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Friedrich D.

 Hinze

Acht
Schritte
zur
Achtsamkeit
Ein Buch zum Tun und Lassen

Vandenhoeck & Ruprecht
Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation


in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische
Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN 978-3-525-40432-4

© 2011, Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen/ 


Vandenhoeck & Ruprecht LLC, Oakville, CT, U.S.A. / www.v-r.de

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Unterrichts­zwecke.

Printed in China

Grafisches Konzept und Gestaltung: Nikolaus Rulle, Köln


Fotos: Friedrich D. Hinze (S. 41, 146), Nikolaus Rulle (S. 150 – 151)
Druck und Verarbeitung: Hung Hing Printing Centre, Hong Kong

© 2010 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen


ISBN Print: 9783525404324 — ISBN E-Book: 9783647404325
Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit

Friedrich D. Hinze

Acht
Schritte
zur
Achtsamkeit
Ein Buch zum Tun und Lassen

Vandenhoeck & Ruprecht
© 2010 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen
ISBN Print: 9783525404324 — ISBN E-Book: 9783647404325
Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
6 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Inhalt

Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Erster Wegabschnitt


Können erwächst aus Wissen . . . . 18

Einführung: Die acht Schritte Erster Schritt zum


und der vornächste Schritt . . . . . . . 12 Prinzip der Achtsamkeit . . . . . . . . . 20
Worum es geht . . . . . . . . . . . . . . . . . 13 Der Begriff der Achtsamkeit . . . . . . . 21
Wohin es geht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 Das Prinzip Achtsamkeit . . . . . . . . . . 22
Wie es geht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 16 Der Hintergrund der Achtsamkeit . . 23
Die Gründe für die Achtsamkeit . . . . 24

Zweiter Schritt zur


Grundsubstanz Bewusstsein . . . . . 26
Unser Bewusstsein. . . . . . . . . . . . . . 27
Die Aufgaben unseres
Bewusstseins . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
Aufmerksamkeit und
Konzentration . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32

Dritter Schritt zum


Lebensraum und Lebensgang . . . . 36
Unser Lebensraum . . . . . . . . . . . . . . 37
Unser Lebensgang . . . . . . . . . . . . . . 38

Vierter Schritt zu den


Lebensaufgaben und
Lebensmitteln . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
Unsere Lebensaufgaben
– Beziehungsgestaltung . . . . . . . . . . 49
– Selbstführung . . . . . . . . . . . . . . . . 52
Die Aufgaben der Selbstführung . . . 54
Unsere Lebensmittel
– Unser Verstand . . . . . . . . . . . . . . . 57
– Unser Gefühl . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
– Ich und Selbst . . . . . . . . . . . . . . . . 60
– Körper, Seele und Geist . . . . . . . . . 63

© 2010 Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG, Göttingen


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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Ein Buch zum Tun und Lassen – Inhaltsverzeichnis 7

Zweiter Wegabschnitt Achter Schritt zum


Tun erwächst aus Einsicht . . . . . . . 68 Übungsraum »Achtsame
Beziehungsgestaltung« . . . . . . . . . 122
Die Einsichtskarten der Das Erfahrungslernen. . . . . . . . . . . 123
Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
Achtsam das WIR gestalten. . . . . . . 126

Fünfter Schritt zum Achtsam kommunizieren . . . . . . . . 129


Wissensraum Achtsam zuhören . . . . . . . . . . . . . . 131
»Achtsame Selbstführung« . . . . . . . 74 Achtsam reden . . . . . . . . . . . . . . . . 132
Achtsame Selbstführung. . . . . . . . . . 75 Achtsam Verantwortung tragen . . . 134
Die Einsichtskarten Achtsam Beziehungsprobleme
»Achtsame Selbstführung« lösen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136
– Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
Achtsam zur Versöhnung
– Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
beitragen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139
Die Aufgaben zur achtsamen
Achtsam innehalten. . . . . . . . . . . . . 143
Selbstführung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84

Der vornächste Schritt


Sechster Schritt zum
zu den Aussichten . . . . . . . . . . . . . 146
Übungsraum
»Achtsame Selbstführung«. . . . . . . 88 Aussichten. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146

Die Achtsamkeits-Meditation. . . . . . 89 Ansichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147

Der Körper und die Körper- Ansichten über Ihre Aussichten . . . 147
Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 Ganz aussichtslos ist es
Der Atem und die Atem- noch nicht. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150
Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 97
Das Gehen und das achtsame
Gehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 Die Einsichtskarten der
Der Alltag und die Alltags- Achtsamkeit – Übersicht . . . . . . . . 152
Achtsamkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 Empfehlung zum Weiterlesen . . . . . 153
Angebote zum Weitergehen . . . . . . 153
Siebenter Schritt zum
Wissensraum »Achtsame Weitere Informationen . . . . . . . . . . 153
Beziehungsgestaltung«. . . . . . . . . . 114
Achtsame Beziehungsgestaltung . . . 115
Die Einsichtskarten »Achtsame Dank . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154
Beziehungsgestaltung« Der Autor. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155
– Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116
– Anwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . 118
Die Aufgaben zur achtsamen
Beziehungsgestaltung . . . . . . . . . . 120

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ISBN Print: 9783525404324 — ISBN E-Book: 9783647404325
Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
8 Acht Schritte zur Achtsamkeit

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Ein Buch zum Tun und Lassen 9

Vorwort

Acht Schritte zur Achtsamkeit. Das ist klar und deutlich. Dass das Buch Sie dazu einlädt,
diese Schritte zu tun und zu lassen, ist allerdings ungewöhnlich.

Mit dem Wort Achtsamkeit verbinden Sie sicherlich Aussagen wie »Gib acht!« oder »Achte auf
dich!«. Und das gehört auch wesentlich zu der Achtsamkeit, wie sie in diesem Buch verstan-
den wird. Natürlich kommen noch viele weitergehende Gesichtspunkte dazu. Sie haben mit
der Selbstachtung und dem achtsamen Zusammenleben, unseren Werten, unserer Weiter-
entwicklung und dem Sinn unseres Lebens zu tun.

Die Schritte, die Sie zusammen mit dem Buch unternehmen können, sind unterschiedlich.
Mit geistigen Schritten können Sie Gedankengänge unternehmen, mit seelischen Schritten
innerlich mitgehen und mit körperlichen Schritten praktisch vorgehen. Auf diese Weise
wird wichtigen Lebensbedürfnissen Beachtung geschenkt: Ihrem Geist, der denken, wissen
und sich besinnen möchte. Ihrer Seele, die fühlen, erleben und inspirieren möchte. Und
Ihrem Körper, der sich bewegen, betätigen und seine Haltung bekunden möchte. Sie können
also voll und ganz auf Ihre Kosten kommen.

Dass es acht Schritte sind, hat seine Gründe. Im Buddhismus führt der »Edle Achtfache
Pfad«, dessen zentraler Bestandteil die Achtsamkeit ist, zur Befreiung. In der christlichen
Zahlensymbolik ist die Acht Zahl des Neubeginns. Und mit dem achten Tag beginnt eine
neue Woche. Alles das ist ganz im Sinne dieses Buches. Und außerdem: bei acht Schritten
werden Sie vielleicht am besten acht geben.

Das Tun und Lassen passt in gewisser Weise zu dem Spruch: »Du kannst tun und lassen, was
du willst!« Das heißt ja, dass beides zusammengehört. Und auch, dass es uns frei steht,
dieses zu tun und jenes sein zu lassen.

Auch bei der Achtsamkeit findet immer beides statt: das Tun und das Lassen. Das Besondere
ist, dass auch das Sein-Lassen getan wird. Wenn Sie achtsam sind, dann nehmen Sie die
Dinge bewusst wahr. Sie lassen sie aufmerksam auf sich zukommen und entschlossen hinter
sich. Sie lassen sich einfühlsam auf sie ein und lassen sie bereitwillig los. Dazu möchte ich
Ihnen schon jetzt in Aussicht stellen: Wenn es Ihnen gelingt, auch das Lassen zu tun, dann
wird Ihr Tun in besonderer Weise wohltuend sein.

Damit Sie wissen, was Sie zu tun und zu lassen bekommen, müssen Sie das Buch natürlich
lesen. Es ist also ein Lesebuch. Damit Sie sich von dem Gelesenen ein Bild machen können,
ist es ein Bilderbuch. Und damit Sie die Bilder Wirklichkeit werden lassen können, ist es ein
Übungsbuch.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
10 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Sie bekommen viel zu tun. Sie werden Wissen erwerben und darüber nachdenken, ob die
Achtsamkeit für Sie Sinn macht. Sie werden Einsichten gewinnen und danach zu handeln
versuchen. Sie werden sich im achtsamen Verhalten üben und erleben, was es bewirken
kann. Und Sie werden von der Achtsamkeit Gebrauch machen und in Erfahrung bringen, ob
sie für Ihr Leben wichtig ist.

Zentraler Bestandteil des Buches sind die Einsichtskarten der Achtsamkeit. Sie werden viel
mit ihnen arbeiten. Die Karten sind vielfältig und vielseitig anwendbar. Sie zeigen Ihnen
klar, was ist, sagen Ihnen, was am besten zu tun ist und dienen vor allem dazu, Ihnen Ein-
sichten zu vermitteln. Das Nützliche an den Einsichtskarten ist: Sie können mit ihnen die
Achtsamkeit ins Bild setzen und den Weg aufbauen, der zu ihr führt. Auf diese Weise kann
Ihr Tun »Hand und Fuß« bekommen, und Ihr Lassen kann sich mit Sinn erfüllen.

Ein Buch ist ein Angebot. Angebote kann man annehmen, ablehnen oder unverbindlich
ausprobieren. Bei diesem eher ungewöhnlichen Angebot liegt es ganz an Ihnen herauszufin-
den, ob es sich für Sie als richtig erweist. Dazu gebe ich Ihnen ein paar Hinweise und Emp-
fehlungen.

Die ersten vier Schritte des Buches sind verstandesnah und kopfbetont. Sie tun sie, um sich
Ihrer selbst und Ihres Lebens in einer besonderen Weise bewusst zu werden. Sie sollten die
Darstellungen zu den vielen verschiedenen Themen aufmerksam und eingehend lesen, sich
die Inhalte voll bewusst machen und sie zur geistigen Orientierung nutzen.

Die nachfolgenden vier Schritte sind körpernah und handfest. Sie tun sie, um sich selbst zu
verändern und Ihr Zusammenleben mit Ihren Mitmenschen anders zu gestalten. Am besten
ist es, wenn Sie sie mit »Leib und Seele« tun können und Ihr Herz mit dabei haben. Und wenn
Sie ein Ziel erreicht haben und dann zu dem Schluss kommen: »Es gibt nichts Gutes, außer
man tut es!«, dann wissen Sie, dass der Weg der Achtsamkeit der richtige für Sie ist.

Vieles, was wir uns vornehmen, bleibt ein guter Vorsatz, auf dem wir häufig sitzen bleiben.
Nehmen Sie sich aus dem Buch also immer nur das vor, was Sie dann auch tatsächlich in die
Tat umsetzen. Wir tun oft zu viel und zu schnell und wissen danach gar nicht, was wir
eigentlich geschafft haben. Lesen Sie so viel, wie Sie gut aufnehmen und behalten können.
Lassen Sie sich Zeit, das Gelesene zu verarbeiten. Üben Sie so oft, wie Sie können, und lassen
Sie es gut sein, wenn Sie genug getan haben. Auf diese Weise bleiben Sie im Fluss.

Die Achtsamkeit ist ein Lebensmittel und ein Heilmittel, aber sicherlich kein Allheilmit-
tel. Machen Sie also stets zweckmäßig und sinnvoll von ihr Gebrauch und nur so lange, bis
sie Ihnen genügend geholfen hat. Sich in Achtsamkeit zu üben, ist eine ernste Aufgabe. Sie
ist aber keine todernste Angelegenheit. Praktizieren Sie sie mit heiterer Gelassenheit. Das
achtsame Verhalten soll Ihnen ja Freude und Zufriedenheit bringen. Und Spaß machen
darf es auch.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Ein Buch zum Tun und Lassen – Vorwort 11

Einen Hinweis möchte ich Ihnen noch geben: Am Ende des Buches wird Ihnen nahegelegt,
achtsam weiter zu gehen. Vielleicht tun Sie das ja dann auch – aus Einsicht.

Beim Schreiben dieses Buches habe ich mich von diesen Wegweisern leiten lassen:

Das Lassen kommt vor dem Tun.

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es.

Können erwächst aus Wissen und Tun aus Einsicht.

Denken muss gesehen und Fühlen getan werden.

Arbeit braucht Spiel und Ernst Freude.

Schreibe, wie du redest, so schreibst du schön.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
12 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Einführung:
Die acht Schritte und der vornächste Schritt
Auf einen Blick

5
Wissensraum
Achtsame 6
4 Selbstführung Übungsraum
Lebensaufgaben
Achtsame
Lebensmittel
Selbstführung

7
3 Wissensraum
Lebensraum Achtsame
Lebensgang Beziehungs-
gestaltung

8
2 Übungsraum
Grundsubstanz Achtsame
Bewusstsein Beziehungs­-
1 gestaltung
Prinzip
Achtsamkeit

Abbildung 1
Die acht Schritte

Auf ein Wort


Auf dem Weg zur Achtsamkeit sind acht Schritte zu tun. Alle Schritte sind gleichwertig und
gleich wichtig. Jeder Schritt ist ein Ziel. Die Schritte sind miteinander verbunden und folgen
aufeinander. Jeder nächste Schritt lässt den vorangegangenen hinter sich. Jeder Schritt kann
einzeln getan und nach jedem Schritt kann stehen geblieben werden.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Einführung: Die acht Schritte und der vornächste Schritt 13

Worum es geht
Zur Achtsamkeit zu gelangen ist ein großes Ziel. Deshalb habe ich ein übergeordnetes Ziel
und drei kleinere Ziele gesetzt. Das übergeordnete Ziel ist, Sie dazu zu bewegen, sich selbst
wie dem Anderen Beachtung zu schenken.

Das erste Ziel ist, Ihnen Einsichten zu vermitteln. Diese werden Sie am besten dann gewin-
nen, wenn Sie das, was Sie an Wissen erwerben, einsehen. Wenn Sie es also bewusst in sich
aufnehmen und innerlich annehmen.

Das zweite Ziel ist, Sie zum Tun zu bewegen. Bewegen werden Sie sich, wenn Sie Beweg-
gründe haben, wenn Sie also gute Gründe dafür haben, sich bewusst in Bewegung zu setzen.
Und diese erhalten Sie durch Ihre Einsichten.

Das dritte Ziel ist, Sie zum Lassen zu bringen. Lassen können werden Sie, wenn Sie die Dinge
aufmerksam auf sich zukommen lassen, sich bewusst auf sie einlassen, sie bereitwillig
hinter sich lassen und bei alle dem gelassen sind.

Das Buch hat zwei Wegabschnitte. Auf dem ersten Wegabschnitt wird die Achtsamkeit im
Ganzen betrachtet. Sie wird in einen großen Zusammenhang gestellt und weitsichtig, tief-
sinnig und umfassend untersucht. Auf dem zweiten Wegabschnitt wird die Achtsamkeit mit
dem Alltagsleben verknüpft. Sie wird Ihnen als Wegweiser zur Verfügung gestellt, damit Sie
wissen, wo es lang geht. Und sie wird Ihnen als Wegbegleiter angeboten, der Ihnen eine
Handlungsanleitung an die Hand gibt.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
14 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Wohin es geht

Erster Wegabschnitt – Können erwächst aus Wissen


Mit den ersten vier Schritten betreten Sie den Grund und Boden der Achtsamkeit und den
Raum, in dem sie lebt. Sie erwerben Wissen über die Grundlagen der Achtsamkeit, beleuch-
ten ihre Hintergründe, erfahren, wo im Alltagsleben sie verwirklicht werden kann und ver-
stehen, wofür sie gewinnbringend und sinngebend ist.

Erster Schritt zum Prinzip der Achtsamkeit


Mit dem ersten Schritt stellen Sie den ersten Kontakt zur Achtsamkeit her. Zunächst können
Sie sich bewusst machen, was Sie mit der Achtsamkeit in Ihrem Alltagsleben zu tun haben.
Sie lernen die Achtsamkeit als Lebensprinzip kennen und erfahren, wo sie ursprünglich
herkommt und warum sie wichtig ist.

Zweiter Schritt zur Grundsubstanz Bewusstsein


Sie lernen Ihr Bewusstsein als die Grundsubstanz der Achtsamkeit kennen. Sie erwerben
Wissen über die Eigenschaften und Formen Ihres Bewusstseins und erfahren, wie es funk-
tioniert und welche Aufgaben es hat. Sie haben Gelegenheit, sich die Stärken und Schwächen
Ihres Bewusstseins bewusst zu machen und erfahren, dass Ihr Bewusstsein stark ist, wenn
es achtsam ist.

Dritter Schritt zum Lebensraum und Lebensgang


Mit dem dritten Schritt betreten Sie Ihren eigenen Lebensraum. Sie machen sich bewusst,
wie Ihr Außenleben und Ihr Innenleben aussehen und zusammenleben. Sie erfahren, wie
der Gang Ihres Lebens abläuft und welche Elemente dabei die Hauptrolle spielen.

Vierter Schritt zu den Lebensaufgaben und Lebensmitteln


Beim vierten Schritt wird Ihnen die Selbstführung als Hauptaufgabe Ihres Innenlebens, und
die Beziehungsgestaltung als Hauptaufgabe Ihres Außenlebens bewusst gemacht. Sie
be­t rachten Ihr Ich und Ihr Selbst sowie Ihren Verstand und Ihr Gefühl als Lebensmittel und
erfahren, wie sie zusammenwirken. Sie begegnen Ihrem Körper, Ihrer Seele und Ihrem
Geist und gewinnen Einsichten in deren Zusammenleben.

Am Ende eines jeden Abschnitts wird erklärt, welche Bedeutung das jeweilige Thema für die
Achtsamkeit hat.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Einführung: Die acht Schritte und der vornächste Schritt 15

Zweiter Wegabschnitt – Tun erwächst aus Einsicht


Mit den folgenden vier Schritten setzen Sie die Achtsamkeit in die Tat um. Mit den Einsichts-
karten der Achtsamkeit erwerben Sie Ihr praktisches Wissen. Mit der Achtsamkeits-Medita-
tion üben Sie sich in der achtsamen Selbstführung. Und über das Erfahrungslernen erwerben
Sie Ihre Kompetenzen zur achtsamen Beziehungsgestaltung.

Fünfter Schritt zum Wissensraum Achtsame Selbstführung


Anhand der Einsichtskarten zur achtsamen Selbstführung lernen Sie die Merkmale, Regeln
und Aufgaben zur Einübung des achtsamen Umgangs mit Ihrer eigenen Person kennen. Die
zu erlernenden Verhaltensweisen werden Ihnen ausführlich erklärt und in ihrer Bedeutung
verdeutlicht. Und es wird Ihnen genau beschrieben, worauf es beim Erwerb des achtsamen
Selbstverhaltens ankommt.

Sechster Schritt zum Übungsraum Achtsame Selbstführung


Auf der Grundlage der Achtsamkeits-Meditation werden Ihnen die Mittel und Methoden an
die Hand gegeben, mit denen Sie den achtsamen Umgang mit Ihrer eigenen Person verwirk-
lichen können. Grundsätze, Regeln und Empfehlungen zeigen Ihnen den Weg und Anleitun-
gen erklären Ihnen die Schritte, die Sie zu tun haben. Darüber hinaus erfahren Sie, welchen
Sinn und Zweck die Ausübung der meditativen Praktiken hat.

Siebenter Schritt zum Wissensraum Achtsame Beziehungsgestaltung


Anhand der Einsichtskarten zur achtsamen Beziehungsgestaltung lernen Sie die Merkmale,
Regeln und Aufgaben zur Einübung des achtsamen Umgangs mit dem Anderen kennen. Die
zu erlernenden Verhaltensweisen werden Ihnen ausführlich erklärt und in ihrer Bedeutung
verdeutlicht. Und es wird Ihnen genau beschrieben, worauf es beim Erwerb des achtsamen
Beziehungsverhaltens ankommt.

Achter Schritt zum Übungsraum Achtsame Beziehungsgestaltung


Auf der Grundlage des Erfahrungslernens werden Ihnen sechs verschiedene Beziehungsauf-
gaben gestellt. Zu jeder Aufgabe erwerben Sie spezifische Grundkenntnisse. Grundsätze,
Regeln und Empfehlungen zeigen Ihnen den Weg und Anleitungen erklären Ihnen die
Schritte, die Sie tun können. Darüber hinaus erfahren Sie, welchen Sinn und Zweck die
achtsame Beziehungsgestaltung hat.

Der vornächste Schritt zu den Aussichten


Wenn Sie jetzt noch ein wenig weitergehen, erreichen Sie einen Aussichtsort. Hier können
Sie innehalten, sich bewusst werden, wie weit sie gekommen sind und wo Sie jetzt stehen.
Sie können zu der Einsicht gelangen, dass Sie gute Aussichten haben, achtsam weiterzuge-
hen und sich anhand einer kleinen Geschichte die Realität Ihres Weges bewusst machen.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
16 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Wie es geht
Der Rahmen
Das Thema des Buches wird in einen großen Rahmen gestellt. In ihm haben das Wissen und
das Können, die Einsichten und das Tun Platz. Der Bewegungsspielraum macht es möglich,
verschiedene Standorte und Standpunkte einzunehmen, vielseitige Einsichten zu gewin-
nen, andere Wege zu beschreiten und neue Ziele zu erreichen.

Ihre Möglichkeiten: Sie lernen, die Achtsamkeit umfassend zu verstehen und vielseitig
zu praktizieren und können weitere Schritte selbst entwickeln.

Die Sichtweise
Jeder Gesichtspunkt wird mit einer bestimmten Sichtweise dargestellt. Jede Sichtweise ist
durch Fachwissen, Berufserfahrung und Lebenserfahrung, Einsicht, Intuition und gesun-
den Menschenverstand entstanden. So gesehen ist jede Sichtweise richtig, aber sicherlich
nicht allein richtig.

Ihre Möglichkeiten: Sie können jede Darstellung kritisch betrachten, weitere Sichtwei-
sen entwickeln und die für Sie richtigen Standpunkte finden.

Das Wesentliche
Es werden eher wenige als viele Worte gemacht. Die Darstellungen beschränken sich auf das
Wesentliche. So gesehen ist das Buch eine Kurzfassung von dem, was eigentlich weit ist, und
ein Überblick über das, was eigentlich tief geht.

Ihre Möglichkeiten: Sie können sich bewusst machen, worauf es wesentlich ankommt
und sich auf den Weg machen, noch mehr in Erfahrung zu bringen.

Die Sprache
Es wird von der Wortsprache, der Bildersprache und der Körpersprache Gebrauch gemacht.
Viele Wörter werden sozusagen beim Wort genommen und sinnhaft auseinandergenom-
men. Abbildungen setzen das Geschriebene ins Bild. Praktische Anleitungen regen den
Körper an. Und gefühlsnahe Gedanken verbinden Geist und Seele.

Ihre Möglichkeiten: Sie können sich das Gelesene bildhaft vor Augen führen, sich mit
Ihren Gefühlen beteiligen und sich zum Tun bewegen lassen.

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Einführung: Die acht Schritte und der vornächste Schritt 17

Angebote

Jedes Kapitel können Sie sich zu Anfang »Auf einen Blick« ansehen und »Auf ein
Wort« verständlich machen. Verschiedene Abbildungen ermöglichen Ihnen, sich ein
Bild vom jeweiligen Thema zu machen.

Anhand zahlreicher Grundsätze und Regeln, Anleitungen und Empfehlungen können


Sie sich aufmerksam, konzentriert und voll bewusst im achtsamen Verhalten üben.

Mit vielen kleinen Übungen können Sie das erworbene Wissen in die Tat umsetzen,
Einsichten gewinnen und Verhaltensänderungen in Gang setzen.

Von kleinen und größeren Gedankengängen können Sie sich zum Nach-, Um- und
Weiterdenken anregen lassen.

Kleine Geschichten und Gedichte laden Sie zum besinnlichen Innehalten ein.

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18 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Erster Wegabschnitt – Können erwächst aus Wissen

Wenn wir uns mit etwas Neuem oder Ungewohntem beschäftigen, ist es für uns
zunächst ganz abstrakt. Dann wollen wir erst einmal wissen, wie es zu verstehen ist.
Wir wollen wissen, wie es aussieht, begreifen, wie es funktioniert, und erfahren, wie
es entstanden ist. Die Informationen, die wir darüber erhalten, können wir festhalten,
und an den Erklärungen, die uns gemacht werden, können wir uns dieses und jenes
klar machen. Und dann haben wir vielleicht gute Gründe zu sagen, dass das Ganze
Sinn macht.

Wissen erwerben wir mit unserem Geist. Er betrachtet die Dinge denkend, erkennt an
ihnen alles denkbar Mögliche und gewinnt daraus Erkenntnisse. Mithilfe von Sprach-
begriffen unterscheidet er Einzelnes von Grundsätzlichem und trifft allgemeine und
spezielle Feststellungen. Er stellt logische Vorgänge in größere Zusammenhänge und
entwickelt Modelle, mit denen dann alles erklärt werden kann.

Theoretisches Wissen macht häufig erst dann richtig Sinn, wenn wir uns ein Bild
davon machen können. Dann können wir es uns ansehen, uns »einen Reim darauf
machen«, unsere Sichtweisen dazu entwickeln und unsere eigenen Ansichten vertre-
ten. Und wir können bewusst davon Gebrauch machen und unser Lernen fördern.

Vor diesem Hintergrund ist der erste Wegabschnitt zu verstehen. Der Boden, auf dem
Sie stehen werden, setzt sich aus ganz verschiedenen, miteinander verbundenen
Bestandteilen zusammen, die zur Achtsamkeit gehören. Der Weg, auf dem Sie gehen

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Erster Wegabschnitt – Können erwächst aus Wissen 19

werden, führt in verschiedene Richtungen. Seine Wegweiser lassen Sie hinter die
Achtsamkeit schauen, darunter Liegendes entdecken und Übergeordnetes erkennen.
Mit jedem Schritt, den Sie tun, werden Sie ein Ziel erreichen. Und am Ende wird alles
miteinander verbunden sein und ein Ganzes ergeben.

Beim Beschreiten des Weges werden Sie vor allem von Ihren geistigen Kräften
Gebrauch machen, viel mit Ihrem Verstand arbeiten und sich dabei von Ihren Gefüh-
len begleiten lassen. Sie werden Kenntnisse erwerben, sich diese bildhaft vor Augen
führen und sie aus verschiedenen Blickwinkeln betrachten. Sie werden Gedanken-
gänge unternehmen, von einem Standort zum nächsten gehen, auf verschiedenen
Standpunkten stehen und alle möglichen Verbindungen herstellen.

Die vier Schritte, die Sie tun werden, werden Sie zum Umdenken und Weitergehen
anregen. Sie werden andere Fragen stellen, andere Antworten finden und Ihre Erkennt-
nisse körpernah nachempfinden und bewusst erleben können. Sie werden geistige
Klarheit gewinnen und Ihr Bewusstsein stärken können. Und Sie können dazu
kommen, Ihr Selbstverständnis zu erweitern und Ihr Leben anders zu verstehen.

Wenn Sie den ersten Wegabschnitt gegangen sind, dann haben Sie Ihr Ziel erreicht: Sie
haben sich die Wissensgrundlage geschaffen, die geistige Orientierung gegeben und
Beweggründe entwickelt, um handlungsorientiert und alltagsnah den zweiten Wegab-
schnitt beschreiten zu können.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
20 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Erster Schritt zum


Prinzip der Achtsamkeit
Auf einen Blick

Lebensprinzip

Geistige
Bewusstsein
Grundfunktion

Selbst- Achtung
Achtsamkeit
achtung des Anderen

Handlungs- Übungs-
anleitung instrument

Heilmittel

Abbildung 2
Die Merkmale der Achtsamkeit

Auf ein Wort


Die Achtsamkeit ist ein umfassendes Prinzip. Es verbindet den Geist mit dem Bewusstsein
und das eigene Selbst mit dem Anderen. Es führt über die Einsicht zum Tun und über das
Handeln zum Heilen. Es stellt Übungsinstrumente zur Verfügung und gibt Anleitungen.

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Erster Schritt zum Prinzip der Achtsamkeit 21

Der Begriff der Achtsamkeit

Es gibt eine ganze Reihe von gebräuchlichen Wörtern, in denen der Begriff Achtsamkeit
enthalten ist.

Achtung ist ein Signalwort, das uns dazu auffordert, achtsam zu sein. Wenn wir acht geben,
dann geben wir Obacht und passen auf. Beim Aufpassen richten wir uns körperlich auf und
schauen und horchen auf. Wenn wir etwas beobachten, dann sind wir aufmerksam. Wir
merken auf, sind ganz wach und ganz da.

Wenn wir acht geben, dann verlangsamen wir unser Tempo, halten an oder halten inne.
Dann denken und reden wir behutsamer, empfinden und erleben einfühlsamer und handeln
vorsichtiger und rücksichtsvoller. Wenn wir etwas Bestimmtes beachten müssen, dann
achten wir darauf, bestimmte Regeln zu befolgen, Vorschriften einzuhalten und Gebote
nicht zu übertreten.

Wenn wir uns selbst Beachtung schenken, dann achten wir darauf, dass unsere Wünsche
erfüllt werden und wir zufrieden sind. Wir passen gut auf uns auf und achten auf unsere
Gesundheit. Wenn wir einem anderen Menschen Beachtung schenken, dann achten wir ihn.
Wir zeigen ihm unseren Respekt und nehmen Rücksicht auf seine Belange. Im Umgang mit
ihm achten wir bestimmte Werte und achten darauf, bestimmte Umgangsformen zu
pflegen.

So, wie uns die Achtsamkeit als etwas Förderliches bekannt ist, kennen wir sie genauso auch
als nicht achtsames Verhalten.

Wenn wir unachtsam sind, dann passen wir nicht auf bzw. verhalten uns unvorsichtig. Wir
gehen einfach drauf los und lassen es drauf ankommen. Wenn wir keine Achtung vor einem
anderen Menschen haben, dann schenken wir ihm keine Beachtung, reden achtlos über ihn,
nehmen keine Rücksicht auf seine Belange und übergehen ihn. Wenn wir jemanden verach-
ten, dann denken wir geringschätzig über ihn, zeigen ihm verächtliche Gefühle und missach-
ten seine Würde.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
22 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Das Prinzip der Achtsamkeit

Die Achtsamkeit ist ein Lebensprinzip. Sie ist ein Grundsatz für unser Tun und Lassen. Sie
ist eine geistige Orientierung und ein praktischer Wegweiser. Sie richtet sich auf unser
Außenleben und unser Innenleben. Sie dient unserer eigenen Lebensführung und dem
Zusammenleben. Die Achtsamkeit ist eine Werthaltung. Sie gibt uns wertvollen Halt
und stärkt die wertschätzende Haltung zum Anderen.

Die Achtsamkeit ist Bewusstsein. Sie ist eine besondere Art und Weise bewusst zu sein. Sie
ist eine Bewusstseinskraft, die das Bewusstsein wach und voll bewusst macht, es erwei-
tert, vertieft und stärkt. Die Achtsamkeit ist eine Fähigkeit, die das Bewusstsein einsich-
tig und einfühlsam werden, es umfassend verstehen und ganz erleben lässt.

Die Achtsamkeit ist eine geistige Grundfunktion. Sie ist eine Grundvoraussetzung für unser
Wahrnehmen, Denken und Handeln. Sie steigert unsere Aufmerksamkeit, ermöglicht
es, uns geistig zu sammeln und stärkt unsere Geistesgegenwart.

Die Achtsamkeit fördert die Selbstachtung. Sie steigert unsere Selbstwahrnehmung und
erweitert unser Selbstverständnis, unterstützt unsere Selbsterhaltung, befähigt uns zur
Selbstbehandlung und stärkt unsere Selbstverantwortung. Sie fördert unsere Selbstent-
wicklung und ermöglicht uns, uns selbst zu akzeptieren.

Die Achtsamkeit fördert die Achtung des Anderen. Sie leitet uns dazu an, dem Anderen
Beachtung zu schenken. Sie unterstützt uns darin, ihn wertzuschätzen und bringt uns
dazu, einfühlsam und maßvoll, wohlwollend und liebevoll mit ihm umzugehen.

Die Achtsamkeit ist eine Handlungsanleitung. Sie stellt Grundsätze auf und gibt Regeln vor.
Sie zeigt uns, wo wir stehen. Sie nimmt uns mit auf ihren Weg, begleitet uns beim Gehen
und zeigt uns das Ziel.

Die Achtsamkeit ist ein Übungsinstrument. Sie dient der Einübung des achtsamen Verhal-
tens. Sie erweitert unser Denken, vertieft unser Fühlen und zentriert unser Handeln. Sie
stellt geistige und körperliche Aufgaben und bietet Lernmittel und Übungsmethoden
an.

Die Achtsamkeit ist ein Heilmittel. Sie hilft, unser Bewusstsein von geistigem Ballast und
emotionaler Verstrickung zu befreien. Sie trägt dazu bei, dass unser Menschenverstand
gesund wird. Und sie unterstützt uns darin, mit uns selbst ins Reine zu kommen.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Erster Schritt zum Prinzip der Achtsamkeit 23

Der Hintergrund der Achtsamkeit

Die Achtsamkeit hat ihren Ursprung in der buddhistischen Lehre und nimmt dort einen
zentralen Platz ein. Sie ist sozusagen das »Herzstück« der Lehre und gilt als das bedeut-
samste Glied in der Kette des »Edlen Achtfachen Pfades«. Das Hauptwerk der Achtsamkeit ist
die »Lehrrede von den Grundlagen der Achtsamkeit«. Auf diesem Hintergrund hat die Acht-
samkeit verschiedene Seiten.

Die philosophische Seite: Es werden Einsichten in das Wesen der Wirklichkeit und die Natur
des Geistes gewonnen.

Die religiöse Seite: Der »Heilsweg« muss von jedem Menschen selbst entwickelt und beschrit-
ten werden. Durch den heilsamen Umgang mit der eigenen Person wird es möglich, ebenso
heilsam mit dem Anderen umzugehen.

Die psychologische Seite: Das Innenleben des Einzelnen hat eine große Bedeutung. Selbst-
wahrnehmung und Selbsterkenntnis sind wesentliche Aufgaben.

Die Achtsamkeit hat in allen Religionen ihre Bedeutung und wird in unterschiedlichen
Formen beachtet und praktiziert: Als Gebet, Ritual, Kontemplation und Meditation. Die bud-
dhistisch geprägte Achtsamkeit hat sich in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend auch
im Westen verbreitet. Sie wird in Meditationszentren, in christlichen und öffentlichen Ein-
richtungen sowie in selbst organisierten Meditationsgruppen mit unterschiedlicher Aus-
richtung praktiziert.

Die Achtsamkeit hat auch im Gesundheitswesen Eingang gefunden. Die Achtsamkeits-Medi-


tation und damit verbundene bzw. weiterentwickelte Übungsprogramme gelten im medizi-
nischen und therapeutischen Bereich als wirksame Behandlungsmaßnahmen.

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24 Acht Schritte zur Achtsamkeit

Die Gründe für die Achtsamkeit

Die Gründe sind in unserem Außenleben zu finden.

Es ist unser wesentliches Bedürfnis, mit unseren Mitmenschen zusammen zu leben.


Dennoch sind wir häufig viel mehr bei uns selbst als beim Anderen. Im gegenseitigen
Umgang mangelt es uns oft an der erforderlichen Aufmerksamkeit und Behutsamkeit.
Häufig verhalten wir uns ganz egoistisch und werden dem Anderen nicht gerecht.

Wir vertreten Werte, die für ein wohlwollendes und friedfertiges Beziehungsleben
handlungsleitend sind. Dennoch behandeln wir den Anderen oftmals geringschätzig,
reagieren abweisend auf ihn oder lehnen ihn ganz ab. Unser Beziehungsleben lebt im
Wesentlichen von unseren Gefühlen zueinander. Dennoch gehen wir immer wieder über
die Gefühle des Anderen hinweg und verhalten uns völlig verständnislos.

In schwierigen Beziehungssituationen reagieren wir häufig ohne Verstand und ganz


unvernünftig. Schnell geraten wir in ein Spannungsverhältnis zum Anderen. Wir sehen in
ihm unseren Gegner, zeigen ihm feindselige Gefühle, gehen gegen ihn an, beleidigen und
verletzen ihn und fügen ihm Schaden zu.

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Friedrich Hinze, Acht Schritte zur Achtsamkeit
Erster Schritt zum Prinzip der Achtsamkeit 25

Die Gründe sind ebenso in unserem Innenleben zu finden.

Für unser Selbstverständnis als Menschen ist das Bewusstsein von großer Bedeutung.
Dennoch gehen wir viel häufiger unbewusst als bewusst mit uns selbst und unserem Leben
um. Kraft unseres Selbstbewusstseins entwickeln wir zwar ein starkes Selbstwertgefühl
und bringen es stolz zum Ausdruck. Und trotzdem geraten wir oftmals in Zustände großer
Instabilität und Schwäche, Verletzlichkeit und innerer Not und fühlen uns existentiell
bedroht.

Wir verfügen über starke geistige Kräfte, werden jedoch häufig von unseren Emotionen
überwältigt. Wir verlassen uns auf unseren Verstand, verlieren ihn aber auch immer
wieder. Und unsere Vernunft kann unseren Begierden und Leidenschaften oft nicht
standhalten. Mit unseren vielen sorgenvollen Gedanken trüben wir unser Bewusstsein,
machen uns traurig und unser Leben schwer. Durch die Anforderungen unseres Alltagsle-
bens setzen wir uns unter Druck, fühlen uns überbelastet und leiden.

Unsere Neigung, an allem Möglichen hartnäckig festzuhalten und selbst unsere schlech-
ten Gewohnheiten »leidenschaftlich« zu pflegen, macht es uns schwer, notwendige
Veränderungen zu vollziehen. Und unser begieriges Bestreben, immer noch besser zu sein
und immer noch mehr zu haben, hindert uns daran, zu uns selbst zu kommen.

Alle diese Gründe können uns folgende Einsicht vermitteln: Die Art und Weise, wie wir
unser Leben leben, lässt es notwendig erscheinen, es in einem anderen Bewusstsein zu
führen. Die Achtsamkeit hat also gute Gründe, auf sich aufmerksam zu machen.

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Vandenhoeck & Ruprecht

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