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Dieter Rucht · Mundo Yang · Ann Zimmermann

Politische Diskurse im Internet und in Zeitungen


Dieter Rucht · Mundo Yang
Ann Zimmermann

Politische Diskurse
im Internet
und in Zeitungen
Das Beispiel Genfood
Bibliografische Information Der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über
<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

1. Auflage 2008

Alle Rechte vorbehalten


© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2008

Lektorat: Frank Schindler

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Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg


Druck und buchbinderische Verarbeitung: Krips b.v., Meppel
Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier
Printed in the Netherlands

ISBN 978-3-531-15942-3
7050_book.fm Page ii Wednesday, July 12, 2006 3:27 PM
Inhalt

Vorwort 11

Einleitung 13

1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand 19


1.1 Öffentliche Diskurse 19
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation – Diskussions- und
Forschungsstand 22

2 Der Risikodiskurs um Genfood 31


2.1 Risikokommunikation 31
2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte 34
2.3 Anwendungen und Risiken der grünen Gentechnik 41
2.4 Politische Kontroversen um direkte Folgen der grünen Genforschung 45
2.5 Kontroversen um wirtschaftliche und soziale Folgen 48
2.6 Kontroversen um Landwirtschaft, Lebensmittelmarkt und
Verbraucherrechte 52
2.7 Der politische Regulierungsdiskurs 55
2.8 Genfood als eigenständiges und vielschichtiges Politikfeld 60

3 Empirische Untersuchungen 63
3.1 Untersuchungshypothesen 63
3.2 Methodische Konzeption der Studie 65
3.3 Kategorienbildung 69
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 76
3.4.1 Untersuchungsdesign 76
3.4.2 Auswertung der Textanalyse 80
3.4.3 Zusammenfassung der Textanalyse: Konstruktionen von
Genfood in Zeitungsartikeln und Internet-Texten 136
6 Inhalt

3.5 Hyperlinkanalyse 142


3.5.1 Untersuchungsdesign 142
3.5.2 Ergebnisse 149
3.5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Hyperlinkanalyse 165
3.6 Webseitenanalyse 165
3.6.1 Untersuchungsdesign 166
3.6.2 Auswertung der Webseiten 167
3.6.3 Zusammenfassung der Webseitenanalyse 174

4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse 177


4.1 Zu den Untersuchungshypothesen 178
4.2 Reflexionen zur Methode und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse 181

5 Fazit 185

Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe 187

Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 193

Literaturverzeichnis 211
Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Protestereignisse zu Gentechnik und Landwirtschaft 37


Abbildung 2: Berichterstattung über Genfood in der TAZ, 1992 bis
2005 40
Abbildung 3: Das dreistufige Untersuchungsdesign 68
Abbildung 4: Anzahl der Artikel zum Thema Genfood in den Zeitungen 86
Abbildung 5: Adressaten (Y-Achse), an die sich die Sprecher (X-Achse)
im Internet und in den Zeitungen wenden, nach
Akteursgruppen 110
Abbildung 6: Adressaten (Y-Achse), an die sich die Sprecher (X-Achse)
im Internet und in den Zeitungen wenden, nach
geographischen Bezügen 114
Abbildung 7: Objektakteure (Y-Achse) der Forderungen/Handlungen
der Sprecher (X-Achse) im Internet und in den Zeitungen
nach Akteursgruppen 116
Abbildung 8: Objektakteure (Y-Achse), für die die
Forderungen/Handlungen der Sprecher (X-Achse)
Konsequenzen haben, im Internet und in den Zeitungen
nach geographischen Bezügen 118
Abbildung 9: Struktur der Hyperlinks nach Akteurskategorien 161
Abbildung 10: Struktur der Hyperlinks nach Herkunftsländern 163
Abbildung 11: Ausschöpfung unterschiedlicher Medienformate 170
Abbildung 12: Interaktivität der untersuchten Webseiten 174
Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Internet-Texte nach Anbietern in Akteurskategorien 83


Tabelle 2: Übersicht zur Datenstruktur der Textanalyse 91
Tabelle 3: Texttypen im Internet und in den Zeitungen 94
Tabelle 4: Tendenz der Texte zum Thema Genfood 95
Tabelle 5: Texttendenz zu Genfood nach Suchwortkombinationen
und Zeitungen (Häufigkeiten) 97
Tabelle 6: Anteil von Texten mit Hyperlinks nach Ziel und Position 99
Tabelle 7: Politische Sprecher/Handelnde nach Akteurskategorien 100
Tabelle 8: Internet-Texte nach geographischem Bezug ihrer Anbieter 106
Tabelle 9: Politische Sprecher/Handelnde nach geographischem
Bezug 107
Tabelle 10: Bewertung der Adressaten durch die Sprecher nach
Akteursgruppen im Internet und in den Zeitungen 112
Tabelle 11: Bewertung der Adressaten durch die Sprecher nach
geographischen Bezügen im Internet und in den Zeitungen 115
Tabelle 12: Objektakteure in der Kategorie „Sonstige“ im Internet und
in den Zeitungen 116
Tabelle 13: Art der Wirkung der Forderung/Handlung auf die
Objektakteure im Internet und in den Zeitungen 117
Tabelle 14: Art der Wirkung der Forderung/Handlung der Sprecher
auf die Objektakteure nach geographischen Bezügen der
Akteure im Internet und in den Zeitungen 119
Tabelle 15: Formen politischer Stellungnahmen 120
Tabelle 16: Unterthemen von Genfood 122
Tabelle 17: Geographischer Bezug der Unterthemen von Genfood 124
Tabelle 18: Positive und negative Frames in der Debatte um Genfood 131
Tabelle 19: Tendenz der Unterthemen zu Genfood 133
Tabelle 20: Verhältnis von Texttendenz und Positionierung zu
Einzelthemen 134
Tabelle 21: Anbieter aus dem ersten Download der Textanalyse 145
Tabelle 22: Auswertung der erhobenen Hyperlinks 148
Tabelle 23: Freeman’s degree centrality measures der
Ausgangsakteure 151
Tabelle 24: Freeman’s degree centrality measures der Zielakteure 152
Tabelle 25: Ausgangsakteure nach Akteurskategorien 154
Tabellenverzeichnis 9

Tabelle 26: Zielakteure und eingehende Hyperlinks nach


Akteurskategorien 155
Tabelle 27: Ausgangsakteure nach Herkunftsland 156
Tabelle 28: Zielakteure nach Herkunftsland 157
Tabelle 29: Ausgangsakteure nach Haltung zum Thema Genfood 158
Tabelle 30: Zielakteure nach Haltung zum Thema Genfood 158
Tabelle 31: Ausgangsakteure nach Bedeutung des Themas Genfood 159
Tabelle 32: Zielakteure nach Bedeutung des Themas Genfood 159
Tabelle 33: Hyperlinkstruktur nach Akteurskategorien 160
Tabelle 34: Hyperlinkstruktur nach Herkunftsländern 162
Tabelle 35: Hyperlinkstruktur nach Positionen zu Genfood 164
Tabelle 36: Hyperlinkstruktur nach Akteurskategorien und Position 164
Tabelle 37: Herkunft der ausgewählten Untersuchungseinheiten 167
Tabelle 38: Geographischer Bezug der Anbieter 168
Tabelle 39: Suchwortliste 189
Tabelle 40: Auswahl der Suchwortkombinationen zum Thema
Genfood 191
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Vorwort

Diese Studie beruht in ihrem Kern auf einem Gutachten, das die Autoren im
Auftrag des Deutschen Bundestages, vermittelt durch das Büro für Technikfol-
genabschätzung beim Deutschen Bundestag, im November 2004 vorgelegt ha-
ben. Allerdings geht der nun präsentierte Band in mehrfacher Hinsicht über das
ursprüngliche Gutachten hinaus. Zum ersten wurde die empirische Untersuchung
der medialen Thematisierung und Problematisierung von Genfood in einen brei-
teren Rahmen gestellt. Hierzu gehört eine im Vergleich zum Gutachten umfas-
sendere Diskussion des Forschungsstands zur Risikokommunikation sowie zu
den wissenschaftlichen und politischen Auseinandersetzungen um Genfood.
Zum zweiten haben wir an einigen Stellen die empirische Analyse verfeinert und
vertieft. Schließlich wurden im Schlusskapitel unsere Ergebnisse im Lichte ande-
rer einschlägiger Studien, auch wenn diese nicht Genfood zum Gegenstand hat-
ten, diskutiert.
Wir danken dem Deutschen Bundestag und speziell dem dort angesiedelten
Büro für Technikfolgenabschätzung, dass sie diese Studie ermöglicht und auch
zur Publikation freigegeben haben. Wir sind zudem dankbar dafür, dass uns am
Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung die Bedingungen geboten
wurden, um eine derartige Studie bzw. die darauf aufbauende Buchpublikation
anzufertigen.

Berlin, im Oktober 2007

Dieter Rucht, Mundo Yang, Ann Zimmermann


7050_book.fm Page ii Wednesday, July 12, 2006 3:27 PM
Einleitung

Einzelne Vorteile des Internet stehen außer Zweifel. Man denke etwa an den
schnellen Zugriff auf eine nahezu unendliche Fülle von angebotenen Informatio-
nen, die weltweit mögliche und bequeme Kommunikation per e-mail sowie die
kommerzielle Nutzung des Netzes für Preisvergleiche und den Kauf bzw. die
Verbreitung von Gütern und Diensten. Daneben wird das Internet, ursprünglich
„eine US-amerikanische Erfindung aus der Zeit des Kalten Krieges“ (Ramonet
2005: 1), aber auch als ein Medium der politischen Kommunikation und vor
allem der offenen, diskursiven und egalitären Meinungsbildung gepriesen. „Vom
Internet wird erwartet, es werde ein ideales Instrument zur Förderung der Demo-
kratie sein – und diese Erwartung gibt es noch immer.“ (Castells 2005: 165)
Vielfach wird behauptet oder zumindest vermutet, das Internet habe eine Reihe
von Eigenschaften, die einer aktiven Teilnahme der Bürgerschaft an öffentlichen
politischen Debatten besonders förderlich seien. Insbesondere biete das Internet
im Vergleich zu anderen Medien den Raum für ein breiteres Spektrum von Spre-
chern bzw. Akteuren, bilde damit auch ein differenzierteres Meinungsspektrum
ab und erlaube insgesamt eine dezentrale und interaktive Kommunikation. Damit
würden, so eine These, die Möglichkeiten für „civic learning and engagement“
vervielfacht (Bimber 2000: 323) und die Zivilgesellschaft gestärkt.1 Zudem er-
mögliche das Internet, mit den herkömmlichen Medien kritischer umzugehen:
„The monopoly of the traditional mass media will erode. No longer will the news
editors and anchorpersons of television networks and newspapers solely deter-
mine what the mass audience learns and thinks about current events. An increas-
ingly skeptical audience will be able to compare raw news reports with the pre-
digested, incomplete, out-of-context and sometimes biased renditions offered by
televisions and newspapers.”2
Im Sinne der demokratischen Teilhabe informierter und aktiver Bürgerinnen
und Bürger wären all dies wünschenswerte Effekte. Aber stimmen diese Annah-
men? Stellt das Internet jenen offenen Kommunikationsraum dar, in dem ein

1
„The Internet has become a vitally important arena for civil society. While more powerful political
and economic interests dominate traditional media, the Internet has allowed the voices of the ordinary
citizens and organisations lacking strong financial resources to be heard.“ (GreenNet ULR, zit. nach
Naughton 2001: 154)
2
Charles Swett, ein Angestellter des Pentagon, zitiert nach Ferdinand (2000: 179).
14 Einleitung

breitenwirksamer und wahrhaft authentischer, offener und machtfreier politischer


Diskurs stattfinden kann?3

Nach unserem Kenntnisstand liegen bisher kaum empirische Studien vor, in


denen die Themen, Sprecher, Positionen/Meinungen sowie die Bezugnahme von
Sprechern aufeinander im Kommunikationsraum Internet mit dem von her-
kömmlichen Medien, insbesondere Zeitungen, verglichen würden. Hier liegt der
Ansatzpunkt unserer Arbeit. Wir wollten den vermuteten Annahmen über die
Vorzüge des Internet im Rahmen einer überwiegend quantitativ ausgerichteten
Analyse der Kommunikation zu einem kontroversen Thema im deutschsprachi-
gen Raum nachgehen. Den Impuls dazu gab der Ausschuss für Kultur und Me-
dien des Deutschen Bundestags. Er hatte, vermittelt durch das dem Bundestag
zugeordnete Büro für Technikfolgen-Abschätzung, eine Projektausschreibung
zum Thema „Analyse netzbasierter Kommunikation unter kulturellen Aspekten“
vorgenommen. Die bereits in einer ersten Phase erstellten Gutachten, die vor
allem den aktuellen Stand der Forschung zu bilanzieren hatten, sollten in einer
zweiten Phase „durch empirische Untersuchungen netzbasierter Kommunikation
ergänzt werden.“4 Die leitende Fragestellung der Ausschreibung zielte auf die
Einschätzung der „Möglichkeiten und Auswirkungen des Internet hinsichtlich
neuer Formen der Information, Kommunikation und Kooperation in Kultur und
Politik“. Teilfragen richteten sich auf:

ƒ die Veränderung der technischen und ökonomischen Grundlagen medialer


Öffentlichkeit und deren Bedeutung für die Gestaltungs- und Interaktions-
möglichkeiten von Individuen sowie politischen Organisationen und sozio-
kulturellen Gruppen,
ƒ die neuen Möglichkeiten kultureller Selbstentfaltung und Teilhabe, des
Wissenserwerbs sowie netzbasierter Interaktion für die Qualität politischer
Diskurse, für Partizipationsansprüche und das Ziel der Chancengleichheit
bei Information und Bildung,
ƒ die Untersuchung der These vom Internet als einer neuen Form politischer
Öffentlichkeit.

3
Skeptische Kommentare mehren sich in jüngster Zeit, basieren jedoch im Allgemeinen auf Com-
mon Sense-Argumenten oder einzelnen empirischen Illustrationen (z.B. Ayres 2000).
4
In einem ersten obligatorischen Schritt war eine Kartierung ausgewählter politischer Diskurse (Mo-
dul 1) gefordert. In zwei weiteren optionalen Vertiefungsschritten konnte eine vergleichende Nutzer-
analyse ausgesuchter Angebote im Netz (Modul 2) sowie eine Inhaltsanalyse ausgewählter Angebote,
die im Modul 1 als besonders interessant erkannt wurden, erstellt werden.
Einleitung 15

Auf diese Ausschreibung haben wir mit einem Angebot reagiert, aus dem die
Auftragsstudie hervorgegangen ist. Diese bildet wiederum die Grundlage für die
hier in Buchform vorgelegte erweiterte Studie. Wir haben uns letztlich dazu ent-
schieden, die vom Auftraggeber gestellten Fragen am Beispiel des Diskurses
zum Thema Genfood zu untersuchen. Es handelte sich dabei lediglich um eine
thematische Option neben anderen (z.B. neben dem Zuwanderungsgesetz), die
den geforderten bzw. nahe liegenden Auswahlkriterien entsprach, nämlich:

ƒ thematisch relativ klar abgrenzbar,


ƒ Gegenstand aktueller Debatten („Echtzeitrecherche“, da ansonsten die In-
ternet-Kommunikation nicht oder nur in teilweise zufälligen Ausschnitten
rekonstruierbar wäre),
ƒ den Handlungsbereich des Deutschen Bundestages berührend,
ƒ eine breitere Öffentlichkeit ansprechend.

Die Festlegung auf das Thema Genfood erfolgte in Absprache mit dem Auftrag-
geber der Studie. Für uns stand dabei nicht das Thema also solches im Mittel-
punkt, also weder die im Einzelnen eingenommenen Positionen, vorgebrachten
Argumente und eingeschlagenen Kommunikationsstrategien, noch die damit
verbundenen bzw. daraus hervorgehenden politischen Entscheidungen. Vielmehr
galt es, die vermutete Besonderheit der Internet-Kommunikation exemplarisch
an einem kontroversen Thema zu untersuchen5, das es uns erlauben sollte, die
gestellten Fragen – im Rahmen unserer begrenzten Möglichkeiten und bezogen
auf ein Fallbeispiel – zu beantworten. Den Ausgangspunkt dazu bildeten insbe-
sondere folgende Annahmen über Spezifika des Internet:

ƒ Auch ressourcenschwache politische Akteure können mit ihren Anliegen


eine relativ breite Öffentlichkeit erreichen.
ƒ Ansonsten eher randständige und wenig beachtete Themen können größere
Sichtbarkeit erlangen.
ƒ Im Vergleich zu den herkömmlichen Massenmedien bietet die netzbasierte
Kommunikation ein breiteres argumentatives Spektrum im Rahmen politi-
scher Diskurse.
ƒ Es wird eine interaktive und dezentrale Kommunikation weitgehend ohne
Ansehen der Person bzw. Gruppe ermöglicht.

Diese Fragen, so unsere zentrale forschungsstrategische Überlegung, lassen sich


nicht durch den – zumeist üblichen – isolierten und teilweise durch Wunschden-
5
Damit stellt sich die Frage der Repräsentativität des gewählten Diskursgegenstands für politische
Diskurse schlechthin. Wir kommen auf diese Frage in Kapitel 4 zurück.
16 Einleitung

ken getrübten Blick auf Internet-Kommunikation, sondern nur durch den syste-
matischen Vergleich der Kommunikation im Internet und in etablierten Medien
(hier: Zeitungen) beantworten. Obgleich die Analyse netzbasierter Kommunika-
tion im Zentrum des Interesses steht, gelten somit doch erhebliche Energien auch
der Analyse des Diskurses in herkömmlichen Medien. Im Einzelnen wird anhand
eines Themenfeldes und bezogen auf die beiden Gattungen der Online- und Off-
line-Kommunikation untersucht,

ƒ ob und wie sich das Spektrum der Akteure unterscheidet,


ƒ ob und wie sich die Interaktion zwischen Kommunikationsteilnehmern
unterscheidet,
ƒ ob und wie sich die Informationsangebote unterscheiden,
ƒ ob und wie sich das Spektrum an Subthemen und Argumenten unterschei-
det,
ƒ welche Diffusionseffekte und expliziten Verweise zwischen beiden Me-
diengattungen vorliegen.

Analysiert wurden Texte, Links und Webseiten im Internet sowie Texte in Zei-
tungen innerhalb eines Zeitraums von zehn Wochen im Sommer 2004. Dabei
haben wir hinsichtlich der Internetanalyse teilweise innovative methodische
Wege beschritten, da für diese Art von Untersuchung keine ausgereiften und
weithin praktizierten Verfahren bereit stehen. Diese Verfahren sowie ihre Vor-
aussetzungen und Begründungen werden zunächst in einem Überblick zum me-
thodischen Vorgehen erläutert (3.2 und 3.3). Weitere, den drei zentralen Unter-
suchungsblöcken vorangehende methodische Ausführungen beschreiben diese
Schritte dann im Einzelnen.
Der Einleitung zu dieser Studie folgt als erstes ein Kapitel zu den theoreti-
schen Grundlagen und dem Forschungsstand unserer Thematik. Das zweite Ka-
pitel gibt einen Überblick zu Fragen der Risikokommunikation und insbesondere
der Auseinandersetzung um Genfood in den wichtigsten Arenen (Wissenschaft,
Öffentlichkeit, regulative Politik). Das zentrale und mit Abstand umfangreichste
dritte Kapitel ist unserer empirischen Primäruntersuchung gewidmet. Den Be-
merkungen zum Untersuchungsdesign und methodischen Vorgehen folgen die
drei an jeweils verschiedenen Untersuchungsweisen orientierten Blöcke: (1) die
Inhaltsanalyse von Texten im Internet und in Zeitungen, (2) die Hyperlinkanaly-
se und (3) die Webseitenanalyse. Im abschließenden vierten Kapitel werden die
Befunde im Lichte der anfangs vorgestellten Fragen und Hypothesen eingeordnet
und interpretiert, hinsichtlich ihrer Verallgemeinerbarkeit bewertet und mit den
Ergebnissen anderer Studien verglichen.
Einleitung 17

Wir gehen nicht davon aus, mit dieser Studie definitive Antworten bieten zu
können, bleibt sie doch auf ein Sachthema (Genfood), einen Sprachraum
(deutsch), eine kurze Zeitspanne (Sommer 2004) und relativ kleine Ausschnitte
(z.B. bestimmt durch eine Suchmaschine) aus der Vielzahl der Medienangebote
beschränkt. Immerhin legen wir innerhalb dieses engen Rahmens empirisch fun-
dierte Ergebnisse vor, deren Untersuchung in anderen und weiter gespannten
Feldern wünschens- und lohnenswert erscheint. Zudem zeichnen wir im Hinblick
auf die Untersuchung der politischen Potentiale des Internet methodische Wege
auf, die künftige Arbeiten inspirieren könnten.
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1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand
1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

Fragt man nach der Art und Weise, in der das Internet politische Kommunikati-
onsprozesse verändert, so ist zunächst zu klären, auf welche spezifische Form
von politischer Kommunikation man sich bezieht. Den Gegenstand unserer Un-
tersuchung bildet politische Kommunikation im Sinne solcher Diskurse. Nach
der Darstellung der Funktionen und Strukturen öffentlicher Diskurse in moder-
nen demokratischen Gesellschaften (vgl. 1.1) wenden wir uns der Frage zu, wie
das Internet diese Strukturen verändern könnte (vgl. 1.2). Anhand eines Über-
blicks über die wissenschaftliche Diskussion werden positive und negative Er-
wartungen aufgezeigt, die mit dem neuen Medium verbunden werden. Vor dem
Hintergrund einer kritischen Diskussion des empirischen Forschungsstands wird
das eigene methodische Vorgehen skizziert.

1.1 Öffentliche Diskurse


1.1 Öffentliche Diskurse
Öffentlichkeit ist nicht gleich Öffentlichkeit. In autoritären oder diktatorischen
Systemen fungiert sie als ein Raum der symbolischer Machtdarstellung und
staatlich gelenkter Agitation. Da freie Themenwahl und erst recht freie Mei-
nungsäußerung unterbunden werden, besteht Öffentlichkeit lediglich im Sinne
eines für alle sichtbaren Podiums. Was dort stattfindet, ist einer strengen Regie
unterworfen. Teilweise wird sogar die Bevölkerung verpflichtet, an öffentlichen
Darstellungen als Komparsen oder Zuschauer teilzunehmen. In demokratischen
Systemen dagegen ist Öffentlichkeit ein Raum, in dem sich Kommunikations-
prozesse relativ frei entwickeln können. Öffentlichkeit ist somit eine Art Markt-
platz für Kommunikationen. Der Zugang von Publikum und Sprechern, die The-
menwahl und die Positionen zu den Themen unterliegen im Prinzip und somit
idealiter keinen Restriktionen, wenngleich, weitgehend verdeckt, Vermachtungs-
prozesse in demokratischen Öffentlichkeiten erkennbar sind (Habermas 1962). In
der autoritär reglementierten wie der liberal strukturierten Form wird Öffentlich-
keit mit der Metapher eines Raums umschrieben. Zugleich wird in demokrati-
schen Kontexten der Begriff Öffentlichkeit im Sinne eines Makroakteurs ver-
wendet, der in bestimmten Situationen eine konsonante Position entwickelt, um
etwa einen Skandal anzuprangern oder sich dem Machthunger einer Regierung
entgegen zu stellen. Schließlich bezeichnet – durchaus missverständlich – Öf-
fentlichkeit bzw. öffentliche Meinung das Aggregat von in Umfragen ermittelten
20 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

individuellen Auffassungen und Positionen zu einem Thema, obgleich diese


Individualmeinungen nicht an die Öffentlichkeit gerichtet und im Hinblick auf
öffentliche Resonanzen kalkuliert wurden.
Im Kontext unserer Fragestellung beziehen wir uns auf Öffentlichkeit als
einen Raum, in dem sich eine Vielzahl von individuellen und kollektiven Spre-
chern zu Themen meldet, die weithin als res publica, als öffentliche Angelegen-
heiten, gelten und deshalb auch vor einem prinzipiell unabgeschlossenen Publi-
kum verhandelt werden. Dies gilt ungeachtet der Tatsache, dass sich dieses Pub-
likum aus praktischen Gründen – zum Beispiel aufgrund der Kapazitätsgrenzen
physischer Räume – als limitiert erweist. Gerhards und Neidhart (1990) folgend
können drei Ebenen von Öffentlichkeit unterschieden werden: (1) weitgehend
unstrukturierte Interaktionsöffentlichkeiten kleiner Gruppen ohne feste Rollen-
verteilung (z.B. Kneipen, Wartezimmer, Plätze vor Imbissbuden), (2) Veranstal-
tungsöffentlichkeiten, die einen organisierten Rahmen mit zugeteilten Rollen für
Moderatoren, Vortragende, Publikum usw. bieten; (3) massenmediale Öffent-
lichkeiten, in denen relativ wenige Sprecher einem großen, nicht miteinander
interagierenden Publikum gegenüber stehen und die Themen und Rollen durch
einen professionalisierten Apparat bestimmt werden. Kategoriale Unterscheidun-
gen dieser Art und daran anknüpfende Überlegungen sind durchaus vorhanden,
doch ist insgesamt zu konstatieren, dass eine Soziologie der Öffentlichkeit noch
relativ wenig zu bieten hat. Wichtige Anfänge sind jedoch gemacht (Luhmann
1990; 1995; Neidhardt 1994a; 1994b; 2000; Peters 1994). Empirische Forschun-
gen, die sich vergleichend den Voraussetzungen, Strukturen und Wirkungen die-
ser drei Öffentlichkeitsformen zuwenden, sind nicht vorhanden.
Anders verhält es sich dagegen im Hinblick auf die Massenmedien. Das ist
nicht erstaunlich, sind sie doch hinsichtlich der Themen und Sprecher, der Größe
des Publikums und der Zeit, die das Publikum für den Medienkonsum investiert,
die mit weitem Abstand bedeutendste Form von Öffentlichkeit, insbesondere der
politischen Öffentlichkeit (Gerhards 1991). Massenmedien sind für nahezu alle
Arten von politischen Akteuren unumgänglich und nicht zuletzt deshalb auch ein
Objekt politischer Regulierung. Zudem sind sie ein wichtiger wirtschaftlicher
Faktor als eigenständiger Arbeitsmarkt mit ausdifferenzierten Professionsrollen.
Entsprechend ihrer großen Bedeutung bilden Massenmedien auch einen zentra-
len Gegenstand sozialwissenschaftlicher Forschung, namentlich der Medienso-
ziologie und der Kommunikationswissenschaft, die ihrerseits wiederum in spezi-
fische Felder, z.B. Zeitungswissenschaft, Medienwirkungsforschung usw. ausdif-
ferenziert ist (für einen Überblick siehe Jarren/Sarcinelli/Saxer 1998; Pürer
2003).
Medienwissenschaft und Kommunikationswissenschaft haben überzeugend
dargelegt, dass Massenmedien nicht einfach Realität widerspiegeln (z.B. Tuch-
1.1 Öffentliche Diskurse 21

mann 1978). Obgleich ein „Fenster zur Welt“, sind Medien doch mehr als nur
ein Rahmen, der den Bildausschnitt bestimmt. Sie sind vielmehr Konstrukteure
eines Bildes, das sie selbst nur sehr partiell aus erster Hand, d.h. als Augenzeu-
gen gewinnen. Und selbst wo sie dies tun, sind – wie bei jeder Beobachtung –
immer schon vorgängige Selektions- und Deutungsmuster am Werk, die in die
Realitätskonstruktion einfließen. In einer kurzen Formel: media are not mirrors
but moulders.
Massenmedium ist nicht gleich Massenmedium. Die mediale Wirklichkeits-
konstruktion, die ja nicht einfach Fiktion ist, sondern an erfahrbare und teilweise
nachprüfbare Tatsachen und Vorgänge rückgebunden bleibt, ist auch von den
Besonderheiten des jeweiligen Mediums – insbesondere Zeitungen, Radio, Fern-
sehen, Film und Internet – geprägt. Und selbst innerhalb dieser Mediengattungen
bestehen wiederum Strukturunterschiede (z.B. öffentlich-rechtliches vs. privates
Fernsehen; Qualitätszeitung vs. Boulevardzeitung), die die Auswahl und Präsen-
tation der Themen beeinflussen.
Ein großer Teil des Themenangebots der Massenmedien hat einen unterhal-
tenden oder Unterhaltung und Information verbindenden Charakter (infotain-
ment). Ein anderer Teil zielt darauf, kontroverse Positionen und Argumente zu
bestimmten Themen wiederzugeben und auch – mehr oder weniger offen – von
Medien selbst vertretene Meinungen zur Geltung zu bringen. In diesem Zusam-
menhang kann von öffentlichen bzw. spezifischer: massenmedialen Diskursen
gesprochen werden. Allerdings wird damit ein anspruchsloser Begriff von Dis-
kurs verwendet, der im Regelfall nicht den Voraussetzungen von Habermas’ Dis-
kurs entspricht. Öffentlicher Diskurs bedeutet nicht mehr als eine in der Öffent-
lichkeit ausgetragene Debatte um ein kontroverses Thema, sei es um die Ästhetik
eines auf dem Marktplatz ausgestellten Kunstobjekts, sei es um die Vor- und
Nachteile der neoliberalen Globalisierungsstrategie. Eingeschlossen ist auch der
zumeist latent bleibende Sachverhalt, dass viele Meinungsäußerungen nicht als
solche explizit kenntlich sind (z.B. in der Rubrik „Kommentar“), sondern auch
im Gewande eines Faktenberichts, z.B. einer Nachrichtensendung, vorkommen
(van Dijk 1998).
Diskurse werden in wissenschaftlichen Kontexten durch Diskursanalysen
erschlossen. Mit diesem Sammelbegriff werden jedoch höchst unterschiedliche
theoretische Zugänge und empirische Verfahren benannt, die hier nicht im Ein-
zelnen vorgestellt werden sollen. Sie können sich u.a. auf Alltagsgespräche,
wissenschaftliche Auseinandersetzungen, parlamentarische Debatten und mas-
senmediale Thematisierungen von Konfliktthemen beziehen, können qualitativ
oder quantitativ angelegt sein oder beide Elemente verbinden; können auf die
Erhebung formaler oder stärker inhaltlicher Merkmale abzielen usw. Hierzu gibt
es eine Fülle von Literatur und einen reichen Erfahrungsschatz auch hinsichtlich
22 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

der methodischen Zugänge. In unserem Zusammenhang ist die quantitative In-


haltsanalyse von politischen Diskursen von besonderem Interesse. Auch hierzu
liegen zahlreiche Studien vor (Weßler 1999; Gerhards/Neidhardt/Rucht 1998;
Ferree et al. 2002). Allerdings gibt es kaum Studien, in denen themenzentrierte
Diskurse im Internet und in anderen Mediengattungen miteinander verglichen
werden. Und noch seltener sind derartige Vergleiche, die das Internet als eine
Gattung einbeziehen würden, zumal es aufgrund seiner besonderen Eigenschaf-
ten besondere Probleme aufwirft, da es, im Unterschied zu einzelnen Zeitungen
oder Rundfunksendungen, einen tief gestaffelten und nahezu unendlichen Kom-
munikationsraum darstellt, der besondere Anforderungen an die Prinzipien und
Verfahren der Auswahl des zu untersuchenden Diskursmaterials stellt. Dieser
Herausforderung suchen wir uns im Rahmen unserer bescheidenen Möglichkei-
ten zu stellen.

1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation –


Diskussions- und Forschungsstand
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation
Das Internet, obgleich im wissenschaftlichen und militärischen Bereich schon
länger verfügbar, hat sich als Massenmedium erst ab Mitte der 1990er Jahre,
dann allerdings in enormem Tempo, verbreitet. Laut der im Frühjahr 2005
durchgeführten ARD/ZDF-Online-Studie nutzten zu diesem Zeitpunkt 58 Pro-
zent der Erwachsenen in Deutschland das Internet (Eimeren/Frees 2005). Damit
liegt Deutschland im Mittelfeld der europäischen Länder.6 Experten gehen aller-
dings davon aus, dass das Internet – ähnlich wie schon heute das Telefon – län-
gerfristig von 95 Prozent der Bevölkerung genutzt werden wird.
Diese Erfolgsgeschichte legt die Annahme nahe, das Internet biete eine
Reihe von Vorteilen, die herkömmliche Medien nicht oder nur in weitaus gerin-
gerem Maße aufweisen. Einige dieser Vorteile, darunter die niedrigen Kosten,
die Möglichkeit des raschen Zugriffs auf riesige Informationsbestände und Ad-
ressatenkreise sowie das ortsunabhängige Senden und Empfangen von Mittei-
lungen, liegen auf der Hand. Hinsichtlich anderer Möglichkeiten des Internet
bestehen schon aufgrund seiner kurzen Existenz als Massenmedium erhebliche
Unsicherheiten. Das betrifft (1) sein Potential als Medium der politischen Infor-
mation, Partizipation und Mobilisierung, (2) seinen Beitrag zu mehr Chancen-

6
Nach einer Eurostat-Umfrage im Jahr 2005 benutzten in Deutschland 54 % der Personen im Alter
von 16 bis 74 Jahren das Internet mindestens einmal pro Woche. EU-weit lag der entsprechende
durchschnittliche Anteil bei 43 % (EU 25) bzw. 46 % (EU 15) (http://epp.eurostat.cec.eu.int/portal/
page?_pageid=1996,39140985&_dad=portal&_schema=PORTAL&screen=detailref&language=de&
product=Yearlies_new_science_technology&root=Yearlies_new_science_technology/I/I5/ecb125 60).
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation 23

gleichheit für alle Arten von wirtschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und politi-


schen Akteuren sowie (3) den Grad der Nutzung interaktiver und dezentraler
netzbasierter Kommunikationsformen. Hierzu finden sich auf der einen Seite
euphorische Erwartungen, auf der anderen Seite aber grundlegende Skepsis. Die
Mehrzahl der vorliegenden Darstellungen der wissenschaftlichen Debatte um das
politische Potential des Internet zeigt die Positionen dementsprechend entlang
eines bipolaren Kontinuums auf, beispielsweise zwischen Utopisten und Dysto-
pisten (Fisher/Wright 2001) oder Euphorikern und Skeptikern (Donges 2000).
Die Positionen, die innerhalb der Debatte eingenommen werden, lassen sich
hinsichtlich der Frage nach der Macht- und Herrschaftsrelevanz des Internet
anhand von drei Theoremen unterscheiden (vgl. Bühl 1998: 353f.): (1) das De-
mokratisierungstheorem, dem zufolge das Internet zur Demokratisierung gesell-
schaftlicher Strukturen führt; (2) das Reproduktionstheorem, gemäß dem das
Internet ein Spiegel der Realwelt ist, der die Herrschaftsverhältnisse in der wirk-
lichen Welt im virtuellen Raum abbildet, und (3) das Potenzierungstheorem,
nach dem das Internet zu einer neuen Stufe der Machtkonzentration durch die
Vertiefung und Potenzierung der bestehenden Herrschaftsverhältnisse führt.
Innerhalb der Debatte scheinen sich die extremen Positionen – ob positiv oder
negativ – seit einigen Jahren jedoch abzuschwächen, sodass differenzierende und
faktengestützte Meinungen und Annahmen an Gewicht gewinnen (Leggewie/
Bieber 2001; Papacharissi 2002; Agre 2002; Barnett 1997; Marschall 1999; Don-
ges 1999).
Gespalten ist die Diskussion auch hinsichtlich des Internet als eines Medi-
ums der politischen Information und Partizipation. Zugespitzt lautet die Kernfra-
ge: Verändert das Internet die Bedingungen politischer Kommunikation in dem
Sinne, dass die Bürgerschaft breiter und besser informiert ist und sich aktiver an
politischen Diskursen und Auseinandersetzungen beteiligt?
Bezogen auf diese Kernfrage ist zunächst festzuhalten, dass der Anteil poli-
tischer Kommunikation im Internet verschwindend gering ist. Sie macht nach
Schätzungen nur einen Bruchteil des gesamten Datenverkehrs aus. „Auf der
Seite der Angebote sind vielleicht 0,5 Prozent der Webseiten explizit politisch,
noch weit weniger Mailinglisten oder Newsgroups sind dezidiert politisch.“
(Rilling 2001) Auf der Nachfrageseite sind laut ARD-ZDF-Online Studie zwar
47 Prozent der erwachsenen Onlinenutzer häufig bis gelegentlich im Internet, um
„aktuelle Nachrichten und Informationen über das Geschehen in Deutschland
und im Ausland“ zu verfolgen (Eimeren/Frees 2005: 367). Am häufigsten aber
wird das Internet wohl für Unterhaltungszwecke und für wirtschaftliche Funktio-
nen genutzt. Laut einer in Erfurt und Kassel durchgeführten Telefonbefragung
werden nur 5 Prozent der Online-Zeit für politische Anliegen verwendet (Em-
24 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

mer/Voss 2004: 207).7 Selbst wenn immer größere Teile der Bevölkerung das
Internet nutzen werden, ist nicht zu erwarten, dass der relative Anteil politischer
Kommunikation deutlich zunehmen wird.
Gleichwohl können auch von kleinen Kommunikationsanteilen innerhalb
eines Informationsnetzes, das Hunderte Millionen von Menschen umfasst, große
Wirkungen ausgehen. Dies ist jedenfalls die Hoffnung vieler – und zumal trans-
national agierender – zivilgesellschaftlicher Gruppen, die verstärkt das Internet
beanspruchen und daran hohe Erwartungen knüpfen.8 Einzelne Beispiele, wie
der Fall des Studenten Peretti, der den Nike-Konzern herausforderte und eine
Lawine von Kommunikationen auslöste (Bennett 2001; Rucht 2003), oder die
breiten und erfolgreichen Mobilisierungen für den Bann von Landminen (Yang
2003) und gegen die WTO-Konferenz in Seattle 1999 (Smith 2001b), bestärken
diese Sichtweise. Entsprechend wird gefolgert, das Internet begünstige, gemes-
sen an anderen Kommunikationsmedien, kleine und ressourcenschwache Akteu-
re,9 fördere den politischen Informationsstand und Informationsaustausch und
trage insgesamt zu einer Demokratisierung der Massenkommunikation und zu
einer Stärkung der politischen Partizipation bei.10 So meint zum Beispiel Smith
(2001a): „The new technologies, in short, help decentralize access to information
– about political and legal processes, about policy critiques, and about resistance
strategies and organization. This serves to reinforce the democratic, participatory
norms that pervade much of the movement.” Ein weiterer Vorteil wird darin
gesehen, dass das Internet von Zensur weitgehend frei sei: Nirgendwo „sonst
werden gesellschaftlich und politisch relevante Themen unzensiert von einer so
breiten Öffentlichkeit diskutiert“ (Musch 1996). Schließlich wird darauf hinge-

7
Auch im Vergleich zu den herkömmlichen Massenmedien wird das Internet weniger stark zur poli-
tischen Information herangezogen. Einer Umfrage zufolge nahm bei der Nutzung von Tageszeitung,
Hörfunk und Fernsehen die gezielte Information über das politische Geschehen den ersten Rang unter
21 Antwortkategorien ein. Hingegen wird das Internet vorrangig bei der Suche nach Informationen
über Kino, Musik, Literatur sowie für wirtschaftliche Anliegen eingesetzt (Blödorn et al. 2005: 643 f.).
8
Hingegen sieht Siedschlag (2003: 14) den Beitrag des Internet für die „sich abzeichnenden erweiter-
ten Möglichkeiten für Willensbildung und Partizipation“ vor allem „im Bereich der Partei- und
Parlamentsarbeit“.
9
„Die neuen Netztechnologien begünstigen Gruppierungen, die über viel Idealismus und Engage-
ment, aber wenig Geld verfügen, während reichliche Geldmittel allein keinen Erfolg verbürgen. Un-
ter ihrem Einfluss wird die Binnenmobilisierung und das Mitgliederengagement zu den bestimmen-
den Kriterien, die die innere Kohäsion eines Verbands einerseits und seine externen Artikulations-
und Handlungsfähigkeiten andererseits determinieren.“ (Geser 2000)
10
Dies meint auch eine Minderheit in der Bevölkerung. „Insgesamt 29 % der Befragten in Deutsch-
land (34 % der Onliner, 25 % der Offliner) glauben, dass das Internet dazu beitragen kann, dass der
einzelne Bürger stärker an politischen Entscheidungen teilhaben kann. Damit sind sie im internatio-
nalen Vergleich vergleichsweise positiv eingestellt.“ (Groebel/Gehrke 2003: 202; siehe auch Hill/
Hughes 1998; Rogg 2003; Ferndinand 2004; Siedschlag/Bilgeri 2004).
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation 25

wiesen, zivilgesellschaftliche Organisationen könnten durch das Internet mehr


Mitglieder rekrutieren und diese enger an sich binden.

„A reduction in information costs will improve the quality and quantity of informa-
tion about groups available to prospective members. People will be more likely to
find a group that fits their interests and less likely to join a group that does not fit
their interests. The result is a better fit from the start of their membership and a re-
duced likelihood that they will drop out. Lower organization costs may also draw
members into the organization more fully. By participating more actively in the or-
ganization, members may be less likely to leave.” (Bonchek 1995)

Dagegen steht allerdings eine ganze Reihe von Argumenten, die zusammenge-
nommen zu Skepsis gemahnen (Rucht 2004a; 2004b). Unter anderem wird auf
Folgendes verwiesen: Durch das Internet würde die Fragmentierung der Öffent-
lichkeit beschleunigt, was der Qualität von Demokratie abträglich sein könnte
(Sunstein 2001); bei der praktischen Nutzung des Internet stünden die ohnehin
schon dominanten Interessengruppen und sonstigen Akteure im Vordergrund;
die schiere Fülle des Informationsangebots erzwinge radikale Selektionen und
den Gebrauch entsprechender Selektionshilfen, die wiederum kleine Akteure
benachteiligten; nur die bereits politisch interessierten und aktiven Personen
nutzten das Internet auch für politische Zwecke; auch antidemokratische Grup-
pierungen profitierten vom Internet; Informations- und Diskussionsangebote im
Internet genügten nicht, wie journalistisch kontrollierte Medien, bestimmten
Qualitätsstandards; das Internet könnte längerfristig den Charakter einer „Herr-
schaftsarchitektur“ (Lessig 2004) annehmen usw.
Während die Diskussion in ihren Anfängen11 auf einer weitgehend spekula-
tiven Ebene ohne empirisch fundierte Erkenntnisse stattfand, nimmt spätestens
seit Ende der 1990er Jahre der empirische Kenntnisstand kontinuierlich zu
(Wellman 2004: 378). Empirische Studien, die das politische Potential des Inter-
net untersuchen, lassen sich in Studien der Internetnutzer, der Anbieter und der
strukturellen Besonderheiten des Internet unterteilen (vgl. Zimmermann 2006).
Studien auf der Nutzerebene untersuchen in erster Linie Verbreitung, Häu-
figkeit und Art der Internetnutzung sowie soziodemographische und sozioöko-
nomische Merkmale von Nutzern und Nicht-Nutzern. Die meisten Arbeiten in
diesem Feld sind quantitative Erhebungen, die auf herkömmliche Befragungsme-
thoden zurückgreifen, teilweise aber auch Online-Befragungen. Zu Beginn waren
solche Studien in erster Linie von wirtschaftlichen Interessen geleitet und wur-

11
Die Kontroverse um das demokratische Potential des Internet hat sich Anfang der 1990er Jahre in
den USA entzündet und wird seit Mitte/Ende der 1990er Jahre auch in Deutschland geführt (vgl.
Bieber 1999).
26 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

den von Marktforschungs- und ähnliche Unternehmen durchgeführt. Später ga-


ben auch staatliche Institutionen derartige Studien in Auftrag, wissenschaftlich
initiierte Forschung nahm zu und Langzeitprojekte wurden ins Leben gerufen,
wie beispielsweise das Pew Internet & American Life Project (http://www.
pewinternet.org) oder das World Internet Projekt (http://www. worldinternetpro-
ject.net/; vgl. Wellman 2004).
In Bezug auf das demokratische Potential des Internet sind insbesondere
solche Studien von Interesse, die sich mit dem so genannten digital divide be-
schäftigen (z.B. Katz/Rice 2002; Norris 2001; Chen/Wellman 2003; Selwyn
2004). Dabei können drei Formen unterschieden werden: (1) ein global divide,
das die ungleichen Zugangs- und Nutzungschancen des Internet zwischen Indus-
trie- und Entwicklungsländern aufzeigt, (2) ein social divide, das die Schere
zwischen unterschiedlichen sozialen Gruppen innerhalb einer Gesellschaft in
Bezug auf Internetzugang und -nutzung sichtbar macht (information rich und
information poor), und (3) ein democratic divide, das die Kluft zwischen den
Bürgern aufzeigt, die die neuen Chancen für politisches Engagement, Mobilisie-
rung und Partizipation nutzen und denen, die sie nicht nutzen (z.B. Norris 2001).
Optimistische Einschätzungen gehen davon aus, dass sich diese Ungleichheiten
zumindest in den Industrieländern allmählich abschwächen werden. Pessimisti-
sche Einschätzungen sehen hierin hingegen den Beginn einer tief greifenden
strukturellen Spaltung innerhalb und zwischen Gesellschaften.
Andere Studien untersuchen das Verhältnis zwischen Internetnutzung und
politischer Partizipation (z.B. Weber/Loumakis 2003; Tolbert/McNeal 2003;
Bimber 2001; Norris 2001; Scheufele/Nisbet 2002). Die meisten kommen zu
dem Schluss, dass das Internet vor allem von jenen Bürgern zur politischen Par-
tizipation und Information genutzt wird, die ohnehin politisch interessiert und
aktiv sind, während der Teil der Bevölkerung, der kein Interesse an Politik hat,
auch das Internet nicht zur politischen Information oder Partizipation heran-
zieht.12 In der überwiegenden Mehrheit basieren Untersuchungen der Nutzerseite
auf Analysen statistischer Zusammenhänge.
Einen Sonderfall der Nutzerstudien stellen die Untersuchungen von Online-
Diskussionsforen, Electronic Bulletins, Mailing-Listen oder USENET-Gruppen
dar (Jensen 2003; Tsaliki 2002; Reid 1999; Jankowski/van Os 2004; Roberts et
al. 2002; Rheingold 1993; Schulz 2000; Schneider 1997). Hier wird das Verhal-
ten von Nutzern bestimmter Webseiten, welche einen kommunikativen Aus-
tausch oder Diskussionen ermöglichen, anhand inhalts- bzw. diskurstheoretischer
Methoden untersucht. In der überwiegenden Zahl der Fälle wird die Kommuni-

12
„With the important exception of age, if the profile for Net users is similar to the profile for those
already most likely to participate politically, the Internet may function to reinforce rather than trans-
form the existing social inequality in civic society.“ (Norris 2000)
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation 27

kation in Online-Foren an den idealtypischen Maßstäben deliberativer Öffent-


lichkeit gemessen, wobei das Resultat meist ernüchternd ausfällt.13
Studien auf der Angebotsseite lassen sich danach unterscheiden, welche
Anbieter untersucht werden. Lange Zeit konzentrierten sich die Untersuchungen
auf die Angebote etablierter politischer Akteure wie Regierungen, Parlamente,
Parteien, Politiker im allgemeinen oder in besonderen politischen Phasen wie
beispielsweise Wahlkämpfen (z.B. Prümm 1996; Bieber 1999; Davis 1999; Nor-
ris 2001, 2003; Döring 2003; Kaiser 1999). Untersuchungen der Online-Ange-
bote sozioökonomischer Interessengruppen, zivilgesellschaftlicher Akteure oder
Medien nehmen erst in den letzten Jahren zu (Martínez 2003; Kaiser 1999;
Ward/Lusoli 2003; van den Donk et al. 2004; Salaverria 2005; Zürn 2000). Zu-
meist handelt es sich hierbei um Fallstudien, die ausschließlich auf Inhaltsanaly-
sen einzelner Webseiten beruhen.
Studien zu strukturellen Besonderheiten des Internet im Hinblick auf dessen
politisches Potential beziehen sich in erster Linie auf Hyperlinks. Diese verknüp-
fen unterschiedliche Webseiten miteinander und übernehmen somit im komple-
xen Informationsraum des Internet eine strukturierende Funktion. Hyperlinkana-
lysen untersuchen, welche Strukturen im Internet durch diese Verknüpfungen
entstehen. In der informationswissenschaftlichen Forschung stößt die Hyperlink-
analyse schon seit einigen Jahren auf reges Interesse. Im Rahmen sozialwissen-
schaftlicher Fragestellungen erhält die Hyperlinkanalyse jedoch erst seit kurzem
verstärkte Aufmerksamkeit. Ein Teil der Forschung stützt sich hierbei vornehm-
lich auf die Methoden der klassischen Zitationsanalyse und wird im englisch-
sprachigen Raum als „Webometrics Approach“ bezeichnet. Angewandt wurde
dieser Ansatz bisher auf die unterschiedlichsten Bereiche, beispielsweise die
Verlinkung von Zeitschriftenartikeln (z.B. Goodrum et al. 2001), von Ländern
(z.B. Thelwall 2001), von Universitäts-Webseiten (vgl. Thelwall et al. 2003)
oder von kommerziellen Webseiten (z.B. Thelwall 2001). Der andere Teil der
Forschung steht in der Tradition der Netzwerkanalyse.14 Die Untersuchungen er-
strecken sich bisher weitgehend auf Hyperlinknetzwerke im Rahmen von E-com-
merce (z.B. Krebs 2000), politischen Parteien (Ackland/Gibson 2004), sozialen
Bewegungen (z.B. Rogers/Marres 2000; Halavais/Garrido 2003), politischen
Angeboten (Meurer 2003), interpersonaler Kommunikation (z.B. Park et al.
2000), interorganisatorischer Kommunikation (z.B. Park et al. 2002) oder inter-
13
Unter Deliberation wird hierbei eine Vielzahl von Konzepten verstanden, denen gemein ist, ver-
nunftgestützte, gleichberechtigte Kommunikation als Basis demokratischer Öffentlichkeit zu sehen.
Das Internet mit seinen technischen Möglichkeiten wurde in diesem Sinne zum Hoffnungsträger
deliberativer Politik. Dies schlägt sich zum einen in zahlreichen diskurstheoretischen Arbeiten nieder
(Dahlberg 2004; Habermas 2005; Janssen/Kies 2005), zum anderen auch in der breiteren Debatte
über die Bedeutung des Internet für die Demokratie (Leggewie 2004; Siedschlag 2004).
14
Einen guten Überblick für beide Ansätze bieten Park/Thelwall (2003).
28 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

nationaler Kommunikation (Brunn/Dodge 2001). Untersucht wurden zudem Ver-


änderungen von Hyperlinkstrukturen im Laufe von Wahlkämpfen (Foot/ Schnei-
der 2002; Foot et al. 2003). Auch gibt es erste Versuche, Hyperlinkanalysen mit
Inhaltsanalysen von Webseiten zu verknüpfen, wie z.B. die Untersuchung von
Tateo (2005) über italienische rechtsextremistische Gruppen im Internet.
Das Forschungsfeld, das sich zur Frage nach dem politischen Potential des
Internet entwickelt hat, ist somit mittlerweile durchaus lebendig; es bleibt jedoch
wenig innovativ und wird den Besonderheiten, die das Internet aufweist, nur
eingeschränkt gerecht. Die Untersuchungen der drei unterschiedlichen Ebenen
(Nutzer, Anbieter und strukturelle Besonderheiten des Internet) stehen weitge-
hend unvermittelt nebeneinander. Im Internet bilden sich jedoch durch das Zu-
sammenwirken dieser drei Ebenen völlig neue Informations- und Kommunikati-
onsräume, die weitgehend unberücksichtigt geblieben sind. Eine Ausnahme stellt
ein Ansatz dar, der innerhalb des Europub-Projekts entwickelt wurde.15 Ausge-
hend von der Frage, wie Leute auf der Suche nach Informationen das Internet
nutzen, wurden hier Suchmaschinen und Hyperlinks als die wichtigsten Orientie-
rungshilfen identifiziert. Auf Grundlage von Umfrage-Daten ist das Nutzungs-
verhalten in der Bevölkerung weitgehend bekannt (Machill/Welp 2003). Laut der
ARD/ZDF-Online-Studie 2004 sind Suchmaschinen für 74 Prozent der Nutzer
die zentrale Quelle für das Auffinden neuer Seiten und damit der wichtigste
Zugangsweg (Neuberger 2005). Nach Eimeren/Frees (2005: 369) surft jeweils
die Hälfte aller Internet-Nutzer in Deutschland ziellos im Internet oder sucht
bestimmte Informationsangebote über Suchmaschinen.16 Die Nutzer verstehen
insbesondere das gezielte Suchen nach Informationen im Internet als Äquivalent
zur Lektüre einer Tageszeitung (Eimeren/Frees 2005: 369f.).
Suchmaschinen und Hyperlinks fungieren als die beiden zentralen Formen
der Strukturierung von Online-Aufmerksamkeit bzw. -selektion, durch die neue
internetspezifische Informations- und Kommunikationsräume entstehen. Diese
Formen können wie folgt charakterisiert werden (vgl. Koopmans/Zimmermann
2003):

ƒ Vertikale hierarchische Selektion durch Suchmaschinen, die den Internet-


nutzern Orientierung durch die Präsentation einer hierarchischen Auswahl
von relevanten Webseiten hinsichtlich eines bestimmten Suchbegriffs bie-
ten, der vom Nutzer gewählt wurde. Deshalb können Suchmaschinen als ga-

15
Informationen über das Projekt sowie Codebücher und Berichte sind unter http://europub.wz-
berlin.de/ erhältlich.
16
Lediglich 16% der Befragten gaben an, Chats, Gesprächsforen oder Newsgroups zu nutzen (Eime-
ren/Frees 2005: 370).
1.2 Besonderheiten der Internet-Kommunikation 29

tekeeper bezeichnet werden, die einen bestimmten Teil der „Online-Rea-


lität” auf der Grundlage festgelegter Kriterien sichtbar machen.
ƒ Horizontale Netzwerkselektion durch Hyperlinks, die Nutzer auf andere
Webseiten hinweisen. Durch die Hyperlinks, die Akteure auf ihren Websei-
ten anbieten, agieren diese Akteure selbst als gatekeeper, die informative
und kommunikative Online-Räume aufspannen, die bestimmte Akteure ein-
schließen und andere nicht.

Insbesondere die Informations- und Kommunikationsräume, die im Internet


durch die Nutzung von Suchmaschinen entstehen, wurden im Rahmen der bishe-
rigen Forschung kaum berücksichtigt. Die Untersuchungen von Hyperlinkstruk-
turen zwischen Webseiten konzentrierten sich bisher weitgehend auf einzelne
Akteursgruppen oder spezifische Ereignisse.
In Anlehnung an die im Europub-Projekt entwickelte Konzeption werden in
der vorliegenden Studie die Nutzer- und Angebotsseite sowie die strukturellen
Besonderheiten des Internet nicht nur auf theoretischer Ebene verknüpft. Auch
das empirische Vorgehen ist so ausgerichtet, dass die Chancen unterschiedlicher
Akteure, Online-Aufmerksamkeit zu erzeugen, unter Berücksichtigung des Ver-
haltens der Nutzer (Suchmaschinen) und der strukturellen Besonderheiten des
Internet bzw. des Verhaltens der Anbieter (Hyperlinks) bestimmt werden. Weiter
werden die so gefundenen Angebote auf ihre internetspezifischen Besonderhei-
ten untersucht. Gleichzeitig wird nicht nur der Grad der Aufmerksamkeit, der
unterschiedlichen Akteuren online entgegen gebracht wird, beachtet; es wird
auch der Grad der Aufmerksamkeit, der diesen Akteuren in herkömmlichen Me-
dien entgegen gebracht wird, als Vergleichsmaßstab herangezogen. Insbesondere
die Kommunikations- und Informationsräume, die durch Suchmaschinen struktu-
riert werden, können mit den Selektionsleistungen herkömmlicher Medien ver-
glichen werden. Suchmaschinen bieten dem Nutzer auf ähnliche Weise wie her-
kömmliche Medien Positionen und Ansichten unterschiedlicher Akteure zu be-
stimmten Themen. Damit lässt sich überprüfen, ob das Internet bestimmten Ak-
teursgruppen tatsächlich bessere Möglichkeiten bietet, eine massenmediale Öf-
fentlichkeit zu erreichen, als ihnen dies die herkömmlichen Massenmedien er-
lauben. Dies ist eine Hypothese, die sich seit Beginn der Debatte um das demo-
kratische Potential des Internet ungeprüft durch die Diskussion zieht. Das Euro-
pub-Projekt hat hier mit einer quantitativen Studie, die einen Vergleich zwischen
sieben Ländern, sieben Politikfeldern sowie dem Internet und Zeitungen um-
schließt, einen Anfang gemacht.
In der vorliegenden Arbeit wird dieser Ansatz im Rahmen einer Fallstudie
zum deutschsprachigen Genfood-Diskurs weiterentwickelt. Dabei sollte insbe-
sondere das methodisch eingeschränkte Vorgehen vieler Internetstudien über-
30 1 Theoretische Grundlagen und Forschungsstand

wunden werden. Während Nutzerbefragungen zumeist Repräsentativität bean-


spruchen können und darüber hinaus auch das tatsächliche Nutzerverhalten er-
forscht wird, steht bei den bisherigen Inhalts-, Webseiten- und Hyperlinkanaly-
sen die Frage nach den Potentialen des Internet im Vordergrund. Dabei wurden
die Untersuchungsfälle häufig nach Gesichtspunkten auf der Anbieterseite aus-
gesucht, ohne genauer zu prüfen, inwieweit diese Angebote auch einem breiten
Publikum zugänglich sind. So basiert die Hyperlinkanalyse von Marres und
Rogers (2000) zum Thema Genfood in Großbritannien im Wesentlichen auf
ausgewählten Akteuren, um die herum ein Netzwerk mittels eines Schneeballver-
fahrens rekonstruiert wurde. Auch bei vielen Untersuchungen von Gesprächsfo-
ren und Webseitenanalysen bleibt unklar, nach welchen Kriterien die Auswahl
der meist wenigen Fälle erfolgt. Die Stichprobenziehung des Europub-Projektes
reagierte darauf, indem Webseiten nach ihrer Auffindbarkeit mittels Suchma-
schinen ausgewählt wurden. Somit wurde dem Umstand Rechnung getragen,
dass Nutzer nur einen sehr geringen Teil des Internet-Angebots zur Kenntnis
nehmen. Die vorliegende Studie erweitert diesen Ansatz, indem die Text-, Hy-
perlink- und Webseitenanalysen auf einer gemeinsamen Stichprobe von in
Google aufgefundenen Einträgen basieren. Hierbei wurden solche Suchwort-
kombinationen verwendet, die mit hoher Wahrscheinlichkeit besonders häufig
genutzt werden. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die Quellen, die
im Internet untersucht wurden, von einem am Thema Genfood interessierten
Nutzer auch tatsächlich aufgefunden werden.
Bei diesem Vorgehen werden zum einen die Untersuchungen der kommuni-
kativen Räume durch Suchmaschinen und durch Hyperlinks aufeinander bezo-
gen bzw. in Abhängigkeit voneinander untersucht. Zum anderen ermöglicht die
Webseitenanalyse im Vergleich zu bisherigen Studien eine tiefer gehende Analy-
se des durch vertikale und horizontale Selektion entstehenden Online-Kommu-
nikationsraums. Auch wenn nicht zu erwarten ist, dass hierdurch über die oben
angeführten Argumente und Gegenargumente definitiv entschieden werden kann,
so lässt sich auf diese Weise zumindest für ein begrenztes Themenfeld und eine
begrenzte Menge von Kommunikationsteilnehmern prüfen, ob die behaupteten
Vor- und Nachteile des Internet nachweisbar sind.
2 Der Risikodiskurs um Genfood
2 Der Risikodiskurs um Genfood

Die Fokussierung auf das Thema Genfood bietet erstens den Vorteil, dass es sich
dabei um ein relativ klar abgrenzbares Themenfeld handelt, wodurch eine syste-
matische Informationssuche im Internet erleichtert wird. Zweitens stellt es einen
Gegenstand aktueller Debatten dar, sodass eine Echtzeitrecherche möglich ist.
Schließlich spricht die Genfood-Thematik ein breites Publikum an, da sie alle
Bürger in ihrer Eigenschaft als Konsumenten betrifft. Vor allem handelt es sich
hierbei um einen Risikodiskurs, der ein hohes gesellschaftliches Konfliktpotenti-
al in sich birgt, wodurch von einer relativ breiten Aufmerksamkeit auszugehen
ist. Zunächst werden die allgemeinen Eigenschaften von Risikokommunikation
dargestellt, dann Ursprung, Entwicklung, Inhalte und Folgen der Debatte über
Genfood in Deutschland nachgezeichnet und schließlich die politischen und
rechtlichen Regulierungen skizziert.

2.1 Risikokommunikation
2.1 Risikokommunikation
Ursprünglich war die Risikoforschung eine Domäne von naturwissenschaftlich-
technischen Experten, die sich mit statisch berechenbaren Wahrscheinlichkeiten
und Ausmaßen von Risiken befassten. Im Prinzip wurde damit nicht über die
Risikokalküle im Zusammenhang mit älteren technischen Geräten (z.B. Dampf-
kessel, Munitionsfabriken) hinausgegangen, wenngleich die Anforderungen an
derartige Berechnungen aufgrund der Komplexität moderner technischer Syste-
me enorm gestiegen sind. Mit der gesteigerten Reichweite und Eingriffstiefe
moderner Techniken rückten deren manifeste wie auch potentielle negative Fol-
gen als Systemzusammenhänge in den Vordergrund. Im Zuge der damit verbun-
denen sozialen und politischen Auseinandersetzungen entwickelte sich die sozia-
le Wahrnehmung von und Kommunikation über Risiken zu einem Feld der The-
oriebildung und empirischen Forschung. Dieses Thema wurde insbesondere im
Bereich der Techniksoziologie, der sozialwissenschaftlichen Risikoforschung
und der Kommunikationswissenschaften bearbeitet. Dabei wurde auch das Be-
wusstsein dafür geschärft, dass es sich um sozial und kulturell konstruierte Risi-
ken handelt, die ungeachtet der „objektiven“ Risiken, auf die sich die Wahrneh-
mung bezieht, eine „soziale Tatsache“ im Sinne Emile Durkheims darstellen und
entsprechende soziale Konsequenzen zeitigen. Bahnbrechend für diese Sicht war
das Buch von Aaron Wildavsky und Mary Douglas mit dem Titel „Risk and
32 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Culture: An Essay on the Selection of Technological and Environmental Dan-


gers“ (1982). Bereits im Folgejahr erschien eine erste Literaturübersicht zur
Risikowahrnehmung (Covella 1983; siehe auch Covella et al. 1986) und bald
darauf wurde eine Buchserie zum Thema „Technology, Risk, and Society“ auf-
gelegt. In Deutschland sorgte Ulrich Becks Risikogesellschaft (1987) für Furore
und popularisierte den Gedanken, dass die Wahrnehmung von Risiken ein ge-
sellschaftlich relevantes und insofern auch von der Politik ernst zu nehmendes
Phänomen darstellt. Beck ging allerdings über die Analyse von Risikokommuni-
kation insofern hinaus, als er die historisch keineswegs gesicherte These vertrat,
dass sich moderne Gesellschaften tatsächlich durch eine Steigerung realer Risi-
ken (und nicht nur der Kommunikation über Risiken) auszeichneten.
Die Konjunktur der sozialwissenschaftlichen Risikoliteratur seit den 1980er
Jahren verdankt sich nicht primär innerwissenschaftlichen Gründen. Entschei-
dend ist vielmehr die Tatsache, dass wesentliche Teile der Bevölkerung von
Risikowahrnehmungen umgetrieben werden. Dabei scheint die Sensibilität für
Risiken gewachsen zu sein. Laut einer 1980 durchgeführten Studie in den USA
glaubten rund vier Fünftel der Befragten, „…people are subject to more risk
today than they were 20 years ago“. Nur sechs Prozent meinten dagegen, dass
die Risiken abgenommen hätten (Covello/Johnson 1987: vii).
Die Konflikte um die zivile Nutzung der Atomenergie bildeten für die in-
tensivierte Risikokommunikation die wohl einschneidendste Schlüsselerfahrung,
mussten doch Politiker wie Betreiber von Atomanlagen feststellen, dass man
einer beunruhigten Bevölkerung Risikowahrnehmungen nicht einfach unter Be-
rufung auf die „herrschende Meinung“ von Experten oder durch einen staatlich
geförderten „Kernenergiedialog“ ausreden konnte. So war es nur konsequent, im
Rahmen von kerntechnischen Institutionen auf nationaler wie internationaler
Ebene eigene sozialwissenschaftliche Abteilungen einzurichten, die sich weniger
mit „Akzeptanzbeschaffung“, sondern vielmehr den Entstehungsgründen und
Merkmalen von Risikowahrnehmungen und Risikokommunikation befassten.17
Ging es der soziologischen Risiko- und Konfliktforschung sowie der auf
Akzeptanzprobleme ausgerichteten Forschung zur Technikpolitik vor allem um
die Hintergründe und Muster von Risikowahrnehmungen, so zielten kommunika-
tions- bzw. medienwissenschaftliche Ansätze auf die Frage, wie, von wem und
mit welchen Themen und Argumenten technisch bedingte Risiken in Medien be-
und verhandelt werden. Dabei kamen herkömmliche Verfahren der qualitativen
und quantitativen Inhaltsanalyse zum Einsatz, die sich zu ihrem spezifischen

17
Im Rahmen der World Energy Conference wurde eine „International Research Group on Risk
Communication“ als Untergruppe des Committee „Energy technologies and the public“ eingerichtet.
In Deutschland war vor allem die 1988 eingesetzte Arbeitsgruppe „Mensch und Technik“ im Rahmen
der Programmgruppe Technik und Gesellschaft der Kernforschungsanlage Jülich von Bedeutung.
2.1 Risikokommunikation 33

Gegenstand weitgehend indifferent verhalten, also Kommunikation über Risiken


lediglich als einen Anwendungsfall von Kommunikation über X behandeln.
Weitgehend ignoriert wurde damit eine Besonderheit von Risikokommunikation
über komplexe Technologien, nämlich der Sachverhalt, dass die Beurteilung von
Risiken nur auf Wahrscheinlichkeiten gründet (Risiko als Produkt von Wahr-
scheinlichkeit des Schadenseintritts und Schadenshöhe), nicht aber auf vorhan-
dene Zustände oder unmittelbare Erfahrungen. Insofern wird die Kommunikation
über Risiken einerseits stärker vom Rekurs auf Fachleute, andererseits aber auch
stärker von Ängsten bestimmt – im Unterschied etwa zur Kommunikation über
die Angemessenheit einer Lohnerhöhung.
Die Risikokommunikation über Techniken war in den letzten Jahrzehnten in
erster Linie Kommunikation über die Paradefälle der Atomenergie, der neuen
Informationstechniken und der Biotechnik. Diese Anwendungsbereiche haben
auch am meisten organisierten Widerstand auf sich gezogen und sind nicht zu-
letzt deshalb zu einem bevorzugten Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analyse
geworden (Gerlach 1987; Bauer 1995). Dabei ergab sich eine markante Verlage-
rung der Themenschwerpunkte: „…biotechnology has replaced nuclear power as
a symbol of ‚technology-out-of-control‘“ (Nelkin 1995: 381). Ein wichtiger
Grund dafür ist nicht nur eine gewisse Erschöpfung der Atomdebatte und das in
vielen Ländern erreichte de facto-Moratorium hinsichtlich des weiteren Ausbaus
der Atomenergietechnik, sondern die Tatsache, dass sich die Biotechnik weit
später als die Atomtechnik als ein eigener industrieller Komplex entwickelte
(Krimsky 1991) und einen entsprechenden staatlichen, bis heute noch nicht ab-
geschlossenen Regelungsbedarf nach sich zog.
Ein spezifisches Anwendungsgebiet der Biotechnik ist die Gentechnik, die –
im Unterschied zur Atomtechnik und zu Informationstechniken – von Anfang an
zu scharfen innerwissenschaftlichen Kontroversen geführt hat. Dieser Faktor,
aber auch die durch den Streit um die Atomtechnologie verbreitete Technikskep-
sis bei signifikanten Teilen der Bevölkerung in hoch entwickelten kapitalisti-
schen Ländern, führte rasch auch zu einer öffentlich-politischen Kontroverse
(van den Daele 1993). Wie im Hinblick auf die Atomtechnik wird auch für die
Gentechnik von manchen Autoren behauptet, dass erst die aktive und keineswegs
sachneutrale Intervention von Journalisten der Thematik besondere Resonanz
verliehen hat. Kepplinger (1995) sucht dies für die Bundesrepublik mit dem
Hinweis empirisch zu untermauern, dass bei der Thematisierung von Gentechnik
die politischen Journalisten – im Gegensatz zu den Wissenschaftsjournalisten –
eine prägende Rolle gespielt haben. Entscheidender scheinen uns jedoch zumal
bei der Politisierung von Genfood andere Faktoren zu sein: erstens die von An-
fang an vorhandenen innerwissenschaftlichen Bedenken; zweitens die geteilten
Meinungen auch innerhalb der Bauernschaft; drittens der Sachverhalt, dass von
34 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Genfood alle Menschen als Konsumenten von Nahrungsmitteln zumindest po-


tentiell betroffen sind, sofern solcherart behandelte Nahrungsmittel in großem
Maßstab und ohne explizite Kennzeichnung eingeführt werden. Im Grad der
Problematisierung und Politisierung von Genfood zeigen sich allerdings große
Unterschiede im Ländervergleich. Immer spielen jedoch Risikoaspekte eine zen-
trale Rolle, gibt es doch große Unsicherheiten zumindest darüber, wie sich der
auf breiter Front eingeführte Anbau gentechnisch behandelter Nutzpflanzen
langfristig auf ökologische Systeme und auf die menschliche Gesundheit auswir-
ken wird. Im Vordergrund einschlägiger Arbeiten stehen zusammenfassende
Darstellungen der Akteure und Argumente des Konflikts. Studien aus kommuni-
kationswissenschaftlicher Perspektive, zumal solche auf Basis einer quantitati-
ven Inhaltsanalyse, sind bislang selten. Auch aus diesem Grund ist die Wahl
unseres Untersuchungsgegenstandes von Interesse.

2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte


2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte
Die aufgeworfenen Fragen zu den Besonderheiten netzbasierter Kommunikation
lassen sich schwerlich durch eine Vollerhebung der gesamten im Internet statt-
findenden politischen Kommunikation untersuchen. Bekanntermaßen stünde ein
solches Unterfangen vor dem Problem, eine schier unendliche Anzahl von Web-
seiten, Dokumenten und Hyperlinks zu untersuchen. Somit ergibt sich die zwin-
gende Notwendigkeit, den Untersuchungsgegenstand thematisch einzugrenzen.
Das zu wählende Thema sollte allerdings ein idealtypisches Beispiel einer gro-
ßen und facettenreichen öffentlichen Kontroverse sein. So müssten die hypothe-
tisch formulierten Besonderheiten netzbasierter Kommunikation oder aber deren
Fehlen deutlich hervortreten. Mit der politischen Debatte um Genfood wurde
also bewusst ein Thema ausgewählt, das eine Untersuchung der eingangs vorge-
stellten Annahmen (vgl. Einleitung) in nahezu idealer Weise ermöglicht. Wie
eine Reihe anderer Technologien (z.B. Atomenergie, Humangenetik) ist auch die
gentechnische Behandlung von Nahrungsmitteln politisch stark umstritten und
wird von anhaltenden Protesten begleitet. Die Einführung einer neuen Technik
im Lebensmittelbereich ruft ein breites Spektrum unterschiedlicher Akteure auf
den Plan. Zudem weist das Thema starke internationale Bezüge auf.
Im folgenden Abschnitt 2.3 wird zunächst verdeutlicht, welche Formen,
Anwendungen und Risiken von Genfood diskutiert werden. Im Mittelpunkt steht
dabei die so genannte „grüne Gentechnik“18, also die gentechnische Behandlung
18
Davon zu unterscheiden sind zum Beispiel die „rote Gentechnik“, bei der es um die gentechnische
Veränderung von menschlichem oder tierischem Material geht, sowie die „weiße Gentechnik“, die
sich mit der Veränderung von Mikroorganismen befasst. Wir verwenden in unserem Kontext den
2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte 35

von Pflanzen, weil diese überwiegend die Grundlage für Genfood bildet. An-
schließend wird die öffentliche Debatte um Genfood dargestellt, um dann auszu-
führen, welche Diskussionen um die gesetzliche Regulierung von Genfood statt-
finden. Als Quellen dienen vor allem Stellungnahmen gesellschaftlicher Akteure
selbst, einschlägige Literatur über die politische Regulierung und über die ver-
schiedenen, mit dem Thema Genfood verbundenen gesellschaftspolitischen An-
liegen. Hierbei kamen auch die untersuchten Internet-Texte und Printmedienve-
röffentlichungen zum Tragen. Die Darstellung der öffentlichen Debatte bezieht
sich auf mehrere größere Kontroversen, die nacheinander angestoßen wurden
und alle bis heute bedeutend geblieben sind. Dabei haben sich genetisch verän-
derte Lebensmittel von der abstrakten Möglichkeit zum regulierungsbedürftigen
Problemfeld und schließlich zum umstrittenen Gegenstand politischer Implemen-
tation entwickelt.
Seit Mitte der 1980er Jahre diskutierten zunächst technische und wissen-
schaftliche Experten sowie ein überschaubarer Kreis vor allem umweltpolitischer
Aktivisten die potentiellen Risiken und Gefahren der grünen Gentechnik, insbe-
sondere deren direkte gesundheitliche und ökologische Folgen. Mit den ersten
Protesten zielten die Gegner auf eine stärkere öffentliche Behandlung des The-
mas. Aber auch konfrontative Protestformen, wie Zerstörungen von Versuchs-
feldern, kamen zum Einsatz, um die Einführung der neuen Technik zu behindern.
Mit den ersten großflächigen Bewirtschaftungen in anderen Ländern An-
fang und Mitte der 1990er Jahre wurde die Diskussion um Genfood durch neue
Aspekte (Abschnitt 2.5) stärker politisiert. An den Diskussionen im Rahmen der
Biodiversitätskonvention im Gefolge der Rio-Konferenz 1992 lässt sich die Aus-
weitung der Debatte auf wirtschaftliche, soziale und weiter gefasste ökologische
Auswirkungen zeigen. Auch verschafften verschiedene Ereignisse dem Thema
Genfood bald eine breitere gesellschaftliche Aufmerksamkeit. Die ersten Importe
genetisch veränderten Sojas 1996 in die EU wurden ebenso von lautstarken Pro-
testen beispielsweise von Greenpeace und Friends of the Earth International
begleitet wie die ersten Markteinführungen genetisch veränderter Lebensmittel
gegen Ende der 1990er Jahre in verschiedenen europäischen Ländern. Konkrete
politische Fragen zu Gentechnik in der Landwirtschaft, auf dem Lebensmittel-
markt und zu den Rechten von Verbrauchern (Abschnitt 2.6) gewannen nun an
Gewicht. Das Thema Genfood rückte stärker in den Alltag der Bevölkerung.

Begriff „grüne Gentechnik“, obwohl die Bestandteile „grüne“ und „-technik“ vielfach in Frage ge-
stellt wurden. Kritiker bemängeln, dass die Übertragung von Fremdgenen auf Pflanzen durch die Be-
zeichnung „grüne Gentechnik“ beschönigt werde. Häufig werde mit den Attributen „grün“ und „Bio“
(zum Beispiel im Begriff Biotechnologie) der Anschein erweckt, es handele sich um ökologisch be-
sonders verträgliche Verfahren. Wir verwenden dennoch den Begriff „grüne Gentechnik“, da er sich
im Unterschied zu Begriffen wie „transgene Pflanzen“ mittlerweile eingebürgert hat und auch hand-
habbarer erscheint.
36 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Neben den bisherigen politischen Akteuren beteiligten sich nun vermehrt ökolo-
gisch und konventionell wirtschaftende Landwirte, Lebensmittelhändler, Ver-
braucherschützer, Parteien, Gewerkschaften und globalisierungskritische Organi-
sationen wie Attac an der politischen Debatte. Auch führten in den folgenden
Jahren die Auswirkungen der BSE-Krise in Deutschland zu einem sehr ein-
schneidenden Wandel im öffentlichen Diskurs über Landwirtschafts- und Le-
bensmittelpolitik. Konsumentenrechte und Forderungen nach Transparenz bei
Lebensmittelherstellung und -handel gewannen an Gewicht. Die Nachfrage nach
qualitativ hochwertigen und ökologisch erzeugten Lebensmittelprodukten nahm
zu.
Parallel zur Ausweitung des Themenspektrums entwickelte sich auch das
Protestgeschehen zu Genfood in Deutschland (siehe Abbildung 1). Anhand der
Berichterstattung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der Süddeutschen Zei-
tung und der TAZ lässt sich gut erkennen, dass es bis 1997 im Abstand von drei
bis vier Jahren wiederholt zu vermehrten Protesten kam. Es scheint, dass je stär-
ker Genfood zur Marktreife gelangte und je mehr sich Anbaugebiete und Handel
ausweiteten, desto häufiger wurde protestiert. Nach den besonders intensiven
Jahren 1996 und 1997, als die ersten größeren Importe von Genfood nach
Deutschland kamen, flaute der Protest jedoch ab. Grund hierfür ist wahrschein-
lich, dass seit 1998 die EU ein Moratorium für die Zulassung von genetisch ver-
änderten Pflanzen erließ (siehe Abschnitt 2.7) und auch Lebensmittelhändler
vermehrt Abstand von Genfood nahmen (siehe Abschnitt 2.6). Nach dem Fall
des EU-Moratoriums im Jahr 2004 nahmen die Proteste wieder deutlich zu.
Der aktuelle Genfood-Diskurs in Deutschland beruht auf Debatten und
Konflikten, die seit Jahrzehnten andauern und dabei Wandlungen durchliefen,
bestimmte Muster aber auch beibehielten. Im Vergleich zu früher wird nun be-
deutsam, dass Genfood und gentechnisch veränderte Pflanzen sich stetig ausge-
breitet haben. Weltweit ist Genfood mittlerweile in Lebensmittelwirtschaft, -
handel und der Landwirtschaft alltäglich geworden. Auch ist die Debatte um
Genfood nicht mehr stellvertretend für die allgemeine Diskussion um Gentech-
nik zu verstehen. Ging es in der Vergangenheit noch vor allem darum, die Ein-
führung der Gentechnik als solche kritisch zu begleiten,19 so stehen heute bei
Genfood dessen spezifische Folgen und Risiken im Mittelpunkt. Die Befürworter
weisen zum Beispiel darauf hin, dass viele Verfahren der so genannten weißen
Gentechnik, also zum Beispiel die Herstellung von Enzymen für Waschmittel,
kaum noch öffentlich in Zweifel gezogen würden. Aufschlussreicher sind aller-
dings die Eurobarometer-Befragungen. Ihnen zufolge wird sehr deutlich zwi-

19
Die Debatte um die Risiken und ethischen Implikationen der Gentechnik begann schon sehr früh.
Häufig wird die Fachkonferenz in Asilomar/Kalifornien 1975 mit dem Beginn dieser ersten Diskurse
verbunden, die vor allem von Genforschern selbst geführt wurden (Grobstein 1979).
2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte 37

schen Genfood und anderen gentechnischen Anwendungsbereichen unterschie-


den (Gaskell et al. 2003). So wurden zum Beispiel 2002 Befragte aus 15 europäi-
schen Ländern dazu aufgefordert, ihre Meinung zu sechs vorgegebenen gentech-
nischen Anwendungen zu äußern. Im Unterschied zu den übrigen Anwendungs-
bereichen wurde Genfood dabei im Durchschnitt negativ bewertet. Anders als
gentechnische Anwendungen wie Gentests, Klonen von Humanzellen oder gen-
technische Enzymherstellung wurde Genfood überwiegend als nutzlos, unmora-
lisch und nicht weiter förderungswürdig erachtet. Die Befragten stuften die ver-
schiedenen gentechnischen Anwendungen lediglich in Hinsicht auf erwartete
Risiken ähnlich ein (Gaskell et al. 2003: 13).

Abbildung 1: Protestereignisse zu Gentechnik und Landwirtschaft20

18

15

12

0
1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004

Prodat TAZ

Mit der zunehmenden Vielfalt thematischer Aspekte und der deutlicheren Ab-
grenzung von Genfood von anderen gentechnischen Verfahren ist auch das
Spektrum der beteiligten politischen Akteure breiter geworden. Zwar werden in
den folgenden Abschnitten tendenzielle Zuordnungen der gesellschaftspoliti-
schen Gruppen vorgenommen, doch erscheint eine genaue Aufteilung, welche
politischen Akteure für oder gegen Genfood sind, kaum noch möglich. Die Dro-

20
Prodat: überregionale Berichterstattung von Montagsausgaben der FR und SZ. TAZ: gesamte
überregionale Berichterstattung. Dargestellt ist die Anzahl der Proteste.
38 2 Der Risikodiskurs um Genfood

hung des Unternehmers Claus Hipp von Anfang 2006,21 er werde die Produktion
von Babynahrung ins Ausland verlagern, falls der Anbau von gentechnisch ver-
änderten Pflanzen in Deutschland zunehme, zeigt, dass herkömmliche Gegen-
überstellungen von gentechnikfreundlicher Wirtschaft und wirtschaftsfernen
Gegnern zusehends fragwürdig werden. Hipps Drohung basierte schließlich auf
unternehmerischem Kalkül. Das Vertrauen der Kunden in ökologisch angebaute
Vorprodukte sei demzufolge nur durch garantiert gentechnikfreie Landwirtschaft
zu sichern. Auch das lange Zeit ins Feld geführte Argument neuer Arbeitsplätze
durch innovative Genfood-Produkte hat sich mittlerweile ins Gegenteil verkehrt.
So spricht die Gewerkschaft IG Bauen-Agrar-Umwelt davon, dass eine Ausbrei-
tung der grünen Gentechnik in Europa schätzungsweise 100.000 Arbeitsplätze
gefährden könne.22
Zu beachten ist zudem, dass seit den 1990er Jahren die Debatte um Genfood
zunehmend unter den Vorzeichen der Globalisierung steht (vgl. Hampel 2005).
So vertreiben multinationale Konzerne Genfood und genetisch verändertes Saat-
gut grenzüberschreitend. Genforscher arbeiten in internationalen Teams. Kaum
eine rechtliche Regulierung ist heute noch unabhängig von internationalen Vor-
gaben. Auch die Gegner von Genfood mobilisieren grenzüberschreitend und
verweisen auf globale ökologische Folgen. Die ersten Importe von Gen-Soja
entfachten 1996 eine europaweite Welle öffentlichen Protests, sodass eine inter-
nationale „Sychronisierung“ (Seifert 2002) vormals eher national orientierter
Genfood-Kontroversen vermutet werden kann. Stärker als früher scheinen dabei
transnational agierende soziale Bewegungsorganisationen wie Greenpeace auf
der einen Seite, aber auch konzertierte europaweite PR-Strategien von genfood-
freundlicher Seite, eine wichtige Rolle zu spielen. Laut den Eurobarometer-
Umfragen war in Folge der Kontroversen zwischen 1996 und 1999 in fast allen
europäischen Ländern ein deutlicher Stimmungsumschwung zugunsten der Kri-
tik an Genfood zu verzeichnen (Gaskell et al. 2003). Gerade in den südeuropä-
ischen Ländern, aber auch in Belgien oder Großbritannien, also besonders dort,
wo zuvor weite Teile der Bevölkerung Genfood eher befürwortet hatten, war
diese Entwicklung besonders markant. Mit Beginn des neuen Jahrtausends stellte
sich die viel zitierte „German angst“, also die vermeintlich übertriebene Skepsis
in Deutschland gegenüber Genfood, als europäisches Mittelmaß heraus. Der
vermehrte internationale Bezug in Debatten über Genfood hat allerdings nationa-
le Besonderheiten nicht völlig eingeebnet. So steht José Bové als bekannte Leit-
figur der Confédération Paysanne für eine Gegnerschaft zu Genfood in Frank-

21
TAZ, 14.01.2006, S. 7.
22
Online unter: http://www.igbau.de/db/v2/inhalt.pl?e1=&e2=1&did=1611&mode=detail&edit=
0&persid=1075031677.44682.
2.2 Allgemeine Aspekte der Genfood-Debatte 39

reich, die vor allem durch die Ablehnung einer „McDonaldisierung“ der nationa-
len Landwirtschaft und Esskultur motiviert ist.
Im Themenfeld Genfood entwickelten sich die Medien zu wichtigen politi-
schen Mittlern zwischen Wirtschaft, politischen Eliten, Forschung, Protestgrup-
pen und allgemeiner Bevölkerungsmeinung. Allerdings wurde ihr Einfluss auf
die Debatte um Genfood und andere gentechnische Anwendungen seit den
1980er Jahren kontrovers diskutiert. Die deutschen Medien hatten ihre Berichter-
stattung über Genfood nach 1996 nicht nur deutlich ausgeweitet, sondern auch
stärker internationalisiert. Zwar liegen keine genauen Zeitreihen über die Presse-
berichterstattung zu Genfood vor. Aber in einer Untersuchung über die Themati-
sierung von Gentechnologie in Spiegel und Frankfurter Allgemeine Zeitung
wurde festgestellt, dass bis Anfang der 1990er Jahre noch vorrangig über die
USA und das Inland berichtet wurde und dabei zum Beispiel Aspekte der Land-
wirtschaft, die gewöhnlich eng mit Genfood verbunden sind, kaum eine Rolle
spielten. Danach gewann sowohl die Berichterstattung über landwirtschaftliche
Themen als auch über das europäische Ausland und andere außereuropäische
Länder deutlich an Gewicht (Görke et al. 2000). Eine von uns angestellte Re-
cherche in der linksalternativen TAZ kommt zu einem sehr ähnlichen Ergebnis
(siehe Abbildung 2).23 Demzufolge nahm die TAZ-Berichterstattung über Gen-
food seit 1996 zu und fand im Jahr 2004 einen vorläufigen Höhepunkt.
Diese unterschiedlichen Thematisierungsschübe und Wendepunkte in den
Diskussionen um Genfood haben allerdings in Deutschland nicht dazu geführt,
dass bestimmte Kontroversen – sei es um die gesundheitlichen Gefahren oder die
sozialen Auswirkungen in südlichen Ländern – einander abgelöst hätten. Viel-
mehr dehnte sich die Diskussion um Genfood auf immer neue Aspekte und ge-
sellschaftspolitische Akteursgruppen aus, ohne dass in bereits seit Jahrzehnten
diskutierten Fragen Konsens erreicht worden wäre. Genfood hat sich als Gegen-
stand von Expertendiskursen zu einer öffentlichen Angelegenheit entwickelt, zu
der ein sehr breites Spektrum gesellschaftlicher Akteure Stellung bezieht.

23
Gesucht wurde mit den Suchwortkombinationen „Grüne Gentechnik“, „Gentechnik“ in Kombina-
tion mit „Landwirtschaft“ und „genfood“ im Volltext der TAZ zwischen 1992 und 2005. Die Ergeb-
nisse basieren auf der Anzahl der Artikel, die eine der Suchwortkombinationen an beliebiger Stelle
enthielten.
40 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Abbildung 2: Berichterstattung über Genfood in der TAZ, 1992 bis 2005

90

80

70

60

50

40

30

20

10

0
1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005

"genfood" "Grüne Gentechnik" "Gentechnik" und "Landwirtschaft"

Gerade die thematische Komplexität, die Vielfalt der beteiligten Akteure sowie
die vielen Kontroversen waren mit ein Grund dafür, das Thema Genfood auszu-
wählen (zu weiteren Auswahlkriterien vgl. die Einleitung). Gleichwohl stellen
diese Charakteristika die Inhaltsanalyse von Internet-Texten und Zeitungsarti-
keln vor besondere Herausforderungen. Um die inhaltliche Struktur des Untersu-
chungsmaterials hinreichend zu erfassen, war es notwendig, die verwendeten
analytischen Kategorien und Schemata mit Hilfe inhaltlicher Vorkenntnisse zu
konstruieren. So wurde zum Beispiel bei der Konzeption der Textanalyse deut-
lich, was eine stärker internationale Berichterstattung im Themenfeld Genfood
bedeuten könnte. Bekannt war, dass die EU die maßgeblichen politischen Rah-
menbedingungen für Genfood in Deutschland setzt und dass die Folgen von
Genfood insbesondere für die Länder des Südens kontrovers diskutiert werden.
Bei der Textanalyse wurde dementsprechend zwischen den verschiedenen grenz-
überschreitenden Bezügen unterschieden. Auch flossen Vorkenntnisse in die
inhaltliche Interpretation der quantitativen Analysen ein. Zum Beispiel wurde die
Hypothese zur Rolle schwacher zivilgesellschaftlicher Gruppen im Internet nicht
nur durch die reine Auszählung dieser Akteure überprüft. Darüber hinaus wurde
gefragt, inwieweit das Internet für solche Themen, Positionen und Problemkon-
2.3 Anwendungen und Risiken der grünen Gentechnik 41

struktionen genutzt wird, die besonders von den ressourcenschwachen und vor
allem aus der Umwelt- und Dritte-Welt-Bewegung stammenden Genfood-Geg-
nern betont werden. Diese Vorkenntnisse werden im Folgenden vorgestellt, weil
sie für die Konzeption und Interpretation der Textanalyse bedeutend waren und
weil sich damit auch die inhaltsanalytischen Ergebnisse besser verstehen und
einordnen lassen.

2.3 Anwendungen und Risiken der grünen Gentechnik


2.3 Anwendungen und Risiken der grünen Gentechnik
Die praktische Anwendung der grünen Gentechnik ist weit fortgeschritten. 1983
wurde erstmals ein gentechnisches Verfahren der Weltöffentlichkeit vorgestellt,
mit dem ein fremdes Genom erfolgreich in eine Pflanze eingesetzt werden konn-
te.24 Bereits damals kam es aus Protest gegen die Gentechnik auch zur Zerstö-
rung von Versuchsfeldern (Sauter 2005: 120). Zur Zeit sind weltweit ca. 90 ver-
schiedene genetisch veränderte Pflanzen für Freilandanbau zugelassen. Bereits
jetzt ist zudem eine Reihe von gentechnisch behandelten Produkten auf dem
deutschen Markt. Dazu zählen (1) Agrarrohstoffe aus Sojabohnen, Mais, Raps,
Baumwolle, (2) Zusatzstoffe (z.B. Vitamine und Enzyme) sowie (3) Futtermittel
für die Erzeugung von Fleisch, Eiern und Milch. Frei von Gentechnik sind dage-
gen die in Deutschland erhältlichen Obst und Gemüsesorten.25
Momentan stehen vor allem genetisch veränderte Agrarrohstoffe, die auch
häufig als Futtermittel dienen, im Mittelpunkt der Kontroverse.26 In der For-
schung wird dabei oft zwischen der so genannten ersten, zweiten und dritten
Generation von Genfood unterschieden (Sauter 2003). Diese Unterscheidung
bezieht sich auf Sorten, die noch in der Laborphase befindlich sind (dritte), die in
Freilandversuchen getestet (zweite) oder schon angebaut und vermarktet werden
(erste Generation). In Planung und Erprobung ist bereits eine sehr große Anzahl
genetisch veränderter Obst- und Gemüsesorten. Auch gibt es erste Versuche an
Tieren wie zum Beispiel Speisefischen. Tatsächlich großflächig angebaut werden

24
Entwickelt wurde die Methode vom Max-Planck-Institut für Züchtungsforschung in Köln und
zeitgleich auch von dem Unternehmen Monsanto (Akademieunion 2005: 9).
25
Die so genannte “Flavr-Savr” oder “Anti-Matsch”-Tomate, die Mitte der 1990er Jahre auf den US-
amerikanischen Markt gebracht wurde, konnte sich nicht durchsetzen. Produktion und Vertrieb
wurden kurze Zeit später eingestellt. In Europa ist sie nie in den Handel gelangt.
26
Enzyme, also Proteine, die als Katalysatoren in der Lebensmittelherstellung verwendet werden,
werden hingegen kaum noch kontrovers beurteilt. Genetisch veränderte Enzyme haben sich in der
Lebensmittelherstellung ähnlich wie bei Waschmitteln oder Medikamenten weitgehend durchgesetzt.
Die Kontrollierbarkeit von Risiken wird hier kaum noch in Zweifel gezogen. Auch trug die Tatsache,
dass nach EU-Vorschriften keine Kennzeichnung notwendig war, dazu bei, dass sich diese genetisch
veränderten Inhaltstoffe ohne breite politische Debatte durchsetzten (Sauter 2005: 121).
42 2 Der Risikodiskurs um Genfood

hingegen nur einige wenige Getreidesorten. Hierbei zielen die genetischen Modi-
fikationen dieser ersten Generation von Genfood fast ausnahmslos auf verbesser-
te Anbaubedingungen in der konventionellen Landwirtschaft. Etwa drei Viertel
der ausgesäten Sorten weisen eine Herbizidresistenz auf. Während bei herkömm-
lichen Verfahren spezielle auf Unkräuter ausgerichtete Mittel eingesetzt werden
müssen, können auf Feldern mit herbizidresistenten Gen-Pflanzen Breitbandher-
bizide angewandt werden, die alle anderen unerwünschten Pflanzensorten abtö-
ten (BMVEL 2002a). Ein zweites großes Anwendungsgebiet ist die durch gene-
tische Modifikation erreichte Herstellung des seit Jahrzehnten gebräuchlichen
Toxins aus dem Bacillus thuringiensis (Bt) durch die angebauten Pflanzen selbst.
Solche Bt-Toxin produzierende Pflanzen stellen Insektenbekämpfungsmittel
selbst her und sollen so die Anwendung von chemischen Kampfstoffen von au-
ßen erübrigen (BMVEL 2002a).
In Hinsicht auf die zweite Generation von Genfood versprechen die Befür-
worter, dass auch gesundheitsförderliche und dezidiert umweltfreundliche Funk-
tionen eingebaut werden könnten. Die Gegner befürchten mit der zweiten Gene-
ration noch bedrohlichere Risiken, wenn Medikamentenwirkstoffe und Lebens-
mittel gentechnisch miteinander kombinierbar werden oder wenn auch genetisch
veränderte tierische Nahrungsmittel auf den Markt kommen sollten. Für die
öffentliche Auseinandersetzung um Genfood ist diese Unterscheidung von Gene-
rationen deshalb von Bedeutung, weil häufig kritisiert wird, dass eine unsachli-
che Vermischung von Gegenwart und Zukunft stattfindet. Skeptiker und Befür-
worter tendierten dazu, selektive Szenarien zu erstellen, wenn ihnen Argumente
ausgingen, die sich auf gegenwärtige Tatsachen beziehen.
Die erste Generation genetisch veränderter Nutzpflanzen bestand 2004 welt-
weit vor allem aus genetisch veränderten Soja-, Mais-, Baumwoll- und Rapssor-
ten. Diese wurden auf ca. 81 Mio. Hektar angebaut. Die Anbauflächen verzeich-
nen insgesamt hohe Zuwachsraten. So wird bereits auf mehr als der Hälfte der
Anbaufläche für Soja genetisch verändertes Saatgut ausgebracht. Allerdings liegt
knapp die Hälfte der Anbauflächen aller genetisch veränderter Pflanzen in den
USA. Ungefähr 94 Prozent der Anbaugebiete für Genfood sind in Nord- und
Lateinamerika. Der Rest wird größtenteils von China, Südafrika und Indien ge-
stellt. Deutschland gehört zu den europäischen Ländern, in denen genetisch ver-
änderte Pflanzen angebaut werden. Bislang beschränkte sich dies jedoch auf Ver-
suchs- und Erprobungsanbau. Seit Frühjahr 2006 werden erstmals Genpflanzen
für die rein kommerzielle Nutzung in Deutschland angebaut. In Europa findet ein
umfangreicher Anbau für die direkte kommerzielle Nutzung bislang nur in Ru-
mänien und Spanien statt.27 Da der Import genetisch veränderter Pflanzen und
27
Die Daten entstammen dem International Service for the Acquisition of Agri-biotech Applications
(http://www.isaaa.org/).
2.3 Anwendungen und Risiken der grünen Gentechnik 43

Lebensmittel in die EU seit 1996 schrittweise zugelassen wurde, befindet sich


Genfood allerdings längst in den Regalen des deutschen Lebensmittelhandels.
Ähnlich wie in anderen Anwendungsbereichen der Gentechnik gibt es in
Hinsicht auf die Risikoabschätzung von Genfood nach wie vor konsensuelle und
kontroverse Bereiche. Im Rahmen der behördlichen Risikoabschätzung herrscht
in der deutschen Forschung ein breiter Konsens über die grundsätzlichen Verfah-
ren zur Feststellung der Risiken der grünen Gentechnik und von Genfood:
„Grundsätzlich wird für jeden Einzelfall – auf der Basis wissenschaftlicher Er-
kenntnisse, plausibler Annahmen und Szenarien – eine Risikoabschätzung durch-
geführt (case-by-case), und in einem Schritt-für-Schritt-Verfahren (steb-by-step)
werden Erfahrungen mit dem jeweiligen gentechnisch veränderten Organismus
gewonnen.“ (Sauter/Meyer 2000: 7, Hervorhebung im Original) Das Zusammen-
spiel von Eintrittswahrscheinlichkeit, Schadenshöhe und Möglichkeiten zur Ge-
fahrenabwehr ergibt in diesem standardisierten wissenschaftlichen Kalkül die
jeweilige Risikoabschätzung für eine genetisch veränderte Pflanze (Sauter/Meyer
2000: 8). Nach den herkömmlichen Risiko-Abschätzungsverfahren können di-
rekte gesundheitliche Schäden bei zugelassenen Produkten nahezu ausgeschlos-
sen werden. Hierbei wird immer wieder betont, dass eine vollkommene Sicher-
heit nie gewährleistet werden kann. Konsens scheint auch hinsichtlich der allge-
meinen Einschätzung von gentechnischen Verfahren zu bestehen. So könnten
„grundsätzliche Einwände gegen die Sicherheit der grünen Gentechnik (gesund-
heitliche oder ökologische Risiken) nicht mehr pauschal als Argument gegen den
Einsatz der Technik herangezogen werden“ (BBAW 2005b: 25). Mit anderen
Worten sei nicht von einer allgemeinen Gefährlichkeit der Gentechnik, ver-
gleichbar mit den Auswirkungen radioaktiver Strahlung auf Menschen, auszuge-
hen. Vielmehr müssten Risiken im Einzelfall bewertet werden.
Hierbei werden von – ihrem Selbstverständnis nach – politisch neutraler,
wissenschaftlicher Seite zwei Einschränkungen gemacht: Erstens bleibt das ge-
naue Ausmaß ökologischer Risiken, Fernwirkungen und Langzeitfolgen unge-
klärt. Die bisherige wissenschaftliche Risikobewertung sei methodisch auf einen
eingrenzten Bereich von Szenarien beschränkt. Auch wird darauf verwiesen,
dass von Seiten der Behörden und Politik kein eindeutiger Indikatoren-Katalog
für die Risikobewertung vorliege (BBAW 2005b: 24). Hintergrund für diese Ein-
schränkung ist die Vielfalt der unterschiedlichen methodischen Paradigmen, mit
denen verschiedene Wissenschaftsdisziplinen operieren. Für die naturwissen-
schaftliche Risikoforschung, die mit analytischen Verfahren labortechnisch be-
herrschbare Bereiche untersucht, erscheint die grüne Gentechnik kontrollierbar.
In diesem Rahmen werden vorrangig die direkten und zeitlich unmittelbaren Fol-
gen transgener Pflanzen auf die menschliche Gesundheit und ihre direkte Umge-
bung untersucht. Hingegen bleiben Fragen aus einer stärker ganzheitlichen, öko-
44 2 Der Risikodiskurs um Genfood

logischen und langfristig angelegten wissenschaftlichen Sichtweise unbeantwor-


tet. Beklagt wird, dass der politische Wille fehle, aus dieser Perspektive zu er-
gründen, welche Langzeitfolgen, welche Auswirkungen auf Öko-Systeme und
auf räumlich weiter entfernte Organismen zu erwarten sind.
Aus Sicht der in der Risikobewertung vorherrschenden reduktionistischen
Forschung sind jedoch solche Szenarien wegen ihrer Unüberschaubarkeit und
Vagheit kaum in der Forschung umzusetzen (Sauter/Meyer 2000: 7). Schließlich
könnten ökologische Auswirkungen oft nicht – wie für eine Risikobewertung
teilweise nötig – unter geschlossenen Laborbedingungen untersucht werden. Kri-
tiker wie der Präsident des Naturschutzbundes Deutschland Olaf Tschimpke
bemängeln hingegen, dass die bisherigen Sicherheitsforschungen über sekundäre
ökologische Risiken zu selten stattfänden und dass Risikodaten von den Gen-
Unternehmen selbst geliefert würden. Vor allem fehlten bislang Langzeitstudien.
Eher skeptische Forscher verweisen insbesondere auf ökologische Auswir-
kungen und auf Langzeitfolgen. Sie befürchten beispielsweise die „Nicht-Rück-
holbarkeit“ im Falle eines horizontalen bzw. vertikalen Gentransfers auf Wild-
pflanzen.28 Auf diese Weise könnten Super-Unkräuter entstehen, die das ökolo-
gische Gleichgewicht störten, indem sie andere Arten verdrängten. Ein weiteres
häufig genanntes Risikoszenario sind mögliche Resistenzbildungen bei Schäd-
lingen. Monokulturen genetisch veränderter Pflanzen, die gegen Schädlinge
resistent sind, könnten nur kurzfristig Erfolge erzielen. Auf längere Sicht würden
sich durch evolutionäre Auswahl resistente Schädlinge entwickeln und die gene-
tischen Veränderungen nutzlos machen. Ähnlich wie Super-Unkräuter könnten
so Super-Schädlinge entstehen, die abrupte Ernteverluste und nicht wieder rück-
gängig zu machende ökologische Schäden verursachen (Shiva 2002: 48).
Schließlich sehen die Gegner hierin eine Gefährdung der biologischen Vielfalt
(Biodiversität).
Auch Forschungen über den ökonomischen Nutzen und die Einsparung von
Herbiziden liefern widersprüchliche Ergebnisse. Wissenschaftliche Studien, die
der grünen Gentechnik Ertragssteigerungen, Arbeitserleichterungen und Einspa-
rungen von Herbiziden bescheinigen, scheinen zu überwiegen. Allerdings halten
die Gegner von Genfood an Forschungsergebnissen fest, denen zufolge die grüne
Gentechnik vielmehr zu abrupten Ertragseinbußen und gleichem oder sogar

28
Vertikaler Gentransfer bedeutet zum einen die schrittweise Verwilderung genetisch veränderter
Sorten, die auch außerhalb der eigentlichen Anbauflächen auftreten könnte. Horizontaler Gentransfer
bezieht sich auf das sehr unwahrscheinliche Szenario einer Weitergabe von genetisch verändertem
Pflanzenmaterial an Wildpflanzen durch nicht-sexuelle Übertragungswege. Von solchen Auskreu-
zungen wird befürchtet, genetisch veränderte Pflanzen könnten verwildern und sich unkontrolliert in
der nicht-kultivierten Umwelt ausbreiten.
2.4 Politische Kontroversen um direkte Folgen der grünen Genforschung 45

höherem Einsatz von Herbiziden führt (BMVEL 2002b: 7; Maxeiner/Miersch


2003).
Die zweite Einschränkung bezieht sich darauf, dass sich keine zwingenden
gesellschaftspolitischen Bewertungen aus diesen wissenschaftlichen Ergebnissen
vornehmen ließen. So können einzelne Forschungsergebnisse von der Wissen-
schaft selbst unterschiedlich interpretiert werden. Beispielsweise wurde entdeckt,
dass bei der Einbringung von Paranussgenen auf eine Sojabohnensorte allergie-
auslösende Potentiale übertragen wurden. In einem anderen Falle zeigte eine
Untersuchung schädliche Auswirkungen einer Bt-Maissorte auf nützliche Insek-
ten. Gentechnik-freundliche Wissenschaftler, wie Ingo Potrykus, sehen diese von
kritisch eingestellten Forschern immer wieder herangezogenen Fälle als deutli-
chen Beleg für die gute Kontrollierbarkeit der grünen Gentechnik (Ohne Autor
2001). Schließlich seien diese Einzelfälle mit den herkömmlichen Sicherheits-
überprüfungen entdeckt worden (BBAW 2005a: 311).

2.4 Politische Kontroversen um direkte Folgen der grünen


Genforschung
2.4 Politische Kontroversen um direkte Folgen der grünen Genforschung
Die oben benannten negativen Kritikpunkte an der grünen Gentechnik spiegeln
wohl nicht die mehrheitliche Stimmungslage der wissenschaftlichen Verbände in
Deutschland wider. Zum wiederholten Male sprach sich 2004 eine ganze Reihe
dieser Verbände29 ausdrücklich für Genfood aus und kritisierte gleichzeitig die
restriktive Politik des Bundesministeriums für Verbraucherschutz, Ernährung
und Landwirtschaft (BMVEL) unter der Leitung von Ministerin Renate Künast
(BBAW 2005a: 342f).30 Aus Sicht dieser Verbände entbehrten die rot-grünen
Haftungsregelungen „jeglicher rationalen Grundlage“. Ein wesentliches Ziel der
gentechnikfreundlichen Forschung ist es, Gentechnik bei der Lebensmittelher-
stellung als normales Verfahren darzustellen. So verweist man darauf, dass es
keinen Unterschied mache, ob Pflanzen durch gentechnische Verfahren, Züch-
tung oder andere herkömmliche Methoden in ihrer Erbsubstanz verändert wür-
den.31 Es werde vergessen, dass die beschworenen ökologischen Risiken bereits
29
Zu ihnen gehören Deutsche Forschungsgemeinschaft, Akademie der Naturforscher Leopoldina,
Union der deutschen Akademien der Wissenschaften und Berlin-Brandenburgische Akademie der
Wissenschaften.
30
Die Vereinigung deutscher Wissenschaftler lehnte zwar die Kritik der BBAW und anderer Verbän-
de an der rot-grünen Gentechnikpolitik ab, bezog allerdings keine eindeutige Position für oder gegen
Genfood.
31
Es sei daher auch korrekterweise nicht von „genetisch veränderten“, sondern von „transgenen“
Pflanzen zu sprechen, da so gut wie alle Nutzpflanzen genetisch veränderte Wildpflanzen darstellten
und der Unterschied lediglich darin bestehe, dass nun Gen-Bestandteile von einem Lebewesen auf
46 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Jahrhunderte lang bei der konventionellen Züchtung eingegangen worden seien


(Ohne Autor 2001).
Wissenschaftliche Verbände in Deutschland sehen Genfood also überwie-
gend positiv. Die schlecht informierten politischen Gegner von Genfood gefähr-
deten die Forschungsfreiheit. Es handele sich bei der grünen Gentechnik um eine
zukunftsträchtige Technologie, die das Wirtschaftswachstum ankurbele und Ar-
beitsplätze schüfe. Man sieht sich in enger Kooperation mit der Wirtschaft und
fordert von der Politik geringere bürokratische Hürden für Forschung und An-
wendung im Bereich Genfood. Wegen der anhaltend übertriebenen Skepsis habe
die deutsche Forschung bereits ihre Vorreiterrolle an innovationsfreudigere Län-
der wie die USA verloren (Akademieunion 2004). In der internationalen Stand-
ortkonkurrenz könne man so nicht mithalten. Der wissenschaftliche Nachwuchs
wandere in andere Länder ab (BBAW 2005b: 26).
Die Gegner von Genfood kritisieren die vermeintlich von partikularen Inte-
ressen geleitete Politik der Forschungsverbände. So verlangten Umwelt-, Ver-
braucherschutz- und Ökolandbau-Verbände in einem Offenen Brief an den Prä-
sidenten der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Prof. Winnacker, Auskunft
darüber, in wessen „Diensten“ er stehe. Hintergrund waren die energischen Vo-
ten Winnackers für Genfood und seine verschiedenen Ämter in Unternehmen der
gentechnischen Wirtschaft.32
Die negative Interpretation von Forschungsergebnissen von Seiten der Gen-
technikgegner beruht hierbei nicht, wie von Seiten der Forschungsverbände ver-
mutet wird, vorrangig auf moralischen und ethischen Bedenken. Vielmehr wird
der wissenschaftliche Ansatz der Genforschung selbst in Frage gestellt. Statt der
auf Kooperation mit der Wirtschaft angelegten analytisch-reduktionistischen
Optimierung einzelner Teile der konventionellen Landwirtschaft sei eine ökolo-
gisch und sozial verantwortliche Forschung notwendig. Die indische Autorin und
Aktivistin Vandana Shiva steht beispielhaft für diese grundlegende Kritik an der
Genforschung (Shiva 2002: 38ff). Maßstab zur Bewertung der Gentechnik solle
nicht die herkömmliche Orientierung auf Wachstum und Innovation, sondern die
nachhaltige Nutzung der gegebenen Biodiversität und die Befriedigung mensch-
licher Bedürfnisse sein. Bezugsrahmen dieser ökologisch orientierten Kritik an
der Genforschung und ihrer Anwendung in Landwirtschaft und Lebensmittel-
produktion ist eine kritische Einstellung gegenüber der Rolle von Wissenschaft
bei der Einführung neuer Technologien, wie z.B. der Atomkraft. Es wird zudem
auf die Diskussionen um BSE oder Asbest verwiesen, bei denen Experten mögli-
che Bedenken aufgrund mangelnder wissenschaftlich fundierter Beweise igno-

ein anderes übertragen werden. Die Betonung der Besonderheit dieser Pflanzen sei daher völlig
übertrieben.
32
http://www.foodwatch.de/cmsimages/1098780664Winnacker_offener_brief.pdf
2.4 Politische Kontroversen um direkte Folgen der grünen Genforschung 47

rierten. Daher drohe ein „Gen-Gau“. In einem vielzitierten Artikel spricht Agrar-
experte Graefe zu Baringdorf mit Verweis auf die Diskussionen um die Atom-
energie gar von einem möglichen „gentechnischen Tschernobyl“.33 Die Gegner
betonen, dass gerade die Übertragung von Genen von einem auf einen anderen
Organismus eine unkontrollierbare und irreversible Beschleunigung der bisheri-
gen Züchtungsmethoden darstelle. Auch würden die erkennbaren ökologischen
und sozialen Risiken in der bisherigen Forschung heruntergespielt, indem diese
bewusst nicht untersucht würden. Es gelte das Prinzip „don’t look, don’t find“
(Mertens 2003; Schneider 2003: 12ff).
Von Seiten der kritisierten Forschung wird wiederum darauf verwiesen,
dass die von den Gegnern verwendeten Begriffe wie „Biodiversität“, „ökologi-
scher Schaden“ und die Unterscheidung zwischen „Kulturpflanzen“ und „Wild-
pflanzen“ problematisch seien. Sie entzögen sich wissenschaftlich eindeutiger
Definitionen und Risikobewertungen.
Manche Gegner von Genfood beschwören den Mythos der „Büchse der
Pandora“ und wenden ein, dass der von partikularen Interessen geleitete unvor-
sichtige Umgang mit der neuen Technik und die schiere Neugier auf das Mach-
bare dazu führen könnten, dass bislang nicht sichtbare Risiken die Allgemeinheit
gefährdeten und nicht mehr rückgängig zu machende Veränderungen hervorru-
fen könnten. Um diesen Entwicklungen vorzubeugen, sollte Genfood zum einen
entsprechend dem „Vorsorgeprinzip“ (precautionary principle) auch ohne ein-
deutige wissenschaftliche Befunde restriktiv behandelt werden, um mögliche Ge-
fahren abzuwehren. Zum anderen sollte das „Verursacherprinzip“ zur Anwen-
dung kommen, dem zufolge die Unternehmen und Forschungseinrichtungen für
alle möglichen Folgeschäden haftbar gemacht werden können.
Die Befürworter von Genfood sehen in diesen Argumentationsmustern eine
innovationsfeindliche und irrationale Sichtweise. Eine den bisherigen Naturzu-
stand konservierende Haltung sei moralisch nicht vertretbar. Ohne gewisse Risi-
ken einzugehen, wäre keine der heute bedeutenden technologischen Neuerungen
möglich gewesen. So bemühte der amerikanische Rechtsphilosoph Ronald
Dworkin den Prometheus-Mythos, um seine positive Sichtweise auf die Gen-
technik zu begründen. Es sei eben eine dem Menschen ureigene Neigung, Gefah-
ren einzugehen und den Fortschritt voranzutreiben (Dworkin 1999).

33
TAZ, 27.4.2004, S. 6.
48 2 Der Risikodiskurs um Genfood

2.5 Kontroversen um wirtschaftliche und soziale Folgen


2.5 Kontroversen um wirtschaftliche und soziale Folgen
Ein weiterer Schwerpunkt der unterschiedlichen Diskussionen um Genfood sind
die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Gentechnik. In Deutschland erhof-
fen sich die Befürworter und insbesondere Pharma- und Agrarunternehmen neue
Innovationsmöglichkeiten und Wachstumschancen. Diese brächten auch Vorteile
für die Landwirte und Konsumenten mit sich und schüfen Arbeitsplätze. Da
Genfood und grüne Gentechnik in einer globalisierten Wirtschaft nicht mehr
allein national reguliert würden, müssten positivere Bedingungen allein schon
aus Gründen der Standortkonkurrenz geschaffen werden. Die Gegner wenden
ein, dass die wirtschaftlichen Erfolge auf sich warten ließen und eher Projektio-
nen in die Zukunft darstellten. Stattdessen machten Gentech-Firmen wie Mon-
santo hohe Verluste. Statt genereller Ertragssteigerungen seien in einigen Fällen
Erträge sogar gesunken und steigende Produktionskosten für Landwirte zu beo-
bachten gewesen. Dagegen verweisen die Befürworter auf die rasanten Zuwäch-
se der Anbauflächen und auf positive Erfahrungsberichte von Landwirten.
Gegenwärtig befürchten die Gegner analog zum Bild „David gegen Goli-
ath“ eine größere Abhängigkeit der Landwirte von großen Gentech-Firmen. Die
patentrechtlich geschützten Gen-Pflanzen von Großkonzernen könnten mittelfris-
tig zu einer Verdrängung von kleinen und mittelständischen Agrarunternehmen
führen (Schneider 2003).
Eine idealtypische und viel zitierte Erzählung unter den Gegnern ist der
Rechtsstreit zwischen dem kanadischen Bauern Percy Schmeiser34 und dem mul-
tinationalen Saatgutunternehmen Monsanto. Auf den Feldern des konventionell
wirtschaftenden Kleinbauern in der kanadischen Provinz Saskatchewan fanden
private Ermittler von Monsanto erhebliche Anteile des firmeneigenen patent-
rechtlich geschützten round-up-ready-Rapses. Monsanto zufolge habe Schmeiser
diese Saaten illegal erworben und keine Lizenzen an das Unternehmen gezahlt.
Schmeiser hingegen bestreitet, jemals bewusst fremdes Saatgut verwendet zu
haben. Der Anteil von Monsanto-Raps könne nur aus der Kontamination von
Nachbarfeldern herrühren.35 Die darauf folgende Klage von Monsanto gegen
Schmeiser avancierte zum weltweiten Paradebeispiel der Gegner für die negati-

34
Siehe www.percyschmeiser.com.
35
Im August 1998 verklagte Monsanto Schmeiser daraufhin auf Schadensersatz. Es folgte eine Reihe
von Gerichtsverhandlungen, die Schmeiser zunächst verlor. Schließlich entschied 2004 der Oberste
Gerichtshof Kanadas, dass Schmeiser die Schadenssumme in Höhe von umgerechnet ca. 90.000 Euro
zwar nicht bezahlen müsse. In der Hauptsache untermauerte allerdings das Gericht Monsantos allge-
meinen Anspruch auf das Patent und die Lizenzen für round-up-ready-Raps. Der mittlerweile 75-
jährige Schmeiser reagierte auf das Urteil und das Verhalten von Monsanto, indem er das Unterneh-
men nun seinerseits auf Schadensersatz wegen der Kontamination seiner Felder verklagte. Die Klage
ist bislang nicht entschieden.
2.5 Kontroversen um wirtschaftliche und soziale Folgen 49

ven wirtschaftlichen Auswirkungen von Patenten auf genetisch veränderte Pflan-


zen und die unkontrollierte Ausbreitung von Gen-Saaten. Die Gegner sehen das
Gerichtsverfahren zwischen Schmeiser und Monsanto als Beispiel für die sozial
ungerechten Auswirkungen von Genfood. Die Befürworter von Genfood haben
diese Deutung wirtschaftlicher und sozialer Folgen der Gentechnik erkannt und
sind bemüht, einen Rollentausch in der öffentlichen Auseinandersetzung vorzu-
nehmen und sich als Opfer übertriebener Technikfeindlichkeit darzustellen. An-
satzpunkte hierfür sind in Deutschland die konfrontativen Protestaktionen von
Umweltaktivisten und insbesondere die Zerstörungen von Versuchsfeldern. So
klagt der bekannte Genforscher Ingo Potrykus über Drohungen per Telefon und
Internet. Er sei bei Veranstaltungen von Studierenden seiner Universität nieder-
geschrieen worden, und wegen solcher Proteste hätte der Sicherheitsdienst öfters
einschreiten müssen. Dieses nahm er zum Anlass, sein Gewächshaus, „handgra-
natensicher“ mit zehn Zentimeter dickem Spezialglas umzubauen (Ohne Autor
2001).
Allerdings ist der zentrale Bezugspunkt der Gentechnik-Befürworter nicht
so sehr die Situation in nördlichen Industrieländern, sondern die in Ländern des
Südens. Genfood-Gegner wie Vandana Shiva hatten bereits Mitte der 1990er
Jahre vor den fatalen Auswirkungen der „grünen“ Gentechnik in den Ländern
des Südens gewarnt. Shiva fasst die grüne Gentechnik als die logische Fortset-
zung vergangener ökologischer Zerstörung und sozialer Ausbeutung durch die
grüne Revolution auf. Durch diese setze sich der Kolonialismus in Form von
„Biopiraterie“ fort. Während es früher um die Eroberung und Unterwerfung der
äußeren Welt, also um Rohstoffe und Landrechte ging, würde nunmehr die Ko-
lonisierung auf die inneren Räume, also die Gene von Lebewesen in den Ländern
des Südens, ausgedehnt. Shiva kritisiert, dass durch Patente auf genetische In-
formationen, die durch Freihandelsabkommen geschützt werden, nunmehr der
vollkommene Durchgriff auf vormals subsistenzwirtschaftliche Strukturen er-
möglicht werde (Shiva 2002: 38ff.). Andere befürchten durch Genfood einen
weiteren Schub hin zu konventionellen landwirtschaftlichen Großbetrieben und
dadurch eine beschleunigte Expropriation oder Verarmung von Kleinbauern im
Süden (Spangenberg 2003). Auch hier stehe Monsanto als Beispiel dafür, wie
von Kleinbauern Lizenzgebühren für ökologisch und ökonomisch schädliche
sowie gesundheitsgefährdende Technologien gefordert würden. Shiva sieht in
den bestehenden gentechnischen Wirtschaftsstrukturen „ein System der totalen
Privatisierung der Profite, bei totaler Sozialisierung der Kosten“ am Werk (Shiva
2002: 49). Kritisiert werden insbesondere Terminator-Technologien bei Saatgut.
Gemeint sind bereits in Erprobung befindliche Anwendungen, mit denen verhin-
dert wird, dass genetisch veränderte Pflanzen eine keimfähige Ernte produzieren,
die als Saatgut verwendet werden kann. So kann erzwungen werden, dass Bauern
50 2 Der Risikodiskurs um Genfood

nach jeder Ernte erneut Saatgut kaufen müssen. Viele Skeptiker und Gegner von
Genfood in Deutschland haben sich die Kritik an der Gentechnik aus dem Süden
zu eigen gemacht. So äußern sich kirchliche Vertreter und insbesondere Akteure
aus der Entwicklungszusammenarbeit wie Misereor oder die im linksradikalen
Spektrum angesiedelte BUKO-Agrarkoordination kritisch zu den Folgen der
Gentechnik in den Ländern des Südens.
Die Befürworter sehen das anders. Insbesondere die Terminator-Techno-
logie berge die Chance, eine unkontrollierte Auskreuzung von genetisch verän-
derten Pflanzen zu verhindern. Während es nicht überrascht, dass Genforscher
und die bekämpften Unternehmen auf den Nutzen der Gentechnik für südliche
Länder hinweisen, gibt es durchaus auch Stimmen von Umweltschützern und
Akteuren aus der Entwicklungszusammenarbeit, die in der Gentechnik mehr
Chancen als Gefahren sehen. Sie halten den Gegnern entgegen, dass sie kein
Recht hätten, für die Bevölkerung im Süden zu sprechen.36 Faktisch begrüßten
sowohl die Bevölkerungen als auch die Regierungen vieler südlicher Länder
vermehrte Forschungen über Genfood. Aus Sicht der Befürworter sei der Nutzen
für die Dritte Welt schon deshalb evident, weil die Anbauflächen sehr schnell zu-
nähmen. Die Bauern entschieden sich freiwillig für genetisch veränderte Pflan-
zen, weil so Pestizide eingespart und höhere Gewinne erzielt würden. Mit der
Beibehaltung bisheriger Anbaumethoden wären dagegen weitere Umweltzerstö-
rungen durch die Ausdehnung von Ackerflächen nicht zu verhindern, da eine
wachsende Weltbevölkerung auch mit einer wachsenden Menge von Nahrungs-
mitteln versorgt werden müsse (Maxeiner/Miersch 2003). In diesem Sinne
spricht die Food and Agriculture Organization (FAO) in Analogie zur „grünen
Revolution“ von einer möglichen „gene revolution“.37 In gleicher Weise befür-
wortete 2001 das United Nations Development Programme in seinem jährlichen
Bericht die grüne Gentechnik. Als Fortsetzung der grünen Revolution, die seit
den 1960er Jahren vor allem durch chemische Hilfsmittel, ertragreichere Sorten
und Maschineneinsatz zu einer Verbesserung der Ernährungslage in Ländern des
Südens geführt habe, solle nun die Gentechnik den Hunger in den Ländern des
Südens bekämpfen helfen (UNDP 2001).38

36
Hier ist auch Vandana Shiva, die als Trägerin des alternativen Friedens-Nobel-Preises eine promi-
nente Stellung in der Weltöffentlichkeit einnimmt, ins Visier der Kritik geraten. So verlieh das gen-
technikfreundliche Liberty Institute India 2002 Vandana Shiva am Rande der Konferenz über nach-
haltige Entwicklung in Johannesburg den „Bullshit Award for Sustaining Poverty“. Shiva trage durch
ihre Positionen zur Verfestigung der Armut im Süden bei (Katzek 2003).
37
http://www.fao.org/newsroom/en/news/2004/41714/index.html.
38
In ähnlicher Weise hat sich auch die internationale Umweltorganisation IUCN (International Union
for Conservation of Nature and Natural Resources) positiv über die Entwicklungschancen von Gen-
food geäußert.
2.5 Kontroversen um wirtschaftliche und soziale Folgen 51

Besonders erzürnt zeigten sich die Befürworter von Genfood, als 2002 meh-
rere afrikanische Staaten Entwicklungshilfe aus den USA in Form von genetisch
verändertem keimfähigem Getreide zurückwiesen. Die Ablehnung durch die
afrikanischen Regierungen sei mit wissenschaftlich völlig unhaltbaren Argumen-
ten drastischer Gesundheitsschäden durch die Lieferungen begründet worden.
Hingegen sahen die Gegner von Genfood in dieser Form der Hungerhilfe für
Afrika den Versuch, Genfood durch die Schaffung von Fakten durchzusetzen
(Tippe 2003). Diese Art von Entwicklungshilfe sei ein trojanisches Pferd gewe-
sen. Dies sei schon dadurch bewiesen, dass die US-Regierung sich weigerte,
nicht genetisch verändertes Getreide zur Verfügung zu stellen. Die Ablehnung
sei somit ein mutiger Schritt gewesen.
Auch das wohl am häufigsten angeführte Beispiel für die positiven Potenzi-
ale von Genfood für die Länder des Südens, nämlich der so genannte Goldene
Reis, ist umstritten. Ausgangspunkt für die genetische Veränderung des Reis war
der Wunsch, ein Grundnahrungsmittel aus dem Süden zum Nutzen der dortigen
Bevölkerung zu optimieren. Die einseitige Ernährung mit Reis wird von Ernäh-
rungswissenschaftlern als Ursache für frühzeitigen Tod, Mangelerkrankungen
und die Erblindung von Kindern insbesondere in Südostasien gesehen. Daher
entwickelten Ingo Potrykus von der Technischen Hochschule Zürich und Peter
Beyer von der Universität Freiburg eine Reissorte, die dank genetischer Verän-
derung deutlich mehr Vitamin A produziert und so die Entstehung von Mangel-
erscheinungen verhindern soll.39 Für die Befürworter von Genfood ist diese Ent-
wicklung der Beweis, dass wirtschaftliche und soziale Fortschritte vereinbar sind
und die grüne Gentechnik ein hohes Potenzial für die Bekämpfung von Hunger
und Elend in südlichen Ländern aufweist.
Die Gegner führen jedoch zwei Gründe gegen den Goldenen Reis an. Zum
einen basiere die Konzeption auf einer ähnlich fehlerhaften Diagnose des Ernäh-
rungsproblems, die schon bei der grünen Revolution mehr Schaden als Nutzen
gestiftet habe (Shiva 1991). Mangelernährung beruhe wie Hunger vor allen Din-
gen auf sozial ungerechter Verteilung gesellschaftlichen Reichtums. Die einseiti-
ge Mangelernährung mit weißem Reis sei auch ohne Gentechnik mit sozial und
kulturell besser verträglichen Maßnahmen zu beheben. Die Betroffenen müssten
in die Lage versetzt werden, die mit traditionellen Anbau- und Esskulturen ver-
schwundenen vitaminreichen Gemüsepflanzen wieder anbauen zu können. Die
konventionelle, auf Monokulturen ausgerichtete Landwirtschaft habe gerade zur
Mangelernährung beigetragen, indem eine einseitige Ernährung mit Reis vorpro-
grammiert wurde (Brauner 2003). Einfache Abhilfe wie der Verzehr von Fleisch,
Gemüse und Obst scheitere eben an drückender Armut. So kam der Greenpeace-

39
Der Goldene Reis wurde erstmals 1999 vorgestellt und seitdem ständig weiter entwickelt.
52 2 Der Risikodiskurs um Genfood

Sprecher Michael Hopf zu dem Schluss, dass momentan „Gen-Reis die teuerste,
am schlechtesten ausgereifte und ökologisch gefährlichste Methode“ sei, um
gegen Vitamin-A-Mangel vorzugehen (Ohne Autor 2001).
Zum anderen handle es sich bei der Entwicklung des Goldenen Reis um ein
Täuschungsmanöver, um die Öffentlichkeit für Genfood einzunehmen. In diesem
Sinne bezeichnete Vandana Shiva den Goldenen Reis als „ein trojanisches Pferd,
um gentechnisch veränderte Nutzpflanzen und Lebensmittel in den Markt zu
drücken” (Ohne Autor 2001). Die Entwicklung des Goldenen Reis sei eine Miss-
achtung der Ernährungssouveränität, also des Rechts, über die Zusammenstel-
lung der eigenen Nahrung selbst bestimmen zu können, und des Rechts auf eige-
ne unabhängige Nahrungsmittelproduktion (BMVEL 2002b: 27). Diese Entwick-
lung aus nördlichen Labors diene dazu, das alltägliche Leben in südlichen Län-
dern zu kontrollieren.
Nicht minder scharf reagieren die Befürworter von Gentechnik auf die Vor-
würfe. So warf Ingo Potrykus Greenpeace und anderen Kritikern wörtlich vor,
„letzten Endes dafür verantwortlich“ zu sein, „dass viele Kinder erblinden und
sterben“. Er halte ein solches ideologisch motiviertes Verhalten „für ein Verbre-
chen gegen die Menschlichkeit“ (Ohne Autor 2001).

2.6 Kontroversen um Landwirtschaft, Lebensmittelmarkt und


Verbraucherrechte
2.6 Kontroversen um Landwirtschaft, Lebensmittelmarkt, Verbraucherrechte
Insbesondere mit dem Wechsel zu einer rot-grünen Bundesregierung war – auch
in Folge von BSE und anderer Lebensmittelskandale – eine Schwerpunktverlage-
rung des Diskurses zu bemerken. Hintergrund waren nicht nur neue EU-Vor-
gaben zur Kennzeichnung und Rückverfolgbarkeit von Genfood. Der Lebensmit-
telbereich erlebte eine verstärkte Politisierung. Die dezidiert politische Strategie
der Verbreitung ökologischer Landwirtschaft und Lebensmittel sollte bestehende
Potentiale politisch bewussten Konsums realisieren. Eine Abkehr von konventi-
onellen landwirtschaftlichen Methoden, die vor allem auf Effizienz und Masse
ausgerichtet waren, bildete neuen Stoff für die Diskussion um Genfood. Insbe-
sondere der Öko-Landbau, umweltfreundliche Verbraucherschutzverbände wie
foodwatch und Umweltorganisationen sahen in Genfood eine Marktstrategie, die
gegenwärtigen Tendenzen auf dem Lebensmittelmarkt zu mehr Qualität, um-
welt- und verbraucherfreundlicheren Methoden und höherwertigen Produkten
diametral entgegenstehe. Die bisherigen Gen-Pflanzen hätten stattdessen vor
allem Kostenreduktionen für die konventionelle Landwirtschaft zum Ziel. Ange-
sichts landwirtschaftlicher Überproduktion und fallender Preise bei konventio-
nellen Lebensmitteln wäre dies keine wirtschaftlich nachhaltige Strategie.
2.6 Kontroversen um Landwirtschaft, Lebensmittelmarkt, Verbraucherrechte 53

Allerdings wurden schon früher Diskussionen über Genfood in Hinsicht auf


Lebensmittelwirtschaft und Verbraucherrechte geführt. Ende der 1990er Jahre
sorgten die offensiven Markteinführungen von Genfood, wie z.B. des Schoko-
riegels Butterfinger in Europa oder der Anti-Matsch-Tomate in den USA, für
Aufsehen. Allerdings verkannten die Produzenten die Skepsis der Verbraucher
und scheiterten kläglich. Die Ende 2000 bekannt gewordene Starlink-Affäre in
den USA sorgte auch in Deutschland für Diskussionen über die politische Regu-
lierbarkeit von Genfood bei der Lebensmittelherstellung. Der wegen seiner Zu-
sammensetzung nur als Tierfutter zugelassene genetisch veränderte Starlink-
Mais der Firma Aventis wurde damals von Genfood-Gegnern in Nahrungsmit-
teln nachgewiesen.
Die Markteinführung scheiterte aus zwei Gründen: Zum einen nahm man
fälschlicherweise an, die Verbraucher würden Genfood nur deswegen ablehnen,
weil sie als „Laien“ noch keine Erfahrungen damit gemacht hatten. Zum anderen
wurden zum Teil zweifelhafte, teils schlicht manipulative Kommunikationsstra-
tegien angewendet. Zum Beleg verweisen Genfood-Gegner immer wieder auf ein
internes Strategiepapier, das von der PR-Firma Burson Marsteller für den gen-
technischen Unternehmensverband Europa-Bio erstellt wurde. Aufgelistet wer-
den in diesem Papier Mittel der „psychologischen Kriegsführung“, manipulatives
Wahrnehmungsmanagement und die Beschwörung von Symbolen statt Logiken
(Ohne Autor 1998). Auch wird insbesondere Firmen wie Monsanto und Aventis
vorgeworfen, Profitinteressen durch „ethische Köder“ zu kaschieren (Schneider
2003: 12). So konterkarieren Genfood-Gegner den Firmennamen „Monsanto“,
dessen Namen im romanischen Sprachraum eine religiöse Konnotation aufweise
(„Mon“ franz.: „Mein“, „Santo“ span.: „Heiliger“), als „Mon Satan“ oder „Mu-
tanto“ (Hofmann 2003: 43).
Kleinere Gruppen von Genfood-Gegnern belassen es nicht bei bloß verbaler
Kritik. So wurden in mehreren Ländern in den vergangenen Jahren immer wieder
Sabotageakte verübt. Eine größere Aktion fand in Frankreich statt, als im August
2004 rund 1.500 Aktivisten ein Feld mit gentechnisch behandeltem Getreide
vorzeitig und illegal abmähten. Ähnliche Proteste wurden in den letzten Jahren
auch in Deutschland durchgeführt. Die Kampagne „GENDRECK WEG! – Frei-
willige Feldbefreiung“ führte beispielsweise im Sommer 2005 eine Feldzerstö-
rung nahe Berlin durch.40 Die Gegner veranstalteten auch Protestzüge, Kundge-
bungen und andere demonstrative und symbolische Aktionen. Eine breite media-
le Aufmerksamkeit erreichte Greenpeace mit seinen Aktionen gegen Lebensmit-
telproduzenten wie Müller-Milch im Jahr 2004 oder gegen Landliebe zwei Jahre
später. Unter anderem etikettierten dabei Aktivisten Milchprodukte in Super-

40
http://www.gendreck-weg.de
54 2 Der Risikodiskurs um Genfood

märkten nachträglich als Genfood, um gegen fehlende Kennzeichnungsvorschrif-


ten zu protestieren. Als symbolischen Protest gegen die Praxis des EU-Patent-
amts meldete beispielsweise Greenpeace im Juni 2002 ein Patent auf Currywurst
an.41 Damit sollte die Verwischung von Entdeckung und Entwicklung durch die
Europäische Patentrichtlinie persifliert werden. Hintergrund war unter anderem
die Befürchtung, dass durch die Vergabe von Patenten an multinationale Kon-
zerne die Kleinbauern in Ländern des Südens in neue Abhängigkeitsverhältnisse
getrieben würden.
Weder manipulative PR-Strategien noch die durchaus plurale Berichterstat-
tung in den Medien haben etwas an der grundlegenden Ablehnung der Verbrau-
cher in Europa geändert. In den letzten zehn Jahren haben Umfragen mit unter-
schiedlichen Frageformulierungen immer wieder zu dem Ergebnis geführt, dass
mal zwei Drittel, mal drei Viertel oder mehr der Befragten Genfood ablehnend
gegenüber stehen und eine überwältigende Mehrheit eine generelle Kennzeich-
nung solcher Nahrungsmittel fordert.42 Auch die „Abstimmung mit den Füßen“
auf dem Lebensmittelmarkt untermauert diesen Eindruck. So versprechen mitt-
lerweile europaweit namhafte Händler und Produzenten von Lebensmitteln so-
wie Supermarktketten, auf Genfood zu verzichten.43
Die ablehnende Haltung in der Bevölkerung rührt wahrscheinlich von der
Wahrnehmung her, dass Genfood keinen konkreten Nutzen für den Endkonsu-
menten verspricht und Risiken nicht völlig auszuräumen sind. Die Gegner fühlen
sich bestärkt und betonen, dass nicht alles, was machbar ist, auch realisiert wer-

41
http://archiv.greenpeace.de/gp_grafik/karten/currypat.pdf; www.diecurrywurst.de/
42
Neben den Eurobarometer-Daten zeigt auch die GFK-Marktforschung eine deutliche Ablehnung
von Genfood. Im Frühjahr 1999 lehnten über 75 Prozent der Befragten die Entwicklung und Einfüh-
rung gentechnisch veränderter Lebensmittel ab. Fast alle Befragten (95 %) waren für eine durchgän-
gige Kennzeichnungspflicht. Auch Fokusgruppen-Untersuchungen in Baden-Württemberg bestätigen
diese Ergebnisse (Renn 2003). Das Meinungsforschungsinstitut TNS-Emnid ermittelte im Septem-
ber/Oktober 2003, dass sich knapp 75 Prozent der deutschen Konsumenten nicht oder eher nicht mit
gentechnisch veränderten Nahrungsmitteln ernähren würden. 88 Prozent der Befragten hielten eine
Kennzeichnung genetisch veränderter Nahrungsmittel für wichtig (http://www.welthungerhilfe.de/
whhde/aktuelles/presse_archiv/gentechumfrage1.html). Weiterhin ermittelte im April 2004 das Mei-
nungsforschungsinstitut Forsa im Auftrag der Wochenzeitschrift Stern, dass 68 Prozent der deutschen
Verbraucher keine gentechnisch veränderten Lebensmittel kaufen wollten (http://www.stern.de/poli
tik/deutschland/index.html?id=522974&q=gentechnik). Auch kam eine methodenkritische Untersu-
chung, die nach instabilen und künstlichen Aspekten von Befragungsergebnissen zur Gentechnik
fragte, zu dem Schluss, dass die Einstellungen in der Bevölkerung „hochgradig stabil“ seien (Urban
1998: 40).
43
Europaweit sprachen sich Ende der 1990er Jahre mit Tesco (Italien), Sainsbury (Großbritannien)
und Carrefour (Frankreich) große Lebensunternehmen gegen Genfood aus. In Deutschland sicherten
nach den gescheiterten Markteinführungsversuchen Firmen wie Tegut, Metro, Nestlé und Rewe
schriftlich zu, auf Genfood im Sortiment zu verzichten, was im Umkehrschluss allerdings auch heißt,
dass Genfood von anderen Firmen weiter vermarktet wird.
2.7 Der politische Regulierungsdiskurs 55

den müsse. Kommt eine Wahrnehmung hoher Risiken hinzu, sprechen die Geg-
ner gar von Genfood als „Frankenstein-Lebensmittel“ (Shiva 2001: 91) und von
einem Feldversuch mit der Bevölkerung.
Hinzugekommen ist im Verlaufe der Debatte auch die Frage, inwieweit
Verbraucher das Recht auf transparente Kennzeichnung von Genfood haben
sollten. Dabei gingen die Befürworter lange Zeit davon aus, dass Genfood dann
nicht gekennzeichnet zu werden braucht, wenn es zwar zur Anwendung gekom-
men ist, später allerdings nicht mehr technisch nachweisbar ist. Wie weiter unten
ausgeführt wird, hat die EU-Gesetzgebung in dieser Hinsicht allerdings die
Kennzeichnungsbestimmungen für Genfood verschärft. Bis 2004 wurde immer
wieder der Vorwurf erhoben, dass die Verbraucher getäuscht würden und keine
echte Wahlfreiheit hätten, indem der Eindruck erweckt werde, „kennzeichnungs-
freie“ Nahrungsmittel seien auch „gentechnikfrei“.
Über die Ausweitung des Anbaus genetisch veränderter Pflanzen geraten
auch die Interessen der Landwirtschaft stärker in die Diskussion. Mit Verweis
auf mögliche Kontaminationen, wie im obigen Falle des kanadischen Farmers
Schmeiser, befürchten ökologische Landwirte enorme Behinderungen, eventuell
sogar das eigene wirtschaftliche Ende durch die Einführung von genetisch ver-
änderten Pflanzen, weil für sie zumeist vorgeschrieben ist, dass keine Gentech-
nik zum Einsatz kommen darf. Radikalere Stimmen fordern daher ein Verbot der
Gentechnik, selbst wenn keine konkreten Risiken und Gefahren nachzuweisen
sind. Eine Koexistenz von Gen-Landwirtschaft und anderen Anbauformen sei
praktisch unmöglich. Vermischungen, Kontaminationen und Auskreuzungen
seien nicht zu verhindern, und somit werde die Gentechnik über kurz oder lang
durch die Hintertür erzwungen (Schneider 2003: 12ff). Nimmt man hingegen an,
dass eine Koexistenz technisch machbar ist, entschärft sich der Konflikt. Insbe-
sondere ist zu klären, in welchem Ausmaß Schutzvorkehrungen zu treffen sind,
wer die Kosten hierfür trägt und inwieweit dieser Prozess für die Verbraucher
transparent sein sollte. Insbesondere die Frage, wer finanziell für die unkontrol-
lierte Ausbreitung von Genpflanzen haften soll, sorgte für Streit beim neuen
Gentechnikgesetz der rot-grünen Bundesregierungen, wie im Folgenden näher
erläutert wird.

2.7 Der politische Regulierungsdiskurs


2.7 Der politische Regulierungsdiskurs
Einzelne Länder haben den Umgang mit Genfood überhaupt nicht, andere Län-
der (u.a. die USA) haben ihn sehr großzügig geregelt. Gerade im Vergleich zu
den gesetzlichen Bestimmungen in den USA bestehen in Europa gegenüber Gen-
food weitaus größere Bedenken, die sich auch in einer anderen Rechtslage nie-
56 2 Der Risikodiskurs um Genfood

derschlagen. So wird in der EU jede genetisch veränderte Pflanzensorte einge-


hender auf Risiken hin untersucht als in den USA (Heine et al. 2002; Sau-
ter/Meyer 2000: 52).
Da die USA und die EU durch ihre wirtschaftliche Stellung weltweit tonan-
gebend in der Regulierung von Genfood sind, wird den Unterschieden in den
rechtlichen Vorkehrungen großes Gewicht zugeschrieben. Grund hierfür ist, dass
beispielsweise EU-Regelungen einen hohen ökonomischen Einfluss auf Anbau-
bedingungen in Agrarexportländern haben. Weltweit zögern daher viele Länder
damit, den Anbau von Gen-Pflanzen zu forcieren, weil sie befürchten, ihre Ex-
portchancen in den EU-Agrarmarkt zu gefährden.
In vielen Ländern des Südens, aber auch im nördlichen Asien und Osteuro-
pa scheint zudem die Lage uneindeutig und gesetzlich kaum reguliert zu sein.
Die Haltung von Regierungen variiert von Land zu Land und unterliegt teilweise
auch abrupten Kurswechseln. In Brasilien ließ die Regierung im Dezember 1999
illegal angebaute Gen-Soja-Pflanzungen in großem Maßstab zerstören,44 hat aber
seit 2003 den Anbau per Dekret erlaubt. Die österreichische Regierung hatte
bereits 1997 Freilandversuche mit gentechnisch manipulierten Pflanzen unter-
sagt. In Deutschland sind in den letzten Jahren wesentliche Änderungen in der
rechtlichen Rahmensetzung für Genfood vorgenommen worden.45 So wurden die
Standorte für den 2004 zu Versuchszwecken in Mecklenburg-Vorpommern,
Sachsen-Anhalt und einigen weiteren Bundesländern ausgesäten Gen-Mais durch
die Landesregierungen geheim gehalten, um die Felder mit einer Größenordnung
von insgesamt 300 Hektar vor Zerstörung zu schützen. 2005 wurde diese Praxis
durch das neue Gentechnik-Gesetz der rot-grünen Bundesregierung geändert.
Nun sind alle Versuchsfelder in einem öffentlich einsehbaren Standortregister
beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) ver-
zeichnet. Ziel ist es, die Transparenz des bisherigen Versuchsanbaus zu sichern.
Auch spielen die parlamentarischen Kräfteverhältnisse und der parteipoliti-
sche Einfluss auf einzelne Ministerien und Behörden eine wichtige Rolle. Wie in
anderen Ländern war in Deutschland in den Ministerien für Forschung, Wirt-
schaft und Landwirtschaft bislang eine deutlich gentechnikfreundlichere Haltung
vorzufinden als in Ministerien und Behörden für Umwelt- und Naturschutz
(BBAW 2005b; Brauner 2003). Hier fand im Gefolge der BSE-Krise und vor
allem auf Druck der rot-grünen Regierung eine deutliche Verschiebung zuguns-
ten der Gentechnik-Skeptiker statt, indem das ehemalige Landwirtschaftsminis-
terium in das Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Land-

44
Nach inoffiziellen Schätzungen betrug die Anbaufläche für solche Pflanzen zwischen 600.000 bis
eine Million Hektar (TAZ, 29.12.1999, S. 4).
45
Anfang der 1990er Jahre gab es mit dem damaligen Gentechnik-Gesetz bereits erste Regulierun-
gen.
2.7 Der politische Regulierungsdiskurs 57

wirtschaft (BMVEL) überführt und unter die Leitung der Grünen-Politikerin


Renate Künast gestellt wurde.46 Nicht nur im Bereich Genfood sollten Verbrau-
cherschutz, Lebensmittelsicherheit und konventionelle Landwirtschaft zuneh-
mend in die Diskussion um eine ökologische Landbauwende einbezogen werden.
Deutschland ist bei der Regulierung von Genfood im Wesentlichen von
Vorgaben der EU direkt abhängig und hat internationale Abkommen zu berück-
sichtigen (vgl. BMVEL 2002b: 25). So muss EU-Recht in nationales Recht über-
führt werden, wenn es einerseits um die Kennzeichnung von Genfood geht und
andererseits genetisch veränderte Anbausorten zugelassen werden sollen.
Innerhalb der EU wurde die Kennzeichnung von Genfood erstmals in der
Novel Food-Verordnung von 1997 geregelt. Demnach war die Anwendung von
gentechnisch veränderten Pflanzen oder Mikroorganismen bei der Herstellung
von Lebensmitteln nur dann kennzeichnungspflichtig, wenn gentechnisch verän-
derte Bestandteile im Endprodukt nachgewiesen werden konnten. Seit 1998 galt
innerhalb der EU für die Zulassung von Gen-Pflanzen ein de facto-Moratorium,
sodass nur der Anbau weniger Sorten erlaubt war. Nach Art. 26 der aktuell gülti-
gen Freisetzungsrichtlinie aus dem Jahre 2001 (2001/18/EG)47 können die Mit-
gliedstaaten Maßnahmen ergreifen, um die Abgrenzung zwischen Gen-Pflanzen
und natürlichen Organismen sicherzustellen. Dies soll durch einen räumlichen
Abstand zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten und herkömmlichen
Pflanzen gewährleistet werden, damit letztere nicht kontaminiert werden bzw.
sich nicht mit Gen-Pflanzen kreuzen können.
In Deutschland hätten die ursprünglichen Freisetzungs-Regelungen der EU
bereits bis Oktober 2002 in einem Gesetz Berücksichtigung finden müssen.48 Ein
erster Entwurf wurde im Frühjahr 2004 im Bundesrat abgelehnt, woraufhin das
von der Bundesregierung eingebrachte Gesetz im Juni in einen zustimmungs-
pflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil aufgespaltet wurde.
Letzterer enthielt einige stark umstrittene Regelungen, darunter das geforderte
öffentlich einsehbare Register des Anbaus von Gen-Pflanzen sowie ein gesamt-
schuldnerisches Haftungsprinzip der Anwender von Gentechnik für den Fall,
46
Außerdem wurde die Kompetenz zur Zulassung von Genfood vom beim Gesundheitsministerium
angelagerten Robert-Koch-Institut auf das neu geschaffene Bundesamt für Verbraucherschutz und
Lebensmittelsicherheit (BVL) im Bundesministerium für Verbraucherschutz und Landwirtschaft
übertragen (Sauter 2005: 126).
47
http://europa.eu.int/smartapi/cgi/sga_doc?smartapi!celexapi!prod!CELEXnumdoc&lg=DE&numdoc
= 32001L0018&model=guichett
48
So ermahnte die EU-Kommission in einer Presseerklärung Deutschland und elf weitere EU-Mit-
gliedsstaaten im April 2003, die Freisetzungs-Richtlinien schnellstens in nationales Recht umzuset-
zen. EU-Kommission, Genetically Modified Organisms: Commission requests twelve Member States
to adopt and notify legislation (2003; http://europa.eu.int/rapid/pressReleasesAction.do?reference
=IP/03/528&format=HTML&aged=0&language=EN&guiLanguage=en). Im Juli 2003 kündigte sie
schließlich an, Klage beim Europäischen Gerichtshof einzureichen.
58 2 Der Risikodiskurs um Genfood

dass bei gentechnikfreien Betrieben eine Verunreinigung durch Gen-Pflanzen


vorliegt. Moderate Gegner von Genfood wie die Umweltverbände BUND und
NABU begrüßten dieses neue Gentechnikgesetz.49 Die unionsgeführten Länder,
von denen Sachsen-Anhalt sogar mit einer Klage beim Bundesverfassungsge-
richt gedroht hatte, hatten dank der zunächst ausgesprochenen Unterstützung
durch zwei SPD-geführte Länder50 das im Vermittlungsausschuss „hängende“
Gesetzgebungsverfahren verzögern können. Ebenso hatten sich 23 der 25 „Bio-
regionen“ (regionale Zusammenschlüsse von Forschungsinstituten und Biotech-
Firmen) gegen das geplante Gesetz ausgesprochen, das einen „Innovationskiller“
darstelle. Eine erneute Abstimmung im Bundesrat führte im Juli 200451 aufgrund
der Mehrheit der unionsregierten Länder wiederum zu einer Ablehnung des Ge-
setzesentwurfes der rot-grünen Bundesregierung. Jedoch verabschiedete darauf-
hin der Bundestag mehrheitlich den nicht zustimmungspflichtigen Teil des Ge-
setzes Ende November 2004 gegen das Votum des Bundesrats.52 Das Gesetz
blieb bis zuletzt umstritten. Auch die EU-Kommission stellte im Juli 2004 fest,
dass die deutsche Auslegung des Gentechnik-Gesetzes gegen die ursprünglichen
Vorgaben verstieße.53 Zwar trat der nicht zustimmungspflichtige Teil des Geset-
zesentwurfes schließlich im Februar 2005 in Kraft. Nach den Neuwahlen kündig-
te jedoch die neue Regierungskoalition aus Union und SPD umgehend an, beide
Teile und insbesondere die bereits geltenden Haftungsregelungen umzugestalten.
Hintergrund der Kontroverse um die Haftungsregelung ist die Frage, mit wel-
chen Maßnahmen eine Koexistenz von gentechnikfreier und Gentechnik ver-
wendender Landwirtschaft ermöglicht werden sollte. Hierbei ist das rot-grüne
Gentechnik-Gesetz als Durchsetzung des Verursacherprinzips zu charakterisie-
ren, da die Kosten einer unkontrollierten Ausbreitung von den Urhebern, also der
Gentechnik anwendenden Landwirtschaft, zu tragen sind. Renate Künasts Nach-
folger im umbenannten Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und
Verbraucherschutz, Horst Seehofer, hat allerdings sehr deutliche Änderungen der
bisherigen Regelungen angekündigt und sorgte dafür, dass bis Ende 2005 drei
gentechnisch veränderte Maissorten für den uneingeschränkten kommerziellen
Anbau zugelassen wurden.
Die vom Europäischen Parlament und Rat im September 2003 beschlosse-
nen Verordnungen 1829/2003 und 1830/2003 regeln die Kennzeichnung und
Rückverfolgbarkeit von Genfood. Die EU-Verordnungen gelten seit dem 18.
49
Vgl. Presseerklärung von NABU und BUND: http://www.bund.net/lab/reddot2/pressemitteilungen
_3746.htm.
50
Im Oktober 2004 stimmten allerdings diese SPD-Länder im Vermittlungsausschuss der Vorlage
der Bundesregierung zu.
51
http://www.biosicherheit.de/aktuell/298.doku.html.
52
http://www.biosicherheit.de/aktuell/313.doku.html.
53
http://www.biosicherheit.de/aktuell/299.doku.html.
2.7 Der politische Regulierungsdiskurs 59

April 2004 in allen EU-Ländern. Ihnen liegt, anders als in der Vergangenheit,
das „Anwendungsprinzip“ zugrunde. Demnach ist jede direkte Anwendung von
gentechnisch veränderten Organismen bei der Herstellung oder Erzeugung von
Lebens- und Futtermitteln kennzeichnungspflichtig. Dabei ist es unerheblich, ob
der Einsatz von Gentechnik im Endprodukt nachweisbar ist. Anstelle der bis dato
geltenden Nachweiskontrolle muss jetzt die Information vorliegen, ob Nahrungs-
mittel aus gentechnisch veränderten Organismen hergestellt wurden. Für die
Lebensmittel- und Futterwirtschaft bedeutet dies, dass aufwändige Kontroll- und
Nachweissysteme eingerichtet werden müssen. Aus Sicht der Verbraucher ergibt
sich, dass für mehr Produkte als bisher eine Kennzeichnungspflicht besteht. So-
mit erhöhte sich die rechtlich vorgeschriebene Transparenz, und der Verbraucher
erhält die Möglichkeit, mit seiner Kaufentscheidung nicht nur Einfluss auf die
endgültige Zusammensetzung des Produkts, sondern auch auf die ursprünglich
verwendeten Zutaten nehmen zu können. Mit diesen Regelungen wurden erneute
Diskussionen über die Auslegung der Bestimmungen, Ausnahmen, Verbote und
Einsickermöglichkeiten von Genfood entfacht.
Auf internationaler Ebene sind die Vorschriften der WTO und des Biosi-
cherheits-Protokolls der Vereinten Nationen für die Regulierung von Genfood
relevant. Im September 2003 wurde das Biosicherheits-Protokoll der Vereinten
Nationen (auch Cartegena-Protokoll über Biosicherheit), das bereits 2000 in
Montreal beschlossen worden war, wirksam.54 Die dort vorgesehenen Regelun-
gen beziehen sich auf den internationalen Handel mit lebenden genetisch verän-
derten Organismen, die zur Freisetzung bestimmt sind. Wenn beispielsweise
genveränderter Mais exportiert wird, um als Saatgut verwendet zu werden, muss
das Empfängerland im Rahmen festgelegter Verfahren um Erlaubnis gefragt
werden. Anders als in der WTO sind vorsorgliche Einfuhrverbote im Biosi-
cherheits-Protokoll auch ohne genaue wissenschaftliche Beweisführung möglich.
Die im Rahmen der WTO vorgesehenen Regelungen über Hygienestandards und
Artenreinheit (so genanntes SPS-Abkommen) erlauben Einfuhrbeschränkungen
nur, wenn sich Sicherheitsbedenken auf wissenschaftlich unzweifelhaft nachge-
wiesene Schäden beziehen können. Für den Handel mit Saatgut bestehen also
konkurrierende internationale Regelungen (BMVEL 2002b). Im Unterschied zu
vielen anderen Ländern sehen die USA ihre Vorstellungen in den WTO-Rege-
lungen besser vertreten als im Biosicherheitsabkommen.
Auch führten schärfere EU-Regelungen zu einem Streit zwischen den USA
und der EU innerhalb der WTO. Die US-Regierung klagte schließlich 2003 ge-
gen die EU-Zulassungsbestimmungen. Zeitungsberichten55 über einen Zwischen-

54
Das Cartagena-Protokoll ist ein Nachfolgeabkommen der in Rio 1992 verabschiedeten Konvention
über Biodiversität, das erstmals genetische Vielfalt als schützenswertes Gut einstufte.
55
TAZ, 08.02.2006, S. 7.
60 2 Der Risikodiskurs um Genfood

bericht der WTO zufolge ist zu erwarten, dass der Streit zugunsten der USA
entschieden wird. Die US-Regierung kündigte auch an, gegen die verschärften
EU-Kennzeichnungsregelungen vor der WTO zu klagen. Sie sah darin Wettbe-
werbsverzerrungen zu Lasten von Vertragsstaaten, die mit genetisch veränderten
Pflanzen und Genfood handeln.
In der EU ist man bezüglich Genfood zögerlicher und vorsichtiger als in an-
deren Ländern. Jedoch wird auf lange Sicht eine schrittweise Nutzbarmachung
der Technologie angestrebt. So fiel das de facto-Moratorium innerhalb der EU
im Mai 2004 mit der Neuzulassung einer genetisch veränderten Maissorte. Zuvor
herrschte Zurückhaltung. So wurde beispielsweise die Entscheidung über die
Zulassung einer umstrittenen Genmais-Sorte (MON 863), die von dem Konzern
Monsanto beantragt worden war, im September 2004 aufgrund eines Votums des
zuständigen Fachausschusses bei der Kommission verschoben. Dem vorausge-
gangen waren Bedenken vor allem französischer Forscher, die in Tierversuchen
bei der Verfütterung dieser Maissorte zahlreiche „Anomalien“ festgestellt hatten.
Umstritten ist bis dato auch, welcher Schwellenwert für die Kennzeichnung
gentechnisch behandelten Saatguts (im Unterschied zu Lebensmitteln) festgelegt
werden soll. Hatte die Kommission zunächst eine Kennzeichnung ab einer Ver-
unreinigung von 0,3 Prozent ins Auge gefasst,56 so forderten Politiker der Grü-
nen im Verbund mit Umwelt- und Verbraucherverbänden eine Schwelle von 0,1
Prozent.

2.8 Genfood als eigenständiges und vielschichtiges Politikfeld


2.8 Genfood als eigenständiges und vielschichtiges Politikfeld
Genfood hat sich zu einem eigenständigen Politikfeld entwickelt, das ein breites
Spektrum von politischen Akteuren, Handlungsformen, Thematisierungen und
Positionen beinhaltet. Die in früheren Studien häufig anzutreffende Herange-
hensweise, Genfood lediglich als eine Facette des allgemeinen Diskurses um
Gentechnik zu begreifen, wäre dieser Vielfältigkeit kaum noch gerecht gewor-
den. Zwar sind Debatten über die direkten Folgen von Genfood nach wie vor an
Fragen der Risikobewertung der Gentechnik allgemein gebunden. Insbesondere
landwirtschaftliche und verbraucherrechtliche Aspekte treten jedoch zunehmend
in den Vordergrund und verleihen der Problematik ein eigenständiges Profil. So
stellt es für viele Gegner von Genfood keinen Widerspruch dar, Gentechnik bei
der Herstellung von Medikamenten zu begrüßen.

56
Nach geltendem EU-Recht ist ein Anteil von 0,9 Prozent gentechnisch veränderter Substanz in
einem Produkt erlaubt. In diesem Fall gilt eine Kennzeichnungspflicht.
2.8 Genfood als eigenständiges und vielschichtiges Politikfeld 61

Genfood wird nicht nur als eigenständiges, sondern auch in sich kohärentes
Politikfeld verstanden, obwohl die Thematik vielfältige Aspekte aufweist. Betei-
ligte können sehr wohl die wirtschaftlichen Aspekte von Genfood begrüßen und
trotzdem die ökologischen Folgen von Genfood fürchten, um sich letzten Endes
insgesamt für oder gegen Genfood auszusprechen. Auch nehmen an den Kontro-
versen um Genfood Akteure wie z.B. Verbraucherschutzverbände oder Saatgut-
firmen teil, die zu anderen gentechnischen Anwendungen selten Stellung bezie-
hen.
Trotz dieser Eigenständigkeit kann kaum von einer einheitlichen Konflikt-
struktur beim Thema Genfood gesprochen werden. Mal geht es vornehmlich um
die Verteidigung der Entscheidungsautonomie von Konsumenten, mal reprodu-
zieren sich ältere Konflikte zwischen neuen sozialen Bewegungen einerseits und
Naturwissenschaft, Technik und Wirtschaft andererseits. So werden zuweilen
Parallelen zur Atomkraft oder „grünen Revolution“ bemüht. Schließlich wird
Genfood auch zum Streitpunkt zwischen linken und rechten politischen Parteien
sowie zwischen Machtblöcken auf internationaler Ebene. Dabei wurden im Zeit-
verlauf immer neue Teildiskurse eröffnet, sei es um die Folgen von Genfood in
Ländern des Südens oder um die Auslegung von EU-Recht. Allerdings gelang es
keiner Seite, bestimmte Themenfelder für sich zu besetzen. Weder können die
Befürworter unwidersprochen behaupten, Genfood sichere und schüfe Arbeits-
plätze, noch haben es die Gegner erreicht, ökologische Schäden und Risiken in
Folge von Genfood als wissenschaftlich unstrittige Tatsache zu etablieren. Dabei
wiederholt sich ein Muster: In der Hoffnung, bestehende Diskursblockaden und
Pattsituationen in bereits ausgiebig erörterten Bereichen zu überwinden, eröffnet
eine Seite einen zusätzlichen Teildiskurs. Umgehend folgt ihr jedoch die andere
Seite und entwickelt das entsprechende Gegenargument. Wie viel Aufwand da-
bei mitunter betrieben wird, verdeutlicht das Beispiel des Goldenen Reis. Dieser
sollte nicht nur die Behauptung der Gegner entkräften, derzufolge Genfood nega-
tive Auswirkungen für die Länder des Südens habe, sondern auch ein positives
Licht auf Forschung und Anwendung im Norden werfen, um so Bedenken gegen
den Verzehr von Genfood zu zerstreuen. Die Reaktionen von Seiten der Gegner
erfolgten prompt und heftig. Sie erstellten Gegenexpertisen zur Tauglichkeit des
Goldenen Reis und kritisierten, dass die Ernährungssouveränität südlicher Be-
völkerungen unterminiert werde. Trotz der Ausdifferenzierung verschiedener
Teilkontroversen sorgte also das Spannungsverhältnis von Gegnern und Befür-
wortern stets dafür, dass die unterschiedlichen Themen und Argumente eng mit-
einander verknüpft blieben.
Die Komplexität und Eigendynamik der zahlreichen eng miteinander ver-
knüpften Kontroversen sollten allerdings nicht zu dem Schluss verleiten, es han-
dele sich um ein abgesondertes und ganz einzigartiges Themengebiet. Vielmehr
62 2 Der Risikodiskurs um Genfood

treten Konfliktstrukturen und Akteurskonstellationen auf, die Parallelen zu ande-


ren gesellschaftspolitischen Bereichen aufweisen. Dies zeigt sich allein schon
daran, dass kaum Akteure und Deutungsmuster in der Debatte vorzufinden sind,
die erst mit dem Aufkommen von Genfood und unabhängig von tradierten Poli-
tikmustern entstanden sind. Von Anfang an wurde das Thema von bestehenden
politischen Akteuren wie z.B. Umweltorganisationen oder wirtschaftsliberalen
politischen Eliten aufgegriffen und in den Begrifflichkeiten bereits existierender
Konflikte erörtert.
Zusammenfassend kann unsere anfängliche Feststellung, beim Thema Gen-
food handele es sich um ein für unsere Fragen ideales Untersuchungsfeld, nun
näher spezifiziert werden. Das Thema Genfood lässt sich nicht nur forschungs-
praktisch klar eingrenzen. Es wird auch von den Beteiligten selbst als eigenstän-
diges Politikfeld begriffen. Zudem müssten die vermuteten Besonderheiten des
Internet gerade beim Thema Genfood deutlich in Erscheinung treten. Die Betei-
ligten führen kontroverse Dialoge über eine Vielfalt thematischer Bezüge und
Positionen. Die zahlreichen Diskursstränge sind dabei dicht miteinander verwo-
ben. Ressourcenschwache zivilgesellschaftliche Akteure sind in starkem Maße
vertreten und auch grenzüberschreitende Bezüge sind von hoher Bedeutung.
Diskurse um Genfood unterscheiden sich somit deutlich von Politikfeldern, wie
z. B. dem Steuer- oder Gesundheitssystem, die weniger offen für ressourcen-
schwache oder ausländische Akteure sind.
Die Auswahl dieses Untersuchungsgegenstandes ist auch von methodi-
schem Wert. Spielten die theoretisch formulierten Besonderheiten des Internet
selbst in einem solcherart strukturierten Politikfeld kaum eine Rolle, so wäre zu
vermuten, dass in weniger offenen Politikbereichen demokratieförderliche Im-
pulse des Internet noch seltener zur Geltung kommen.
3 Empirische Untersuchungen
3 Empirische Untersuchungen

Unsere empirische Untersuchung orientiert sich an Hypothesen, die sich aus der
Debatte um das politische Potential des Internet ableiten lassen (vgl. Abschnitt
3.1). Unser empirische Analyse gliedert sich in drei Teile: Den ersten Teil (Ab-
schnitt 3.4) bildet einerseits eine Inhaltsanalyse von Texten, die durch die Ver-
wendung der Suchmaschine Google im Internet gefunden wurden. Zum Ver-
gleich wird andererseits eine Inhaltsanalyse von Zeitungsartikeln durchgeführt.
Im zweiten Teil (Abschnitt 3.5) wird die Struktur der Hyperlinkverweise auf den
Webseiten politischer Akteure untersucht. Der dritte Teil (Abschnitt 3.6) besteht
aus einer Webseitenanalyse von Online-Angeboten politischer Akteure.

3.1 Untersuchungshypothesen
3.1 Untersuchungshypothesen
Die Hoffnungen und Befürchtungen, die sich insbesondere um Online-Diskurse
ranken, lassen sich anhand technischer Eigenschaften des Internet aufzeigen.
Darauf bauend formulieren wir vier leitende Hypothesen, die teilweise vor dem
Hintergrund eines Vergleichs des Internet mit Zeitungen zu verstehen sind.
Erstens ist das Internet eine Kommunikations- und Informationstechnologie,
die es jedem erlaubt, seine Informationen und Anliegen einem breiten Publikum
medial zugänglich zu machen. Die Kosten, eine Webseite zu betreiben, sind – im
Vergleich zur Produktion einer Zeitung, eines Radio- oder Fernsehsenders –
verschwindend gering. Politische Akteure sind demnach nicht mehr darauf an-
gewiesen, dass die Medien über sie berichten, um öffentliche Sichtbarkeit zu
erlangen. Stattdessen können sie die Bürger über ihre eigene Webseite erreichen.
Da es insbesondere ressourcenschwachen zivilgesellschaftlichen Akteuren ohne
politischen Einfluss und Macht nur selten gelingt, die Aufmerksamkeit der Me-
dien auf sich zu ziehen, scheint das Internet gerade ihnen neue Möglichkeiten der
Teilhabe an politischen Diskursen zu bieten. Entsprechend lautet unsere erste
Hypothese:

1. Diskurse im Internet zeichnen sich dadurch aus, dass sie eine größere Band-
breite von Sprechern bzw. Akteuren einschließen sowie einen höheren An-
teil an kleinen und ressourcenschwachen Akteuren aufweisen. In diesem
64 3 Empirische Untersuchungen

Sinne begünstigen sie – relativ zu Diskursen in Zeitungen – in stärkerem


Maße die zivilgesellschaftlichen Akteure der „politischen Peripherie“.57

Aus der Hypothese 1 ergibt sich zweitens, dass die größere Bandbreite von Spre-
chern auch zu einem breiter gefächerten Meinungsbild führt als dies in her-
kömmlichen Massenmedien der Fall ist. Weiterhin ist zu vermuten, dass die
Akteure die Möglichkeit, sich direkt an ein breites Publikum zu richten, in erster
Linie dazu nutzen, ihre eigenen Positionen zu stärken und dafür Unterstützung
zu erlangen. Daraus leitet sich unsere zweite Hypothese ab:

2. Diskurse im Internet enthalten in ihrer Gesamtheit ein breiteres argumenta-


tives Spektrum. Allerdings sind aufgrund weitgehend abwesender journalis-
tischer Kriterien und Kontrollen die einzelnen Texte stärker parteilich und
repräsentieren somit auch weniger die Argumente der jeweiligen Gegensei-
te. Entsprechend enthalten sie auch mehr auf Mobilisierungen ausgerichtete
Elemente (z.B. Protestaufrufe).

Neben der Möglichkeit, das Publikum über eine eigene Webseite zu erreichen,
bietet das Internet drittens neue Möglichkeiten der interaktiven Kommunikation
und weist keine inhärent hierarchischen Kommunikationsstrukturen wie die
herkömmlichen Massenmedien auf. Vielmehr stellt es in seiner Gesamtheit ein
dezentral organisiertes Kommunikations- und Informationsnetzwerk dar. Hieraus
ergibt sich unsere dritte Hypothese:

3. Diskurse im Internet weisen eine stärker interaktive, verzweigte und dezen-


trale Kommunikationsstruktur auf.

Viertens ist das Internet ein transnationales Medium, das keine räumlichen Gren-
zen kennt, sondern eine weitgehend unbeschränkte weltweite Information und
Kommunikation ermöglicht. Dementsprechend lautet unsere vierte Hypothese:

4. Diskurse im Internet weisen einen höheren Grad an grenzüberschreitender


Information und Kommunikation auf.

57
Die Unterscheidung von politischem Zentrum und Peripherie nimmt Habermas im Anschluss an
Peters (1992: 337 ff.) vor. Der Kernbereich des Zentrums besteht aus den „institutionellen Komple-
xen der Verwaltung (einschließlich der Regierung), des Gerichtswesens und der demokratischen
Meinungs- und Willensbildung (mit parlamentarischen Körperschaften, politischen Wahlen, Partei-
enkonkurrenz usw.)“ (Habermas 1992: 430). Die polyarchisch strukturierte Peripherie besteht aus
Assoziationen, Verbänden, sozialen Bewegungen, kulturellen Einrichtungen, public interest groups,
Kirchen und dergleichen.
3.2 Methodische Konzeption der Studie 65

3.2 Methodische Konzeption der Studie


3.2 Methodische Konzeption der Studie
Wie in Abschnitt 1.2 dargestellt wird, beschränken sich die meisten der bisher
durchgeführten Untersuchungen von Online-Diskursen auf Inhaltsanalysen von
Diskussionsforen und Chats. Hierbei wird das Internet als eine bloße Ansamm-
lung einzelner unzusammenhängender Webseiten betrachtet. Stattdessen wählen
wir zur Überprüfung unserer Hypothesen ein mehrdimensionales Untersuchungs-
design, das zum einen sowohl die Angebots- als auch die Nutzerseite berücksich-
tigt. Zum anderen erlaubt unsere Vorgehensweise einen direkten Vergleich der
Strukturen neuer Formen von Online-Diskursen mit herkömmlichen massenme-
dialen Diskursen. Hierbei lehnen wir uns an den Ansatz an, der im Rahmen des
Europub-Projekts entwickelt wurde (vgl. Abschnitt 1.2). Ausgehend von der Un-
terscheidung zwischen vertikaler hierarchischer Selektion durch Suchmaschinen
und horizontaler Netzwerkselektion durch Hyperlinks ist unser Vorgehen auf der
methodischen Ebene dreistufig angelegt. Hinsichtlich der Datengrundlage und
der Operationalisierung gliedert es sich in folgende, klar abgrenzbare Analyse-
vorhaben (vgl. die graphische Darstellung in Abbildung 3):

1. Inhaltsanalyse von Texten, die durch Suchmaschinen gefunden wurden, und


der Berichterstattung in herkömmlichen Massenmedien,
2. Analyse der Hyperlinkverbindungen zwischen unterschiedlichen Webseiten,
3. Webseitenanalyse der Online-Angebote ausgewählter Akteure.

Im Vergleich zu den meisten bisherigen Studien in diesem Forschungsfeld er-


laubt diese Konzeption neue Kommunikationsräume im Internet einzugrenzen,
sichtbar zu machen und zu untersuchen. Wie in Abschnitt 1.2 dargestellt wurde,
entstehen öffentlichkeitsrelevante Kommunikationsräume im Internet durch das
Zusammenwirken unterschiedlicher Ebenen: die der Internetnutzer, der Anbieter
von Online-Informationen und der Hyperlinkverbindungen zwischen Webseiten.
Interessierte Internetnutzer werden nicht nur die Webseiten besuchen, die hohe
Positionen in den Ergebnislisten von Suchmaschinen einnehmen (Inhaltsanaly-
se). Sie werden vermutlich auch Hyperlinkverweisen folgen, die auf diesen Web-
seiten angeboten werden und so auf neue Webseiten gelangen (Hyperlinkanaly-
se). Schließlich werden nicht nur die von den Suchmaschinen ausgewiesenen
Teile von Webseiten oder anderweitig verlinkte Seiten wahrgenommen, sondern
auch die umliegenden Teile der jeweiligen Webseite (Webseitenanalyse).
Die erste Stufe der Untersuchung bildet eine inhaltsanalytische Auswertung
von Texten im Internet. Um diese Texte zu finden, wird das Verhalten eines
durchschnittlichen Internetnutzers simuliert, der Informationen zum Thema Gen-
food sucht. Wenn ein Nutzer in diesem Fall nicht nur an Informationen eines
66 3 Empirische Untersuchungen

bestimmten Akteurs zu diesem Thema oder dessen Meinung dazu interessiert ist,
sondern – ähnlich wie bei der Nutzung herkömmlicher Massenmedien – einen
breiteren Blick auf das Thema bekommen möchte, so wird er wahrscheinlich
eine Suchmaschine verwenden, um sich im Informationsdschungel des Internet
zurecht zu finden.58 Um dieses Verhalten abzubilden, haben wir mit der in
Deutschland am meisten genutzten Suchmaschine unter Verwendung der am
häufigsten verwendeten Suchwortkombinationen zum Thema Genfood eine
Suche nach Informationen bzw. Texten zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten
durchgeführt. Im Untersuchungsjahr 2004 war Google die am häufigsten genutz-
te Suchmaschine in Deutschland.59 Laut Schätzungen der Bertelsmann-Stiftung
hält Google als Suchmaschine einen Marktanteil von 70 Prozent (Neuberger
2005). Nielsen-Netrating zufolge wurde Google von 55 Prozent der aktiven In-
ternetnutzer im März 2004 verwendet und stand damit unter den Suchmaschinen
mit Abstand an erster Stelle.
Im Zeitraum von der ersten und bis zur zweiten Stichprobenziehung wurden
parallel zur Textsuche mit Google alle Artikel, die in ausgewählten deutschen
Printmedien zum Thema Genfood veröffentlicht wurden, selektiert. Unabhängig
davon, ob sie online oder offline gefunden wurden, wurden diese Texte – bis auf
einige medienspezifische Unterschiede – inhaltsanalytisch auf die gleiche Art
und Weise ausgewertet. Dadurch wurde unter Berücksichtigung der unterschied-
lichen Medienarten ein höchstmöglicher Grad an Vergleichbarkeit geschaffen.
Im Zentrum der Untersuchung steht hierbei die Überprüfung der Hypothese 1,
nach der sich Diskurse im Internet im Vergleich zu Zeitungsdiskursen durch eine
größere Bandbreite von Sprechern bzw. Akteuren auszeichnen und insbesondere
in stärkerem Maße zivilgesellschaftliche Akteure der „politischen Peripherie“
begünstigen. Weiter soll untersucht werden, ob sich auch Aussagen der Hypo-
these 2 auf dieser Ebene bestätigen lassen, die besagt, dass Diskurse im Internet
in ihrer Gesamtheit zwar ein breiteres argumentatives Spektrum aufweisen, auf-
grund weitgehend fehlender journalistischer Kriterien und Kontrollen jedoch
stärker parteilich sind und weniger die Argumente der jeweiligen Gegenseite prä-
sentieren. Entsprechend enthalten sie auch mehr auf Mobilisierung ausgerichtete
Elemente (z.B. Protestaufrufe).

58
Wenn jemand nur an den Informationen eines bestimmten Akteurs interessiert ist, wird er die Web-
seite dieses Akteurs direkt aufsuchen. Wäre dies (durch Eingabe der URL der gesuchten Webseite)
jedoch der einzige Weg, Informationen im Internet zu finden, so wäre von vorneherein von einer blo-
ßen Replikation der herkömmlichen Aufmerksamkeitsstrukturen in Bezug auf unterschiedliche politi-
sche Akteure auszugehen. In diesem Fall könnten nur Informationen von Akteuren online abgerufen
werden, die auch unabhängig von ihrer Online-Präsenz bekannt wären. Die Bekanntheit politischer
Akteure wird in modernen Gesellschaften jedoch maßgeblich durch ihre Präsenz in den herkömmli-
chen Massenmedien beeinflusst.
59
Das Wort „googeln“ gelangte sogar in die 23. Auflage des Dudens.
3.2 Methodische Konzeption der Studie 67

Auf der zweiten Stufe des Vorgehens wird die Verlinkungsstruktur zwi-
schen den Webseiten von Akteuren untersucht, deren Angeboten durch Google
ein prominenter Platz zugewiesen wird. Nachdem also auf der ersten Stufe ge-
klärt wurde, welcher Informations- und Kommunikationsraum sich den Nutzern
durch die Verwendung von Google eröffnet, wird nun gefragt, in welcher Form
die Informationsanbieter selbst Aufmerksamkeit im Internet strukturieren, indem
sie Hyperlinks zu anderen Akteuren anbieten. Neben Suchmaschinen sind die
Hyperlinks, die von Webseiten auf andere Webseiten verweisen, eine der wich-
tigsten Orientierungshilfen von Internetnutzern. Durch die Platzierung von Hy-
perlinks treten Anbieter im Internet, ähnlich wie Journalisten in herkömmlichen
Medien, als gatekeeper auf, die entscheiden, wem in ihren Augen öffentliche
Aufmerksamkeit gebührt und wem nicht. Forschungsleitend auf dieser Ebene ist
in erster Linie die Überprüfung der Hypothese 3, die u.a. besagt, dass das Inter-
net eine stärker verzweigte und dezentrale Kommunikationsstruktur aufweist.
Ähnlich wie bei der Hypothese 1 wird auch hier nach der Bedeutung bzw. Sicht-
barkeit zivilgesellschaftlicher Akteure der politischen Peripherie in den kommu-
nikativen Räumen gefragt, die sich durch die Verlinkung verschiedener Websei-
ten ergeben. Außerdem wird sowohl bei der Untersuchung der Hyperlinkstruktur
zwischen den Webseiten als auch der Textanalyse die Hypothese 4 zu überprüfen
sein, nach der Diskurse im Internet einen höheren Grad an grenzüberschreitender
Information und Kommunikation aufweisen.
Auf der dritten Stufe der Untersuchung werden die Webseiten der Akteure
analysiert, die in der Suchmaschinenanalyse und/oder der Hyperlinkanalyse als
besonders relevant im Online-Diskurs zum Thema Genfood identifiziert wurden.
Die Fragestellung dieses Teils richtet sich vor allem auf mögliche Veränderun-
gen der Handlungsmöglichkeiten und -notwendigkeiten politischer Organisatio-
nen und soziokultureller Gruppen aufgrund strukturell neuer Bedingungen medi-
aler Öffentlichkeit. Von Interesse sind Auswirkungen auf die Gestaltungs- und
Interaktionsmöglichkeiten von Individuen und Gruppen wie auch auf die gene-
relle Qualität des politischen Diskurses (Hypothese 2 und 3). Um diesen Fragen
anhand des ausgewählten politischen Diskurses nachzugehen, wurde ein eigenes
inhaltsanalytisches Instrumentarium entwickelt, das die systematische Untersu-
chung verschiedener Aspekte ermöglicht, wie beispielsweise Art und Aktualität
der angebotenen Informationen, das Angebot internetspezifischer kommunikati-
ver und interaktiver Tools, vorherrschende Kommunikationsstrategien, Zielpub-
likum sowie inhaltliche und argumentative Positionierung.
68 3 Empirische Untersuchungen

Abbildung 3: Das dreistufige Untersuchungsdesign

Textselektion Textselektion in
durch Google Printmedien

TEXTANALYSE
Internet- Vergleich
Zeitungs-
texte artikel
(N = 119) (N = 148)

Die wichtigsten
Anbieter (N = 16) HYPERLINK-
ANALYSE
(N = 16)

Die am häufigsten verlinkten Akteure (N = 14)


Die wichtigsten Anbie-
ter (N = 11)

WEBSEITEN-
ANALYSE
(N = 27)

Wir reagierten mit unserer mehrdimensionalen, nutzerzentrierten Analyse eines


Themenbereichs auch auf die neuen methodischen Herausforderungen (vgl.
Rössler/Wirth 2001), die sich durch das relativ junge Untersuchungsfeld Internet
ergeben haben. Indem wir drei Analyseverfahren (Text-, Hyperlink- und Websei-
tenanalyse) auf Grundlage einer auf Google basierenden Stichprobe miteinander
verbanden, trugen wir der hohen Komplexität des Internet mit seinen vielfältigen
Anwendungsformen Rechnung. Die Flüchtigkeit und der ständige Wandel dieser
3.3 Kategorienbildung 69

vielfältigen Angebote (so genannte Transitorik60) veranlassten uns dazu, die


Zeitpunkte der Erhebungen sehr genau einzugrenzen und möglichst zeitnah zur
Stichprobenziehung Hyperlinks und Webseiten zu analysieren. Bei der Textana-
lyse wurde daher auch mit Offline-Kopien der zum jeweiligen Zeitpunkt aufge-
fundenen Texte gearbeitet. Eine weitere Herausforderung stellt die klare Abgren-
zung der Untersuchungseinheiten dar. Daher werden diese in den folgenden
methodischen Abschnitten genau beschrieben (vgl. Abschnitt 3.4.1, 3.5.1 und
3.6.1). Im Vergleich zur Analyse herkömmlicher Medien fehlen für die Analyse
des Internet verlässliche und umfassende Reichweitenkriterien, also Angaben
darüber, wie viele Nutzer tatsächlich von einem einzelnen Angebot erreicht wer-
den.61 Mit dem Begriff der Reaktivität von Internetangeboten verweisen Rössler
und Wirth (2001) zudem darauf, dass durch neuere technische Möglichkeiten die
Zahl der Angebote steigt, die erst in Reaktion auf eine Nutzeranfrage erzeugt
werden. Wir trugen dieser Problematik Rechnung, indem wir mit Bezug auf
repräsentative Nutzerbefragungen und häufig verwendete Suchwortkombinatio-
nen plausible Annahmen für die Auswahl von Texten und Anbietern aufgestellt
haben.

3.3 Kategorienbildung
3.3 Kategorienbildung
In der Darstellung des Untersuchungsdesigns wurde die Auswahl der systema-
tisch zueinander in Bezug stehenden Untersuchungsmaterialen erläutert. Nun
ergibt sich die Aufgabe der Operationalisierung der Hypothesen. In der Inhalts-
analyse wird dieser Prozess Kategorienbildung (vgl. Früh 1991; Mayring 1988)
oder auch Konstruktion des Erhebungsinstruments bzw. der Variablen (Merten
1995) genannt. Es geht dabei um die Festlegung des verwendeten Sets von Kate-
gorien und Variablen (im Folgenden lediglich Kategorienbildung bzw. Katego-
rien). Dabei wird zwischen empiriegeleiteter und theoriegeleiteter Kategorienbil-
dung unterschieden (Früh 1991: 132ff). Werden bei der ersteren die später ver-
wendeten Kategorien aus einem Teil des zu untersuchenden Materials abgeleitet,
so werden bei der letzteren vorgefasste theoretische Konzepte in Untersuchungs-
kategorien überführt. Anstelle rein empiriegeleiteter bzw. theoriegeleiteter Kate-

60
So wird geschätzt, dass ein Viertel aller Webseiten innerhalb eines Jahres verschwindet (Köhler
1999; zitiert nach Rössler/Wirth 2001: 281).
61
Bislang wurden hier vor allem die Analyse von log-files auf Seiten der Webseitenbetreiber oder
sozialpsychologische Experimente, bei denen das Nutzerverhalten ausgewählter Versuchspersonen
per Video mitgeschnitten wird, als Lösungswege vorgeschlagen. Beide Optionen stellen jedoch über-
aus aufwändige Verfahren dar und sind methodisch nicht unproblematisch (vgl. Rössler/Wirth 2001).
70 3 Empirische Untersuchungen

gorienbildungen62 wird mittlerweile eine Kombination aus beiden Ansätzen


empfohlen (Früh 2001; 1981). Wir folgten dieser methodischen Position bei der
Konzeption der Kategorien. Zunächst konstruierten wir auf Grundlage der Hypo-
thesen und des in Kapitel 1 dargelegten Forschungsstandes Variablen und Kate-
gorien, die teilweise aus früheren Studien entnommen wurden (Ferree et al.
2002; Koopmans/Zimmermann 2003). Anschließend wurden Erkenntnisse aus
Zeitungsartikeln, Internet-Texten und auch aus der wissenschaftlichen Literatur
zum Thema Genfood herangezogen (siehe Kapitel 2), um anhand des so gewon-
nenen Basiswissens die zunächst rein theoriegeleiteten Kategorien zu modifizie-
ren, zu erweitern bzw. zu kürzen. Maßgeblich waren dabei die üblichen Gütekri-
terien für Kategorien (vgl. Früh 1991: 76ff): Der für die Fragestellung relevante
Inhalt sollte möglichst erschöpfend erfasst werden. Jede einzelne Kategorie sollte
sich trennscharf von anderen abgrenzen lassen und in sich möglichst exklusiv
sein, d.h. nicht Dazugehöriges ausschließen.
Die daraus resultierenden Kategorien werden in den folgenden Abschnitten
noch detailliert vorgestellt (siehe auch Anhang B). Hier stehen vor allem jene
Kategorien im Mittelpunkt, die besonders entscheidend für die Untersuchung der
Hypothesen sind. An ihnen soll der theoretische und empirische Gehalt der Ka-
tegorien verdeutlicht werden. Hierdurch wird nicht nur der Prozess der Katego-
rienbildung transparent gemacht. Auch kann so besser nachvollzogen werden,
welche inhaltlichen Schlüsse bei der Auswertung der analytischen Kategorien
möglich sind. Zudem ist die Offenlegung der Kategorienbildung für die Methode
der Inhaltsanalyse von Wert. In diesem Feld fehlen standardisierte Kategorien
weitgehend, sodass eine allgemeine Theoriebildung aufgrund der Unterschied-
lichkeit vieler inhaltsanalytischer Studien erschwert wird (vgl. Hüning 2001).
Die Offenlegung der theoretischen und empirischen Bezüge der verwendeten
Kategorien kann dieses Problem zwar nicht beheben. Allerdings wird sichtbar,
welche Kategorien aus früheren Studien übernommen wurden, wie mit Proble-
men bei der Kategorienbildung umgegangen wurde und wo zumindest tentative
Vergleichsmöglichkeiten mit bisherigen Untersuchungsergebnissen bestehen.
Meist bestehen solche Vergleichsmöglichkeiten am ehesten bei der Frage
nach den in den Medien auftretenden Akteuren. Aufgrund zahlreicher Studien ist
deutlich geworden, dass in den herkömmlichen Massenmedien tendenziell die
nicht-profitorientierte, ressourcenschwache Zivilgesellschaft – im Vergleich zu
62
So wird zum Beispiel kritisiert, dass rein empiriegeleitete Kategorienbildungen trotz möglichst un-
voreingenommener Lektüre des Untersuchungsmaterials stets mit unbewussten theoretischen Voran-
nahmen arbeiten. Die „Theoriebeladenheit“ von Kategorienbildung lässt sich also nicht vermeiden,
sondern nur transparent machen. Rein theoriegeleitete Kategorienbildungen laufen hingegen Gefahr
nach Merkmalen zu suchen, die im Untersuchungsmaterial nicht vorhanden sind. Auch wird häufig
inhaltlich Wichtiges, das nicht in den vorgefassten Kategorien enthalten ist, übersehen. So kann es zu
verzerrten Ergebnissen kommen (vgl. Bilandzic et al. 2001).
3.3 Kategorienbildung 71

staatlichen, parteipolitischen oder wirtschaftlichen Akteuren – eine zahlenmäßig


untergeordnete Rolle spielt. Da dieser Befund unsere erste Hypothese, die eine
größere Bandbreite von Sprechern bzw. Akteuren im Internet vermutet, berührt,
verwendeten wir an frühere Studien angelehnte Akteurskategorien (vgl. Koop-
mans/Zimmermann 2003). Unserem Untersuchungsdesign zufolge treten aller-
dings verschiedene Arten von Akteuren in die Öffentlichkeit. In der Textanalyse
werden nicht nur Webseitenbetreiber und Zeitungen als Anbieter der untersuch-
ten Veröffentlichungen untersucht. Hinzu kommen auch die in den Texten be-
handelten Akteure. In der Hyperlink- und Webseitenanalyse dagegen werden nur
die Webseitenbetreiber analysiert. Die unterschiedlichen Arten von Akteuren
wurden daher leicht unterschiedlich dargestellt, wobei jedoch dasselbe 36 Kate-
gorien umfassende Schema zugrunde liegt. In vielen der folgenden Auswertun-
gen werden vier grobe Akteursklassen gebildet: Staat und Parteien, sozioökono-
mische Interessengruppen, nicht profitorientierte Akteure der Zivilgesellschaft
und Medien. Aufgrund unseres empirischen Basiswissens waren keine Änderun-
gen an diesem Schema notwendig. Typische Akteure wie Umweltverbände (Zi-
vilgesellschaft) und profitorientierte Saatgutfirmen (sozioökonomische Interes-
sengruppen) werden ebenso erfasst wie die seltener sichtbaren Bauern, Lebens-
mittelhändler (beide Wirtschaft) und Kontroll-Behörden (Staat und Parteien). An
manchen Stellen werden statt dieser groben Akteursklassen jedoch feinere Un-
terscheidungen vorgenommen. Dies war zum Beispiel geboten, um ein differen-
zierteres Bild der Medienanbieter im Internet zu zeichnen. Diese setzten sich teil-
weise aus politisch stark einseitig gerichteten, themenspezifischen Online-Porta-
len oder Online-Ausgaben herkömmlicher Medien zusammen. Bei den folgenden
Auswertungen sollte also beachtet werden, dass Medien im Internet keine beson-
ders exklusive Kategorie darstellen. Im Vergleich zu herkömmlichen Medien
weisen Internetmedien ein sehr heterogenes Verständnis journalistischer Arbeits-
weise auf.
Neben einem breiten Akteursspektrum soll der zweiten Hypothese entspre-
chend auch nach Meinungsvielfalt gefragt werden. Gerade hierzu ist eine hohe
Anzahl von inhaltsanalytischen Kategorien und Untersuchungskonzepten vorzu-
finden, die von breiten Diskursstrukturen im Sinne Foucaults (vgl. Jäger/Jäger
2000) bis hin zu kleinteiligen Konzepten, z.B. Idee-Elementen, reichen (Ferree et
al. 2002). In unserer Studie wird der Untersuchungskomplex „Meinung“ in Posi-
tionen, Unterthemen und Frames unterteilt.
Die Analyse von Positionen ist von besonderem Interesse, da die Frage nach
dem Für oder Wider die Kontroversen zu Genfood entscheidend strukturiert
(siehe Kapitel 2). Aufgrund unseres Basiswissens wurde allerdings deutlich, dass
neben Pro- und Contra-Positionen auch neutral gehaltene und im Unterschied da-
zu ambivalente Positionen zu berücksichtigen sind. So wird gerade bei der wis-
72 3 Empirische Untersuchungen

senschaftlichen Risikoabschätzung von vielen Experten betont, keine Bewertun-


gen der Ergebnisse im Sinne eines Für oder Wider zu Genfood vornehmen zu
wollen. Auch wägen viele Journalisten und Internet-Autoren sowohl Pro- als
auch Contra-Positionen gegeneinander ab und kommen so zu einem ambivalen-
ten Urteil.
Die Analyse von Positionen bestimmter Akteure allein reicht jedoch nicht
aus, um das Meinungsspektrum zum Thema Genfood zu erfassen. Wie bereits
deutlich wurde, geht nicht jede Befürwortung hinsichtlich eines Aspekts mit
einer allgemeinen Zustimmung zu Genfood einher. Auch gibt es entschiedene
Gegner, die nichtsdestotrotz einzelne positive Aspekte von Genfood sehen. Da-
her wurde das Thema Genfood auf Grundlage der im zweiten Kapitel dargestell-
ten Kontroversen in verschiedene Unterthemen aufgeschlüsselt: Staatliche Regu-
lierung (Abschnitt 2.7), Forschung (2.3 und 2.4), Produktion/Handel (2.6), Ver-
braucherschutz (2.6), Wirtschaft (2.5 und 2.6) und Gesundheit/Ökologie/Soziales
(2.3., 2.4 und 2.5). Diese Unterthemen beruhen nicht auf begriffslogisch klar
voneinander abgegrenzten Konzepten. So mag zum Beispiel eine Regulierungs-
frage vor allem die Forschung betreffen. Allerdings wurden bei der Erhebung die
im Hintergrund stehenden gesellschaftspolitischen Kontroversen als Bezugs-
punkt gedacht. So war entscheidend, ob eine Thematisierung als Teil der Kontro-
verse um Regulierungs- oder um Forschungsfragen dargestellt wurde. Diese
Orientierung auf zugrunde liegende gesellschaftspolitische Kontroversen wurde
auch in Hinblick auf unsere Hypothesen gewählt. So kann zum Beispiel erörtert
werden, ob im Internet Unterthemen, die traditionell stärker von ressourcen-
schwächeren zivilgesellschaftlichen Akteuren (z.B. Verbraucherschutz, Gesund-
heit, Ökologie, Soziales) behandelt werden, verstärkt zur Geltung kommen.
Aufgrund unseres Basiswissens zum Thema Genfood wurde allerdings
deutlich, dass auch die Kategorien für Unterthemen und Positionen nicht hin-
reichten, um das Meinungsspektrum adäquat zu erfassen. Viele Journalisten und
Autoren enthielten sich einer Positionierung in ihren Texten, um eine unparteili-
che Behandlung des Themas zu wahren, gaben jedoch deutlich zu erkennen, dass
Genfood aus einer spezifischen Sicht, zum Beispiel unter dem Aspekt „Zukunfts-
fähigkeit“, zu betrachten ist. Auch würden ohne eine feinere Aufschlüsselung
sehr unterschiedlichen Problemdefinitionen von Akteuren vernachlässigt, die
eine ähnliche Haltung zu Genfood einnehmen. Beispielsweise könnten ein Um-
weltverband und eine Verbraucherschutzorganisation eine verschärfte Regelung
der Kennzeichnungspflicht für Genfood fordern. Allerdings könnte der Umwelt-
verband Genfood als ähnlich risikoreich wie die Atomenergie einstufen, während
die Verbraucherschutzorganisation Genfood unter dem Gesichtspunkt der „Er-
nährungssouveränität“ problematisiert. Um auch diese inhaltlichen Rahmungen
erfassen zu können, haben wir eine so genannte Frame-Analyse in die Katego-
3.3 Kategorienbildung 73

rienbildung einbezogen. Die Analyse von Frames geht auf die sozialkonstrukti-
vistischen Arbeiten von Goffman (1974) zurück, der die grundlegende Tatsache
betonte, dass jede zwischenmenschliche Interaktion in bereits vorhandene Sinn-
strukturen eingebettet ist. Inhaltsanalytische Verfahren nahmen diesen Ansatz
auf und konzentrieren sich meist auf die inhaltliche Rahmung eines zuvor be-
stimmten Themas. Bisherige Arbeiten in diesem Bereich (z.B. Gamson/Modig-
liani 1989) argumentieren, dass nicht allein die Position zu einem Thema, son-
dern vielmehr der inhaltliche Rahmen, in den es gestellt wird, Einfluss darauf
nimmt, wie es bewertet wird.63 In der Inhaltsanalyse wird dieser Zusammenhang
von Rahmung und Bewertung eines Themas anhand der Darstellungsweise des
Textes herausgearbeitet. Dafür galt es, verschiedene Frame-Kategorien auf
Grundlage unseres Basiswissens und bisheriger Frame-Analysen zu konzipieren.
Da wir in unserer Textanalyse einen Vergleich verschiedener Mediengat-
tungen vornahmen, entschieden wir uns für eine Kategorienbildung, die drei
Anforderungen stellte. Um einen Vergleich sehr unterschiedlicher Texte hand-
habbar zu machen, wurde erstens darauf geachtet, nur solche Frames zu erheben,
die sich auf einen einzelnen Begriff bringen lassen. Zwar hat jeder Text vielfälti-
ge inhaltliche Rahmungen. Für einen Vergleich zwischen Rahmungen in unter-
schiedlichen Texten ist es jedoch nötig, sich auf solche Bezüge zu konzentrieren,
die sich auf ein tertium comparationis, d.h. auf einen in allgemeinen Begrifflich-
keiten fassbaren Vergleichsmaßstab beziehen lassen. Zweitens wurde darauf ge-
achtet, dass sich die Frames deutlich untereinander und von anderen Kategorien
abgrenzen lassen. Schließlich wurden drittens nur solche Frames ausgewählt, die
ein Unterthema derart darstellen, dass eine positive, negative oder ambivalente
Positionierung nahe liegt. Die hier analysierten Frames stellen also keine er-
schöpfende Kategorisierung der in Diskursen zu Genfood verwendeten Rahmun-
gen dar. So könnte auch nach dem Ausmaß der Risikofreudigkeit oder der Zu-
schreibung von Verantwortung bzw. Verursachung (vgl. Iyengar 1991) gefragt
werden. Allerdings waren für einen handhabbaren Vergleich Beschränkungen
notwendig. Dabei erwies sich bei unseren inhaltlichen Vorarbeiten die Frage
nach dem Für und Wider von Genfood als besonders entscheidend.
Im Ergebnis wurden sieben Frames identifiziert. Als positive Frames stehen
„Fortschritt“, „Markt“ und „Bekämpfung von Armut, Hunger und Krankheit
(Humanität)“. Ein Beispiel ist Genfood. Genfood sei zukunftsträchtig („Fort-
schritt“), schüfe Arbeitsplätze („Markt“) und der Goldene Reis lindere den Er-
nährungsmangel in der Dritten Welt („Humanität“). Negative Frames sind „Aus-
beutung“, „Risiko“ und „Eingriff in die Schöpfung/Anmaßung“. So wird der

63
Sozialpsychologische Arbeiten belegten beispielsweise in Experimenten, dass unterschiedliche
Rahmungen funktional identischer Entscheidungsoptionen zu erheblichen Unterschieden im Ent-
scheidungsverhalten von Probanden führen können (Kahnemann/Tversky 1982).
74 3 Empirische Untersuchungen

Verweis auf den Fall Percy Schmeiser (vgl. Abschnitt 2.5) sehr häufig von den
Gegnern genutzt, um auf die Problematik ökonomischer Ausbeutung hinzuwei-
sen. Während das Frame „Risiko“ selbsterklärend ist, wurde „Eingriff in die
Schöpfung/Anmaßung“ einbezogen, um zum Beispiel Verweise auf die Wider-
natürlichkeit von Genfood zu erfassen. Mit dem Frame „Pakt mit dem Teufel“
wurde schließlich berücksichtigt, dass viele Argumentationen auf eine Abwä-
gung von Chancen und Gefahren abzielen. So lautet ein beliebtes Argument,
dass zwar durchaus Risiken von Genfood bestünden, diesen allerdings auch
erhebliche Vorteile gegenüber stünden.
Unserem Untersuchungsdesign zufolge treten also Akteure öffentlich in Er-
scheinung und geben ihre Position zu Aspekten von Genfood innerhalb eines
diskursiven Rahmens wieder. Entsprechend der zweiten und dritten Hypothese
wurde vermutet, dass diese Akteure im Internet auch bestimmte Handlungsmus-
ter aufweisen. Zum einen wurde deshalb nach der Rolle von Protestmobilisie-
rung, zum anderen nach besonders interaktiven, verzweigten und dezentralen
Mustern gefragt. In der Textanalyse schlugen sich diese Vorhaben in der Bildung
von Handlungskategorien für die in den Texten genannten Sprecher und Han-
delnden nieder. Dafür konnte auf die sehr breit angelegten Handlungskategorien
des Europub-Projektes (Koopmans/Zimmermann 2003) zurückgegriffen werden,
die unter anderem auch unterschiedliche Protestformen enthielten. Auf den As-
pekt der Protestmobilisierung wurde zusätzlich reagiert, indem bei der Einord-
nung der Textarten im Internet auch nach dem Texttyp „Protestaufruf“ gefragt
wurde. In unserer Hyperlinkanalyse dienen, wie in bisherigen Arbeiten üblich,
die Verknüpfungen zwischen verschiedenen Webseiten als Hinweise für die
Verzweigtheit und Dezentralität im Internet. Auch bei der Webseitenanalyse
haben wir uns bei der Kategorienbildung vor allem von unseren theoretisch for-
mulierten Vermutungen leiten lassen. Es wurde nach interaktiven Modulen ge-
forscht, bei denen Nutzer mit dem Anbieter und/oder anderen Nutzern in Kon-
takt treten können. Zudem wurde untersucht, ob die Webseite der Protestmobili-
sierung diente.
Neben besonderen Interaktionsmustern und breiten Meinungs- und Akteurs-
spektren werden häufig auch vermehrte grenzüberschreitende Bezüge im Internet
vermutet. Es liegt nahe, hier eine einfache Kategorisierung von internationalen,
in- und ausländischen geographischen Bezügen vorzunehmen. Da bei Kontrover-
sen um Genfood häufig die EU oder internationale Saatgutfirmen thematisiert
werden, wurden jedoch weitere geographische Kategorien gebildet. Neben auf
Deutschland beschränkten Akteuren und Thematisierungen wurden EU-Institu-
tionen und andere zwischenstaatliche Organisationen als gesonderte Kategorien
behandelt. Zusammenfassend wird im Folgenden auch von supranationaler Ebe-
ne gesprochen. Transnationale Bezüge ergaben sich dort, wo sich nicht-staatliche
3.3 Kategorienbildung 75

Akteure über zwei oder mehr Länder erstreckten. Dabei wurden supranationale
und transnationale Nennungen häufig für Auswertungen zusammengefasst und
als internationale Bezüge bezeichnet.64 Schließlich wird von ausländischen Ak-
teuren und Thematisierungen gesprochen, wenn diese auf einzelne Länder au-
ßerhalb Deutschlands bezogen waren.
Aufgrund unseres Basiswissens wurde allerdings deutlich, dass eine trenn-
scharfe Zuordnung eines geographischen Bezugs häufig problematisch sein wür-
de. So weisen beispielsweise Greenpeace-Aktivisten aus Deutschland, die in
Polen gegen Genfood protestieren, mehrere geographische Bezüge auf. Sie arbei-
ten zwar hauptsächlich in Deutschland, verstehen sich aber als Teil einer transna-
tionalen Organisation und treten in diesem Fall durch ihre Protestteilnahme im
Ausland in Erscheinung. Um hier eine trennscharfe Zuordnung zu ermöglichen,
wurde vorrangig der Standort und der allgemeine Aktionsradius der Akteure und
ihrer Mitarbeiter bzw. Mitglieder zugrunde gelegt. Im hier genannten Beispiel
wurden also die Greenpeace-Aktivisten dem Inland zugeordnet.
Mit der Erläuterung der geographischen Zuordnungen ist die Darstellung
der verwendeten Kategorien vorerst abgeschlossen. Anhand einiger Beispiele
soll an dieser Stelle lediglich deutlich werden, unter welchen methodischen Ge-
sichtspunkten die Kategorienbildung insgesamt erfolgte. Die einzelnen Katego-
rienschemata für Text-, Hyperlink- und Webseitenanalyse unterscheiden sich im
Detail, da sie für verschiedene Untersuchungsmaterialen konzipiert wurden.
Merkmale größerer Teile von Webseiten bedürfen beispielsweise anderer Kate-
gorien als einzelne Textinhalte. Auf diese Besonderheiten wird jeweils in den
entsprechenden Abschnitten näher eingegangen.
Die beschriebene Vorgehensweise stellt erstens eine enorme Reduktion und
zweitens – im ursprünglichen Wortsinne von Analyse – eine Zerlegung zusam-
menhängender Sinnstrukturen dar. Dies sind typische Merkmale quantifizieren-
der Inhaltsanalysen, die in der Literatur kontrovers diskutiert wurden (vgl. Glä-
ser/Laudel 1999; Kracauer 1952). Zum ersten Problem ist zu betonen, dass eine
vollständige Beschreibung der untersuchten Texte, Akteure und Handlungen
nicht Ziel der Untersuchung war. Vielmehr wurde eine Beschränkung auf das
Wesentliche, nämlich auf empirische Informationen zu den Hypothesen, vorge-
nommen. Bei den folgenden Auswertungen sollte also beachtet werden, dass

64
Die von uns vorgenommene Unterteilung internationaler Themen und Akteure in transnationale
und supranationale Bezüge ist bewusst gewählt worden, widerspricht jedoch anderen begrifflichen
Konventionen. So sprechen wir der klaren Abgrenzung wegen bei zwischenstaatlichen Organisatio-
nen von supranationalen statt wie üblich internationalen Akteuren. Damit soll den hier untersuchten
zwischenstaatlichen Organisationen nicht notwendigerweise eine subordinierende Funktion zuge-
sprochen werden. Außerdem wird in der Literatur von Transnationalität gesprochen, wenn es um die
Überschreitung nationalstaatlicher Grenzen geht. In dieser Studie definieren wir hingegen nur grenz-
übergreifend basierte nicht-staatliche Akteure als transnational.
76 3 Empirische Untersuchungen

jeweils nur ein kleiner Teil des Untersuchungsmaterials sichtbar wird. Wir rea-
gierten auf das zweite Problem, indem wir die einzelnen statistischen Befunde
aufeinander bezogen und anhand allgemeiner Eindrücke vom Untersuchungsma-
terial interpretierten. Bei der Erörterung der Hypothesen wurde also nicht nur
darauf geachtet, wie häufig beispielsweise zivilgesellschaftliche Akteure im
Internet auftreten. Darüber hinaus galt es, nach Verknüpfungen von Akteuren,
Meinungen und geographischen Bezügen zu forschen, die zur Bearbeitung der
Hypothesen beitragen. So kann z.B. auch erfasst werden, ob Genfood-Gegner
aus Umweltverbänden und entwicklungspolitischen Gruppen Proteste organisie-
ren, um schwach organisierte gesellschaftliche Gruppen in den Ländern des
Südens zu unterstützen.

3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten


3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten
Die Analyse von Internet-Texten, die durch Suchmaschinen gefunden wurden,
sowie von Zeitungsartikeln bildet den Kern der vorliegenden Untersuchung. Sie
ermöglicht zum einen den direkten Vergleich zwischen herkömmlichen mas-
senmedialen Diskursen und Online-Diskursen. Die Webseiten, die durch die
Suchmaschinenerhebung gefunden wurden, dienen zum anderen als Basis für die
Untersuchung der Hyperlinkstruktur und der Webseitenanalyse. Bevor die Er-
gebnisse der Textanalyse vorgestellt werden, wird zunächst das Untersuchungs-
design, das der Inhaltsanalyse der unterschiedlichen Medientexte zugrunde liegt,
erläutert.

3.4.1 Untersuchungsdesign

Online-Diskurse werden in diesem Vorhaben – vergleichbar mit herkömmlichen


massenmedialen Diskursen – als ein kommunikativer Raum konzipiert, in dem
Informationen und Meinungen unterschiedlicher politischer Akteure öffentlich
zugänglich sind. Zum Vergleich ziehen wir den massenmedialen Diskurs in Zei-
tungen heran.65 Die allgemeine Bedingung eines öffentlichen Zugangs zu Texten
ist bei weit verbreiteten Tageszeitungen ohnehin gegeben. Komplizierter stellt

65
Aus forschungs- und zeitökonomischen Gründen erscheint es sinnvoll, sich bei der Offline-Kom-
munikation auf das klassische Medium Zeitungen zu beschränken. Die Einbeziehung des Fernsehens
als eines audiovisuellen Mediums wäre nicht nur methodisch anspruchsvoller und zeitaufwändiger,
sondern würde auch den Vergleich mit Texten als dem primären, wenngleich nicht exklusiven Mate-
rial im Internet erschweren. Die Einbeziehung des Rundfunks wiederum würde aufgrund der sehr
unvollständigen Dokumentation von Rundfunksendungen erhebliche Probleme aufwerfen.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 77

sich dieses Kriterium im Falle des Internet dar. Theoretisch stehen allen Nutzern
im Internet alle nicht durch Zugangssperren geschützten Informationen zur Ver-
fügung. Im Unterschied zum durchschnittlichen Leser einer Tageszeitung, der
sich schnell einen Überblick zu berichteten und ihn speziell interessierenden
Themen verschaffen kann, wird der Nutzer des Internet nur einen Bruchteil des
tatsächlichen Angebots aufrufen können.66 Hierbei wird er zumeist innerhalb des
gesuchten Themenfeldes den Relevanzkriterien von Suchmaschinen folgen. Dem
entsprechen wir mit einer Suchstrategie, die dieses Verhalten imitiert: Mit Blick
auf das Internet wurden daher diejenigen Texte ausgewählt, die in der Suchma-
schine Google unter Verwendung der am häufigsten eingegebenen Suchwort-
kombinationen zum Thema Genfood auf vordersten Rängen der Ergebnislisten
erscheinen.
Die Identifikation der Suchwortkombinationen für einschlägige Texte zum
Thema Genfood erfolgte in einem relativ komplexen, mehrstufigen Verfahren,
dessen Einzelheiten im Anhang A näher beschrieben sind. Dabei wurde darauf
geachtet, möglichst alle synonymen und relevanten Suchwortkombinationen zu
berücksichtigen, um methodische Verzerrungen zu vermeiden (vgl. Hagen
2001). Wir haben uns bei diesen Schritten außerdem von dem üblichen Nutzer-
verhalten leiten lassen und es unter Einbeziehung der in Deutschland am häufigs-
ten verbreiteten Suchmaschine Google operativ simuliert. Aus 100 möglichen
Suchwortkombinationen wurden mittels Google-Adwords67 diejenigen ermittelt,
die am häufigsten von Nutzern eingegeben wurden. Dieses Verfahren führte im
Ergebnis zur Verwendung von sechs Suchbegriffen: „Genfood“, „genmanipulier-
te“, „gentechnisch veränderte“, „genmanipulierte Lebensmittel“, „genveränder-
te“, „genetisch veränderte“. Auf dieser Basis erstellte Google Ergebnislisten. Die
Platzierung der Webseiten innerhalb dieser Ergebnislisten basiert u.a. auf der
Anzahl der Links, die auf eine bestimmte Webseite verweisen. Die Texte wurden
entsprechend ihrer Rangfolge in den Ergebnislisten der Reihe nach auf ihre Re-
levanz hin untersucht, bis zehn Texte pro Suchanfrage identifiziert wurden. Die
Relevanz eines Textes bestimmte sich anhand von vier Kriterien:

ƒ Sprache: Es wurden nur Texte erhoben, die in deutscher Sprache publiziert


wurden.

66
Ein direktes Messen der Aufrufe aller Texte im Internet zum Thema Genfood ist nur theoretisch
möglich. Mittels Log-file-Analyse könnte die Anzahl der Aufrufe bestimmter Dateien miteinander
verglichen werden. Da diese Daten jedoch nur selten und in sehr unterschiedlicher Form zur Verfü-
gung stehen und darüber hinaus die Anzahl verfügbarer Angebote im sechsstelligen Bereich liegt,
bietet sich dieses Verfahren nicht an.
67
Siehe Google-Adwords ( https://adwords.google.com/select/ ).
78 3 Empirische Untersuchungen

ƒ Inhaltliche Relevanz: Die Texte wurden nur dann in die Codierung aufge-
nommen, wenn sie sich mit dem Thema Genfood beschäftigten.
ƒ Politische Stellungnahme oder Handlung: In Anlehnung an die Methode der
Claims-Kodierung (vgl. Koopmans/Statham 1999; Koopmans/Zimmermann
2003) wurden nur Texte erfasst, in denen einem Akteur eine politische Stel-
lungnahme oder Handlung zugeordnet werden konnte. Nicht erfasst wurden
somit bloße Erwähnungen der Thematik in Verbindung mit einer Auflistung
weiterer Themen sowie reine Sachstandsberichte, z.B. Zahlen zum Anteil
genetisch behandelter Lebensmittel auf dem Weltmarkt.
ƒ Textlänge: Bei umfangreicheren Texten wurde lediglich der erste Textab-
schnitt bis zu einer Länge von ca. zwei DIN A4-Seiten codiert.

Das Internet wird im Unterschied zu Zeitungen nicht durch einen spezifischen


Kaufakt zugänglich, sondern steht als Kommunikationsraum insgesamt jedem
Nutzer offen, sofern er über die geeigneten technischen Voraussetzungen ver-
fügt. Das Netz ist insoweit als eine (!) Quelle allen Interessenten und damit auch
gleichermaßen der Forschergruppe verfügbar. Dagegen ist bei den Zeitungen
aufgrund der Vielzahl von Produzenten eine Auswahl erforderlich. Ein wichtiges
Kriterium hierbei war die Ausrichtung auf eine bundesweite und allgemeine
Öffentlichkeit (im Unterschied zu lokalen Öffentlichkeiten und Fachpublika).
Ein weiteres Kriterium war die Bandbreite der vertretenen ideologischen Linien
und sozialen Schichten der Leserkreise. Folgende Zeitungen wurden in das Sam-
ple aufgenommen: Frankfurter Allgemeine Zeitung, Süddeutsche Zeitung, TAZ,
WELT und Bild sowie die Nachrichtenmagazine Der Spiegel, Focus und das
Wochenblatt DIE ZEIT. Innerhalb des Untersuchungszeitraums wurden alle
Artikel, die in diesen Zeitungen und Zeitschriften zum Thema Genfood veröf-
fentlicht wurden, berücksichtigt. Für die Auswahl galten die gleichen Relevanz-
kriterien wie bei den Internet-Texten (s.o.).
Der Untersuchungszeitraum für die ausgewählten Zeitungen erstreckte sich
über zehn Wochen in der Zeit vom 24. Mai bis zum 3. August 2004. Im Internet
wurde zu zwei unterschiedlichen Zeitpunkten eine Stichprobe gezogen, zunächst
am 21. Juni und – acht Wochen später – am 3. August. Die zeitliche Platzierung
der ersten Erhebung mit Google wurde gewählt, um die mögliche Rezeption von
zeitlich vorausgehenden Zeitungsartikeln im Internet nachvollziehen zu können.
Die im Internet und in den Zeitungen ausgewählten Artikel bzw. Texte wur-
den anhand eines weitgehend identischen analytischen Instrumentariums unter-
sucht, um eine direkte und methodisch korrekte Vergleichbarkeit der Ergebnisse
zu gewährleisten. Die Inhaltsanalyse von Texten in beiden Mediengattungen
richtete sich in erster Linie auf allgemeine Merkmale der untersuchten Texte, die
Anbieter der Texte und die darin erwähnten Sprecher bzw. Handelnden, die an-
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 79

gesprochenen Themen sowie die vorgebrachten Forderungen, Positionen und


Argumente. Die Codierung erfolgte dementsprechend auf vier Ebenen (Anhang
B):68

1. Suchvariablen (z.B. Identifikationsnummer, Codernummer, Quelle, Such-


wortkombinationen),
2. Textvariablen (u.a. Rang in Ergebnisliste, Erscheinungsdatum bei Zeitun-
gen, Texttyp, Titel, Tendenz der Aussage, Autor, Institution)69,
3. Politische Stellungnahmen bzw. Handlungen (Sprecher bzw. Handelnder,
Handlungsform, Art verbaler Stellungnahmen, Handlung online/offline,
4. Unterthemen der Forderungen und Handlungen und dazu geltend gemachte
Positionen sowie einbezogene Adressaten und Objektakteure.

Für die zu analysierenden Texte wurde nach der Eintragung von Suchvariablen
im nächsten Schritt ermittelt, um welche Textsorte es sich handelt (politisches
Positionspapier, Presseartikel, Kommentar, Aufrufe etc.) und welche Akteure
diese Texte anbieten (staatliche Akteure, Parteien, Interessenverbände, NGOs,
herkömmliche Massenmedien, Online-Medien etc.). Auf dieser Grundlage lässt
sich u.a. ermitteln, ob – bezogen auf das Thema Genfood – im Internet tatsäch-
lich eine größere Bandbreite von Sprechern präsent ist als in Berichten von Ta-
geszeitungen. Auch kann geprüft werden, ob im Internet verstärkt kleinere und
ressourcenschwache Akteure am Diskurs beteiligt sind (Hypothese 1). In weite-
ren Schritten wurden der konkrete Gegenstand von Aussagen und Handlungen
sowie die dazu eingenommenen Positionen und Forderungen festgehalten, um
u.a. die Breite des argumentativen Spektrums und die Verteilung von Positionen
zu ermitteln (Hypothese 2). Weiterhin wurde untersucht, an welche Akteure sich
die Äußerungen oder Handlungen richten (Adressaten) und welche Akteure
dadurch unmittelbar betroffen sind (Objektakteure).

68
In Entsprechung zu diesen Untersuchungsdimensionen wurde auf Basis des Programms „Access“
eine relationale Datenbankstruktur erstellt, die die vier Ebenen, und somit vier miteinander verknüpf-
bare Datensätze, umfasst. Diese Struktur, ebenso wie das Codierschema, lehnt sich in Teilen an Ar-
beiten an, die im Rahmen des Europub-Projektes entstanden sind (http://europub.wz-berlin.de/). Die
technische Bereitstellung dieser Datenbank-Struktur erfolgte im Rahmen eines Werkvertrags mit
Mitteln des WZB. An dieser Stelle gilt unserer besonderer Dank Tobias Schlecht, der die Erstellung
und Programmierung dieser Struktur übernommen hatte.
69
Bei Texten, die Abbildungen enthielten, wurden nur Textüberschriften, Bildunterschriften und
Texte außerhalb von grafischen Darstellungen erfasst, nicht dagegen Bilder und Animationen.
80 3 Empirische Untersuchungen

3.4.2 Auswertung der Textanalyse

Die Ergebnisse der Textanalyse zum Thema Genfood werden auf drei Ebenen
festgehalten: Erstens auf der Ebene der untersuchten Texte. Hier wurden Merk-
male erhoben, die für den Text als Ganzes stehen. Gefragt wurde beispielsweise,
wer die Anbieter der Texte waren, welche Tendenz die Texte zum Thema Gen-
food aufwiesen oder ob Hyperlinks zu anderen Internet-Texten angeboten wur-
den. Zweitens wurde die Ebene der politischen Stellungnahmen oder Handlun-
gen, die in den Texten enthalten sind, untersucht. Gefragt wurde beispielsweise,
welche Akteure eine politische Stellungnahme abgeben, wo diese Akteure geo-
graphisch zu verorten sind und mittels welcher Handlungsformen sie politisch
Stellung beziehen. Da Nutzer auch die in den Texten wiedergegebenen politi-
schen Handlungen nur sprachlich vermittelt wahrnehmen, sprechen wir im Fol-
genden meist zusammenfassend von „politischen Stellungnahmen“. Folgerichtig
werden die innerhalb der Texte durch eine politische Stellungnahme in Erschei-
nung tretenden Akteure „Sprecher“ genannt, auch wenn sie nicht in allen Fällen
mit Sprechakten Aufmerksamkeit erlangen, sondern teilweise auch durch andere
Handlungsformen. Drittens wurde die Ebene der unterschiedlichen Themen, auf
die sich die politischen Stellungnahmen bezogen, untersucht. Hier wurde bei-
spielsweise nach den Unterthemen und Aspekten der Genfood-Thematik, nach
dem geographischen Bezug der politischen Stellungnahmen und nach tendenziel-
len Bewertungen der einzelnen Aspekte von Genfood gefragt.
Für die Untersuchung der eingangs dargestellten Fragestellungen werden im
Folgenden die Ergebnisse der Textanalyse auf den drei Untersuchungsebenen in
mehreren Schritten dargestellt.

3.4.2.1 Allgemeine Merkmale der Internet-Texte

Bei der Auswahl der untersuchten Internet-Texte wurde angestrebt, das Suchver-
halten interessierter Nutzer nachzuahmen, die zu zwei Zeitpunkten zum Thema
Genfood recherchieren. Dabei wurden jeweils sechs Suchwortkombinationen in
Google eingegeben und jeweils zehn Internet-Texte pro Suchwortkombination
erhoben. Daraus ergab sich die Vorgabe, insgesamt 120 Texte zu analysieren.
Bei der Erhebung der Internet-Texte kam es zu geringfügigen Abweichungen.70
So wurden beim ersten Download am 21. Juni 2004 insgesamt 61 Texte und
beim zweiten Download am 03. August 2004 weitere 58 Texte erhoben. Um die

70
Erst im Verlauf der Analyse stellte sich heraus, dass zwei ursprünglich zur Codierung herangezo-
gene Texte nicht verwendbar waren, da sie keine politische Stellungnahme enthielten. In einem an-
deren Falle wurde zusätzlich ein Artikel herangezogen, der nachträglich als verwendbar eingestuft
wurde, da er wider Erwarten den Relevanzkriterien entsprach.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 81

untersuchten 119 Texte zu erhalten, musste in jeder der zwölf Suchergebnislisten


durchschnittlich bis zum 15. Eintrag vorgedrungen werden. Insgesamt wurden
also 182 Texte auf ihren politischen Bezug zum Thema Genfood geprüft. 63
Texte wiesen keine politische Stellungnahme zum Thema Genfood auf und wur-
den daher nicht codiert. Knapp 35 Prozent der Suchergebniseinträge waren also
nicht hinreichend relevant. Dies verdeutlicht die vielfach kritisierte Eigenschaft
von Suchmaschinen: Anders als bei den Zeitungen müssen Nutzer innerhalb der
Ergebnislisten von Google eigenständig Unwichtiges von Wichtigem trennen.
Allerdings ist die Relevanz von knapp zwei Dritteln der Suchergebnisse als ein
relativ gutes Ergebnis für die Treffsicherheit der Suchmaschine Google zum
Thema Genfood anzusehen.71
Weitere Besonderheiten von Suchmaschinen im Vergleich zu herkömmli-
chen Medien wurden anhand der insgesamt zwölf zeitlich bzw. semantisch aus-
einander liegenden Suchläufe sichtbar. Zeitungen verfolgen das gesellschaftliche
Geschehen zeitnah und vermeiden es, bereits veröffentlichte Artikel erneut zu
publizieren. Zudem sind sie darum bemüht, originäre Artikel anzubieten, d.h.
Beiträge zu veröffentlichen, die nicht bereits in identischer Form in anderen
Zeitungen erschienen sind. Suchmaschinen hingegen verweisen reaktiv, d.h. in
Folge einer spezifischen Nutzeranfrage, auf Webseiten. Weder beeinflussen sie
die Aktualisierung der Webseiten noch wird gesteuert, inwieweit mehrfach auf
dieselben Angebote verwiesen wird. Zieht man Zeitungen zum Vergleich heran,
ist also die Tatsache, dass bestimmte Angebote wiederholt von Suchmaschinen
ausgewiesen werden, als Nachteil zu sehen.
Auch unser Sample von Internet-Texten wurde durch diese Besonderheiten
geprägt. Die Überschneidung zwischen den inhaltlich synonymen Suchwort-
kombinationen war gering. Insgesamt acht Texte, also knapp sieben Prozent,
traten wiederholt auf, da sie auch unter anderen Suchwortkombinationen aufge-
funden wurden. Beim zweiten Download erschienen zudem 38 Texte, die bereits
zuvor erhoben worden waren. Zwar hatte sich die genaue Reihenfolge der Such-
maschineneinträge verändert. Insgesamt ergab sich aber, dass acht Wochen nach
dem ersten Download am 21. Juni mit 20 von 58 nur knapp ein Drittel der je-
weils ersten zehn relevanten Suchmaschineneinträge neu war. Da einige Texte
bis zu drei Mal sowohl unter verschiedenen Suchwortkombinationen als auch zu
einem anderen Zeitpunkt auftraten, stellten letztlich insgesamt 43 Texte, also
etwa ein Drittel der 119 Texte, Duplikate bereits erhobener Texte dar. Alle fol-

71
Im Rahmen einer Studie, die für die Themenfelder „Arbeitslosigkeit“ und „Rückenschmerzen“ die
inhaltliche Treffsicherheit verschiedener Suchmaschinen prüfte, ergab sich – allerdings entlang an-
ders gefasster Relevanzkriterien –, dass nur ein Drittel der Suchergebnisse relevant war (vgl. Neuber-
ger 2005).
82 3 Empirische Untersuchungen

genden Auswertungen beziehen sich also im Grunde auf 76 originäre Internet-


Texte, die teilweise wiederholt auftraten.
Während sich die in Google angebotenen Ergebnisse nur teilweise zwischen
den beiden Zeitpunkten unterschieden, zeigt sich, dass die Auswahl einer Such-
wortkombination entscheidend für die Art der aufgefundenen Texte ist. Für den
potentiellen Nutzer einer Suchmaschine ist es somit von enormer Bedeutung, mit
welcher Suchwortkombination er zum Thema Genfood recherchiert. Um bei den
beiden Download-Zeitpunkten insgesamt 20 zutreffende Suchergebnisse zu er-
zielen, mussten bei den Suchwortkombinationen unterschiedlich viele irrelevante
Funde in Kauf genommen werden. Bei „Genfood“ war dies nur ein irrelevantes
Ergebnis. Auch der Begriff „gentechnisch veränderte“ gehörte zu den Suchwort-
kombinationen mit den häufigsten inhaltlich relevanten Ergebnissen. Auf der
anderen Seite wiesen die Suchwortkombinationen „genmanipulierte“ mit 18 und
„genveränderte“ mit 15 am häufigsten nicht zutreffende Suchergebnisse auf.72
Die so gewonnene Stichprobe von Internet-Texten wies grundlegende Be-
sonderheiten auf. Während bei Zeitungen der Anbieter eines veröffentlichten
Artikels jeweils ein privatwirtschaftliches Unternehmen ist, kann zumindest
potentiell im Internet eine Vielzahl unterschiedlicher Akteure einen Text präsen-
tieren. Für diese im Folgenden untersuchten Anbieter von Internet-Texten wurde
mittels eines 36 Kategorien umfassenden Schemas nach der Stellung der Akteure
im politischen System gefragt. Die einzelnen Kategorien wurden in fünf Ak-
teursklassen zusammengefasst. Die Klassen „Staat und Parteien“ sowie „sozio-
ökonomische Interessengruppen“ konnten durchschnittlich als ressourcenstärker
und die Klasse „Zivilgesellschaft, non-profit“ als ressourcenschwächer eingestuft
werden. Medienakteure bildeten eine fünfte Klasse, die vor allem eine Mittlerrol-
le zwischen den anderen gesellschaftspolitischen Akteuren und dem Publikum
einnimmt, allerdings nicht als politisch unbeteiligt verstanden werden darf.
Die Auszählung der untersuchten Texte nach ihren Anbietern stützt das po-
lyarchische Bild vom Internet (siehe Tabelle 1). Internetmedien, Radio, Fernse-
hen und Zeitungen stellten in den untersuchten Internet-Texten etwas mehr als
die Hälfte der Texte. 34 Prozent davon entfielen auf reine Internetmedien. Der
Anteil zivilgesellschaftlicher, nicht profitorientierter Gruppen war hierbei mit
24 Prozent höher als der Anteil staatlicher Akteure und Parteien mit 19 Prozent.
Bemerkenswerterweise spielten einschlägige sozioökonomische Interessengrup-
pen – im Falle von Genfood z.B. Landwirtschaftsverbände oder die Pharmain-
dustrie – nur eine marginale Rolle.

72
Sofern 19 bzw. 21 Texte erhoben wurden, wurde die Quote der Fehleinträge für die Basis 20 be-
rechnet und anschließend gerundet. Bei den Suchwortkombinationen „genmanipulierte lebensmittel“
waren 13, bei „genetisch veränderte“ acht Fehleinträge für 20 relevante Texte in Kauf zu nehmen.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 83

Tabelle 1: Internet-Texte nach Anbietern in Akteurskategorien


N %

Staat und Parteien 23 19

Sozioökonomische Interessengruppen 4 3

Zivilgesellschaft, non-profit 29 24

Medien 61 51

Printmedien 4 3

Radio 8 7

Fernsehen 8 7

Allgemeine Internetportale 12 10

Themenspezifische Portale 29 24

Sonstige (Privatersonen) 2 2

Gesamt 119 100

Von den vier Texten, die von sozioökonomischen Interessengruppen angeboten


wurden, konnte lediglich Syngenta als in der Debatte um Genfood einschlägig
bekanntes Agrarunternehmen identifiziert werden, das naturgemäß Genfood ein-
deutig befürwortete. Überraschenderweise stammten die drei übrigen Texte so-
zioökonomischer Akteure von der Mannheimer Versicherung sowie der auf
genetische Analysen spezialisierten Firma Lambda und waren tendenziell gegen
Genfood eingestellt. Von der vielfach kritisierten, durch finanzielle Zahlungen
zugunsten wirtschaftlich mächtiger Akteure verzerrten Suchmaschinenpolitik
war bei den hier vorgenommenen Suchvorgängen nichts zu bemerken (Introna/
Nissenbaum 2000). Die mit hohem finanziellem Aufwand verbreiteten PR-Texte
einschlägig bekannter Genfood-Unternehmen und positiv eingestellter Verbände
erlangten kaum Sichtbarkeit.73 Aus Nutzerperspektive erscheinen die Suchergeb-
nisse als unverbundene Sammlung, weil Zusammenhänge und inhaltliche
Schwerpunktsetzungen im Unterschied zu thematisch sortierten Internet-Ver-
zeichnissen bei Suchmaschinen grundsätzlich fehlen. Neben gentechnikfreundli-
73
Vergleiche hier zu das Kompendium „Gentechnologie und Lebensmittel“ unter: http://www.trans-
gen.de/features/download_pdf.php?file=/pdf/downloads/Kompendium_B1.pdf&absolute_dl=true.
84 3 Empirische Untersuchungen

chen Vertretern aus der Wirtschaft waren auch Anbieter aus der wissenschaftli-
chen Forschung kaum sichtbar. Bei den sehr gut vertretenen staatlichen Behör-
den fanden sich vermehrt Landeseinrichtungen und nur zwei bundesweite, aller-
dings nachgeordnete Institutionen. So sind das Niedersächsische Landesamt für
Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sowie das Bundesinstitut für
Risikobewertung (BfR) mit Beiträgen vertreten. Das für die bundesweite politi-
sche Debatte ungleich gewichtigere Bundesamt für Verbraucherschutz und Le-
bensmittelsicherheit sowie das Bundesamt für Naturschutz tauchten ebenso we-
nig auf wie andere Ministerien oder Behörden. Die EU hingegen als bedeutende
gesetzgebende Instanz war mit drei Texten vertreten. Allerdings richteten sich
diese wohl vorrangig an ein Expertenpublikum. Es handelt sich ausschließlich
um Texte, die einem breiteren Publikum nicht verständlich gemacht wurden.
Auch bezog sich ein Text auf eine sehr spezifische Kommissionsentscheidung
von 1996, ohne dass ein Bezug zur aktuellen Debatte dargelegt wurde. In der
politischen Bewertung von Genfood war das Angebot von staatlicher und be-
hördlicher Seite ausgewogen. Von 23 Texten wiesen nur acht eine erkennbare
politische Tendenz zum Thema Genfood auf. Die eine Hälfte dieser Texte lehnte
Genfood eher ab. Die andere befürwortete Genfood eher, wobei deutliche Mei-
nungsbekundungen weitgehend fehlten. Ein Grund für das Übergewicht neutraler
Positionen war sicher, dass Positionen von Parteien durchgängig fehlten. Es
wurde lediglich auf einen Text der parteinahen Konrad-Adenauer-Stiftung ver-
wiesen. Die Google-Ergebnisse lieferten also auf Anhieb kein besonders auf-
schlussreiches Bild der Positionen staatlicher Stellen oder Parteien, also von
wichtigen Akteuren, die Genfood keineswegs neutral gegenüberstehen.
Die in Google weit oben gelisteten zivilgesellschaftlichen Akteure sind hin-
gegen aus früheren Debatten und Diskurszusammenhängen geläufig. Mit Green-
peace, dem Evangelischen Entwicklungsdienst und der „Coordination gegen
BAYER-Gefahren“ erschienen einschlägig bekannte Gegner von Genfood. Die
angebotenen Texte lehnten Gentechnik überwiegend ab und bezogen sich mit
wenigen Ausnahmen auch auf aktuelle Diskussionen. Allerdings wurden 12 der
29 Texte, die von zivilgesellschaftlichen Anbietern stammen, von einer Webseite
(www.netlink.de/gen) angeboten. Diese gab sehr ungenügend Aufschluss über
ihre Urheber und präsentierte vorrangig Nachrichtenmeldungen, die von Mitte
der 1990er Jahre stammten. Jedoch fehlten Stellungnahmen anderer einschlägi-
ger zivilgesellschaftlicher Organisationen. Weder der Bund für Umwelt und
Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund (NABU) und der Deutsche Natur-
schutzring (DNR) noch die diversen ökologischen Landbau- und Lebensmittel-
handelsverbände waren mit Texten vertreten. Auch verwiesen die Google-Er-
gebnislisten nicht auf die Online-Angebote des seit den 1980er Jahren im The-
menfeld aktiven gen-ethischen Netzwerkes.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 85

Eine knappe Mehrheit der Anbieter bestand aus Medienakteuren. Fast ein
Fünftel waren herkömmliche Medienakteure aus Presse, Funk und Fernsehen.
Internetmedien stellten mit einem Drittel die größte Gruppe unter den Anbietern.
Dominant waren nicht so sehr die Online-Angebote der Printmedien. Vielmehr
nutzten Radio und Fernsehen die Chance, zum Thema Genfood Stellung zu be-
ziehen. Auf Seiten der allgemeinen Internetportale fanden sich einschlägig be-
kannte Anbieter wie zum Beispiel „Telepolis.de“. Besonders bemerkenswert
war, dass sich unter den themenspezifischen Portalen auch auf Genfood oder
grüne Gentechnik spezialisierte Internetportale befanden, die sehr eingehend
über Genfood berichteten. Während bei den übrigen Medien Genfood eines von
vielen Themen war, widmete sich bei diesen Angeboten ein Großteil des Web-
auftritts dem Thema Genfood. Seiten wie www.transgen.de oder www.genfood.
at boten so einem breiten Publikum die Möglichkeit sich umfassend zu informie-
ren. In ihrer Ausrichtung waren auch die Texte der Medienakteure Genfood
gegenüber eher ablehnend eingestellt. Allerdings beschreibt jeder vierte Text das
Thema ambivalent oder neutral. Dies steht im Gegensatz zu den von zivilgesell-
schaftlichen Akteuren angebotenen Texten. Hier fanden sich in 29 Fällen nur
vier ambivalente Texte. Insgesamt sind die Texte von Webseiten der Medien
allgemeinverständlicher und an die aktuelle politische Debatte anschlussfähiger
als die anderer Anbieter. Kaum ein Text war an ein rein fachliches Publikum
gerichtet. Die herkömmlichen Medien, bei denen aktuelle Nachrichten überwo-
gen, folgten allerdings dem Tagesgeschehen stärker als die Internet-Medien. Hier
waren mehrheitlich Hintergrundartikel vorzufinden. Die vielfach beklagte Ten-
denz insbesondere der Printmedien, sich vorrangig auf aktuelle Ereignisse in
Kurzform zu konzentrieren, wurde nicht von den Internet-Medien gespiegelt.
Diese hatten oft den Charakter themenspezifischer Zeitschriften, die sich an ein
Laienpublikum wenden. Allerdings fällt auf, dass keine der Webseiten einschlä-
giger Fachzeitschriften zum Beispiel der „gen-ethische Informationsdienst“
(GID), in den Ergebnissen auftauchte.
Dass etwa die Hälfte der Anbieter von Internet-Texten keine Medienakteure
waren, weist auf einen markanten Unterschied hin. Im Gegensatz zu Zeitungen,
die vorrangig als Mittler zwischen Leserschaft und den verschiedenen Nachrich-
tenquellen auftreten, bot Google bei etwa der Hälfte der Texte einen vergleichs-
weise direkten Zugang. Diese Texte wurden von politischen Akteuren angebo-
ten, die nicht als Medienakteure einzustufen sind. Bei der Diskussion um Gen-
food scheint sich die These zu bestätigen, im Internet könnten sich auch kleinere
Akteure behaupten. Diese Akteure haben jedoch nur in Relation zu etablierten
Akteuren wie Zeitungen und staatlichen Einrichtungen eine periphere Position.
Nicht formell organisierte Akteure wie zum Beispiel lose Gruppen von Privat-
86 3 Empirische Untersuchungen

personen stellten nur einen Anteil von 12 Prozent der 119 untersuchten Anbieter
von Internet-Texten.

3.4.2.2 Allgemeine Merkmale der Zeitungsartikel

Anders als bei den Internet-Texten spiegelt die Anzahl der Zeitungsartikel den
Umfang der Berichterstattung über Genfood zwischen dem 24. Mai und dem 03.
August 2004 in den überregionalen Teilen der untersuchten Zeitungen wider.
Hierbei wurden 148 Artikel analysiert (siehe Abbildung 4). Die Anzahl zu codie-
render Zeitungsartikel pro Woche schwankte beträchtlich.

Abbildung 4: Anzahl der Artikel zum Thema Genfood in den Zeitungen


40

35 23.06. Müller vs.


24.05. Greenpeace
30 Sachsen-
Anhalt 18.06. Gentechnik-
25 Gesetz

20

15

10

0
bis 30. bis 06. bis 13. bis 20. bis 27. bis 04. bis 11. bis 18. bis 25. bis 02.
Mai* Juni Juni Juni Juni Juli Juli Juli Juli Aug**
in Wochen
* Die Woche bis zum 30. Mai ist um einen Tag kürzer.
** Die Woche bis zum 02.August ist um einen Tag länger.

Wie aus Abbildung 4 deutlich wird, konzentrierte sich die Medienberichterstat-


tung stark auf die Monate Mai bis Juni, während in den folgenden Wochen die
Berichterstattung deutlich geringer ausfiel. Ausschlaggebend für eine umfangrei-
che Berichterstattung waren insbesondere drei Ereignisse:

ƒ 24.05.2004: Greenpeace und weitere Umweltschutzorganisationen drohen


öffentlich mit Klagen gegen die Landesregierung von Sachsen-Anhalt, um
die Veröffentlichung von geheim gehaltenen Standorten von Versuchsfel-
dern, auf denen gentechnisch veränderter Mais angebaut wird, zu erzwin-
gen. Anfang Mai war bekannt geworden, dass die Landesregierung zusam-
men mit sechs weiteren Bundesländern den ersten systematisch betriebenen
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 87

Anbau an 29 Standorten unterstützte und hierbei entgegen geltendem EU-


Recht eine Geheimhaltung der Standorte betrieb.
ƒ 18.06.2004: Die Novelle des Gentechnik-Gesetzes74 zur Umsetzung der
Freisetzungsrichtlinie 2001/18/EG der Europäischen Union wird vom Deut-
schen Bundestag mit rot-grüner Mehrheit gegen die Stimmen der Oppositi-
on beschlossen. Der Bundesrat lehnt das Gesetz kurz vor der Sommerpause
ab. Dies hat zur Folge, dass zur endgültigen Verabschiedung des nicht zu-
stimmungspflichtigen Gesetzes eine zweite Abstimmung im Bundestag not-
wendig wird. Aufsehen erregen die strengen Haftungsregelungen, die eine
gesamtschuldnerische Haftung für Landwirte vorsehen, die Genfood anbau-
en. Die Opposition im Bundestag protestiert, da das Gesetz kurzfristig durch
den Bundestag nach der Trennung des ursprünglichen Gesetzesentwurfes in
einen zustimmungspflichtigen und einen nicht zustimmungspflichtigen Teil
beschlossen wird.
ƒ 23.06.2004: Der Rechtsstreit zwischen Greenpeace und der Unternehmens-
gruppe Theo Müller (mit der Marke „Müller-Milch“) wird zu ungunsten
von Greenpeace durch das Kölner Landgericht entschieden. Streitpunkt wa-
ren die Behauptungen von Greenpeace, in einem der Produkte der Unter-
nehmensgruppe seien Bestandteile gentechnisch veränderter Futtermittel
nachgewiesen worden. Greenpeace wird somit untersagt, seine Kampagne
gegen die Unternehmensgruppe fortzusetzen.

Wie an der Anzahl der Artikel pro Woche zu ersehen ist, war die Berichterstat-
tung in den Zeiträumen kurz vor bzw. kurz nach diesen drei Ereignissen deutlich
umfangreicher als in anderen Untersuchungsphasen. Allein in der Woche vom
21.06. bis zum 27.06.2004, in der das „Müllermilch“-Urteil fiel, wurde 29 mal
über Genfood berichtet. Somit stellten Artikel aus dieser Woche knapp ein Fünf-
tel aller untersuchten Artikel.
Die meisten Artikel zum Thema Genfood fanden sich im Untersuchungs-
zeitraum in der TAZ mit 36 Artikeln und in der WELT mit 35 Artikeln. Mit
jeweils zwei Artikeln war der Umfang der Berichterstattung in Bild, Spiegel und
ZEIT am geringsten (siehe Tabelle 2). Als einzige der untersuchten Zeitungen
widmete die TAZ dem Thema Genfood eine ganzseitige wöchentliche Serie mit
dem Titel: „TAZ-Serie Grüne Gentechnik“. Diese zehnteilige Serie vom 24.04.
04 bis zum 03.07.2004 fiel somit teilweise in den gewählten Untersuchungszeit-
raum. Während also mit Google-Suchen jederzeit die vorhandenen Informatio-
nen im Netz abgerufen werden können, ist der Zeitungsleser davon abhängig, ob
über ein Thema berichtet wird. Es muss betont werden, dass bestimmte Ereignis-
74
Gesetz zur Durchführung von Verordnungen der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet der
Gentechnik und zur Änderung der Neuartige Lebensmittel- und Lebensmittelzutaten-Verordnung.
88 3 Empirische Untersuchungen

se, aber auch die Tatsache, dass 2004 eine ganze Reihe politischer Weichenstel-
lungen auf EU- wie auf nationaler Ebene erfolgte, eine eingehende politische
Thematisierung von Genfood in den Printmedien beförderten. Die Zeitungsarti-
kel bedienen ein allgemeines Laienpublikum mit Informationen und Meinungen,
die zumeist mit aktuellen Ereignissen verknüpft werden. Die allein schon sprach-
lich wenig allgemein zugänglichen Expertentexte, die sich im Internet finden,
werden in den Zeitungen nicht geboten.
Die besondere Struktur der Berichterstattung in den Zeitungen lässt sich mit
einem publizistikwissenschaftlichen Ereignisbegriff verbinden (Kepplinger
2001). Die Behandlung von Genfood erfolgt also vor allem dann, wenn Zeitun-
gen der Meinung sind, dass Ereignisse vorhanden sind. Ereignisse sind dabei
nicht immer „originär“ in dem Sinne, dass sie von den Medien völlig unabhängig
stattfinden. Im Untersuchungszeitraum kann lediglich die Debatte um das Gen-
technikgesetz als „originär“ gelten. Das heißt, die Novellierung wäre auch er-
folgt, wenn nicht darüber berichtet worden wäre. Schließlich handelte es sich um
die längst überfällige Umsetzung bereits geltenden EU-Rechts. Im Gegensatz
dazu sind die „Müller-Milch-Entscheidung“ und die „Klagedrohung wegen Ge-
heimhaltung von Versuchsfeldern“ als Verkettung verschiedener mediatisierter
Ereignisse zu verstehen. Hier wird Berichterstattung motiviert, weil gesell-
schaftspolitische – in diesem Falle vor allem zivilgesellschaftliche – Akteure mit
medienwirksamen Äußerungen und Handlungen hervortraten. Für die Rolle zi-
vilgesellschaftlicher und ressourcenschwacher Akteure ist diese besondere Struk-
tur der Medienberichterstattung wichtig. Sie müssen ein hohes Maß an Geschick
und/oder Ressourcen aufbringen, um mediale Aufmerksamkeit zu erreichen und
nehmen in Kauf, dass ihre ursprünglichen Positionen durch die Massenmedien
selektiv oder verzerrt wiedergegeben werden könnten (Rucht 2004b). Im Unter-
suchungszeitraum ist die Erregung medialer Aufmerksamkeit offensichtlich ge-
lungen. Allerdings sollte berücksichtigt werden, dass dies in früheren bzw. späte-
ren Zeitabschnitten durchaus anders aussehen könnte.
Die von Medienereignissen getragene Berichterstattung schlägt sich, wie im
Folgenden gezeigt wird, auch in der Struktur der Artikel wieder. Es werden be-
sonders solche Akteure, Themen und Positionen in Szene gesetzt, die einen di-
rekten Bezug zu medialen Ereignissen haben. Im Internet hingegen spielen Er-
eignisse eine geringere Rolle, da hier eine tagesaktuelle Berichterstattung nicht
das wichtigste Kriterium für die Veröffentlichung von Beiträgen ist. Vielmehr
bestimmen die politische Position der Anbieter und die thematische Ausrichtung
der Webseiten die inhaltliche Struktur der Internet-Texte.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 89

3.4.2.3 Allgemeine Textmerkmale im Vergleich

Tageszeitungen konstruieren und thematisieren Genfood mit Blick auf aktuelle


Ereignisse. Hier wird Genfood „an sich“ nur selten thematisiert. Es geht weniger
um die Frage, ob Genfood im Grunde abzulehnen oder zu befürworten sei.
Vielmehr wird gefragt, ob beispielsweise im Rechtsstreit zwischen Müller-Milch
und Greenpeace die Interessen der Verbraucher durch die Entscheidung des
Gerichts positiv oder negativ berührt werden. Oder es steht zur Diskussion, wie
die Gesetzesvorlage von Ministerin Künast zu bewerten sei. Im Internet finden
sich viele abwegige und thematisch kaum einschlägige Beiträge. Allerdings wer-
den dort auch ausführliche Abhandlungen angeboten, die sich hauptsächlich und
intensiv mit dem Für und/oder Wider von Genfood beschäftigen.
Anhand der Betitelung von Internetbeiträgen und Zeitungsartikeln lässt sich
dies gut veranschaulichen. Gemeinsam ist Internet-Texten und Zeitungsartikeln,
dass eine ganze Reihe von Beiträgen einen Titel trägt, der Bezug auf ein konkre-
tes Ereignis nimmt wie „Washington und Brüssel – Weiter Streit um genetisch
veränderte Lebensmittel“ oder „Ermittlungen gegen Greenpeace wegen Gen-
Weizen-Zerstörung“. Von den untersuchten Zeitungsartikeln behandelten aller-
dings ca. 30 Prozent das Thema Genfood nicht im Titel, Untertitel oder ersten
Satz (im Folgenden: Lead). Das allgemeine Für und Wider zu Genfood war dem-
entsprechend nicht der zentrale inhaltliche Bezugspunkt. Titel wie „Wir müssen
mehr wagen“ (Spiegel, 05.07.2004. S. 90), „Grüner Zugriff“ (FR, 17.06.2004,
S. 3), „Kraftvoll ins Abseits“ (FAZ, 04.06.2004, S. 13) leiten Artikel ein, die
zwar Genfood ansprechen. Im Mittelpunkt steht aber ein anderes Thema, z.B. die
Zielstrebigkeit, mit der die grüne Partei ihre Ziele verfolgt.
Bei den Internet-Texten gilt es angesichts hoher Quoten irrelevanter Ergeb-
nisse in Suchmaschinen auf den ersten Blick deutlich zu machen, welche Inhalte
präsentiert werden. Neben Artikelüberschriften, die auf aktuelle Ereignisse ver-
weisen, sind hauptsächlich drei Arten von Titeln zu finden. Die Texte wenden
sich erstens im Sinne allgemeiner Aufklärung an ein breites Publikum in einer
allgemeinverständlichen Sprache. Titel wie „Worum geht es in der Debatte um
genetisch veränderte Nahrungsmittel?“75 oder „Sind genmanipulierte Lebensmit-
tel sicher?“76 mögen wenig originell sein und wiederholen sich mit leichten Mo-
difikationen häufig an anderen Stellen. Sie signalisieren dem Internet-Nutzer
jedoch unmissverständlich Ausrichtung und Anliegen des Textes. Anhand dieser
leicht lesbaren Einführungstexte kann sich der Nutzer Schritt für Schritt ein Bild
von der Diskussion um Genfood machen. Über Hyperlinks und Schlüsselbegriffe

75
http://www.wsws.org/de/1999/aug1999/gene-a18.shtml.
76
http://gruppen.greenpeace.de/koblenz/stuff/sind_gen_lebensmittel_sicher.pdf.
90 3 Empirische Untersuchungen

sollen die von den jeweiligen Autoren als wichtig erachteten Diskursstränge und
Unterthemen in der Diskussion dargestellt werden.
Eine Reihe von Texten richtet sich jedoch zweitens dezidiert an Experten
aus unterschiedlichen Bereichen oder thematisiert sehr spezifische Themen, die
in Zeitungsberichten seltener auftreten. So erfährt man, dass französische Wein-
kellereien wie „Latour und Romanée gegen genveränderte Reben“77 seien oder
dass „Unilever … 13 Prozent mehr Gewinn“78 verzeichne, allerdings weiterhin
an der Entwicklung von Genfood festhalte. Auch die bereits beschriebenen, zu-
weilen wenig verständlich kommentierten Rechtsakte der EU gehören zu dieser
Art von Texten.
Schließlich macht eine Gruppe von Texten unmissverständlich klar, welche
Position zu Genfood nach Meinung der Autoren eingenommen werden soll. Stil
und Inhalt zielen darauf, den Rezipienten von dem Für oder Wider von Genfood
zu überzeugen, manchmal auch in etwas reißerischer Absicht zu überreden. An-
geboten werden zum Beispiel „10 Argumente gegen Genfood“79. Häufig werden
auch Negativszenarien wie „Geklonte Pandabären und genmanipulierte Riesen-
karpfen“80 oder „Genveränderte Turbolachse“81 als Bestandteil der Überschrift
gewählt.
Berücksichtigt werden muss, dass die Betitelung und Auszeichnung eines
Artikels etwas darüber aussagt, welcher erste Eindruck beim Nutzer hinterlassen
wird. Ob sich allerdings hinter einem abwägenden oder neutralen Titel nicht
letztendlich doch eine politisch einseitige Kampfschrift verbirgt, lässt sich nur
durch eine genauere Inhaltsanalyse klären. Beim Vergleich zwischen Internet-
Texten und Zeitungsartikeln ist zunächst zu beachten, dass drei inhaltliche Ebe-
nen analysiert wurden (siehe Spalten in Tabelle 2). Auf der Textebene wurden
Merkmale erfasst, die dem untersuchten Schriftstück aus dem Internet bzw. aus
den Zeitungen als Ganzem zuzuordnen waren. Unterhalb der Textebene wurden
auf der Sprecherebene politische Stellungnahmen und Handlungen, die in den
Texten enthalten waren oder über die berichtet wurde, einzeln untersucht.
Schließlich wurden auf der darunter befindlichen Themenebene die unterschied-
lichen inhaltlichen Bezüge und Aspekte von Genfood innerhalb der politischen
Stellungnahmen codiert. Sobald also ein Text mehrere politische Stellungnah-
men enthielt, wurden diese erfasst und dem Text zugewiesen. Ebenso konnten
auf diese Weise mehrere thematische Aspekte von Genfood einer politischen
Stellungnahme zugeordnet werden.

77
http://www.wein-plus.de/magazin/?show=fullnews&nr=1965.
78
http://www.netlink.de/gen/Zeitung/970211a.htm.
79
http://www.naturkost.de/schrotundkorn/genfood/dossier/gruende.html.
80
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/4281/1.html.
81
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/9544/1.html.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 91

Tabelle 2: Übersicht zur Datenstruktur der Textanalyse


Sprecher- Thema- Sprecher/ Themen/
Textebene
ebene ebene Texte Texte
Internet N N N Ratio Ratio
Genfood 20 82 125 4,1 6,3
Genmanipulierte 21 77 99 3,7 4,7
Gentechnisch veränderte 19 37 57 1,9 3,0
Genmanipulierte
20 110 133 5,5 6,7
Lebensmittel
Genveränderte 20 96 110 4,8 5,5
Genetisch veränderte 19 76 110 4,0 5,8
Internet gesamt 119 478 634 4,0 5,3

Tageszeitungen
Bild 2 3 3 1,5 1,5
FAZ 27 96 115 3,6 4,3
FR 18 42 54 2,3 3,0
SZ 26 85 101 3,3 3,9
TAZ 36 145 191 4,0 5,3
Welt 35 130 161 3,7 4,6
Tageszeitungen gesamt 144 501 625 3,5 4,3

Wochenzeitungen
Spiegel 2 3 3 1,5 1,5
Zeit 2 4 7 2,0 3,5
Wochenzeitungen gesamt 4 7 10 1,8 2,5
Zeitungen gesamt 148 508 635 3,4 4,3

Internet + Zeitungen gesamt 267 986 1269 3,7 4,8

In den 119 Internet-Texten konnten 478 politische Stellungnahmen und 634


Themen identifiziert werden (siehe Tabelle 2). Ähnlich ist das Ergebnis für die
Zeitungsartikel. Dort fanden sich in 148 Artikeln 508 politische Stellungnahmen
und 635 Themen. Pro Text wurden also in den untersuchten Internet-Texten im
Durchschnitt vier politische Stellungnahmen veröffentlicht, in den Zeitungsarti-
keln hingegen nur 3,4. Ebenso wird das Thema Genfood in den Internet-Texten
thematisch breiter behandelt als in den Zeitungsartikeln. Im Durchschnitt enthiel-
92 3 Empirische Untersuchungen

ten die untersuchten Internet-Texte 5,3 unterschiedliche Themen. In den Zeitun-


gen waren es hingegen 4,3 Themen pro Artikel. Diese moderate Reduzierung
von politischen Positionen und thematischer Bandbreite in den Zeitungen ist
wohl auf den Druck zur Tagesaktualität, den geringeren Textumfang und die
Konkurrenz mit einer Vielzahl anderer Themen und Ereignisse zurückzuführen.
Zu beachten ist, dass diese Differenz wohl deshalb relativ klein ist, weil im In-
ternet nur die beiden ersten DIN A4 Seiten von Texten berücksichtigt wurden
(vgl. Abschnitt 3.4.1).
Welche Zeitung oder welches Suchwort ein potentieller Nutzer bei der Re-
cherche zum Thema Genfood nutzt, spielt auch für die Frage der thematischen
Breite und der Anzahl der politischen Positionen eine Rolle. So erbrachten im
Vergleich zu den übrigen Suchwörtern die Kombinationen „genmanipulierte
Lebensmittel“ sowie „genveränderte“ deutlich mehr politische Stellungnahmen.
Zudem förderten die Kombinationen „genmanipulierte Lebensmittel“ sowie
„Genfood“ ein größeres thematisches Spektrum zu Tage. Während es bei den
Zeitungen erhebliche Unterschiede in der Breite und im Umfang der Berichter-
stattung zu Genfood gab, kann dies für die unterschiedlichen Bezugskanäle im
Internet, nämlich die sechs Suchwortkombinationen, nicht eindeutig festgestellt
werden. Zwar ergeben die Suchwortkombinationen „genmanipulierte Lebensmit-
tel“ und „genveränderte“ mehr Positionen. Gleichzeitig weisen sie jedoch bei der
Suche in Google hohe Quoten nicht relevanter Texte aus. Umgekehrt liefert die
Suchwortkombination „gentechnisch veränderte“ mit 27 Prozent eine relativ
geringe Quote irrelevanter Ergebnisse in Google. In den anschließend untersuch-
ten Texten fanden sich jedoch durchschnittlich nur knapp zwei Stellungnahmen
sowie drei unterschiedliche Themen. Im Gegensatz hierzu sind die Unterschiede
zwischen den Zeitungen berechenbar. Solche Zeitungen, die häufiger über Gen-
food berichteten, enthielten für jeden einzelnen Text im Durchschnitt mehr Posi-
tionen und wiesen gleichzeitig ein größeres thematisches Spektrum auf als Zei-
tungen, die seltener Genfood thematisierten.
Hinsichtlich der Versorgung mit Informationen sind also auf der Ebene sehr
abstrakter Indikatoren – wie der Anzahl der Themen und Akteure, die eine politi-
sche Stellungnahme abgeben – Internet und Zeitungen durchaus ähnlich. In bei-
den Medien gibt es für einen hypothetischen Nutzer, der sich allein für das The-
ma Genfood interessiert, bestimmte Hürden. So müssen Zeitungsleser auf das
Erscheinen einschlägiger Artikel warten. Auch sind nicht alle Artikel, die sich
mit Genfood beschäftigen, durch Überschrift bzw. Lead kenntlich gemacht. In
Google hingegen müssen Suchende zunächst einen Gutteil der angebotenen
Suchergebnisse verwerfen. In beiden Fällen ist zudem die Nutzung von mehr als
einer Bezugsquelle sinnvoll, um sicher zu stellen, überhaupt hinreichend mit
Informationen versorgt zu werden. Wer lediglich Spiegel, ZEIT oder Bild zu
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 93

Rate zieht, wäre zumindest im Untersuchungszeitraum nicht gut informiert ge-


wesen. Ähnlich wäre Interessierten anzuraten, mehr als eine Suchwortkombina-
tion in Google anzuwenden.

3.4.2.4 Texttypen im Internet und in den Zeitungen

Wie bereits dargelegt, ergeben sich klare Unterschiede hinsichtlich des Publi-
kums, das die jeweiligen Texte ansprechen wollen. Hier zeigte sich, dass die
Internet-Texte nicht durchgängig an ein allgemeines Publikum gerichtet sind.
Vielmehr werden auch sehr spezifische Expertendiskurse wiedergegeben. Diese
Tendenz wird beim Vergleich der einzelnen Texttypen besonders deutlich. Die
Zeitungen folgen hierbei bekannten und relativ stabilen Mustern. Die Stichprobe
der Zeitungsartikel besteht zu drei Achteln aus Hintergrundartikeln und zu einem
Drittel aus Nachrichten. Kommentare, Leserbriefe und Interviews machen den
Rest aus. Aus dem Rahmen fällt hierbei die TAZ, deren Berichterstattung zu
mehr als der Hälfte aus Hintergrundartikeln besteht, was mit der bereits ange-
sprochenen Artikelserie zum Thema Genfood zu tun hat. Die FR weicht unter
den Tageszeitungen erheblich ab. Sie berichtete insgesamt seltener und publizier-
te nur zwei Hintergrundartikel.
Anbieter von Texten im Internet sind nicht wie Zeitungen darauf festgelegt,
eine allgemeine Berichterstattung über eine Vielzahl von Themen und Gebieten
zu liefern und dabei interessante Ereignisse für ein größeres Publikum zu verar-
beiten. Vielmehr lassen sich im Groben drei zusätzliche Textformen im Internet
unterscheiden. Diese sind „Selbstdarstellung“, „Mobilisierung“ und „Diskussi-
onsforum“. Die Textform „Selbstdarstellung“ zielt darauf ab, die eigene Position
und den eigenen Arbeitsbereich durch den Anbieter selbst in der Öffentlichkeit
darzustellen. Hierzu können Positionspapiere, Programmatiken, Pressemitteilun-
gen, wissenschaftliche Texte und die Veröffentlichung von Gesetzen und Ver-
ordnungen zählen. Mit der Textform „Mobilisierung“ soll ein breiteres Publikum
zu politischem Handeln bewegt werden. Hierzu gehören vor allem Protestaufru-
fe. Die Textform „Diskussionsforum“ kann von einem breiten Publikum als
Autor und Rezipient gleichzeitig verwendet werden. Sie zeichnet sich also da-
durch aus, dass Beiträge verschiedener Nutzer aufeinander bezogen sind. Es
wäre zu erwarten, dass durch die geringere marktförmige Einbettung der Anbie-
ter von Texten im Internet eher ein direkter und ungezwungener politischer Mei-
nungsaustausch stattfindet. Dies würde bedeuten, dass agitatorische, polemische
oder auch diskursive Textformen häufiger vorkämen als solche, die eher deskrip-
tiv, verlautbarend oder informierend sind (vgl. Hypothese 2).
94 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 3: Texttypen im Internet und in den Zeitungen


Internet Zeitungen
N % N %
Kommentar 2 2 18 12
Hintergrundartikel / Infomaterial 52 44 57 39
Nachrichten 34 29 46 31
Interview - - 4 3
Leserbriefe / Nutzer-Beiträge 2 2 20 14
Positionspapier, Programmatik 11 9 - -
Protestaufruf 1 1 - -
Pressemitteilung 3 3 - -
Forschung, Expertisen 2 2 - -
Lehre 6 5 - -
Gesetze und Verordnungen 3 3 - -
Sonstige 3 3 3 2
Gesamt 119 100 148 100

Die Verteilung der Textformen deutet darauf hin, dass die untersuchten Anbieter
im Internet das ihnen zugeschriebene Potential kaum ausschöpfen (siehe Tabelle
3). Die Bandbreite an Textformen ist im Internet zwar bedeutend größer als in
den Printmedien. So finden sich in den Printmedien nur fünf verschiedene Arten
von Texten, während in den untersuchten Internet-Texten zehn Textformen ver-
treten sind. Lediglich Interviews sind in den Internet-Texten nicht enthalten.
Jedoch zeigen die Verteilungen zwischen den Texttypen, dass sich Internet-Texte
und Zeitungsartikel ähnlicher sind als vielfach angenommen wird. Hauptgrund
ist hierfür die Tatsache, dass mehr als die Hälfte der Anbieter von Texten im
Internet Medienakteure waren, die ein den Zeitungen ähnliches Muster der Be-
richterstattung reproduzieren. Mehr als zwei Drittel der Pressetexte waren Hin-
tergrundartikel und Nachrichten (39 % und 31 %). In den untersuchten Internet-
Texten gehörten sogar 71 Prozent der Texte diesen beiden Gattungen an (44 %
bzw. 29 %). Im Internet sind hingegen Kommentar und Leserbrief selten. Hier-
aus lassen sich zwei Schlüsse ziehen. Erstens werden die Potentiale der „Mobili-
sierung“ und des „Diskussionsforums“ in den untersuchten Internet-Texten kaum
genutzt. Texttypen der Selbstdarstellung (wie Pressemitteilungen und Positions-
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 95

papiere) waren hingegen deutlich häufiger vertreten als z.B. Nutzerbeiträge


(2 %) oder Protestaufrufe (1 %). Zweitens sind auch in Hinsicht auf die Text-
formen politische Überzeugungsversuche in Internet-Texten nicht deutlich häu-
figer als bei den Zeitungsartikeln. Textformen, die prinzipiell darauf angelegt
sind, politische Meinungen zu propagieren – also eher zu überreden, statt zu
informieren bzw. zu überzeugen – sind in beiden Mediengattungen klar in der
Minderheit. Allerdings zeigen sich je nach dem, welche Organisationen Texte
anbieten, deutliche Unterschiede. Während staatliche Stellen und Medienakteure
vor allem informative Texte anboten, machen sich zivilgesellschaftliche Akteure
durchaus die Möglichkeit zunutze, politische Positionen, Programmatiken und
Forderungen zu vermitteln.

3.4.2.5 Tendenz der Texte: Für oder Gegen Genfood?

Die vermeintliche Einseitigkeit der Diskussionsbeiträge in den herkömmlichen


Massenmedien ist ein häufig wiederkehrender Kritikpunkt. Durch die Einbettung
in privatwirtschaftliche Zusammenhänge und durch die politische Festlegung der
Zeitungsredaktionen werde ein Abwägen des Für und Wider nach sachlichen
Gesichtspunkten kaum ermöglicht. Vielmehr stünden die herkömmlichen Mas-
senmedien einem pluralistischen öffentlichen Diskurs im Wege. Das Internet als
verhältnismäßig offener und polyzentrischer Raum verspräche hier Abhilfe.
Daher wird im Folgenden untersucht, inwieweit Pro- und Contra-Argumente in
der Genfood-Debatte gegeneinander abgewogen werden. Zusätzlich werden
neutrale oder ambivalente Positionen berücksichtigt (siehe Tabelle 4).

Tabelle 4: Tendenz der Texte zum Thema Genfood


Internet Zeitungen
N % N %
Positiv 22 19 36 24
Negativ 61 51 62 42
Ambivalent 9 8 19 13
Neutral/keine Tendenz 27 23 31 21
Gesamt 119 100 148 100

Keine oder eine neutrale Tendenz enthält in beiden Mediengattungen etwas mehr
als ein Fünftel der Texte (Internet: 23 %, Zeitungen: 21 %). Die untersuchten
Texte im Internet beurteilen das Thema Genfood wesentlich häufiger negativ
96 3 Empirische Untersuchungen

(51 %) als die zum Vergleich herangezogenen Zeitungsartikel (42 %). Zudem
berichten die Zeitungsartikel häufiger ambivalent (13 %) über das Thema als die
Internet-Texte (8 %). Grund für die häufiger negative Behandlung von Genfood
ist nicht nur, dass gentechnikfeindliche zivilgesellschaftliche Anbieter in Google
selbst Texte anbieten, während gentechnikfreundliche sozioökonomische Inte-
ressengruppen wie Gen-Firmen oder die Pharma-Industrie nicht zu Wort kom-
men (vgl. Tabelle 1). Vielmehr stammen Genfood ablehnende Internet-Texte
auch von anderen Anbietern.
Genfood wird im Internet zudem entschiedener abgelehnt. Viele Texte
wenden sich häufig schon in Titeln wie „Gen-Food, nein danke!“82 offensiv und
eindeutig gegen Genfood. Die Befürwortung erschließt sich hingegen häufig erst
durch die genauere Lektüre und wird erst nach der Ablehnung des Widerstandes
gegen Genfood verdeutlicht. Die Zeitungsartikel sind weniger meinungsbetont.
Mit Ausnahme der TAZ, die Genfood auch als „Frankenstein-Food“83 bezeich-
net, enthält man sich deutlicher Schlagworte oder Parolen. Auch hier gilt aller-
dings, dass die Befürwortung von Genfood eher über die Diskussion der ableh-
nenden Position hergeleitet wird und mit einigen Ausnahmen in der WELT und
FAZ auch nur sehr moderat ausfällt.
Bisher beruhten die quantitativen Ergebnisse vor allem auf Gesamtwerten
für alle untersuchten Zeitungen und Internet-Texte. Bekanntermaßen bestehen
allerdings deutliche Unterschiede zwischen den verschiedenen Printmedien.
Auch die Suchwortkombinationen selbst unterscheiden sich bereits in ihrem
politischen Gehalt. Insbesondere ist die Rolle wertender Begriffe in der Debatte
um Genfood nicht zu unterschätzen. Nicht ohne Grund sprechen Skeptiker eher
von „Genmanipulation“, während Befürworter eher zu Begriffen wie genetische
„Veränderung“ oder „Verbesserung“ neigen. Tabelle 5 macht die Bedeutung der
unterschiedlichen Bezugsquellen der Texte für die Haltung zu Genfood deutlich.

82
http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13311/1.html.
83
„Frankenstein-Food“, TAZ 12./13.06.2004, S. 4.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 97

Tabelle 5: Texttendenz zu Genfood nach Suchwortkombinationen und


Zeitungen (Häufigkeiten)
Positiv Negativ Ambi- Neutral Gesamt
valent
Google-Suche
Genfood, „genmanipulierte“, 4 46 2 9 61
„genmanipulierte Lebens-
mittel“
„gentechnisch veränderte“, 18 15 7 18 58
„genveränderte“, „genetisch
veränderte“
Gesamt 22 61 9 27 119
Zeitungen

FAZ 10 6 5 6 27
WELT 16 6 5 8 35

FR 2 9 3 4 18

SZ 3 15 4 4 26

TAZ 4 24 2 6 36

Spiegel 1 1 0 0 2

ZEIT 0 1 0 1 2

Bild 0 0 0 2 2

Gesamt 36 62 19 31 148

Tatsächlich waren die Beiträge der konservativen Tageszeitungen FAZ und


WELT häufiger positiv gegenüber Genfood eingestellt. Während in der FAZ
ambivalente und neutrale Texte etwa zwei Fünftel ausmachten und mehr als
jeder fünfte Beitrag tendenziell gegen Genfood gerichtet war, dominierte eine
gentechnikfreundliche Berichterstattung in der Tageszeitung DIE WELT sehr
viel deutlicher. Zwei Drittel der TAZ-Artikel und 15 der 26 SZ-Artikel waren
Genfood gegenüber negativ gestimmt. Diese sehr eindeutigen Botschaften an
ihre Leser stehen also im Einklang mit der allgemeinen politischen Linie der
jeweiligen Tageszeitungen. Im Internet wäre jedoch im Sinne eines offenen
kommunikativen Raumes eine solche Aufteilung der Positionen nicht zu erwar-
ten. Und die politisch indifferente Suchmaschine Google bietet auch wenig An-
lass hieran zu zweifeln. Wie in Tabelle 5 jedoch ersichtlich ist, entscheidet in den
98 3 Empirische Untersuchungen

untersuchten Internet-Texten maßgeblich das eingegebene Suchwort über die


aufgefundenen politischen Positionen zu Genfood. Zumindest für die gewählten
beiden Download-Zeitpunkte standen die Texte, die unter den Suchwortkombi-
nationen „Genfood“, „genmanipulierte“, „genmanipulierte Lebensmittel“ unter
die ersten zehn relevanten Suchergebnisse gelangten, überwiegend Genfood
ablehnend gegenüber (70 % bis 81 %, im Durchschnitt 75 %). Die Suchwort-
kombinationen mit dem Zusatz: „veränderte“ erbrachten hingegen eine absolute
Mehrheit für Anbieter, die Genfood befürworteten. Auf der Ebene der untersuch-
ten Texte im Internet zeigt sich also, dass die angebotenen Texte ähnlich stark
nach Gegnern und Befürwortern sortiert sind, wie dies bei den jeweiligen Zei-
tungen der Fall ist.

3.4.2.6 Aktualität, Textlänge, Hyperlinks

In der Debatte um die Besonderheiten des Internet spielen technische Möglich-


keiten eine bedeutende Rolle. Insbesondere im Vergleich zu den herkömmlichen
Printmedien sei ein höheres Maß an Aktualität und mehr Raum auch für längere
inhaltliche Darstellungen gegeben. Zusätzlich wird das grundlegende Potenzial
der Verknüpfung unterschiedlicher Texte durch so genannte Hyperlinks betont.
Die Untersuchung der Texte im Internet ergab jedoch, dass diese keineswegs so
aktuell waren, wie oft vermutet wird. Im Schnitt waren die Texte über zwei Jahre
alt. Der älteste Text wurde vor neun Jahren veröffentlicht. Nur 57 Prozent der
Texte waren jünger als ein Jahr und nur 11 Prozent nicht älter als eine Woche.
Somit hinkt das Internet den täglich erscheinenden Zeitungsartikeln in seiner
Aktualität deutlich hinterher.84
Anders verhält es sich hinsichtlich des Platzangebotes für ausgiebige Erör-
terungen. Die untersuchten Internet-Texte sind deutlich länger als die untersuch-
ten Zeitungsartikel. Da viele Internet-Texte für eine praktikable Codierung deut-
lich zu lang waren, beschränkten wir uns auf zwei DIN A 4 Seiten (vgl. Ab-
schnitt 3.4.1). Zur Messung der tatsächlichen Länge der Texte wurde zusätzlich
eine Stichprobe nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, die jeweils 30 Fälle aus
Zeitungen und dem Internet beinhaltete. Anschließend wurde die Anzahl der
Wörter für diese 60 Texte ermittelt. Das Ergebnis war eindeutig. Die Internet-
Texte waren mit ca. 1.310 Wörtern (ca. vier DIN A4 Schreibmaschinenseiten) im

84
Hierbei sollte jedoch einschränkend bemerkt werden, dass in der vorliegenden Untersuchung die
kürzlich eingerichtete Suchfunktion unter Google (http://news.google.de/nwshp?hl=de&gl=de), die
sich auf tagesaktuelle Texte konzentriert, ebenso wenig einbezogen wurden wie Möglichkeiten,
Suchanfragen auf Seiten zu beschränken, die von den Betreibern in einem bestimmten Zeitraum ak-
tualisiert wurden.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 99

Durchschnitt mehr als doppelt so lang wie die Zeitungsartikel mit durchschnitt-
lich 640 Wörtern (ca. zwei DIN A4 Schreibmaschinenseiten).
Auch die Möglichkeit des Internet, Texte mit anderen Texten durch so ge-
nannte Hyperlinks zu verknüpfen, unterscheidet es von den Zeitungen (siehe
Tabelle 6). Während knapp 65 Prozent der Internet-Texte Hyperlinks zu anderen
Internet-Quellen verwendeten, wiesen nur 3 Prozent der Zeitungsartikel auf In-
ternet-Texte hin. Solche Hinweise standen bei Zeitungsartikeln immer unterhalb
des Textes. Die Vernetzungsmöglichkeiten durch Hyperlinks wurden bei den
Internet-Texten nur unzureichend ausgeschöpft. Mehr als ein Drittel der Texte
wies keine Hyperlinks auf. Wiederum knapp ein Viertel der Texte verlinkte le-
diglich zu Webseiten desselben Anbieters, und etwas weniger als ein Drittel der
Texte verwendete Hyperlinks innerhalb des Textes.

Tabelle 6: Anteil von Texten mit Hyperlinks nach Ziel und Position (Prozente)
Innerhalb Innerhalb Unterhalb Gesamt
und
unterhalb
Extern 3 1 8 13
Intern und extern 7 8 13 28
Intern 9 4 11 24
Gesamt 19 13 32 65
Keine Hyperlinks 35 %, N = 42. Texte insgesamt N = 119

Es kann also nur eingeschränkt von einer grundlegenden Veränderung politikbe-


zogener Texte durch die technischen Vorteile des Internet gesprochen werden.
Zum einen werden Hyperlinks nur selten in den Zeitungen angegeben. Zum
anderen werden Hyperlinks, die innerhalb des Fließtextes eingebaut werden und
auf externe Quellen verweisen, nur von 19 Prozent der untersuchten Internet-
Texte verwendet. In seiner Aktualität hinkt das Internet sogar deutlich den Zei-
tungsartikeln hinterher. Veraltete Berichte können oft irreführend sein. Gerade
im Themenbereich Genfood, in dem viele wichtige politische Entscheidungen
kurz vor und innerhalb unseres Untersuchungszeitraumes gefällt wurden, er-
scheinen im Internet häufig Texte, die von inzwischen hinfälligen politischen
oder rechtlichen Voraussetzungen ausgehen. Lediglich die Möglichkeit, längere
Texte zu platzieren, wird im Internet häufig genutzt.
100 3 Empirische Untersuchungen

3.4.2.7 Sprecher nach Akteurskategorien

Sowohl einzelne Zeitungsartikel als auch Internet-Texte bieten Raum für die
politischen Stellungnahmen mehrerer Akteure. Diese Sprechenden und Handeln-
den adressieren wiederum häufig andere Akteure (Adressaten) und haben dabei
Auswirkungen auf Dritte im Blick (Objektakteure). Für die Untersuchung unse-
rer Hypothesen ist die Erörterung dieser Akteurskonstellationen in Texten von
besonderem Interesse. So lässt sich eruieren, ob auch Akteure aus der Zivilge-
sellschaft oder aus geographisch weit entfernten Gegenden zu Wort kommen
bzw. in der politischen Auseinandersetzung berücksichtigt werden. Zunächst
untersuchen wir politische Sprecher und Handelnde und behandeln anschließend
die Rolle von Adressaten und Objektakteuren.
In der bisherigen Forschung über das Internet wurde, wie bereits mehrfach
erwähnt, die These vertreten, das Internet biete auch ressourcenschwachen politi-
schen Akteuren die Möglichkeit, eine relativ breite Öffentlichkeit zu erreichen.
In dieser Argumentation wird das Internet als polyarchisches Netzwerk hetero-
gener Akteure den herkömmlichen Massenmedien als relativ homogenen, hierar-
chischen Organisationen gegenübergestellt. Es wurde bereits dargelegt, dass sich
dieses Bild vom Internet im Hinblick auf seine breitere Anbieterstruktur bestä-
tigt. Über Suchmaschinen wie Google werden auch Texte von Anbietern, die
nicht als Medienunternehmen tätig sind, zugänglich. Allerdings ist offen, ob sich
dies auch inhaltlich in den im Internet erscheinenden Texten widerspiegelt. Des-
halb wird gefragt, welche Sprecher in den untersuchten Texten auftauchen. (sie-
he Tabelle 7).

Tabelle 7: Politische Sprecher/Handelnde nach Akteurskategorien


Internet Zeitungen
N % N %
Staat und Parteien 236 49 217 43
Sozioökonomische Interessengruppen 61 13 85 17
Zivilgesellschaft, non-profit 130 27 143 28
Medien 32 7 46 9
Sonstige 19 4 17 3
Gesamt 478 100 508 100
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 101

Im Ergebnis zeigt sich, dass – anders als auf der Ebene der Anbieter – staatliche
Akteure als Sprecher häufiger vorkommen als zivilgesellschaftliche Gruppen.
Zivilgesellschaftliche Akteure treten mit 27 Prozent in den untersuchten Internet-
Texten fast ebenso oft in Erscheinung wie in den Zeitungsartikeln, wo sie
28 Prozent der politischen Stellungnahmen ausmachen. Häufiger als in den un-
tersuchten Internet-Texten (13 %) sind sozioökonomische Akteure in den Zei-
tungen vertreten (17 %). Bei den Medienakteuren, die politische Stellungnahmen
abgeben, handelt es sich überwiegend um die Anbieter der Texte. Obwohl der
Anteil zivilgesellschaftlicher Akteure in den Zeitungsartikeln fast gleich hoch
wie in den Internet-Texten ist, fällt das Spektrum der zu Wort kommenden zivil-
gesellschaftlichen Akteure in den Internet-Texten breiter aus. Anders als in den
Zeitungsartikeln erscheinen in den Internet-Texten auch Kirchen, Verbraucher-
schutz- und Gesundheitsverbände. Von den Umweltverbänden kommen aller-
dings sowohl im Internet als auch in den Zeitungen überwiegend Sprecher von
Greenpeace zu Wort. Nur gelegentlich tauchen auch Organisationen wie BUND
oder NABU auf. Bemerkenswert ist die Tatsache, dass Parteien auch innerhalb
der Texte und Artikel kaum in Erscheinung treten. In den Internet-Texten treten
sie nur zweimal auf. In den Zeitungen kommen deutlich mehr parteipolitische
Sprecher vor, die allerdings insgesamt nur 2 Prozent aller Stellungnahmen aus-
machen. Sprecher aus der Gentechnik-Wirtschaft wie z.B. InnoPlanta, Monsanto
oder Syngenta sind sowohl in Zeitungen als auch im Internet mit 4 Prozent
schwach vertreten. Darüber hinaus bezieht in den Zeitungsartikeln gelegentlich
die Versicherungswirtschaft – vorwiegend zur Frage der Haftung bei unkontrol-
lierter Auskreuzung von Gen-Pflanzen – Stellung. Die übrigen sozioökonomi-
schen Interessengruppen bestehen in beiden Medien zum Großteil aus dem kon-
ventionellen Lebensmittelhandel. Ökologische oder alternative Lebensmittel-
märkte spielen nur sehr selten eine Rolle in der Berichterstattung. Auf Vertreter
aus der konventionellen Landwirtschaft und dem Ökoland-Bau gehen im Internet
nur 3 Prozent und in den Zeitungen nur 5 Prozent der politischen Stellungnah-
men zurück. In den Zeitungen finden sich jedoch etwas häufiger Stellungnahmen
der einschlägigen Verbände wie z.B. des Deutschen Bauernverbandes. Im Ein-
klang mit bisherigen Forschungsergebnissen zur medialen Debatte um Gentech-
nik allgemein steht das Ergebnis, dass in beiden Medien nur etwa jede zehnte
Stellungnahme aus der Genforschung selbst kommt (Kepplinger 1995).
Insgesamt werden die Sprecher in den Zeitungsartikel mit 40 Prozent deut-
lich häufiger namentlich genannt als in Internet-Texten (24 %). Im Internet
kommen hierbei US-Präsident George W. Bush (sechsmal), der für seine strikte
Ablehnung von Genfood bekannte Prince Charles (viermal) sowie Ministerin
Renate Künast (dreimal) häufiger zu Wort als andere Personen. In den Zeitungs-
artikeln hingegen kommt Renate Künast 18 mal zu Wort und wird somit mit
102 3 Empirische Untersuchungen

Abstand am häufigsten genannt. Es folgt danach der Greenpeace-Experte Hen-


ning Strodthoff (achtmal). Die Internet-Texte bieten also nicht den Umfang an
Personalisierung, der prägend für die herkömmliche Berichterstattung ist. Dies
mag daran liegen, dass häufiger pauschal von „Umweltverbänden“ oder „Green-
peace“ gesprochen wird, ohne dass eine konkrete Stellungnahme eines Organisa-
tionssprechers zugrunde liegt. Zudem scheint bei der Rezeption politischer Stel-
lungnahmen in Internet-Texten kein Druck zu bestehen, einige wenige Sprecher
und Stellvertreter zu exponieren. Insbesondere für stärker informelle, basisde-
mokratische zivilgesellschaftliche Initiativen schwächt sich scheinbar das ein-
schlägige Problem ab, einerseits eine breitere Öffentlichkeit zu suchen, aber
andererseits auf Repräsentanten oder markante Gesichter verzichten zu wollen.
Allerdings waren, wie bereits erwähnt, die Texte informeller Anbieter kaum
vertreten.
Untersucht wurde auch, ob die Sprecher eine formalisierte Rolle einneh-
men. Bemerkenswert ist hierbei, dass in beiden Stichproben der Anteil informel-
ler Sprecher mit rund 10 Prozent gleich niedrig ist, wenn man politische Stel-
lungnahmen, die von den Anbietern selbst vorgenommen wurden, ausklammert.
Nimmt man hingegen die Anbieter der Texte, die selbst in ihren Texten Stellung
beziehen, hinzu, so ist der Anteil der nicht formell organisierten Sprecher im
Internet höher, da alle ausgewählten Zeitungen formell organisiert sind.
Die These, dass ressourcenschwächere und zivilgesellschaftliche Akteure
über Google eher eine breite Öffentlichkeit erreichen könnten, bestätigt sich also
nicht durchgängig. Allerdings ist die Tendenz zur Personalisierung im Internet
schwächer ausgeprägt. Die unterschiedlichen Sprecherstrukturen in Internet-
Texten und Zeitungsartikeln lassen sich vor allem durch die sehr unterschiedli-
che Herangehensweise der Autoren erklären. Die Zeitungsjournalisten folgen bei
der Auswahl der in den Artikeln auftretenden Sprecher typischen professionellen
Prinzipien. So berichtet man vor allem von Personen und Organisationen im Zu-
sammenhang mit einigen wenigen aktuellen Medienereignissen (siehe Abbildung
4). Dies erklärt beispielsweise die Häufigkeit von Stellungnahmen von Green-
peace, Müller-Milch, Verbraucherministerin Renate Künast sowie der sachsen-
anhaltinischen Landesregierung. Die Auswahl der Sprecher orientiert sich an
Nachrichtenwerten, also an inhaltlichen Merkmalen, die Pressetexte für Rezi-
pienten attraktiv machen (Staab 1990; Hocke 2002). Im Untersuchungszeitraum
spielten hier vor allem Konfrontationen in großer Nähe, also innerhalb Deutsch-
lands, eine zentrale Rolle. So ist ein Artikel in der FAZ am 14. Juni 2004 (S. 44)
mit „Der Undercover-Bauer“ übertitelt und bezieht sich auf die aktuelle Diskus-
sion um den probeweisen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen und die
Geheimhaltung der Standorte, um Feldzerstörungen durch Genfood-Gegner zu
vermeiden. Die allgemeine Erörterung des versuchsweisen Anbaus erfolgt vor-
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 103

wiegend durch Stellungnahmen von Greenpeace, Biotech-Unternehmen und


politischen Entscheidungsträgern. Eingerahmt wird der Beitrag jedoch von einer
personenorientierten Episode, die den Beitrag einleitet und am Ende wieder
aufgenommen wird. Dieses Feature-Schema findet sich in vielen Artikeln. Häu-
figer als in Internet-Texten werden in den Zeitungen auch Personen wörtlich
zitiert, um den Eindruck der unmittelbaren Nähe und der direkten Teilnahme zu
vermitteln. In diesem Falle besucht der Reporter am Anfang des Artikels einen
unbedarften Bauern, der sich bereit erklärt hat, gentechnisch veränderte Pflanzen
anzubauen:

„Der Landwirt und seine Saatgutlieferanten wollen mit dem Ortstermin einerseits
vermitteln, warum die Gentech-Pflanzen eine gute Sache sind, aber andererseits
wollen sie den Standort des Ackers geheim halten, damit es nicht zu tätlichen Über-
griffen kommt. (…) Der zum Acker gehörende Landwirt präsentiert sich als uner-
schrockener Mann, den an der Gentechnik ‚das Neue, Fortschrittliche’ reizt, doch er
lässt sich lieber von hinten fotografieren, wie es sonst nur Geheimdienstagenten oder
verschreckte Verbrechensopfer tun. (…) Erst im Frühjahr haben unbekannte Täter
des Nachts bei Bernburg ein Versuchsfeld der Firma Syngenta abgeräumt.“

Die Äußerungen des Landwirtes werden hier vor allem vor dem Hintergrund der
– so wörtlich – „gewaltsamen“ Konfrontationen im Rahmen von Versuchsfeld-
zerstörungen wiedergegeben. Die eigentlichen inhaltlichen Aussagen zur Frage
des Für und Wider der Geheimhaltung von Anbauflächen durch die Landesregie-
rung von Sachsen-Anhalt folgen später im Artikel von Seiten einiger Organisati-
onsvertreter. Wie in vielen anderen Zeitungsartikeln steht hier die Position von
Greenpeace stellvertretend für die Seite der Genfood-Gegner. Interessant ist vor
allem die Konfrontativität beim Streit um den Versuchsanbau, die in militäri-
scher Sprache ausgedrückt wird:

„Doch Greenpeace und andere grundsätzliche Gegner der Gentechnik sehen in dem
bescheidenen Anbauprogramm keine Friedensinitiative, sondern eine Kriegserklä-
rung.“

Im Gegensatz dazu scheint die Auswahl politischer Sprecher in vielen Internet-


Texten seltener durch Medienereignisse und Nachrichtenwerte bestimmt zu sein.
Viele Internet-Texte streben eine allgemeine Erörterung des Themas Genfood
unabhängig von bestimmten Episoden und Ereignissen an. Im Sinne von Iyen-
gars Unterscheidung zwischen episodischer und thematischer Berichterstattung
sind die Internet-Texte stärker an Genfood an sich als an einzelnen Geschehnis-
sen im Zusammenhang mit Genfood orientiert (Iyengar 1991). Dieser Eindruck
verstärkt sich zudem, wenn man die Anbieter betrachtet. Zeitungen publizieren
104 3 Empirische Untersuchungen

auch themenorientierte Hintergrundartikel. Aufhänger sind jedoch stets aktuelle


Ereignisse. Internet-Seiten wie transgen.de stellen hingegen umfassende Dossiers
zur Verfügung, die ein breites Spektrum thematischer Beiträge umfassen. Da-
durch erklärt sich auch, warum in den Internet-Texten seltener Einzelpersonen
namentlich genannt werden. Häufiger werden dagegen die Positionen kollektiver
Akteure wiedergegeben, um die generellen Konfliktlinien zum Thema Genfood
zu verdeutlichen. Aufschlussreich ist die Presseerklärung des Evangelischen
Entwicklungsdienstes:

„Brot für die Welt, Caritas International, EED, FIAN Deutschland, Greenpeace und
MISEREOR haben sich gegen die Versorgung der Staaten Angola und Sudan mit
genveränderten Nahrungsmitteln durch das Welternährungsprogramm (WFP) ausge-
sprochen.“85

Hintergrund dieser Stellungnahme ist eine allgemeine Praktik des Welternäh-


rungsprogramms der UN, gentechnisch veränderte Nahrungsmittel im Rahmen
der Hungerhilfe nach Afrika zu entsenden. Auch wird verdeutlicht, dass es sich
um die gemeinsame Position christlicher Entwicklungshilfeorganisationen (Brot
für die Welt, Caritas International, EED, Misereor), der humanitären, auf Nah-
rungsversorgung spezialisierten Menschenrechtsorganisation FIAN sowie von
Greenpeace – also eines breiten Teils des gentechnik-skeptischen Spektrums von
Assoziationen in Deutschland – geht. Die zitierte Presseerklärung erwähnt nicht,
dass es sich um eine höchst kontroverse Frage handelt.
Ob gesellschaftspolitische Akteure mit Stellungnahmen präsent sein kön-
nen, ist in Zeitungsartikeln von anderen Kriterien abhängig als in Internet-
Texten. Allerdings lassen sich wegen der Heterogenität der Internet-Texte nur
grobe Tendenzen beschreiben. Äußerungen werden im Internet möglich, wenn
man selbst Anbieter des Textes ist oder dem Anbieter nahe steht. In Internet-
Texten werden auch sehr deutliche Schwerpunkte gesetzt, wenn es um die Aus-
wahl politischer Sprecher geht. Während die Verteilung der Sprechertypen im
Internet und in den Zeitungsartikeln fast identisch ist, lassen staatliche Anbieter
primär staatliche Akteure sowie sozioökonomische Interessengruppen ebenfalls
vor allem jeweils ihresgleichen in den Texten zu Wort kommen. Lediglich die
zivilgesellschaftlichen Non-profit-Akteure weisen ein relativ ausgeglichenes
Spektrum an Sprechern auf. Von den 158 eine Position ergreifenden Äußerungen
in den Texten dieser Anbieter stammt immerhin jeweils ein Fünftel von staatli-
chen und von sozioökonomischen Interessengruppen. Eine Bezugnahme auf
andere gesellschaftliche Diskussionszusammenhänge fehlt demzufolge vor allem
in den Texten von sozioökonomischen und staatlichen Akteuren. So thematisiert

85
Siehe: http://www.eed.de/de.home/de.aktuell.short.23/ vom 01.06.2004.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 105

eine im Internet veröffentlichte Fachstudie der Konrad-Adenauer-Stiftung, die


aufgrund ihrer Parteinähe und Finanzierungsbasis zur Klasse der staatlichen
Akteure gezählt wurde, den Streit um Genfood in Brasilien fast ausschließlich
vor dem Hintergrund behördlicher und legislativer Praktiken. Der insgesamt
fünfseitige Beitrag86 konzentriert sich vor allem auf die Rolle der brasilianischen
Regierung und der dortigen Behörden; die Positionen zivilgesellschaftlicher
Akteure werden nur beiläufig erwähnt.
Die Vermutung, dass Journalisten vor allem die Sichtweise derjenigen Ak-
teure, die der politischen Linie des Blattes nahe stehen, wiedergeben, lässt sich in
Hinsicht auf die Akteursklassen nicht erhärten. So beziehen FR und FAZ zivil-
gesellschaftliche Stellungnahmen deutlich häufiger ein als TAZ oder WELT.
Umweltverbände kommen in SZ und FR häufiger zu Wort als in WELT und
FAZ. Die links-alternative TAZ rekurriert sogar noch seltener auf Stellungnah-
men von Umweltverbänden als die konservative WELT. Die Positionen der
Genforschung werden besonders häufig in FAZ und FR wiedergegeben. Äuße-
rungen von Biotech-, Pharma- und Chemieunternehmen werden hingegen am
häufigsten in Artikeln der TAZ abgedruckt.

3.4.2.8 Anbieter und Sprecher nach geographischem Bezug

Oft wird geäußert, dass im Internet geographisch weit entfernte Akteure eher zu
Wort kommen als in den klassischen Medien wie z.B. Zeitungen (vgl. Hypothese
4). Daher wurden die Anbieter der Internet-Texte auf ihren geographischen Be-
zug hin in ausländische und internationale Akteure klassifiziert, wobei internati-
onale Akteure wiederum nach transnationalen und supranationalen Bezügen
unterschieden wurden (vgl. Abschnitt 3.3). Im Gegensatz zu den ausgewählten
Zeitungen war für die Internet-Texte keine Beschränkung auf deutsche Akteure
gegeben. Stattdessen wurde die Perspektive eines durchschnittlichen deutschen
Internetnutzers eingenommen. Entsprechend wurde in der deutschen Google-
Version mit deutschsprachigen Suchwortkombinationen zum Thema Genfood
recherchiert. Anschließend wurde die geographische Basis derjenigen Anbieter
ermittelt, deren Webseiten aus den Suchergebnislisten ausgewählt wurden.
Da in deutscher Sprache gesucht wurde, ist es nicht erstaunlich, dass
70 Prozent der Anbieter von Texten im Internet als deutsche Akteure einzustufen
sind (siehe Tabelle 8). Immerhin wurden 25 Prozent der untersuchten deutsch-
sprachigen Internet-Texte von ausländischen oder internationalen Akteuren an-
geboten. Hierbei spielten nationale Anbieter aus dem Ausland mit 16 Prozent

86
Siehe http://www.kas.de/db_files/dokumente/laenderberichte/7_dokument_dok_pdf_3843_1.pdf
07.01.2004. Neben den ersten beiden für die Kodierung herangezogenen Seiten wurde hier der ge-
samte Beitrag für die Bewertung der Sprecherstruktur berücksichtigt.
106 3 Empirische Untersuchungen

eine größere Rolle als EU-Akteure mit 7 Prozent, die wiederum deutlich häufiger
in Erscheinung traten als supranationale Akteure. Keine Rolle spielten transnati-
onale Nichtregierungsorganisationen. Organisationen wie Greenpeace folgen in
ihrem Webauftritt dem Prinzip nationaler Selbständigkeit, sodass lediglich die
Webseiten von Greenpeace Deutschland und von regionalen Greenpeace-Grup-
pen in Erscheinung traten. Allerdings konnte der zivilgesellschaftliche Anbieter
„Campaign to ban genetically engineered foods“, der die Webseite „netlink.de“
betreibt und immerhin sieben Texte anbot, die in die Stichprobe eingegangen
sind, wegen mangelnder Informationen geographisch nicht zugeordnet werden.

Tabelle 8: Internet-Texte nach geographischem Bezug ihrer Anbieter


N %
National: Deutschland 83 70
National: andere Länder 19 16
Transnational 0 0
Supranational: EU 8 7
Supranational: Nicht-EU 2 2
Unbekannt 7 6
Gesamt 119 100

Bei den ausländischen und internationalen Anbietern der Internet-Texte handelt


es sich überwiegend um österreichische und schweizerische Organisationen
sowie politische Institutionen der EU.
Der Großteil der gefundenen politischen Stellungnahmen stammt allerdings
nicht von den Zeitungsjournalisten oder den Anbietern der Internet-Texte. Viel-
mehr werden durch Berichte, Zitate oder Interviews politische Stellungnahmen
anderer Akteure wiedergegeben. Daher wird im Folgenden untersucht, ob die
These fallender nationaler Barrieren im Internet auch für die Sprecher innerhalb
der publizierten Texte gilt. Aus Tabelle 9 wird sichtbar, dass in den untersuchten
Internet-Texten lediglich ein Drittel der identifizierten Sprecher nur innerhalb
Deutschlands verortet ist, obwohl, wie oben gezeigt, knapp drei Viertel der Texte
von deutschen Anbietern veröffentlicht werden. Hingegen stellt die Gruppe der
deutschen Sprecher in den untersuchten Zeitungsartikeln 71 Prozent. Den größ-
ten Anteil in den untersuchten Internet-Texten nehmen ausländische Sprecher
mit 34 Prozent ein. Nicht auf einen Nationalstaat beschränkte, internationale
Akteure stellen 28 Prozent der Internet-Sprecher. Mit Abstand die größte Gruppe
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 107

bilden EU-Akteure, die fast ein Viertel aller Sprecher in den Internet-Texten
stellen. Insgesamt zeigt sich für alle Kategorien, dass internationale und auslän-
dische Akteure in den Zeitungen deutlich seltener auftreten als im Internet. Mit
Bezug auf die oben angeführten Beispiele der Presseerklärung des EED, der
Fachstudie der KAS (Konrad-Adenauer-Stiftung) und des Artikels aus der FAZ
lässt sich beispielhaft zeigen, dass weit entfernte Sprecher aus dem Ausland im
Internet eher zu Wort kommen als in den Zeitungen. So wird in der Presseerklä-
rung des Evangelischen Entwicklungsdienstes ein öffentlicher Aufruf von 65
afrikanischen NGOs erwähnt, der sich gegen Genfood in Form von Hungerhilfe
richtet; auch gibt die KAS-Studie über den Streit um Genfood in Brasilien fast
ausschließlich brasilianische Positionen wieder. Ganz anders hingegen der FAZ-
Artikel, in dem es um den Streit über den Probeanbau in Sachsen-Anhalt geht.
Hier wie in den meisten der Zeitungsartikel – mit Ausnahme der TAZ – kommen
vorrangig inländische Sprecher zu Wort. Die links-internationalistische Ausrich-
tung der TAZ dokumentiert sich in großformatigen Artikeln, die sich ausführlich
mit Genfood mal mit Schwerpunkt auf Osteuropa oder mal konzentriert auf Bra-
silien beschäftigen.87 Dementsprechend häufig sind politische Äußerungen aus
dem Ausland.

Tabelle 9: Politische Sprecher/Handelnde nach geographischem Bezug


Internet Zeitungen
N % N %
National: Deutschland 148 31 360 71
National: andere Länder 162 34 72 14
Transnational 13 3 9 2
Supranational: EU 112 23 49 10
Supranational: Nicht-EU 8 2 5 1
Unbekannt 35 7 13 3
Gesamt 478 100 508 100

In Bezug auf die viel diskutierte Rolle von transnationalen Nichtregierungsorga-


nisationen und nationalen Nichtregierungsorganisationen auf internationaler
Ebene stellt sich jedoch die Frage, ob der höhere Grad an Internationalität in den

87
Siehe: „Gentechnik erobert Brasilien“ (TAZ, 26.06.2004, S. 5) bzw. „In Osteuropa wachsen die
Designpflanzen – mit Hilfe von US-Dollars“ (TAZ, 29.05.2004, S. 4).
108 3 Empirische Untersuchungen

untersuchten Internet-Texten lediglich das strukturelle Übergewicht etablierter


Akteure in den Zeitungsartikeln reproduziert oder ob transnationale Politik – also
nichtstaatliches, grenzüberschreitendes politisches Handeln – im Internet eher
zur Geltung kommt.
Betrachtet man allein die transnationalen und supranationalen Sprecher im
Internet, so zeigt sich, dass zwischenstaatliche Akteure, z.B Organe der EU, um
ein Vielfaches häufiger vertreten sind als transnationale Nichtregierungsorgani-
sationen, die in den Internet-Texten nur 13 mal (3 %) und in den Zeitungsarti-
keln nur 9 mal (2 %) zu Wort kamen. Dabei handelte es sich in den Internet-
Texten vorwiegend um profitorientierte Unternehmen wie Monsanto und Unile-
ver, wohingegen die Zeitungsartikel häufiger zivilgesellschaftlichen Organisati-
onen wie Greenpeace und Friends of the Earth Raum zur Stellungnahme boten.
Erweitert man die Analyse um ausländische Sprecher, verändert sich das Bild
kaum. Behördliche oder staatliche Sprecher stellen in Texten beider Mediengat-
tungen zwei Drittel dieser Gruppe. Das restliche Drittel nichtstaatlicher Sprecher
teilt sich in etwa zur Hälfte in profitorientierte und zivilgesellschaftliche Akteu-
re. Hier zeigen sich kaum nennenswerte Unterschiede zwischen Zeitungsartikeln
und Internet-Texten. Sprecher aus einem anderen Land sind jeweils zu etwa
einem Viertel zivilgesellschaftliche Akteure.
Zusammenfassend kann also die These eines breiteren Akteursspektrums in
den untersuchten Internet-Texten teilweise und die Annahme stärkerer grenz-
überschreitender Bezüge deutlich bestätigt werden. Hierbei unterscheiden sich
die Ergebnisse auf den beiden Untersuchungsebenen. Auf der Anbieterebene
sind im Internet tatsächlich viele zivilgesellschaftliche Akteure vertreten. Gleich-
wohl ist nur ein kleiner Teil aller Anbieter von Internet-Texten nicht formell
organisiert. Ressourcenschwache und periphere Akteure kommen auf der Spre-
cherebene in den Internet-Texten hingegen sogar etwas seltener zu Wort als in
den Zeitungsartikeln. Die beiden Ebenen unterscheiden sich ebenfalls hinsicht-
lich der geographischen Streuung des Akteursspektrums. Auf der Textebene
treten im Internet vorwiegend deutsche Anbieter auf. Auf der Ebene der politi-
schen Stellungnahmen hingegen sind ausländische und EU-Sprecher deutlich
häufiger als in den untersuchten Zeitungsartikeln vertreten.

3.4.2.9 Adressaten und Objektakteure

Innerhalb öffentlicher Diskurse spielen nicht nur die Informationsanbieter und


die Sprecher eine wichtige Rolle, sondern auch die Akteure, die von den Spre-
chern in den Diskurs einbezogen werden – und zwar als Adressaten und Objekt-
akteure. Adressaten sind diejenigen, an die sich die Sprecher in ihrer politischen
Stellungnahme wenden. Adressaten können aufgefordert werden etwas zu tun
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 109

bzw. zu unterlassen oder sie können Gegenstand von Unterstützung/Lob oder


Ablehnung/Kritik sein. Objektakteure sind diejenigen Akteure, welche von den
Äußerungen oder Handlungen der Sprecher unmittelbar betroffen sind. Der Ob-
jektakteur einer Forderung ist somit der Akteur, der entweder einen Nutzen oder
einen Schaden hätte, wenn die Forderung eines Sprechers durchgesetzt werden
würde.88
Insgesamt wiesen ein Drittel der 478 politischen Stellungnahmen, die online
gefunden wurden, mindestens einen Adressaten und 45 Prozent einen Objektak-
teur auf. In den Zeitungen bezogen sich etwas weniger als die Hälfte der 508
politischen Stellungnahmen auf mindestens einen Adressaten und 58 Prozent auf
einen Objektakteur.89 Diese Befunde wirken auf den ersten Blick so, als wäre die
journalistische Qualität der Internet-Texte geringer. Zumindest wurde seltener
deutlich, wer was zu wem und zu wessen Gunsten oder Ungunsten sagt. Insbe-
sondere bei politischen Äußerungen in Nachrichten und Hintergrundinformatio-
nen aus dem Internet wurde deutlich seltener ein Adressat oder Objektakteur
bestimmt als in vergleichbaren Zeitungsartikeln. Berücksichtigt man aber die
Heterogenität der Internet-Texte, stellt man große Unterschiede fest. Während in
Zeitungsartikeln relativ gleichmäßig Objektakteure und Adressaten benannt wur-
den, machten politische Sprecher in Protestaufrufen, Kommentaren und Leser-
briefen aus dem Internet besonders häufig deutlich, welche der von Genfood
Betroffenen einbezogen werden. Dagegen waren Äußerungen in Internet-Texten,
die politische Stellungnahmen der Anbieter darstellen, besonders häufig an einen
bestimmten Adressaten gerichtet. Angesichts dieser Unterschiede stellt sich
darüber hinaus auch die Frage, inwieweit sich das Akteursspektrum der Adressa-
ten und der Objektakteure im Internet von dem in den Zeitungsartikeln unter-
scheidet.
Bislang wurde die These, das Internet biete zivilgesellschaftlichen Akteuren
Zugang zu einer breiteren Öffentlichkeit, allein daraufhin untersucht, wie stark
Anbieter und Sprecher von zivilgesellschaftlicher Seite zu Wort kommen. Die
Analyse der Adressaten bringt zusätzlich Erkenntnisse darüber, welche Bedeu-
tung zivilgesellschaftliche Positionen in Relation zu Positionen anderer Akteure
haben. Dabei fällt zunächst auf, dass im Internet staatliche Akteure im Durch-
schnitt aller Akteursgruppen mit 58 Prozent am häufigsten adressiert wurden
(vgl. Abbildung 5). Dies liegt nicht nur daran, dass staatliche Sprecher vor allem

88
Die Konstellation von Sprechern, Adressaten und Objektakteuren kann z.B. so aussehen: Green-
peace (Sprecher) fordert von der Lebensmittelindustrie (Adressat), dass sie alle Lebensmittel, die
genmanipulierte Bestandteile enthalten, gut sichtbar kennzeichnen, damit die Verbraucher (Objektak-
teure) wissen, was sie zu sich nehmen.
89
In der vorliegenden Untersuchung wird jeweils nur der erste Adressat und der erste Objektakteur
einer Äußerung oder Handlung berücksichtigt.
110 3 Empirische Untersuchungen

andere staatliche Akteure ansprechen (72 %). Auch die Medienakteure richteten
im Internet ihre politischen Stellungnahmen zu drei Vierteln auf staatliche Ak-
teure aus. Sozioökonomische Interessengruppen waren die einzigen Akteure, die
zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure zu gleichen Teilen adressierten.
Zivilgesellschaftliche Akteure richteten beinahe die Hälfte ihrer Äußerungen an
staatliche Akteure.

Abbildung 5: Adressaten (Y-Achse), an die sich die Sprecher (X-Achse) im


Internet und in den Zeitungen wenden, nach Akteursgruppen
100% 2 3 5 6
2 7 6 8
4 15 2 2 1
18 6 2
25 22
10 13 10
20 27 23
80%
50
27 35 22
36 33
60% 23 38 33
29

27
40% 11 24
72 75
58
48 48 50
20% 41 44 42
36 32 29

0%
N=85

N=105

N=28

N=41

N=58

N=82

N=85

N=17

N=85

N=9

N=187

N=254
off
on

on

on

on

on
off

off

off

on
off

off
Staat und Parteien sozio-ökonom. Zivilgesellschaf t, Medien Sonstige Gesamt
Interessengr. non-prof it

Sonstige (N: on=15/of f =14)

Medien (N: on=3/of f =3)

Zivilgesellschaf t/non-prof it (N: on=19/of f =58)

sozio-ökonomische Interessengruppen (N: on=41/of f =73)

Staat und Parteien (N: on=58/of f =42)

Von einer ausgewogenen Adressierung der politischen Stellungnahmen, die eine


Grundbedingung dialogischer Kommunikation darstellt, kann somit nicht ge-
sprochen werden. Ausnahmen bildeten die Bezüge zwischen sozioökonomischen
und zivilgesellschaftlichen Akteuren, die relativ häufig die jeweils andere Seite
adressierten. Besonders einseitig waren die Äußerungen von Seiten der Journa-
listen in den Internet-Texten. Sie meldeten sich deutlich häufiger zu Wort als
ihre Kollegen in den Printmedien und richteten ihre (meist gentechnikkritischen)
Äußerungen zu drei Vierteln an staatliche und zu einem Viertel an sozioökono-
mische Akteure. Politische Äußerungen wurden weder in den Zeitungsartikeln
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 111

noch in Internet-Texten in nennenswerten Umfang an Medienakteure selbst ge-


richtet. Die Mittlerfunktion von Journalisten und ihr politischer Einfluss auf die
öffentliche Debatte wurden in den untersuchten Texten auch sonst kaum thema-
tisiert. Politische Kommunikation in den Internet-Texten nimmt also überwie-
gend nicht die Form eines dialogischen Forums zwischen den grob gefassten
Akteursklassen an, sondern wird eher als Sprachrohr für Forderungen an den
Staat genutzt. Die Lektüre der meist gentechnik-kritischen zivilgesellschaftlichen
Internet-Texte bestärkt den Eindruck, dass es vorrangig um die Entwicklung
eigener Positionen geht, die zu einer politischen Mobilisierung gegen Genfood
führen soll und die meist in Forderungen an die Adresse politischer Entschei-
dungsträger bzw. der Gentechnik-Unternehmen kulminiert.90
Deutlich anders sieht es in den untersuchten Zeitungsartikeln aus. Hier wur-
den die Adressaten weitaus öfter als in den Internet-Texten genau bestimmt,
wodurch die Struktur eines politischen Dialogs deutlicher zu erkennen war. In
den Zeitungsartikeln äußerten sich staatliche Akteure wesentlich häufiger zu den
Positionen zivilgesellschaftlicher Akteure und auch sozioökonomischer Interes-
sengruppen. Gleichzeitig richteten auch sozioökonomische Interessengruppen
und zivilgesellschaftliche Akteure ihre Forderungen häufiger an Akteure aus den
eigenen Reihen. Dementsprechend zeigt das Gesamtbild der Adressierungen im
Durchschnitt aller Akteursgruppen in den Zeitungen ein ausgewogeneres Spek-
trum von Bezugnahmen zwischen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft als im
Internet.
Im nächsten Schritt ist zu untersuchen, in welcher Form die Akteure adres-
siert werden. So können die mit einer Äußerung oder Handlung Angesprochen
kritisiert/abgelehnt (negative Bewertung) oder unterstützt/gelobt (positive Be-
wertung) werden. Der Bezug auf die Adressaten kann aber auch ambivalent oder
neutral ausfallen. Tabelle 10 zeigt, dass in beiden Mediengattungen die meisten
der Äußerungen oder Handlungen sich kritisch auf die jeweiligen Adressaten
bezogen.91 Allerdings war der Anteil positiver Bezugnahmen auf die Adressaten
im Internet mehr als doppelt so hoch (28 %) als in den Zeitungen (12 %). Offline
bezogen sich die Sprecher hingegen häufiger neutral auf ihre Adressaten (offline:
22 %, online: 12 %).

90
Ein gutes Beispiel ist hier der Kampagnenaufruf der Coordination gegen Bayer-Gefahren. Siehe:
http://www.cbgnetwork.org/Ubersicht/Kampagnen/Genfood/genfood.html.
91
Für herkömmliche mediale Diskurse wie die innerhalb der Presse ist das wenig überraschend, da
die Akteure meistens in erster Linie daran interessiert sind, ihr Profil in der Öffentlichkeit zu stärken,
was in Abgrenzung zu anderen Akteuren einfacher zu erreichen ist als durch Zustimmung.
112 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 10: Bewertung der Adressaten durch die Sprecher nach Akteursgruppen
im Internet und in den Zeitungen (Prozente)
Staat und Sozioöko- Zivil- Medien Sonstige Gesamt
Parteien nom. gesellschaft
Interessen
ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF
Positiv 18 7 27 23 63 3 - - 53 36 28 12
Negativ 66 60 68 60 21 90 - 100 27 14 58 65
Ambivalent 3 1 - 4 - - - - - - 2 2
Neutral 13 32 5 13 16 7 100 - 20 50 12 22
Gesamt % 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
Gesamt N 101 106 41 70 19 58 1 3 15 14 177 251

Interessant ist weiter, dass der Bezug auf staatliche Adressaten im Internet häufi-
ger positiv ausfiel (18 %) als in den Zeitungen (7 %), auch wenn negative Ein-
schätzungen in beiden Medien mit 66 Prozent bzw. 60 Prozent dominierten. In
den Zeitungen wurden staatliche Akteure hingegen beinahe dreimal so häufig auf
eine neutrale Art und Weise adressiert (32 %) wie im Internet (13 %).
Vor allem die Beurteilungen zivilgesellschaftlicher Adressaten unterschei-
den sich in den beiden Medienformaten. Online waren 63 Prozent der Bezüge
auf zivilgesellschaftliche Akteure positiv, wohingegen die Sprecher in den Zei-
tungen in der großen Mehrzahl der Fälle eine negative Haltung gegenüber zivil-
gesellschaftlichen Akteuren einnahmen (offline: 90 %, dagegen online nur:
21 %). Grund hierfür war vor allem die Zeitungsberichterstattung über den Ge-
richtsstreit zwischen Greenpeace und Müller-Milch. Rund zwei Drittel der nega-
tiven Äußerungen über zivilgesellschaftliche Akteure hatten Greenpeace zum
Adressaten. Negativ wurde Greenpeace besonders häufig in der WELT und der
FAZ bewertet. So bezeichnete die WELT die Umweltorganisation im Titel der
Reportage vom 24.06.2004 (S. 10) als „Protestkonzern“ und rechnete aus Anlass
des Gerichtsurteils wegen der Müller-Milch-Kampagne mit Greenpeace ab. Die
Greenpeace Kampagne, bei der es um die Verfütterung von genetisch veränder-
ten Pflanzen zur Erzeugung von Müller-Milch-Produkten ging, sei typisch für
Greenpeace als „Supertanker der Ökobewegung“:

„(...) ein wenig kommt Erinnerung auf an die bisher größte Havarie der PR-
Organisation: Ihre Kampagne Mitte der neunziger Jahre gegen den Shell-Konzern
und die Entsorgung der Ölplattform ‚Brent Spar’ – Greenpeace hatte mit vollkom-
men unhaltbaren Argumenten gekämpft, musste sich beim Gegner entschuldigen.“
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 113

Weiter wird ausgeführt, dass Greenpeace vor allem auf Emotionen und Ängste
der Bürger setze und resistent gegenüber wissenschaftlich erwiesenen Tatsachen
sei. Wirtschaftsunternehmen könnten durch solche Kampagnen in den Ruin ge-
trieben werden. Greenpeace sei vor allem auf Spendengelder aus. Folgerichtig
seien daher Pläne, der Organisation den Status der Gemeinnützigkeit abzuerken-
nen.
In den Internet-Texten hingegen fand zur selben Zeit kaum eine negative
Adressierung von Greenpeace oder anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren
statt. Die nicht nur in der konservativen Presse unter Beschuss stehenden Vertre-
ter von Greenpeace hatten hier die Möglichkeit, ihre eigene, unvermittelte Stel-
lungnahme zu verbreiten, die jedoch wenig später aufgrund des Gerichtsurteils
wieder vom Netz genommen wurde:92

„In den Müller-Produkten Müller, Weihenstephan, Sachsenmilch und Loose landet


Milch von Kühen, die mit genmanipulierten Pflanzen gefüttert wurden. Zwar müs-
sen Zutaten aus Gen-Pflanzen und Gen-Futtermittel nach der neuen EU-Verordnung
umfassend gekennzeichnet sein, jedoch mit Ausnahmen: Produkte wie Joghurt, Eier
oder Fleisch, die von Tieren stammen, die Gen-Futter gefressen haben, müssen nicht
deklariert werden.
‘Müller glaubt, weiter Gen-Soja verfüttern zu können, weil die Milch nicht gekenn-
zeichnet werden muss’, sagt Mirella Avantagiatto, Gentechnik-Referentin der
Greenpeace-Gruppe Saar. ‚Nach dem Motto ‘was der Verbraucher nicht weiß, macht
ihn nicht heiß’ wird Gen-Milch verwendet, ohne dass der Verbraucher davon erfährt.
Wir fordern von Müller die Garantie, dass die Kühe kein Gen-Futter mehr erhal-
ten.’“

Deutlich wird durch die Gegenüberstellung des WELT-Artikels und des Beitra-
ges der Greenpeace Gruppe Saar, welche Bedeutung das Internet für ressourcen-
schwächere zivilgesellschaftliche Akteure hat. Sie wurden im Internet weitaus
seltener negativ adressiert und konnten sich selbst in ein positives Licht rücken.
Abbildung 6 zeigt die Verteilung der geographischen Bezüge der Sprecher
und ihren jeweiligen Adressaten im Internet und in den Zeitungen. Im Durch-
schnitt beider Medien fällt zunächst auf, dass im Internet deutsche Akteure deut-
lich seltener adressiert wurden (20 %) als in den Zeitungen (69 %). Hingegen
bezogen sich im Internet die meisten Sprecher auf ausländische nationale Akteu-
re (34 %) und EU-Akteure (26 %). Aus Abbildung 6 geht hervor, dass diese
Verteilung nicht nur dadurch zustande kommt, dass im Internet ausländische
nationale Akteure und EU-Akteure signifikant häufiger als Sprecher vorkamen
als in den Zeitungen (vgl. Tabelle 9) und diese sich in erster Linie an Akteure

92
http://gruppen.greenpeace.de/weblogs/gpsaar/lebensmittel/muellermilch_kuehe_fressen_genmani
pulierte_pflanzen.html.
114 3 Empirische Untersuchungen

wandten, die auf der gleichen geographischen bzw. politischen Ebene agieren
wie sie selbst. Vielmehr adressierten im Internet auch deutsche Akteure in ihren
Äußerungen oder Handlungen deutlich häufiger EU-Akteure (27 %) im Ver-
gleich zu den Zeitungen (3 %). In den Zeitungen richteten sich deutsche Akteure
hingegen fast ausschließlich an andere deutsche Akteure (90 %, zum Vergleich
online: 56 %).

Abbildung 6: Adressaten (Y-Achse), an die sich die Sprecher (X-Achse) im


Internet und in den Zeitungen wenden, nach geographischen
Bezügen
100% 3 4 0 0 0 0
8 2 11 9 6
3 5 11 3
3 2
0 0 5 7
9
80% 19 40 38 42 5
27 9 53 50 50 10
26
42
12 14
60% 3
2
0
6
8
100 0
90 0 0 10
40% 40
50 10 34
46 29 33 69
56 0
56
44 50
20%
0 30
20 18 17 20
11 13
0% 3 3 0 0 0
(N=36)

(N=17)

on (N=2)

(N=12)

(N=10)

(N=187)

(N=254)
(N=59)

(N=182)

(N=73)

(N=35)

on (N=5)

(N=8)

(N=2)
off

off
on

on
on

on

off

off

off

on

off
off

National: DE National: nicht International Supranational: Supranational: Unbekannt %


DE EU nicht EU

Unbekannt (N: on=17/of f =16)

Supranational: nicht EU (N: on=9/of f =7)


Supranational: EU (N: on=49/of f =19)
International (N: on=11/of f =12)

National: nicht DE (N: on=64/of f =25)


National: DE (N: on=37/of f =175)

Die Adressaten wurden auf allen geographischen und politischen Ebenen im


Internet positiver bewertet als in den Zeitungen – allerdings vor dem Hinter-
grund, dass sowohl online als auch offline die meisten Bezüge auf die Adressa-
ten negativ ausfielen (vgl. Tabelle 11). Gleichzeitig waren die Akteure auf allen
geographischen und politischen Ebenen – mit Ausnahme deutscher Akteure – im
Internet auch häufiger Gegenstand von Kritik, während in den Zeitungen öfter
ambivalente oder neutrale Positionen eingenommen wurden.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 115

Tabelle 11: Bewertung der Adressaten durch die Sprecher nach geographischen
Bezügen im Internet und in den Zeitungen (Prozente)
National: National: Internatio- Supranat: Supranat: Unbe-
Gesamt
DE nicht DE nal EU nicht EU kannt
ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF
Positiv 24 10 32 20 55 33 26 5 - - 20 19 28 12
Negativ 51 76 60 28 45 56 60 21 78 57 60 63 58 65
Ambiva-
lent 3 1 - 4 - 11 5 - - - - 6 2 2
Neutral 22 13 8 48 - - 9 74 22 43 20 13 12 22
Gesamt % 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100 100
Gesamt N 37 175 62 25 11 9 43 19 9 7 15 16 177 251

Neben den Adressaten wurden auch die Objektakteure, für die die politische
Stellungnahme eines Akteurs unmittelbar Folgen hat oder haben kann, codiert.
Abbildung 7 zeigt, dass die Unterschiede im Durchschnitt beider Medien in Be-
zug auf die Akteurskategorien deutlich geringer sind als dies bei den Adressaten
der Fall war.
Die im Durchschnitt am häufigsten in einer politischen Stellungnahme an-
gesprochenen Objektakteure waren sowohl im Internet als auch in den Zeitungen
sozioökonomische Interessengruppen mit Anteilen von 42 Prozent bzw. 44 Pro-
zent. An zweiter Stelle folgte eine Akteursgruppe, die bisher nur in geringem
Maße sichtbar war, nämlich die Kategorie „Sonstige“ (29 % bzw. 19 %). Diese
Reihenfolge dürfte in erster Linie themenspezifisch sein, da sich gerade beim
Thema Genfood viele der Forderungen an Unternehmen richten, Richtlinien ein-
zuhalten oder kein Genfood zu verwenden, um die Verbraucher zu schützen.
Tabelle 12 zur Verteilung der Akteure in der Kategorie „Sonstige“ zeigt erwar-
tungsgemäß, dass es sich hierbei sowohl im Internet als auch in den Zeitungen in
mehr als 90 Prozent der Fälle um die Allgemeinheit handelte.
116 3 Empirische Untersuchungen

Abbildung 7: Objektakteure (Y-Achse) der Forderungen/Handlungen der


Sprecher (X-Achse) im Internet und in den Zeitungen nach
Akteursgruppen
100%
10
19 18 17 19
23 26 25
29 30 28
80% 20 2 8 0

14 11 22 19
68 17 10
13 25
60% 20

28 41
69
40% 50 44 42 44
53 36 50
3
50
20% 35 19
29
16 20 18
10 14 10 14
4 8
0%
N=103

N=127

N=42

N=68

N=94

N=93

N=31

N=50

N=16

N=12

N=286

N=350
on

on

on

on
off

off

off

off
on

on
off

off
Staat und Parteien sozio-ökonom. Zivilgesellschaf t, Medien Sonstige Gesamt
Interessengruppen non-prof it

Sonstige (N: on=81/of f =67)

Medien (N: on=0/of f =1)

Zivilgesellschaf t/non-prof it (N: on=30/of f =66)

sozio-ökonomische Interessengruppen (N: on=119/of f =153)

Staat und Parteien (N: on=56/of f =63)

Tabelle 12: Objektakteure in der Kategorie „Sonstige“ im Internet und in den


Zeitungen
Internet Zeitungen
N % N %
Privatpersonen 3 4 2 3
Die Allgemeinheit 75 93 63 94
Nationale Volkswirtschaften 2 2 - -
Anonyme Personen/Organisationen - - 2 3
Sonstige 1 1 - -
Gesamt 81 100 67 100

Im Internet waren die von Sprechern unterstellten Folgen für die Objektakteure
in der Mehrzahl der Fälle positiv (69 %), wie aus Tabelle 13 hervorgeht. In den
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 117

Zeitungen war das Verhältnis zwischen positiven (48 %) und negativen (43 %)
Folgen für die Objektakteure hingegen relativ ausgeglichen. Wiederum bestan-
den besonders bei den zivilgesellschaftlichen Akteuren auffallende Unterschiede
zwischen den beiden Medien. Im Internet unterstellten 83 Prozent der politischen
Stellungnahmen positive Effekte auf zivilgesellschaftliche Akteure. In den Zei-
tungen traf dies nur auf 27 Prozent der Fälle zu, wobei 72 Prozent der Stellung-
nahmen von negativen Effekten für diese Akteursgruppe ausgingen. Dies ist ein
Ergebnis, das den Befunden auf Ebene der Adressaten entspricht. Hier wurde in
den Zeitungen auf zivilgesellschaftliche Akteure überwiegend kritisch Bezug
genommen, wohingegen die Beurteilung dieser Akteure im Internet meist positiv
ausfiel. Fast ausschließlich positive Folgen wurden den Akteuren in der Katego-
rie „Sonstige“ zugeordnet: Sowohl im Internet als auch in den Zeitungen erklär-
ten ca. 90 Prozent der Akteure, dass ihre Ziele oder Forderungen positive Aus-
wirkungen auf diese Akteursgruppe, die in erster Linie aus der Allgemeinheit
besteht, haben würden.93

Tabelle 13: Art der Wirkung der Forderung/Handlung auf die Objektakteure im
Internet und in den Zeitungen (Prozente)
Staat und Sozioöko- Zivil- Medien Sonstige Gesamt
Parteien nom. Interes- gesellschaft,
sengruppen non-profit
ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF
Positiv 56 22 54 51 83 27 - - 91 89 69 48
Negativ 38 60 42 40 17 72 - 100 9 5 29 43
Ambivalent - 5 4 3 - 2 - - - - 1 2
Neutral 6 13 1 7 - - - - - 6 1 6
Gesamt % 100 100 100 100 100 100 - 100 100 100 100 100
Gesamt N 48 63 112 152 30 64 - 1 80 66 270 346

Betrachtet man die Sprecher und ihre jeweiligen Objektakteure nach ihren geo-
graphischen Bezügen (vgl. Abbildung 8), so zeigen sich – wie auf Ebene der
Adressaten – deutliche Unterschiede zwischen den beiden Medien. Im Internet
war die durchschnittliche Verteilung der Objektakteure nach ihren geographi-

93
Das heißt jedoch nicht, dass alle das Gleiche unter positiven Folgen für die Allgemeinheit verste-
hen. So kann z.B. ein Akteur fordern, genveränderte Lebensmittel zu verbieten, um die Verbraucher
zu schützen, wohingegen ein anderer Akteur fordert, genveränderte Lebensmittel unbeschränkt zu-
zulassen, damit die Verbraucher davon profitieren können.
118 3 Empirische Untersuchungen

schen Bezügen zwischen den erfassten Kategorien beinahe ausgeglichen. In den


Zeitungen dominierten hingegen eindeutig deutsche Objektakteure (67 %). Die
Verteilungen nach den einzelnen geographischen Einheiten zeigen jedoch große
Unterschiede zwischen den einzelnen Akteursgruppen. Die Äußerungen oder
Handlungen der einzelnen Akteursgruppen hatten tendenziell eher Folgen für
Akteure, die jeweils auf der gleichen geographischen bzw. politischen Ebene
agieren wie sie selbst, als für Akteure auf anderen Ebenen. Allerdings gilt auch
hier, dass sich deutsche Sprecher online deutlich seltener in erster Linie um die
Belange deutscher Objektakteure kümmerten (51 %) als offline (84 %). Während
im Internet bei nicht-deutschen Akteuren deutsche Objektakteure so gut wie
keine Rolle spielten (0 % bis 2 %), machten deutsche Akteure offline immerhin
zwischen 8 Prozent (bei ausländischen nationalen Sprechern) und 17 Prozent
(bei EU-Sprechern) aller Objektakteure nicht-deutscher politischer Stellungnah-
men aus.

Abbildung 8: Objektakteure (Y-Achse), für die die Forderungen/Handlungen


der Sprecher (X-Achse) Konsequenzen haben, im Internet und in
den Zeitungen nach geographischen Bezügen
100% 0 0 0
6 10 9 9
0
2 16 13
6 19 0
25 27 5
2 13 33
80% 8 8
50
57 55 21 10
14 17 15 42 0
60% 59
7
3 36 14
100 33
4 0
40% 84 9
54 0 22
9 67
56 29 25
51 50
18
20% 18 36
33
23
14 13 17
8 9
0% 2 0 2 0 0
(N=123)

(N=265)

(N=87)

(N=39)

on (N=5)

(N=7)

(N=56)

(N=24)

on (N=4)

(N=3)

(N=11)

(N=11)

(N=286)

(N=349)
off

off
on

on

on
off

off

off
on

on
off

off

National: DE National: nicht International Supranational: Supranational: Unbekannt Gesamt


DE EU nicht EU

Unbekannt (N: on=53/of f =31)

Supranational: nicht EU (N: on=0/of f =1)

Supranational: EU (N: on=61/of f =19)


International (N: on=41/of f =28)

National: nicht DE (N: on=64/of f =36)

National: DE (N: on=67/of f =234)


3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 119

Tabelle 14 zeigt, dass ausländische nationale Akteure die einzige Gruppe waren,
für die sich die Äußerungen und Forderungen in den Zeitungen häufiger positiv
auswirken sollten (75 %) als im Internet (60 %). Gleichzeitig war dies auch die
einzige Gruppe, die online häufiger negative Effekte zu erwarten hatte (30 %) als
offline (17 %). In allen anderen Fällen waren die Auswirkungen für die Akteure
online häufiger positiv als offline.

Tabelle 14: Art der Wirkung der Forderung/Handlung der Sprecher auf die
Objektakteure nach geographischen Bezügen der Akteure im
Internet und in den Zeitungen (Prozente)
National: National: Internatio- Supranat: Supranat: Unbe-
Gesamt
DE nicht DE nal EU nicht EU kannt
ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF ON OFF
Positiv 58 46 60 75 84 57 87 32 - - 62 40 69 48
Negativ 40 49 30 17 16 32 12 32 - 100 38 43 29 43
Ambivlent - - 7 6 - 7 - 5 - - - 7 1 2
Neutral 1 5 3 3 - 4 2 32 - - - 10 1 6
Gesamt % 100 100 100 100 100 100 100 100 - 100 100 100 100 100
Gesamt N 67 232 60 36 38 28 52 19 - 1 53 30 270 346

Hinsichtlich der Adressaten und der Objektakteure kann festgehalten werden,


dass insbesondere zivilgesellschaftliche Akteure in den Zeitungen wesentlich
häufiger Gegenstand von Kritik waren und ihnen in den politischen Stellung-
nahmen auch häufiger negative Folgen unterstellt wurden als im Internet. Im
Internet fielen die meisten Bezüge auf zivilgesellschaftliche Akteure hingegen
positiv aus. Ebenso wurden ihnen zumeist positive Folgen zugeschrieben. Wie
auch schon auf der Ebene der Sprecher festgestellt wurde, ist hinsichtlich der
Adressaten und Objektakteure der Diskurs im Internet wesentlich weniger auf
deutsche Akteure fokussiert als in den Zeitungen. Dabei wendeten sich auch die
deutschen Akteure im Internet häufiger an ausländische nationale Akteure oder
an EU-Akteure als in den Zeitungen.

3.4.2.10 Themen und Positionen

Im Rahmen der Diskussion um die Besonderheiten netzbasierter Kommunikation


wurde die These verfochten, das Internet weise im Vergleich zu den herkömmli-
chen Massenmedien ein breiteres argumentatives Spektrum im Rahmen politi-
120 3 Empirische Untersuchungen

scher Diskurse auf. Vielfach wurde das Bild eines für gegensätzliche Positionen
und randständige Themen offenen Kommunikationsraums Internet gezeichnet.
Auch sei ein größeres Spektrum von einfachen Nachrichten bis hin zum Online-
Protest in Echtzeit relevanter Bestandteil der politischen Kommunikation im
Internet. Für die hier untersuchten Zeitungsartikel und die Ergebnisse der
Google-Suchmaschine können diese Thesen überprüft werden.
Mittels unserer relationalen Datenbank können auch die unterschiedlichen
Formen politischer Stellungnahmen innerhalb der Texte untersucht werden. Zu
diesem Zwecke wurde die insgesamt 62 Kategorien umfassende Liste politischer
Handlungsformen zu fünf Handlungstypen zusammengefasst: staatliche Ent-
scheidungen, verbale Stellungnahmen, Handlungsaufforderungen, demonstrati-
ve/konfrontative sowie gewaltförmige Proteste. Verbale Stellungnahmen wurden
als politische Stellungnahmen definiert, die nicht mit einem der anderen Hand-
lungstypen einhergingen.

Tabelle 15: Formen politischer Stellungnahmen


Internet Zeitungen
N % N %
Staatliche Entscheidungen 163 34 144 28
Verbale Stellungnahmen 250 52 292 58
Handlungsaufforderungen 50 11 36 7
Demonstrativer/konfrontativer Protest 8 2 19 4
Gewaltförmiger Protest 6 1 17 3
Sonstige 1 - - -
Gesamt 478 100 508 100

Das Spektrum der berichteten Handlungsformen in den Internet-Texten ähnelt


stark der Berichterstattung in den Zeitungen (siehe Tabelle 15). Verbale Stel-
lungnahmen (Pressemitteilungen, öffentliche Reden, Artikel, Bücher oder Inter-
views) sind in den Zeitungsartikeln mit 58 Prozent etwas häufiger als in den
Internet-Texten mit 52 Prozent. Staatliche Entscheidungen werden in den unter-
suchten Internet-Texten öfter (34 %) als in den Zeitungen wiedergegeben. Wäh-
rend Handlungsaufforderungen in den untersuchten Internet-Texten etwas häufi-
ger enthalten sind, ist die Wiedergabe von Protestereignissen deutlich geringer
als in den Zeitungsartikeln.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 121

Es findet sich in den untersuchten Internet-Texten also kein deutlich größe-


res oder ausgeglicheneres Spektrum politischer Handlungsformen als in den Zei-
tungen. Auch die Analyse aller 62 Kategorien zeigt, dass beispielsweise in den
untersuchten Internet-Texten über die Protestformen Flugblatt, Besetzung, Blo-
ckade und Boykott nicht berichtet wurde, während dies in den Zeitungsartikeln
im Zusammenhang mit Genfood durchaus der Fall war. Textformen, die nur im
Internet vertreten waren, spielen eine verhältnismäßig geringe Rolle. Auch folgt
die Verteilung der Handlungsformen innerhalb der Internet-Texte dem Muster
der Zeitungsartikel.
Paradoxerweise wird im Internet weniger über Proteste berichtet, obwohl es
dort viele zivilgesellschaftliche und ihnen nahe stehende Anbieter gibt. Internet-
Texte bieten auch nur selten interaktive Möglichkeiten zu protestieren. Das In-
ternet ist kein Ort, in dem über Protest wie in den Zeitungen berichtet wird, die
auf öffentlichkeitswirksam inszenierte kollektive Manifestationen politischen
Willens reagieren, um die Aufmerksamkeit ihrer Leser für ein Thema zu gewin-
nen. Vielmehr dienen zivilgesellschaftliche Texte der politischen Überzeugungs-
arbeit und sind in diesem Sinne als Vorarbeit für politische Mobilisierung anzu-
sehen.
Ein breiteres argumentatives Spektrum äußert sich allerdings nicht nur in
unterschiedlichen Handlungsformen und Texttypen. So ist die Debatte um Gen-
food vielschichtig und wird von unterschiedlichen gesellschaftlichen Interessen
beeinflusst. Dieser Tatsache wurde Rechnung getragen, indem mittels einer der
Textanalyse vorangehenden Lektüre einschlägiger Zeitungsartikel und Internet-
Texte zwölf Einzelthemen der Debatte um Genfood identifiziert wurden. Diese
wurden für die Analyse wiederum zu sechs Kategorien zusammengefasst (siehe
Tabelle 16). Zu ihnen zählen Themen, die sich mit der staatlichen Regulierung
von Genfood befassen. Im Einzelnen sind dies Zulassungen, Patentierungen,
Gesetze und Verordnungen, die Anbau, Verbreitung und Handel von genmanipu-
lierten Organismen regeln, welche zu Genfood verarbeitet werden. Einzelthemen
der Forschung beziehen sich vor allem auf Befunde, die als Argument für oder
gegen den weiteren Einsatz von Genfood genutzt werden. Das Unterthema Pro-
duktion und Handel betrifft die Handhabung von Genfood durch die in den ent-
sprechenden Branchen tätigen Professionellen (Bauern, Pharma-Industrie, Su-
permärkte). Dies ist der Fall, wenn beispielsweise ein Nahrungsmittelkonzern
seine Position zum Einsatz von Genfood im Lebensmittelmarkt wiedergibt. Der
Verbraucherschutz als eines der wichtigsten Themen bezieht sich immer auf die
Interessen und Rechte der Käufer von Lebensmitteln. In der Kategorie Wirt-
schaft wird – anders als in der Kategorie Produktion und Handel – nach den
allgemeinen marktwirtschaftlichen Auswirkungen von Genfood gefragt. In nega-
tivem Sinne werden Monopole, Marktmacht und ökonomische Ausbeutung the-
122 3 Empirische Untersuchungen

matisiert. In positivem Sinne werden Themen behandelt, die nach dem innovati-
ven Potential von Genfood fragen oder die das Prinzip des Freihandels in Bezug
auf Genfood thematisieren. Mittels dieser Kategorien kann die These eines brei-
teren argumentativen Spektrums in den Internet-Texten im Vergleich zu den
Zeitungsartikeln untersucht werden.

Tabelle 16: Unterthemen von Genfood


Internet Zeitungen

N % N %
Staatliche Regulierung 248 39 236 37
Forschung 31 5 55 9
Produktion, Handel 80 13 89 14
Verbraucherschutz 81 13 108 17
Wirtschaft 30 5 32 5
Gesundheit, Ökologie, Soziales 140 22 86 14
Genfood allgemein 24 4 26 4
Sonstige Themen - - 3 1
Gesamt 634 100 635 100

Für das Thema Genfood lassen sich beim Vergleich beider Mediengattungen
kaum große Unterschiede in der thematischen Bandbreite entdecken (siehe Ta-
belle 16). So ist sowohl in den Zeitungsartikeln (37 %) als auch in den Internet-
Texten (39 %) die staatliche Regulierung von Genfood das häufigste Thema.
Größere Abweichungen zeigen sich nur beim Thema „Verbraucherschutz“, das
in den Zeitungsartikeln mit 17 Prozent etwas häufiger aufgegriffen wird als im
Internet mit 13 Prozent. Auch immerhin 22 Prozent der Themen in den unter-
suchten Internet-Texten beschäftigten sich mit gesundheitlichen, ökologischen
oder sozialen Aspekten von Genfood. In den Zeitungsartikeln betrug der entspre-
chende Anteil hingegen nur knapp 14 Prozent. Insbesondere das Einzelthema
Gesundheit wurde mit knapp 13 Prozent besonders häufig in den untersuchten
Internet-Texten aufgegriffen. Während also die thematische Bandbreite von In-
ternet-Texten und Zeitungsartikeln durchaus ähnlich ist, werden einzelne The-
men wie Gesundheit, Ökologie und Soziales in den Internet-Texten stärker be-
tont als in den Zeitungsartikeln. Da solche Aspekte vor allem von zivilgesell-
schaftlichen Akteuren thematisiert werden, welche Genfood ablehnen, liegt es
nahe zu prüfen, ob diese Akteure mit ihren Anliegen eher im Internet zu Wort
kommen. Hierzu wurde gefragt, zu welchen Themenfeldern die verschiedenen
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 123

Akteursklassen Staat, Wirtschaft, Zivilgesellschaft und Medien Stellung bezie-


hen. Während sowohl in Internet-Texten wie in Zeitungsartikeln staatliche Ak-
teure vor allem Fragen der politischen Regulierung, wirtschaftliche Akteure vor
allem wirtschaftliche Aspekte und mediale Akteure vor allem ökologische, ge-
sundheitliche und soziale Aspekte von Genfood ansprechen, thematisieren zivil-
gesellschaftliche Sprecher primär in den Internet-Texten, nicht aber in Zeitun-
gen, ökologische, gesundheitliche und soziale Folgeaspekte von Genfood. In den
Zeitungsartikeln hingegen kommen sie am häufigsten zu Fragen des Verbrau-
cherschutzes zu Wort.94
Im Ergebnis lässt sich feststellen, dass zivilgesellschaftliche Akteure in bei-
den Mediengattungen zu ihren je spezifischen Themen Stellung beziehen kön-
nen. Sie sind nicht gezwungen, ausschließlich auf staatliche und wirtschaftliche
Themensetzungen zu reagieren. Bei näherer Betrachtung der zivilgesellschaftli-
chen Thematisierungen in den Zeitungsartikeln (mit Ausnahme der TAZ) fällt
allerdings auf, dass in der Tendenz Genfood sowohl positiv wie negativ in Hin-
sicht auf ökologische, soziale und gesundheitliche Folgen betrachtet wird. So
wird der „Goldene Reis“ als Mittel zur Verbesserung der gesundheitlichen Lage
in Ländern des Südens beschrieben und darauf verwiesen, dass keine ökologi-
schen oder gesundheitlichen Folgen nachweisbar seien. Das Bonner Zentrum für
Entwicklungsforschung wird mit der Äußerung wiedergegeben, der „Goldene
Reis“ würde „den Menschen allein auf den Philippinen tausende zusätzliche
gesunde Lebensjahre bringen“ (FR, 13.07.2004, S. 28). Umweltorganisationen
wie Greenpeace, BUND oder NABU kommen zwar in Zeitungsartikeln gele-
gentlich in Hinsicht auf Ökologie und Naturschutz, nicht jedoch in gesundheitli-
chen Fragen zu Wort. Zudem beziehen sich die Stellungnahmen vorwiegend
darauf, dass Risiken nicht geklärt seien. In der Mehrzahl werden Äußerungen
von zivilgesellschaftlicher Seite in Zeitungsartikeln entweder als Bedenken zu
den möglichen ökologischen, gesundheitlichen und sozialen Folgen der Gen-
technik oder unter dem Aspekt der Wahlfreiheit der Konsumenten thematisiert.
Ganz anders sieht dies in den Internet-Texten aus. Hier werden Allergien
auslösende Bestandteile in Genfood oder die Resistenzbildung bei Schädlingen
in Folge von gentechnisch veränderten Pflanzen angesprochen. Verheerende
soziale Folgen werden insbesondere in den Ländern des Südens durch die Ein-
führung gentechnischer Verfahren in der Landwirtschaft befürchtet. Während
aus Sicht der Zeitungen (mit Ausnahme der TAZ) die wissenschaftliche Mei-
nung zu Genfood dahin tendiert, keine oder nur mäßige Risiken anzunehmen, ist

94
31 % der 189 Thematisierungen von Seiten zivilgesellschaftlicher Akteure in den Internet-Texten
beziehen sich auf ökologische, gesundheitliche und soziale Folgen (nur gesundheitliche Folgen:
10 %). In den Zeitungsartikeln beziehen sich 29 % der 176 Thematisierungen zivilgesellschaftlicher
Akteure auf Verbraucherschutz (nur ökologische, gesundheitliche und soziale Folgen: 15%).
124 3 Empirische Untersuchungen

aus Sicht vieler zivilgesellschaftlicher Internet-Beiträge wissenschaftlich erwie-


sen, dass Schäden eintreten.

3.4.2.11 Geographischer Bezug der Themen

Im Anschluss an die bereits untersuchte Frage nach dem geographischen Bezug


netzbasierter Kommunikation (siehe Tabelle 8 und 9) wird im Folgenden ermit-
telt, ob in den Internet-Texten vermehrt Fragen angesprochen werden, die grenz-
überschreitender Natur sind. Hierbei wurden die in Abschnitt 3.3. beschriebenen
Kategorien verwendet.

Tabelle 17: Geographischer Bezug der Unterthemen von Genfood

Internet Zeitungen

N % N %
National: DE 127 20 354 56
National: andere Länder 123 19 74 12
Transnational 86 14 51 8
Supranational: EU 198 31 106 17
Supranational: Nicht-EU 11 2 8 1
Unbekannt 89 14 42 7
Gesamt 634 100 635 100

Die Vermutung einer breiteren geographischen Streuung im Internet bestätigt


sich für die untersuchten Texte sehr deutlich (siehe Tabelle 17). Größere Teile
der Berichterstattung wurden ausländischen, transnationalen und EU-Themen
gewidmet. In den Zeitungsartikeln waren hingegen die rein deutschen Themen
mit 56 Prozent deutlich häufiger vertreten als alle übrigen Themen. Transnatio-
nale und supranationale Bezüge stellten hingegen zusammen nur ein Viertel der
Themen. Im Einklang mit den Ergebnissen zu Anbietern, Sprechern, Adressaten
und Objektakteuren überwogen in den untersuchten Internet-Texten die auslän-
dischen und internationalen Themen (zusammen 66 %), während die Zeitungsar-
tikel sich weitgehend auf die nationale Ebene in Deutschland beschränkten.
Bei der Lektüre der untersuchten Texte wurde deutlich, dass dieses Über-
gewicht grenzüberschreitender Berichterstattung in den Internet-Texten haupt-
sächlich auf drei Muster zurückgeht:
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 125

Erstens: Anders als in Zeitungen sind die Anbieter im Internet häufig selbst
ausländische oder grenzüberschreitende Akteure. Die trotzkistische World Socia-
list Website stellt ein typisches Beispiel für transnationale Anbieter im Internet
dar, die verstärkt über das eigene Land hinausgehende Thematisierungen vor-
nehmen. Der generelle Webauftritt wird vom Internationalen Komitee der Vier-
ten Internationalen durchgeführt und ist in länderspezifische Webseiten unter-
gliedert. Der deutschsprachige Teil wird von einer hiesigen Redaktion betrieben,
beinhaltet aber eine ganze Reihe von englischsprachigen Texten, die ins Deut-
sche übersetzt wurden. Der von uns analysierte Text der World Socialist Website
trägt den Titel „Worum geht es in der Debatte um genetisch veränderte Nah-
rungsmittel?“.95 Inhaltlich wird jedoch sehr stark auf Großbritannien verwiesen,
da der Text in diesem Kontext entstanden ist.
Eine zweite Art grenzüberschreitender Berichterstattung durch transnationa-
le Anbieter lässt sich anhand der Einstiegsseite der Initiative zum Verbot von
genmanipulierter Nahrung veranschaulichen.
Zunächst erscheint die starke Bezugnahme auf die Europäische Union zwar
inhaltlich zutreffend. Sie konzentriert sich aber nicht auf das eigentliche Anlie-
gen, Nutzer aus Deutschland gegen Genfood zu mobilisieren. Zielführend wäre
hier auch eine Kritik an der deutschen Bundesregierung gewesen, die an anderer
Stelle als hauptsächlicher Adressat für E-Mails genannt wird, die Nutzer aus
Protest gegen Genfood verschicken sollen. Betrachtet man die Struktur der Web-
seite genauer, wird allerdings deutlich, dass es sich bei der Thematisierung der
EU nicht nur um eine inhaltliche Entscheidung handelt. Vielmehr hängt sie da-
mit zusammen, dass eine europaweite Kampagne gegen Genfood angestrebt
wird. Unter der Überschrift befinden sich anderssprachige Hyperlinks, die zu
inhaltlich identischen Versionen des Textes führen. Es wurde also eine einzelne
Originalversion des Textes in verschiedene Sprachen übersetzt. Daraus ergab
sich die Notwendigkeit, den Text vorab so zu formulieren, dass sich Bürger in
mehreren Ländern gleichzeitig angesprochen fühlen. Dies kann durch EU-The-
matisierungen, nicht aber durch länderspezifische Bezüge erreicht werden. Ver-
mutlich war dabei die Wahl, die EU zu thematisieren, inhaltlich begründet. Die
EU ist die entscheidende politische Instanz in Fragen zu Genfood im europä-
ischen Raum.

95
http://www.wsws.org/de/1999/aug1999/gene-a18.shtml.
126 3 Empirische Untersuchungen

Faksimile: Einstiegsseite der Initiative zum Verbot von genmanipulierter


Nahrung

INITIATIVE ZUM VERBOT


GENMANIPULIERTER NAHRUNG
Campaign to ban genetically engineered foods

Kampanj: Förbjud genetiskt manipulerade livsmedel

Campaña para prohibir alimentos transgénicos

Im März 1996 hat das Europäische Parlament eine vollständige und lückenlose Kennzeichnungspflicht von
genmanipulierter Nahrung abgelehnt.

Am 3. April 1996 hat die Europäische Kommission dem Import, der Lagerung und der Verarbeitung von
Monsantos genmanipulierter Sojabohne, Roundup Ready, in der Europäischen Union zugestimmt. Die
Sojabohnen müssen beim Import nicht gekennzeichnet werden. Sojabohnen werden in 60% aller Lebensmittel,
wie Brot, Pasta, Bonbons, Speiseeis, Torten, Gebäck, Margarine, Fleischprodukten und vegetarischem
Fleischersatz verwendet. Ab Herbst 1996 erwarten den Verbraucher diese Produkte ungekennzeichnet in den
Geschäften.

Diese Entscheidungen wurden getroffen, ohne die Öffentlichkeit entsprechend zu informieren. Die Wünsche der
Bevölkerung werden dabei völlig ignoriert. Umfragen ergeben, dass 97% der europäischen Verbraucher eine
klare Kennzeichnung aller genmanipulierten Nahrungsmittel fordern und 80% genmanipulierte Nahrungsmittel
vollständig ablehnen.

Zweitens: Da die Internet-Texte häufiger thematisch über Genfood berichteten


und sich weniger auf aktuelle Ereignisse in Deutschland konzentrierten, themati-
sierten sie Genfood auch häufiger grenzüberschreitend. Aufgrund ihrer wichtigen
Rolle kommt die EU in fast jeder thematischen Abhandlung über Genfood vor.
So enthält der oben genannte Text der World Socialist Website, der stark auf den
britischen Kontext bezogen ist, mehrere Bezüge auf die EU. Dies liegt nahe, da
im Titel der Anspruch erhoben wird, Genfood thematisch zu behandeln. Die
generelle thematische Behandlung von Genfood ist allerdings auch ein Grund
dafür, dass geografische Bezüge häufiger fehlen bzw. sehr allgemein gehalten
werden (vgl. Tabelle 17). So weist die Genfood befürwortende Webseite bionet-
online.org eine Textform auf, die eher im Internet anzutreffen ist.96 Nach einer
kurzen Vorstellung des Themas werden in diesem Text die Vor- und Nachteile
von gentechnisch verändertem Raps aufgelistet, wobei der genaue geografische
Bezug keine Rolle spielt:

96
http://www.bionetonline.org/deutsch/Content/ff_cont1.htm.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 127

Pestizid-resistenter Raps
Pestizid-resistenter Raps enthält ein Gen, das es der Pflanze ermöglicht, einem
bestimmten Unkrautvernichtungsmittel zu widerstehen. Dieses Gen stammt aus
einem Bakterium, das von Natur aus in der Lage ist, bestimmten Pestiziden zu
widerstehen. Der Landwirt kann nun solche Felder mit dem betreffenden Pestizid
besprühen und so die meisten unerwünschten Pflanzen auf dem Feld vernichten,
ohne den Raps zu schädigen.

Vorteile:
ƒ Der Landwirt kann größere Mengen anpflanzen, weil es nun leichter ist,
Schädlinge zu bekämpfen.
ƒ In einigen Fällen kann der Landwirt ein umweltfreundlicheres Spritzmittel
einsetzen.
ƒ Der Landwirt kann weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen, was ebenfalls
der Umwelt zugute kommt.

Nachteile:
ƒ Die neuen Gene aus dem Raps könnten auf andere Pflanzen übertragen
werden, die dann ebenfalls pestizid-resistent werden könnten. Der Einsatz
des betreffenden Pflanzenschutzmittels würde sinnlos.
ƒ Manche „Unkräuter“ sind nahe mit Raps verwandt und der Raps-Pollen
kann diese Pflanzen bestäuben. So könnten Resistenzgene aus dem Raps
z.B. auf die Kohlrübe oder Wruke, ein in Rapsfeldern häufiges Unkraut,
übertragen werden. Ein pestizid-resistentes Unkraut wäre entstanden.

Bislang wurde argumentiert, dass der hohe Anteil grenzüberschreitender Thema-


tisierungen in deutschsprachigen Internet-Texten darauf beruht, dass sich einer-
seits die Anbieter häufig nicht als auf Deutschland begrenzte Akteure verstehen
und dass andererseits ihre inhaltliche Zielsetzung häufig zu grenzüberschreiten-
den (aber auch zu geografisch nicht spezifizierten) Bezügen führt. Beide Charak-
teristika stehen im deutlichen Unterschied zu den untersuchten Zeitungen, die
vorrangig für ein deutsches Publikum schreiben und daher eine entsprechende
Perspektive aufweisen.
Drittens: Grenzüberschreitende Thematisierungen erfolgen aber auch in den
Internet-Texten, um – analog zu den Zeitungen – aus einer spezifisch deutschen
Sichtweise gezielt das Ausland bzw. das internationale Geschehen zu beobach-
ten. So berichtet ein Text des Internet-Mediums telepolis.de über „Geklonte
Pandabären und genmanipulierte Riesenkarpfen“97 in China. Auch die bereits

97
http://www.tor.at/resources/focus/telepolis/science/heise.de/tp/deutsch/inhalt/lis/4281/1.html.
128 3 Empirische Untersuchungen

genannte Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung zur Situation in Brasilien ist


hierfür ein Beispiel. Deutlich wird in beiden Fällen, dass es sich um Beobach-
tungen geografisch entfernter Länder handelt. Dabei dient der eigene Kontext als
Maßstab des Vergleichs. Im Text von telepolis.de führt dies zu einer grundle-
genden kulturellen Abgrenzung zwischen dem gentechnikfreundlichen „konfuzi-
anischen“ China und der risikobewussteren „westlichen Kultur“.
Der stärker grenzüberschreitende Bezug der Internet-Texte basiert also auf
sehr unterschiedlichen Herangehensweisen. Dabei setzen die Internet-Texte auch
andere inhaltliche Akzente. Betrachtet man die Daten zu geografischen Bezügen
genauer und setzt sie in Bezug zu den Unterthemen, so lässt sich feststellen, dass
vermehrt wirtschaftliche, ökologische und soziale Aspekte in Ländern des Sü-
dens und in der EU thematisiert werden. Mit Ausnahme der TAZ, die relativ
häufig aus dem Ausland und über Internationales berichtet, konzentrierten sich
die Zeitungen eher auf die wirtschaftlichen und sozialen Folgen in Deutschland.
Fast drei Viertel der Thematisierungen in den Zeitungsartikeln über Landwirt-
schaft, Lebensmittelmarkt und Verbraucherrechte beziehen sich nur auf Deutsch-
land. Im Internet sind dies hingegen lediglich 37 Prozent. Hintergrund ist in den
Zeitungen die stark verbraucher- und landwirtschaftspolitische Berichterstattung.
Die Gesetzesvorlage der Ministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft Renate Künast, die Geheimhaltung von Versuchsfeldern in Sach-
sen-Anhalt, der Müller-Milch-Skandal und andere nationale Medienereignisse
lenkten die Aufmerksamkeit der Presse stark auf Deutschland. Gerade die Debat-
te um die Gesetzesvorlage der Ministerin Künast wurde in den Zeitungen vor-
wiegend aus nationaler Perspektive geführt, sodass gelegentlich ignoriert wurde,
dass es sich hierbei um eine Umsetzung von EU-Richtlinien handelte.
Während sich in den Internet-Texten nur jede zehnte Thematisierung staat-
licher Regulierungen allein auf Deutschland bezog, war dies in den Printmedien
mehr als die Hälfte. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Berichterstattung über den
neuen Gesetzesentwurf zur Umsetzung von EU-Recht im Juni 2004. So stellte
beispielsweise die Frankfurter Rundschau am 17. Juni auf der ersten Seite die
Geschehnisse um die plötzliche Streichung zustimmungspflichtiger Teile aus
dem ursprünglichen Gesetzesentwurf durch Verbraucherministerin Künast dar.
Der Gesetzesentwurf wird inhaltlich kurz umrissen und als alleiniges Produkt der
rot-grünen Regierung charakterisiert. Der Vorgang wird als rasche, unerwartete
Durchsetzung des Vorhabens beschrieben. Renate Künast wolle nicht bis zum
„Sankt-Nimmerleins-Tag“ warten. Deutlich wird nicht, dass die Umsetzung der
EU-Richtlinie zu diesem Zeitpunkt längst überfällig war.
In den Internet-Texten werden grenzüberschreitende Aspekte von Regulie-
rungsfragen hingegen weitaus häufiger thematisiert. Ein Viertel der Internetthe-
men zur politischen Regulierung behandelt Ordnungsmodelle in anderen Län-
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 129

dern. Die Hälfte beschäftigt sich mit der EU. So fielen unter die relevanten
Suchergebnisse Textbeiträge, die überwiegend die Auswirkungen von EU-Rege-
lungen für Verbraucher in Deutschland erläuterten. Die Thematisierungen zu
Regulierungsfragen in den Zeitungsartikeln beschäftigten sich dagegen nur zu
einem Drittel mit der EU. Auch wird die EU im Internet thematisch breiter be-
handelt. Während in den Printmedien mit der EU hauptsächlich Regulierungs-
fragen verbunden werden, spielen z.B. wirtschaftliche, soziale, ökologische und
verbraucherpolitische Aspekte in der EU in den Internet-Texten eine deutlich
stärkere Rolle.
Zusammenfassend ist somit festzuhalten, dass aus einer Reihe von Gründen,
darunter bestimmten strukturellen Merkmalen des Internet, aber auch der journa-
listischen Orientierung von Zeitungsjournalisten an den Interessen ihrer Leser-
schaft, transnationale Aspekte von Genfood weitaus häufiger im Internet als in
Zeitungen zur Sprache gebracht werden.

3.4.2.12 Frames in der Debatte

Bislang wurde untersucht, welches Spektrum von Themen und Handlungsformen


in den Texten sichtbar wurde. Dabei konzentrierten wir uns auf einige wenige
Merkmale, z.B. die Häufigkeit unterschiedlicher Unterthemen. Dieser enge
Blickwinkel abstrahiert von bestimmten Sinnzusammenhängen. Bei der Frage
nach der geografischen Vielfalt interessierte beispielsweise nur, wie oft grenz-
überschreitende Thematisierungen erfolgten. In welche spezifischen Argumenta-
tionsmuster sie eingebettet waren, wurde jedoch ignoriert. Eine Antwort auf die
Frage, wie breit das Meinungsspektrum zu Genfood ist, erfordert jedoch ein
anderes Vorgehen. Daher wurden nicht nur die Unterthemen selbst, sondern auch
ihre inhaltlichen Rahmungen, d.h. so genannte Frames, identifiziert.
Frames sind gedankliche Konstrukte, die den ideologischen und politischen
Horizont oder Deutungsrahmen für ein bestimmtes Thema – in diesem Falle
Genfood – vorgeben (Snow et al. 1986; Gamson 1992). Diese Konstrukte wer-
den von Sprechern genutzt, um einem Thema durch die Einbettung in breitere
Zusammenhänge eine bestimmte normative bzw. interpretative Wendung zu
geben. So beinhalten im Falle Genfood Frames wie „Fortschritt“, „Erhöhte Pro-
duktivität“ oder „Bekämpfung von Armut, Hunger und Krankheit“ eine positive
Sichtweise auf Genfood. Frames wie „Risiko“, „Ausbeutung“ oder „Anmaßung“
hingegen sollen Genfood zum Negativen wenden. Eine ambivalente Position zu
Genfood wiederum wird durch den Frame „Pakt mit dem Teufel“ oder „Nachtei-
le in Kauf nehmen“ nahe gelegt.
Ein gutes Beispiel für die Verwendung eines Frames ist der bereits zitierte
Artikel aus der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit dem Titel „Der Underco-
130 3 Empirische Untersuchungen

ver-Bauer“. So antwortet der Bauer auf die Frage, warum er gentechnisch verän-
derten Mais anbaue, dass ihn „an der Gentechnik ‚das Neue, Fortschrittliche’
reizt“. Hier dient der Rekurs auf das Frame „Fortschritt“ als alleinige Begrün-
dung für eine gentechnikfreundliche Einstellung. Die diskursive Bedeutung von
Frames wird im Artikel anhand der Position der Saatgutfirma KWS, mit der der
Bauer zusammenarbeitet, noch deutlicher:

„Die KWS wolle die Gentechnik nicht mit der Brechstange durchsetzen, und über-
haupt sei gar nicht ausgemacht, ob man damit jemals mehr Geld verdienen werde als
mit konventionellem Saatgut oder mit organischem Saatgut, das die Firma auf ihrem
eigenen Bauernhof bei Northeim nach allen Regeln des ökologischen Landbaus ge-
winnt. ‚Aber ganz ohne Gentechnik bleiben wir global nicht wettbewerbsfähig.’“

In diesem Artikel wird Genfood zunächst wenig attraktiv dargestellt. Die Firma
kann noch keine ökonomischen Vorteile von Genfood erkennen. Allerdings
spielt der anderen Bedenken übergeordnete Sachzwang globaler Wettbewerbsfä-
higkeit letztlich die entscheidende Rolle für die Absicht, am Programm mit gen-
technisch verändertem Saatgut festzuhalten.
Was die Verteilung der Frames betrifft, so wurden in den Internet-Texten
mit knapp 22 Prozent aller Thematisierungen etwas häufiger Frames eingesetzt
als in den Zeitungsartikeln, wo der Anteil knapp 19 Prozent betrug. In den Zei-
tungsartikeln wird weitaus stärker zwischen positiven und negativen Frames
abgewogen als im Internet, wo die Frames „Ausbeutung“ und „Risiko“ überwie-
gen (Tabelle 18). Beispielsweise wird auf der Webseite des Norddeutschen
Rundfunks die Frage gestellt: „Wie viel Kilo genmanipulierten Mais muss eine
Kuh fressen, damit sie einen Liter Frostschutzmittel gibt?“98 Damit soll der unna-
türliche und deshalb abstoßende Charakter von Genfood verdeutlicht werden.
Auf der Webseite der Coordination gegen BAYER-Gefahren wird die häufig
verwendete Formel genutzt, Genfood komme einem „Feldversuch mit der Be-
völkerung“99 gleich.
Bezüglich des Akteursspektrums und hier insbesondere der Rolle zivilge-
sellschaftlicher Akteure fällt auf, dass 44 Prozent der Internet-Frames in den
Internet-Texten von zivilgesellschaftlichen Sprechern vorgebracht werden. Diese
Sprecher verwenden überwiegend negative Frames, sind aber auch in der Gruppe
der positiven Frames am häufigsten vertreten. In den Zeitungsartikeln haben die
Journalisten selbst mit etwa mehr als einem Viertel den höchsten Anteil an Fra-
mes. Es folgen staatliche Akteure mit etwas weniger als einem Viertel und dann
erst zivilgesellschaftliche Akteure mit etwa 22 Prozent. Tragen zivilgesellschaft-

98
http://www.ndr.de/tv/nordmagazin/service/20040419.html
99
http://www.cbgnetwork.org/Ubersicht/Kampagnen/Genfood/genfood.html
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 131

liche Akteure im Netz vor allem negative Frames vor, so ist in den Zeitungsarti-
keln das Verhältnis negativer und positiver Frames von zivilgesellschaftlicher
Seite in etwa ausgeglichen. Zivilgesellschaftliche Sprecher haben somit in den
Internet-Texten eine Deutungshoheit. Dort können sie selbst viel häufiger als in
den Zeitungsartikeln den diskursiven Rahmen bestimmen, in dem Genfood erör-
tert wird.

Tabelle 18: Positive und negative Frames in der Debatte um Genfood


Internet Zeitungen
N % N %
Positiv:
Fortschritt, allgemein 8 6 22 19
(„Fortschritt“)
Erhöhte Produktivität 17 13 18 16
(„Markt“)
Bekämpfung von Armut, Hunger, 10 8 15 13
Krankheit („Humanität“)

Negativ:
Enteignung, Kontrollverlust, Schä- 54 40 34 29
den („Ausbeutung“)
Risikotechnologie, Ungewissheit 33 25 21 18
(„Risiko“)
Eingriff in Schöpfung 6 5 7 6
(„Anmaßung“)

Ambivalent:
Nachteile in Kauf nehmen 8 6 2 2
(„Pakt mit dem Teufel“)
Frames Gesamt 136 100 119 100
Unterthemen Gesamt 634 22 635 19

Der geographische Bezug der Internet-Texte ist auch bei den Frames stärker
international als bei Zeitungen. Während ein Viertel der Frames in den Internet-
Texten im deutschen Kontext verortet wird, ist dies in den Zeitungsartikeln
knapp die Hälfte.
132 3 Empirische Untersuchungen

3.4.2.13 Abwägung unterschiedlicher Positionen

Bisher wurde untersucht, welche unterschiedlichen Akteure und welche unter-


schiedlichen Argumente, Themen und Positionen im Internet zum Thema Gen-
food vorgefunden wurden. Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden,
inwieweit Themen und Positionen abgewogen werden. Leitend ist dabei die
Hypothese 2 über stärker parteiliche bzw weniger ausgewogene oder abwägende
Texte im Internet. Zunächst ist festzustellen, dass die Analyse von Texten hierzu
nur in begrenztem Ausmaß Antworten geben kann, da die Interaktion zwischen
Nutzer und Anbieter an dieser Stelle nur innerhalb einzelner Texte betrachtet
wurde. Daher wird im Abschnitt 3.5 die Hyperlinkstruktur zwischen den Anbie-
tern untersucht. Im darauf folgenden Abschnitt 3.4 werden schließlich die unter-
schiedlichen Kommunikationsangebote der gesamten Webauftritte ausgewählter
Anbieter analysiert.
Die Tendenzen gesamter Texte wurden bereits zu Beginn vergleichend dar-
gestellt (siehe Abbildung 4). Dies gibt allerdings keinen Aufschluss über das
Vorkommen von Pro und Contra in den einzelnen Teilen eines Textes. Deshalb
wurde auch die Tendenz der einzelnen Thematisierungen innerhalb der Texte
bewertet. Ein Beispiel aus der links-alternativen TAZ soll die Logik dieser Ko-
dierung offen legen. Der Hintergrundartikel „Das grüne Meer wird immer häufi-
ger gedüngt“ vom 26.06.2004 (S. 5) beginnt zunächst mit einer positiven Thema-
tisierung von Gen-Soja im wirtschaftlich erschütterten Argentinien:

„Während die Städte verarmen, floriert die Wirtschaft auf dem Land dank dem Ge-
schäft mit genetisch manipulierten Sojabohnen. Und der Bohnenboom kurbelt die
gesamte Wirtschaft des Landes an.“

Weiter wird ausgeführt, dass dank eines hohen Weltmarktpreises staatliche Sozi-
alprogramme „fast komplett“ durch Steuereinnahmen aus dem Soja-Export fi-
nanziert würden und dass 98 Prozent des Sojas in Argentinien genetisch manipu-
liert seien. Werden wirtschaftliche und auch soziale Aspekte von Genfood zu-
nächst positiv thematisiert, kommt der Artikel im weiteren Verlauf dennoch zu
einer Genfood ablehnenden Tendenz, die auf der negativen Thematisierung lang-
fristiger wirtschaftlicher Resultate und bereits sichtbarer ökologischer und ge-
sundheitlicher Folgen beruht. Bemängelt wird das Fehlen eines „nachhaltigen
Wirtschaftsprogrammes“, da schließlich der Weltmarktpreis schnell wieder fal-
len könne. Gravierende ökologische Folgen seien bereits heute zu beobachten, da
durch Gen-Soja Unkräuter resistent geworden seien und deshalb immer mehr
Pestizide ausgebracht würden. Diese Pestizide wiederum „vergiften Land und
Leute“.
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 133

Festgehalten wurde nicht nur, ob ein Text in seiner allgemeinen Tendenz für
oder gegen Genfood eintritt (siehe oben), sondern auch, wie viele positive, nega-
tive, ambivalente und neutrale/ungerichtete Bewertungen zu den einzelnen As-
pekten und Unterthemen von Genfood innerhalb der Texte vorgenommen wur-
den. Für alle Aspekte und Genfood-Unterthemen, die innerhalb der Texte bewer-
tet wurden, zeigt sich wie für die Ebene der Texte, dass im Internet seltener
(30 %) für Genfood Stellung bezogen wird als in Zeitungsartikeln (37 %). Die
negativen Thematisierungen von Genfood sind in den untersuchten Internet-
Texten hingegen nur geringfügig höher als in den Printmedien (53 % bzw.
51 %). Unterthemen werden im Internet geringfügig häufiger ambivalent oder
neutral dargestellt.

Tabelle 19: Tendenz der Unterthemen zu Genfood


Internet Zeitungen

N % N %

Positiv 189 30 232 37

Negativ 335 53 322 51

Ambivalent 37 6 19 3

Neutral/keine Tendenz 73 12 62 10

Gesamt 634 100 635 100

Internet-Texte lehnen Genfood in der Gesamttendenz zwar deutlich häufiger ab


als Zeitungsartikel (siehe Tabelle 19). Die negative Tendenz der Internet-Texte
folgt aber nicht daraus, dass dort deutlich öfter negative Bewertungen zu den
einzelnen Aspekten von Genfood enthalten sind. Vielmehr werden in Zeitungen
enthaltene positive Thematisierungen von Genfood im Internet selten erwähnt,
während den ökologischen, sozialen und gesundheitlichen Folgen ein sehr viel
höheres Gewicht beigemessen wird. Dies zeigt die Verteilung der Positionen zu
einzelnen Themen im Vergleich zur Tendenz gesamter Texte (Tabelle 20). Die
allgemeine Tendenz des Textes geht zwar sehr häufig mit den Positionen zu
Unterthemen einher. Jeweils etwa drei Viertel der Pro- bzw. Contra-Thematisie-
rungen in den Internet-Texten und weniger als zwei Drittel in den Zeitungsarti-
keln entsprechen der Tendenz des Textes. Allerdings wird in den Zeitungen
innerhalb des Textes das Für und Wider stärker abgewogen als im Internet.
134 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 20: Verhältnis von Texttendenz und Positionierung zu Einzelthemen


(Prozente)
Texttendenz Positiv Negativ Ambivalent/ Gesamt
Neutral
Themenpositionierung
Internet

Positiv 75 19 28 30
Negativ 14 73 30 53
Ambivalent/neutral 12 8 43 17
Gesamt % 100 100 100 100
Gesamt N 95 377 162 634

Printmedien
Positiv 62 23 31 37
Negativ 31 65 48 51
Ambivalent/neutral 7 12 21 13
Gesamt % 100 100 100 100
Gesamt N 182 294 159 635

Tabelle 20 verdeutlicht das Muster, welches bereits anhand des TAZ-Artikels


erkennbar wurde. Die Tendenz eines Textes insgesamt bedeutet nicht notwendig,
dass entweder nur positive oder negative Aspekte von Genfood angesprochen
werden. Man gesteht Genfood kurzfristige wirtschaftliche und soziale Erfolge
zu, um sogleich zu vermitteln, warum die dauerhaften Folgen für Wirtschaft,
Umwelt und Gesundheit letztlich doch ein negatives Urteil begründen. Die These
über mangelnde Abwägung und stärkere Polarisierung bestätigt sich also für die
Internet-Texte, sofern man Zeitungsartikel zum Vergleich heranzieht. Einschrän-
kend muss jedoch bemerkt werden, dass dieses Ergebnis auf den aggregierten
Daten für jeweils alle Internet-Texte und Zeitungsartikel beruht. Daher wurde
das Verhältnis von Texttendenzen und Thementendenzen auch getrennt nach
einzelnen Zeitungen bzw. Suchwortkombinationen untersucht. In den Artikeln
der jeweiligen Zeitungen werden häufig positive (oder negative) Thematisierun-
gen vorgenommen, auch wenn ansonsten die Gesamttendenz der einzelnen Texte
dem nicht entspricht. Die WELT thematisiert Genfood sogar auf der Ebene der
Unterthemen überwiegend negativ, während die allgemeine Tendenz der Texte
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 135

eher positiv ausfällt. Gibt man hingegen in Google die Suchwortkombinationen


„genfood“, „genmanipulierte“ oder „genmanipulierte Lebensmittel“ ein, erhält
man zu drei Vierteln Genfood ablehnende Texte. Auch sind die Thematisierun-
gen zu mehr als zwei Dritteln negativ. Hingegen erscheinen unter den Suchwort-
kombinationen „gentechnisch veränderte“, „genveränderte“ oder „genetisch ver-
änderte“ sowohl Genfood ablehnende wie befürwortende Texte und Thematisie-
rungen.
Daraus lässt sich folgern, dass das Internet nicht durchgehend stärker pola-
risiert. Der Grad an Polarisierung ist vielmehr von der politischen Bedeutung der
eingegebenen Suchwortkombinationen abhängig. Die Begriffe „Genfood“ bzw.
„genmanipuliert“ entstammen offensichtlich eher dem Vokabular der Gegner,
wohingegen der Begriff „Veränderung“ von Genen tendenziell in einem neutra-
len bzw. ambivalenten Deutungskontext gebraucht wird. Welche Texte ein Nut-
zer also zu Gesicht bekommt, hängt also davon ab, welche Suchwortkombinatio-
nen er favorisiert. Und diese Entscheidung wiegt schwerer als die Wahl einer der
untersuchten Zeitungen. In den Internet-Texten auf Grundlage der Suchwort-
kombinationen „Genfood“, „genmanipulierte“ und „genmanipulierte Lebensmit-
tel“, die überwiegend gegen Genfood Stellung bezogen, fanden sich positive
Aspekte von Genfood seltener als in der TAZ. Umgekehrt wurden in Genfood
befürwortenden Texten im Internet unter den Suchwortkombinationen mit dem
Adjektiv „veränderte“ weniger negative Aspekte erwähnt als beispielsweise in
der FAZ.

3.4.2.14 Nachvollziehbarkeit und Begründungen von politischen


Stellungnahmen

Ein weiteres Merkmal der Texte im Internet und in den Zeitungen war die Nach-
vollziehbarkeit der darin enthaltenen politischen Stellungnahmen. Hierzu wurde
untersucht, ob politische Stellungnahmen Analysen, Behauptungen oder Vermu-
tungen enthalten oder aber auf Handlungen beruhen. Dahinter steht die Annah-
me, dass Vermutungen weniger verlässliche Informationen darstellen als Be-
hauptungen und Behauptungen wiederum weniger verlässlich erscheinen als
berichtete Handlungen. Maßstab hierfür ist die intersubjektive Nachvollziehbar-
keit. Berichtete Handlungen können von Dritten leichter geprüft werden als Be-
hauptungen bzw. Vermutungen. Gesetzesentwürfe, politische Abstimmungen,
Protestereignisse oder gerichtliche Klagen sollten eher nachvollziehbar sein als
mündliche Kommentare zu Gesetzesentwürfen, Interview-Aussagen, bloße An-
kündigungen von Protestereignissen oder Vermutungen über den Ausgang eines
Gerichtsprozesses. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Berichterstattung in
den untersuchten Internet-Texten und Zeitungsartikeln nicht wesentlich. In den
136 3 Empirische Untersuchungen

untersuchten Internet-Texten wurden etwas seltener Vermutungen ausgesprochen


als in den Zeitungsartikeln, während es sich bei berichteten Handlungen umge-
kehrt verhielt.
Weiterhin wurde gefragt, ob die Sprecher auch Begründungen für ihre je-
weiligen Positionen anführen. Im Sinne der Abwägung des besseren Arguments
ist dies ein wichtiger Anhaltspunkt für die Qualität eines Textes. Fehlen Begrün-
dungen, so lässt sich eine politische Stellungnahme nur sehr eingeschränkt mit
entgegen gesetzten Positionen abwägen. Auch hier zeigen sich nur geringfügige
Unterschiede, die keinen Anlass dafür geben, das Internet als einen qualitativ
anderen oder gar höherwertigen Ort für politische Kommunikation aufzufassen
(Anteil begründeter Aussagen im Internet 56 %, in Zeitungsartikeln 54 %). Es
zeigen sich hingegen Unterschiede, wenn man nach den Akteuren fragt, die ihre
politischen Äußerungen und Handlungen begründen. In den Internet-Texten
stehen weit vor anderen Akteursklassen die zivilgesellschaftlichen Akteure, von
denen 40 Prozent aller Aussagen mit Begründungen stammen. In den Zeitungsar-
tikeln werden jeweils knapp ein Drittel der begründeten Aussagen von zivilge-
sellschaftlicher und staatlicher Seite in die politische Diskussion eingebracht.
Dieser Befund ist so zu interpretieren, dass zivilgesellschaftliche Sprecher im
Internet ihre Positionen ausgiebiger darstellen und begründen können, weil sie
häufig selbst Anbieter der Texte sind und viele Internet-Medien ihnen den ent-
sprechenden Platz in ihren Texten einräumen. Zusammen mit dem Ergebnis,
dass zivilgesellschaftliche Akteure häufiger als andere Akteursklassen Frames
im Internet benutzen, weist dies auf eine gewisse Diskurshoheit zivilgesellschaft-
licher Akteure im Netz hin. Einschränkend muss jedoch bemerkt werden, dass
der Anteil zivilgesellschaftlicher Stellungnahmen in den untersuchten Internet-
Texten nicht deutlich höher ist als in den Zeitungsartikeln.

3.4.3 Zusammenfassung der Textanalyse: Konstruktionen von Genfood in Zei-


tungsartikeln und Internet-Texten

Die in der bisherigen Analyse dargestellten Befunde erlauben eine erste Ein-
schätzung im Hinblick auf die leitenden Hypothesen, die in Abschnitt 3.1 vorge-
stellt wurden. Bevor wir die einzelnen Hypothesen auf der Basis des Vergleiches
von Internet-Texten und Zeitungsartikeln erörtern, gehen wir kurz auf das Ver-
hältnis beider Mediengattungen ein. Die bisherigen Ergebnisse stehen dabei im
Einklang mit der mittlerweile gängigen Erkenntnis, dass Internet-Texte für Zei-
tungsartikel eher eine Ergänzung, nur begrenzt eine Konkurrenz und sicher kei-
nen vollständigen Ersatz darstellen (vgl. Blödorn et al. 2005). Hinsichtlich der
Diffusion zwischen beiden Mediengattungen zeigte sich in unserer Untersu-
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 137

chung, dass sich Internet und herkömmliche Massenmedien nur marginal und
dabei sehr asymmetrisch durchdringen. Zwar wurde eine nennenswerte Anzahl
von Texten herkömmlicher Massenmedien im Internet gefunden, doch umge-
kehrt spielten Verweise auf Informationen aus dem Internet in den untersuchten
Zeitungsartikeln kaum eine Rolle. Auch wurde in den Zeitungen so gut wie nicht
über politische Stellungnahmen oder Handlungen, die nur online vollzogen wur-
den, berichtet. Offline wurde dem Internet als eigenständigem politischen Hand-
lungsraum somit keine Aufmerksamkeit entgegen gebracht.
Hinsichtlich der ersten Hypothese, die das breite Akteursspektrum und die
Rolle peripherer Akteure im Internet hervorhebt, fällt unsere Einschätzung ambi-
valent aus. Auf der Ebene der Anbieter, die mit ihren Webseiten auf den oberen
Rängen in den Google-Ergebnislisten Sichtbarkeit erlangten, war das Akteurs-
spektrum zum einen sehr breit, und zum anderen wurden diese Webseiten tat-
sächlich häufiger von zivilgesellschaftlichen Akteuren betrieben als von staatli-
chen oder sozioökonomischen Akteuren. Zusätzlich war eine signifikante Anzahl
alternativer Medien-Anbieter wie beispielsweise telepolis.de vertreten, die Posi-
tionen und Sichtweisen vor allem ökologisch und links-alternativ orientierter
zivilgesellschaftlicher Genfood-Gegner wiedergaben. Unternehmen und For-
scher, die eine stärkere Verbreitung von Genfood wünschen, wurden dagegen
nur selten gefunden. Die zivilgesellschaftlichen Akteure richteten sich auf ihren
Webseiten mit einigen Ausnahmen an ein breites Publikum und nutzten die
Chance, ihre grundsätzliche Meinung über Genfood zu verbreiten, was ihnen in
Zeitungen in der Regel nicht möglich war. Staatliche Anbieter sprachen stattdes-
sen häufig primär ein begrenztes Fachpublikum mit ihren Texten an. Ausführlich
und manchmal auch durch Hyperlinks vernetzte Hintergrundtexte, Positionspa-
piere und andere Schriftstücke, die explizit der politischen Meinungsbildung
dienen, stellten zwar nicht die Mehrheit der Online-Texte, wurden jedoch relativ
häufig angeboten. In den Zeitungen wurde entsprechend der ausgewählten For-
mate durchgängig ein allgemeines Publikum angesprochen.
Anders als bei den Anbietern lagen auf der Ebene der Sprecher, die online
und offline zu Wort kamen oder über deren politische Stellungnahmen berichtet
wurde, in Bezug auf ihre anteilige Zusammensetzung nach Akteursgruppen
kaum Unterschiede zwischen den beiden Medien vor. Sowohl im Internet als
auch in den Zeitungen traten staatliche Akteure am häufigsten als Sprecher auf,
gefolgt von zivilgesellschaftlichen Akteuren und sozioökonomischen Interessen-
gruppen. Medien-Akteure waren in beiden Medien am seltensten als Sprecher
vertreten. Während die Zeitungen als gatekeeper zwischen dem Publikum und
den politischen Akteuren agieren, können sich die politischen Akteure im Inter-
net direkt an ihr Publikum richten. Sie können aber auch anderen Akteuren eine
Plattform auf ihren Webseiten bieten. So kamen zivilgesellschaftliche Sprecher
138 3 Empirische Untersuchungen

hauptsächlich auf ihren eigenen Webseiten zu Wort oder auf den Webseiten, die
von anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren angeboten wurden. Auf den Web-
seiten nicht-zivilgesellschaftlicher Anbieter war dies hingegen vergleichsweise
selten der Fall. So setzt sich das Spektrum der Anbieter im Internet zwar an-
teilsmäßig anders zusammen als in den Zeitungen; das Spektrum der Sprecher
unterscheidet sich hinsichtlich der anteiligen Zusammensetzung der Akteure –
entgegen Hypothese 1 – zwischen den beiden Medien hingegen kaum.
Bei der Untersuchung, an welche Akteure sich die Sprecher mit ihren politi-
schen Stellungnahmen wendeten (Adressaten) oder wer ihrer Meinung nach
davon betroffen war oder sein sollte (Objektakteure), fiel auf, dass in den Zei-
tungen solche Akteurskonstellationen (Sprecher, Adressat, Objektakteur) häufi-
ger auftraten als im Internet. Allerdings liegen hier deutliche Unterschiede bei-
spielsweise zwischen Online-Hintergrundartikeln und -Protestaufrufen vor.
Wenn andere Akteure im Internet von den Sprechern adressiert wurden, handelte
es sich meistens um staatliche Akteure. Im Vergleich zeigte das Gesamtbild der
Adressierungen in den Zeitungen im Durchschnitt aller Akteursgruppen ein deut-
lich ausgewogeneres Spektrum von Bezugnahmen durch Staat, Wirtschaft und
Zivilgesellschaft. Umgekehrt wurden im Internet mehr Themen und Frames be-
nannt als in den Zeitungen, in dem die Online-Texte eher einzelne thematische
Aspekte von Genfood erörterten, als dass sie wiedergaben, wer was zu wem mit
welchen Auswirkungen auf wen sagt.
In beiden Medien wurde Genfood häufiger negativ als positiv bewertet. An-
ders als in den Zeitungen fiel im Internet auch die Mehrzahl der Beurteilungen
negativ aus. Die meisten der ablehnenden Artikel wurden auf den Webseiten von
Medien-Anbietern und zivilgesellschaftlichen Akteuren gefunden. Zusätzlich
wurde in den Internet-Texten häufiger eine links-progressive, ökologisch orien-
tierte Konstruktion von Genfood vorgenommen. So zeigten sich beispielsweise
im Ausspruch „Genfood – nein danke!“100 die Wurzeln in der Anti-Atomkraftbe-
wegung. Weiter wiesen einige der gefundenen Online-Anbieter wie die Coordi-
nation gegen BAYER-Gefahren, Greenpeace oder der Evangelische Entwick-
lungsdienst klare Bezüge zu neuen sozialen Bewegungen auf. Grundsätzlich
vertraten Genfood-Gegner in beiden Medien überwiegend eine „grüne“ Perspek-
tive, wobei ökologische, soziale und gesundheitliche Folgen online allerdings
stärker thematisiert wurden als offline. Nicht die Anmaßung gegenüber der
Schöpfung, sondern Frames wie Ausbeutung und Risiko wurden angeführt, um
eine ablehnende Haltung darzulegen. Gerade bei der Formulierung von Frames
und Begründungen gaben zivilgesellschaftliche Sprecher im Internet den Ton an,

100
Siehe: http://www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/co/13311/1.html
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 139

während dies in Zeitungsartikeln häufiger Journalisten und staatlichen Vertretern


vorbehalten blieb.
Trotz vieler Ausnahmen – wie der links-alternativen TAZ auf der einen
oder der Webseite der EU auf der anderen Seite – zeigte sich das Internet schein-
bar offener für eine eigenständige zivilgesellschaftliche Fassung von Genfood als
‚Gefahr für Mensch und Umwelt’ als die Zeitungen. Eine Reihe von Texten lässt
sich gut mit Snow und Benfords (1988: 200 ff.) Elementen des Frame einer sozi-
alen Bewegung beschreiben, das aus Problemdiagnose, -prognose und Hand-
lungsmotivation/-aufruf besteht: Die genetische Manipulation von Nahrung sei
ein Prozess der Unterwerfung und Zerstörung von Natur, der auf Kosten der
Allgemeinheit gehe und vor allem Unternehmen und staatlichen Akteuren diene.
Daraus entstünden jetzt und in Zukunft Schäden für Mensch und Umwelt. Die
notwendige Konsequenz sei die generelle Abwehr von Genfood. Demgegenüber
wurde in den Zeitungen stärker versucht, die Interessen der Verbraucher gegen
die von Wirtschaft, Wissenschaft und politischen Verbänden abzuwägen.
Die unterschiedliche Beschreibung der politischen Positionen zivilgesell-
schaftlicher Akteure online und offline lässt sich auch sinnfällig anhand der Un-
terscheidung von expressiven und instrumentellen Problemkonstruktionen fassen
(Rochefort/Cobb 1994). Im Internet nehmen Texte zivilgesellschaftlicher Akteu-
re Stellung zu der Frage, ob Genfood prinzipiell befürwortet oder abgelehnt
werden soll (expressiv). In den Zeitungsartikeln werden zivilgesellschaftliche
Stellungnahmen darüber hinaus auch dazu herangezogen, um Ereignisse instru-
mentell zu erörtern: So wird im Falle des Streits um die Firma Müller-Milch
gefragt, inwieweit durch die bisherige Kennzeichnungspflicht, die Milch, Fleisch
und Eier ausnimmt, eine Wahlfreiheit des Verbrauchers gewährleistet werden
kann. Beim Gentechnikgesetz wurde diskutiert, inwieweit eine Koexistenz von
gentechnisch behandelten und nicht behandelten Pflanzen in der Landwirtschaft
bewerkstelligt werden kann.
Dieser Befund gilt freilich nur im Groben und nur für einen kurzen Zeit-
raum. Zum Beispiel muss beachtet werden, dass im Untersuchungszeitraum zi-
vilgesellschaftliche Akteure (vor allem Greenpeace) eine hohe Aufmerksamkeit
in den Zeitungen aufgrund des Falls Müller-Milch genossen. Die Vermutung
liegt nahe, dass in Zeitabschnitten ohne Proteste und Konfrontationen mit zivil-
gesellschaftlicher Beteiligung auch eine geringere mediale Aufmerksamkeit
besteht. Außerdem verändert sich das Bild, wenn die eingegebenen Suchworte
und herangezogenen Tageszeitungen einzeln betrachtet werden. Die Sichtweise
eines „Risikos für Umwelt und Gesundheit“ findet man in Google mit dem Such-
begriff „Genfood“ oder in Kombination mit „genmanipuliert“ sehr viel häufiger
als mit dem Begriff „gentechnisch veränderte“. Unter den Zeitungen wiederum
bietet vor allem die TAZ mit ihrer hohen Aufmerksamkeit für kritische Argu-
140 3 Empirische Untersuchungen

mente und Proteste zu Genfood ein abweichendes Muster im Vergleich zu den


anderen Zeitungen.
In Bezug auf Hypothese 2 bestätigt die Textanalyse die Vermutung einer
stärkeren Parteilichkeit und geringeren argumentativen Abwägung im Internet
im Vergleich zu den Zeitungen. Einseitig ausgerichtete Texte kommen online re-
lativ häufig vor. Letztlich hängt das argumentative Spektrum, das sich dem Nut-
zer bietet, jedoch maßgeblich von Art und Anzahl der benutzten Wortkombinati-
onen ab, die er zur Suche einsetzt. Nutzer, die nur eine Suchwortkombination
verwenden, werden eher auf einseitige Positionen stoßen als solche, die mehrere
unterschiedliche Suchwortkombinationen verwenden. Beispielsweise erhalten
Nutzer, die nur die Suchwortkombinationen „Genfood“ oder „genmanipulierte“
eingeben, vor allem solche Beiträge, die genetisch veränderten Lebensmittel
ablehnend gegenüber stehen.
Während viele Anbieter im Internet eine thematisch orientierte Positionie-
rung und Teilnahme am Diskurs anstreben, zielen Zeitungen ihrem Anspruch
entsprechend stärker auf eine ausgewogene Berichterstattung. Auch wenn kon-
servative Blätter tendenziell positiver gegenüber Genfood eingestellt sind und
links-liberale Blätter negativer, wird offline häufiger auf die Position der Gegen-
seite Bezug genommen als online. Zivilgesellschaftliche, sozioökonomische und
staatliche Akteure, die im Internet als Anbieter auftreten, präsentieren hingegen
vorrangig ihre eigenen Positionen zum Thema Genfood. Hierzu werden Dossiers
mit Hintergrundtexten und Informationsmaterial angelegt sowie Programme und
Positionspapiere veröffentlicht. Allerdings sind auch Medienakteure im Internet
tendenziell stärker politisch ausgerichtet und beziehen weitaus häufiger eine
eindeutige Position als in den Zeitungsartikeln. Auch wenn somit die Texte im
Internet im Durchschnitt häufiger parteilich und weniger ausgewogen sind als
die Zeitungsartikel, bestätigt sich nicht die ebenfalls in Hypothese 2 zum Aus-
druck gebrachte Vermutung, dass im Internet auf Mobilisierung ausgerichtete
Elemente eine wichtigere Rolle spielen als in den Zeitungen. Nur Positions- und
Programmatikpapiere sind online häufiger zu finden als offline. Protestaufrufe
spielen hingegen in beiden Medien keine Rolle.
Die Gesamtheit der Internet-Texte bildet kaum einen Sinnzusammenhang.
Während sich die Zeitungen offensichtlich an einer gemeinsamen (vorrangig
nationalen) Agenda orientieren, die von zentralen Medienereignissen bestimmt
wird, stellt das Internet kein Forum, sondern eher einen ‚Jahrmarkt der Möglich-
keiten’ dar. Leicht verständliche, an ein allgemeines Publikum gerichtete Einfüh-
rungen stehen neben Erörterungen von Experten und Gesetzestexten. Aktuelle
Texte mischen sich mit veralteten, zeitlich nicht datierten oder nicht zeitgebun-
denen Texten. Allerdings ist es im Internet eher möglich, informative Grundla-
gentexte über Genfood zu bekommen. Der Nutzer kann sich unabhängig von der
3.4 Textanalyse von Zeitungsartikeln und Internet-Texten 141

Auswahl und Vorstrukturierung durch Zeitungsredaktionen kundig machen.


Dabei ist der Nutzer im Internet allerdings gezwungen, selbst die Vielfalt der
Positionen und Stellungnahmen zu strukturieren, Für und Wider in Bezug zu
setzen und Wichtiges von Unwichtigem zu trennen.
Die Textanalyse ermöglicht nur eine eingeschränkte Einschätzung hinsicht-
lich Hypothese 3 zur Verzweigtheit, Interaktivität und Dezentralität des Internet,
da nur die Merkmale einzelner Texte untersucht wurden und nicht die gesamten
Webseiten. Die Struktur der Texte scheint relativ wenig durch das technische
Potential des Internet beeinflusst zu sein. Die Möglichkeit, Hyperlinks auf exter-
ne Quellen anzubieten, wurde nur bei einem kleinen Teil der Texte genutzt. In-
teraktive Module wie Diskussionsforen wurden nur vereinzelt in die Texte selbst
integriert. Tiefergehende Erkenntnisse über die Struktur der Hyperlinks und
interaktive Module bietet der folgende Abschnitt 3.5 über die Hyperlinkanalyse
und der Abschnitt 3.6 über die Webseitenanalyse.
Schließlich weisen die Ergebnisse der Textanalyse daraufhin, dass Diskurse
im Internet – entsprechend Hypothese 4 – einen höheren Grad an grenzüber-
schreitender Information und Kommunikation aufweisen als solche in Zeitungen.
Genfood wird online sehr viel stärker mit Bezug auf andere Länder und suprana-
tionale Institutionen thematisiert als offline, wobei insbesondere die EU eine
wichtige Rolle spielt. Während sie in Zeitungsartikeln häufig auf ihre Funktion
als Gesetzgeber reduziert wird, erörtern Internet-Texte auch die Folgen von Gen-
food für die EU. Die politischen Stellungnahmen – auch von deutschen Spre-
chern – waren im Internet häufiger auf Akteure außerhalb Deutschlands bezogen.
Transnationale Vernetzungen zivilgesellschaftlicher Initiativen spielten aller-
dings auch im Internet keine Rolle. Thematisch war das geographische Spektrum
im Internet ebenfalls breiter als in den Zeitungen, wo vor allem ein nationaler
Diskurs geführt wurde, der sich auf hiesige Probleme von Regulierung, Land-
wirtschaft, Lebensmittelmarkt und Verbraucherrechte konzentrierte. Dies ist um-
so erstaunlicher, da, wie eingangs in Kapitel 2 dargelegt wurde, sowohl Befür-
worter als auch Gegner globale Perspektiven betonen. Viele der Internet-Texte
behandeln Genfood dagegen stärker thematisch und relativ unabhängig von Me-
dienereignissen. Sie scheinen eher der allgemeinen gesellschaftspolitischen Dis-
kussion darüber zu folgen, ob Genfood im Grundsatz und unabhängig davon, ob
es in Deutschland oder anderswo auf dem Lebensmittelmarkt ist, zu befürworten
oder abzulehnen ist. Im Berichtszeitraum waren für die Zeitungen, die sich na-
turgemäß auf aktuelle politische Ereignisse und Zusammenhänge konzentrieren,
kaum Ereignisse mit internationalem Bezug und ausreichenden Nachrichtenwer-
ten verfügbar. So waren es im Sommer 2004 – anders als Mitte der 1990er Jahre,
als die ersten Importe von Gen-Soja in Europa eintrafen und die Gegner ihren
Protest medienwirksam in Szene setzten – vor allem nationale Ereignisse, die die
142 3 Empirische Untersuchungen

Aufmerksamkeit von Zeitungen fanden. Hinzu kommt, dass Genfood in Zei-


tungsartikeln vorrangig für ein nationales Publikum aufbereitet wird, wodurch
offenbar eher solche Fragen interessieren, die deutsche Landwirte, Verbraucher
und politische Akteure betreffen. Im Internet wurde hingegen der gesamte
deutschsprachige Raum durch die verwendeten Suchwortkombinationen erfasst.
So erreichten auch österreichische und schweizerische Anbieter mit ihren Texten
den Nutzer.

3.5 Hyperlinkanalyse
3.5 Hyperlinkanalyse
Die Hyperlinkanalyse innerhalb dieser Studie basiert auf folgender theoretischer
Annahme: Öffentlichkeitsrelevante Kommunikationsräume – im Sinne massen-
medialer Öffentlichkeit – entstehen im Internet durch Selektion. Hierbei können
zwei zentrale Mechanismen unterschieden werden: Selektion durch Suchmaschi-
nen und Selektion durch Hyperlinks. Die Untersuchung des Kommunikations-
raums, der durch Suchmaschinen und deren Selektionskriterien geprägt ist, war
Gegenstand der Textanalyse in Abschnitt 3.4. Hierauf baut die Analyse des
Kommunikationsraums auf, der durch Hyperlinks gebildet wird. Aufgrund von
Suchmaschinenergebnissen zu spezifischen Suchbegriffen, die sich auf das The-
menfeld Genfood beziehen, konnten zentrale Akteure ermittelt werden, die mit
ihren Webseiten eine erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit erlangen. Geht man
davon aus, dass viele Internetnutzer bei der Informationssuche auch den Hyper-
links folgen, die auf Webseiten angeboten werden, erscheint es sinnvoll, die
Hyperlinks auf den Webseiten dieser zentralen Akteure als zweiten Untersu-
chungsgegenstand innerhalb der empirischen Analyse von Online-Diskursen zu
wählen.

3.5.1 Untersuchungsdesign

Um einzelne Webseiten im Internet ansteuern zu können, ist jede Webseite unter


einer eindeutigen Adresse (der URL bzw. Uniform Resource Locator) abgespei-
chert. Anhand dieser Adresse kann – in der Form von Hyperlinks – jede Seite
des Internet mit beliebig vielen anderen Seiten verknüpft werden. Hyperlinks
sind eine technische Einrichtung, die entweder die Navigation innerhalb einer
Webseite ermöglicht oder Webseiten direkt mit anderen Webseiten verbindet.
Dadurch bestimmen Hyperlinks die gesamte Struktur des Internet. „Erst die
Hypertextualität macht das WWW zu dem, was es in der Tat ist, nämlich ein
weltumspannendes Netz.“ (Wirth/Schweiger 1999: 47) Hyperlinks sind keine
3.5 Hyperlinkanalyse 143

technische Gegebenheit, sondern der technische Ausdruck bewusster Entschei-


dung und damit auch bewusster Selektion:

„ ...every link is planned and, most often, specifically created by the web designer.
Thus, the presence of a link reflects a communicative choice made by the designer.
A link, therefore is strategic. The possible variations for the structure are shaped by
communicative ends, rather than technological means. The use of the link in the
creation of Web structure enables the designer to control the potential ways a user
can move through information.” (Jackson 1997)

Hyperlinks können als eine neue Form sozialer Beziehungen verstanden werden
oder, gemäß Park und Thelwall (2003), als „a newly emerging social and com-
municational channel“.
Natürlich kann nicht allein aufgrund einer Hyperlink-Verbindung zwischen
den Webseiten zweier Akteure auf eine enge Beziehung zwischen diesen ge-
schlossen werden. Zudem sagt ein Hyperlink für sich genommen nichts über die
Intention des Verweises aus. So kann sich ein Akteur durch einen Hyperlink zu
der Webseite eines anderen Akteurs von diesem abgrenzen, sich zu ihm in Oppo-
sition stellen, ihn unterstützen usw. Unabhängig davon, welche Intention hinter
einem Hyperlink steht, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass damit
einem Akteur eine Wichtigkeit im Diskurs zugesprochen wird – gleich ob in
einem positiven, negativen oder neutralen Sinne.
Vor dem Hintergrund dezidiert öffentlichkeitstheoretischer Fragestellungen
wurden Hyperlinks bisher kaum untersucht, wie im Abschnitt 1.2 gezeigt wurde.
Ein erster Ansatz wurde in den Arbeiten von Koopmans/Zimmermann (2003)
und Zimmermann/Schlecht/Koopmans (2004) entwickelt, an den sich unser Vor-
gehen anlehnt und ihn in zentralen Aspekten weiterentwickelt, beispielsweise
durch Berücksichtigung der Suchmaschinenanalyse zur Stichprobenziehung und
einer zusätzlichen Identifikation von Akteuren für das Sample über die vorge-
fundenen Hyperlinkstrukturen. Insgesamt gliederte sich das Vorgehen in fünf
Arbeitsschritte:

1. Auswahl der Akteure, auf deren Webseiten die Hyperlinks erhoben werden,
nach dem Relevanzkriterium der Position, welche die Angebote der einzel-
nen Akteure in den Ergebnislisten der Suchmaschinen einnehmen,
2. Codierung untersuchungsrelevanter Informationen zu den einzelnen Akteu-
ren,
3. Erhebung der Hyperlinks, die auf den Webseiten der ausgewählten Akteure
angeboten werden,
4. Auswahl der relevanten Zielakteure, auf deren Webseiten mindestens drei
Ausgangsakteure durch Hyperlinks verweisen,
144 3 Empirische Untersuchungen

5. Codierung der gefundenen Akteure und Auswahl der thematisch relevanten


Webseiten.

Der erste Schritt der Hyperlinkanalyse bestand in der Bestimmung der Akteure,
deren Webseiten wir als Ausgangspunkt für die Untersuchung verwendeten (im
Folgenden: Ausgangsakteure). Da die Hyperlinkanalyse aufgrund unserer theore-
tischen Annahmen an die vorausgegangene Textanalyse anknüpfen sollte, stan-
den zwei Vorgehensweisen zur Auswahl. Die eine Möglichkeit bestand darin,
diejenigen Akteure auszuwählen, die im Rahmen der gesamten Erhebung beson-
ders häufig vorkamen. Die andere Möglichkeit war, sich auf die Akteure zu kon-
zentrieren, die prominente Positionen einnahmen. Dies wurde dadurch operatio-
nalisiert, dass die Texte, die die Akteure anbieten, auf der Suchergebnisliste
unter den ersten fünf Plätzen vorkommen mussten. Somit standen sich zwei
unterschiedliche Messungen von Zentralität gegenüber: Zentralität durch Häu-
figkeit und Zentralität durch Platzierung. Da gerade im Internet mit seinem riesi-
gen Informationsangebot die Erzeugung von Aufmerksamkeit eine zentrale Rolle
spielt, haben wir uns für das Kriterium „Platzierung der Angebote“ entschieden.
Dieses Vorgehen wird zudem durch die Annahme gerechtfertigt, dass die Mehr-
zahl der Nutzer sich vor allem die ersten Suchergebnisse genauer ansieht und die
Aufmerksamkeit mit sinkendem Rang der Angebote abnimmt. Hinzu kommt,
dass zentrale Akteure aus all unseren Suchen einbezogen werden sollten. Hätten
wir uns nur auf die Akteure konzentriert, die insgesamt am häufigsten vorkom-
men, wäre es möglich, dass wichtige Akteure aus Suchläufen mit einem be-
stimmten Suchbegriff nicht auftauchen, da das Akteursspektrum innerhalb dieser
Suchen besonders breit ist. So könnte es z.B. sein, dass innerhalb einer Suche die
ersten zehn relevanten Texte von zehn unterschiedlichen Akteuren angeboten
werden, während bei einer anderen Suche innerhalb dieser ersten zehn Plätze nur
drei Akteure vorkommen, die mit jeweils unterschiedlichen Texten mehrmals
vertreten sind. Diese drei Akteure wären somit überproportional häufig präsent,
während die fünf Akteure auf den ersten Plätzen der anderen Suche ignoriert
würden.
In Tabelle 21 sind alle Akteure aufgelistet, die im Rahmen der Textanalyse
im Internet als Anbieter von relevanten Texten und Informationen auf Basis der
ersten Stichprobenziehung vorkamen. Die Angebote, die innerhalb der einzelnen
Suchläufe auf einen der ersten fünf Ränge gelangten, sind grau unterlegt. Auf-
grund des Kriteriums „Platzierung der Angebote“ enthält unsere Stichprobe
insgesamt 17 Akteure.101 Die Akteure, die mehr als einmal vorkamen, sind fett

101
Theoretisch gibt es bei sechs unterschiedlichen Suchen insgesamt 30 Akteure, die unter den ersten
fünf Suchergebnissen der sechs unterschiedlichen Suchen auftauchen können. Die deutlich geringere
Zahl von 17 Akteuren ergibt sich dadurch, dass bei unterschiedlichen Suchen dieselben Akteure
3.5 Hyperlinkanalyse 145

markiert. Eine Auswahl nach diesem Kriterium hätte 16 Akteure umfasst. Würde
man ein strengeres Kriterium wählen und nur die Akteure einbeziehen, die min-
destens dreimal vorkommen, wären nur noch vier Akteure in der Stichprobe. Das
Akteursspektrum der Anbieter aus der Suchmaschinenanalyse ist demnach breit
gestreut, was schon in den vorhergegangenen Textanalysen deutlich wurde. Ver-
gleicht man die Akteure, die häufig vorkamen, mit den Akteuren, die die obers-
ten Ränge einnahmen, fallen Unterschiede hinsichtlich der beiden Kriterien auf.
Die zwei Akteure, die insgesamt am häufigsten vorkamen („Telepolis“ und
„Campaign to ban genetically engineered foods“), waren nicht auf einem der
ersten fünf Plätze vertreten. Es bleibt abzuwarten, ob diese Akteure durch die
Hyperlinkanalyse in die Studie miteinbezogen werden. Dies muss nicht zwangs-
läufig der Fall sein. Auch wenn bei Google die eingehenden Hyperlinks für die
Reihenfolge der Ergebnisse zentral sind, so heißt das nur, dass die Akteure auf
den oberen Rängen von auffällig vielen anderen Akteuren verlinkt werden –
nicht jedoch, dass auch diese Akteure ihrerseits häufig verlinken.

Tabelle 21: Anbieter aus dem ersten Download der Textanalyse102


Höchster Vorkommen
Rang N %
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft 1 1 2
Brainbows (Genfood.at) 1 3 5
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 1 2 3
Greenpeace Deutschland 1 2 3
Paradisi.de 1 1 2
Radio Eins Live (WDR) 1 2 3
Bionet 2 1 2
BIOPRO Baden-Württemberg GmbH 3 1 2
FH Darmstadt, Studiengang Online-Journalismus 3 1 2
Greenpeace, Gruppe Saar 3 1 2
ORF Science 3 2 3
Hauske, Thomas 4 1 2
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (Österreich) 4 2 3
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. 4 2 3
Evangelischer Entwicklungsdienst 4 1 2
Greenpeace, Koblenz 4 1 2
Flensburg meint (Stadtbuch-Redaktion Flensbuch) 5 1 2

vorgekommen sind und auch innerhalb derselben Suchen dieselben Akteure mehrmals unter den
ersten fünf Suchergebnissen vertreten waren.
102
Alle Akteure, die innerhalb der Google-Ergebnisliste auf Rang 1 bis 5 vorkamen, sind grau unter-
legt. Alle Akteure, die mindestens dreimal in der Textanalyse als Anbieter vorkamen, sind fett mar-
kiert.
146 3 Empirische Untersuchungen

Initiative zum Verbot genmanipulierter Nahrung 6 3 5


Konrad-Adenauer-Stiftung 6 1 2
Universität Mainz, DaF 6 1 2
Vista Verde (Portal für Umwelt – Natur – Nachhaltigkeit) 6 2 3
Bredtstedt im Internet 8 1 2
FAZ 8 1 2
Niedersächsisches Landesamt für Verbraucherschutz &
8 2 3
Lebensmittelsicherheit
NDR (Nordeutscher Rundfunk, Fernsehen) 8 2 3
Telepolis – Magazin der Netzkultur 8 5 8
Campaign to ban genetically engineered foods 9 3 5
Wissenschaft.de 9 1 2
TransGen – Transparenz für Gentechnik bei Lebensmittel 10 2 3
WDR 10 2 3
Scientificjournals (Portal für Fachzeitschriften) 11 1 2
EUFIC, Europäisches Informationszentrum für Lebensmittel 12 2 3
Mannheimer Versicherung 12 1 2
ZDF Heute 12 1 2
MDR (Mitteldeutscher Rundfunk) 14 1 2
World Socialist Website 15 1 2
Netzeitung.de 17 1 2
www.gesundheit.de 21 1 2
Kantonales Labor Zürich 22 1 2
Gesamt 61 100

Die ausgewählten Akteure wurden im zweiten Schritt nach unterschiedlichen


Merkmalen codiert. Das Codierschema folgte weitgehend der vorausgegangenen
Akteurscodierung im Rahmen der Textanalyse und umfasste die Art des Akteurs
(Einordnung des Akteurs in Akteurskategorien), formaler Organisationsgrad,
Name, Ebene des räumlichen Bezugs und Herkunftsland. Zusätzlich wurden
zwei Variablen aus der Webseitenanalyse übernommen (vgl. Abschnitt 3.6): zum
einen die Bedeutung der Thematik Genfood im Rahmen der Aktivitäten des Ak-
teurs („Hauptthema“, „Unterthema“ oder „Nebenthema“) und zum anderen die
Position des Akteurs zum Thema Genfood („positiv“, „negativ“, „ambivalent“,
„neutral“ oder „keine Position“).
Im dritten Untersuchungsschritt wurden die Webseiten der ausgewählten
Ausgangsakteure mit einem sogenannten „Link-Crawler“ nach Hyperlinks
durchsucht.103 Nach Tests verschiedener Programme in vorherigen Untersuchun-
103
Link-Crawler sind Computerprogramme, die einzelne Webseiten automatisch nach Hyperlinks
durchsuchen. Aufgrund der enormen Größe einzelner Webseiten ist eine manuelle Erfassung nicht
möglich, und die Gefahr, dass ganze Seiten innerhalb eines Webauftrittes unberücksichtigt bleiben,
ist aufgrund unübersichtlicher Strukturen groß. Allerdings haben Crawler auch ihre Nachteile. Unter-
schiedliche Programme können zeitgleich zu leichten Differenzen führen (Park/Thelwall 2003). Vor
3.5 Hyperlinkanalyse 147

gen wurde für die vorliegende Analyse das Programm Xenu’s Link Sleuth TM
(im folgenden: Xenu) ausgewählt.104 Xenu erstellt Listen, die sowohl die inter-
nen als auch die externen Hyperlinks einer Webseite enthalten. Wilkinson/Thel-
wall/Xuemi (2003) definieren interne Hyperlinks als solche, die von einer Web-
seite innerhalb eines Webangebots zu einer anderen Webseite des gleichen Web-
angebots verweisen. Externe Hyperlinks hingegen zielen auf Webseiten, die zu
einem anderen Webangebot gehören, das meistens auch von einem anderen Ak-
teur betrieben wird. In den Fällen, in denen ein Akteur mehrere Webangebote
unter verschiedenen URLs bereitstellt, würden Hyperlinks zwischen diesen An-
geboten auch als externe Hyperlinks gelten.
Insgesamt konnten 16 der 17 ausgewählten Webseiten herangezogen wer-
den.105 Die Listen mit den jeweils gefundenen Hyperlinks wurden abgespeichert.
Werden alle Hyperlinks, die auf den 16 Webseiten registriert wurden, addiert,
erhält man eine Gesamtzahl von 319.413 (siehe Tabelle 22). Diese Zahl schließt
sowohl die internen als auch die externen Hyperlinks ein, wobei für unsere Ana-
lyse nur die externen Hyperlinks von Bedeutung sind.
Nachdem die Hyperlinks registriert wurden, galt es im vierten Schritt dieje-
nigen herauszufiltern, die auf Webseiten verweisen, welche von mindestens drei
Webseiten aus unserem Sample angelinkt wurden. Um diesen Prozess für
319.413 Hyperlinks zu erleichtern, wurde ein Programm geschrieben, das diese
Auswahl automatisch durchführt. Insgesamt wurden so 379 Hyperlinks gefun-
den. Dahinter standen 112 Akteure, wobei auf dieser Ebene jeder Hyperlink nur
einmal als Treffer gezählt wurde, auch wenn der Akteur mit mehreren Hyper-
links auf dieselbe Webseite verwies (siehe Tabelle 22).

dem Hintergrund, dass selbst mittelgroße Webseiten Zehntausende von Hyperlinks aufweisen und
große Webseiten sich in einer Größenordnung von Hunderttausenden von Hyperlinks bewegen, kön-
nen diese Unterschiede wohl vernachlässigt werden. Ein weiteres Problem besteht darin, dass Hyper-
links, die auf bestimmte Art und Weise programmiert wurden, nicht von den Crawlern erfasst werden
können (Zimmermann et al. 2004). Das gilt insbesondere für dynamische Hyperlinks, die in JavaSc-
ript oder ähnlichen Programmiersprachen geschrieben wurden. Bisher liegen allerdings keine Er-
kenntnisse darüber vor, dass z.B. bestimmte Arten von Akteuren eine Art der Programmierung be-
vorzugen, sodass durch vereinzelte Ausfälle mit strukturellen Verzerrungen zu rechnen wäre.
104
Xenu kann kostenlos im Internet heruntergeladen werden (http://snafu.de/tilman/senulink.html).
Das Programm wurde entwickelt, um auf Webseiten Hyperlinks zu finden, die nicht mehr funktionie-
ren, um es den Betreibern einer Seite zu erleichtern, ihre Webseite zu warten. Obwohl die Intention
der Programmgestaltung somit keine wissenschaftliche war, ist das Programm für unsere Zwecke ge-
eignet. Um die nicht mehr funktionierenden Hyperlinks zu finden, durchsucht Xenu die gesamte
Webseite und erstellt eine Liste mit allen Hyperlinks, die auf der entsprechenden Seite angeboten
werden.
105
Die Webseite des Studiengangs Online-Journalismus der FH Darmstadt (http://www.online-jour-
nalismus-darmstadt.de/) konnte aufgrund technischer Probleme nicht einbezogen werden. Da jedoch
dem Thema „Genfood“ auf der gesamten Webseite kaum eine Bedeutung zukommt, dürfte dieser
Ausfall keine relevanten Konsequenzen haben.
148 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 22: Auswertung der erhobenen Hyperlinks


Links Relevante Relevante Relevante
(Total) Links nach Links nach Links nach
Häufigkeit Häufigkeit und Häufigkeit und
Thema Thema (% vom
Total)
N N % N % %
ORF Science 198.232 99 26 63 26 64
Brainbows (Genfood.at) 1.172 49 13 42 17 86
Bundesministerium für 4.642 48 13 33 14 69
Gesundheit und Frauen (AT)
Biologische Bundesanstalt für 5.236 30 8 22 9 73
Land- und Forstwirtschaft
Bundesinstitut für 3.626 28 7 20 8 71
Risikobewertung (BfR)
Coordination gegen BAYER- 4.973 21 6 18 7 86
Gefahren e.V.
Greenpeace Deutschland 8.485 21 6 14 6 67
Greenpeace, Koblenz 486 16 4 10 4 63
BIOPRO Baden-Württemberg 9.279 11 3 8 3 73
Bionet 1.685 5 1 4 2 80
Radio1 40.393 18 5 6 2 33
Greenpeace, Gruppe Saar 80 4 1 2 1 50
Paradisi.de 39.138 21 6 2 1 10
Evangelischer Entwicklungs- 1.526 2 1 - - -
dienst
Stadtbuch-Redaktion 103 1 0 - - -
Flensburg
Hauske, Thomas 357 5 1 - - -
Gesamt 319.413 379 100 244 100 64

Das zweite Auswahlkriterium bezieht sich auf die thematische Ausrichtung der
Akteure, die die Webseiten betreiben. Werden aus den 112 Akteuren nur die aus-
gewählt, die sich mit dem Thema Genfood beschäftigen (entweder als Haupt-,
Neben- oder Unterthema), bleiben 69 Akteure übrig, auf die 244 Hyperlinks ent-
fallen. Das heißt, dass 64 Prozent aller Akteure, auf die mindestens drei Aus-
gangsakteure verwiesen, das Thema Genfood behandelten und 75 Prozent der
identifizierten Hyperlinks auf ihre Webseiten verwiesen. Dies spricht dafür, dass
3.5 Hyperlinkanalyse 149

wir durch unsere Vorgehensweise einen themenspezifischen Kommunikations-


raum eingegrenzt haben. Wie schon erwähnt, bildeten 17 Akteure unsere Aus-
gangsbasis. In der Untersuchung selber waren allerdings nur noch 13 dieser Ak-
teure vertreten. Vier Akteure entfielen, da keiner der Hyperlinks, die auf den
Webseiten dieser Akteure gefunden wurden, beiden Relevanzkriterien ent-
sprach.106
In der Spalte „Links insgesamt“ in Tabelle 22 ist die Anzahl der Hyperlinks
aufgelistet, die auf den einzelnen Webseiten gefunden wurden. Die Zahl reichte
von 198.232 Hyperlinks auf der Webseite von ORF Science bis zu 80 Hyperlinks
auf der Webseite der Greenpeace Gruppe Saar. Die Spanne ist also ausgespro-
chen hoch und erweckt den Eindruck, dass die Anzahl der angebotenen Hyper-
links von der Art des Akteurs abhängt. Insbesondere Medien-Anbieter scheinen
ebenso wie ressourcenstarke Akteure eine sehr hohe Anzahl von Hyperlinks
aufzuweisen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass diese Zahlen auch die
internen Hyperlinks beinhalten. Je aufwendiger eine Webseite ist, desto mehr
interne Hyperlinks gibt es zu Navigations- und gestalterischen Zwecken. Aller-
dings ist davon auszugehen, dass ressourcenstarke Akteure eher aufwendige und
umfangreiche Webseiten betreiben als ressourcenschwache Akteure.
Im fünften und letzten Schritt der Datenerhebung wurden die 69 Zielakteure
anhand desselben Variablenschemas wie die Ausgangsakteure codiert. Es wur-
den drei Datenbanken erstellt: eine Datenbank, die alle relevanten Ausgangsak-
teure beinhaltet (N = 13), eine Datenbank, die alle Zielakteure umfasst (N = 69)
und eine Datenbank, die die Information enthält, welcher Ausgangsakteur auf
welchen Zielakteur anhand eines Hyperlinks verweist (N = 244, ein Fall ent-
spricht einem Hyperlink).107

3.5.2 Ergebnisse

Die folgenden Ausführungen sind als eine exemplarische Analyse zu verstehen,


da die kleine Datenbasis von 13 Ausgangsakteuren keine Verallgemeinerung der
Ergebnisse zulässt. Sie erlaubt dennoch interessante Einblicke in den spezifi-
schen Kommunikationsraum Genfood, der durch Hyperlinks zwischen zentralen
Akteuren entsteht. Die Auswertung gliedert sich in zwei Teile: Zunächst werden
die strukturellen Merkmale der Akteure und Hyperlinks untersucht. Anschlie-

106
Nicht mehr in der Analyse ist die Webseite des Evangelischen Entwicklungsdienstes (http://www.
eed.de/), die Webseite „Flensburg meint“ der Stadtbuchredaktion Flensburg (http://www.flensburg-
meint.de/) und die Webseite von Thomas Hauske (http://www.hauske.de/).
107
Die Auswertungen wurden zum größten Teil mit SPSS ausgeführt und die netzwerkanalytischen
Berechnungen und Darstellungen mit UCINET (Borgatti/Everett 2002).
150 3 Empirische Untersuchungen

ßend wird der Frage nachgegangen, welche Akteure zu welchen anderen Akteu-
ren verlinken.

3.5.2.1 Strukturelle Merkmale der Akteure und Hyperlinks

Grundsätzlich ist zu unterscheiden zwischen den Akteuren, die durch die Verlin-
kung untereinander einen kommunikativen Raum bilden, und den Hyperlinks,
die diesen Raum strukturieren:

1. Akteure: solche, die Hyperlinks auf ihren Webseiten zu anderen Akteuren


anbieten (im Folgenden: Ausgangsakteure), und solche, auf deren Webseite
diese Hyperlinks verweisen (im Folgenden: Zielakteure). Auf dieser Ebene
der Betrachtung kommt jeder Akteur nur einmal vor (N = Anzahl der Ak-
teure: 13).
2. Hyperlinks: solche, die entweder von der Webseite eines Akteurs ausgehen
(im Folgenden: ausgehende Hyperlinks), oder solche, die auf die Webseite
eines Akteurs verweisen (im Folgenden: eingehende Hyperlinks). Auf die-
ser Ebene können die Akteure mehrfach vorkommen, da ein Akteur zu un-
terschiedlichen Webseiten Hyperlinks anbieten kann und dementsprechend
auch Hyperlinks von unterschiedlichen Webseiten auf die Webseite eines
Akteurs verweisen können (N = Anzahl der Hyperlinks: 244).

Tabelle 23 zeigt anhand des netzwerkanalytischen Maßes des Freeman’s Degree


für jeden Ausgangsakteur die Anzahl der Hyperlinks an, die von dessen Websei-
te auf die Webseiten von Zielakteuren verweisen (Outdegree).108 Sie enthält auch
die Hyperlinks, die die Ausgangsakteure von anderen Ausgangsakteuren erhalten
(Indegree), solange mindestens drei von diesen auf die Webseite eines bestimm-
ten anderen Ausgangsakteurs verweisen. Auffällig ist zunächst, dass nur zwei
der Ausgangsakteure auch Zielakteure waren. Zum einen galt das für die Web-
seite der Biologischen Bundesanstalt für Forst- und Landwirtschaft und zum

108
In netzwerkanalytischer Begrifflichkeit haben wir uns bei dem Vorgehen innerhalb der Hyperlink-
analyse an den egozentrierten Ansatz der Stichprobenziehung angelehnt. Egozentrierte Ansätze kon-
zentrieren sich eher auf einzelne Akteure als auf ein gesamtes Netzwerk. Ähnlich wie bei unserem
Vorgehen legen sie Ausgangsakteure fest, deren Beziehungen zu anderen Akteuren (alter) untersucht
werden. Damit das so eingegrenzte Geflecht als Netzwerk qualifiziert werden kann, ist es erforder-
lich, dass auch die Verbindungen zwischen den Bezugsakteuren erhoben werden (Jansen 1999: 58).
Aufgrund der begrenzten Ressourcen war dies in unserem Fall nicht möglich. Gleichwohl erlauben
uns einige netzwerkanalytische Verfahren und Abbildungstechniken, die Beziehungen der Ausgangs-
akteure noch einmal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Zu beachten ist, dass Hyperlinks
von den Zielakteuren zu den Ausgangsakteuren empirisch durchaus vorhanden sein können, jedoch
von uns nicht erhoben wurden.
3.5 Hyperlinkanalyse 151

anderen für die Webseite von Greenpeace Deutschland. Beide hatten einen In-
degree von fünf und wurden damit von jeweils fünf unterschiedlichen Ausgangs-
akteuren angelinkt.

Tabelle 23: Freeman’s degree centrality measures der Ausgangsakteure


Outdegree Indegree
ORF Science 63 0
Brainbows (Genfood.at) 42 0
Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (Österreich) 33 0
Biologische Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft 22 5
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) 20 0
Coordination gegen BAYER-Gefahren e.V. 18 0
Greenpeace Deutschland 14 5
Greenpeace, Koblenz 10 0
BIOPRO Baden-Württemberg GmbH 8 0
Radio1 6 0
Bionet 4 0
Paradisi.de 2 0
Greenpeace, Gruppe Saar 2 0

Tabelle 24 enthält den Indegree jedes Zielakteurs. Der Outdegree entfällt, da wir
auf den Webseiten der Zielakteure die Hyperlinks nicht registriert haben. Die
meisten Zielakteure (45) erhielten von drei Ausgangsakteuren Hyperlinks. Der
Rest wurde am häufigsten von vier Ausgangsakteuren angelinkt. Die Europäi-
sche Kommission war der einzige Akteur, auf dessen Webseite neun unter-
schiedliche Akteure verlinkten.
152 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 24: Freeman’s degree centrality measures der Zielakteure


Indegree
Europäische Kommission 9
Belgian Biosafety Server 6
Bund 5
European Food Safety Authority 5
Greenpeace Archiv (DE) 5
Robert Koch Institut 5
3SAT 4
Biosicherheit.de 4
Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (Karlsruhe) 4
Department for Environment Food and Rural Affairs 4
FAO 4
Greenpeace International 4
Greenpeace Österreich 4
Nature.com 4
OECD 4
Taz (die Tageszeitung) 4
Transgen – Transparenz für Gentechni 4
U.S. Food and Drug Administration 4
Umweltbundesamt 4
UN 4
WDR (Westdeutscher Rundfunk) 4
WHO (regional office for Europe) 4
Arbeiterkammer Österreich 3
Archive Greenpeace International 3
Berlin.de 3
Biosafety Information Network and Advisory Service (BINAS) 3
Biotechnology & GMOs 3
Bundesamt für Gesundheit (Schweiz) 3
Bundesforschungsanstalt für Ernährung und Lebensmittel (Kiel) 3
Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft 3
Bundesregierung 3
Bündnis 90 / Die Grünen 3
Convention on Biological Diversity 3
CORDIS – Community Research & Development Information Service 3
Dialog Gentechnik 3
Die Bundesbehörden der Schweizerischen Eidgenossenschaft 3
Europaparlament 3
Food Standards Agency 3
Forschungszentrums Jülich 3
Friends of the Earth (UK) 3
Gen Suisse 3
3.5 Hyperlinkanalyse 153

Genechnik-Webseite des Bundesministerium für Gesundheit und Frauen (AT) 3


Gen-ethisches Neztwerk 3
GeneWatch UK 3
GOBAL 2000 (AT) 3
Greenpeace cyberactivist community (Int.) 3
Greenpeace Magazin (DE) 3
Guardian 3
IFZ – Interuniversitäres Forschungszentrum für Technik, Arbeit & Kultur (AT) 3
INFOgen 3
JRC – Joint Research Center of the European Commission 3
NABU 3
Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH 3
Österreichisches Ökologie-Institut für angewandte Umweltforschung 3
Parlament (Österreich) 3
Save our Seeds 3
Tagesschau 3
Telepolis – Magazin der Netzkultur 3
U.S. Department of Agriculture 3
U.S. Environmental Protection Agency 3
Umweltbundesamt Österreich 3
UNESCO 3
Union of Concerned Citizens and Scientists for Environmeal Solutions 3
US National Library of Medicine 3
WHO – World Health Organisation 3
WTO 3
WWF Deutschland 3

Der Vergleich zwischen Tabelle 24 und Tabelle 21 zeigt, welche Akteure wir
durch die Hyperlinkanalyse erfasst haben, die schon in der Suchmaschinenanaly-
se eine zentrale Rolle gespielt haben, aber aufgrund des Kriteriums „Platzierung
der Angebote“ nicht in unser Ausgangssample aufgenommen wurden. Dabei
handelte es sich um drei der insgesamt neun Akteure: Telepolis – Magazin der
Netzkultur, Transgen – Transparenz für Gentechnik bei Lebensmitteln sowie
Westdeutscher Rundfunk (WDR).
Ordnet man die Ausgangsakteure in verschiedene Kategorien ein, ergibt
sich ein relativ ausgeglichenes Bild (siehe Tabelle 25). Staatliche und zivilgesell-
schaftliche Akteure wiesen jeweils einen Anteil von ca. 31 Prozent innerhalb der
Ausgangsakteure auf, wobei der Schwerpunkt bei den staatlichen Akteuren auf
Behörden und bei den zivilgesellschaftlichen Akteuren auf Umweltverbänden
und -organisationen lag. Medien stellten ca. 39 Prozent der Ausgangsakteure.
Sozioökonomische Interessengruppen (wie z.B. Unternehmen) fehlten vollkom-
men.
154 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 25: Ausgangsakteure nach Akteurskategorien


Ausgehende Hyper-
Ausgangsakteure
links
N % N %
Staat und Parteien 4 31 83 34
Regierung 1 8 33 14
Behörden 3 23 50 21
Zivilgesellschaft, non-profit 4 31 44 18
Solidaritätsgruppen 1 8 18 7
Umweltverbände 3 23 26 11
Medien 5 39 117 48
Radio, allgemein 2 15 69 28
Internetportale, themenspezi-
3 23 48 20
fisch
Gesamt 13 100 244 100

Die beiden rechten Spalten in Tabelle 25 geben an, wie viele der erhobenen Hy-
perlinks von den Webseiten der einzelnen Akteursgruppen ausgingen, wobei
einige Abweichungen auffallen. Medienakteure verwiesen mit knapp 50 Prozent
überproportional häufig auf eine der relevanten Webseiten, während zivilgesell-
schaftliche Akteure und NGOs mit einem Anteil von 18 Prozent am seltensten
auf eine der relevanten Webseiten verlinkten.
Ein anderes Bild ergibt sich für die Verteilung der Hyperlinks auf die Web-
seiten der unterschiedlichen Zielakteure in Tabelle 26.
3.5 Hyperlinkanalyse 155

Tabelle 26: Zielakteure und eingehende Hyperlinks nach Akteurskategorien


Eingehende
Zielakteure
Hyperlinks
N % N %
Staat und Parteien 38 55 137 56
Regierung 15 22 59 24
Behörden 18 26 63 26
Legislative 2 3 6 3
Sonstige 2 3 6 3
Grüne 1 1 3 1
Sozioökonomische Interessengruppen 2 3 6 3
Gewerkschaften 1 1 3 1
Biotech-/Pharmazie-/Chemie-
1 1 3 1
Unternehmen
Zivilgesellschaft, non-profit 19 28 65 27
Wissenschaft (nicht Genforschung) 2 3 6 3
Pro-und Anti-Kampagnen zu Genfood 2 3 6 3
Umweltverbände 12 17 44 18
Sonstige Interessengruppen & NGOs 3 4 9 4
Medien 10 15 36 15
Medien (allgemein) 1 1 4 2
Printmedien (allgemein) 2 3 7 3
Fernsehen (allgemein) 2 3 7 3
Internetportale, nicht themenspezifisch 2 3 6 3
Internetportale, themenspezifisch 3 4 12 5
Gesamt 69 100 244 100

Insgesamt wurden 69 unterschiedliche Akteure gefunden, auf die mindestens


drei der Ausgangswebseiten verwiesen. Die meisten der Zielakteure waren staat-
liche Organe (55 %), wobei es sich hauptsächlich um Regierungsakteure und
156 3 Empirische Untersuchungen

Behörden handelte. Die zweite größere Gruppe bildeten zivilgesellschaftliche


Akteure und NGOs. Auffallend war der geringe Anteil wirtschaftlicher Akteure
und sozioökonomischer Interessengruppen von drei Prozent, der auch schon
unter den Ausgangsakteuren ähnlich gering war. Die Medien nahmen insgesamt
zwar eine bedeutendere Stellung ein, waren jedoch mit 15 Prozent nicht domi-
nant. Immerhin die Hälfte der Medien waren internetspezifische Formate; die
Angebote der traditionellen Medien überwogen somit nicht.
Die Mehrzahl der Ausgangsakteure unserer Untersuchung kam aus
Deutschland. Drei der Akteure waren aus Österreich und ein Akteur war der EU
zuzurechnen (siehe Tabelle 27).

Tabelle 27: Ausgangsakteure nach Herkunftsland


Ausgangsakteure Ausgehende Hyperlinks pro
Hyperlinks Akteur
N N % N (Ø)

Deutschland 9 102 42 11

EU 1 4 2 4

Österreich 3 138 57 46

Gesamt 13 244 100 19

Betrachtet man die mittlere Spalte in Tabelle 27, so fällt auf, dass die österreichi-
schen Akteure maßgeblich die Verteilung der Hyperlinks bestimmten, also deut-
lich häufiger zu einem (nach unserer Definition) relevanten Zielakteur verlinkten
als deutsche Akteure. Die österreichischen Akteure stellten mit drei Akteuren
knapp ein Viertel der Ausgangsakteure, bestritten jedoch mehr als die Hälfte
aller ausgehenden Hyperlinks (57 %). Dementsprechend war die durchschnittli-
che Anzahl von Hyperlinks für österreichische Akteure mit 46 viermal höher als
die durchschnittliche Anzahl von elf Hyperlinks für deutsche Akteure.
Obwohl die meisten der Hyperlinks von österreichischen Webseiten ausgin-
gen, zeigt Tabelle 28, dass insgesamt die deutschen Akteure mit Abstand die
größte Gruppe innerhalb der Zielakteure darstellten. In Bezug auf die Hyperlink-
struktur bleibt dieses Bild konstant.
3.5 Hyperlinkanalyse 157

Tabelle 28: Zielakteure nach Herkunftsland


Zielakteure Eingehende Hyperlinks

N % N %

Belgien 1 1 6 2

Deutschland 25 36 91 37

Europa 2 3 8 3

Europäische Union 6 9 26 11

Großbritannien 5 7 16 7

International 12 17 41 17

Österreich 11 16 34 14

Schweiz 2 3 6 2

USA 5 7 16 7

Gesamt 69 100 244 100

Tabelle 29 unterscheidet die Ausgangsakteure und ausgehenden Hyperlinks nach


ihrer Position zum Thema Genfood. Nur ein Ausgangsakteur wies eine positive
Einstellung zum Thema auf. Die Mehrzahl war dem Thema gegenüber negativ
eingestellt (54 %). Knapp ein Viertel aller Ausgangsakteure nahm eine neutrale
Position ein. Dieses Viertel scheint jedoch besonders häufig auf andere relevante
Akteure verwiesen zu haben, da es mehr als 40 Prozent aller relevanten Hyper-
links bestritt.
158 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 29: Ausgangsakteure nach Haltung zum Thema Genfood


Ausgangsakteure Ausgehende Hyperlinks

N N %

Positiv 1 8 3

Negativ 7 94 39

Ambivalent 2 37 15

Neutral 3 105 43

Gesamt 13 244 100

Die Zielakteure hatten mit 15 Prozent häufiger eine positive Einstellung zu Gen-
food als die Ausgangsakteure (Tabelle 30). Insgesamt nahm allerdings die Mehr-
zahl der Zielakteure entweder eine negative (36 %) oder eine neutrale (32 %)
Position zu Genfood ein.

Tabelle 30: Zielakteure nach Haltung zum Thema Genfood


Zielakteure Eingehende Hyperlinks

N % N %

Positiv 10 15 38 16

Negativ 25 36 82 34

Ambivalent 9 13 45 18

Neutral 22 32 76 31

Keine Tendenz 3 4 3 1

Gesamt 69 100 244 100

Tabelle 31 zeigt, dass nur einer der Ausgangsakteure sich hauptsächlich mit dem
Thema Genfood beschäftigte. Für die übrigen Ausgangsakteure bildete Genfood
hingegen ein Unterthema eines übergeordneten Hauptthemas oder wurde nur als
ein Nebenthema behandelt.
3.5 Hyperlinkanalyse 159

Tabelle 31: Ausgangsakteure nach Bedeutung des Themas Genfood


Ausgangsakteure Ausgehende Hyperlinks

N N %

Hauptthema 1 42 17

Unterthema 8 123 50

Nebenthema 4 79 32

Gesamt 13 244 100

Auch wenn nur ein Akteur sich hauptsächlich mit Genfood beschäftigte, so präg-
te er mit 17 Prozent aller ausgehenden Hyperlinks überproportional stark das
Gesamtbild. Ähnlich wie die Ausgangsakteure befassten sich jedoch die meisten
Zielakteure mit dem Thema Genfood als Unterthema eines übergeordneten The-
mas (siehe Tabelle 32). Nur 6 Prozent widmeten sich hauptsächlich dem Thema
Genfood.

Tabelle 32: Zielakteure nach Bedeutung des Themas Genfood


Zielakteure Eingehende Hyperlinks

N % N %

Hauptthema 4 6 14 6

Unterthema 40 58 149 61

Nebenthema 25 36 81 33

Gesamt 69 100 244 100

3.5.2.2 Wer verlinkt zu wem?

Die weitere Betrachtung konzentriert sich darauf, wie die dargelegte Akteurs-
und Hyperlinkverteilung zustande kam und welche Ausgangsakteure auf die
Webseiten welcher Zielakteure verwiesen.
Tabelle 33 zeigt, dass staatliche Akteure vor allem auf die Webseiten ande-
rer staatlicher Akteure verwiesen (78 % aller staatlichen Akteure). Die Medien
neigten ebenfalls dazu, überwiegend staatliche Akteure anzulinken (56 %). Nur
160 3 Empirische Untersuchungen

ein Viertel aller Medienlinks galt den Webseiten zivilgesellschaftlicher Akteure


und NGOs. Die zivilgesellschaftlichen Akteure konzentrierten sich vor allem auf
Webseiten von anderen zivilgesellschaftlichen Akteuren. Interessant ist jedoch,
dass bei den verbleibenden zivilgesellschaftlichen Hyperlinks die Medien einen
deutlich höheren Anteil aufwiesen als staatliche Akteure.

Tabelle 33: Hyperlinkstruktur nach Akteurskategorien (Prozente)


Zielakteure
Staat und Sozioökonomi- Zivilgesell- Medien Gesamt
Parteien sche Interes- schaft,
sengruppen non-profit % N

Staat und
78 2 10 10 100 83
Parteien
Ausgangsakteure

Zivilge-
sellschaft, 14 0 66 20 100 44
non-profit

Medien 56 3 24 16 100 117

Gesamt % 56 2 27 15 100 -

Gesamt N 137 6 65 36 - 244

Abbildung 9 verdeutlicht anhand unseres eingeschränkten Netzwerkansatzes die


strukturelle Verteilung der Hyperlinks auf die einzelnen Akteurskategorien.
Die dicksten Pfeile zeigen deutlich, dass staatliche Akteure die meisten
Links auf ihren Webseiten vereinten, vor allem durch Hyperlinks von anderen
staatlichen Akteuren und Medien. Zwischen den Ausgangsakteuren (hier: EGO)
waren kaum relevante Verbindungen vorhanden. Wirtschaftsakteure und sozio-
ökonomische Gruppen spielten nur eine periphere Rolle und wurden lediglich
von staatlichen Akteuren und Medien miteinbezogen – ein erstaunliches Ergeb-
nis, bedenkt man wie wichtig wirtschaftliche Interessen im Rahmen der Diskus-
sion um Genfood sind. Anscheinend wurde jedoch nur über diese Akteure kom-
muniziert; direkt eingebunden in den Diskurs wurden sie jedoch nicht, zumindest
nicht durch die kommunikative Verweisstruktur zentraler Akteure innerhalb der
Genfood-Diskussion im Internet.
3.5 Hyperlinkanalyse 161

Abbildung 9: Struktur der Hyperlinks nach Akteurskategorien

Tabelle 34 zeigt, wie sich die Hyperlinks auf die Herkunftsländer verteilten.
Auffällig ist, dass die Ausgangsakteure aus Deutschland kaum auf die Webseiten
von Zielakteuren aus anderen Ländern verwiesen. Man könnte erwarten, dass
aufgrund sprachlicher Barrieren Hyperlinks, die über die nationalen Grenzen
hinausgehen, vor allem auf Akteure aus Ländern mit der gleichen Sprache ver-
weisen. Davon ist in unserem Fall jedoch nicht auszugehen, da sowohl österrei-
chische als auch schweizer Akteure kaum als Zielakteure deutscher Ausgangsak-
teure in Erscheinung traten. Wichtiger scheinen hingegen Zielakteure aus dem
englischsprachigen Raum gewesen zu sein. Zusammengenommen verwiesen im-
merhin 11 Prozent aller Hyperlinks, die von deutschen Akteuren ausgingen, auf
Webseiten englischer oder US-amerikanischer Akteure. Abgesehen von den
deutschen Zielakteuren scheinen internationale Akteure eine wesentlich bedeu-
tendere Rolle als nationale Akteure gespielt zu haben. Sowohl die deutschen als
auch die österreichischen Akteure verwiesen zu mehr als einem Drittel auf inter-
nationale Akteure, wobei solche auf der institutionellen Ebene der EU eine ge-
ringere Rolle spielten als andere internationale Akteure. Bei österreichischen
Ausgangsakteuren ist die Bedeutung deutscher Zielakteure hervorzuheben, die
mit 28 Prozent sogar etwas häufiger angelinkt wurden als österreichische Zielak-
teure (23 %). Dies legt die Vermutung nahe, dass die österreichischen Akteure
sich im Untersuchungszeitraum stark an der deutschen Genfood-Debatte orien-
tierten.
162 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 34: Hyperlinkstruktur nach Herkunftsländern (Prozente)


Zielakteure

International109

Gesamt %

Gesamt N
Europa
USA
UK
CH
AT

DE

EU
BE

DE 2 2 1 52 6 5 5 10 18 100 102
Ausgangsakteure

EU 0 25 0 0 0 25 0 25 25 100 4

AT 23 2 4 28 7 7 2 11 16 100 138

Gesamt % 14 2 2 37 7 7 3 11 17 100 -

Gesamt N 34 6 6 91 16 16 8 26 41 - 244

Abbildung 10 veranschaulicht die grafische Netzwerk-Verteilung der Hyperlinks


entsprechend den Herkunftsländern der Akteure. Das Gesamtbild dominieren
deutlich die drei Achsen von deutschen und österreichischen Ausgangsakteuren
zu deutschen Zielakteuren und zwischen österreichischen Ausgangs- und Zielak-
teuren. Ansonsten heben sich nur noch die Verbindungen zu EU-Akteuren und
internationalen Akteuren in besonderem Maße ab. Trotz dieser dominanten Ver-
bindungen entsteht insgesamt das Bild einer vielfältigen Kommunikations- und
Informationsverflechtung durch Hyperlinks über nationale Grenzen hinweg –
ebenso, wie dies auch die statistischen Analysen nahe legten.

109
Die Kategorie „International“ bezieht sich auf alle internationalen Ebenen, die nicht Europa oder
die Europäische Union betreffen.
3.5 Hyperlinkanalyse 163

Abbildung 10: Struktur der Hyperlinks nach Herkunftsländern

Tabelle 35 vermittelt einen Eindruck darüber, welchen Einfluss die Positionen


von Ausgangs- und Zielakteuren zu Genfood auf die Hyperlinkstruktur hatten. Da
nur ein Ausgangsakteur eine positive Haltung zu Genfood einnahm, soll auf die
Hyperlinks aus dieser Quelle nicht weiter eingegangen werden. Auffallend ist,
dass gegenüber Genfood negativ eingestellte Ausgangsakteure hauptsächlich auf
Webseiten von Zielakteuren verwiesen, die diese negative Grundhaltung teilten
(54 %). Die neutralen Ausgangsakteure aus unserem Sample vergaben ihre Hy-
perlinks mehr oder weniger ausgeglichen auf Akteure mit unterschiedlichen Posi-
tionen. Allerdings verwies der kleinste Anteil aller ausgehenden Hyperlinks auf
die Webseiten von Zielakteuren, die eine positive Haltung gegenüber Genfood
einnahmen. Interessant ist ebenfalls, dass die ambivalenten Ausgangsakteure
ungefähr doppelt so häufig auf Webseiten von Akteuren verwiesen, die positiv zu
Genfood eingestellt waren, als auf die Webseiten von Akteuren mit einer negati-
ven Haltung. Dies lässt vermuten, dass Akteure, die rhetorisch eine ambivalente
Haltung gegenüber Genfood einnahmen, faktisch eher eine positive Grundhaltung
aufwiesen, dies aber nicht so deutlich vertreten wollten oder konnten.
164 3 Empirische Untersuchungen

Tabelle 35: Hyperlinkstruktur nach Positionen zu Genfood (Prozente)


Zielakteure
Ambi- Keine Gesamt
Positiv Negativ Neutral
valent Tendenz
% N
Positiv 13 13 13 63 0 100 8
Negativ 9 54 14 22 1 100 94
Ausgangsakteure

Ambi-
27 14 22 35 3 100 37
valent
Neutral 18 24 22 35 1 100 105
Gesamt % 16 34 18 31 1 100 -
Gesamt N 38 82 45 76 3 - 244

Tabelle 36: Hyperlinkstruktur nach Akteurskategorien und Position (Prozente)


Zielakteure
Positiv Negativ Ambi- Neutral Keine Gesamt
valent Tendenz
% N
Staatliche Ak-
teure & politi- 22 13 23 41 1 100 83
Ausgangsakteure

sche Parteien
Zivilgesellschaft
7 77 7 9 0 100 44
& NGOs

Medien 15 32 20 32 2 100 117

Gesamt % 16 34 18 31 1 100 -

Gesamt N 38 82 45 76 3 - 244

Aus Tabelle 36 geht hervor, dass zivilgesellschaftliche Akteure und NGOs mit
Abstand am häufigsten auf die Webseiten von solchen Zielakteuren verwiesen,
die eine kritische Haltung zu Genfood einnahmen (77 %). Dagegen bezogen
staatliche Akteure und Medien stärker auch solche Akteure ein, die eine positive
Meinung zu Genfood vertraten (22 % bzw.15 %). Negativ eingestellte Zielakteu-
3.6 Webseitenanalyse 165

re wurden von staatlichen Ausgangsakteuren wesentlich seltener angelinkt


(13 %) als von anderen Akteuren. Staatliche Akteure legten hingegen einen deut-
lich stärkeren Schwerpunkt auf neutrale Zielakteure (41 %), was mit der Domi-
nanz von Behörden innerhalb dieser Akteurskategorie zusammenhängen könnte.
Insgesamt wiesen die Medien das relativ ausgeglichenste Spektrum im Hinblick
auf die Einstellungen der Zielakteure auf.

3.5.3 Zusammenfassung der Ergebnisse der Hyperlinkanalyse

Obwohl staatliche Akteure, zivilgesellschaftliche Akteure und Medien sich ziem-


lich ausgewogen über unser Ausgangsample verteilten, wies der Kommunikati-
onsraum, der durch Hyperlinks auf den Webseiten zentraler Akteure im Internet
gebildet wurde, deutliche strukturelle Asymmetrien auf. Die stark institutionali-
sierten staatlichen Akteure waren am häufigsten vertreten. Bemerkenswert ist
allerdings, dass zivilgesellschaftliche Akteure wichtiger waren als Medienakteu-
re, denen häufig nachgesagt wird, sie würden auch das Internet als Kommunika-
tions- und Informationsraum beherrschen. Allerdings beeinflussten die Medien
indirekt die Kommunikationsstruktur, indem gerade sie eher zu staatlichen als zu
zivilgesellschaftlichen Akteuren verlinkten.
Unsere Ergebnisse stützen die Vermutung, dass das Internet grenzüber-
schreitende Kommunikation fördert. Knapp zwei Drittel der Hyperlinks verwie-
sen auf die Webseiten ausländischer Akteure. Allerdings ist zu berücksichtigen,
dass unsere Analyse nicht das „deutsche“, sondern das „deutschsprachige“ Inter-
net umfasste. Rechnet man alle Hyperlinks zu deutschsprachigen Anbietern zu-
sammen, so verbleibt die Hälfte der Hyperlinks im deutschsprachigen Raum. So-
mit nahmen Hyperlinks zu Akteuren aus dem nicht-deutschen Sprachraum eben-
falls die Hälfte aller Hyperlinks ein, wobei Hyperlinks zu internationalen Akteu-
ren deutlich dominierten. Auch wenn man bedenkt, dass Hyperlinks zunächst nur
ein Angebot zur Kommunikation und Information darstellen, ist festzuhalten,
dass der kommunikative Raum, den zentrale Akteure in Bezug auf das Thema
Genfood durch Hyperlinks zu anderen Akteuren bilden, durchaus Potenziale
einer grenzüberschreitenden Information und Kommunikation bietet.

3.6 Webseitenanalyse
3.6 Webseitenanalyse
Die innerhalb des Medienvergleichs angewandte Methode der Textanalyse (vgl.
Abschnitt 3.4) ist, trotz ihrer mehrere Ebenen umfassenden Struktur, Beschrän-
kungen unterworfen. Bislang nicht analysiert wurden die Anbieter, die die unter-
166 3 Empirische Untersuchungen

suchten Texte publizierten. Dies waren einerseits Zeitungen, die hinsichtlich


eines breiten Themenspektrums und überwiegend mit Blick auf aktuelle Ereig-
nisse ein breites Publikum ansprechen. Für die mittels Google identifizierten
Texte wurden in der Textanalyse lediglich grundlegende Merkmale der Anbieter
analysiert. Zwar untersucht die Hyperlinkanalyse die Beziehungen verschiedener
Anbieter im Internet untereinander. Richtet man das methodische Vorgehen je-
doch am Verhalten der Nutzer aus, die nicht nur externen Hyperlinks, sondern
auch internen Verweisen auf einer Webseite folgen, so wird eine Webseitenana-
lyse unumgänglich. Insbesondere in Hinsicht auf die dritte leitende Hypothese,
die die interaktiven Möglichkeiten des Internet betont, soll hier geklärt werden,
welche Merkmale relevante Webauftritte zum Thema Genfood aufweisen.

3.6.1 Untersuchungsdesign

Webseitenanalysen werden häufig durchgeführt, um die Besonderheiten des


Internet zu erforschen. Es handelt sich hierbei um ein sehr aufwändiges Verfah-
ren, da jede einzelne Webseite durch einen Codierer in Echtzeit analysiert wer-
den muss. Dies beansprucht viel Zeit, da moderne Internetauftritte insbesondere
von ressourcenstarken Anbietern eine unüberschaubare Menge von einzelnen
Webseiten und oft auch eine komplizierte interne Struktur aufweisen. Für die
hier vorgenommene Webseitenanalyse wurden 27 Webauftritte untersucht, die
nach dem zweiten Download (zwischen dem 3. und 10. August 2004) selektiert
worden waren. Ausgewählt wurden Webauftritte von Anbietern, die durch die
Textanalyse des ersten Downloads identifiziert wurden und eine relevante politi-
sche Stellungnahme enthielten (d.h. zumindest eine Rubrik zu Genfood aufwie-
sen oder die sich hauptsächlich mit Genfood beschäftigten). Zudem mussten sie
innerhalb der sechs Google-Suchergebnislisten eine zentrale Position innehaben.
Zur Codierung wurde jeweils nur ein Teil der Webseiten herangezogen, die sich
unter der Startadresse des Anbieters befanden. Im Falle des Webauftritts „www.
greenpeace.de“ wurde die Eingangswebseite identifiziert, die im Zentrum der
Rubrik zu Genfood stand.110 Eine Codierung erfolgte, wenn sich eine Rubrik
mittels zweier Hyperlinks von der Startadresse des Anbieters auffinden ließ und
wenn sie erkennbar demselben Webauftritt zuzurechnen war.111 In anderen Fäl-
110
Im Falle von Greenpeace Deutschland war dies die URL „http://www.greenpeace.org/deutsch
land/fakten/einkaufsnetz /index“.
111
Für die im Folgenden beschriebene Codierung von Interaktivität auf den Webseiten wurde eine
Ausnahme gemacht, da die meisten Anbieter solche Diskussionsforen oder Eingabe-Formulare von
der Startadresse und nicht von der Rubrik zu Genfood ausgehend verlinken. Alle interaktiven Module
wurden codiert, die mittels zweier Hyperlinks entweder von der Startadresse oder der Eingangsweb-
seite erreichbar waren.
3.6 Webseitenanalyse 167

len war die Eingangswebseite der Genfood-Rubrik die Startadresse, da sich der
gesamte Webauftritt hauptsächlich mit Genfood beschäftigte.
Insgesamt 13 der 37 Anbieter des ersten Google-Downloads erfüllten die
genannten Selektionskriterien. Zusätzlich wurden diejenigen Anbieter aus der
Hyperlinkanalyse mit in das Sample aufgenommen, auf die mindestens drei
unterschiedliche Akteure von ihren Webseiten aus mit Hyperlinks verwiesen und
die ebenfalls Genfood als Unter- oder Hauptthema behandelten. Hierdurch wur-
den 14 Anbieter gewonnen, von denen zwei bereits aus den Google-Ergebnissen
bekannt waren. Somit beinhaltet die Analyse insgesamt 27 Webseiten (siehe
Tabelle 37).

Tabelle 37: Herkunft der ausgewählten Untersuchungseinheiten


N
Hyperlinkanalyse 14
Google-Suchergebnisse 11
In beiden Untersuchungen 2
Gesamt 27

Diese Stichprobe hat den Vorteil, dass nicht nur die durch den Google-Suchme-
chanismus als relevant eingestuften Akteure einbezogen werden, sondern auch
solche, die als Knotenpunkte im Netzwerk von Webauftritten identifiziert wur-
den. So wurde sichergestellt, dass zentrale Webseiten zum Thema Genfood er-
fasst wurden, die von durchschnittlichen Nutzern aufgefunden werden können.
Einerseits kann davon ausgegangen werden, dass Nutzer, die über Einträge in
Google auf Webseiten landen, innerhalb thematisch einschlägiger Webseitenrub-
riken weiter recherchieren. Andererseits beginnen viele Nutzer mit Google-Ein-
trägen, um sich anschließend über Hyperlinks auf neue Webseiten zu begeben.
Der Großteil der untersuchten Webauftritte beschäftigt sich nicht aus-
schließlich mit Genfood. Vielmehr ist Genfood bei 22 Webauftritten eine Rubrik
unter anderen. Für die Codierung der Webseiten wurde ein eigenes inhaltsanaly-
tisches Instrumentarium entwickelt, das sich an die Hyperlink- und Textanalyse
anlehnt (vgl. Anhang B).

3.6.2 Auswertung der Webseiten

Im Folgenden werden die ausgewählten Anbieter von Webseiten zum Thema


Genfood untersucht.
168 3 Empirische Untersuchungen

Beschrieben wird, welche Positionen sie zu Genfood einnehmen, wo sie


verortet sind und ob es sich um staatliche, zivilgesellschaftliche oder wirtschaft-
liche Akteure handelt. Anschließend werden die wesentlichen Formate der ana-
lysierten Webseiten dargestellt, um beispielsweise erkennen zu können, ob hier
tatsächlich andere Formen der politischen Kommunikation zu erkennen sind, die
nicht den üblichen journalistischen Kriterien unterliegen. Schließlich soll der
Grad an Interaktivität untersucht werden.

3.6.2.1 Allgemeine Merkmale der Anbieter

Wie bereits beschrieben, stellen die hier analysierten 27 Webseiten eine Auswahl
von zentralen Anbietern der Hyperlink- und Textanalyse dar. Acht Webseiten
wurden von Umweltverbänden und Kampagnen gegen Genfood betrieben. Hier-
unter befand sich auch der einzige nicht formell organisierte Anbieter. Regie-
rungsstellen und Behörden stellten elf Webseiten. Die verbleibenden acht Web-
seiten gingen auf Medienakteure zurück, darunter allein fünf auf Genfood spe-
zialisierte Internetportale. Bemerkenswert ist, dass weder Wirtschaft noch sozio-
ökonomische Interessenverbände zu den zentralen Akteuren gehören.
Diese Verteilung ist in etwa deckungsgleich mit den Ergebnissen der Hy-
perlinkanalyse. Im Vergleich zur Textanalyse haben allerdings sozioökonomi-
sche Interessengruppen keine Bedeutung. Sie sind in der Webseitenanalyse über-
haupt nicht mehr präsent. Medienakteure treten hingegen häufiger auf.
Ähnlich wie bei der Textanalyse und Hyperlinkanalyse sind die meisten der
hier untersuchten Anbieter in Deutschland angesiedelt (siehe Tabelle 38). Unter-
schiede ergeben sich vor allem daraus, dass nur die Webseiten der Google-Suche
und der Hyperlinkanalyse berücksichtigt wurden, die nicht nur einen einzelnen
Text im Internet anboten, sondern dem Thema Genfood eine ganze Rubrik wid-
meten oder sich auf ihren Webseiten hauptsächlich mit dem Thema Genfood
befassten.

Tabelle 38: Geographischer Bezug der Anbieter


N
Deutsche Anbieter 16
Ausländische Anbieter 6
Transnationale Anbieter 1
EU-Anbieter 2
Andere Supranationale Anbieter 2
Gesamt 27
3.6 Webseitenanalyse 169

Zusätzlich zu diesen Merkmalen, die bereits in der Text- und Hyperlinkanalyse


untersucht wurden, wurde die Mehrsprachigkeit der Angebote erfasst. Es zeigt
sich, dass ein Viertel der 16 deutschen Webseiten zugleich eine fremdsprachige
Version anbot. Insgesamt blieben allerdings Webseiten, die lediglich eine deut-
sche Version anbieten, mit 15 von 27 Webseiten in der Mehrheit, da drei öster-
reichische Webseiten hinzuzählen sind, die keine fremdsprachigen Versionen
anboten. Alle fremdsprachigen Webseiten wiesen zumindest eine englische Ver-
sion auf. Fünf von ihnen waren allerdings nicht zugleich in Deutsch verfügbar.
Deutlich seltener als Englisch war Französisch vertreten (in fünf der elf fremd-
sprachigen Webseiten). Darüber hinaus wurde keine andere Fremdsprache häufi-
ger als zweimal angeboten.
Wie die Text- und Hyperlinkanalysen zeigten, beziehen die untersuchten
Texte im Internet deutlich häufiger gegen als für Genfood Stellung. Unter den
zentralen Anbietern von Webseiten ist diese Tendenz ebenfalls ausgeprägt.
Zwölf der 27 Anbieter lehnten Genfood tendenziell ab. Während acht der Anbie-
ter ambivalente Positionen vertraten und weitere fünf keine eindeutige Meinung
hatten, befürworteten lediglich zwei der Anbieter Genfood.

3.6.2.2 Formate der Webseiten

Zeitungen als typische Vertreter herkömmlicher Massenmedien weisen im Kern


nur zwei Medienformate auf. Tageszeitungen berichten zeitnah über ein breites
Spektrum von Ereignissen und Themen für ein breites Publikum meist mittels
relativ kurzer Texte, während Wochenzeitungen auch etwas weiter zurücklie-
gende Themen aufgreifen und häufiger längere Texte anbieten. Anders verhält es
sich jedoch bei den hier untersuchten Webseiten. Zunächst ist zu beachten, dass
nicht alle Webseiten an ein allgemeines Publikum gerichtet sind. Viele erfüllen
auch die Funktion einer online angebotenen Verbandszeitschrift, die sich an
einen exklusiven Kreis richtet. Bei 24 von 27 der hier untersuchten Webseiten
kann jedoch davon ausgegangen werden, dass sie sich an eine allgemeine Öffent-
lichkeit wenden. Indikatoren für ein eingeschränktes Publikum waren Botschaf-
ten an explizit angesprochene spezielle Personenkreise auf den Webseiten und
die Häufigkeit von Fachbegriffen. Lediglich drei Webseiten von staatlichen An-
bietern schienen sich eher an ein Expertenpublikum zu richten. Dies betraf die
Webseiten des Belgian Biosafety Server (Belgien), der European Food Safety
Authority (EU) und des Robert Koch-Instituts (Deutschland).
Neben dem angesprochenen Kreis des Publikums unterscheiden sich die
Webseiten jedoch noch in weiteren Dimensionen. Vereinfachend wurden für die
Analyse der Webseiten vier Medienformate identifiziert: „Information“, „Selbst-
170 3 Empirische Untersuchungen

darstellung“, „Mobilisierung“ und „Diskussionsforum“.112 Mischformen dieser


Kategorien wurden im Rahmen von Mehrfachnennungen ausdrücklich zugelas-
sen (siehe Abbildung 11).

Abbildung 11: Ausschöpfung unterschiedlicher Medienformate113


Information
27 25

18

Forum 4 0 17 Selbstdarstellung

10

Mobilisierung

112
Das Format „Information“ beinhaltet eine faktenorientierte Berichterstattung zum Thema Gen-
food. Im Unterschied zur „Selbstdarstellung“ kommt es hierbei nicht darauf an, vorrangig die eigene
Arbeit oder Position zu präsentieren. Vielmehr soll dem Nutzer die Möglichkeit geboten werden,
seinen Wissensstand zu Genfood zu erweitern.
Bei der „Selbstdarstellung“ ist der jeweilige Anbieter bestrebt, die Arbeit und die politischen Positio-
nen seiner Organisation oder Gruppe einer breiteren Öffentlichkeit zu präsentieren.
Eine Webseite weist das Format „Mobilisierung“ auf, wenn die dargebotenen Informationen dazu
dienen, die Nutzer zu konkreten politischen Handlungen anzuleiten. Hierbei wurde gefordert, dass es
sich um konkrete Informationen zu den jeweiligen politischen Handlungen handelt. Dies betrifft bei-
spielsweise die Möglichkeit, online oder offline an einer Unterschriftensammlung teilzunehmen,
einen vorformulierten Brief an politische Entscheidungsträger zu senden oder Informationen über an-
stehende Protestereignisse zu erhalten.
Ein „Diskussionsforum“ liegt vor, wenn es den jeweiligen Nutzern möglich ist, auf den Webseiten
eigene Beiträge zu veröffentlichen. Diese müssen sich auf die Beiträge anderer Nutzer beziehen.
113
Von 27 Webseiten. Mehrfachnennungen waren möglich.
3.6 Webseitenanalyse 171

Das Format „Information“ ist auf fast allen Webseiten anzutreffen. 25 der 27
Webseiten stellen Informationen über die Genfood-Thematik auch unabhängig
von politischen Handlungsaufforderungen und Selbstdarstellungen zur Verfü-
gung. Allerdings konzentrierten sich nur sechs der Anbieter ausschließlich auf
das Format „Information“. Die Webseiten der verbleibenden 19 Anbieter nutzten
auch die Formate „Selbstdarstellung“, „Mobilisierung“ und „Diskussionsforum“.
17 der 27 Webseiten dienten auch der Selbstdarstellung der Anbieter. Allerdings
nahm nur ein Anbieter, nämlich die „European Food Safety Authority“, nicht die
Möglichkeit wahr, dieses Format mit anderen Formaten zu verbinden. Deutlich
seltener als die vornehmlich darstellenden Formate waren die zu Aktivität anre-
genden Formate „Mobilisierung“ und „Diskussionsforum“. Immerhin zehn der
27 Webseiten enthielten das Format „Mobilisierung“. Auffällig war, das unter-
schiedliche Gruppen und Webseiten von Greenpeace allein sechs dieser Websei-
ten stellten. Die Möglichkeit, auf Webseiten ein Diskussionsforum für unter-
schiedliche Beiträge von Nutzern einzurichten, wurde nur von vier der unter-
suchten Webseiten genutzt. Solche Diskussionsforen wurden nur im Rahmen
themenspezifischer Internet-Portale angeboten, die gleichzeitig auch andere For-
mate enthielten. Alle vier Betreiber von Diskussionsforen boten auf ihren Web-
seiten auch informative Formate an. Zwei nutzten ihren Internet-Auftritt zudem
zur Selbstdarstellung.
Abbildung 11 zeigt anhand der untersuchten Medienformate zentraler An-
bieter, dass das Potential des Internet, politische Handlungen und Stellungnah-
men zu stimulieren, kaum ausgeschöpft wird. Stattdessen ähneln die untersuch-
ten Anbieter in dieser Hinsicht den Offline-Medien. Es geht ihnen wie den Zei-
tungen darum, einem breiten Nutzerkreis Informationen über das Thema Gen-
food zu vermitteln. Darüber hinaus wird das Medium Internet aber auch genutzt,
um die eigene Gruppe oder Organisation in der Öffentlichkeit darzustellen.
In Ergänzung zu den Formaten kann auch nach dem Kommunikationsstil
der Webseiten gefragt werden, wobei ein agitierender und ein diskursiver Stil
unterschieden werden. Zudem kann ermittelt werden, welche Kommunikations-
stile die Webseiten insgesamt aufweisen, da hier keine Mehrfachantworten zuge-
lassen wurden.
Das Ergebnis steht im Einklang mit der Untersuchung der Formate. 15
Webseiten wiesen einen überwiegend deskriptiven bzw. verlautbarenden Kom-
munikationsstil auf. Weitere acht waren eher polemisierend und agitatorisch, und
nur drei konnten als eher diskursiv eingestuft werden. Während die Formate „In-
formation“ und „Selbstdarstellung“ nur bedingt mit einem deskriptiven Kommu-
nikationsstil einhergingen (acht von 25 bzw. acht von 17), waren neun der zehn
Webseiten mit dem Format „Mobilisierung“ überwiegend agitierend oder pole-
misierend. Das Format „Diskussionsforum“ war hingegen nur in zwei von vier
172 3 Empirische Untersuchungen

Fällen mit einem überwiegend diskursiven Kommunikationsstil der Webseite


verbunden.
Die Hypothesen 2 und 3, die Pluralität bzw. Interaktivität unterstellen, be-
stätigen sich also für die Frage nach den Medienformaten der Webseiten nicht
bzw. nur in geringem Maße. Es überwiegt der Eindruck, dass die Webseiten eher
Funktionen der Verlautbarung und Selbstdarstellung haben.

3.6.2.3 Interaktivität der Webseiten

Mit der Verbreitung von Massenmedien, insbesondere industriell hergestellten


Druckerzeugnissen, Radio oder Fernsehen, kamen auch Bedenken auf, dass oh-
nehin bestehende Asymmetrien in der politischen Kommunikation verstärkt
würden. Es habe eine Zentralisierung der Position des Senders stattgefunden, die
einem politischen Missbrauch Vorschub leiste. So sei der Zugang zu Radiostati-
onen, Fernsehanstalten und Verlagen vorwiegend ressourcenstarken und poli-
tisch mächtigen Akteuren vorbehalten. Zweitens gehe kaum eine Kommunikati-
on vonstatten, bei der die Empfänger von Informationen auch leicht zu Sendern
werden könnten. Eine symmetrische Interaktion wie beim herkömmlichen Ge-
spräch von Angesicht zu Angesicht sei somit kaum möglich.
Mit der Verbreitung des Internet wurde hingegen die Hoffnung verbunden,
die Asymmetrien der herkömmlichen Massenmedien abzuschwächen (vgl. Hy-
pothese 3). Theoretisch gesehen kann auf Webseiten mit relativ geringem finan-
ziellen und technischen Aufwand eine große Anzahl unterschiedlichster Akteure
gleichzeitig zu Sendern und Empfängern werden (so genannte „many to many“-
Kommunikation). Mit dieser Möglichkeit schien daher im Internet die erste
Asymmetrie, nämlich das Ungleichgewicht weniger Sender und vieler Empfän-
ger, nicht mehr gegeben zu sein.
Die zweite Asymmetrie, nämlich das Fehlen hinreichender Möglichkeiten
interaktiver Kommunikation, scheint ebenfalls durch die technischen Möglich-
keiten der Webseiten überwindbar, indem zum Beispiel Foren für einen Online-
Chat bereitgestellt werden.
Im Rahmen der Webseitenanalyse kann zumindest die erstgenannte Mög-
lichkeit, die implizit in der Hypothese 3 enthalten ist, näher untersucht werden.
Auch wurde im vorangegangenen Abschnitt bereits nach dem grundlegenden
Medienformat der Webseiten gefragt. Hierbei wurde eine Webseite als „Diskus-
sionsforum“ eingestuft, wenn sie Räume für eine Vielzahl unterschiedlicher
Autoren bot und die unterschiedlichen Positionen miteinander in Bezug standen.
Keine zwingende Bedingung war dabei die Verwendung interaktiver Mittel, d.h.
eine Webseite konnte auch dann als „Diskussionsforum“ eingestuft werden,
wenn – wie z.B. in den Leserbriefspalten der Tageszeitungen üblich – verschie-
3.6 Webseitenanalyse 173

dene Positionen zu einem Thema nach redaktioneller Bearbeitung abgebildet


wurden.
Wir analysieren daher nun weitergehend potenziell interaktive „many to
many“-Kommunikation. Dabei handelt es sich um Webseitenangebote, bei denen
jeder Nutzer jedem anderen Nutzer nicht nur eine Mitteilung schicken kann,
sondern zudem auch in der Lage ist zu antworten. Diese technischen Angebote
werden von den Webseiten-Anbietern meist „Online-Foren“, „chats“, „threads“
oder „blogs“ genannt. Als nicht interaktive „many to many“-Kommunikation
werden solche Angebote eingestuft, die es jedem Nutzer (bzw. Empfänger) er-
möglichen, einen Beitrag an den Anbieter (bzw. Sender) und gegebenenfalls
zusätzlich an einen eingeschränkten Kreis weiterer Akteure zu schicken. Da hier
viele Sender, aber nur sehr wenige Empfänger vorliegen, wurde dieses als inter-
aktive „many to one“-Kommunikation codiert. Darunter fallen beispielsweise
Online-Formulare oder E-Mail-Adressen, über die jeder Nutzer Fragen an den
Webseitenanbieter stellen kann. Auch Online-Postkarten-Aktionen, bei denen
jeder Nutzer einen persönlichen Brief an einen politischen Entscheidungsträger
verschickt, gehören hierzu.114 Die Unterscheidung zwischen interaktiver „many
to many“- und interaktiver „many to one“-Kommunikation ist für die Asymmet-
rie der Sprecher in herkömmlichen Medien von Interesse. Für die Untersuchung
der Interaktivität sind beide Merkmale bedeutend. Die interaktive „many to o-
ne“-Kommunikation ist von besonderem Interesse, da sie Interaktivität und Ak-
teurssymmetrie vereint.115
Wie in Abbildung 12 zu erkennen ist, wurde das Potential der interaktiven
„many to many“-Kommunikation von fünf der 27 Webseiten genutzt. Dabei
handelte es sich um drei Internet-Portale und zwei zivilgesellschaftliche Akteure.
Deutlich häufiger, nämlich bei 15 der 27 Webseiten, wurden interaktive „many
to one“-Module angeboten. Somit wurden die Möglichkeiten interaktiver Kom-
munikation nur teilweise ausgeschöpft.

114
Hierbei ist zu beachten, dass diese „many to one“-Interaktionen nicht deshalb erhoben werden,
weil eine Kommunikation zwischen dem politischen Entscheidungsträger und dem Nutzer zustande
kommt, sondern weil Nutzer und Webseitenanbieter interagieren können. Denn der Nutzer richtet mit
seinem Brief an einen Dritten auch eine explizite Botschaft an den Anbieter der Webseite.
115
Die hohe Anzahl von Leserbriefen in den untersuchten Zeitungen zeigt nämlich, dass auch dort
eine freilich redaktionell gesteuerte „many to one“-Kommunikation stattfindet. Auch in Radio und
Fernsehen kommen vereinzelt Hörer und Zuschauer zu Wort.
174 3 Empirische Untersuchungen

Abbildung 12: Interaktivität der untersuchten Webseiten


Nur „many to one“, N = 11
N = 27

Nur „many to many“,


N=1

„many to many“ und


“many to one”, N = 4

Bezieht man die Überschneidungen zwischen den „many to many“- und „many
to one“-Kommunikationen ein, so ergibt sich, dass elf der 27 untersuchten Web-
seiten keine interaktiven Module anboten. „Many to many“-Module gingen in
vier der fünf Fälle auch mit einem Angebot von „many to one“-Modulen einher.
Insgesamt wurde also auf 16 der 27 Webseiten dem Nutzer die Möglichkeit ge-
geben, mit dem Anbieter oder anderen Akteuren zu kommunizieren. Differen-
ziert man zwischen Anbietern, die auf ihren Webseiten Interaktionsmöglichkei-
ten offerieren und solchen, die dieses nicht tun, zeigt sich lediglich für staatliche
Akteure ein deutlicher Unterschied. Während sieben der neun zivilgesellschaftli-
chen Akteure und fünf der sechs Internetportale interaktive Module anboten,
waren dies bei den staatlichen Akteuren nur vier von elf.

3.6.3 Zusammenfassung der Webseitenanalyse

Ein großer Teil der untersuchten Anbieter ist als parteilich anzusehen, weil sie
ihre Webseiten zur Darstellung der eigenen politischen Positionen nutzten. In
dieser Hinsicht bestätigt sich die Hypothese 2. Allerdings wurden auch Websei-
ten vorgefunden, die zwischen verschiedenen Positionen abwägen oder in ihren
Stellungnahmen ambivalent waren. Der Kommunikationsstil war häufiger de-
skriptiv/verlautbarend als agitierend/polemisierend. Nicht bestätigt werden konn-
3.6 Webseitenanalyse 175

te, dass Webseiten oft zu politischer Mobilisierung genutzt werden. Stattdessen


überwiegen informative Angebote oder Formate der Selbstdarstellung.
Schließlich bestätigt die Webseitenanalyse teilweise die Hypothese 3 über
eine stark verzweigte und interaktive Kommunikation. Interaktive Module waren
bei der Mehrheit der untersuchten Webseiten vorhanden. Meist handelt es sich
jedoch um Resonanzkanäle, mittels derer Nutzer Botschaften an den jeweiligen
Anbieter schicken können. Nur wenige Webseiten waren als „Diskussionsforen“
einzustufen. Webseiten mit interaktiven „many to many“-Modulen waren deutli-
cher seltener als solche mit interaktiven „many to one“-Möglichkeiten. Das Po-
tenzial interaktiver „many to many“-Kommunikation wurde somit nur teilweise
ausgeschöpft. Im Vergleich zu den herkömmlichen Medien ist dies dennoch ein
deutlicher Unterschied.
Die Ergebnisse der Webseitenanalyse unterscheiden sich somit nicht we-
sentlich von denen der Textanalyse. Dies ist vor dem Hintergrund unterschiedli-
cher Untersuchungseinheiten und Erhebungsverfahren in den unterschiedlichen
Analyseteilen bemerkenswert.
7050_book.fm Page ii Wednesday, July 12, 2006 3:27 PM
4 Zusammenfassung und Einordnung der
Ergebnisse
4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

An das Internet wurden in der zweiten Hälfte der 1990er Jahre überwiegend
euphorische Erwartungen gerichtet. Es soll zur breitenwirksamen Information,
diskursiven Meinungsbildung und Demokratisierung beitragen. Inzwischen hat
mehr Zurückhaltung und Nüchternheit Platz gegriffen. Zwar wird das Internet
zunehmend, und insbesondere von der jüngeren Generation, intensiv genutzt.
Aber nur ein sehr kleiner Bruchteil der Nutzung bezieht sich auf politische
Kommunikation im weitesten Sinne des Wortes.116 Viele derer, die ohnehin
politisch interessiert sind und schon von den bisherigen Möglichkeiten der In-
formationsbeschaffung und Meinungsäußerung Gebrauch gemacht haben, bezie-
hen das Internet als ein zusätzliches und effizientes Medium ein. Andere Grup-
pen dagegen nutzen das Internet gar nicht oder ausschließlich für Zwecke der
Unterhaltung, der privaten E-Mail-Kommunikation oder des Konsums.
Für politisch interessierte und mit seinem Umgang versierte Personen bietet
das Internet aufgrund seiner technischen Eigenschaften die allseits bekannten
Vorteile, mit denen jedoch auch eine Kehrseite verbunden ist. Das Internet
gleicht aufgrund seiner schieren Größe, Verzweigtheit und Unübersichtlichkeit
einem riesigen Dschungel, neben dem sich herkömmliche Medien – Zeitungen,
Radio und Fernsehen – wie penibel geordnete Kleingärten ausnehmen. Aller-
dings erlauben es leistungsfähige Suchmaschinen, in diesen Dschungel rasch und
gezielt einzudringen. Dadurch können einzelne Angebote auch ohne Kenntnis
der URL-Adresse in Sekunden ausfindig gemacht werden, sofern deren spezifi-
sche Eigenschaften dem Suchenden bekannt sind bzw. die geeigneten Suchbe-
griffe gewählt werden. Prinzipiell bleiben jedoch die Zahl der Angebote, ihre
komplexen Verbindungen untereinander und damit auch die Struktur des
Dschungels im Dunkeln. Das bedeutet auch, dass themenorientierte Kommuni-
kationsflüsse und Diskurse im Internet, ganz zu schweigen vom Universum aller
dort stattfindenden Kommunikationen, immer nur in kleinen Ausschnitten sicht-
bar werden.
Wenn also selbst thematisch relativ klar abgrenzbare Diskurse wie die hier
untersuchte Debatte zum Thema Genfood nur partiell sichtbar werden, ist es

116
Neben den schon in der Einleitung erwähnten Hinweisen zeigt die Studie von Emmer/Vowe
(2004) der Internetnutzer in Kassel und Erfurt, dass 90 Prozent der Befragten weniger als 5 Prozent
ihrer Onlinezeit für politische Aktivitäten nutzten.
178 4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

umso wichtiger, den gesuchten Ausschnitt aus dem Universum der Internet-
Kommunikation anhand von wohl überlegten und transparenten Kriterien zu
wählen. Dabei haben wir uns von dem üblichen Verhalten eines neugierigen,
aber nicht unbedingt technisch versierten und thematisch spezialisierten Internet-
Nutzers leiten lassen. Ein solcher Nutzer wird die für ihn nahe liegenden Stich-
worte aufgreifen und in die weitaus gebräuchlichste Suchmaschine Google ein-
geben. Anhand von Ergebnislisten, die von dieser Suchmaschine produziert
wurden, wird der Nutzer einzelne oder alle der weit oben platzierten Web-
Adressen konsultieren. Dieses Verfahren haben wir in exakt dokumentierten
Schritten imitiert, um auf diesem Wege eine Teilmenge von Webseiten, Texten
und Links zum Thema Genfood auszuwählen und zu analysieren. Da die mögli-
chen Besonderheiten des Internet erst im Vergleich mit anderen Medien sichtbar
und nachvollziehbar werden, erstreckte sich unsere Analyse auch auf den Dis-
kurs zu Genfood in ausgewählten Tageszeitungen.

4.1 Zu den Untersuchungshypothesen


4.1 Zu den Untersuchungshypothesen
Leitend für die gesamte Untersuchung waren vier Hypothesen zu den Besonder-
heiten des Internet, die hier nochmals wiedergegeben werden.

1. Diskurse im Internet zeichnen sich dadurch aus, das sie eine größere Band-
breite von Sprechern bzw. Akteuren einschließen sowie einen höheren An-
teil kleiner und ressourcenschwacher Akteure aufweisen. In diesem Sinne
begünstigen sie – relativ zu Diskursen in Zeitungen – in stärkerem Maße die
zivilgesellschaftlichen Akteure der „politischen Peripherie“.
2. Diskurse im Internet enthalten in ihrer Gesamtheit ein breiteres argumenta-
tives Spektrum. Allerdings sind die einzelnen Texte aufgrund weitgehend
abwesender journalistischer Kriterien und Kontrollen stärker parteilich und
repräsentieren somit auch weniger die Argumente der jeweiligen Gegensei-
te. Entsprechend enthalten sie auch mehr Elemente, die auf Mobilisierungen
ausgerichtet sind (z.B. Protestaufrufe).
3. Diskurse im Internet weisen eine stärker interaktive, verzweigte und dezen-
trale Kommunikationsstruktur auf.
4. Diskurse im Internet zeichnen sich durch einen höheren Grad an grenzüber-
schreitender Information und Kommunikation aus.

Diese Hypothesen sowie eine Reihe spezifischerer Annahmen wurden am Bei-


spiel des deutschsprachigen Diskurses zu Genfood mittels dreier methodisch ge-
trennter Zugänge untersucht, nämlich der Inhaltsanalyse von „relevanten“ Texten
4.1 Zu den Untersuchungshypothesen 179

im Internet und in Tageszeitungen sowie – ausschließlich auf das Internet bezo-


gen – der Hyperlinkanalyse und der Webseitenanalyse. Mit diesem Vorgehen,
das teilweise dem methodischen Ideal der Hypothesenprüfung durch mehrere
und getrennte Verfahren bzw. Quellen („Triangulation“) entspricht, glauben wir
auch in methodischer Sicht die Forschung vorangetrieben zu haben. Bezogen auf
die Untersuchungshypothesen lassen sich verallgemeinernd – unter Vernachläs-
sigung vieler interessanter Einzelbefunde – folgende Ergebnisse festhalten:

1. Das Spektrum der am Genfood-Diskurs beteiligten deutschsprachigen Ak-


teure ist im Internet durchaus breit. Insbesondere sind zivilgesellschaftliche
Akteure in Relation zu staatlichen Akteuren als Anbieter von Informationen
im Internet stärker präsent. Allerdings überwiegen, wie bei den konventio-
nellen Medien, auch im Internet die eher gut organisierten und größeren Ak-
teure gegenüber informellen und eher ressourcenschwachen Akteuren. Das
Spektrum der Sprecher bzw. Handelnden (im Gegensatz zu den Anbietern)
unterscheidet sich dagegen im Internet nicht wesentlich von dem in Zeitun-
gen. Die erste Hypothese wird also nur teilweise bestätigt.
2. Neben der Bandbreite von Texttypen ist auch das argumentative Spektrum
zum Genfood-Diskurs – insbesondere bei einer Reihe von Unterthemen –
im Internet breiter als in Tageszeitungen. Allerdings erschließt sich dieses
Spektrum im Internet erst durch die Zusammenschau voneinander unabhän-
giger oder nur durch Links verbundener Texte. Diese Links beziehen sich
nicht nur auf Akteure mit ähnlicher Haltung zu Genfood, sondern auch auf
gegenteilige Positionen. Dies gilt jedoch in geringerem Maße für die Geg-
ner von Genfood. Hingegen tendieren Tageszeitungen eher dazu, das Für
und Wider von Genfood innerhalb ihrer jeweiligen Berichte bzw. Artikel
abzuhandeln. Tageszeitungen entsprechen somit eher der journalistischen
Norm einer distanzierten und ausgewogenen Berichterstattung, während
sich im Internet mehr parteiliche Akteure mit ihren jeweiligen Positionen in
authentischer Form präsentieren. Dies legt den Schluss nahe, dass das dis-
kursive Element mit seiner Bezugnahme von Akteuren und Argumenten
aufeinander im Internet schwächer ausgebildet ist. Eher als Zeitungen ist
das Internet somit ein Medium von Selbstdarstellungen, Verlautbarungen
und agitatorischen Texten, die zudem keiner (externen) Kontrolle unterlie-
gen. Allerdings fanden sich auch im Internet relativ wenige Texte, die aus-
drücklich zu Handlungen bzw. Kampagnen aufriefen. Dies stützt die Ver-
mutung, dass das Internet als Medium politischer Mobilisierung zumeist
überschätzt wird (Rheingold 1993; Schönberger 2004; kritisch dagegen
Rucht 2005). Auf welche Akteure und Texte ein Nutzer des Internet trifft,
ist in hohem Maße von den gewählten Suchbegriffen und der nachfolgenden
180 4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

Entscheidung abhängig, innerhalb einer Ergebnisliste nur bestimmte Web-


seiten aufzurufen. Somit verleitet das Internet vermutlich stärker als die
Lektüre von Zeitungen oder die Wahrnehmung von Nachrichten im Radio
oder Fernsehen dazu, nur ganz bestimmte Ausschnitte des Spektrums von
Akteuren, Positionen und Argumenten zu wählen, andere dagegen völlig
auszublenden. In diesem Sinne verstärkt vermutlich das Internet den ohne-
hin stattfindenden Prozess einer Fragmentierung politischer Öffentlichkeit
in eine Vielzahl von Teilöffentlichkeiten, an die nur spezifische Publika an-
geschlossen sind. Auch dürfte das Internet eher als herkömmliche Massen-
medien dazu beitragen, bestehende Positionen zu Streitfragen zu verfestigen
und abwägende bzw. vermittelnde Positionen in den Hintergrund zu drän-
gen.
3. Die Möglichkeiten des Internet für interaktive Kommunikation im Sinne
von „many to many“ werden – gemessen an gängigen Behauptungen und
Vermutungen – eher selten angeboten und vermutlich noch seltener genutzt.
Auch im Internet dominieren Kommunikationsflüsse nach dem Muster von
„one to many“. Im Vergleich zu herkömmlichen Massenmedien ist aller-
dings die interaktive Qualität des Internet deutlich höher zu veranschlagen.
Mehr Kommunikationsteilnehmer können und werden sich auch aktiv ein-
schalten. Anders als in Zeitungen, die Themen und Sprecher rigoros selek-
tieren, stehen im Internet die Angebote großer und mächtiger Akteure glei-
chermaßen neben denen von kleinen und machtlosen Akteuren. Die damit
scheinbar gegebene Gleichheit auf der Angebotsseite wird jedoch dadurch
unterlaufen, dass am Ende primär die ohnehin schon bekannten Akteure ei-
ne hohe Sichtbarkeit im Netz erlangen. Dies geschieht sowohl aufgrund der
Wahrnehmungen der Nutzer, die durch herkömmliche Medien geprägt sind,
als auch durch die Heranziehung von Suchmaschinen, die auf mehrfache
Weise, vor allem aufgrund der Häufigkeit der Aufrufe und der Zahl von
Links zu bestimmten Adressen, die Prominenz der Anbieter honorieren.
Obgleich also der Adressatenkreis, den große wie kleine Anbieter im Inter-
net ansprechen wollen, theoretisch eine riesige Zahl von Menschen ein-
schließt, dürfte es faktisch wohl so sein, dass die Angebote insbesondere der
kleinen Akteure nur relativ wenige Adressaten erreichen. Zudem ist zu
vermuten, dass wichtige Adressaten („Meinungsmacher“, politische Ent-
scheidungsträger) sich nach wie vor eher an herkömmlichen Medien als am
Internet orientieren.
Das Ausmaß, in dem sich Internet und Zeitungen aufeinander beziehen, bil-
dete für uns keinen zentralen Untersuchungsgegenstand, wird aber doch an-
hand einiger Indikatoren sichtbar. Beide Mediengattungen stellen keine für
sich geschlossenen Welten dar. In Zeitungsartikeln wird gelegentlich auf In-
4.2 Reflexionen zur Methode und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse 181

formationsangebote im Netz verwiesen; umgekehrt finden sich im Netz


nicht nur Artikel bzw. Dokumente aus herkömmlichen Medien, sondern
sind auch Medienakteure in nennenswertem Maße mit eigenen Webauftrit-
ten und – außerhalb unseres Untersuchungsgegenstandes – mit eigenen On-
line-Redaktionen (wie z.B. www.spiegel.de) vertreten.
4. In deutscher Sprache auftretende Sprecher aus dem Ausland, obgleich abso-
lut in der Minderheit, sind im Internet mit einem doppelt so hohen Anteil
wie in Zeitungen vertreten. Noch stärker ist diese Kluft zwischen Internet
und Zeitungen bei den Unterthemen zu Genfood. Bei den Hyperlinks, für
die es naturgemäß bei den Zeitungen kein Pendant gibt, bestätigt sich die
über das eigene Land hinausgehende Orientierung. Ein großer Teil der ver-
linkten Webseiten wird von ausländischen und internationalen Akteuren be-
trieben.

Zusammenfassend ergibt sich somit auf Basis unterschiedlicher Zugänge und


Materialien eine nur teilweise Bestätigung der ersten, eine tendenzielle Bestäti-
gung der zweiten und dritten sowie eine deutliche Bestätigung der vierten Hypo-
these. Jedoch fallen die empirischen Belege für die drei ersten, zumeist im Mit-
telpunkt der Diskussion stehenden Hypothesen weitaus schwächer und gebro-
chener aus, als es die einschlägige Literatur und zumal politisch aktive Gruppen
nahe legen.

4.2 Reflexionen zur Methode und Verallgemeinerbarkeit der


Ergebnisse
4.2 Reflexionen zur Methode und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse
Bei unserem Fazit gilt es zu berücksichtigen, dass wir bei allen drei methodi-
schen Zugängen – Inhaltsanalyse, Hyperlinkanalyse und Webseitenanalyse – die
im Internet sichtbaren Texte mittels der Suchmaschine Google und weiterer
Prozeduren ausgewählt haben. Im Sinne des beschriebenen Verfahrens wurde
also bewusst keine Zufallsstichprobe aller im Internet verfügbarer Texte zu Gen-
food zugrunde gelegt. Eine solche Stichprobe hätte mit hoher Wahrscheinlichkeit
eine größere Bandbreite von Sprechern, Themen und Argumenten zutage geför-
dert und damit im Einklang mit den Untersuchungshypothesen den Unterschied
zwischen Internet und Zeitungen viel deutlicher hervortreten lassen. Damit wäre
jedoch nicht der Kommunikationsraum erfasst worden, wie er durch den durch-
schnittlichen Internet-Nutzer erschlossen wird. Dieser Nutzer wird kaum jene
Texte aufsuchen, die in der Hierarchie der Suchergebnisse weit hinten aufgelistet
sind. Man bedenke, dass allein die Eingabe des Stichwortes „genfood“ in die
Suchmaschine Google rund 270.000 Treffer erzielt (11. Juli 2006). Wir haben
182 4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

also mit unserem Vorgehen keinen methodischen Artefakt erzeugt, sondern


vielmehr den tatsächlich überwiegend genutzten Kommunikationsraum zum
Thema Genfood untersucht. Dieser Raum, und nicht der theoretisch verfügbare
aber praktisch nie erschlossene Raum, ist für die Mehrheit der Nutzer maßgeb-
lich (siehe auch Gerhards/Schäfer 2006: 78f.). Dies wird in vielen euphorischen
Annahmen über die Qualität des Internet verkannt, die sich lediglich auf theore-
tische Potentiale des Internet beziehen (so tendenziell Kettner 2004).
Lassen sich unsere Ergebnisse – über das Thema Genfood hinausgehend –
verallgemeinern? Obgleich wir einen Risikodiskurs herangezogen haben, der
beispielsweise einen relativ hohen Bedarf an Sachinformation mit sich bringt,
sehen wir a priori keinen Grund zu der Annahme, dass wir ein Thema untersucht
haben, das wegen des beteiligten Akteursspektrums oder aus anderen Gründen
als Sonder- oder Ausnahmefall zu gelten hat, was seine medienspezifischen
Kommunikationsstrukturen angeht. Mit anderen Worten: In ihrer Tendenz ähnli-
che Befunde dürften auch zu erwarten sein, wenn ein anderes Thema, etwa der
Diskurs um das Zuwanderungsgesetz oder eine sonstige aktuelle politische
Streitfrage, gewählt worden wäre. Diese Annahme ist freilich spekulativ und
ließe sich nur durch weitere Untersuchungen von Diskursen zu unterschiedlichen
Materien (z.B. Konflikte zu Verteilungsfragen, moralischen Fragen und recht-
lich-institutionellen Fragen) prüfen. Auch ist anzunehmen, dass der Anteil aus-
ländischer Anbieter stark von der Art des Themas und der Ansiedelung der Re-
gulierungskompetenz (z.B. EU oder nationale Regierung) abhängt. Insofern
liefert unsere Untersuchung auch keine abschließenden Ergebnisse, sondern
stützt bzw. relativiert lediglich allgemeine und bislang kaum untersuchte An-
nahmen anhand eines kleinen Untersuchungsfeldes.
Unser methodisches Vorgehen orientierte sich an einer Internetstudie, die
innerhalb des Europub-Projekts in den Jahren 2002 und 2003 durchgeführt wur-
de, und entwickelte das Untersuchungsdesign weiter (vgl. Abschnitt 1.2). Die
Fragestellung innerhalb des Europub-Projekts richtete sich in erster Linie auf das
politische Potential des Internet, einen transnationalen europäischen Kommuni-
kationsraum zu eröffnen (vgl. Zimmermann/Koopmans 2003; Zimmermann;
Koopmans; Schlecht 2004; Europub 2005). Hierbei wurde ebenfalls zwischen
Kommunikationsräumen unterschieden, die durch Suchmaschinen entstehen und
solchen, die durch Hyperlinks strukturiert werden. Im Gegensatz zu unserer
Untersuchung wurden die jeweiligen Kommunikationsräume in unterschiedli-
chen Ländern und verschiedenen Politikfeldern miteinander verglichen.117

117
Die Studie umfasste Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Niederlande, Schweiz und
Spanien. In der Suchmaschinenanalyse wurden die Politikfelder EU-Integration, Geld-, Agrar-,
Immigrationspolitik, Truppenstationierung, Renten- sowie Bildungspolitik untersucht. Pro Politikbe-
reich wurden ein allgemeiner und ein spezifischer Suchbegriff verwendet.
4.2 Reflexionen zur Methode und Verallgemeinerbarkeit der Ergebnisse 183

Der Hyperlinkanalyse, die im Europub-Projekt durchgeführt wurde, lag ein


anderes methodisches Vorgehen zugrunde als in der vorliegenden Studie. Dort
wurden in den Untersuchungsländern die wichtigsten politischen Akteure in drei
Politikbereichen und aus vier Akteursgruppen nach festgelegten Kriterien selek-
tiert.118 Zusätzlich wurden transnationale europäische und nicht-europäische
Akteure in die Stichprobe einbezogen. Die Untersuchungsbasis bildeten nur die
Hyperlinks, die zwischen den Webseiten der ausgewählten Akteure angeboten
wurden. Bei der Inhaltsanalyse von Texten, die über Suchmaschinen und Zeitun-
gen gefunden wurden, sind die Ergebnisse des Europub-Projekts unseren Befun-
den ähnlich. Auch im Europub-Projekt zeigte sich, dass andere Anbieter außer
den Medienakteuren im Internet Sichtbarkeit zu erlangen vermochten. Die wich-
tigsten Anbieter blieben jedoch weiterhin die Medienakteure. Auf der Ebene der
Sprecher waren die Unterschiede zwischen Internet und Zeitungen sehr gering
ausgeprägt, wiesen tendenziell allerdings in eine andere Richtung als bei unserer
Untersuchung: Zivilgesellschaftliche Akteure waren im Internet etwas häufiger
vertreten als in den Zeitungen. Europäisierte transnationale Kommunikationsbe-
züge waren hingegen online nicht stärker ausgeprägt als in den Zeitungen. Die
Unterschiede zwischen Internet und Zeitungen waren gering, wenn jeweils die
Befunde für einzelne Länder und Politikfelder verglichen werden.
Die Hyperlink-Analyse im Europub-Projekt ergab ebenso wie unser Projekt,
dass die Mehrzahl der Hyperlinks zu Akteuren aus dem eigenen Land verwies.
Zusätzlich wurde der Grad an Europäisierung des Hyperlinkverhaltens unter-
sucht. Dabei wurde zwischen vertikaler und horizontaler Europäisierung unter-
schieden. Eine vertikale Europäisiertheit bezieht sich auf Hyperlinkverweise
zwischen nationalen Akteuren und supranationalen EU-Akteuren. Eine horizon-
tale Europäisierung ergibt sich aus Verweisen zwischen nationalen Akteuren aus
verschiedenen EU-Mitgliedsländern. Im Europub-Projekt konnte eine deutliche
vertikale Europäisierung festgestellt werden, jedoch waren kaum Tendenzen
einer horizontalen Europäisierung zu beobachten. „Summing up our main con-
clusion then, hyperlink structures among websites facilitate access to and ex-
change with the supranational level, but the Internet does not nearly to the same
extent fulfill its promise of being a transnational communicative space.” (Euro-
pub 2005: 48)
In der Studie von Gerhards/Schäfer (2006) zur Darstellung der Humange-
nomforschung in den USA und Deutschland wurde in erster Linie die Tagespres-
se analysiert, aber in kleinerem Rahmen auch das Internet berücksichtigt. Die
Suchstrategie für Beiträge im Internet war ähnlich der unseren, wobei allerdings

118
Die Politikfelder waren EU Integration, Agrarpolitik und Immigrationspolitik. Die Akteursgrup-
pen umfassten: staatliche Akteure und Parteien, sozioökonomische Interessengruppen, zivilgesell-
schaftiche Akteure und Medien.
184 4 Zusammenfassung und Einordnung der Ergebnisse

pro Land drei Suchmaschinen herangezogen wurden. Aufgrund des speziellen


Untersuchungsgegenstands ist es nicht überraschend, dass in beiden Ländern die
Wissenschaft als wichtigster Anbieter von Internetseiten auftrat, wenngleich in
erheblich höherem Maße in den USA (62,3 %) als in Deutschland (31,3 %).
Auch war in den USA der Anteil politischer Institutionen höher (18,2 vs. 7,5 %),
dagegen der Anteil der Zivilgesellschaft (1,3 vs. 13,4 %) und der externen Jour-
nalisten (13,0 vs. 37,3 %) weitaus geringer. Zusammenfassend folgern die Auto-
ren, „dass im Internet ein breiteres Akteursspektrum zu Wort kommt als in den
Printmedien und dass die professionalisierten Akteure die Debatte in geringerem
Maße beherrschen“ (2006: 162). Diese Folgerung steht im Einklang mit unseren
Ergebnissen.
Eine an der Universität Hamburg durchgeführte Untersuchung zur „Regu-
lierung der ‚grünen Gentechnik’“ in fünf deutschen Tageszeitungen vom Mai
2003 bis April 2004 bestätigt den relativ hohen Anteil von Sprechern aus Staat
und Politik (36,6 %) im Vergleich zu Verbänden (22,8 %), Medien (20,6 %),
Einzelakteuren (7,0 %), Wirtschaft (5,5 %) und einer Reihe weiterer Akteure
(Feindt et al. 2005: 9). Ingesamt überwogen, deutlicher als in unserer Untersu-
chung von Zeitungsartikeln, die ablehnenden Stellungnahmen (55,8 %) gegen-
über den zustimmenden Stellungnahmen (47,2 %) zur Gentechnik. Das Internet
wurde in dieser Studie nicht berücksichtigt.
Wie schont betont: Es bedarf weiterer Vergleiche zwischen herkömmlichen
Medien und dem Internet, um zu klären, ob die von uns festgestellten Unter-
schiede zwischen diesen Mediengattungen lediglich für das gewählte Thema
innerhalb des untersuchten Zeitraums zutreffen oder, wie wir vermuten, ein all-
gemeineres Muster zeigen.
5 Fazit
5 Fazit

Auch wenn wir nur einen kleinen Ausschnitt für unsere Studie gewählt haben, so
lassen sich doch, gestützt auch durch Befunde anderer Untersuchungen, einige
verallgemeinernde Feststellungen treffen: Als Medium der politischen Kommu-
nikation bietet das Internet wohl vor allem denen Vorteile, die genau wissen, was
sie suchen bzw. die einen bereits bestehenden Kreis von Kommunikationsteil-
nehmern ansprechen wollen. Entgegen verbreiteter Behauptungen (z.B. Léon/
Burch/Tamayo 2001) dürfte das Internet als Medium der politischen Mobilisie-
rung nur eine geringe Bedeutung haben. Zwar nutzen politisch Motivierte und
Engagierte das Internet als eine Informationsquelle für anstehende Proteste und
Kampagnen, doch hat die Überzeugungsarbeit dafür in der Regel außerhalb des
Internet (im Freundeskreis, bei Treffen von Gruppen und Organisationen) statt-
gefunden.
Es steht also nicht zu vermuten, dass das Internet die politische Kommuni-
kation revolutionieren und die relative Reichweite und Bedeutung herkömmli-
cher Medien reduzieren wird. „The Internet is a supplement to political dis-
course, not a gigantic paradigm shift.“ (Hill/Hughes 1998: 177) Es stellt gewiss
eine bedeutsame Erweiterung des politischen Kommunikationsraumes dar, die
bestehende Asymmetrien etwas abschwächen, aber keinesfalls beseitigen kann
(Grunwald et al. 2005). So folgert auch Siedschlag (2004: 80): „Herkömmliche
Massenmedien behalten die Agenda-Setting-Macht auch für die netzgestützte
Kommunikation.“
Bei einer Bewertung des Internet im Vergleich zu herkömmlichen Medien
ist weiterhin zu bedenken, dass es einen stärker fragmentierten Kommunikati-
onsraum darstellt, da konträre Positionen seltener innerhalb eines Beitrags auf-
tauchen und zudem seltener gegeneinander abgewogen werden. Als ein Medium
der Deliberation ist das Internet zwar theoretisch geeignet, wird aber in diesem
Sinne wohl nur spärlich genutzt. Ein Blick auf Diskussionsforen und Chat-Räu-
me, die hier nicht untersucht wurden, würde zeigen, dass von diesen Möglichkei-
ten nur relativ wenige Menschen, darunter aber einige mit einer hohen Zahl von
Beiträgen, Gebrauch machen (siehe Ward/Gibson/Lusoli 2003).
Schließlich hat das Internet weitere, bislang nur wenig beachtete Nachteile.
Es verstärkt die Zersplitterung politischer Öffentlichkeit in voneinander weitge-
hend unabhängige Teilöffentlichkeiten. Zudem unterliegen viele Informations-
und Diskussionsbeiträge im Internet keinerlei Qualitätskontrolle, sodass sich ihre
Seriosität und ihr Wahrheitsgehalt schwer abschätzen lassen. Damit stehen den
186 5 Fazit

erwähnten demokratietheoretisch wünschbaren Effekten des Internet auch uner-


wünschte Effekte gegenüber, die sich jedoch in ihrem Gewicht kaum bestimmen
lassen.
Es gilt nochmals zu betonen, dass politische Kommunikation nur einen
winzigen Bruchteil der webgestützten Kommunikation ausmacht und vor allem
diejenigen einbezieht, die ohnehin politisch interessiert und aktiv sind. Als Mittel
der politischen Kommunikation bietet das Internet einige Vorteile aus der Sicht
interessierter Bürgerinnen und Bürger, wird aber in seiner Bedeutung als Medi-
um zur Aktivierung der Bürgerschaft und zur Demokratisierung von politischen
Diskursen überschätzt.
Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe
Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe

Nach mehreren Tests wurde ein Verfahren zur Festlegung einschlägiger Such-
begriffe entwickelt, um diese Begriffe dann in Google einzugeben. Der erste
Schritt bestand in der Eingrenzung des als relevant erachteten semantischen
Raums zum Thema Genfood.
Dieser wurde bestimmt als das Spektrum der Themen, die die semantischen
Konzepte (nicht speziell die Begriffe!) „genetisch verändert“ und „Lebensmittel“
enthalten. Hierzu steht eine unüberschaubare Menge an Wortkombinationen
bereit, die nur einen zusammengesetzten Begriff enthalten können (wie z.B.
Genfood), sich potentiell aber auch über mehrere Sätze erstrecken mögen. Aus
praktischen Gründen ist somit die Eingrenzung aus einer Fülle möglicher und
semantisch einschlägiger Suchwortkombinationen unabweisbar. Ausgeschlossen
wurde sowohl eine Reihe allgemeiner als auch spezifischer Begriffe zur Um-
schreibung von Genfood. Relativ allgemein sind z.B. die in manchen Definitio-
nen enthaltenen Wörter wie Produkte, Organismen, DNA, Pflanzen und Tiere, da
sie nicht per se auf den Sachzusammenhang Genfood verweisen oder im Kontext
sonstiger Begriffe andere Bedeutungshorizonte eröffnen (z.B. genetischer Vater-
schaftstest). Spezifischere Begriffe oder Wortgruppen wie „Soja-Lecithin aus
dem Labor“, „Gen-Mais“ oder „Marker-Gene einbringen“ wurden ebenfalls
ausgeschlossen, da sie in der Regel nur das Suchverhalten von Experten leiten,
nicht aber den allgemeineren Informationsbedarf von politisch interessierten
Laien zum Thema Genfood.119
Somit wurden für die Suche nur die Begriffe „genetisch verändert“ und
„Lebensmittel“ und deren Synonyme verwendet. Für den Begriff „Lebensmittel“
wurde ein Thesaurus zu Rate gezogen. Für die Kategorie „genetisch verändert“
wurden in Ermangelung aktueller Lexika alle Suchwörter berücksichtigt, die im
deutschen Sprachraum als verständlich und relativ verbreitet erachtet wurden.
Aus der hieraus resultierenden Liste wurden dann Wörter ausgeschlossen, die in
Google – in Kombination mit dem sehr allgemeinen Wort „genetisch“ – kaum
nennenswerte oder sogar irreführende Ergebnisse erbrachten.120 Ausgeschlossen

119
Beispiel: „Wo kann ich den genmanipulierten Schokoriegel Butterfinger kaufen?“ oder „Das
genetisch veränderte Soja Lecithin hat neuartige chemische Eigenschaften...“
120
Ein Beispiel hierfür ist „Gericht“ als Synonym für Lebensmittel (und in diesem Sinne Homonym
für „Gericht“ im juristischen Sinne), das zusammen mit „genetisch“ vor allem zu Texten über Ge-
richtsurteile führte; ein anderes Beispiel ist das Synonym „Speise“, das als veralteter Begriff kaum
nennenswerte Ergebnisse zeitigte.
188 Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe

wurden weiterhin alle Flexionen (außer Erweiterungen des Nominativs) und alle
Verbformen wie „genetisch manipulieren“ oder „verzehren“, denn sie markieren
weder inhaltliche Unterschiede zu den gewählten grammatikalischen Varianten
noch liegt ihre Verwendung als Suchbegriffe nahe. Neben Flexionen wurden
schließlich alle Bindestrich-Kombinationen ausgeschlossen. So wurde nur nach
Genfood, nicht aber nach gen-food gesucht. Welcher Nominativ Verwendung
fand, wurde von dem beigeordneten Substantiv abhängig gemacht (Beispiel:
„genmanipuliertes Essen“, „genmanipulierte Nahrung“. Es wurde nur eine Flexi-
on der kürzesten Form (genmanipuliert) verwendet. Die Tabelle 39 enthält die
nach diesen Schritten verbleibenden Stichworte, aus denen sich verschiedene
Kombinationen für Suchbegriffe ergeben.121
Die bisherige Eingrenzung, der logische Argumente wie auch Plausibilitäts-
gesichtspunkte zugrunde liegen, wurde in einem weiteren Schritt durch das em-
pirische Suchverhalten von Internet-Nutzern verengt, die sich Google bedienen.
Daraus ergab sich erstens der Hinweis, längere Wortreihen wie z.B. „Konsum
gentechnisch veränderter Produkte“ auszuschließen, da sie (1) keinen semanti-
schen Unterschied zu ein- oder zweiteiligen Wortreihen bezeichnen und (2) in
dieser Verbindung als Suchbegriffe kaum Verwendung finden. Letzteres bestä-
tigt die monatliche Veröffentlichung der zehn meistbenutzten Suchwortkombina-
tionen von April 2003 bis März 2004 in Google (Google Zeitgeist 2004, siehe
Fußnote 122). Unter den 120 Suchwortkombinationen befanden sich wenige
dreiteilige und zweiteilige Suchwortkombination. Diese waren überwiegend
Eigennamen (zum Beispiel „Der Herr der Ringe“) und keine Begriffe oder Sach-
wörter. Die einzigen zweiteiligen Begriffe unter den 120 Ergebnissen, die keine
Eigennamen (wie z.B.: „Stiftung Warentest“) darstellten, waren „IQ Test“ und
„Mitfahrzentrale“. Somit wurde nur ein kleiner Teil der möglichen dreiteiligen
Suchwortkombinationen einbezogen, während längere Umschreibungen wie
„Konsum genetisch veränderter Produkte“ a priori ausgeschlossen wurden.

121
So wurden alle gültigen Flexionen, Kombinationen und Kombinationen von Flexionen der in den
Zeilen angegebenen Wörter einbezogen.
Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe 189

Tabelle 39: Suchwortliste


Suchwort
Kategorie: genetisch verändert
genetisch behandelt/e/s
genetisch manipuliert/e/s
genetisch modifiziert/e/s
genetisch verändert/e/s
gentechnisch behandelt/e/s
gentechnisch manipuliert/e/s
gentechnisch modifiziert/e/s
gentechnisch verändert/e/s
genbehandelt/e/s
genmanipuliert/e/s
genmodifiziert/e/s
genverändert/e/s
Kategorie: Lebensmittel
Essen
Lebensmittel
Nahrung
Nahrungsmittel
Kategorien: Lebensmittel und genetisch verändert
Genfood
Genlebensmittel
Gennahrung
Gennahrungsmittel
190 Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe

Übersicht: Die häufigsten Eingaben in Google von April 2003 bis März
2004122

2 fast 2 Furious - ADAC - air - aldi - antivir - Aquarium - arbeitsamt - berlin -


Bewerbung - Beyblade - big brother - billigflüge - blumen - BMW - chinese new
year 2004 - christian ditfurth - deutsche bahn - Diddl - dido - elektroheizung -
Eminem - fernsehprogramm - ferrari - feuerwehr - findet nemo - frisuren - Gar-
ten - Gebrauchtwagen - Gedichte - germanwings - halloween - Heidi Klum -
heizung - hellsing - herr der ringe - Hochzeitssprüche - Horoskop - IAA - iq test
- jeanette biedermann - Jobsuche - karneval - klimageräte - Kochrezepte - lotto -
loveparade - manga - Mars - Matrix - Metallica – Mitfahrzentrale - Muttertag -
nasa - neckermann - nikolaus - oktoberfest - orlando bloom - das örtliche - Os-
terhase - ostern - paris hilton - Picasso - preisvergleich - rasmus - reisen - robbie
williams - routenplaner - Ryanair - SARS - schwangerschaft - Smallville - song-
texte - Sonne - spiele - stiftung warentest - tatoo - tchibo - telefonbuch - termina-
tor 3 - tour de france - urlaub - weihnachten - wetter - winterreifen - witze - wör-
terbuch - yu-gi-oh -

Aus den möglichen Kombinationen der Wortliste in Tabelle 39 wurden am Ende


nur wenige Kombinationen nach folgendem Verfahren ausgewählt: Da den meis-
ten Suchoperationen offenbar einteilige und zweiteilige Begriffe zugrunde liegen,
wurde der Übersichtlichkeit halber eine Gruppe mit ein- bis zweiteiligen und eine
Gruppe mit dreiteiligen Suchwörtern gebildet. Anschließend ermittelten wir die
Häufigkeit der Eingabe durch alle Google-Nutzer, indem für jede Suchwortkom-
bination eine Online-Abfrage bei Google-Adwords durchgeführt wurde.123

122
Siehe Google-Zeitgeist (http://www.google.com/press/zeitgeist/archive.html). Dargestellt sind
jeweils die monatlichen Top Ten aus diesem Zeitraum.
123
Google-Adwords (https://adwords.google.com/select/) ist ein Online-Angebot von Google, das
Werbekunden dient. Diese können mittels einer Online-Abfrage ermitteln, welche Suchwortkombina-
tionen häufig von den Google-Nutzern verwendet werden. Dadurch können Werbekunden entschei-
den, auf welche Suchwortkombinationen Werbeanzeigen geschaltet werden sollten, um die meisten
Nutzer zu erreichen.
Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe 191

Tabelle 40: Auswahl der Suchwortkombinationen zum Thema Genfood


Google- Google- Relevante Einträge
Adwords Klicks Ergebnisse unter den ersten
pro Tag insgesamt zehn Google-
Ergebnissen
genfood 2,7 52100 10
genmanipulierte 1,8 18600 10
gentechnisch veränderte 1,0 48700 10
genmanipulierte lebensmittel 0,7 9710 10
genveränderte 0,6 3990 6
genetisch veränderte 0,5 22500 8
genmanipuliert 0,3 3420 6
gentechnisch verändert 0,3 18100 6
genmanipulierte nahrung 0,2 3130 10
genmanipulierte nahrungsmittel 0,1 2920 10
genmanipuliertes essen 0,1 731 10
genverändert 0,1 311 9

Tabelle 40 zeigt, dass einschlägig interessierte Nutzer eindeutig den Begriff


Genfood bevorzugen. Zudem werden die Wörter „genmanipulierte“ und „gen-
technisch veränderte“ häufiger verwendet als die in Gesetzestexten übliche Wen-
dung „genetisch veränderte“. Aufgelistet wurden hier nur die häufigsten zwölf
Suchwortkombinationen, da Google-Adwords unterhalb von 0,1 Klicks pro
Tag124 keine genauen Angaben mehr über die Nutzungshäufigkeit macht. Die
restlichen Suchwortkombinationen (vgl. Tabelle 39) rangierten also gemäß
Google-Adwords unterhalb der Schwelle von 0,1 Klicks pro Tag. Erwartungsge-
mäß erreichten die dreiteiligen Suchwörter keine Platzierung in der obigen Liste.
Aus der in Tabelle 39 enthaltenen Suchwortliste wurden aufgrund des Indikators
„Klicks pro Tag“ die ersten sechs Suchwortkombinationen für die Identifikation
potentiell relevanter Texte ausgewählt: „Genfood“, „genmanipulierte“, „gentech-
nisch veränderte“, „genmanipulierte lebensmittel“, „genveränderte“, „genetisch

124
Der Indikator „Klicks pro Tag“ ist eine Schätzung über die Anzahl der Nutzer, die mit der jeweili-
gen Suchwortkombination in Google gesucht und anschließend auf einen gesponsorten Link geklickt
haben.
192 Anhang A: Auswahl der Suchbegriffe

veränderte“. Diese sechs Suchwörter wurden nur bei der Internet-Analyse


zugrunde gelegt. Bei der Zeitungsanalyse legten wir ebenfalls das durchschnittli-
che Leseverhalten zugrunde. Daher wurde auf eine Einschränkung durch Such-
wortkombinationen verzichtet. Stattdessen wurden alle Artikel nach relevanten
politischen Stellungnahmen zum Thema Genfood durchsucht.
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und
Variablenausprägungen
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

Variablenliste Textanalyse

Ebene 1: Suche-Variablen

Variable SUID (numerisch)


‘Identifikationsnummer der Suche bzw. der Zeitung’
IDs für die erste Internet-Suche beginnen mit „10”
IDs für die zweite Internet-Suche beginnen mit „20”
IDs für Tageszeitungen beginnen mit „30”
IDs für Wochenzeitungen beginnen mit „40”

Variable SUCODER (numerisch)


‘Identifikationsnummer des Kodierers’

Variable SUSUCHMA (numerisch)


‘Erhobene Zeitung’
30 Bild
31 FAZ
32 FR
33 SZ
34 TAZ
35 DIE WELT
40 Focus
41 Spiegel
42 DIE ZEIT

Variable SUSTRING (numerisch)


‘verwendete Suchwortkombination – nur Internet’
1 genfood
2 genmanipulierte
3 gentechnisch veränderte
4 genmanipulierte lebensmittel
194 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

5 genveränderte
6 genetisch veränderte

Ebene 2: Text-Variablen

Variable TXID (numerisch)


‘Identifikationsnummer des Textes’
(TXID = SUID mal 100 + Nummer des Textes)
Bsp.: 101 01

Variable TXDOPP (numerisch)


‘Nur Internet: Wenn Text schon kodiert, Angabe der ersten TXID’
siehe TXID

Variable TXURL (nur Internet) (String-Variable)


‘URL der Webseite, auf der der relevante Text zu finden ist’
Es wird die URL des letztendlich zu kodierenden Textes eingegeben. Diese muss
nicht identisch mit der URL in der Google-Ergebnisliste sein.

Variable TXSPONSO (nur Internet)


‘Ist der Suchmaschinen-Ergebniseintrag ein gesponsorter Link?’
1 „ja“
2 „nein“

Variable TXRANK1 (TXRANK2, TXRANK3) (nur Internet) (numerisch)


‘Rang des Ergebnisses innerhalb der Ergebnisliste’
Mehrfachnennungen verweisen auf wiederholte Einträge desselben Ergebnisses
in der Suchmaschinen-Ergebnisliste.

Variable TXDATUM (eigentlich TAG, MONAT, JAHR)


Für Zeitungen: Erscheinungsdatum der Zeitung.
Für Internet: Erscheinungsdatum des Textes auf der Webseite, falls angegeben.

Variable TXTYP
‘Art des Textes’
numerisch
1 Kommentar (auch Internet)
2 Hintergrundartikel/Infomaterial
3 Nachrichten
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 195

4 Politische Stellungnahmen, z.B.: Positionspapier, Programmatik


5 Spendenaufruf
6 Protestaufruf
7 Resolution
8 Pressemitteilung
9 Forschung, akademische Beiträge, Expertisen
10 Lehre
11 Konferenzpapiere
12 Interview
13 Reden
14 Label
15 Leserbriefe, Internet-Diskussionsforum-Beiträge, Chats
16 Gesetze und Verordnungen
17 Tabellen, Grafiken/Bilder mindestens mit Betitelung
99 Sonstige

Variable TXLINK (nur Internet)


‘Werden thematische Links zu dem Artikel angeboten? Wo? Wohin?’
1 intern / innerhalb
2 interne / unterhalb
3 intern / innerhalb und unterhalb
4 extern / innerhalb
5 extern / unterhalb
6 extern / innerhalb und unterhalb
7 intern und extern / innerhalb
8 intern und extern / unterhalb
9 intern und extern / innerhalb und unterhalb
Interne Links: Links, die auf Seiten innerhalb der Anbieter-URL verweisen.
Externe Links: Links, die auf Seiten außerhalb der Anbieter-URL verweisen.
Links, innerhalb: Links, die innerhalb des Textes stehen.
Links, unterhalb: Links, die direkt unterhalb des Textes stehen und dem Text
auch inhaltlich folgen.

Variable TXTITEL (String-Variable)


‘Headline bzw. Überschrift des Textes’

Variable TXTENDEN
‘Tendenzielle Bewertung von Genfood durch den Text’ (numerisch)
1 ‘positiv’
2 ‘negativ’
196 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

3 ‘ambivalent’
4 ‘neutral’
9 ‘keine Angabe’

Variable TXWEIGHT (numerisch)

'Ist Genfood Haupt- oder Nebenthema im Texte?'


1 ‘Hauptthema’125
2 ‘Nebenthema’126

Variable TXKOPF
‘Taucht das Thema inhaltlich im Titel, Überschrift, oder ersten Satz auf?’
1 ja
2 nein

Variable TXLAENGE (numerisch)


‘Länge des Textes in Worten’

Variable TXANBKAT (nur Internet) (numerisch)


‘Einordnung des Anbieters in Akteurskategorien’
Staatliche Akteure:
100 Staat allgemein oder insgesamt, ‚whole polities’
101 Regierung/Exekutive
102 Opposition
103 Behörden
104 Legislative
105 Jurisdiktion
106 Politiker, unspezifisch
107 Ehemalige, ausgeschiedene Entscheidungsträger
199 Sonstige
Politische Parteien
200 Parteien allgemein
201 SPD
202 CDU/CSU
203 Bündnis 90/Die Grünen
204 FDP
205 PDS
299 Sonstige
125
Hauptthemen nehmen ca. 50 % oder mehr des Textes ein.
126
Nebenthemen nehmen weniger als 50 % des Textes ein.
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 197

Verbände/Zivilgesellschaft/NGOs
300 Zivilgesellschaft allgemein
301 Gewerkschaften
302 Biotech-/Pharmazie-/Chemie-Unternehmen
303 Andere Unternehmen
304 Wirtschaftsverbände ohne Landwirtschaft
305 Landwirtschaft
306 Kirchliche, religiöse Verbände/Gruppen
307 Wissenschaft, Genforschung, Medizin, Agrarwissenschaft, Lebensmittel-
technik
308 Wissenschaftlich, andere
309 Studenten, Schüler, Eltern
310 Solidaritätsgruppen (Globalisierungskritiker, Menschenrechte, Eine Welt,
Hilfsorg.)
311 Verbraucherschutzverbände
312 Gesundheitsverbände (Allergiebund)
313 Pro- und Anti-Kampagnen zu Genfood
314 Umweltverbände
315 Lebensmittel-Verarbeiter und -Distributoren
319 Sonstige
Medien
500 Allgemein: „Die Medien”
501 Allgemeine Printmedien
502 Printmedien themenspezifisch
503 Allgemein Radio
504 Allgemein Fernsehen
505 Nachrichtenagenturen
506 Internet, Allgemeine Portale, redaktionelle Teile von Suchmaschinen
507 Internetportale themenspezifisch
Sonstige
800 Privatmenschen
900 Die Allgemeinheit, die „Öffentlichkeit”, die Wähler
901 Nationale Volkswirtschaften, wenn explizit genannt
999 Sonstige/Anonym

Variable TXANBORG (numerisch)


‘Organisationsgrad des Anbieters’
1 informell – (Repräsentant einer) unorganisierte(n) Gruppe
2 formell – (Repräsentant einer) organisierte(n) Gruppe
198 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

Variable TXANBORS (String-Variable)


‘Repräsentierte Organisation‚ Name der Organisation des Anbieters’

Variable TXANBEBE (numerisch)


‘Ebene des räumlichen Bezugs des Anbieters’
1 lokal/regional
2 national
3 international
4 institutionelle Ebene der EU
5 supranationale, institutionelle Ebene
9 keine Nennung

Variable TXANBLAN (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Anbieters. String für Länder, Organisationen, Verbände,
z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’

Variable TXQUEKAT
‘Einordnung der Quelle in Akteurskategorien’
siehe TXANBKAT.
0 ‘Quelle und Anbieter/Zeitung sind der gleiche Akteur

Variable TXQUEORG
‘Organisationsgrad der Quelle’
siehe TXANBORG.

Variable TXQUEORS
‚Repräsentierte Organisation‚Name der Organisation der Quelle’
siehe TXANBORS.

Variable TXQUEEBE
’Ebene des räumlichen Bezugs der Quelle’
siehe TXANBEBE.

Variable TXQUELAN (String-Variable)


’Räumlicher Bezug der Quelle. String für Länder, Organisationen, Verbände,
z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

Variable TXAUTKAT
’Einordnung des Autors in Akteurskategorien’
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 199

siehe TXANBKAT.
0 ‘Autor und Anbieter/Zeitung sind der gleiche Akteur’

Variable TXAUTORG
‘Organisationsgrad des Autors’
siehe TXANBORG.

Variable TXAUTORS
‘Repräsentierte Organisation‚Name der Organisation des Autors’
siehe TXANBORS.

Variable TXAUTEBE
‘Ebene des räumlichen Bezugs des Autors’
siehe TXANBEBE.

Variable TXAUTLAN (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Autors. String für Länder, Organisationen, Verbände,
z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

Ebene 3: Claim-Variablen

Variable CLID (numerisch)


‘Identifikationsnummer des Sprechers/Handelnden’
(CLID = TXID mal 100 + Nummer des Sprechers/Handelnden)
Bsp.: 101 01 01.

Variable CLAIKAT 1,2


‘Einordnung des Sprechers/Handelnden in Akteurskategorien’
siehe TXANBKAT.
0 ‘Claimant und Anbieter/Zeitung sind der gleiche Akteur’

Variable CLAIORG 1,2


‘Organisationsgrad des Sprechers/Handelnden’
siehe TXANBORG.

Variable CLAINAM 1,2


‘Name der Quelle, Einzelperson, Repräsentant’
siehe TXANBNAM.
200 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

Variable CLAIORS
‘Repräsentierte Organisation‚Name der Organisation des Claimants’
siehe TXANBORS.

Variable CLAIEBE 1,2


‘Ebene des räumlichen Bezugs des Sprechers/Handelnden’
siehe TXANBEBE.

Variable CLAILAN 1,2 (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Sprechers/Handelnden. String für Länder, Organisatio-
nen, Verbände, z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

Variable CLAIOTHE (String-Variable)


‘Claimants außer Claimant1 und Claimant2. Sonstige beigeordnete Claimants’

Variable CLFORM (numerisch)


‘Handlungsformen Kategorien online als auch offline’
Politische Entscheidungen
10 Gesetzesentwürfe einbringen
11 Parlamentarische Beschlüsse
12 Exekutive Entscheidungen, Anordnungen
13 Resolutionen von Parteien
14 Urteile
15 Rücktritte, Amtsenthebungen, Ernennungen
19 Sonstige
Exekutives Handeln
20 Finanzhilfen, materielle Unterstützung
21 Strafverfolgung
22 Überwachung, Kontrolle
29 Sonstige
Judikatives Handeln
30 strafrechtliche Anklagen
31 zivilrechtliche Klagen
32 Verwaltungsklagen
33 Verfassungsklagen
39 Sonstige
Verbale Stellungnahmen
40 unspezifische Stellungnahmen
41 Pressekonferenzen, Pressemitteilungen
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 201

42 Interview
43 Reden
44 Offener Brief
45 Artikel
46 Buch, Forschungsbericht
47 Flugblatt
48 Graffitti
49 Präsentation von Umfragen/Statistiken
50 Öffentlichkeitskampagnen, inklusive politische Werbung
59 Sonstige
Treffen (nur in geschlossenen Räumen/geschlossener Gesellschaft)
60 Staatstreffen, -besuche
61 Kabinettssitzungen der Regierung
62 Parteikongress
63 Parlamentssitzungen/-debatten
64 Wahlkampftreffen
69 Sonstige
Direkt-demokratisches Handeln
70 Volksentscheid/Volksabstimmung bis zur Abstimmung, Vorstufen
71 Abstimmung des Volksentscheids/der Volksabstimmung
79 Sonstige
Petition/Unterschriftensammlung
80 Unterschriftensammlung/Petition
81 Briefe/Postkarten/Mail-Aktionen
89 Sonstige
Demonstrative Proteste
90 Protestkundgebung
91 Legaler Protestmarsch/Demonstrationszug
92 Mahnwachen
99 Sonstige
Konfrontative Proteste
100 illegale nichtgewalttätige Demo
101 Boykott
102 Streik
103 Selbstverletzung, Hungerstreik, Selbsttötung
104 Blockade
105 Besetzung
106 Stören von Veranstaltungen
107 Symbolische Konfrontation
109 Sonstige
202 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

Gewalttätige Proteste
110 Drohung, Bombendrohung
111 Symbolische Gewalt
112 Gewalt gegen Eigentum
113 Sabotage
114 Gewalttätige Demo
115 Sprengstoffanschlag gegen Eigentum
116 Sprengstoffanschlag gegen Personen
117 Physische Gewalt gegen Personen
119 Sonstige

Variable CLONOFF (numerisch)


‘Fand diese Handlung online oder offline statt?’
1 offline
2 online
9 keine Angaben

Ebene 4: Thema-Variablen

Variable THEMAID (numerisch)


‘Identifikationsnummer des Inhalts bzw. Unterthemas’
(THEMAID = CLID mal 100 + Nummer des Unterthemas)
Bsp.: 101 01 01 01.

Variable THEMAKAT (numerisch)


01 Genfood allgemein/unspezifisch
10 Staatliche Regulierung von Anbau, Verarbeitung und/oder Handel
11 Patentierung
12 Forschung
13 Umfang, Verbreitung (rein quantitative Anteile)
14 Anbau und Verarbeitung, rein technisch
15 Handel
16 Aufklärung, Kennzeichnung, Verbraucherrechte, -schutz
20 Wirtschaftlichkeit, Produktivität
21 Monopole, Marktmacht, Profite
22 Soziale Aspekte
23 Ökologische Aspekte
24 Gesundheitliche Aspekte
99 Sonstige
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 203

Variable THINHALT (String-Variable)


‘Kurzzusammenfassung des Gesagten/der Handlung’

Variable THEMPOS (numerisch)

‘Positionierung zum Thema’


1 ‘positiv’
2 ‘negativ’
3 ‘ambivalent’
4 ‘neutral’

Variable THEXPOST (numerisch)


‘Wird der Claim durch eine Analyse, Behandlung des Themas ex post in Bezug
auf die Variable THEMPOS/CLFORM begründet?’
1 behaupten mit Begründung
2 behaupten ohne Begründung
3 vermuten mit Begründung
4 vermuten ohne Begründung
5 handeln mit Begründung
6 handeln ohne Begründung

Variable THPROGN (numerisch)


1 behaupten mit Begründung
2 behaupten ohne Begründung
3 vermuten mit Begründung
4 vermuten ohne Begründung
5 keine Prognose möglich

Variable THEMEBE
‘Ebene des räumlichen Bezugs des Themas’
siehe TXANBEBE.

Variable THEMLAN (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Themas. String für Länder, Organisationen, Verbände,
z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

Variable THFRAME1 (THFRAME2, THFRAME3) (numerisch)


‘Rahmung (Framing des Themas)’
1 Fortschritt, allgemein („Fortschritt“)
204 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

2 Erhöhte Produktivität, Qualität, Schädlingsresistenz („Markt“)


3 Bekämpfung von Armut/Hunger/Krankheit („Humanität“)
4 Enteignung, Kontrollverlust, Schäden („Ausbeutung“)
5 Risikotechnologie, Ungewissheit („Risiko“)
6 Eingriff in Schöpfung („Anmaßung“)
7 Nachteile in Kauf nehmen („Pakt mit dem Teufel“)

Variable THFRAST1 (THFRAST2, THFRAST3) (String-Variable)


‘Wörtliches Zitat des Frames’

Thematisierte Akteure in Reihe: 1, 2, 3


Alle folgenden Variablen mit Suffix –1 werden noch zweimal wiederholt. Also
THADPOS1, THADPOS2, THADPOS3. Die Wiederholung erfolgt für die ge-
samte Reihe, nicht für einzelne Variablen. Also Addressat1-Variablen, Objektak-
teur1-Variablen, dann Addressat2-Variablen, Objektakteur2-Variablen usw.

Adressaten
Variable THADPOS1 (numerisch)
‘Charakterisierung des Adressaten’
1 ‘positiv’
2 ‘negativ’
3 ‘ambivalent’
4 ‘neutral’

Variable THADKAT1
‘Einordnung des Adressaten in Akteurskategorien’
siehe TXANBKAT.

Variable THADORG1
‘Organisationsgrad des Adressaten’
siehe TXANBORG.

Variable THADNAM1
‘Name der Quelle, Einzelperson, Repräsentant’
siehe TXANBNAM.

Variable THADORS1
‘Repräsentierte Organisation‚ Name der Organisation des Adressaten’
siehe TXANBORS.
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 205

Variable THADEBE1
‘Ebene des räumlichen Bezugs des Adressaten’
siehe TXANBEBE.

Variable THADLAN1 (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Adressaten. String für Länder, Organisationen, Verbän-
de, z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

OBJEKT AKTEURE

Variable THOBKAT1
‘Einordnung des Objektakteurs in Akteurskategorien’
siehe TXANBKAT.

Variable THOBORG1
‘Organisationsgrad des Objektakteurs’
siehe TXANBORG.

Variable THOBNAM1
‘Name der Quelle, Einzelperson, Repräsentant’
siehe TXANBNAM.

Variable THOBORS1
‘Repräsentierte Organisation‚Name der Organisation des Objektakteurs’
siehe TXANBORS.

Variable THOBEBE1
‘Ebene des räumlichen Bezugs des Objektakteurs’
siehe TXANBEBE.

Variable THOBLAN1 (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Objektakteurs. String für Länder, Organisationen, Ver-
bände, z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
siehe TXANBLAN.

Variable THOBEFF1 (numerisch)


‘Wie wirkt sich die Forderung/Handlung des Sprechers/Handelnden auf den/die
Objektakteur(e) aus?’
1 ‘negativ’
206 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

2 ‘positiv’
3 ‘ambivalent’
4 ‘neutral’

Variablenliste der Link- und Webseitenanalyse

Variable ID (auch Linkanalyse) (numerisch)


‘Fall-ID’

Variable KAT (auch Linkanalyse) (numerisch)


‘Einordnung des Webseiten-Anbieters in Akteurskategorien’
Siehe TXANBKAT.

Variable ORG (auch Linkanalyse) (numerisch)


‘Organisationsgrad des Webseiten-Anbieters’
Siehe TXANBORG.

Variable ORGNAM (auch Linkanalyse) (String-Variable)


‘Repräsentierte Organisation‚Name der Organisation des Webseiten-Anbieters’
Siehe TXANBORS.

Variable EBENE (auch Linkanalyse) (numerisch)


‘Ebene/räumlicher Bezug des Webseiten-Anbieters’
Siehe TXANBEBE.

Variable LAND (auch Linkanalyse) (String-Variable)


‘Räumlicher Bezug des Anbieters. String für Länder, Organisationen, Verbände,
z.B.: G8, EU, Deutschland, USA’
Siehe TXANBLAN.

Variable TENDENZ (auch Linkanalyse) (numerisch)


‘Tendenzielle Bewertung von Genfood durch den Anbieter’
1 ‘positiv’
2 ‘negativ’
3 ‘ambivalent’
4 ‘neutral’
9 ‘keine Tendenz’

Variable WEIGHT (auch Linkanalyse) (numerisch)


Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 207

‘Ist Genfood Haupt-, Unter- oder Randthema des Anbieters?’


1 ‘Hauptthema’
2 ‘Unterthema’
3 ‘Randthema’

Variablen – nur für die Linkanalyse

Variable EGO (numerisch)


‘Gehört der Anbieter zu der Start-Gruppe des egozentrischen Ansatzes?’
1 ja
2 nein

Variable ANBLINUM (numerisch)


‘Wie viele Links werden angeboten?’

Variable ANBLIDAT (String-Variable)


‘Dateiname unter dem die Linkliste als Datei abgespeichert wurde’

Variable ANBLIZIT (numerisch)


‘Anzahl der Links, die auf das Angebot verweisen’

Variable ANBLISTR
‘String-Variable: Probleme und Anmerkungen’

Variablen – nur für die Webseitenanalyse

Variable WID (numerisch)


‘Fall-ID für Anbieter, die sowohl in der Linkanalyse als auch in der Webseiten-
analyse vorkommen. WID ist gleich der ID des Anbieters innerhalb der Linkana-
lyse.’

Variable WURL (String-Variable)


‘URL der Rubrik bzw. der Eingangswebseite des Bereichs über Genfood’

Variable WSAMPLES (numerisch)


‘In welcher Stichprobe ist der Anbieter enthalten?’
1 ‘Linkanalyse’
2 ‘Google-Suchergebnisse’
208 Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen

3 ‘In beiden’

Variable WMANYONE (numerisch)


‘Interaktivität: Resonanz-Kanal für Nutzer, Many to one, d.h. viele Sender und
wenige Empfänger, wird angeregt.’
1 ja
2 nein

Variable WMANYANY (numerisch)


‘Interaktivität: Many to many, d.h. viele Sender und viele Empfänger, wird ange-
regt.’
1 ja
2 nein

Variable WINFORMA (numerisch)


‘Kommunikationsstrategie: Informationsstrategie’
1 ja
2 nein

Variable WREPRAES (numerisch)


‘Kommunikationsstrategie: Repräsentation („Wer wir sind.“)’
1 ja
2 nein

Variable WMOBILIS (numerisch)


‘Kommunikationsstrategie: Mobilisierungs-Strategie („Jetzt handeln...“)’
1 ja
2 nein

Variable WFORUM (numerisch)


‘Kommunikationsstrategie: Forum für unterschiedliche Autoren, Diskurs, Dis-
kussion’
1 ja
2 nein

Variable WANDEREA (String-Variable)


‘Andere Kommunikationsstrategien’

Variable WKOMSTIL (numerisch)


‘Kommunikationsstil: agitierend, diskursiv’
Anhang B: Datenstruktur, Variablen und Variablenausprägungen 209

1 Agitation/Polemik
2 Diskurs
3 Mitteilung (Deskription, Verlautbarung)

Variable WPUBLIK1 (numerisch)


‘An wen richtet sich die Webseite? Welches Publikum soll erreicht werden?’
1 Die Allgemeinheit
2 Teilöffentlichkeit

Variable WPUBLIKA (nur Webseitenanalyse) (String-Variable)


‘Wenn Teilöffentlichkeit, welche?’

Variable WADDRES1 (numerisch)


‘An wen richten sich Handlungsaufforderungen?’
1 Die Allgemeinheit
2 Teilöffentlichkeit

Variable WADDRESA (nur Webseitenanalyse) (String-Variable)


‘Wenn Teilöffentlichkeit, welche?’

Variable WSPRACHA (nur Webseitenanalyse) (String-Variable)


‘In welchen Sprachen außer Deutsch ist die Webseite verfügbar?’
7050_book.fm Page ii Wednesday, July 12, 2006 3:27 PM
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