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Gerhard Krassnitzer r Multiphonics a3 fiir Klarinette mit deutschem System und andere zeitgendssische - Spieltechniken edition ebenos - MUSIK VERLAG PUBLISHING Vorwort 6 4 Multiphonics 7 i Multiphonics ~ Allgemeines of i Multiphonics durch Unterblasen 18 | Multiphonics durch Uberblasen 18 | Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen a ‘Andere Spieltechniken 19 Doppelzunge 2 Tripelzunge 20 Flatterzunge a & Tongue ram 2 Slap tongue 2 Glissando 23 Vibrato 24 Microténe 25 Klangfarbentriller 25 Zahnténe 26 Zirkularatmung BS Multiphonics durch gleichzeitiges Singen und Spielen 7 Eine doppelte Zeichenerklérung Zeichenerklérung 28 zum Heraustrennen befindet sich am Buchende Multiphonics durch Unterblasen —Lfd. Nr.001-026 29g Multiphonics durch Uberblasen Ld, Nr. 027-047 33 Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen _ ~ Zweiklinge Lid. Nr.048-129 37 ~ Drei- bis Finfklénge Ud, Nr. 130-379 47 ~ Vielklange Lid. Nr 380-848 75 Multiphonics geordnet nach hiichstem Akkordton 125 Multiphonies durch Unterbiasen 128 Multiphonics durch Oberblasen 130 Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen ~ Zweiklinge 134 i ~ Drei- bis Funfklange 139 ~ Vielklange 146 Multiphonics in Verbindungen und als Tremolo 153 Vierteltonskala 159 Literaturverzeichnis 7s 6: teameveressenennsn soe NIN | Vorwort | — Die Zusammenarbeit mit verschiedenen Komponisten wahrend meiner Tatigkeit als Klarinettist im Ensemble des 20. Jahrhunderts in Wien fihrte dazu, mich intensiv mit zeitgendssischen Spieltechniken und insbesondere mit dem Spielen von Mehrklangen (engl. Multiphonics) auf - der Klarinette auseinanderzusetzen. = Umfassende Unterlagen und Messungen uber Multiphonics waren bisher fast ausschlieBlich far Kiarinetten mit franzisischem System (Bohmklarinette) zu finden. Bekanntlich stehen Kom ponisten wie Klarnettisten immer wieder vor dem Problem, da@ aufgrund der grifftechnischen : Unterschiede zwischen den beiden Klarinettensystemen ein beliebiges Ubertragen der speziel- len Griffe in den meisten Fallen unmélich ist. Dies veranlaBte mich, entsprechende Akkord- Klainge auf der deutschen Klarinette zu suchen, 2u analysieren und zu verdffentlchen. Obwoh! in der hier vorgelegten Sammlung insgesamt 848 Multiphonics dokumentiert sind, &Bt _! die fast undberschaubare Zahl von auf der Klarinette méglichen Mehrklangen, die ich durch systematisches Experimentieren fand, kum einen Anspruch auf Vollstandigkeit 2u. Allein das i. ausfihrliche Eingehen auch auf die Nebeninstrumente der deutschen Klarinette hatte den hier maglichen Rahmen gesprengt und muB zukiinftigen Arbeiten vorbehalten bleiben. Das vorliegende Buch soll Interpret und Komponist als Nachschlagewerk dienen: = Die Erlduterungen sollen den Klarinettisten helfen, die neuen Spieltechniken effektiv 2u erlernen und den Bedurfnissen zeitgendssisch Komponierter Sticke gerecht zu werden. = Komponisten erhalten eine Orientierung, welche Mehrklinge und andere Spieltechniken auf der deutschen Klarinette méglich sind: vielleicht bietet sich sogar Anregung fur Neues. ~ Sollen Werke mit Multiphonics, die urspriinglich fir Bohmklarinette komponiert wurden, tine adiquate Fassung fur das deutsche System erhalten, kann beim Einrichten auf das hier vorliegende Material zurackgegriffen werden. . ft stehen Komponist und Interpret wahrend des Entstehungsprozesses neuer Werke auch in unmittelbarem Dialog. Kommen dabei Mehrkl8nge ,ins Spiel’, bietet sich dieses Buch als praktische Arbeitsgrundlage an. Ich hoffe und bin sicher, diesem Anspruch mit meiner Ver~ dffentlichung in hohem Ma@ gerecht geworden zu sein, zugleich bin ich natirlich offen for konstruktiven Austausch und Anregungen. Mein herzlicher Dank gilt den Mitarbeitern am Institut fir Wiener Klangstil, im besonderen 0. Univ Prof, Mag. Gregor Widholm, fur die hilfsbereite Unterstitzung und fir die Bereitstellung der technischen Gerdte zur Aufnahme und Klanganalyse. Ebenso machte ich an dieser Stelle dem Verlag edition ebenos fir die Realisation und Herausgabe der ,Multiphonics" danken. Gerhard Krassnitzer TEXTIEIL Multiphonics Alle im folgenden dokumentierten Multiphonics wur- den auf einer B-Klarinette der Marke 0. Hammer- schmidt, Modell OH-330 gespielt und im schalttoten Raum des Instituts fir Wiener Klangstil aufgenom- men. Mit Hilfe der Fourier-Frequenzanalyse (nach dem franzbsischen Mathematiker und Physiker J. Baron de Fourier [1768-1830]) konnten anschlieBend die ein- zelnen Akkordténe der Mehrklinge und deren Klang- cigenschaften wie Tonhohe und Lautstirke rechne- risch ecmittelt und festgehalten werden. Alle Mehrklinge wurden hinsichtlich Ihrer Realisierbar- keit in drei Schwierigkeitsstufen eingeteilt. Zu jedem einzelnen Griffbild sind sowohl die mégliche dynami- sche Bandbreite dargestellt ais auch Hinweise beziig- lich des notwendigen Atemdrucks, des Lippendrucks und der Position der Unterlippe am Blatt gegeben, die dem Spieler als Orientierung bei der Hervorbringung der Mehrklange dienen sollen, Da viele Akkordklinge einen zum Teil erheblich lange- ren Einschwingvorgang bendtigen als ein Einzelton, sind beztiglich einer schnellen direkten Ansprache bzw. ihrer Repetierbarkeit Grenzen gesetzt, wobei die rit dem einfachsten Schwierigkeitsgrad bezeichneten naturgemaB am ehesten dafiir geeignet sind. Prinzipiell kénnen Mehrklénge gut mit Eizelténen ver- bbunden werden, so wie es auch ohne weiteres mglich ist, Multiphonics aneinander zu reihen und bei griff- technisch und blaserisch naheliegenden Verbindungen Multiphonics sogar zu tremolieren. Fir solche Kombi- nationen von Mehrkléngen mit ihren teilweise recht komplexen Griffen ist die Kommunikation zwischen Komponist und Interpret jedoch nach wie vor empfeh- 8 meremrenemascinssansanant ena somutnaaersssacreseaceerncnoenamamnmammrasmans AICS lenswert. Einige Méglichkeiten sind auch in der Tabelle Multiphonics in Verbindungen und als Tremolo" (s. . 153 ff) aufgefhrt. Beziglich der Genauigkeit der Akkordmessungen und deren Notation sei an dieser Stelle angemerkt, daB sich zwischen verschiedenen Klarinettenfabrikaten mit deutschem System, je selbst zwischen gleichen Klarinettenmodellen eines Herstellers geringfigige Abweichungen der ermittelten Tonhdhen der einzet- nen Téne im Akkordklang ergeben Konnen. Dies ist durch die unterschiedlichen Bohrungen der einzelnen Kiatinettentypen sowie durch Anordnung und GraBe der Tonlécher begriindet, die je nach Bauart mehr oder weniger differieren kénnen. «2 Speziel die Bohrung und Anordnung der H-B-Tiller- klappen am Oberstiick kann verschieden ausgelegt sein. Deshalb sind bei den Mehrklingen, die diese Klappen mit einbeziehen, Abweichungen vom angegebenen Klangergebnis méglich «Das a-Tonloch am Unterstiick kann entweder offen rit Ring oder mit Deckelklappe (Oehler-System) verse- hen sein. Da nur wenige Multiphonies davon betroffen tnd nur mit Ringklappe ausfihrbar sind, ist unmittel- bar in der Grifftabelle darauf hingewiesen. Ebenso kénnen noch geringe Abweichungen in der angegebenen dynamischen Bandbreite auftreten, die in erster Linie vom Mundstiick und dessen Bahndff- rung bzw. vom jeweils verwendeten Klarinettenblatt abhingig sind. Die Messungen beschrankten sich in dieser Arbeit auf die B-Klarinette. Im Hinblick auf die hohen und tiefen Nebeninstrumente kann davon ausgegangen werden, da viele der angegebenen Mehrklanggriffe, eventuell mit einigen Intonationsabweichungen, in der entspre- cchenden Transposition auch fiir diese anwendbar sind. Nicht dbertragbare Griffe, z.B. wegen der Unterschie- de in der .gegriffenen” dreigestrichenen Oktave bei der BaBklarinette, sind entsprechend zu adaptieren, ‘etwa mit Halbloch fur den linken Zeigefinger oder einem Alternativariff, meist vom obersten Akkordton ausgehend. Die Grifftabellen der Mehrklange sind entsprechend ihrer Erzeugung in drei Kategorien eingeteilt: Muttiphonies durch Unterblasen ‘Multiphonics durch Uberblasen Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen Die dritte Kategorie (Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen) ist zur besseren Ubersichtlichkeit weiter in drei Gruppen unterteilt: ~ Zweiklange ~ Drei- bis Fanfklange ~ Vielkinge Innerhalb der einzelnen Kategorien sind die Multipho- nics nach Tonhéhen, ausgehend vor tiefsten Akkord~ ton, in achtelténiger Reihenfolge aufsteigend nach ihrem Vorkommen geordnet. Der Akkord ist sowohl Klingend in C als auch transponiert far die B-Klarinet- te notiert. Die Tabelle .Multiphonics geordnet nach héchstem Akkordton” (s, S. 125 ff) bietet eine zu- sitzliche Suchmaglichkeit zum Auffinden eines ge- wiinschten Mehrkiangs. Die dem Buch beigelegte CD-ROM enthalt die Klang- dateien aller 848 aufgenommenen und analysierten Multiphonics zum Anhéren auf einem mit Sound- karte und Lautsprechern ausgeristeten PC. Dabei ent- sprechen die Nummer der Mehrklange in den Griff- tabellen denen der dazugehdrenden Klangdateien auf der CD-ROM. s= Wegen der geringen Lautstarke mancher Multipho- nics empfiehit sich das Abhdren mit Kopfhérer. Soweit nicht ausdriicklich anders vermerkt, beziehen sich alle im Text vorkommenden Tonangaben auf den gegriffenen Ton der B-Klarinette und sind somit im Hinblick auf das Klangresultat entsprechend zu trans- ponieren. ANS LL Multiphonics - Allgemeines as Experimentieren mit neuen Instrumentalkldngen ° elt den S0er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts fohrte dazu, daB neben den in dieser Arbeit tbeschriebenen anderen neuen Spieltechniken auch das akustische und physikalische Phnomen des Mehrklangspiels auf Holzblasinstrumenten in der aeligendssischen Musik bis heute immer mehr’ Eingang gefunden hat. as Entstehen von Mehrklangen wird in erster Linie durch spezielle Griffkombinationen erméglicht. Eben- $0 entscheidend.ist aber. auch die, gesamte Ansatz- tnd Blastechnik. Genauso, wie die konkrete Klangvor- ‘tellung eines Tons fir seine Erzeugung wichtig ist, so ‘mu8 der Interpret gleichfalls eine prézise Vorstellung ‘von Ansatz- und Blastechnik flir das Hervorbringen tines bestimmten Akkords besitzen bzw. entwickeln. Das ist natirlich eine Frage der Zeit und vor allem ines entsprechenden Probier- und Ubungsprozesses, ‘hnlich wie es auch das Erreichen des .gewohnten” Klangideals erfordert. Die beim Erzeugen jeglicher multiphoner Klarinet- tenklinge erforderlichen Ansatz-, Hals6ffrungs- und ‘Atemdruckverdnderungen setzen jedenfalls ein hohes MaB an Flexibilitst in diesen Ansatzparametern voraus, um sie entsprechend modifizieren zu kénnen. Der individuelle Ansatz, der notwendige Atemdruck! und vor allem die Zungenstellung milssen flr jeden Mehrklang durch Experimentieren jeweils neu gefun- den und optimiert werden. Hinsichtlich der Verdnderung der physischen Parame~ tersind in den Abschnitten # Praktische Realisierung Hinweise und Anregungen gegeben, die flr das Erzeu- gen der entsprechenden Mehrklangstypen hilfreich sein kénnen. Bei der Verschiedenartigkeit der blaseri- schen Anforderungen jedes einzelnen Mehrklangs ist es zudem sinnvoll, die im Akkord dominanten Tone zu erkennen und beziglich der Ansatzeinstellung zu antizipieren. Das Verdndern der dynamischen Verhaltnisse der cinzelnen Akkordténe zueinander. ist nur in einge- schranktem Umfang zu erreichen, etwa durch domi- nieren lassen entweder des hachsten oder tiefsten ‘Akkordtons, und bei vielen Mehrkléngen Uberhaupt nicht maglich. Im Hinblick auf am besten geeignete Mundstiicke und Blatter darf davon ausgegangen werden, daB alle Ar- ten von Multighonics mit dem gewohnten Material, ‘welches auch fur die traditionelle Tonproduktion be- vorzugt wird, wahrscheinlich am zuverlassigsten aus- fiihroar sind. Ahnlich wie beispielsweise im klassi- schen Orchesterspie! wird sich ein Klarinettist je nach Erfordemissen und Stilrichtungen ein entsprechendes Blatt bzw. eine engere oder offenere Mundstiicksbahn wahlen. Leichte Blatter und eventuell ein offeneres Mundstiick erlauben meist eine hdhere Flexibilitat, besonders im Pianobereich. Fir das Verwenden des gewohnten Mundstiicks bei multiphonen Kldngen spricht auch, daB man dessen Reaktion am besten kennt und somit die gewohnte Sicherheit beim An- spielen und eine grSBere Kontrolle beim Aushalten der Mehrklénge hat ~ insbesondere auch dann, wenn es darum geht, Mehrklange in einen gr&Beren allgemei- nen musikalischen Zusammenhang einzubinden. Der instrumentale Einzelton Der Ton eines Musikinstruments setzt sich aus vielen inzelnen Teilténen (= Oberténen) zusammen, deren Frequenzen ein ganzzahliges Vielfaches der tiefsten Frequenz sind. Diese tiefste Grundfrequenz nimmt das menschliche Ohr als Tonhéhe wah, die daruberliegen- den Teiltne werden lediglich als jeweils charakteri- stische Klangfarbe dem Héreindruck hinzugeftigt. Die Anzahl der mitklingenden Teilténe hangt dabei von der Tonhhe und der Lautstarke des Grundtons ab. Ein tiefer, laut gespielter Ton auf einer Klarinette besteht eben der Grundfrequenz aus mehr als 30 Oberténen (auch vom Spieler und dessen verwendetem Material abhéingig), wobei_im Gegensatz zu allen anderen Musikinstrumenten die ungeradzahligen Oberténe deutlich dominieren. Der Grund dafiir liegt in der aku- stischen Sonderstellung der Klarinette, die nicht wie andere Holzblasinstrumente in die Oktave, sondern, ‘wegen ihrer zylindrischen Innenbohrung in Verbindung mit dem zur Tonerzeugung dienenden Einfachrohr- blatt, in die Duodezime dberblist. Grundsdtzlich gilt: 10 je hoher und leiser der gespielte Ton, desto geringer ist auch die Anzahl der mitklingenden Oberténe. | Mit Hilfe von auf dem Fourier-Analyseverfahren basierenden Computerprogrammen lassen sich nun unmittelbar aus einem eingespielten instrumentalen \Einzeiton die darin enthaltenen Oberténe (d. h. die ‘ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz) errech- nen und ihre Anzehl und relative Lautstarke in einer Grafik darstllen. Dieses Verfahren wird ast-Fourier- Transformation (abgek.: FFT-Analyse)" genannt und liefert uns zum eingespielten Ton als Resultat die Zweidimensionale Abbildung'seines Klangspektrums ‘Auf der horizontalen Achse der Spektralgrafik 13Bt sich die Tonhahe der einzeinen Teilténe in ,Hertz” (ab- gek: Hz, MaBeinheit fur die Frequenz eines Tons, d. h die Anzahl seiner Schwingungen in der Sekunde) ab- lesen, an der vertikalen Achse die entsprechende Lautstirke in ,DeziBel” (abgek.: dB, ein VerhailtnismaB, welches die Lautstarke eines Tons in Proportion zum leisesten, gerade noch hérbaren Ton, zur sogenannten -Horschwelle”, angibt) In den folgenden Beispielen von Klangspektren ent- spricht hier die dB-Skala dem allgemeinen Gebrauch in der Tontechnik. Dabei wird die volle Aussteuerung, 4.h, die maximale Lautstarke eines aufgenommenen Klangs ohne zu verzerren oder zu dbersteuern (Uber- gang roterlgriiner Bereich der Pegelanzeige eines Auf- nahmegerstes), mit 0 dB angegeben. Die negativen Werte der dB-Skala sind dann entsprechend leiser. Die Hérschwelle (der gerade noch wahmehmbare leiseste Ton) liegt bei den folgenden Darstellungen boi ca, -120 4B. Die Abbildung 1 zeigt das vom Computer errechnete Klangspektrum eines im mezzoforte gespielten klin- genden f. Allgemeines Der Mehrklang Nach den bislang vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen bzw. den daraus abgeleiteten Theorien entstehen Multiphonics, abgesehen von der dafir erforderlichen blaserischen Unterstiitzung durch Ansatzveranderung, im Prinzip durch spezielle Griff- kombinationen, welche die im Instrumentenkorpus schwingende Luftsaule im Gegensatz zu der eines regular” gegriffenen Tons zusdtzlich unterbrechen baw. untertellen und so das gleichzeitige Entstehen einer zweiten Grundfrequenz ermdglichen. Indem sich ie Obertonreihen dieser beiden (in einem zucinander nicht ganzzahligen Frequenzverhaltnis stehenden) Grundfrequenzen Uberlagern, werden durch gegen- seitiges Ausldschen oder Verstarken bestimmte Ober- tonfrequenzen hervorgehoben und so als die resultierenden zusdtzlichen Akkordtine hérbar. Im Sinne der Fourier-Frequenzanalyse wird nun in der grafischen Darstellung des Klangspektrums eines Mehrklangs bei jedem einzelnen Akkordton, quasi als neue Grundfrequenz, dessen aus ganzzahligen Viel- fachen bestehende Teiltonreihe erkennbar. verwendeten Griffkombination und der jeweiligen Ansatzpositionierung als Zwei-, Drei- bis Finf= oder Vielktange zu hdren. Der Blaser bestimmt durch Grif und Ansatz den tiefsten und hdchsten Ton des Ak- kords, wobei die einzeinen Akkordténe zueinander in jezug auf deren Intonation in der Regel nicht becin- fiuBbar sind. D. h., ein bestimmter Griff ergibt immer ines | iphones " ce ee pe ath em egth fm get att mgm gm eg mF fgg" gir™ aT™ ais 1353 706 1059 1412 1765 2118 2471 2624 3177 3590 3869 4296 4589 4942 5295 S648 GOT 6354 6707 7060 7413 “ 98. “130 ader sines. sials Viel- Die beinen Sptzen, denen keine Toninchenfrequenzan zugeordet sind, haben Keine ganzzahiigen Vielfachen im Klangspektrum, Diese Spitten reutierenrechnerisch aus verschiedenen Nebengerauschen (zB. Raumrundgerausche, Luftgerausche, durch das Ronrbiate verursachter Rauschantel im Klrinettenton et.) und sind in einem relat eisen Frequenzbere'ch angesiedet i der ligen ‘oder Griff 3 Ake (erin eein- mer [Abbitdung 1: Klangspektrum eines im mezzoforte gespelten Klingenden 2 Zeichenerklarung siehe Seite 28 einen in sich festgelegten bestimmten Akkordklang, ‘wodurch sich das Akkordspiel auch grundsatzlich von dem z. B, der Streichinstrumente unterscheidet. \Multiphone Klarinettenklange reichen im Hinblick lauf den Héreindruck vor milden Zweiklang bis hin |zu schrillen Vielklangen und konnen eine vielfaltige ' Erweiterung der Klang- und Ausdrucksmoglichkeiten des Instruments bieten. td do ieclt® tor ut Pt Die Abbi Cor \ ildung 2 zeigt das vom eP yKor | Klangspektrum des im mezzoforte 9 {Phonic Nr, 591 mit sieben erechn™ Tiefster Ton ist ein klingendes f° é or Be der Oberlagerung mehrerer AKKOTA son tonreihen in manchen FrequenabereiP_ iit ‘ab 1 i it i sind, kann es, bedingt durch gegen? ug ganie innerhalb der einze!nen Teiltonreihe” welchungen vom exakten ganzzahlig™ nis der Vielfachen kommen. 0 2000 3000 4000 5000 ‘Apbiiaung 2: Ktangspektrum des im mezzoforte gespie! Itetster Ton ist ein klingendes f. Jen Multiphonic Nr. 591 (s. §. 97) mit sieben errechneten Akkordtonen. Grundton Obertonreihe Uberblasereine — Abbildung 3: Obertonreine und Oberblasereihe Multiphonics durch Unterblasen Greift man einen Ton im Uberblaseregister, erzeugt dan Yon jedoch mit der Ansatzeinstellung fur das Wete Register, so spricht man vom Unterblasen. Bei en la der Regel auf diese Weise entstehenden Zwei- hngen (meistens erst ab dem es" aufwéirts méglich) ‘vetwingt dann, ausgehend vom gegriffenen oberen Yon, darunter der zweite sogenannte Unterton mit, vad awar im Abstand zwischen groBer None und ver Dezime schwankend, meist mit microtonaler ‘Meweichung. Bei manchen unterblasenen Multipho- es sind noch weitere, aber relativ leise zusdtzliche Aihordt6ne hdrbar. Multiphonics durch Uberblasen Multiphonics dieser Kategorie basieren auf dem Uber- ‘lasen eines Tons des tiefen Registers lediglich durch Ansatzverinderung und ohne Zuhilfenahme der UUberblasklappe. Da die Klarinette nicht in die Oktave, sondern in die Duodezime iiberblast, ist die auf einem Yon des tiefen Klarinettenregisters aufzubauende ‘Uverblasereihe nicht identisch mit dessen Obertonrei- tye, wie in Abbildung 3 dargestellt. tntsprechend der Uberblasereihe kann nun ein be- ‘stummter multiphoner Kiang erzeugt werden. Mit dem yeweiligen Griff wird der tiefste Ton (z.B.e) festgeiegt. Gieichzeitig wird mittels des rein ansatzmaBigen us Praktische Realisierung Die Erzeugung dieser Art von Mehrklangen stelt den ersten Schritt2u einem kontrollierten Multiphonicspiel dar. Blast man z.B. ein a" an, so kiingt beim Offnen des Ansatzes, d. h, bei Nachlassen des Unterlippendrucks das att, das * mit, Bhnlich wie bei einem ‘liglickten Einzeltondecrescendo, Ein richtiges Ansatzgefiinl far diesen Multiphonictyp wird erlangt, wenn mit dem entsprechenden Griff beide Tone separat hervorgebracht werden kannen, Besonderes Augenmerk sollte anfanglich auf eine még lichst laute Produktion des Untertons alleine gelegt werden, Des weiteren kénnen beide Téne quasi durch Legatoverbindung hintereinander mit der selben un- verinderten Griffstellung gespielt werden. SchifeBlich sollte dann ein gleichzeitiges Anspielen beider Tone mit der so herausgefundenen und antizipierten Ansatz~ cinstellung méglich werden, wobei dies oft ohne ZungenanstoB leichter fat (Grifftabelle s. S. 29 ff) t= Praktische Realisierung Vorerst sollte versucht werden, die in Abbildung 3 notierten Uberblasereihen mit dem Griff des Grundtons anzuspielen, was mit einem GaumenstoB (Zungen- riicken st6Bt gegen den Gaumen wie bei der Lautsilbe 92") meistens am einfachsten gelingt. Danach bringt rman beispielsweise mit dem Griff Ur das tiefe e allein durch ansatzmaBiges Uberblasen das e hervor und beginnt den Lippendruck langsam so zu verringern, da ein Multiphonic entsteht. Dies wird durch eine leichte Zungenpositionsanderung unterstitzt. Der Zungen- riicken bewegt sich dabei in der Regel in Richtung Gaumen, ahnlich der Glissandotechnik (5. S. 23). Der Lippendruckpunkt am Blatt wandert wieder in Richtung 16 eransunssnusnsmamsnr iain taaUainns snes enennamecaascemesrensmnamsi Praktische Realising Uberblasens der gewiinschte héichste Akkordton (2. B. a”) zum Klingen gebracht. Die entstehenden Ak- kordténe dazwischen resultieren wiederum aus der Ubertagerung der Obertonreihen der beiden Grund- frequenzen (e und a Aufgrund der groBen klanglichen Variabilitat und je nach Wahl des Tonumfangs zwischen tiefstem und héchstem Akkordton kénnen solche Mehrkldnge 50- woh! als besonders laute, schrille oder kreischende Vielklange als auch in dezenter Dynamik eingesetzt werden, Blattspitze, nachdem er zur alleinigen Erzeugung des ‘oberen Tons deutlich in Richtung Blattriicken verdndert wurde. In umgekehrter Vorgehensweise spielt man zunachst ein tiefes e, bewegt den Zungenriicken wie beim Glis- sando in Richtung Gaumen, verstirkt den Atemdruck und verindert den Lippendruckpunkt in Richtung Blatt- spitze, so daB direkt ein multiphoner Klang entsteht. ‘Um zum jewels nachsthdheren Akkordton zu gelangen baw. weiter zu Gberblasen, wird der Lippendruckpunkt bei gleichzeitiger Erhohung von Atem- und Lippendruck in Richtung Blattricken verlagert, Auf diese Weise kann der Ambitus dieser Uderblasemultiphonies in stufiger Reihung aufSteigend oder glissandoartig auf- und ab- schwingerid modifiziert werden (s. Mehrklang 31 bzw. 31a). GGrifftabelle s. S. 33 ff) Multiphonics. escsaewinnuts: ious fens SASS ARRAN MEERA 17 Multiphonics durch spezielle Griffkombinationen Multiphonics dieser Art entstehen, unterstitzt durch entsprechend verénderte Ansatz- und Blastechnik, mit Hilfe spezieller Grffe. Aus den schier unzahlig sich an- bietenden Griffkombinationen konnte eine groBe An- zahl von Akkordkléngen ausgewahlt werden, die sich in Bezug auf kiangliche Unterschiedlichkeit sowie blése- rische und grfftechnische Realisierbarkeit besonders ‘ut eignen. Es wurden 801 Mehrkliinge festgehalten, die im Tabellenteil .Multiphonics durch spezielle Griff- kombinationen” (s. S. 37 ff) dargestellt sind. Da cinzelnen Akkordténe microtonalen Abweichungen unterworfen sind, ist es méglich, daB sich einige Ak- korde beztiglich ihrer Zusammensetzung ahneln, aber dennoch eine andere Klangfarbe besitzen. Sollen Mehrklinge aneinandergereiht bzw. zwischen Mehrklgngen tremoliert werden, ist dabei jedoch zu beachten, daB zum einen die Griffe nicht zu sehr von~ cinander differieren sollten (je weniger Finger der Spieler zu wechseln hat, desto einfacher die Aus- fahrung) und zum anderen die unter dem Akkord an- gegebenen Schwierigkeitsgrade ahnlich oder gleich sind, Ebenso ist ein &hnlicher Blasdruck zur Erzeugung von zwei aufeinanderfolgenden Multiphonics vorteil- haft. Fir solche Kombinationen (Sind sie grundsétz~ lich méglich? Wie schnell sind sie ausfuhrbar?) ist cine Zusammenarbeit zwischen Komponist und Inter- pret empfehlenswert (siehe hierzu auch die Tabelle -Multiphonics in Verbindungen und als Tremolo” S. 153), t& Praktische Realisierung Fir die blaserischen Voraussetzungen zum Spielen der cinzelnen Multiphonies sind unter der Akkordnotation ‘Angaben beztiglich des erforderlichen Lippendrucks, des Atemdrucks und des Lippendruckpunkts am Blatt gemacht (5, Zeichenerklérung S. 28), sofern Anderun- gen zum Normatansatz erforderlich sind. Dies kénnen nur aligemeine Richtlinien sein, die von jedem Spieler in ‘Abhéngigkeit vor benutzten Blatt- und Mundsticks- typ flexibel zu handhaben sind. Bei manchen Mehrkléngen wird eine Veranderung der Zungenstellung gegeniber dem Spielen eines Einzel- tons nétig, deren Position vom Spieler durch Auspro- bieren selbst gefunden werden muB. Einige Multipho- nies lassen sich ohne ZungenanstoB, also mit einem kleinen Zwerchfell- bzw. Luftakzent, leichter und kon- trollierter anspielen. Abnlich wie beim Erzeugen der Multiphonies durch Un- terblasen ist es bei den hier beschriebenen Mehrklangen von Vortell, wenn man die Ansatzposition, die zum Spielen des hiichsten Akkordtons ndtig ist, antizipiert und dann den Lippendruck langsam verringert. Auch hier abt man das separate Hervorbringen des hachsten und tiefsten Akkordtons bei unverdndertem Mehr- kKlanggriff sowie das legatoartige Verbinden der zwei ‘AuBenténe. Dabei sollte sich dann ein Gefiihl dafir ein- stellen, wie gro8 die Verdnderung der Ansatzparameter ‘sein muB, um beide Téne zunachst einzein und = lich gleichzeitig anspielen zu Kone, cy Seine In umgekehrter Weise zur eben dargestellten Methode ist es natiirlich auch hier méglich, mit dem entspre~ chenden Griff zuerst den untersten Ton zu erzeugen und davon ausgehend den Lippendruck und die ande- ren dazu notwendigen physischen Parameter so zu ethohen baw. zu verinder, bis der héchste Ton oder gleich der vollstandige Akkord erklingt. Da zumeist der oberste Ton eines Mehrklangs klanglich dominiert, solte auf eine gute Balance zum tiefsten Ton geachtet werden, um ein méglichst ausgewogenes dynamisches Verhaltnis innerhalb des Akkords 2u errei- chen, Einige Mehrklénge lassen sich anfnglich, bedingt durch die ungewohnten Griffombinationen, nur muhevoll erzeugen. Dies ist in etwa mit einem selten verwendeten Hilfsgriff fir Einzeltne zu vergleichen, fr den auch erst ein entsprechendes Ansatzgefiihl ent- wickelt werden muB. Ebenso wie man in der klassischen Klerinettenausbil- dung dem Téneaushalten zur Bildung des Ansatzes und zur Vervollkommnung des Kiangs einen hohen Stellen wert einraumt, bendtigt eine kontrollierte und virtuose Beherrschung der multiphonen Kldnge verstindlicher- weise auch einen ahnlichen Aufwand. (Grifftabelle s. S. 37 ff)

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