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Quelle: Vorlesung (sieht OLAT)

| Studentische Zusammenfassung | Goethe-Universität Frankfurt am Main | Basiskurs: Wirtschaftsethik |


Wohlfahrtsökonomik und Ethik
- An welchen Stellen der Ökonomik gibt es Ethik bzw. wo ist sie notwendig?

1. Wohlfahrtsökonomik

- Zentrale Frage: Was ist für die Gesellschaft einer Volkswirtschaft am besten?

1.1.Erster Hauptsatz

1.1.1. Ökonomischer Hintergrund

1.1.1.1. Edgeworth-Box (Vgl. BMIK)


o In der sog. Tauschlinse, die durch zwei sich schneidenden Indifferenzkurven entsteht,
kann durch Tauschhandlungen zwischen den beiden Akteuren die Lage für beide ver-
bessert werden.
▪ Dies so lange, bis sich zwei Indifferenzkurven tangieren → Pareto-Optimum
1.1.1.2. Paretoprinzip
o Paretoprinzip / -Optimum: Niemand kann seinen Nutzen steigern, ohne dass sich
der eines anderen Akteurs verschlechtert.
▪ Schwaches Paretoprinzip: Ein Zustand wird präferiert, wenn er für alle Ak-
teure einen höheren Nutzen bereitet.
• „schwach“, weil nicht so weitreichend wie das folgende.
▪ Starkes Paretoprinzip: Ein Zustand wird präferiert, wenn mindestens ein Ak-
teur seinen Nutzen erhöht und niemand schlechter gestellt ist.
• Edgeworth-Box: Ein Individuum erreicht eine höhere Indifferenz-
kurve, das andere bleibt auf der alten.
1.1.1.3. Kontraktkurve
o Verbindet alle Pareto-optimalen Zustände
1.1.1.4. Transformationskurve (Faktormärkte)
o Maximal herstellbare Güterbündel unter Einsatz der Produktionsfaktoren
o Gegenüberstellung mit gesamtgesellschaftlicher Indifferenzkurve

1.1.2. Der erste Hauptsatz

- Jedes Wettbewerbsgleichgewicht ist ein simultanes Pareto-Optimum.


- Problem: Die gesellschaftliche Indifferenzkurve ist abhängig von der gegebenen Anfangsver-
teilung → Hängt vom „gewählten“ Punkt auf der Kontraktkurve ab.

1.2.Zweiter Hauptsatz

- Jedes theoretisch denkbare Paretooptimum kann durch Umverteilungsmaßnahmen er-


reicht werden.
- Wohlstandsgrenze: Umhüllt alle Nutzen-Verteilungskurven
o Güterbündel auf dieser Wohlstandsgrenze stellen alle Optima dar (simultane Pareto-
Optima)
o Welcher Punkt soll ausgewählt werden?

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1.3.Dritter Hauptsatz

- Ein Optimum optimorum ist nicht konstruierbar.


- Unmöglichkeitstheorem (nach Arrow)
o Es gibt kein Wahlverfahren, mit dem eine Berechnung einer optimalen Verteilung /
eines Güterbündels möglich wäre.
- Abstimmungsregel
o Einstimmigkeitsforderung
o Wahlparadoxon: Beispiel → Drei Akteure (A,B,C), je drei Optionen (x,y,z) mit drei
Präferenzen)
Präferenzen A B C
Hoch x y z
Mittel z x y
Niedrig y z x

▪ Bereits hier lässt sich keine gesellschaftliche Präferenzordnung ableiten, die


sowohl transitiv ist und bei der keiner überstimmt wird.
- Unmöglichkeitstheorem
o Bedingungen der Unmöglichkeit einer Sozialwahl
▪ Präferenzenpluralismus
▪ Paretoeffizienz des gewählten Zustands
▪ Unabhängigkeit konkreter Entscheidungen zwischen zwei Zuständen bei irre-
levanten Alternativen (Ausschluss von strategischer Wahl)
▪ Keine Diktatur

1.4.Schlussfolgerung

- Es ist eine normative Entscheidung notwendig.

2. John Rawls: Eine Theorie der Gerechtigkeit

2.1.Ausgangssituation

- John Rawls (1921 – 2002): u.a. „Eine Theorie der Gerechtigkeit“ (1971)
- Ausgangssituation
o Er betrieb philosophische Ethik als „politische Philosophie“
Er unterscheidet Deskription (wahrheitsfähige Aussagen) von anderen Aussagen wie
Normen oder Werturteile.
o Akzeptiert den ethischen Skeptizismus
o Geht vom methodischen Individualismus aus.
o Kritik am Utilitarismus (Auf Glück für größte Zahl aus)
▪ Gegenvorschlag: Kontraktualismus auf „konstruktivistischer“ Basis
• Einerseits objektivistisches Denken, jedoch nicht wie Kant („Tief“ ge-
nug denken und sich von den eigenen Präferenzen lösen), sondern
Berücksichtigung der Vorstellungen / Präferenzen aller.

2.2.Urzustand

2.2.1. Urzustand

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- Liegt dem Vertrag, den die Partner schließen, zugrunde.
- „Schleier des Nichtwissens“ umgibt die Rawlsschen Vertragspartner
o Stellung in der Gesellschaft unbekannt
o Verteilung natürlicher Gaben (z.B. Intelligenz) unbekannt
o Vorstellungen vom Guten, besondere Neigungen unbekannt
- Es befinden sich also alle in der gleichen Lage, wodurch nach Grundsätzen der Gerechtigkeit
zwischen in einer Gesellschaft zusammenlebenden Menschen eine faire Übereinkunft ent-
steht.

2.2.2. Soziale Grundgüter

- Definition: Dinge, die ein vernünftiger Mensch haben möchte


o Wichtige gesellschaftliche Grundgüter: Rechte, Freiheiten, Chancen, Einkommen,
Vermögen
▪ Festgelegt durch die wichtigeren Institutionen
o Es sind grundlegende Institutionen / Verfassungswahl geeignet.
▪ Zwar bilden subjektive Werte die Basis, sie spielen jedoch keine Rolle mehr.

2.3.Gerechtigkeitsprinzip

- Resultat aus dem Urzustand

2.3.1. Gleichheit

- Gilt grundsätzlich; rechtlich und politisch


o Teilhabe an Entscheidungsprozessen etc.
- Gilt für Rawls für jede Person gleich → Grundfreiheiten

2.3.2. Differenz

- Sozio-ökonomik
- Bedingungen sozialer und ökonomischer Ungleichheiten
o Müssen mit Positionen und Ämtern verbunden sein.
▪ Stünden bei fairer Chancengleichheit allen offen
▪ Beispiel: Bildung
o Auch die am wenigsten Begünstigten müssen profitieren
▪ Beispiel: Reiche Gesellschaft → Über Sozialhilfe usw. profitieren auch die
Ärmsten.
- Alle Vernunftpersonen müssen sich darauf einigen.

2.4.Überlegungsgleichgewicht

- Urzustand → Vertrag → Gleichheit / Differenz


- Wie ist aber der Urzustand selbst zu rechtfertigen und wovon leitet er sich ab?
o Kontraktualistisch unmöglich → Hier müsste zuerst ein Vertrag über den Urzustand
geschlossen werden.
▪ Infiniter Regress (Vgl. Münchhausentrilemma)
o Also: Kohärenztheoretische Rechtfertigung notwendig
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o Theorie der Gerechtigkeit auf Stützung durch Common Sense angewiesen.
- Überlegungsgleichgewicht
o Kohärenzprinzip: Urzustandskonstruktion nach dem sonstigen wohlerwogenen Ge-
rechtigkeitsauffassungen
▪ Diese stützen / rechtfertigen die Urzustandskonstruktion und umgekehrt.
o Konsequenz
▪ Man geht von moralischen Alltagsurteilen aus
• Beispiel: „Manager verdienen zu viel!“
▪ Rationale Prüfung: Aussonderung von Urteilen, die irrational oder emotional
verzerrt sind.
▪ Auf dieser Basis wird nach vereinheitlichenden / verdichtenden übergreifen-
den Prinzipien gesucht.
▪ Durch Analyse der nach rationaler Prüfung verbliebenen Urteilen und den
danach aufgestellten normativen Prinzipien die systematische Verortung
überprüfen.
• Diese müssen den wohlbedachten Alltagsurteilen Kohärenz verleihen
o Diese abgeleiteten Prinzipien sollen mit den Moralurteilen
gut zusammenarbeiten (Vgl. Zahnräder im Skript).
o Rawls will hier einen archimedischen Punkt (grundlegend objektiven Standpunkt)
gefunden haben.

3. Rawls-Kritik

3.1.Kommunitaristische Kritik

- Rawls ginge von kulturell ungebundener Individualität aus


- Kommunitarier stellen infrage, ob es sinnvoll ist davon auszugehen, dass Menschen völlig frei
ihre Werte bilden. Wie bilden Menschen ihre Werte?
o Man wächst in einer Kultur auf und wird sozialisiert
- Michael Sandel
o Kritik
▪ Menschen würden als isolierte Individuen ohne soziale Bezüge dargestellt
werden.
▪ Individuelles Recht wird dem gemeinschaftlichen Guten vorgezogen.
o Seine Position
▪ Identität hängt ab von den konkreten Lebenszusammenhängen
▪ Gemeinschaft (Quelle von Identität und Werten) vor Individuum

3.2.Moderner Kosmopolitismus

3.2.1. „Dichte“ und „dünne“ Moral

- „Dichte“ Moral: Das, was den Menschen auszeichnet


o Ergebnis von hoch integrierter, kulturell geprägten Gesamtstrukturen von Werten
o Radikale Pluralisierung von Demokratie
▪ Beispiel: Kulturelle Unterschiede zwischen Europa (Sozialstaatsdenken stark
ausgeprägt) und USA (vermehrt individuelle Verantwortung)
- Dichte Moral kennzeichnet das, was Kulturen ausmacht.

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3.2.2. „Dünne“ Moral und ethische Minimalprinzipien

- Prinzipien, über die die Verbindungen zu anderen hergestellt werden → Diskussion über ver-
schiedene Kulturen
o Bi- bzw. multilaterale Einigungen
- Kein universeller gemeinsamer Nenner möglich.

3.2.3. Andere Quelle: Unterscheidung zwischen dichter und dünner Moral nach Welzer

- Quelle: https://se-ktf.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/p_sozialethik/Studium/Vorlesungsmate-
rial/Ethik_II/Skriptum_Ethik_II.pdf, S. 43
o „Walzer unterscheidet ferner zwischen einer dünnen und einer dichten Moral. Unter
ersterer versteht er die politischen Vorstellungen der Menschen (z.B. Verfassungs-
patriotismus), unter der zweiten jene, durch die wir in Gemeinschaften, in communi-
ties, eingebettet sind.“

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