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ALEXANDER SKRJABIN AUSGEWAHLTE KLAVIERWERKE CEuvres choisies pour piano - Selected Piano Works Herausgegeben von - Editées par - Edited by Giinter Philipp Band . Volume I PRELUDES, POEMES und andere Sticke et autres piéces - and other pieces Opus 11, 27, 32, 47, 56, 72,73, 74 EDITION PETERS: LEIPZIG Edision Pevors. Leipris BestellNe. gob Ausgabe Eigentum des Veelages Veruicd unter Beacheung der jewels gekenden utheberreclichen Schutze Linena-Ne. aiysslasyt) Druck: Bevskadeuckerei FE. Weinere", Neubeandenburg Printed in che German Democratic Republic VORWORT ‘Alexander Nikolajewitsch Skrjabin wurde als Sohn eines Diplomaten und einer Pianistin am 6, Januar 1872 in Mos- kau geboren. Nach seinem Studium am Moskauer Konser- vatorium (bei W. I. Safonow, S. I. Tanejew und A. G. Aren- ski) bereiste er als Pianist das Ausland, 1898 wurde er Do- zent fir Klavier am Moskauer Konservatorium und ging spiter wieder ins Ausland, um 1910 endgiltig nach Moskau zurtidezukehren. Nach 1900 entstanden seine wichtigsten Werke (drei Sinfonien, ,Poéme de l'extase", ,Prométhée", 4, bis 10. Sonate und andere Klavierwerke), die in zunch- mendem MaBe auf sein kihnes Lebensziel hin ausgerichtet sind: die Schaffung eines .Mysteriums", das alle Kinste zu ciner groBartigen liturgisch-kinstlerischen Handlung verbin- den und die Menschheit in einem Zustand héchster Ekstase liber sich selbst hinaus erheben und erldsen sollte. Der Tod infolge einer Blutvergiftung iG den 43jahrigen Meister am 27. April 1915 aus seinen nicht 2u verwirklichenden Planen, Skrjabin zahle 2weifellos zu den genialsten und faszinierend- sen Ecscheinungen der Musik 2u Beginn unseres Jahthun- derts. Seine groBe Bedeutung als Komponist und sein Ein- fluB auf die neue Musik wurden lange Zeit verkannt, wohl nicht zuletzt deshalb, weil man seinen widerspriichlichen sub- jektiv-idealistischen philosophischen Ideen und AuSerungen uungebihrliche Beachtung schenkte, anstatt sich ohne Vorei genommenkeit dicekt seiner kihnen Musik zuzuwenden. Es ise in der Tat verwunderlich, daB namentlich der Schatz 5 ner Klavierwerke heute noch bei Interpreten, Padagogen und Publikum nahezu unbekannt ist, obwohl sie doch zu den schnsten, klanglich farbigsten, erregendsten und dabei in Form und Gehalt vollendetsten Schépfungen der neueren Klaviermusik gehdcen. Wahrend sich seine frihen Kompo- sitionen einer gedGeren Wertschitaing und Beliebtheit er- freuen, wurden die Werke des rcifen Meisters oft von Theo- retikern einseitig interpretiert und falsch gedeutet. Man sah niche das Zukunftstrichtige, die Vitaliit und den Optimis- mus seiner Musik und hatte zu wenig Verstindnis fir die neue Harmonik mit ihren ungewohnten Zusammenklingen (auf der Grundlage des ,prometheischen"* synthetischen Quartenakkordes c-fis-b-e-a-d) und fiir das unablissig be- wegliche Schweben und Gleiten seiner leuchtkraftigen Ton- sprache. Man dbersah die vom anfangs haufigen Moll zum spiter ausschlieBlichen Dur tendierende Entwicklung seines Schaffens, das in einer unerhérten Evolution der Ausdrucks- mittel bis an die Grenze der Atonalitit vorsti6t. Skjabins Klavierwerke erfordern vom Pianisten héchste Sensibilitit sowie ungewohnliche technische und musikalische Tugenden. Vor allem muB er in der Lage sein, den chythmi- schen, klangsinnlichen und pedalkinstlerischen Anforderun- ‘gen gerecht zu werden. Diese Werke etfordern aber auch mit ihrem lebhaften Auf und Ab der Figuren und Melodien be- sonders oft ein stindiges, rasches Fluktuieren der Aufmerk- samkeit des Hérers. Vollzicht der aber diesen anstrengenden Proze® nicht mit, so verliert er den Kontakt zum Musikab- lauf. Da8 solcherart anspruchsvolle Musik bisher nicht gecig- net war, .populir" zu werden, ist verstindlich, doch nicht vunabiinderlich, - Der Interpret wird fir sein Spiel daraus dic Konsequenz zichen, die schnellen Tempi nicht zu uber- ichen, Der Horer mu6 ,.mitkommen" (ohne da er etwa jede Binzetheit beachten mite), er braucht ein angemesse- nes ZeitmaB bei entsprechenden akustischen Verhiltnissen ebenso wie ein Gemilde die rechte Entfernung und Be- leuchtung. Die im vorliegenden 2. Band enthaltenen kleineren Klavier stiicke Skrjabins geben einen guten Einblick in die Entwick- lung seines Stils, ausgehend von den unter dem EinfluS Chopins stchenden 24 Préludes Op. 11 bis hin zu den spiten Poemes und Tanzen (Op. 72 und 73) und den letzten, tra- isch anmutenden Préludes Op. 74, die kurz vor seinem Tode entstanden. Die Ausgabe weist im Notenbild Zusitze ii Klammern und in kleinerem Schriftgrad auf; diese entsprechen nicht dem Autograph oder dem Erstdruck, sondern gehen auf an- derweitige Angaben des Komponisten zurick, die in der benutzten Gesamtausgabe der Klavierwerke Skrjabine (siche Revisionsbericht) angefahet werden. Die Fingersitze und andere spieltechnische Hinweise stam- men vom Herausgeber. Der Fingersatz mag hier und da bei oberflichlicher Betcachtung befremden, hat sich aber prak- isch bewahrt und erklict sich aus der erforderlichen Pedal- anwendung und dem notigen blitzschnellen Gleiten und Springen von Arm und Hand bei graGtmdglicher Lockerheit und Elastizitit der Glieder. Beispiele hierfir sind Op. 32 Ne. 1 Takt 4/5 links und Take 12 rechts. Takt 5/6 zeigt, wie ‘auch die Phrasierung oder Zasuren den Fingersatz beeinflussen kénnen, Takt 13 links veranschaulicht das Bestreben des

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