnlichen Wahrnehmungen wiederum einen anderen Charakter.
Wahrnehmungen mit verschiedenem perzeptivem Gehalt verbinden sich
miteinander im Bewusstsein einer Erfüllungseinheit, welche die Form
einer „Identitätsverschmelzung“ hat (628). Es bedarf also in diesem Fall
nicht eines eigenen („fundierten“) Aktes der Synthesis, der die Identität
des in den beiden Wahrnehmungsakten mit einem verschiedenen Grad der
Anschaulichkeit zur Erscheinung kommenden Gegenstandes eigens fest-
stellt (§ 47). Im Falle einer wahrnehmungsmäßigen Erfüllungseinheit „ist
200 Rudolf Bernet

[…] Identifizierung vollzogen, aber keine Identität gemeint“ (679). Erst


bei der anschaulichen Erfüllung von Aussagen, in der die heterogenen
Akte eines (kategorial geformten) Behauptens und einer (ebenfalls kate-
gorial geformten) Wahrnehmung miteinander in Bezug gesetzt werden,
ergibt sich die Notwendigkeit eines dritten („fundierten“) Aktes, welcher
die Identität des ausgesagten und des wahrgenommenen Sachverhalts zum
Gegenstand hat (§ 48). Es bleibt jedoch dabei, dass Akte der Erkenntnis
bzw. der Evidenz von Husserl sowohl bei den Wahrnehmungen als auch
bei den prädikativen Aussagen als ein (implizites oder explizites) Bewusst-
sein der Übereinstimmung zwischen der Vermeinung und der Anschauung
eines selben Gegenstandes bzw. Sachverhalts verstanden werden.
Der in der VI. Untersuchung entwickelte Begriff der „Evidenz“ geht
somit weit über die Ausführungen im ersten Band der Logischen Unter-
suchungen (vgl. Hua XVIII, 183–195) hinaus. Während da nur von der
„äquivalente[n] Umformung der logischen Sätze in Sätze über ideale
Bedingungen der Urteilsevidenz“ bzw. von einer nachträglichen „Umwen-
dung“ der idealen Geltung logischer Gesetze in Aussagen über die Evidenz
des Bedeutungsinhalts dieser Gesetze die Rede war, zeichnet Evidenz hier
jeden Akt anschaulicher Erkenntnis aus, also auch anschaulich erfüllte
Wahrnehmungsurteile und sogar das Erfüllungsbewusstsein bei vorsprach-
lichen Wahrnehmungen von sinnlichen Gegenständen. „Evidenz“ wird
damit gleichbedeutend mit „Erkenntnis“, d. h. mit dem Vollzug einer
Synthesis anschaulicher Erfüllung. Sie ist also auch kein bloßes Gefühl
(656), sondern sie impliziert die Einsicht in die Übereinstimmung einer
(bedeutungsmäßigen oder wahrnehmungsmäßigen) Leerintention mit
der anschaulichen Selbstgegebenheit des in ihr vermeinten intentionalen
Gegenstandes. Eine schlichte Intuition ohne gleichzeitige Erfüllung einer
Intention kann somit (abweichend vom natürlichen Sprachgebrauch) noch
nicht als ein Akt evidenter Einsicht bezeichnet werden. Andererseits zwingt
diese Angleichung der Evidenz an den Begriff der „Erkenntnis“ bzw. der
anschaulichen Erfüllung dann aber auch dazu, die Rede von „Graden“ bzw.
„Steigerungsreihen“ der Erfüllung auf die Akte der Evidenz auszudehnen:
„Von Graden und Stufen der Evidenz zu sprechen, gibt dann einen guten
Sinn.“ (651) Eine sich aus dem synthetischen Erlebnis anschaulicher Erfül-
lung ergebende Erkenntnis kann also mehr oder weniger evident sein.
Husserl unterscheidet deshalb genauer zwischen „Evidenz im laxen und
strengen Sinne“:
„Im laxeren Sinne sprechen wir von Evidenz, wo immer eine set-
zende Intention (zumal eine Behauptung) ihre Bestätigung durch
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 201

eine korrespondierende und vollangepasste Wahrnehmung […] fin-


det.“ (651)
Eine solche Evidenz ist insofern noch steigerungsfähig, als sie die anschau-
liche Bestätigung neuer Intentionen offen lässt, die denselben Gegenstand
näher bestimmen und damit die Kenntnis von ihm erweitern würden:
„Es kommen in dieser Hinsicht die Annäherungen der Wahr­
nehmung an die objektive Vollständigkeit ihrer gegenständlichen
Präsentation in Betracht, und weiter die Fortschritte zum letzten
Vollkommenheitsideal: dem der adäquaten Wahrnehmung, der
vollen Selbsterscheinung des Gegenstandes – soweit er irgend in
der zu erfüllenden Intention gemeint war.“ (651)
Der strenge Begriff der Evidenz orientiert sich hingegen am Ideal einer
vollständigen und somit nicht mehr steigerungsfähigen Erkenntnis des
Gegenstandes, in der nichts von ihm unerkannt bliebe. Evidenz im stren-
gen Sinne kennzeichnet eine adäquate Erkenntnis, in welcher Erkenntnis
und Gegenstand in einer vollkommenen Deckungseinheit miteinander
verschmelzen würden:
„Der erkenntniskritisch prägnante Sinn von Evidenz betrifft aber
ausschließlich dieses letzte, unüberschreitbare Ziel, den Akt dieser
vollkommensten Erfüllungssynthesis, welcher der Intention, z. B.
der Urteilsintention, die absolute Inhaltsfülle, die des Gegenstandes
selbst, gibt.“ (651; vgl. auch § 37.)
Diese Bestimmung der „strengen“ Evidenz als adäquate Erkenntnis bzw.
Erfüllung ist jedoch keineswegs unproblematisch. Wir haben schon darauf
hingewiesen, dass sie im Falle einer Dingwahrnehmung ein unrealisier-
bares Ideal darstellt. Aus den obigen Zitaten geht auch deutlich hervor,
dass Husserl es unterlässt, zwischen der adäquaten Erfüllung einer „zu
erfüllenden Intention“ der Wahrnehmung und der adäquaten Erfüllung
einer „Urteilsintention“ einen deutlichen Unterschied zu machen. Es gibt
zwar zweifellos Urteile über apriorische Sachverhalte, die eine adäquate
anschauliche Erfüllung zulassen. Aber für Wahrnehmungsurteile gilt
dasselbe wie für die darin zum Ausdruck kommenden äußeren Wahrneh-
mungen, denn es ist zweifellos unrealistisch, zu fordern, dass sie alles, was
über den wahrgenommenen Gegenstand gesagt werden kann, auch zu
sagen – und zwar anschaulich erfüllt zu sagen – vermögen.
Ersterer Einwand findet bereits in der VI. Untersuchung Beachtung.
Husserl weist da nämlich ausdrücklich darauf hin, dass der Fluss einer
202 Rudolf Bernet

äußeren Wahrnehmung ihren Gegenstand zwar „vollständig“, d. h. nach


allen Seiten wahrzunehmen vermag, dass es sich dabei aber deswegen
nicht um eine „reine Anschauung“ des Gegenstandes handeln kann, weil
dessen vollständige Gegebenheit eine Reihe von kontinuierlichen Wahr-
nehmungen erfordert, deren jede wiederum mit Leerintentionen bzw. „mit
signitiven Repräsentanten vermengt“ ist (629). Die Evidenz einer Ding-
wahrnehmung kann somit nie mehr sein als eine Evidenz „im laxen Sinne“,
d. h. keine Evidenz im Sinne „der letzten Erfüllung (der Adäquation an die
‚Sache selbst‘)“ (648). Husserl lässt sich dann allerdings dazu verleiten, aus
dieser Unerreichbarkeit einer „letzten“, „endgültigen“, „abschließenden“
Erfüllung einer Dingwahrnehmung, in der „[r]epräsentierender und reprä-
sentierter Inhalt […] identisch eines“ wären (647), den Schluss zu ziehen,
dass in Ermangelung dieser Identität Wahrnehmung und Ding einander
immer bloß ähnlich sind, obzwar nicht ähnlich im Sinne des Verhältnisses
von Bild und Abgebildeten (647). Es ist nun aber nicht nur terminologisch
missverständlich, eine partielle Identität von Wahrnehmung und Ding eine
„Ähnlichkeit“ zu nennen, sondern es kommt bei dieser Redensart auch die
unzulässige Ansicht zum Ausdruck, dass die Idee einer totalen Identität
im Falle einer äußeren Wahrnehmung überhaupt Sinn macht (Tugendhat
1967, 75 f.). Erst mit der Bestimmung des Begriffs des „Dinges an sich“ als
eine „Idee im Kantischen Sinne“ gelingt Husserl in den Ideen I schließlich
eine befriedigende Lösung dieser Schwierigkeit (vgl. Bernet 1978). Auch
auf unseren zweiten Einwand, der die Möglichkeit eines adäquaten Wahr-
nehmungsurteils in Frage stellte, die Möglichkeit also, alles über einen
wahrgenommenen Gegenstand zu sagen, was darüber gesagt werden kann,
finden die Logischen Untersuchungen noch keine befriedigende Antwort.
Wenn nun aber die Evidenz als Erlebnis von Wahrheit bestimmt wird
( 652), und wenn es Grade der Evidenz gibt, so drängt sich die Frage auf,
ob man dann auch von Graden der Wahrheit sprechen darf. Kann eine
Aussage mehr oder weniger wahr sein, und gibt es neben einer absoluten
Wahrheit auch noch relative Wahrheiten? Das Schreckgespenst des Rela-
tivismus, das Husserl in den Logischen Untersuchungen nie ganz losgelassen
hat, tut auch hier seine Wirkung: Was wahr ist, ist nach Husserl abso-
lut wahr, und einzig die Evidenz „im strengen Sinne“ kann somit als ein
Bewusstsein von Wahrheit gelten:
„Die Evidenz selbst ist […] der Akt jener vollkommensten
Deckungssynthesis, […] ihr objektives Korrelat heißt Sein im Sinne
der Wahrheit oder auch Wahrheit.“ (651)
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 203

Die Evidenz „im laxen Sinne“, welche den äußeren Wahrnehmungen


und den sie zu sprachlichem Ausdruck bringenden Wahrnehmungsurtei-
len eigen ist, hat somit nach Husserl zwar Anspruch auf Erkenntnis, aber
eigentlich nicht auf „Wahrheit“. Da es sich bei solchen, unvollkommenen
Erkenntnissen aber keineswegs um falsche Erkenntnisse handelt, hätte es
Husserl durchaus offen gestanden, dafür den Begriff einer „unvollstän-
digen Wahrheit“ zu prägen.
„Wahrheit“ und „Evidenz“ („im strengen Sinne“) gelten Husserl als
absolut äquivalente Begriffe. Damit ist auch gesagt, dass er weder der (idea-
listischen) Auffassung anhängt, derzufolge das Erlebnis der Evidenz Wahr-
heit schöpferisch frei erschaffen würde, noch der (realistischen) Auffassung,
derzufolge es eine Wahrheit an sich gäbe, unabhängig von jeder Evidenz.
Die Freiheit eines Aktes der Evidenz wird eingeschränkt durch die Gege-
benheitsweise der Sache, und wahr ist eine Sache nur dann, wenn sie die
(ideale!) Möglichkeit einer evidenten Einsichtnahme gewährleistet. Nur wo
eine Behauptung sich in der Gegebenheit der Sache selbst bestätigt, und
nur wo eine gegebene Sache mit einer sie betreffenden Behauptung über-
einstimmt, kann von „Wahrheit“ die Rede sein. Diese strenge Äquivalenz
von „Evidenz“ und „Wahrheit“ schließt nun aber keineswegs aus, dass die
den beiden Begriffen zu Grunde liegende adäquate Synthesis der anschau-
lichen Erfüllung in verschiedenen phänomenologischen Hinsichten anvi-
siert werden kann. Husserls unterscheidet denn auch vier verschiedene,
komplementäre Wahrheitsbegriffe (§ 39).
In den ersten beiden Wahrheitsbegriffen wird die adäquate Überein-
stimmung von Intention und erfüllender anschaulicher Gegebenheit des
Gegenstandes ins Auge gefasst und zwar zuerst in noematischer und dann
in noetischer Hinsicht:
„1. […] so ist die Wahrheit […] die volle Übereinstimmung zwi-
schen Gemeintem und Gegebenem als solchem. […] 2. Ein anderer
Begriff von Wahrheit betrifft das ideale Verhältnis, welches in der
[…] Deckungseinheit zwischen den erkenntnismäßigen Wesen der
sich deckenden Akte obwaltet.“ (651 f.)
Wahr ist demnach eine Behauptung dann, wenn sie den Ausweis ihrer
Berechtigung unter der Form einer gleichzeitigen anschaulichen Gege-
benheit ihres Gegenstandes in sich trägt. Wahrheit ist dieser Auffassung
gemäß also nicht einfach vorhanden, sondern sie wird vom Erkenntnis-
subjekt auf Grund der anschaulichen Gegebenheit der Sache selbst und
mittels des Vollzugs der Synthesis einer adäquaten Erfüllung „hergestellt“
(Mertens 1996, 197). In dieser Erfüllungssynthese kommen zwei Akte und
204 Rudolf Bernet

ihre gegenständlichen Korrelate zur Deckung. Husserls 3. und 4. Wahr-


heitsbegriff orientiert sich dagegen weniger an der Herstellung einer Rela-
tion, als an ihrem Resultat, nämlich der Übereinstimmung der Relata, und
zwar wiederum zuerst in noematischer und dann in noetischer Hinsicht:
„3. Wir erleben ferner auf Seite des Fülle gebenden Aktes […]
den gegebenen Gegenstand in der Weise des gemeinten: […] als
ideale Fülle für eine Intention, als wahrmachender […]. 4. Endlich
vom Standpunkt der Intention ergibt die Auffassung des Evidenz­
verhältnisses die Wahrheit als Richtigkeit der Intention […].“ (652)
Im 3. Wahrheitsbegriff wird die Erfüllungseinheit von Vermeinung und
anschaulicher Gegebenheit vom Gegenstand her und zwar genauer vom
erfüllenden („wahrmachenden“) Gegenstand her bestimmt, im 4. Wahr-
heitsbegriff dagegen von der Intention her, insofern diese ein ausgewie-
senes Recht hat auf ihre Weise der Setzung eines Gegenstandes.
Bei diesen beiden letzten Bedeutungen des Wahrheitsbegriffs ist Wahr-
heit also nicht mehr etwas, das man herstellen oder erreichen will, sondern
eine Seinsweise, die einem Gegenstand oder einer Intention zukommt.
Lassen die beiden ersten Wahrheitsbegriffe mit ihrer Betonung einer
subjektiven Leistung der „Übereinstimmung“ bzw. der „Adäquation“ es
noch zu, von einem Erkenntnisinteresse im Sinne einer Annäherung an die
Wahrheit zu sprechen, so wird die adäquate Wahrheit in den beiden letz-
ten Wahrheitsbegriffen als eine Gegebenheit verstanden. Allerdings ist in
den beiden letzten Fällen die Erfülltheit als anschauliche Bestätigung einer
subjektiven Vermeinung und als anschaulich-vollständige Selbstgegeben-
heit der vermeinten Sache nicht einerlei. Denn Rechthaben und einer Sache
gerecht werden sind zweierlei: Die Berechtigung („Richtigkeit“) einer
Behauptung über eine Sache schließt nämlich nicht aus, dass die anschau-
liche Selbstgegebenheit der Sache mehr ergibt, als was über sie behauptet
war. Der 3. Wahrheitsbegriff impliziert im Gegensatz zum 4. (Wahrheit
als Bestätigung oder Falsifizierung einer Behauptung) somit durchaus die
Möglichkeit einer Steigerung der Wahrheit im Sinne einer größeren Fülle
bzw. Vollständigkeit der Gegebenheit der „wahrmachenden“ Sache.
Es genügt also nicht, mit Husserl von vier verschiedenen, gleichberech-
tigten Hinsichten auf die adäquate Synthesis der Erfüllung zu sprechen.
Die vier Wahrheitsbegriffe unterscheiden sich nämlich wesentlich nicht
nur durch den Anteil des Erkenntnissubjekts oder durch die Möglichkeit
einer Steigerung der Erkenntnis, sondern auch durch die mit ihnen verbun-
denen metaphysischen und erkenntnistheoretischen Voraussetzungen über
das Verhältnis von Bewusstsein und Welt. Auch lässt sich nicht jeder von
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 205

Husserls vier Wahrheitsbegriffen gleichermaßen zwanglos sowohl auf


Aussagen als auch auf Wahrnehmungen anwenden. Wenn die vorausset-
zungslose anschauliche Gegebenheit der Sachen selbst das Schlüsselwort
aller phänomenologischen Analyse ist, so kommt dem 3. Wahrheitsbegriff,
nämlich der Gegebenheit eines sich von sich selbst her offenbarenden und
damit jede auf ihn bezogene Vermeinung wahrmachenden Gegenstandes
sicher ein Vorrang zu (Tugendhat 1967, 94 f.).

12.4. Ausblick
Die in der VI. Untersuchung entwickelte Konzeption von erfüllungsmä-
ßiger Evidenz und Wahrheit blieb nicht ohne Widerspruch, und sie ist auch
nicht Husserls letztes Wort. Wir haben bereits darauf hingewiesen, dass die
Anwendung des Ideals einer adäquaten Wahrheit auf Wahrnehmungen und
Wahrnehmungsurteile auch nach Husserls eigener, späterer Einsicht revi-
sionsbedürftig ist. Zudem geht das in der VI. Untersuchung propagierte
Ideal der Vollständigkeit einer anschaulichen Erfassung der Selbstgege-
benheit eines Gegenstandes auch auf Kosten einer angemessenen Würdi-
gung von Erkenntnisfortschritten, welche nicht auf Anschauung beruhen.
Neben der Übereinstimmung von Intention und Anschauung ergibt sich
nämlich auch die Möglichkeit, einen Gegenstand dadurch besser kennen
zu lernen, dass man bereits in der leeren Vermeinung dessen Komponenten
deutlich von einander unterscheidet (§ 17). Zu einem eigentlichen Fort-
schritt der Erkenntnis kommt es jedoch erst dann, wenn die kategoriale
Gliederung der intentionalen Vermeinung und der Anschauung Hand in
Hand geht. Diese Form eines zugleich auf Gliederung und auf Anschau-
lichkeit beruhenden Erkenntnisfortschritts wird von Husserl erst im
„Zweiten Abschnitt“ der VI. Untersuchung genauer untersucht, und dies
ist wohl auch der Grund dafür, dass sie bei der Bestimmung von „Evidenz“
und „Wahrheit“ am Ende des „Ersten Abschnitts“ unberücksichtigt bleibt.
Mit einer solchen, differenzierenden Artikulation der Vermeinung eines
anschaulich selbstgegebenen Gegenstandes kommt neben der Richtig-
keit, Vollständigkeit und Sachnähe der Intention bzw. neben der Fülle der
anschaulichen Gegebenheit des Sachverhalts ein neuer, ganz bedeutender
Aspekt der Erkenntnis zur Geltung, nämlich derjenige der „Klärung und
Erweiterung“ (Tugendhat 1967, 85). Der fortschreitenden begrifflichen
Differenzierung der Bestimmung einer anschaulich gegebenen Sache und
dem damit verbundenen Fortschritt der Erkenntnis sind von Seiten der
anschaulich selbstgegebenen Sachen keine natürlichen Grenzen gesetzt.
206 Rudolf Bernet

Solange man aber die Wahrheit mit Husserl von der Übereinstimmung der
Vermeinung mit der Sache selbst her versteht, muss man allerdings daran
festhalten, dass eine differenzierte Erkenntnis zwar deutlicher und besser
ist als eine undifferenzierte, aber nicht, dass sie deshalb auch als ‚wahrer‘
bezeichnet werden darf.
Bei den nicht phänomenologischen Denkern hat vor allem Husserls
Berufung auf die Anschauung bzw. auf den Vollzug eines synthetischen
Aktes der anschaulichen Erfüllung einer subjektiven Vermeinung zur
Bestimmung von Erkenntnis und Wahrheit Anstoß erregt. Die geläu-
figsten Vorwürfe lauten, dass Husserl damit dem „Mythos der Gegeben-
heit“ bzw. dem Kanon einer „Metaphysik der Anwesenheit“ zum Opfer
gefallen sei und dass er die Feststellung und Rechtfertigung von Wahr-
heit in die vorsprachliche Privatsphäre der Erlebnisse eines Einzelsubjekts
verlegt habe (Bernet 2003). Der erste Einwand lässt sich mühelos durch
die Erinnerung daran entkräften, dass Husserls vermeintlich „intuitionis-
tische“ Wahrheitslehre nie an eine unmittelbare Anschauung appelliert,
sondern immer an die (im Übrigen noch steigerungsfähige) Übereinstim-
mung zwischen der Anschauung und der Vermeinung desselben intentio-
nalen Gegenstandes. Ein Akt der Erkenntnis beschränkt sich nach Husserls
Lehre also nie auf die bloße Wahrnehmung der Selbstgegebenheit eines
Sachverhalts, sondern er wird wesentlich mitgeprägt durch die (mehr oder
weniger differenzierte) Vermeinung oder Behauptung seiner Seinsweise
sowie durch ein Erkenntnisinteresse, das in den meisten Fällen über die
explizite Selbstgegebenheit einer Sache „hinausmeint“. Schließlich trägt
Husserl auch den Fällen Rechnung, wo eine Anschauung, anstatt sich einer
subjektiven Vermeinung unterzuordnen und diese zu bestätigen, ihr viel-
mehr widerspricht und den Erkennenden zum Umdenken zwingt.
Dem zweiten Einwand kann mit dem Hinweis darauf begegnet werden,
dass ein Akt des Erkennens, von Husserl als ein Erlebnis gefasst, zwar
dem Bewusstsein eines Einzelsubjekts zugehört, dass aber die Geltung
von Wahrheit damit nicht vom faktischen Vollzug eines Aktes der Evidenz
durch ein empirisches Subjekt abhängig gemacht wird. Die Geltung einer
Wahrheit impliziert nicht mehr als die ideale Möglichkeit (die „Idee“)
eines sie erfassenden Evidenzerlebnisses (652). Zu jedem Evidenzerleb-
nis gehört auch die prinzipielle Möglichkeit seiner sprachlichen Mittei-
lung. Diese sprachliche Mitteilung der eigenen Evidenz kann zwar dem
Gesprächspartner die Mühe der Gewinnung einer eigenen Einsicht nie
abnehmen, aber es gehört im wissenschaftlichen Sprachgebrauch zu ihrer
Absicht, ihn dazu aufzufordern und die fremde Evidenz nicht unbesehen
einfach gelten zu lassen. Husserls ganzer Ansatz ist durch die Beobachtung
Intention und Erfüllung, Evidenz und Wahrheit 207

geprägt, dass auch begrifflich gut artikuliertes Sprechen allein noch keine
Erkenntnis verbürgt, sondern vielmehr oftmals zu einem bloßen, d. h.
leeren (Nach-)Reden verführt. Evidente Erkenntnis findet im prädikativen
Urteil zwar ihren prägnanten Ausdruck, aber sie gründet im Vollzug eines
Aktes anschaulicher Erfüllung. Als Maß der Erkenntnis von Wahrheit gilt
Husserl nämlich nicht die formale Beschaffenheit des sprachlichen Urteils,
sondern die anschauliche Gegebenheit der vermeinten Sache selbst. Erst
auf Grund je eigener Einsicht kann man sich im theoretischen Gespräch
über die Wahrheit einer Behauptung bzw. über die Wirklichkeit eines
Sachverhalts verständigen, der, im Gegensatz zur subjektiven Evidenz, aber
nicht einem einzelnen Bewusstsein zugehört, sondern allgemein verfüg-
bar ist. Die Unzugänglichkeit der Einsicht des Anderen schließt somit die
allgemeine Zugänglichkeit der von ihm einsichtig erkannten, bewusstsein-
stranszendenten Sache keineswegs aus.
Schließlich wäre auch noch zu erwähnen, dass Husserls Beschreibung
der Erfüllung einer Intention mühelos über den Bereich theoretischer
Evidenz und Wahrheit hinaus erweitert werden kann. Husserl ist in der
VI. Untersuchung dem Unterschied der Erfüllung bei objektivierenden
und nicht objektivierenden Akten bereits selbst nachgegangen und hat
dabei die anschauliche Erfüllung der vorstellenden Vermeinung eines
Gegenstandes von der Erfüllung eines Wunsches oder von der Befriedi-
gung eines Begehrens deutlich unterschieden (§ 13). Obwohl von Husserl
in den Logischen Untersuchungen noch nicht erwähnt, gibt es auch einen
weiteren Bereich praktischer Erfüllungen, in denen sich z. B. eine willent-
liche Absicht in der Ausführung einer Handlung erfüllt (Sokolowski 1974,
19, 27). Während die Erfüllung eines Wunsches nach Husserls Auffassung
noch immer an das (sich in den meisten Fällen allerdings der subjektiven
Verfügung entziehende) Auftreten eines Sachverhalts gebunden bleibt,
spielen intentionale Gegenstände und Sachverhalte bei der erfüllenden
Realisierung eines Vorhabens im Handeln meistens überhaupt keine Rolle
mehr. Es bietet sich dann an, in Anlehnung an den natürlichen Sprach-
gebrauch und im Gegensatz zu Husserl, nicht von einer Erweiterung des
theoretischen, in einer Anschauung begründeten Erfüllungsverhältnisses
auf Strebens- und Gemütsakte sowie auf praktisches Wollen und Handeln
zu sprechen, sondern vielmehr von einer theoretischen Engführung eines
in allen menschlichen Lebensbereichen anzutreffenden Erfüllungsgesche-
hens.
208 Rudolf Bernet

Literatur
Bernet, R. 1978: „Endlichkeit und Unendlichkeit in Husserls Phänomenologie der
Wahrnehmung“, in: Tijdschrift voor Filosofie 40/2, 251–269.
Bernet, R. 2003: „Desiring to Know through Intuition“, in: Husserl Studies 19/2, 153–166.
Mertens, K. 1996: Zwischen Letztbegründung und Skepsis. Kritische Untersuchungen zum
Selbstverständnis der transzendentalen Phänomenologie Edmund Husserls, Freiburg/
München.
Sokolowski, R. 1974: Husserlian Meditations. How Words Present Things, Evanston.
Tugendhat, E. 1970: Der Wahrheitsbegriff bei Husserl und Heidegger, Berlin.
13
Dieter Lohmar

Kategoriale Anschauung
(VI. Logische Untersuchung,
§§ 40–66)

13.1. Die Frage nach der Erfüllung


der kategorialen Elemente des Denkens
Die Frage, auf die Husserls Theorie der kategorialen Anschauung in der
VI. Untersuchung antwortet, lässt sich an einfachen Behauptungen erläu-
tern: „Das Buch liegt auf dem Tisch“, „Der Tisch ist grün“. In diesen
Urteilen gibt es Elemente, die sich in der Sinnlichkeit erfüllen lassen: Das
Buch, der Tisch und die grüne Farbe. Doch was erfüllt das „auf dem Tisch
liegen“ bzw. das „grün sein“? Für die Erfüllung dieser Intentionen auf
Sachverhalte kann die Sinnlichkeit allein nicht ausreichen.
Ich kann wohl das Grün sehen, aber nicht in derselben Weise das Grün-
Sein; d. h., das prädikative Sein ist nichts Wahrnehmbares. Aber diese Uner-
füllbarkeit in der Sinnlichkeit allein trifft nicht nur auf das prädikative Sein,
sondern auf alle kategorialen (bzw. syntaktischen) Formen zu: ein, und, alle,
wenn, dann, oder, alle, kein, nicht usw. (664, 667). Dennoch muss es einen
Akt geben, der auch dieser Intention Fülle geben kann. Wenn wir uns in
einem Zimmer mit einem blauen Teppich befinden, dann wissen wir, dass es
einen bemerkbaren Unterschied gibt zwischen den Urteilen „Der Teppich
ist blau“ und „Der Teppich ist rot“. Das eine ist anschaulich erfüllt und das
andere nicht. Obwohl dieser Unterschied bemerkbar und bewusst ist, ist es
nicht leicht, anzugeben, worin er genau besteht. Die Sinnlichkeit trägt zur
Erfüllung bei, aber sie alleine reicht nicht hin, um auch die kategorialen
Intentionen (ist, und, nicht usw.) zu erfüllen. Aus diesem Grund erweitert
Husserl den Begriff der Anschauung, der in erster Linie auf die schlichte,
sinnliche Anschauung bezogen ist, auf den Begriff der kategorialen Anschau-
ung.

 Der zweite Band der Logischen Untersuchungen wird nach der Ausgabe Husserliana XIX nur
mit Seitenangaben zitiert. Erfahrung und Urteil (1964) wird unter dem Sigel EU nachgewie-
sen.
210 Dieter Lohmar

Husserls Theorie der kategorialen Anschauung gilt als schwierig. Einige


Kritiker empfinden sie zudem als dunkel oder halten sie sogar für verfehlt.
Manche Kritiker behaupten sogar, es gebe so etwas wie kategoriale Anschau-
ung gar nicht. Manchmal wird auch vermutet, dass Husserl seine Lehre von
der kategorialen Anschauung später ganz aufgegeben habe. Diese letztere
Vermutung wurde durch Husserls Selbstkritik an seiner ersten, verfehl-
ten Deutung der kategorialen Repräsentation im 7. Kapitel hervorgerufen.
Seine Selbstkritik fiel jedoch sehr kurz und unpräzise aus. Er schreibt im
Vorwort zur 2. Auflage zur VI. Untersuchung, dass er „die Lehre von der
kategorialen Repräsentation nicht mehr billigt“ (534 f.). Eine angemessene
Rekonstruktion der Intentionen Husserls muss sich daher von den irrefüh-
renden Motiven seiner ersten Deutung der kategorialen Repräsentation im
7.Kapitel der VI. Untersuchung befreien. Ich werde daher im Folgenden
vor allem die sachlich angemessenen Ansätze des 6. Kapitels darstellen und
nur kurz auf das 7. Kapitel sowie den Sinn und die Reichweite der Selbst-
kritik eingehen.
Intentionen auf reale Gegenstände, und zwar die Gegenstände der äuße-
ren wie die der inneren Wahrnehmung, sind durch sinnliche Anschauung
erfüllbar. Husserl schlägt vor, die Gegenstände, die nur durch kategoriale
Anschauung erfüllt werden, als ideale Gegenstände zu bezeichnen (vgl. 674).
Ein Gegenstand der schlichten Wahrnehmung ist demnach direkt erfasst,
unmittelbar gegeben, in einem Schlag anschaulich. Sinnliche Gegenstände
sind in einer Aktstufe schon „für uns da“, d. h. schon intendiert und auch
gegeben. Dagegen verlangt die kategoriale Intention und auch die katego-
riale Anschauung eine Aktfolge mit gegliederten und fundierenden Akten,
die dann durch einen übergreifenden Akt mit einer anderen und neuen
gegenständlichen Intention zusammengefasst werden. In diesen fundierten
Akten ist dann etwas intendiert und gegeben, das in den schlichten fundie-
renden Akten noch nicht gegeben sein konnte.
Husserl unterscheidet in § 47 der VI. Untersuchung zwei verschiedene
Arten von Identifikation, eine schlichte, unthematische Identifikation und

 Soldati 1994, 273, referiert diese Ansicht treffend: „Das Problem ist, daß viele Philosophen
bezweifeln, daß es so etwas gibt.“ Darstellungen der kategorialen Anschauung finden sich bei
Tugendhat 1970, 111–136; Sokolowski 1970, 65–71; Sokolowski 1974, §§ 10–17; Ströker 1978,
3–30; Sokolowski 1981, 127–141; Willard 1984, 232–241; Ströker 1987, 44 f., 49 ff.; Rosado
Haddock 1987, 81–102; Bernet 1988; Lohmar 1989, 44–69; Lohmar 1990, 179–197; Seebohm
1990, 9–47; Cobb-Stevens 1990, 43–66; Bort 1990, 303–319; Lohmar 1998, 178–273 und
Lohmar 2002, 125–145.
 Vgl. hierzu auch Lohmar 1990, 179–197.
 Vgl. hierzu die VI. Untersuchung, 674, 676 und EU, 301.
Kategoriale Anschauung 211

eine thematische, kategoriale. Die schlichte Identifikation ist sozusagen


immer schon im Gang, wenn wir intentionale Gegenstände haben. Wenn
wir ein Haus wahrnehmen, das wir ansehen oder um das wir herumgehen,
dann haben wir eine Folge miteinander verschmolzener Wahrnehmungs-
akte. In all diesen Akten gibt es einen primären Gegenstand, nämlich
das Haus, und eine Reihe von sekundären Gegenständen, z. B. Fenster,
Wände, Türen usw. Nun gibt es schon für die schlichte Wahrnehmung
den Unterschied zwischen einem primären und einem sozusagen nebenbei
bemerkten, sekundär mitbemerkten Hintergrundgegenstand. Das führt
dazu, dass ich – selbst wenn ich jetzt nur auf ein Fenster oder eine Wand
sehe – dennoch das Haus als Gegenstand meiner Wahrnehmung habe. Ich
sehe sozusagen das Haus durch eine Seitenwand, d. h. dadurch, dass ich mich
auf einen bestimmten Teil konzentriere.
Die meisten intentionalen Gegenstände haben einen ähnlichen Charak-
ter wie das Haus, d. h. sie bestehen nicht nur aus einer einzigen Intention,
sondern aus einer primären Intention auf das Ganze und einer „Menge“
von sekundären Partialintentionen. Diese Partialintentionen sind dadurch
gekennzeichnet, dass ich im Vollzug der Gesamtintention schon weiß, dass
ich mich jeder dieser Teilintentionen ebenfalls thematisch zuwenden könnte.
Diese Einsicht ist also in den Logischen Untersuchungen schon vorbereitet und
wird Husserl in den Ideen I zum Begriff der Horizontintentionalität führen.
Indem wir einen Gegenstand wahrnehmen, haben wir also einen Fluss
von Akten mit demselben Hauptgegenstand, und alle diese Akte haben
auch die gleichen Partialintentionen gemeinsam, obwohl diese nicht immer
anschaulich erfüllt sind (z. B. die Rückseite). Für die Identifikation entschei-
dend ist, dass sich die Gesamtheit der Intentionen im fließenden Übergang
miteinander decken, nicht unbedingt, dass sie alle anschaulich erfüllt sind.
Das Wort Deckung bezeichnet hier zunächst nur unsere Fähigkeit, im sinn-
lichen und fließenden Übergang von einer Ansicht eines Gegenstandes
zu einer anderen zu bemerken, dass hier und dort dieselben Teilintenti-
onen (die Intentionen-„Menge“) den Gegenstand bestimmen, obwohl ihre
Erfülltheit jeweils verschieden ist. Die Identifizierbarkeit beruht allein auf
der Deckung der Partialintentionen dem Inhalt nach.

 Vgl. 415 f., 423, 425. Die Terminologie von primären und sekundären Intentionen findet
sich auch 515 und 519, hier jedoch in einer anderen Verwendungsweise.
 Damit soll nicht gesagt sein, dass es auf die Anschaulichkeit der einzelnen Partialintentio-
nen gar nicht ankommt. Aber wir müssen auch diejenigen Fälle verständlich werden lassen,
in denen es z. B. um Phantasiegegenstände geht, die signitiv vermittelt werden und deren
Anschaulichkeit allein auf phantasiemäßiger Verbildlichung beruht. Phantasiegeschichten sind
zunächst nur rein signitive Mitteilungen. Die Anschaulichkeit der einzelnen Partialintentionen
212 Dieter Lohmar

In dem fließenden Übergang der kontinuierlichen Wahrnehmung ist


diese identifizierende Deckungssynthesis zwar bemerkt, die Identität des
Dinges ist jedoch nicht das Thema einer Wahrnehmung. Man könnte sagen,
Identität ist in identifizierenden Synthesen nur erlebt, aber nicht thematisch
geworden, denn thematisch habe ich weiterhin „dieses Haus dort“. Erst
wenn ich die als Deckungssynthesis erlebte Identität zum Thema mache
und urteile: „Es war die ganze Zeit derselbe Gegenstand, den ich gesehen
habe!“, dann vollziehe ich den höherstufigen Erkenntnisakt der Identifika-
tion, der Identität thematisch hat. Er ist in den Wahrnehmungsakten der
niedrigeren Stufe fundiert.
Husserls Unterscheidung von schlichter und kategorialer Anschauung in
§ 47 der VI. Untersuchung bildet die Grundlage der phänomenologischen
Theorie der Erkenntnis. Der Gegensatz wird durch die Charakterisierung
der jeweiligen Aktkomplexion von schlichten und fundierten Akten geklärt.
Schlichte Anschauung, z. B. sinnliche Wahrnehmung, gibt ihren Gegen-
stand „direkt“, „unmittelbar“, „in einer Aktstufe“ (674), „mit einem Schlage“
(676) und beruht in ihrer gebenden Funktion nicht auf fundierenden Akten.
Die zeitlich erstreckte, kontinuierliche Wahrnehmung eines realen Gegen-
standes ist auch eine schlichte Intention. Es handelt sich bei ihr nicht um eine
Komplexion von Akten mit jeweils verschiedenen Gegenständen, sondern um
die kontinuierliche Verschmelzung von Akten mit demselben Gegenstand.
Die kategoriale Anschauung ist fundiert. Sie bezieht sich auf ihren
Gegenstand nicht einstrahlig-schlicht, sondern mehrgliedrig-fundiert. In
den fundierenden Akten werden die Gegenstände intendiert, die dann im
kategorialen Akt z. B. in einer Prädikation aufeinander bezogen werden. In
diesem kategorialen Akt sind neue, kategoriale Gegenständlichkeiten inten-
diert, die auch nur in solchen fundierten Akten gegeben sein können. Sie
„entstehen“ gleichsam aus den schlicht intendierten Gegenständen durch eine
kategoriale Formung. Die erfüllende Funktion für die kategoriale Intention

beruht dann auf der Verbildlichung durch Phantasiebilder. Die Identifikation kann aber auch
aufgrund der rein signitiven Mitteilung erfolgen.
 Es handelt sich hier allerdings immer um den Begriff von einseitiger Fundierung und nicht
um wechselseitige Fundierung. In der III. Untersuchung ist dagegen der Begriff wechselsei-
tiger Fundierung vorherrschend. Zum Gegensatz der wechselseitigen und der einseitigen
Fundierung, vgl. 270 f., 283–286, 369. Zum Fundierungsbegriff der VI. Untersuchung, vgl.
678 und Nenon 1997, 97–114.
 Vgl. 498, 658 ff., 673 f. Dasselbe gilt für die Formen der entsprechenden Ausdrücke, vgl.
§ 42. Man kann die kategoriale Formung aber nicht mit einer realen Verbindung gleichsetzen,
denn sie verändert oder verbindet die in Beziehung gesetzten Gegenstände in keinem realen
Sinn; dies wird in § 43 und § 61 herausgestellt.
Kategoriale Anschauung 213

kann dann nur in einem Komplex mehrerer, aufeinander aufgebauter Akte


geleistet werden. Kategoriale Akte sind in vorangehenden oder mit ihnen
verschmolzenen Akten einseitig fundiert, das besagt, dass man sich Fundie-
rung wie ein Bauwerk vorstellen kann. Wenn ein Baustein fehlt, dann kann
man nicht die nächste Etage bauen. Andere Metaphern für dieses einsinnige
Fundierungsverhältnis können das vollständige Durchlaufen eines Parcours
oder die Zusammenarbeit der Teile einer Maschine sein.
In einfachsten Fällen kategorialer Anschauung können die fundieren-
den Akte schlichte Wahrnehmungen sein. Wir sagen: „Ich sehe, dass dies
ein Buch ist“, obwohl wir wissen, dass wir diese Tatsache, nicht in dersel-
ben Weise „sehen“, wie wir das Buch sehen. Dennoch betont die Rede
vom „Sehen“ den Anschauungscharakter erfüllter kategorialer Akte. Das
Durchlaufen aller fundierenden Sonderwahrnehmungen ist die Bedingung
der anschaulichen Vollziehbarkeit des kategorialen Aktes. Wie bei den
schlichten Gegenständen, so gibt es auch bei den kategorialen Gegenstän-
den Grade der Anschaulichkeit bzw. der Evidenz.
Schlichte Anschauung ist nicht in anderen Akten fundiert. Kategoriale
Anschauung ist fundiert z. B. in Akten, in denen die Gegenstände intendiert
werden, die sie in der Prädikation aufeinander bezieht. In ihr sind neue
Gegenständlichkeiten selbst gegeben, die auch nur in solchen fundierten
Akten gegeben sein können, z. B. das „ist rot“, „ist größer als“ usw. (674 ff.).
Ohne den Vollzug der fundierenden Wahrnehmungsakte wäre kategoriale
Anschauung in diesen einfachsten Fällen nicht möglich. Kat. Anschauung
geht jedoch auch nicht in der Summe der fundierenden Wahrnehmungen
auf. Sie richtet sich in einem umfassenden Akt synthetisch auf die schlicht
intendierten Gegenstände und stellt einen neuen Zusammenhang her.
Es gibt verschiedene Arten kategorialer Zusammen-Meinung, und es
gibt jeweils eine entsprechende Form der Erfüllung, d. h. einen jeweils
anderen Evidenzstil. In der VI. Untersuchung stellt Husserl nur einige
grundlegende Formen der kategorialen Anschauung dar. Er wollte damit
die Berechtigung und die Leistungsfähigkeit des Konzepts der kategori-
alen Anschauung erweisen. Dennoch sind es lediglich einige exemplarische
Muster, die aber einen Leitfaden zur Behandlung der weiteren Formen
geben sollen. Die VI. Untersuchung thematisiert die Identität eines
Gegenstandes (679 ff.), das Verhältnis von Teil (Stück oder Moment) und
Ganzem (681 ff.), Relationen (683 f., 687 f.), Kollektiva und Disjunktiva
(§ 51), die Anschauung des Allgemeinen (§ 52), die bestimmte („das A“)
und unbestimmte Einzelauffassung („ein A“).

 Vgl. 678 f., 681 f., 683 f., 688 f., 690 ff.


214 Dieter Lohmar

13.2. Die Struktur des kategorialen Aktes


In § 48 der VI. Untersuchung untersucht Husserl die Aktfolge bei der
synthetisch-kategorialen Anschauung.10 Es ergeben sich dabei drei deutlich
unterschiedene Schritte bzw. Phasen. Nehmen wir als Beispiel „Die Tür ist
blau.“11 Die fundierenden schlichten Wahrnehmungen müssen also eine
Wahrnehmung der Tür und ihres unselbständigen Momentes „blau“ sein.
Im ersten Schritt (1) intendieren wir den Gegenstand gleichsam ungeglie-
dert-ineins. Es handelt sich um einen schlichten Akt, der den Gegenstand
als Ganzen meint. Husserl nennt ihn ein schlichtes „Gesamtwahrnehmen“
(682). Die Teile des Gegenstandes sind zwar mitvorgestellt, sie werden in
diesem ersten, schlichten Zugreifen aber nicht zu expliziten Gegenstän-
den (681 ff.). Dennoch sind die Partialintentionen solche Elemente der
Gesamtintention, die schon als mögliche, potentielle Gegenstände einer
gezielten Zuwendung gemeint sind.12
Im zweiten Schritt (2) wird der Gegenstand „in explizierender Weise“
aufgefasst. Wir heben dabei seine bisher implizit mitgemeinten Teile in
gliedernden Akten heraus (681). Damit werden sie Gegenstände von Akten,
die eigens auf sie gerichtet sind, obwohl die Intention der explizierenden
Akte im ganzen noch demselben Gegenstand gilt, d. h. der Tür. Diese
Sonderwahrnehmungen sind immer noch schlichte Akte, deren Hauptge-
genstand derselbe geblieben ist, d. h. die Tür, die aber jetzt z. B. durch die
Farbe hindurch intendiert wird. Es liegt hier kein Auffassungswechsel im
Sinne eines Wechsels des gemeinten Gegenstandes vor.
In der Gesamtwahrnehmung werden die Teile dieses Gegenstandes
implizit mitgemeint, in der Sonderwahrnehmung werden sie explizit aufge-

10 Die Unterscheidung von synthetischen kategorialen Akten, die „auf die Gegenstände der
fundierenden Akte mitgerichtet“ sind, und abstraktiven kategorialen Akten, „bei denen die
Gegenstände der fundierenden Akte in die Intention des fundierten [Aktes] nicht mit eintre-
ten“, wird nur in dem jeweils ersten Absatz von § 52 und von § 47 kurz genannt. Zu den ersten
gehören Identifikation, Prädikation, Relationen, Kollektiva und Disjunktiva usw., zu der zwei-
ten Gruppe zunächst nur die ideierende Abstraktion (Wesensschau).
11 In der VI. Untersuchung fasst Husserl unter dem Verhältnis von Ganzem und Teil zwei
Dinge zusammen, die er in EU trennt: Das Verhältnis von Ganzem und selbständigem Teil
(Stück) und das von Ganzem und unselbständigem Moment. Er gebraucht den Begriff „Teil“
also in dem von ihm festgelegten, weitesten Sinne (Hua XIX, 680 f., 231; EU, §§ 50–52). Auch
in EU sind die beiden Formen „S ist p“ und „S hat M“ bezüglich der Art ihrer Konstitution
gleichwertig (vgl. EU, 262).
12 Husserl wird später diese Möglichkeit der gezielten thematischen Zuwendung zum Charak-
teristikum der Horizontintentionen machen. Vgl. die Ideen I, Hua III/1, 57, 71 ff., auch hier gibt
es „nebenbei“ und „primär“ Bemerktes (Hua III/1, 212 f.).
Kategoriale Anschauung 215

fasst und stehen gleichsam im Vordergrund der Aufmerksamkeit. Hiermit


ist auch meistens eine gezielte Bevorzugung der Inhalte verbunden, die sie
darstellen. Ich sehe mir die Farbe der Rose an, ich achte auf ihren Geruch,
ich höre ein Rascheln im Laub usw. In jeder kontinuierlichen Wahr-
nehmung durchlaufe ich sozusagen die Elemente eines Gegenstandes.
Dabei liegt dann fast derselbe Fall vor wie bei der gleichsam wandernden
Aufmerksamkeit, denn wir gehen von einem Teilaspekt zu einem anderen
desselben Gegenstandes über.
Im Wechsel von Gesamtwahrnehmung zu Sonderwahrnehmung handelt
es sich um eine doppelte Auffassung desselben Gegenstandes im gleichen
Auffassungsmodus (d. h. beide Male intuitiv und mit demselben sinnlichen
Repräsentanten).13 In beiden Fällen handelt es sich um schlichte Akte. In
der Gesamtwahrnehmung der Tür meinen wir ihre Farbe nur implizit
mit. In den Sonderwahrnehmungen meinen wir die Tür gleichsam durch
die explizite Intention auf ihre Farbe oder durch andere Sonderintenti-
onen hindurch. Aufgefasst wird derselbe sinnliche Repräsentant, und zwar
sowohl als derselbe Gegenstand als auch im gleichen Auffassungsmodus
– und dennoch in verschiedener Weise, nämlich einmal implizit, das andere
Mal explizit.
Wie bereits in dem Beispiel der kontinuierlichen Synthesis gezeigt,
entstehen in dem Übergang von der Gesamtwahrnehmung zur Teilwahr-
nehmung Deckungssynthesen. Wir bemerken in diesen Deckungssynthe-
sen, dass wir denselben Gegenstand wahrgenommen haben und dass dieser
Gegenstand (die Tür) nicht nur irgendeine Farbe hat, sondern dass er blau
ist.
Auf eine weitere Besonderheit muss hier aufmerksam gemacht werden:
Beide fundierenden Intentionen sind intuitiv erfüllt und berechtigen somit
zur Setzungsqualität wirklich.14 Deshalb ist der synthetische Übergang von
einem zum anderen auch dazu geeignet, die Setzungsqualität wirklich für
die kategoriale Intention zu begründen. Dies unterscheidet den Fall der
Erkenntnis von dem des leer verstandenen Hörensagens.
Nun kommen wir also zu dem entscheidenden, dritten Schritt: Die
herausgehobenen Teile und Momente der Tür werden in einem sie
umgreifenden, kategorialen Akt syn-thetisch zusammen-gesetzt (3). Sie

13 Es liegt hier auch kein Wechsel der Auffassungsweise vor, d. h. kein Wechsel zwischen
intuitiver, bildlicher und signitiv-symbolischer Auffassungsweise. In der Gesamtwahrnehmung
nehmen wir nicht die Tür als Ganzes intuitiv wahr und in der Sonderwahrnehmung dann ihre
Farbe als bildliche oder symbolische Darstellung der Tür.
14 Vgl. hierzu die Bemerkung in den Ideen I, Hua III/1, 239.
216 Dieter Lohmar

können z. B. in beziehenden Akten miteinander oder mit dem Ganzen


(der Tür) in Beziehung gesetzt werden: „Die Tür ist blau“. Erst in diesem
Akt gewinnen die aufeinander bezogenen Glieder den neuen Charakter als
Beziehungsglied in einer kategorialen Beziehungsform. Diesen Dreischritt
von (1) erstem, schlichtem Gesamtwahrnehmen, (2) heraushebenden, glie-
dernden Sonderzuwendungen und (3) dem eigentlich kategorialen Zusam-
men-Meinen finden wir bei allen synthetisch-kategorialen Formen.
In dem Beispiel der Tür und ihrer Farbe gewinnen Tür und blau in der
kategorialen Formung den Charakter von eigenschaftlichem Moment und
eigenschaftstragendem Ganzen (Substrat/Akzidenz). Hierbei ist aber nicht (im
Sinne der genannten Doppelauffassung) eine weitere Auffassung desselben
vorgenommen, die wiederum eine schlichte Auffassung wäre. Der kate-
goriale Akt intendiert, „dass die Tür blau ist“, und hat diesen Sachverhalt
eventuell auch erfüllt gegeben. Innerhalb dieser kategorialen Gesamtin-
tention sind eigenschaftliches Moment und eigenschaftstragendes Ganzes
jeweils unselbständige Momente.
Der höherstufige Akt bezieht sich entweder synthetisch-kategorial auf
die Gegenstände der schlichten Akte oder meint bevorzugt ein abstraktes
Moment, für das sie lediglich ein anschaulicher Fall sind (abstraktiv-kate-
goriale Akte).15 Die Erfüllung des kategorialen Aktes hängt also immer auch
von fundierenden, schlichten Wahrnehmungsakten ab, d. h. auch von den
sinnlich gegebenen reellen Beständen, die der Wahrnehmung ihre Fülle
geben. Die Erfüllung hängt aber keineswegs ausschließlich von der Fülle der
fundierenden Akte ab.16 Eine solche Verallgemeinerung, d. h. die These von
der vollständigen funktionalen Abhängigkeit der Fülle der fundierten Akte
von der Fülle der fundierenden Intentionen, würde zu paradoxen Ergeb-
nissen führen. Z. B. würden die Erkenntnisse der axiomatischen Mathe-
matik keine Evidenz für sich in Anspruch nehmen können, weil sie immer
innerhalb der signitiven Intention bleiben. Sinnliche Anschauung kann in
einfachen Fällen einen Beitrag zur Erfüllung der kategorialen Intention
leisten. Manche Gegenstände kategorialer Anschauung haben aber mit der
Sinnlichkeit nur eine sehr indirekte Berührung, z. B. die Sätze der Algebra.
Hier ist ein Beitrag der Sinnlichkeit zur Erfüllung schwer zu finden. Es
gibt also Elemente der kategorialen Intention, die allein durch sinnliche

15 Vgl. hier die Anmerkung 9.


16 Husserl selbst hat einmal – in dem problematischen 7. Kap. der VI. Untersuchung – mit
Beziehung auf die kategorialen Synthesen von einer „funktionalen Abhängigkeit der Adäqua-
tion (Evidenz) des Gesamtaktes von der Adäquation der fundierenden Anschauungen“ (704)
gesprochen.
Kategoriale Anschauung 217

Anschauung erfüllbar sind – bei der „blauen Tür“ das „Blau“ – und es gibt
Elemente, die durch sie nicht erfüllbar sind, wie das „ist“.
Wenden wir uns noch einmal den Einzelheiten des Beispiels der „blauen
Tür“ zu. Nachdem die Gesamtwahrnehmung der Tür vollzogen ist, wird
das Blaumoment der Tür zum Gegenstand einer auf es explizit gerichteten
Sonderwahrnehmung (682). In der Sonderwahrnehmung des Blau sehen
und intendieren wir das Blau jedoch nicht das erste Mal. Die Partialinten-
tion auf das Blau war bereits in der ersten, schlichten Gesamtwahrnehmung
der Tür implizit enthalten. Dieser impliziten Partialintention entspricht
dann die Möglichkeit einer expliziten Sonderwahrnehmung. In dem Über-
gang von der Gesamtwahrnehmung zur Sonderwahrnehmung stellt sich
dabei eine „Deckungssynthesis“17 zwischen diesen beiden Intentionen ein.
Es decken sich die explizite Intention der Sonderwahrnehmung auf das
Blaumoment und die implizite Partialintention der Gesamtwahrnehmung
auf das Blau. Entscheidend ist hierbei, einzusehen, dass es die intentio-
nalen Momente der Akte sind, die sich decken. Es geht also nicht um eine
Deckung zwischen den reellen Beständen der Akte. Eine solche Deckung
im Bereich der reellen Inhalte kann natürlich vorkommen, aber sie ist nicht
der erfüllende Inhalt der kategorialen Anschauung. Es handelt sich um eine
Deckung der intentionalen Auffassungen bzw. ihrer Partialintentionen.18
Diese Deckung zwischen Partialintentionen dient als Repräsentant (Anhalt)
für die synthetisch-kategoriale Intention „Die Tür ist blau“. Die Deckungs-
synthesis dient der kategorialen Auffassung als erfüllender Inhalt. Die in der
Aktkomplexion der kategorialen Anschauung zielstrebig herbeigeführte
Deckungssynthesis stellt nun das Blau-Sein der Tür dar. Sie ist der Inhalt,
der die kategoriale Intention erfüllt, der kategoriale Repräsentant.
An dieser entscheidenden Stelle der phänomenologischen Erkenntnis-
theorie finden wir das Modell von Auffassung und Inhalt. Für Husserl ist
das erkennende Anschauen, ebenso wie die sinnliche Anschauung, eine
Auffassung von Inhalten. Auch wenn Husserl sich gelegentlich über die
Reichweite dieses Modells selbstkritisch äußert, so findet es sich doch in
allen späteren Schriften an vielen entscheidenden Stellen.19

17 Vgl. 651, bzw. eine „Deckungseinheit“, 569, 571, 650, 652.


18 Husserl schreibt: „Zugleich ‚deckt‘ sich aber das fortwirkende Gesamtwahrnehmen gemäß
jener implizierten Partialintention mit dem Sonderwahrnehmen.“ (682). Auch an anderer
Stelle wird deutlich, dass es sich um eine Deckung nach dem gegenständlichen Sinn handelt,
die sich auch zwischen leeren symbolischen Intentionen einstellen kann (Hua XXIV, 282).
19 Vgl. EU, 94, 97–101, 103, 109, 111, 132 f., 138 ff. u. ö., sowie die These von der analo-
gisierenden Auffassung im § 50 der Cartesianischen Meditationen. Wir werden hier zunächst
von der selbstkritischen Einsicht Husserls in die begrenzte Leistungsfähigkeit dieses Modells
218 Dieter Lohmar

13.3. Besondere Formen: Die ideierende Abstraktion und


Kollektiva
Husserls Theorie der Anschauung des Allgemeinen (Wesensschau) beginnt
damit, dass sie eine alltägliche Erkenntnismöglichkeit des Menschen
benennt: Wir können Gemeinsamkeiten von verschiedenen Gegenständen
bemerken. Im § 52 der VI. Untersuchung analysiert Husserl dann die ideie-
rende Abstraktion als einen besonderen Fall der kategorialen Anschauung.20
Die eidetische Methode soll dann diese ursprüngliche Erkenntnismöglich-
keit systematisch ausarbeiten, methodisch verfeinern und von verbliebenen
Mängeln befreien. So werden apriorische Einsichten und die Möglichkeit
der anschaulichen Gegebenheit des Allgemeinen verständlich.
Die Methode der ideierenden Abstraktion – Husserl nennt sie auch
Wesensschau21 – ist zugleich von grundlegender Wichtigkeit für den
Wissenschaftscharakter der Phänomenologie. Husserl versteht in den
Logischen Untersuchungen seine Phänomenologie noch als deskriptive Philo-
sophie, dennoch soll diese nicht nur eine Sammlung von zufälligen Fakten
sein. Daher ist die Phänomenologie darauf angewiesen, dass die deskriptive
Arbeit mit Methoden unterstützt wird, die apriorische Einsichten erlau-
ben, d. h. Erkenntnisse, welche vom jeweiligen faktischen Einzelfall unab-

absehen müssen. Husserl kritisiert sein Modell aber in erster Linie für tiefere Schichten der
Konstitution, d. h. für das innere Zeitbewusstsein und die Phantasie: „Nicht jede Konstitution
folgt dem Schema Auffassung und aufgefaßter Inhalt“ (Hua X, 7, Anm.1). Vgl hierzu auch Hua
XXIII, 265 f., Hua XIX, 884 (Handexemplar) sowie Ms. L I 19, Bl. 9b. Für die Konstitution
höherstufiger Gegenstände, z. B. die Gegenstände der Wahrnehmung und der kategorialen
Anschauung, bleibt das Modell weiterhin gültig, vgl. hierzu Lohmar 2006b, 387–407.
20 Zur Theorie der Wesensanschauung vgl. Bernet 1989, 74–84, Mohanty 1959, 222–230,
Tugendhat 1970, Hopkins 1997, 151–178 und Lohmar 2005, 65–91.
21 Die Bezeichung „Wesensschau“ bzw. „Wesenserschauung“ wird bei der Umarbeitung der
Logischen Untersuchungen an sehr vielen Stellen der 2. Auflage zur Verdeutlichung eingefügt.
Manchmal musste auch die begriffliche Engführung mit der „inneren Wahrnehmung“ korrigiert
werden (z. B. 455 f.). Der Sache nach gibt es die Verwendung der Wesensschau im Sinne der
„ideierenden Abstraktion“ des § 52 der VI. Untersuchung natürlich auch schon in der 1.Auflage,
meist unter der Bezeichnung „Ideation“ (108) oder als „ideieren“ (z. B. 33, 109, 226, 250, 292,
431 u. ö.), allerdings kommen beide Bezeichungen öfter in den Zusätzen der 2. Auflage vor (10,
14, 15, 23, 61, 149, 249, 382 f., 396, 400, 412, 455 f., 488). Husserl kennt in der 1. Auflage z. B.
das „bedeutungsmäßige Wesen“ und das „intentionale Wesen“ eines Aktes (vgl. 431). Er formu-
liert in der 1. Auflage außerdem die Aufgabe der „Erforschung des phänomenologischen Wesens
der Akte“ (353) und auch die „intentionalen Erlebnisse und ihre Wesensbeziehung zu intentio-
nalen Objekten“ wird untersucht (376). Die Bezeichnung „Wesensschau“ scheint mir zudem ein
terminologischer Fehlgriff zu sein, und zwar vor allem deshalb, weil er eine Nähe zum platonisie-
renden Denken andeutet, die es bei Husserl der Sache nach nicht gibt.
Kategoriale Anschauung 219

hängig sind. Husserl erhebt mit der Konzeption der ideierenden Abstraktion/
Wesensschau den Anspruch, dass es sich bei seiner Phänomenologie nicht
nur um eine Auflistung individueller Befunde handelt, sondern um allge-
mein gültige und apriorische Einsichten. Die Phänomenologie will z. B.
Aussagen über das Bewusstsein überhaupt machen, d. h. über jede mögliche
vorkommende Form von Bewusstsein. Darum muss Husserl zeigen, auf
welche methodisch geregelte Weise die phänomenologische Beschreibung
das in seinem Sinne Apriorische, d. h. das Wesensmäßige, treffen kann,
welches in allen möglichen Einzelfällen seines Beschreibungsgegenstandes
gleich bleibt.22
Die Rechtmäßigkeit des Anspruchs der Phänomenologie, Wissenschaft
zu sein, hängt davon ab, ob die Methode der Wesensschau als eine Form der
Erkenntnis (d. h. als Form der kategorialen Anschauung) begründet werden
kann. Da Husserls Phänomenologie den Anspruch erhebt, für sich als
Methode letzte Selbstbegründung und Selbstrechtfertigung zu bieten, ist die
Klärung der ideierenden Abstraktion ein entscheidendes Ziel der Logischen
Untersuchungen. Die ideierende Abstraktion ist auf ähnliche Weise in der
schlichten Anschauung individueller Gegenstände fundiert, wie wir es bei
anderen kategorialen Akten gesehen haben. Die Anschauung des Allgemei-
nen „Blau“ oder „Mensch“ ist uns nur möglich, indem wir eine Reihe blauer
Wahrnehmungs- oder Phantasiegegenstände durchlaufen.23 Bei der Aufklä-
rung der ideierenden Abstraktion geht es nicht um die genetisch-psycho-
logische Frage, wie wir überhaupt zu Begriffen gelangen, sondern darum,
wie uns solche Allgemeingegenstände anschaulich werden können. Es geht
für Husserl also darum, die Quelle des Rechts von Begriffen aufzuspüren,
welche er allgemein in der Anschauung sieht. Daher ist es kein Zirkel, wenn
wir uns in den gliedernden Akten wahrnehmend oder phantasierend auf
blaue Gegenstände richten, um uns das Allgemeine „Blau“ anschaulich zu
machen. Dabei haben wir das jeweilige Blaumoment in schlichten Akten
zum expliziten Thema, und es ist uns intuitiv gegeben.24
Eine Analyse der Wesensschau als einer besonderen Form der katego-
rialen Anschauung findet sich im § 52 der VI. Untersuchung. Das grund-

22 Die eidetische Methode bestimmt damit auch den echten Sinn des phänomenologischen
Begriffs von Apriori (im Gegensatz zu Kants Begriff), vgl. 733, Hua XVII, 255, Anm. 1.
23 Vgl. 111–115, 176 ff., 225 f., 690–693.
24 Die Erfassung eines individuellen Blaumoments könnte man in gewissem Sinne schon als
„sinnliche“ Abstraktion bezeichnen (vgl. 225 f.). Da aber in einer solchen Intention nur ein
individuelles Moment gemeint ist, ist dieser Akt noch nicht ideierende Abstraktion, d. h., er ist
noch nicht Anschauung des Allgemeinen.
220 Dieter Lohmar

legende Modell für diese Aktanalyse sind die drei Phasen der kategorialen
Anschauung: Gesamtwahrnehmung, Sonderwahrnehmungen, kategori-
ale Synthesis. Im Durchlaufen der gliedernden Akte stellt sich zwischen
den Intentionen, die auf das Farbmoment gerichtet sind, eine parti-
elle Deckungseinheit mit einem bestimmten Stil ein. Diese erfüllenden
Deckungseinheiten zwischen gliedernden Akten können sich nur einstel-
len, wenn mehrere Akte, die auf dasselbe Moment gerichtet sind, in einer
zeitlich erstreckten Aktkomplexion durchlaufen werden.
Für die Erfüllung der Intention auf einen allgemeinen Gegenstand ist
es entscheidend, dass sich unter den gliedernden Akten intuitive und auch
imaginative Akte befinden. Ideierende Abstraktion muss auf wenigstens
einem Akt aufbauen, der intuitiven oder bildlich-signitiven Charakter hat,
d. h. der nicht nur signitiv vorstellt (vgl. 607 ff.). Sie ist demnach auch
möglich, wenn wir von einem einzigen gegebenen Gegenstand ausgehen.
Wir nehmen diesen dann als ein Ausgangsexempel und modifizieren ihn in
der Phantasie. In den Logischen Untersuchungen wird der Setzungscharak-
ter der gliedernden Akte allerdings nur als gleichgültig angesehen, d. h. es
dürfen auch Phantasieakte unter den Sonderwahrnehmungen vorkommen.25
Später weist Husserl ausdrücklicher auf die Vorzugsstellung bzw. auf die
Notwendigkeit der imaginativen, „freien“ Variation hin und nennt sie dann
auch eidetische Variation.26 Diese unbeschränkte phantasiemäßige Variation
des Ausgangsexempels soll sicherstellen, dass die gegebene Allgemeinheit
nicht nur eine bloß faktische Gemeinsamkeit eines beschränkten Gebietes
ist.27 In dem Akt der ideierenden Abstraktion, d. h. der dritten Phase der
kategorialen Anschauung, fassen wir die spezielle Deckungseinheit, die
sich zwischen den durchlaufenen Sonderzuwendungen einstellt, als darstel-
lenden Inhalt für die damit anschaulich gegebene Allgemeinheit auf.28

25 Husserl schreibt: „Das Allgemeinheitsbewußtsein erbaut sich auf Grund der Wahrneh-
mung und der konformen Einbildung gleich gut.“ (691 ff., 670)
26 Vgl. Hua III/1, 146 ff. („Vorzugsstellung“), Hua XVII, 206, 254 f. und EU, 410 ff., 422 f.
Seebohm verweist darauf, dass es die Phantasievariation der Sache nach schon in den Logischen
Untersuchungen gibt, vgl. Seebohm 1990, 14 f.
27 Vgl. hierzu EU, 419–425. Die faktische Wirklichkeit der in der Variation vorkommenden
Einzelfälle ist völlig irrelevant (Hua IX, 74).
28 Bei der Anschauung des Allgemeinen stellt sich eine eigentümliche Deckungseinheit
zwischen den gliedernden Akten ein. Diese Eigenart lässt sich in grober Annäherung als scharf
abgehobenen Bereich sich durchhaltender Deckung, d. h. als ein „Kern“ der Deckung und
ein „Rand“ der Diversität beschreiben (vgl. EU, 418 f.). Der unscharfe „Rand“ entspricht der
Verschiedenheit der in Sonderzuwendungen sinnlich gegebenen oder phantasierten Blaumo-
mente, z. B. Farbnuancen.
Kategoriale Anschauung 221

Nach diesem Grundmuster lässt sich auch die Anschauung von Allge-
meinheiten höherer Stufe verständlich machen. Wir können ideierende
Abstraktionen vollziehen, die ihrerseits wieder in kategorialen Anschau-
ungen fundiert sind. So lässt sich der sinnliche Begriff der Farbe durch
das Durchlaufen von einzelnen Farben anschaulich machen, der Begriff
der Wahrnehmung durch das ideierende Durchlaufen einzelner Wahr-
nehmungsakte usw. Schließlich kommen wir sogar zur rein kategorialen
Anschauung von Allgemeinheiten, die in ihrem intentionalen Gehalt
nichts Sinnliches mehr enthalten, z. B. die Formen der reinen Logik und
der reinen Mathematik (vgl. 712 ff.).
Natürlich hat das Verfahren auch problematische Aspekte. Die eide-
tische Variation stellt sich mit ihrer Forderung nach unbeschränkter
Variation des Ausgangsexempels als ein reflektiv-experimentelles Verfah-
ren heraus. Mit ihrer Hilfe können wir feststellen, in welchem Maße wir
die Vorstellung eines Einzelfalles (eines bestimmten Begriffs) imaginativ
abwandeln können, ohne dass wir damit schon die „Grenzen“ des Begriffs
überschreiten, d. h. „etwas anderes“ imaginieren.29 Wir entdecken durch
die eidetische Variation in gewisser Weise also nicht nur die Anschaulich-
keit, sondern auch die Grenzen unserer Begriffe. Diese Grenzen können
wir nicht willkürlich bestimmen. Wir lernen sie als etwas kennen, das uns
irgendwie als unveränderlich vorgegeben ist. Die Frage jedoch, auf welche
Weise uns diese Grenzen des Umfingierens vorgegeben sind, bleibt bei
Husserl offen.
Der volle Umfang des Problems wird jedoch erst an Versuchen deut-
lich, das Wesen von Gegenständen zu bestimmen, die einen gewissen
kulturellen Sinn in sich tragen. So könnte man z. B. in einem Kulturkreis
das Wesen des Göttlichen als die Mehrzahl bestimmen, in einem ande-
ren die Einzahl hier für wesentlich halten. Dasselbe gilt für das Wesen
der Frau, der Ehre, der Gerechtigkeit usw. Man sollte hier einen Unter-
schied machen zwischen „einfachen“, intuitiv gegebenen Gegenständen,
die keine kulturellen Sinne in sich tragen und solchen, die diese kultu-
rellen Sinne schon in sich enthalten. Die Bewusstseinsgegenstände – d. h.
das bevorzugte Thema der Husserlschen Analysen – scheinen zur ersten
Gruppe zu gehören. Komplexe Gegenstände, die auch nur in der gemein-
schaftlichen Konstitution ihren vollen Sinn gewinnen könnnen, wie z. B.
die Lebenswelt, Mythos, Religion, usw. überschreiten diese Grenze aber.

29 Husserl hat den Erwerb und die „Begrenzung“ der Verwendbarkeit von Begriffen in der
genetischen Phänomenologie in seiner Theorie des Typus behandelt, vgl. Lohmar 1998,
Kap. III, 6, d.; Held 1985, 29; Claesges 1964, 29 ff., und auch Lohmar 2008, Kap. II, 6–8.
222 Dieter Lohmar

Zumindest die alltäglichen, empirischen Begriffe werden von jedem Kind


in einem Erfahrungs- und Lernprozess erworben. Auf diese Weise haben
unsere alltäglichen Begriffe eine durch Erfahrungen und intersubjektiven
Konsens mitgeprägte Geschichte ihrer Veränderungen.
Bei der Analyse der kategorialen Anschauung werfen die Kollektiva
besondere Probleme auf. Bei der Form „a und b“ ist die Erfüllung der kate-
gorialen Intention von dem Vollzug der Sonderzuwendungen auf a und b
abhängig. In ihnen werden die Glieder der Kollektion jeweils zum expli-
ziten Gegenstand gemacht. Mit diesem Nacheinander-Wahrnehmen ist
die kategoriale Intention des „und“ aber noch nicht erfüllt. Wenn wir nun
nach den Deckungssynthesen zwischen den Sonderzuwendungen fragen,
so werden wir enttäuscht, denn sie spielen in diesem Fall keine erfüllende
Rolle. Wir können auch Elemente kollektiv verbinden, die überhaupt keine
Partialintentionen gemeinsam haben.
Natürlich könnte man hier einwenden, dass dies nur auf willkürlich
gebildete Formen zutrifft. Es könnte in der Sinnlichkeit so etwas wie
„Vorformen“ von Kollektiva geben, die ganz unabhängig von dem Vollzug
der kategorialen Synthesen sind. Diese Vermutung beruht darauf, dass bei
der Zuwendung zu gleichartigen Gegenständen, z. B. zu einer Reihe von
Bäumen (Allee), sich einerseits Deckungssynthesen zwischen ähnlichen
Gegenständen, aber auch Gestaltbildungen einstellen. Dieses Verständ-
nismodell läuft darauf hinaus, dass sich bestimmte Kombinationen von
Gegenständen in der Sinnlichkeit „von selbst“ zum Kollektivum oder einer
Vorform eines solchen verknüpfen.
Dieses Modell erwähnt Husserl bereits in der Philosophie der Arithmetik.
Die sogenannten sinnlichen Mehrheitsanzeichen (bzw. figurale Momente)
schließen sich durch ihre Konfiguration, ihre sinnliche Ähnlichkeit oder
ihre gleichartige Bewegung vor einem unbewegten Hintergrund zu „sinn-
lichen Einheitscharakteren“ (689) zusammen, z. B. Schwärme, Reihen oder
Alleen.30 Husserl stellt jedoch in der VI. Untersuchung deutlich heraus,
dass die sinnlichen Mehrheitsanzeichen auch in der Philosophie der Arithme-
tik nur als „sinnliche Anhaltspunkte für das (durch sie signitiv vermittelte)
Erkennen der Mehrheit“ (689) dienen können.31 Diese signitive Intention

30 Vgl. Hua XII, 193–217; „sinnlich-einheitlich“ (Hua XIX, 689).


31 In genetischer Perspektive bietet sich eine weitere Hypothese an: Die sinnlichen Mehrheits-
anzeichen könnten eine vorprädikative Vor-Form des Kollektivums sein. Vgl. hierzu Lohmar
1998, 187 ff. D. h., figurale Momente könnten eine Form der vorprädikativen Erfahrung sein,
die in einer gegliederten Wiederzuwendung dann den Vollzug der kategorialen Anschauung
einer Vielheit leitet. Allerdings präformiert eine sinnlich-einheitliche Konfiguration den
eigentlichen Kollektionsakt nicht in jedem Fall, denn die kollektive Verbindung ist sehr frei.
Kategoriale Anschauung 223

besitzt daher „auch nicht den Charakter eigentlicher Intuition der Kollek-
tion als solcher“, denn sie beruht nicht auf einer kategorialen Anschauung
(690).
Für die Klärung der Anschaulichkeit der Kollektiva werden wir ohne den
Beitrag des neuen kolligierenden kategorialen Aktes selbst nicht auskom-
men. Das bedeutet, Kollektiva verdanken ihre Gegenständlichkeit und ihre
Anschaulichkeit offensichtlich nur der Tatsache, dass wir sie kolligieren.
Nur weil wir „a und b“ in dem Kollektionsakt synthetisch Zusammen-
Meinen, kann uns dieser Inbegriff gegeben sein. Der Kollektionsakt selbst,
d. h. die explizit vollzogene Thesis des „und“, hat demnach einen Anteil an
der Erfüllung seiner eigenen, kategorialen Intention auf das Kollektivum.
Dieser eigentümliche Erfüllungsmodus der Kollektion, insbesondere, dass
die kategoriale Synthesis selbst zur Erfüllung der synthetischen Intention
beiträgt, macht auch die Freiheit der intuitiven Kollektion von Beliebigem
mit Beliebigem verständlich. Dies gilt aber auch nur für die Kollektiva
und Disjunktiva. Nur dann, wenn es auf die inhaltliche Bestimmtheit des
Verbundenen nicht ankommt, kann ich alles mit allem verbinden.
In diesem Sonderfall können sich kategoriale Akte sozusagen selbst
erfüllen, und deshalb könnte man eine Art Zirkel vermuten. Es ist aber die
syn-thetische Zusammen-Setzung (synthesis) der Gegenstände der fundie-
renden Akte, mit der zugleich Erfüllung stattfindet. Diese Eigenart der
Erfüllung der Kollektiva wirft einige Fragen auf, insbesondere die Frage
nach dem Charakter der repräsentierenden Inhalte, die hier die Erfüllung
ermöglichen. Man könnte in psychologisierender Deutung vermuten, dass
es der erlebte Vollzug des Kollektionsaktes ist, der die Intention erfüllt.
Aber es lässt sich herausstellen, dass der Inhalt, den wir im Kollektionsakt
zugleich herbeiführen und gegenständlich auffassen, ebenso wie bei den
Deckungseinheiten ein nicht-sinnlicher Inhalt ist.
Der Vollzug des Kollektionsaktes und auch seine Erfüllung hängen hier
nur von unserem Willen ab. Es ist jedoch ein Ausnahmefall der kategori-
alen Anschauung, wenn das, was ich willentlich erreichen kann, hinreichend
für die Erfüllung ist. Die Erfüllung von Erkenntnisintentionen im engeren
Sinne, d. h. solche, die in „ist“-Urteilen ihren Ausdruck finden, verlangt
immer passiv gegebene Deckungseinheiten zwischen fundierenden Akten.
Eine Kollektion ist auch aus diesem Grund kein Erkenntnisakt im engeren
Sinne. Jedoch können Kollektiva innerhalb von anderen Erkenntnisakten
vorkommen. Der Gegensatz zwischen Kollektiva und den Erkenntnis-
akten im engeren Sinn wird durch eine weitere Besonderheit der Form des
„und“ noch deutlicher. Kollektiva besitzen nämlich eine besondere Art von
Unselbständigkeit; dies wird schon in den Logischen Untersuchungen dadurch
224 Dieter Lohmar

angedeutet, dass sie „nicht selbst Sachverhalte“ sind.32 Die kollektiv verbun-
denen Gegenstände können einander ganz „fremd“ sein. Sie können aus
ganz verschiedenen Seinsbereichen stammen. Selbst wenn sich zwischen
den gliedernden Akten Deckungseinheiten einstellen (z. B. bei Kollektiva
von ähnlichen Gegenständen), dann können diese Deckungseinheiten nicht
als Repräsentanten der kategorialen Form des „und“ fungieren.

13.4. Die „Studie über kategoriale Repräsentation“ und


Husserls Selbstkritik
Mit den Analysen des 6. Kapitel der VI. Untersuchung sind aber bei weitem
nicht alle Fragen beantwortet: Insbesondere der besondere Charakter des
Fülle gebenden Inhalts, d. h. der Deckungssynthesen zwischen Partialin-
tentionen, erfordert genauere Analysen. Um eine klare Struktur des Argu-
ments zu bieten, werde ich drei negative Einsichten festhalten, in deren
Diskussion sich dann einige positive Einsichten über den Charakter der
Deckungssynthesen ergeben werden: (a) Der kategoriale Repräsentant ist
nicht mit dem sinnlichen Repräsentanten der Gegenstände der Gesamt-
wahrnehmung oder der Sonderwahrnehmungen identisch. (b) Es kann sich
dabei nicht um einen Inhalt der äußeren Sinnlichkeit handeln. (c) Es kann
sich auch nicht um einen Inhalt der inneren Wahrnehmung handeln, z. B.
die innere Wahrnehmung des Vollzugs des kategorialen Aktes selbst.
Es wäre natürlich denkbar, dass ein sinnlicher Repräsentant auch der
kategorialen Intention Erfüllung geben kann, indem er auf andere Weise,
d. h. kategorial, aufgefasst wird, also im Sinne eines Auffassungswechsels
(a). Husserl glaubt jedoch nicht, dass dies der Fall sein kann. Es könnte
sich dabei z. B. um den sinnlichen Repräsentanten der Gegenstände der
Sonderwahrnehmungen handeln. Es wäre aber dann nicht einzusehen,
warum zur Erfüllung der kategorialen Intention die Aktfolge der kategori-
alen Anschauung überhaupt vollzogen werden muss. Man müsste nämlich
dann aufgrund der schlichten Gegebenheit allein, d. h. ohne weitere
Anschauung und Aktivität, eine kategoriale Intention erfüllen können.
Dasselbe Argument bekräftigt – neben den deskriptiven Befunden des 6.

32 Vgl. 688. In Erfahrung und Urteil wird deutlich, dass diese Formen „nicht eine Selbständig-
keit gleicher Art“ besitzen wie das „ist“-Urteil, und zwar aus folgendem Grund: „Es tritt hier
nicht jene Synthesis partialer Deckung ein“, d. h. es gibt hier keine „explikative Deckung“,
vgl. EU, 135, 223, 254, 297. An anderer Stelle stellt Husserl heraus, dass die Kollektion „keine
sachlich, in den Inhalten der kolligierten Sachen gründende Einheit“ ist Husserl 1939, 127.
Hierzu auch, Hua XII, 64 f.
Kategoriale Anschauung 225

Kapitels – auch, dass für die Erfüllung der kategorialen Intention niemals
ausschließlich ein Inhalt der äußeren Sinnlichkeit in Frage kommt (b). Es
muss stets noch etwas an gegebenem Inhalt hinzutreten.
Aber mit der äußeren Wahrnehmung sind noch nicht alle sinnlichen
Repräsentanten erfasst, d. h., es könnte auch die innere Wahrnehmung von
Aktvollzügen selbst als Quelle der Fülle in Betracht kommen (c). Husserl
selbst hat eine solche Lösung wohl eine Zeit lang für durchführbar gehalten.
In der 1. Auflage im 7. Kapitel der VI. Untersuchung („Studie über kate-
goriale Repräsentation“) kommt Husserl zu dem Ergebnis, dass kategori-
ale Intentionen durch Auffassung eines Reflexionsinhaltes erfüllt werden.33
Dies entspricht genau der genannten dritten möglichen Interpretation der
erfüllenden Deckungssynthesen (c). Sie behauptet: Der in der kategorialen
Anschauung aufgefasste und Fülle gebende Inhalt ist derselbe Inhalt, der
den vollzogenen kategorialen Akt in der inneren Wahrnehmung darstellt.
Es gibt dann einen Auffassungswechsel zwischen der schlichten und der
kategorialen Auffassung dieses Inhalts: In der inneren Wahrnehmung wird
dieser Inhalt schlicht aufgefasst, und zwar als Darstellung des „aktuellen
Vollzuges“ dieses Aktes, und in der kategorialen Anschauung wird dieser
Reflexionsinhalt dann kategorial aufgefasst und bietet ihr Erfüllung.
Im Vorwort zur 2. Auflage weist Husserl dann die Interpretation des 7.
Kapitels – leider weitgehend ohne Angabe von Gründen – zurück, er sagt
lediglich, dass er sie nicht mehr vertritt (535). Dabei deutet er aber zugleich
an, dass die Theorie der kategorialen Anschauung selbst von dieser Selbst-
kritik nicht betroffen sei.34 Er schreibt in direktem Anschluss an die kurze
Rekapitulation des 6. Kapitels: „Es tut dem Gesagten keinen Eintrag, wenn
ich hinzufüge, daß ich heute, nach zwanzigjähriger Fortarbeit, vieles so
nicht mehr schreiben würde, daß ich manches, wie z. B. die Lehre von der
kategorialen Repräsentation, nicht mehr billige.“ (535)
Obwohl also das 7. Kapitel später für ungültig erklärt wurde, möchte ich
sein Argument kurz nachzeichnen, und zwar damit der Sinn und die Reich-
weite dieser Selbstkritik deutlich wird, d. h. klar wird, ob damit auch Thesen
des 6.Kapitels getroffen sind.35 Im 7. Kapitel der VI. Untersuchung beginnt

33 Vgl. 708 und Lohmar 1990, 179–197. Tugendhat hat die Ansicht vertreten, dass der
„aktuelle Vollzug der kategorialen Synthesis“ der kategorialen Intention Erfüllung gibt, vgl.
Tugendhat 1970, 118–127.
34 Bereits die Selbstanzeige (1901) der Logischen Untersuchungen übergeht das 7. Kapitel mit
dem Hinweis, es sei „ergänzenden Ausführungen gewidmet“ (782).
35 Vgl. hierzu meine detaillierte Textstudie zum 7. Kapitel in Lohmar 1990, 179–197. Auf
diese Studie muss ich auch für alle weiteren Fragen verweisen, denn ein selbstkritisch zurück-
226 Dieter Lohmar

Husserl mit der Diskussion der Frage, welchen Charakter die Inhalte haben,
die der kategorialen Intention Fülle geben können. In § 54 konzentriert er
sich auf den Fall der Kollektiva und hält (richtig) fest, dass es in diesem
Fall immer derselbe Inhalt sein muss, der die Erfüllung bereitstellt. Aller-
dings verallgemeinert er diesen Befund (fälschlicherweise) auf alle Fälle der
kategorialen Intention, so dass er meint, „daß bei allem Wechsel fundieren-
der Akte und Auffassungsformen der repräsentierende Inhalt für jede Art
fundierter Akte ein einziger ist“ (699). Er erwartet aber weiterhin, „erlebte
Inhalte“ als Repräsentanten des kategorialen Gegenstandes zu finden, und
nachdem er (in § 55) kurz die Alternative uneigentlicher oder analogischer
Repräsentanten geprüft und verworfen hat, so müssen dies – zumindest im
Selbstverständnis der 1. Auflage der Logischen Untersuchungen – immer noch
sinnlich gegebene Inhalte sein (vgl. 700). Selbstkritisch bekennt Husserl
später, dass er an dieser Stelle der von Brentano „schulmäßig vorgegebenen
Schablone“ gefolgt ist, nach der alles anschaulich Gegebene in innerer oder
äußerer Wahrnehmung gegeben sein muss.36
Da er zuvor schon die Inhalte der äußeren Sinnlichkeit als Repräsentan-
ten ausgeschlossen hat, muss es ein Inhalt der inneren Sinnlichkeit sein,
der die Fülle der kategorialen Intention gibt.37 So glaubt Husserl, dass es
die „psychische Verbindungsform“ ist, d. h. das „psychische Band“, das die
kategoriale Intention erfüllt. Denn einerseits ist dies ein Inhalt der inneren
Wahrnehmung, da der kategoriale Akt selbst in innerer Wahrnehmung
erfahren ist, und zudem ist dieser Inhalt bei jeder Verknüpfungsform
immer der gleiche: „Das psychische Band, das im aktuellen Identifizieren
und Kolligieren u. dgl. erlebt ist (im ‚aktuellen‘, d. i. im eigentlichen, intu-
itiven), glauben wir in der oben erwogenen Möglichkeit auf ein überall
Gemeinsames reduzieren zu können […] und in dieser Reduktion denje-
nigen Repräsentanten ergibt, der speziell zum Moment der kategorialen
Form gehört.“ (702) Dasjenige also, was bei Kollektiva durchaus zutrifft,
nämlich, dass der Vollzug der kategorialen Intention „und“ zur Erfüllung
der Intention beiträgt, wird jetzt in einer eher psychologisierenden Inter-
pretation auf alle Formen der kategorialen Anschauung übertragen: Der
aktuelle (= intuitive)38 Vollzug der kategorialen Akte selbst erfüllt die kate-

genommenes Theoriestück sollte nicht in der gleichen Eindringlichkeit kommentiert werden


wie die weiterhin gültigen Elemente.
36 Vgl. hierzu Husserl 1939, 127; Lohmar 1990, 179–189.
37 Die Ausschließlichkeit dieser von der Brentano-Schule vorgegebenen Alternative wird er
aber später selbstkritisch zurücknehmen, vgl. Lohmar 1990, 180–184.
38 Für die Gleichsetzung von „aktuell“ mit „intuitiv“, vgl. Lohmar 1990, 190.
Kategoriale Anschauung 227

goriale Intention. Es ist daher nur konsequent, wenn der erfüllende Inhalt
hier auch als „Reflexionsinhalt“ interpretiert wird.39 Natürlich muss zuvor
ein Wechsel der Auffassung stattfinden: Derselbe in innerer Wahrnehmung
erlebte Inhalt, der uns schlicht aufgefasst in der Reflexion den Aktvollzug
selbst darstellt, wird nun in anderer, kategorialer Weise aufgefasst und kann
dann die kategoriale Intention erfüllen (vgl. 708, Zeile 3–9).
Bereits während der Abfassung des 7. Kapitels ist Husserl seiner Ausle-
gung gegenüber skeptisch.40 Zudem steht diese Interpretation im kontra-
diktorischen Gegensatz zu einigen gut begründeten Ergebnissen des 6.
Kapitels41 Ein weiteres Problem dieser Lösung ist, dass man auf diese Weise
immer denselben Inhalt zur Erfüllung kategorialer Intentionen heranzieht,
nämlich den Aktvollzug. Die notwendige Rücksicht auf die sinnlich-inhalt-
liche Seite der Erkenntnis ist hiermit ebenfalls nicht zu vereinbaren. Auch
die deskriptiv gut begründeten Unterschiede, die im 6. Kapitel bei den
Evidenzstilen der kategorialen Akte herausgearbeitet worden sind, werden
auf diese Weise ignoriert und es werden bereits entdeckte Differenzen
wieder verschüttet. So wird es in dieser Konzeption fast unmöglich, die
Unterschiede zu benennen, die es ausmachen, dass das Urteil „Die Tür
ist rot“ wahr, das Urteil „Die Tür ist braun“ falsch ist. Um diese Schwie-
rigkeit zu beheben, muss Husserl daher die Möglichkeit des Vollzuges des
kategorialen Aktes „irgendwie“ von der sinnlichen Gegebenheit abhängig
machen.42
Aus allen diesen Gründen kommt die innere Wahrnehmung des Vollzuges
der kategorialen Synthese als erfüllender Inhalt nicht in Frage. Husserl hat
später die Undurchführbarkeit dieser Lösung erkannt und auch die Inter-
pretation des 7. Kapitels verworfen.43 Allerdings hat er dies in so sparsamen

39 Husserl schreibt: „Als rein kategoriale Repräsentanten können ausschließlich Reflexions-


inhalte fungieren.“ (709)
40 Er schreibt: „wenn die oben versuchte und sorgsamster Nachprüfung bedürftige Interpre-
tation richtig ist“ (705 unten).
41 So schreibt er z. B. über die These, dass die Reflexion möglicherweise der Ursprung kate-
gorialer Formen sei, dass dies eine „grundirrige Lehre“ (668) ist und er kritisiert Locke für
seine Lehre, „welche den Ursprung des Begriffes Sein in der Reflexion auf das Urteil glaubt
finden zu können. Einen solchen Ursprung also leugnen wir“ (669).
42 Hiermit ringt er noch im § 62 des 8. Kapitels. Tugendhat hat nicht gesehen, dass der § 62
des 8. Kapitels den Fehler des 7. Kapitels mit einer lediglich verbalen Variation wiederholt und
deshalb von derselben Selbstkritik getroffen wird wie das 7. Kapitel. Daher sieht Tugendhat
den „sinnlich bedingten“ aktuellen Vollzug als brauchbaren Repräsentanten der kategorialen
Intention an, vgl. Tugendhat 1970, 123 f.
43 Vgl. das Vorwort zur 2. Auflage der Logischen Untersuchungen, 535.
228 Dieter Lohmar

Worten getan („daß ich manches, wie z. B. die Lehre von der kategorialen
Repräsentation, nicht mehr billige“, 535), dass die genauen Gründe der
Selbstkritik und damit auch ihre Reichweite unklar bleiben. Es scheint sich
jedoch bei sorgfältiger Interpretation der verschiedenen Aspekte der Selbst-
kritik deutlich abzuzeichnen, dass die Konzeption des 6. Kapitel von der
Selbstkritik an der Theorie des kategorialen Repräsentanten nicht betroffen
ist. Dies deutet Husserl im Vorwort zur 2. Auflage schon an, wenn er nach der
Darstellung des 6. Kapitels mit den Worten fortfährt: „Es tut dem Gesagten
keinen Eintrag […]“ (535), um seine Selbstkritik des 7. Kapitels einzuleiten.
Husserls Interpretation der Inhalte, die die kategoriale Intention erfül-
len, folgt einem einfachen Muster, das Husserl von Brentano übernimmt,
nämlich der ausschließenden Dichotomie von äußerer und innerer Sinnlich-
keit: Wenn ein erfüllender Inhalt nicht der äußeren Sinnlichkeit entstammt,
dann muß er der inneren Wahrnehmung entstammen. Die dritte Alterna-
tive, die hiermit nicht erwogen wird, ist die, dass es sich bei den Inhalten, die
die kategoriale Intention erfüllen, gar nicht um sinnliche Inhalte handelt.
Wir können daher in der Folge von Husserls Selbstkritik auch einige
positive Bestimmungen der erfüllenden Inhalte herausarbeiten, d. h. der
Deckungssynthesen zwischen Partialintentionen. Wir haben gesehen, dass
z. B. bei „Die Tür ist blau“ in dem Übergang der Gesamtwahrnehmung
zur Sonderwahrnehmung der sinnliche Repräsentant auf doppelte Weise
fungiert.44 Durch den Übergang zwischen beiden Akten entsteht eine
Deckungseinheit zwischen der impliziten Partialintention auf das Blau
in der Gesamtwahrnehmung und der expliziten Intention auf das Blau in
der Sonderwahrnehmung (vgl. 682). Diese Deckungseinheit zwischen den
beiden Auffassungen, so schreibt Husserl, „nimmt nun selber die Funktion
einer Repräsentation an“ (682). Sie wird zum repräsentierenden Inhalt,
durch den die Tür als „blau seiend“ dargestellt wird.
Der Inhalt, welcher in dieser speziellen kategorialen Anschauung aufge-
fasst wird, ist also kein sinnlicher Inhalt, obwohl er auf schlichter Anschau-
ung beruht. Es ist die Deckung der Intentionen zweier oder mehrerer
Akte, die sich beim Übergang von der Gesamt- zur Sonderwahrnehmung
„aufdrängt“.45 Deckung wird – wie andere Inhalte auch – zunächst nur

44 Es ist zu beachten, dass dieser Hinweis auf das doppelte Fungieren desselben Repräsen-
tanten nicht einen Wechsel der Auffassungsweise (Auffassungsmodus) von sinnlich aufgefasst zu
kategorial aufgefasst meint, sondern lediglich einen Wechsel der inhaltlichen, und zwar beider-
seits sinnlichen Auffassung.
45 Der Begriff der „Deckung“ besitzt im Kontext der Erfüllungsproblematik bei Husserl eine
Doppeldeutigkeit. In und nach den Logischen Untersuchungen verwendet Husserl ihn auch oft in
dem Sinne, dass leere Intentionen durch Deckung mit den entsprechenden erfüllten Intentio-
Kategoriale Anschauung 229

„erlebt“. Wenn sich die Intentionen auf „blau“ decken, bedeutet das, dass
wir die Gleichheit der Intentionen bemerken, und zwar nicht nur in der
nachträglichen reflexiven Betrachtung, sondern bereits im Übergang
selbst. Dies „Bemerken“ besagt aber noch nicht, dass wir den Sachverhalt,
der sich so zeigt, erkennen oder thematisch haben. Diese Deckungsein-
heit drängt sich uns beim Übergang zwischen schlichten Akten passiv auf,
obwohl diese Akte selbst im Rahmen einer kategorialen Aktivität stehen.
Dieses eigentümliche Datum ist uns – paradox formuliert – in einem nicht-
sinnlichen „Sinn“ gegeben, d. h. im Modus ineinander übergehender und
sich deckender Intentionen, deren Deckung von uns bemerkt wird. Aber
es ist eben kein sinnliches Datum damit bemerkt. Und diese nicht-sinn-
liche Gegebenheit (d. h. die Deckungssynthesis) kann kategorial aufge-
fasst werden und erfüllt die kategoriale Intention „Die Tür ist blau.“ Die
Deckungssynthesen fungieren demnach als nicht-sinnliche Repräsentan-
ten.
Natürlich ist die Idee „nicht-sinnlicher Inhalte“ auf den ersten Blick ein
problematisches Element für Husserls Phänomenologie, die von der Sinn-
lichkeit und den in sinnlicher Anschauung erfüllten Wahrnehmungsakten
ausgeht. Dies zeigen aufs Deutlichste die Schwierigkeiten der Interpreta-
tion des Charakters dieser Erfüllung. Sie hat aber auch Vorzüge: Mit den
nicht-sinnlichen Deckungssynthesen haben wir ein wichtiges Charakteristi-
kum der kategorialen Repräsentation gefunden, das Husserls Erweiterung
des Anschauungsbegriffes als berechtigt erweist. Schlichte (einstrahlige)
und kategoriale (fundierte, mehrstrahlige) Akte unterscheiden sich nicht
nur in ihrem Aktaufbau und in dem kategorialen Gegenstand, sondern
sie unterscheiden sich auch in den aufgefassten Inhalten. Außerdem wird
verständlich, dass mathematische Erkenntnis sich nach dem gleichen
Modell (erfüllbar durch Deckungssynthesen zwischen Intentionen) verste-
hen lässt wie das Erkennen im Allgemeinen. Daneben wird die Notwen-
digkeit des Durchlaufens der kategorialen Aktkomplexion einsichtig. Ohne
den Vollzug der beiden ersten Phasen des kategorialen „Dreischritts“ (d. h.
der Gesamtwahrnehmung und der Sonderwahrnehmungen) können sich
die zur Erfüllung notwendigen Deckungssynthesen nicht einstellen. Man

nen erfüllt werden. Die Frage, wie die erfüllten kategorialen Intentionen überhaupt zu erfüllten
Intentionen werden, ist hiermit aber noch nicht berührt. Es handelt sich also um einen „trivi-
alen“ Begriff von Erfüllung und Deckung, der zumindest für den kategorialen Bereich keine
Einsicht in die Erfüllungsfunktion gewährt, bzw. das Problem nur weiter hinausschiebt. Die
Deckungseinheiten zwischen Partialintentionen (die hier thematisiert werden) stellen dagegen
einen Inhalt dar, der kategorial aufgefasst eine erfüllte kategoriale Intention ermöglicht. Hier
wird untersucht, wie kategoriale Intentionen zu erfüllten Intentionen werden.
230 Dieter Lohmar

darf sogar vermuten, dass die Erfüllung kategorialen Intentionen in jedem


Fall mit von nicht-sinnlichen Inhalten abhängt. Dieser Frage werde ich
jetzt kurz nachgehen.

13.5. Die Funktion der Sinnlichkeit in der kategorialen


Anschauung
Nachdem wir gesehen haben, dass sowohl sinnliche als auch nicht-sinn-
liche Inhalte einen entscheidenden Beitrag zur Erfüllung der kategorialen
Intention leisten, drängen sich weitere systematische Fragen auf: Im Verlauf
der gliedernden Akte, die willentliche Handlungen sind, können sich die
Deckungssynthesen zwischen intentionalen Gehalten passiv einstellen. Auf
den ersten Blick scheint es hierbei auf die sinnliche Erfülltheit dieser Parti-
alintentionen der fundierenden Akte wenig anzukommen. Bedeutet dies
aber dann eventuell, dass ich auf diese Weise die Erfüllung von allen kate-
gorialen Intentionen, d. h. auch von Sachverhalts-Intentionen, willentlich
herbeiführen kann? Für einige der kategorialen Formen, z. B. die Kollek-
tiva, trifft dies zu. Wenn es aber bei keiner der kategorialen Formen eine
begrenzende Funktion der Sinnlichkeit gäbe, dann würde dies ein schwer-
wiegendes Problem der phänomenologischen Erkenntnisklärung darstel-
len.
Ich denke jedoch, dass dieses Problem der Sache nach nicht vorliegt.
Dennoch zeigt sich hierin, dass es von entscheidender Bedeutung ist,
die Unterschiede zwischen den verschiedenen Formen der kategorialen
Anschauung zu beachten. Die Kollektiva zeigen, dass es Formen kate-
gorialer Anschauung gibt, bei denen der Vollzug der kategorialen Akti-
vität allein zur Erfüllung hinreicht. Diese Möglichkeit erweckt dann den
nahe liegenden, aber falschen Verdacht, dass es sich bei der kategori-
alen Anschauung um eine esoterische „übersinnliche“ Art der Erfahrung
handelt. Im schlimmsten Fall könnte sich die kategoriale Anschauung sogar
von ihrer Grundlage in der sinnlichen Anschauung vollkommen unab-
hängig machen.46 Um diese Vermutung zu entkräften, müssen wir noch
einmal genauer auf die Funktion der sinnlichen Anschauung in der kate-
gorialen Anschauung eingehen. Dabei müssen auch die Leistung und die

46 Von der Seite des Kantianismus ist mehrfach der Verdacht vorgetragen worden, die kate-
goriale Anschauung sei eine Art der „intellektuellen Anschauung“, gegen die bereits Kant in
der Kritik der reinen Vernunft erfolgreich argumentiert. Bei dieser Interpretation handelt es sich
jedoch um ein Mißverständnis, vgl. Lohmar 1998, Kap. III, 2, c.
Kategoriale Anschauung 231

Leistungsgrenze der willentlich vollziehbaren, gliedernden Akte innerhalb


der kategorialen Anschauung bestimmt werden, in deren Übergang sich
die Deckungssynthesen einstellen. Die Spannung folgender zwei Aspekte
muss dabei beachtet werden: Deckungssynthesen vollziehen sich passiv und
damit auf eine Weise, dass wir sie nicht willentlich herbeiführen können,
andererseits geschehen sie im Rahmen handelnder Aktivität.
In dem bereits genannten Fall der unthematischen identifizierenden
Deckungssynthesen (vgl. 678 f.) wird dies ebenfalls deutlich. In einer Vorle-
sung von 1906/07 geht Husserl noch einmal auf diese Schwierigkeit ein,
denn die „fließende Identifizierung oder Deckung“ „vollzieht sich“ passiv,
ohne dass wir diese Deckung willkürlich oder willentlich herbeiführen
können (Hua XXIV, 279). Wenn wir dagegen diese Identifizierung thema-
tisch als kategoriale Anschauung haben wollen, dann vollziehen wir aktiv
diejenigen Handlungen, die eine Deckung ermöglichen können. Es handelt
sich dann um ein aktives, gliederndes Wiederdurchlaufen der kontinuier-
lichen Wahrnehmung. Mit dieser Handlung allein können wir aber noch
nicht die Deckungssynthesen herbeiführen. Wir können sie insbesondere
auch nicht willentlich genau so erzeugen, wie wir wollen. Alles, was wir für
das Sich-Einstellen der Deckungen hier tun können, ist, dass wir die glie-
dernden Akte vollziehen, in deren Rahmen sie sich passiv einstellen können,
aber ob sie sich dann einstellen, und welche, das liegt nicht in unserer Macht.
Husserl erwähnt ausdrücklich diese deckungsermöglichende Aktivität:
„Die Erscheinungen werden gleichsam in Deckungsstellung gebracht“.
(Hua XXIV, 283) Dieses deckungsbegünstigende In-Deckungsstellung-
Bringen setzt Aufmerksamkeit und willentliche Aktivität des Ich voraus, es
reicht aber nicht hin, um den Erfolg zu sichern, der sich passiv einstellen
muss.47
Durch die Einsicht in die Rolle der nicht-sinnlichen Inhalte für die
Erfüllung der kategorialen Intention ist außerdem eine Frage wieder
äußerst dringlich geworden: Welche Funktion hat die Sinnlichkeit für die
Erfüllung der kategorialen Intention? Ein Vorzug nicht-sinnlicher Inhalte
liegt darin, dass man das Erkennnen in den formal-axiomatischen Diszipli-
nen verständlich machen kann. Mathematische Erkenntnis ist ein Fall von
Erkenntnis, weil sie die Struktur der kategorialen Anschauung hat und weil
sie auf den gleichen (nicht-sinnlichen) Inhalten beruht wie diese.48 Es wäre
jedoch ein Nachteil dieser Lösung, wenn durch sie die Abhängigkeit der

47 Vgl. zu dieser Möglichkeit Hua XXIV, 283.


48 Vgl. Lohmar 2006a, 164–189.
232 Dieter Lohmar

Anschauung von Sachverhalten von der Sinnlichkeit schwerer verständlich


würde.
Die Leistung der sinnlichen Anschauung lässt sich jedoch bei der kate-
gorialen Anschauung an vielen Stellen aufweisen. Das erste, schlichte
Gesamtergreifen des realen Gegenstandes ist eine Auffassung von sinn-
lich Gegebenem. In der genetischen Phänomenologie Husserls ist die
erfüllte Auffassung von etwas als etwas (mit Hilfe des Typus) von der
sinnlichen Anschauung abhängig. Auch höherstufige kategoriale Intenti-
onen auf komplexe Sachverhalte (Theorien) führen zuletzt auf die sinn-
liche Anschauung als Erfüllungsquelle und Sinnursprung zurück.49 Bereits
hinsichtlich der Form sprachlicher Urteile lässt sich jede noch so hochstu-
fige Theorie als durch Komplikation und Iteration von einfachen Urteils-
formen gebildet verstehen.50 In § 60 hält Husserl dann fest, „daß letztlich
alles Kategoriale auf sinnlicher Anschauung beruht, […] daß eine katego-
riale Anschauung […] ohne fundierende Sinnlichkeit ein Widersinn ist“
(712). In ihr erfüllt sich die schlichte Intention als fundierende Basis aller
höherstufigen Intentionen.
Die wichtigste Funktion der Sinnlichkeit zeigt sich bei allen fundie-
renden Akten jedoch in der Setzungsqualität (wirklich, möglich, ange-
nommen, zweifelhaft usw.). Nur aufgrund der sinnlichen anschaulichen
Selbstgegebenheit des Gegenstandes kann die Intention rechtmäßig die
Setzung „wirklich“ enthalten.51 Ein defizienter Modus der anschaulichen
Gegebenheit führt zu einer entsprechenden schwächeren Evidenz für die
Wirklich-Setzung, und damit kommt es zur Modalisierung ins „möglicher-
weise“ oder sogar „zweifelhaft“. Es gibt weiterhin Regeln der vernünftigen
Weitergabe solcher Modalitäten in der höherstufigen Erkenntnis: Auf der
Grundlage von fundierenden Akten mit der Modalität „zweifelhaft“ oder

49 Dies ist ebenfalls ein wichtiges Motiv der Reflexionen in der Krisis (Hua VI), die auf die
Lebenswelt als letzten Geltungsgrund der Wissenschaft führen.
50 Vgl. § 59. Hier greift Husserl auf seine Konzeption einer rein logischen Grammatik und
einer Formenlehre der Bedeutungen zurück (vgl. Hua XVIII, § 67, und die IV. Untersuchung),
die im Rahmen der Dreischichtung der subjektiven Leistungen der reinen Logik in ihrer
endgültigen Form erst in Formale und transzendentale Logik (Hua XVII, §§ 12–22) zu finden ist.
Vgl. hierzu Lohmar 2000, Kap. I, 1.
51 Diese Antwort klingt vielleicht allzu einfach, aber aufgrund der thematischen Vorgaben
kann ich hier nicht weiter auf die vielfältigen (auch genetischen) Elemente eingehen, die der
rechtmäßigen Setzung von Wirklichkeit zugrunde liegen müssen: intuitiv gebende Sinnlich-
keit, normal fungierende Kinästhesen, aufgrund von vorangegangenen Erfahrungen sedimen-
tierte Erwartungen hinsichtlich der (gegenwärtigen und zukünftigen) Erscheinungsweise und
der Eigenschaften der Gegenstände, die zugleich im Verlauf der aktuellen Erfahrung erfüllt
werden müssen, und noch mehr.
Kategoriale Anschauung 233

„bloß imaginiert“ ist es nicht „vernünftig“, einen Sachverhalt als „wirk-


lich“ zu setzen. Die Wirklich-Setzung von Sachverhalten verlangt fundie-
rende Intentionen mit der berechtigten Setzung „wirklich“ als notwendige
Bedingung. Anders ist es in formal-axiomatischen Disziplinen: Die abge-
leiteten Sätze innerhalb eines im ganzen „angenommenen“ axiomatischen
Systems von Urteilen können rechtmäßig immer nur die Setzung „gültig
unter den angenommenen Prämissen“ haben. Dennoch kann die These
der Ableitbarkeit einer Proposition aus den Axiomen (oder anderen Propo-
sitionen) als „wirklich“ und sogar „notwendig“ gelten. Da aber im Normal-
fall einfachster kategorialer Akte die Sinnlichkeit nur die Rechtmäßigkeit
der Setzungsqualität fundierender Akte begründet, also nur indirekt zur
Erfüllung der kategorialen Akte beiträgt, gibt es auf diesem Wege keine
Einsicht in den direkten Beitrag der Sinnlichkeit zur Erfüllung.
Wir haben aber bereits gesehen, dass die Sinnlichkeit auch direkt zur
Erfüllung der kategorialen Intentionen beitragen kann. Husserl unter-
scheidet von den rein kategorialen Akten die gemischten kategorialen Akte,
deren Erfüllung vom sinnlich Gegebenen mit abhängt. Er sieht z. B. in dem
Fall „A grenzt an B“ ein sinnlich gegebenes Einheitsmoment der „Angren-
zung“, das beide Beziehungsglieder sinnlich miteinander verknüpft (vgl.
684 f., 712 f.). Mit dem „sinnlichen Angrenzen“ allein ist jedoch der Sach-
verhalt „A grenzt an B“ noch nicht gegeben. Dazu ist ein Akt erforderlich,
der sich in bestimmter Weise auf „A“, „B“ und das „Angrenzen“ richtet.
Im Verlauf dieses Aktes stellen sich auch nicht-sinnliche Inhalte ein, z. B.
Deckungseinheiten zwischen Partialintentionen. Den rein kategorialen
Akten bieten allerdings nur die nicht-sinnlichen Inhalte Fülle.
Wir haben die Beschreibung der kategorialen Anschauung bisher (wie im
6. Kapitel der VI. Untersuchung) nur für die einfachsten Formen durch-
geführt. Die bisher gefundene Struktur hat jedoch auch Konsequenzen für
die höherstufigen Formen. Wir hatten gesehen, dass die gliedernden Akte
in den einfachsten Fällen kategorialer Anschauung schlichte Wahrneh-
mungen sind. Bei den höherstufigen Formen der Erkenntnis fragt es sich,
auf welche Weise kategoriale Gegenstände (z. B. Sachverhalte bzw. Urteile
darüber) zur Grundlage höherstufiger Erkenntnisse werden können. Würde
sich z. B. herausstellen, dass die gliedernden Akte immer voll anschaulich
sein müssen, um die volle Anschaulichkeit der auf sie fundierten katego-
rialen Intention zu garantieren, dann stehen wir vor einer Schwierigkeit,
die man das Problem der Durchführbarkeit nennen könnte. Wir müssten
nämlich, damit die fundierenden Urteile voll anschaulich sind, in den
gliedernden Akten der kategorialen Synthese höherer Stufe jeweils eine
vollanschauliche kategoriale Anschauung vollziehen. In einem komplexen
234 Dieter Lohmar

Urteilszusammenhang z. B. einer Theorie müsste man demzufolge immer


alle Urteile neu vollziehen, auf die man sich in weiteren Folgerungen
bezieht. Die Undurchführbarkeit dieser Konzeption kann man sich z. B.
am Beispiel der axiomatischen Mathematik sofort einsichtig machen. Um
einen Satz zu beweisen, müsste ich alle vorhergehenden Sätze im selben
Zusammenhang neu vollziehen, und zwar in einem einzigen Aktzusam-
menhang.
Wenn also höherstufige kategoriale Anschauungen beliebig hoher
Komplexion möglich sein sollen, dann muß es auch möglich sein, kategori-
ale Gegenstände in schlichten Zuwendungen zu intendieren. Die schlichte
Zuwendung zu kategorialen Gegenständen erfolgt durch die Nominalisie-
rung, worauf der § 49 eingeht.52 In der Nominalisierung werden vielstrah-
lige kategoriale Intentionen sozusagen wieder „vereinfacht“, ich kann z. B.
auf ein Urteil („Die Bremsen des Wagens sind defekt“) mit einer einstrah-
ligen Intention „Dies“, d. h. mit einer Nominalisierung, zurückgreifen und
über diesen Sachverhalt höherstufig urteilen: „Dies ist gefährlich!“, „Dies
stimmt nicht!“, „Dies ist wahr!“.53
Aber nicht nur für den Inhalt, sondern auch für den Grad ihrer Erfüllt-
heit muss es bei nominalisierten kategorialen Intentionen eine Art „funk-
tionales Surrogat“ geben, damit wir, z. B. in der Entwicklung einer Theo-
rie, immer zu höherstufigen Erkenntnissen weitergehen können. Es kann
jedoch nur ein Surrogat sein, denn die Evidenz der Sache selbst würde eine
unendliche Komplizierung von zugleich vollzogenen (oder kurz aufeinan-
der folgenden) kategorialen Akten verlangen. Für diese Surrogatfunktion
kommt in erster Linie die Setzungsqualität des kategorialen Aktes in Frage.
Wir sahen bereits, dass die sinnliche Erfülltheit der schlichten Akte deren
Setzungsqualität „wirklich“ rechtfertigt. Die darauf aufbauenden katego-
rialen Akte können nur aufgrund solcher berechtigter Wirklich-Setzung
auch die Sachverhaltsintentionen über diese Gegenstände als „wirklich“
setzen (notwendige Bedingung). Es muß dazu aber auch der Sachver-
halt „wirklich“ bestehen, d. h. er muss intuitiv gegeben sein und diese
hinreichende Bedingung kann nur die kategoriale Anschauung bieten.

52 Vgl. zu Nominalisierung und nominalisierendem Rückgriff, 685 f., bzw. zur Substantivie-


rung EU, § 58.
53 Husserl behandelt diesen einstrahligen Rückgriff auf kompliziert gebaute kategoriale Voll-
züge auch unter dem Stichwort der sekundären Sinnlichkeit. Ein Urteil z. B. „kann in der
Abwandlung einer Passivität auftauchen, in der Weise einer ‚sekundären Sinnlichkeit‘“ (Ms. A
III 13, Bl. 34 b). Die verschiedenen Evidenzformen dieser sekundären Passivität stellt Husserl
z. B. in Hua XVII, 314–326 (Beilage II) dar. Sie bilden das funktionale Surrogat der Anschau-
lichkeit des kategorialen Gegenstandes.
Kategoriale Anschauung 235

Die Setzungsqualität der Sachverhaltsintention fungiert dann in weiteren


höherstufigen kategorialen Akten als Surrogat der Anschaulichkeit der
kategorialen Intention.
Ein weiteres Problem bei Theorien ist, dass es bei der Bildung von
höherstufigen kategorialen Formen – zumindest auf der signitiv-sprach-
lichen Ebene – sehr viel Freiheit gibt. Ich kann nicht nur sachlich Falsches
behaupten, sondern sogar Widersprüche formulieren. In den §§ 62 und
63 des 8. Kapitel untersucht Husserl daher, ob es hierfür nicht regelnde
Gesetze gibt, denn, obwohl wir fast alles formulieren können, „wirk-
lich vollziehen können wir die Fundierungen nicht auf jeder Grundlage,
wir können den sinnlichen Stoff nicht in beliebiger kategorialer Form
anschauen“ (717). Natürlich geht es bei den gesuchten Gesetzen nicht
um solche, die jeweils nur für bestimmte sinnliche Inhalte und bestimmte
reale Gegenstände gelten.54 Husserl beschränkt seine Untersuchung auf
die Frage nach solchen Idealgesetzen, die kategoriale Formen binden, von
denen man lediglich voraussetzt, dass sie überhaupt „möglich“ sind, d. h.
für die es zumindest in einem Fall eine anschauliche Erfüllung gibt und
sei es auch nur in einer verbildlichenden Imagination (vgl. 718 f.). Die
gesuchten Idealgesetze eigentlichen anschaulichen Denkens gehören also
zu den kategorialen Formen in specie (717). Es sind rein analytische Gesetze,
in denen auf die besonderen, beurteilten Stoffe nur mit algebraischen
Symbolen verwiesen wird („S ist p“). Um sie zu finden verwendet Husserl
die (ideierende) generalisierende Abstraktion. Dabei setzt er lediglich voraus,
dass der in den kategorialen Formen bestimmte Stoff des Erkennens belie-
big, aber identisch ist, dass also „die Spezies der Stoffe völlig frei variierbar
sind“, aber der Stoff dennoch identisch bleibt (719 f.). Diese Gesetze des
eigentlichen Denkens sind zudem hypothetisch, d. h. sie sagen lediglich,
dass, wenn ein beliebiger Stoff eine bestimmte kategoriale Form annehmen
kann (g ist ein Teil von G), dann sind andere kategoriale Formungen dessel-
ben Stoffes idealiter ebenfalls „möglich“ (G ist ein Ganzes, das g umfasst).
Lässt man dann noch die Bedingung fallen, dass die kategoriale Formung
zumindest in einem Fall anschaulich erfüllbar, d. h. „möglich“ sein muss,
dann sucht man nur noch nach Gesetzen des „uneigentlichen“ Denkens
(§ 63). Jetzt hat man es mit einem weit umfangreicheren Gebiet signitiver
Intentionen zu tun, nämlich mit der Gesamtheit aller durch Kombination
und Iteration von Aussageformen zu bildenden, (sinnvollen) sprachlichen

54 Husserl schreibt: „Welche kategoriale Formung aber ein beliebiger […] Stoff de facto zuläßt,
[…] darüber besagen die in Rede stehenden idealen Bedingungen, die analytischen Gesetze,
nichts.“ (719)
236 Dieter Lohmar

Aussagen. Aber auch hierfür gibt es Idealgesetze, die ebenfalls mit der
Methode der generalisierenden Abstraktion zu erhalten sind, z. B. werden
analytische Widersprüche (ein A, welches nicht A ist) hiermit als wider-
sinnig ausgeschlossen.55 Diese Gesetze der reinen Logik gelten aber nicht
nur für die menschliche Vernunft, sondern für jeden denkenden Verstand
überhaupt (vgl. § 64). Andere Lebewesen mögen eine andere Sinnlichkeit
haben, aber die Gesetze des eigentlichen Denkens gelten auch für sie, denn
andernfalls würde die unbeschränkte Allgemeinheit ihrer Geltung auf
zufällige, empirische Bedingungen eingeschränkt. Auch eine naturhisto-
rische Veränderung der Gesetze der reinen Logik ist widersinnig (728).56
Husserls Theorie der kategorialen Anschauung in der VI. Untersuchung
bietet also eine griffige, systematisch durchgestaltete und gut begründete
phänomenologische Theorie des Erkennens in allen seinen Formen, bis
hin zu den Prinzipien der reinen Logik. Die selbstkritische Korrektur von
Husserls erster, fehlgehender Interpretation des Charakters der anschau-
ungstragenden Deckungssynthesen bildet dabei eine gewisse Verständnis-
schwierigkeit, aber die grundlegende, deskriptiven Analyse der Erkenntnis
im 6. Kapitel der VI. Untersuchung bleibt weiterhin gültig.

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55 Der volle Sinn der hier konturierten analytischen Gesetze erschließt sich jedoch nur im
Kontext von Husserls Theorie der Schichten subjektiver Leistungen in den Formalwissen-
schaften Logik und Mathematik, die er in den Prolegomena (Hua XVIII, §§ 67 ff.) und in der
IV. Untersuchung darstellt. Vgl. hierzu Anmerkung 50.
56 Husserl diskutiert diesen Spezies-Relativismus der Logik auch in den Prolegomena bei
Sigwart (Hua XVIII, § 39) und Benno Erdmann (Hua XVIII, § 40). Diese Idee variabler Denk-
gesetze ist widersinnig (Hua XVIII, 153) und als extremer Relativismus führt sie in den Skep-
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Kategoriale Anschauung 237

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Sokolowski, R. 1968: „The Logic of Parts and Wholes in Husserl’s Investigations“, in:
Philosophy and Phenomenological Research 28, 537–553.
Sokolowski, R. 1971: „The Structure and Content of Husserl’s Logical Investigations“, in:
Inquiry 12, 318–347.
Soldati, G. 1994: Bedeutung und psychischer Gehalt. Eine Untersuchung zur sprachanalyti-
schen Kritik von Husserls früher Phänomenologie, Paderborn u. a.
Soldati, G. 1999: „What is formal in Husserl’s Logical Investigations?“ in: European Journal of
Philosophy 7, 330–338.
242 Auswahlbibliographie

Thyssen, J. 1959: „Husserls Lehre von den ‚Bedeutungen‘ und das Begriffsproblem“, in:
Zeitschrift für philosophische Forschungen 13, 163–186; 438–458.
Zahavi, D. 1992: „Constitution and Ontology. Some Remarks on Husserl’s Ontological
Position in the Logical Investigations“, in: Husserl Studies 9, 111–124.
Zahavi, D. 1992: Intentionalität und Konstitution. Eine Einführung in Husserls Logische
Untersuchungen, Kopenhagen.
Zahavi, D. 2002: „The Three Concepts of Consciousness in Logische Untersuchungen“, in:
Husserl Studies 18, 51–64.

VII. Bibliographien
Lapointe, F. H. 1980: Edmund Husserl and His Critics. An International Bibliography (1884–
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Mickunas, A./Stewart, D. 1974: Exploring Phenomenology. A Guide to the Field and its
Literature, Chicago.
Spileers, S. 1999: Husserl Bibliography (=Husserliana Dokumente IV), Dordrecht.
Zelaniec, W. 1996/97: „Husserl Bibliography“, in Husserl Studies 13, 237–240.

VIII. Husserl-Zeitschriften
Analecta Husserliana
Husserl Studies
Recherches Husserliennes

IX. Husserl-Lexikon
Drummond, J. 2008: Historical Dictionary of Husserl’s Philosophy, Lanham/Toronto/
Plymouth.
Personenregister

Abälard, P. 89 Gurwitsch, A. 56, 71, 118


Aristoteles 78, 81, 107, 140, 190 Hale, B. 85
Ayers, M. 95 Hanna, R. 4, 27, 29, 30, 31, 34, 37, 40, 41, 105
Heidegger, M. 156
Benoist, J. 5, 113, 123, 129 Held, K. 221
Berkeley, G. 14, 90, 94, 96, 97, 98, 125 Heuer, J.-S. 175
Bernet, R. 6, 44, 117, 154, 186, 189, 192, Holenstein, E. 45
194, 202, 206, 210, 218 Hopkins, B. C. 218
Beyer, C. 71 Hume, D. 13, 32, 72, 89, 90, 94, 95, 96, 97,
Blecksmith, R. 113 98, 99, 100, 102, 160, 185
Bolzano, B. 9, 10, 20, 28, 30, 49, 78, 128,
129, 132, 190 James, W. 101
Bort, K. 210
Brentano, F. 2, 5, 6, 43, 80, 90, 140, 141, Kant, I. 9, 30, 34, 39, 230
145, 146, 148, 156, 159, 160, 161, 162, Klein, F. 24
164, 168, 226, 228 Künne, W. 71, 173
Buridan, J. 89 Kusch, M. 28, 29, 34, 37

Cantor, G. 9, 24, 83 Locke, J. 14, 89, 94, 96, 102, 227


Carroll, L. 38, 39, 40 Lohmar, D. 6, 173, 209, 210, 218, 221, 222,
Chisholm, R. 141 225, 226, 230, 231, 232
Claesges, U. 221 Lorca, D. 184
Cobb-Stevens, R. 210 Lotze, R. H. 9, 20, 30, 49, 160
Cornelius, H. 89, 100
Crane, T. 142, 147, 177 Mach, E. 18, 19, 30
Marty, A. 126, 127, 128, 129
De Palma, V. 5, 43 Mayer, V. 6, 159, 160, 162
Derrida, J. 47 McDowell, J. 184
Descartes, R. 161, 162 McIntyre, R. 115, 116, 118
Dretske, F. 142 Melle, U. 44, 57, 161
Dreyfus, H. 118 Mensch, J. M. 47, 73, 219
Drummond, J. 5, 105, 115, 116, 119, 120, 183 Mertens, K. 203
Mill, J. 12, 13, 14, 29, 49, 90, 94, 97, 172
Erdmann, B. 29, 89, 236 Mohanty, J. N. 49, 116, 119, 176, 218
Erhard, C. 6, 159, 160 Mulligan, K. 71
Evans, J. C. 47, 68
Natorp, P. 37
Fine, K. 113 Nenon, T. 212
Fodor, J. 142 Nerenberg, G. 113
Føllesdal, D. 118 Null, G. 113
Frank, M. 68
Frege, G. 12, 28, 29, 30, 42, 43, 48, 50, 83, Ockham, W. v. 89
84, 85, 86, 162, 168
Peacocke, C. 68
Gentzen, G. 40 Perry, J. 68
Ginsberg, E. 113 Piazza, T. 163
Gödel, K. 15 Pietersma, H. 182
244 Personenregister

Quine, W. V. O 28, 42, 142, 174 Smith, Q. 184


Sokolowski, R. 113, 191, 193, 207, 210
Rang, B. 56 Soldati, G. 5, 61, 63, 68, 210
Rizzoli, L. 49 Stepanians, M. S. 175, 181
Rollinger, R. D. 177 Strawson, G. 142, 152
Rosado-Haddock, G. 26 Ströker, E. 210
Russell, B. 83, 84, 86 Süßbauer, A. 179
Ryle, G. 89
Tavuzzi, M. 175
Sartre, J.-P. 184 Tieszen, R. 4, 9, 15, 21, 24, 105
Schaar, M. van der 71 Tugendhat, E. 50, 63, 177, 185, 202, 205,
Schuhmann, K. 50 210, 218, 225, 227
Searle, J. 142 Twardowski, K. 50, 90, 148, 149
Seebohm, T. M. 210, 220
Senigaglia, C. 44 Welton, D. 50, 58, 119
Sheffer, H. M. 38 Willard, D. 113, 116, 210
Sigwart, C. v. 12, 14, 29, 190, 236 Wright, C. 85
Simons, P. 5, 77, 85, 113
Smith, A. D. 5, 71, 93, 115, 116, 118, 184 Zahavi, D. 6, 139, 140, 147, 155, 159
Sachregister

Abstraktion 5, 14, 16, 18, 23, 25, 77, 79, 83, 151–153, 155, 159, 165, 172, 181, 189,
84–86, 89, 93, 94, 96, 98–101, 106, 183, 191, 197, 230
214, 218–220, 235, 236 Begriff 1, 4, 5, 6, 9, 14, 17, 21, 33, 45, 48,
Ähnlichkeit 80, 82, 84, 100, 102, 143, 150, 50, 52, 61, 68, 69, 70, 72, 89, 93, 99, 118,
196, 202, 222 131, 133, 139, 140, 145, 146, 159, 161,
Akte 163, 168–171, 174, 175, 180, 184, 189,
– nicht-setzende 174, 175, 179–183 193, 198, 200, 201, 203, 209, 211, 212,
– nominale 169, 170, 171, 178, 179, 185, 214, 219, 221, 228
186 Bewusstsein 1, 2, 4, 5, 7, 15, 55, 56, 63,
– objektivierende 6, 181–184, 186, 190 74, 77, 78, 90, 93, 94, 96, 100–102, 109,
– propositionale 175, 180, 181, 185 117–119, 120, 139, 140, 141, 144–146,
– setzende 17, 112, 179, 186 148, 151–155, 172, 179, 195, 199, 202,
Allgemeinheit 10, 19, 20, 23, 25, 33–37, 41, 204, 206, 219
90, 93–101, 103, 162, 220, 236
Allgemeinheitsbewußtsein 100, 220 Deckung 191, 204, 211, 217, 220, 224, 228,
analytisch 5, 6, 21, 22, 28, 31, 42, 50, 77, 231
106, 112, 113, 142, 149, 170, 185, 235, Deduktion, deduktiv 11–13, 19, 20, 23, 24,
236 26, 40, 41, 62
Anschauung Demonstrativa 64, 67, 70, 72, 73
– kategoriale 101, 137, 210, 212, 213, Denken 3, 4, 19, 20, 21, 29, 41, 44, 52, 53,
230–234 58, 101, 102, 144, 151, 189, 218
– sinnliche 181, 209, 210, 217
Anzeichen 45, 46, 128 Eigenname 49, 69, 87, 88, 128, 171–173
a priori 3, 4, 9, 12, 20, 21, 24, 25, 27, 29, Einheit 10, 14, 15, 20, 36, 77, 84, 87, 88,
30, 32, 34, 35, 41, 45, 51, 52, 65, 88, 106, 106, 110, 111, 114
112, 113, 120, 137, 180, 202, 218, 219 Einzelding 9, 11–14, 17, 18, 22, 25, 34–36,
Äquivalenzrelation 83 95, 98, 100, 102, 110, 111, 113–115, 119
Art, Arten 1, 10, 30, 31, 44, 46, 52, 53, 55, Empfindung 2, 55–57, 151, 160, 162, 174,
57, 62, 66, 71, 73, 74, 77–79, 81, 84, 180, 182, 195, 196
87–89, 93, 94, 98, 99, 101, 110, 115–117, Empirismus 12–14, 17, 28, 32, 35, 79, 80,
123, 126–134, 136, 137, 144, 146, 147, 89, 90, 93, 96, 98–101, 124
149, 152, 153, 155, 161, 165, 167, 168, Epoché 155, 182
170, 171, 173, 175, 177, 181, 183, 185, Erfüllung 15, 46, 47, 51, 52, 53, 102, 117,
186, 190, 196, 198, 199, 210, 213, 214, 124, 134–136, 154, 177, 186, 189, 191–
223, 224, 226, 230, 234 194, 198, 200–204, 206, 207, 209, 213,
Auffassung 54, 55, 56–58, 84, 144, 145, 216, 220, 222–227, 229–231, 233, 235
195, 196, 204, 215, 216, 217, 225, 227, Erkenntnis 1, 3, 6, 49, 52, 85, 94, 102, 168,
228, 232 189–194, 199–201, 203–207, 212, 215,
Ausdruck 4, 5, 7, 21, 44, 47, 49, 50, 52–54, 219, 227, 229, 231–233, 236
63–73, 86, 113, 114, 128, 130–132, 136, Erlebnis 12, 13, 14, 16, 17, 30, 32, 43, 62,
152, 154, 161, 171–174, 177, 183, 186, 71, 74, 93, 99, 102, 116, 117, 120, 150,
190, 191, 201–203, 207, 223 153, 160, 167, 170, 200, 202, 203, 206
Evidenz 4, 6, 14, 17, 18, 33, 35, 94, 95, 96,
Bedeutung 1, 4, 5, 16, 17, 21, 22, 36, 44–49, 117, 156, 163, 168, 189, 194, 199, 200–
50–53, 55, 57, 59, 61–74, 78, 82, 86, 96, 203, 205–207, 213, 216, 232, 234
99, 102, 105, 109, 112–114, 116, 119,
120, 123, 124, 126, 127–136, 139, 144,
246 Sachregister

Form, formal 5, 9–11, 13, 14, 16, 19–25, 27, Kommunikation 53, 61–64, 69, 102
28, 31, 33–35, 37, 44, 46, 48, 50, 58, 62, Konkretum, konkret 5, 15, 16, 30, 70, 80,
65, 68, 72, 78, 79, 80, 81, 85, 89, 94, 96, 81, 85, 109, 110, 112, 114, 119, 131, 135,
100, 101, 106, 107, 110–112, 114, 119, 151
134, 135, 137, 142, 143, 149, 150, 162, Konsequenzlogik 22
169, 170, 173, 176, 177, 180, 186, 192, Konstitution 2, 18, 36, 45, 57, 58, 153, 154,
198, 199, 203, 205, 213, 219, 222, 223, 172, 183, 184, 214, 218, 221
226, 231–233, 235
Fülle 167, 192, 194, 195, 204, 205, 209, 216, Logik 1, 3, 4, 5, 6, 9, 10–26, 27–42, 43, 44,
224–226, 233 59, 77, 78, 91, 96, 105, 106, 113, 117,
Fundierung 2, 9, 11, 12, 15, 19, 21, 27–29, 119, 123, 133, 221, 232, 236
38, 39, 110, 111, 113, 114, 182–184, 212,
213 Mannigfaltigkeit 5, 19, 23, 24, 25, 48, 84,
153
Ganzes 4, 21, 25, 105, 106–120, 215, 216, Materie 4, 115, 116, 130, 149, 150, 159–
235 161, 163–171, 174, 178, 179, 180, 182,
Geometrie 19, 24, 25, 178 185, 195, 198
Grammatik 4, 5, 21, 22, 46, 49, 78, 89, 113, Meinen 44, 45, 46, 50–54, 56, 62, 63, 70,
123, 132, 133, 137, 232 74, 77, 79, 86–88, 99, 124, 131, 132, 135,
147, 152, 169, 194, 197, 198, 215, 216,
Hinweis 49, 206, 225, 228 223
Methode 59, 105–120, 218, 219, 236
ideal 27, 28, 20, 31, 34, 36, 37, 40, 41, 43, Moment 2, 15, 16, 74, 77, 80–82, 87, 90,
45, 47–49, 51, 53, 57, 64, 66, 73, 74, 77– 97, 107, 109, 110–112, 114, 117, 119,
79, 82, 84–87, 89–91, 95, 105, 110–117, 120, 130, 150, 153, 163–165, 168, 169,
119, 123, 125, 145, 152, 177, 189, 194, 175, 176, 191, 213–217, 219, 220, 222,
200, 201, 203–206, 210, 235, 236 233, 226
Idealismus 90 Motivation 62
Idealität 4, 17, 47, 53, 61, 73, 103, 116, 119
Idee 48, 49, 51, 77, 84, 89, 96, 101 Name, Namen 49, 50, 87, 96, 97, 99, 102,
Identifikation 105, 106, 117, 118, 186, 210, 108, 127, 132, 134, 135, 169–185, 193
211, 212, 214 Naturalisierung, Naturalismus 17, 78,
indexikalisch 5, 64, 65, 69, 73, 74 142–144
Induktion, induktiv 9, 12, 13, 33, 35, 45, 63 Noesis/Noema 118, 119
Inhalt, intentionaler 115–119 Nominalismus 79–81, 89, 91
Intention 14, 49, 52, 54, 61, 96, 102,
111, 117, 143, 147, 149, 152, 154, 165, Objektivität 1, 17, 36, 43, 61–65, 73, 74, 78,
177, 179, 189, 191–193, 195, 198–201, 91, 116, 118
203–205, 207, 209–212, 214–217, 219,
220, 222–235 Platonismus 9, 13, 15, 78, 80, 86, 90, 91, 95
Intentionalität 1, 4, 6, 55, 58, 59, 102, 105, Psychologismus 1, 3, 9, 12, 13, 14, 15, 17,
115–120, 123, 124, 127, 133–136, 139, 19, 28, 30, 33, 39, 42, 48, 101, 105, 117
140–144, 146, 147, 148, 149, 152, 153,
155, 156, 172, 183, 184 Qualität 4, 88, 112, 116, 143, 149, 150, 159,
163–169, 174, 175, 180–182, 195
Kategorie 21, 22, 24, 26, 81, 91, 95, 101,
105, 111, 112, 166, 180, real 14, 79, 87, 95
Kausalität, kausal 13, 16, 29–32, 34, 40, 85, reell 94, 106, 117, 118, 139, 147, 151, 182
99, 143–145, 152 Realismus 65, 66, 79, 148
Klasse 23–25, 83, 84, 87, 89 Reflexion 35, 48, 49, 115, 118, 119, 157,
Kollektion 16, 101, 222–224 181, 183, 225, 227, 229, 232
Sachregister 247

Reismus 80 128, 133, 134, 137, 142, 145, 153, 155,


relational 106–108, 114, 115, 118 163, 165, 168, 169, 170, 176, 177, 179,
Relativismus 14, 15, 17, 19, 33, 36, 202, 236 182, 183, 189, 211, 213, 214, 235
Repräsentation 56, 59, 98, 143, 144, 147, Trope 80–82, 87, 97
166, 210, 224, 225, 228, 229 Umfang 84, 88
Unsinn 5, 21, 132, 133, 136
Sachverhalt 10, 17, 21, 22, 45, 48, 49, 62, Urteil 1, 2, 13, 17, 33, 36, 44, 46, 48, 50, 52,
101, 114, 127, 135, 137, 168–170, 172, 59, 62, 68, 71–73, 93, 101, 110, 133, 134,
178, 179, 190, 191, 193, 197, 198, 201, 141, 146, 161, 162, 164–170, 172, 175,
207, 209, 216, 224, 229, 232, 233, 234 177–179, 186, 190, 191, 201, 207, 209,
Satz 49, 50, 62, 64, 66, 69, 73, 78, 123–137, 224, 227, 232–234
142, 149, 155, 159, 160, 169, 170, 172–
174, 179, 180, 182, 183, 185, 190, 200, Variation 24, 25, 98, 163, 220, 221, 227
216, 233, 234 Vernunft 10, 25, 39, 45, 59, 64–66, 230, 236
signitiv/symbolisch 18, 19, 52–56, 144, 151, Vorstellung 2, 10, 14, 16, 29, 43, 48, 50–52,
197, 198, 200, 211, 212, 215–217, 220, 54, 55, 69, 70–72, 74, 87, 100, 102, 107–
222, 235 109, 128, 129, 141, 148, 149, 159–186,
Sinn 4, 5, 10–15, 17–19, 21, 28, 29, 30, 36, 197, 221
39, 41, 50, 51, 53, 55, 58, 62, 63, 73, 93,
95, 96, 102, 106–111, 114–119, 123–136, Wahrheit 1, 14, 15, 17, 20–23, 30–37, 44,
139, 140, 149, 152, 154, 156, 163, 165, 59, 64–66, 94, 113, 117, 151, 162, 163,
168, 169, 175, 181, 184, 200–202, 210, 168, 189, 190, 192, 199, 202–207
212, 217, 219, 221, 223, 225, 229, 236 Wahrheitslogik 23
Sinnlichkeit 52, 170, 209, 216, 222, 224– Wahrnehmung 1, 2, 17, 46, 51, 53, 55–57,
226, 228–234, 236 61, 67, 70–72, 87, 111, 144, 152, 153,
Spezies 5, 14, 15, 16, 23, 77–80, 82–89, 90, 156, 157, 164, 166–170, 173, 175–177,
94, 95, 97, 108, 110, 112, 114, 116, 119, 180, 181, 186, 189–206, 210–233
235, 236 – äußere 156, 190, 193–198, 201–204, 210,
Sprache 46, 63, 77, 89, 116, 128, 186 224–226, 228
Stück 15, 49, 107, 109, 111, 147, 213, 214 – innere 156, 157, 166, 190, 210, 218,
(syn-)kategorematisch 114, 125–136, 174 224–227
Synthesis 45, 106, 173, 191, 192, 199, 200, Wesen 3, 10, 16, 20, 23, 28, 30, 45, 50, 78,
203, 204, 215, 220, 223–225 79, 96, 101, 110–113, 115–117, 119, 120,
synthetisch 28, 42, 112, 113, 120, 172, 192, 125, 126, 154, 160, 165, 171, 175, 177,
193, 199, 200, 206, 213–217, 223 190, 195, 197, 198, 203, 218, 221
System 10, 19, 24, 27, 40, 123, 145 Widersinn 21, 22, 23, 51, 52, 232

Teil 4, 6, 10, 11, 15, 16, 21, 25, 29, 30, 33, Zeichen 5, 11, 18, 44–47, 49, 53–55, 57, 59,
36, 71, 74, 89, 100, 105–115, 119, 123, 63, 114, 126–129, 143, 144, 168, 196, 197
Hinweise zu den Autoren

Jocelyn Benoist, Professor an der Universität Paris-I Panthéon-Sorbonne.


Wichtigste Veröffentlichungen: L’Apriori Conceptionelle. Bolzano, Husserl,
Schlick (1999), Intentionalité et Langage dans les ‚Recherches Logique‘
de Husserl (2001), Les Limites de L’Intentionalité (2005). Herausgeber:
Husserl et Wittgenstein. De la description de l’expérience à la phéno-
ménologie linguistique (Sandra Laugier, 2004). Zahlreiche Aufsätze über
Husserl, sowie über Themen und die Geschichte der Phänomenologie.

Rudolf Bernet, Ordinarius für Philosophie an der Universität Leuven (Belgien)


und Präsident des Husserl-Archivs. Wichtigste Veröffentlichungen: La vie du
sujet. Recherches sur l’interprétation de Husserl dans la phénoménologie
(1994), Edmund Husserl. Darstellung seines Denkens (zus. mit I. Kern und
E. Marbach, 19962), Conscience et existence. Perspectives phénoménolo-
giques (2004). Herausgeber zweier Bände der Husserliana: Texte zur Phäno-
menologie des inneren Zeitbewusstseins (1985), Die Bernauer Manuskripte
über das Zeitbewusstsein (zus. mit D. Lohmar, 2001). Zahlreiche Aufsätze
über Persönlichkeiten und Themen der Phänomenologie.

Vittorio De Palma, Lehrbeauftragter für Philosophie an der Universität von


Urbino (Italien). Wichtigste Veröffentlichungen: Il soggetto e l’esperienza. La
critica di Husserl a Kant e il problema fenome­nologico del trascendentale
(2001). Mitherausgeber von E. Husserl, Logica, psicologia e fenomenologia.
Gli Oggetti intenzionali e altri scritti (zus. mit S. Besoli, 1999).

John J. Drummond, Professor für Philosophie und Geisteswissenschaften


and der Fordham University in New York City. Wichtigste Veröffentlichun-
gen: Husserlian Intentionality and Non-Foundational Realism: Noema
and Object (1990), Historical Dictionary of Husserl’s Philosophy (2008).
Mitherausgeber von vier Aufsatzsammlungen über Husserl und die Phäno-
menologie. Herausgeber einer Sonderausgabe des American Catholic Philo-
sophical Quarterly zu Husserl. Zahlreiche Aufsätze über Husserl und die
Phänomenologie der Moral.

Christopher Erhard, M. A. ist Redakteur der Zeitschrift Philosophisches Jahr-


buch und promoviert in München zu Problemen der Intentionalität bei
Husserl.
Hinweise zu den Autoren 249

Robert Hanna, Professor für Philosophie an der University of Colorado in


Boulder. Wichtigste Veröffentlichungen: Kant and the Foundations of Analytic
Philosophy (2001), Kant, Science, and Human Nature (2006), Rationality
and Logic (2006), gemeinsam mit Michelle Maiese: Embodied Minds in
Action (2009). Zahlreiche Aufsätze über Kant, Heidegger und Husserl.

Dieter Lohmar, Professor für Philosophie an der Universität Köln. Wich-


tigste Veröffentlichungen: Phänomenologie der Mathematik (1989), Erfah-
rung und kategoriales Denken (1998), Edmund Husserls Formale und
Transzendentale Logik (2000), Phänomenologie der schwachen Phanta-
sie (2008). Zahlreiche Artikel zur Phänomenologie Husserls, zur neuzeit-
lichen Philosophie, zur interkulturellen Philosophie sowie zur Philosophie
der Formalwissenschaften.

Verena Mayer, Professorin für Philosophie an der Universität München.


Wichtigste Veröffentlichungen: Semantischer Holismus (1997), Gottlob
Frege (1996), Edmund Husserl (2009). Herausgeberin: Die Moralität der
Gefühle (gemeinsam mit Sabine Döring 2002), Gender Feelings. Gefühle
im Geschlechterdiskurs (gemeinsam mit Daniela Rippl 2008). Zahlreiche
Aufsätze über Husserl, Kant und Wittgenstein.

Peter Simons, Professor für Philosophie, Trinity College Dublin. Wichtigste


Veröffentlichungen: Parts (1987), Philosophy in Logic in Central Europe
from Bolzano to Tarski (1992). Herausgeber: History and Philosophy of
Logic (1993–2001), Autor von mehr als 200 Artikeln zu vielen Themen der
Philosophie und ihrer Geschichte.

A. D. Smith, Professor für Philosophie an der Universität Warwick. Wich-


tigste Veröffentlichungen: The Problem of Perception (2002), Routledge
Guidebook to Husserl: The Cartesian Meditations (2003). Zahlreiche
Aufsätze über Wahrnehmung, Metaphysik, die Geschichte der Philosophie
und Husserl.

Gianfranco Soldati, Professor für neuzeitliche und zeitgenössische Philoso-


phie an der Universität Freiburg (Schweiz). Wichtigste Veröffentlichungen:
Bedeutung und psychischer Gehalt (1994). Zahlreiche Aufsätze über
Subjektivität, Bedeutung und die Ursprünge der Phänomenologie.

Richard Tieszen, Professor für Philosophie an der San José State University
in Kalifornien. Wichtigste Veröffentlichungen: Phenomenology, Logic, and
250 Hinweise zu den Autoren

the Philosophy of Mathematics (2005), Mathematical Intuition: Phenom-


enology and Mathematical Knowledge (1989), Husserl’s Logic im Hand-
book of the History of Logic, Vol. III. (2004). Herausgeber: Between Logic
and Intuition: Essays in Honor of Charles Parsons (gemeinsam mit Gila
Sher 2000). Zahlreiche Aufsätze u. a. über Husserl, Gödel und den Intui-
tionismus.

Dan Zahavi, Professor für Philosophie und Direktor des Danish National
Research Foundation’s Center for Subjectivity Research an der Universität
von Kopenhagen. Wichtigste Veröffentlichungen: Husserl und die transzenden-
tale Intersubjektivität (1996), Self-awareness and Alterity (1999), Husserl’s
Phenomenology (2003), Subjectivity and Selfhood (2005), gemeinsam mit
Shaun Gallagher: The Phenomenological Mind (Routledge 2008). Heraus-
geber: One Hundred Years of Phenomenology. Husserl’s Logical Investiga-
tions revisited (gemeinsam mit F. Stjernfelt 2002). Chefredakteur der Zeit-
schrift Phenomenology and the Cognitive Sciences. Zahlreiche Aufsätze über
Husserl, Selbstbewusstsein und Intersubjektivität.

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