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Haftung des Geschäftsführers § 823 Abs.

2 BGB iVm § 263 StGB 02/10/22, 20:57

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OLG Naumburg, Urteil vom 09. April 2008 – 6 U


148/07
§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 StGB; § 826 BGB

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 25.10.2007 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg – 5
O 873/07 (213) – abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 24.333,54 Euro nebst Zinsen i.H.v. 8 Prozentpunkten über
dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.04.2000 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten der Nebenintervention.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v.
110 % des auf Grund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor
Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte i.H.v. 24.333,54 Euro aus abgetretenem Recht auf Ausgleich einer Kauf-
preisforderung bzw. aus unerlaubter Handlung auf Ersatz des Forderungsausfalls in Anspruch.

Die Beklagte ist Inhaberin des Hotels „E. “ in B. . Am 03.12.1998 gründete sie die H. GmbH (im Folgen-
den: GmbH), bei der sie als alleinvertretungsberechtigte Gesellschafter-Geschäftsführerin fungierte. Auf
Wunsch der Beklagten lieferte der Zedent, R. W. , im Zeitraum Dezember 1998 bis Juni 1999 Baumaterial
zu einem Gesamtpreis i.H.v. 48.120,27 DM an die GmbH, welches dann im Hotel „E. “ als einzigem Auf-
traggeber der GmbH verbaut wurde. Am 28.02.2000 wurde die GmbH in das Handelsregister eingetra-

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gen. Am 23.06.2000 stellte die Beklagte als Geschäftsführerin der GmbH Insolvenzantrag. Mit Beschluss
vom 12.07.2001 – 341/ IN 152/00 – eröffnete das AG Magdeburg das Insolvenzverfahren über das Ver-
mögen der GmbH. Am 07.07.2000 erwirkte der Zedent ein Versäumnisurteil (901660/00 LG Magdeburg)
gegen die GmbH, aus dem er jedoch nichts vollstrecken konnte, weshalb er am 26.10.2000 Strafanzeige
wegen Betruges gegen die Beklagte erstattete.Randnummer3

Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte habe die GmbH „als Scheingebilde“ von vornherein nur zu
dem Zweck gegründet, um sich unter Berufung auf § 13 Abs. 2 GmbHG den berechtigten Kaufpreisforde-
rungen des Zedenten zu entziehen. Die Beklagte hat dies bestritten und sich auf Verjährung berufen.
Randnummer4

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entschei-
dung Bezug genommen.Randnummer5

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, ein etwaiger Schadenser-
satzanspruch der Klägerin sei jedenfalls verjährt, weil sie nicht innerhalb von drei Jahren seit Erstattung
der Strafanzeige, als ihr bereits sämtliche Anspruchsbegründenden Tatsachen bekannt gewesen seien,
verjährungsunterbrechende Maßnahmen eingeleitet habe.Randnummer6

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren in
vollem Umfang weiterverfolgt. Die Klägerin trägt vor, sie habe definitive Kenntnis vom Forderungsausfall
sowie vom Verschulden der Beklagten erst durch die am 19.04.2006 erfolgte Einsicht in die Strafakten
und durch eine Mitteilung des Insolvenzverwalters vom 06.11.2006 erlangt.Randnummer7

Die Streithelferin schließt sich dem Antrag der Klägerin an, wohingegen die Beklagte die angefochtene
Entscheidung verteidigt.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache weitgehend Erfolg, denn die Beklagte ist der Klägerin entweder
im Wege der Durchgriffshaftung aus Vertrag (§ 433 Abs. 2 BGB) oder aber aus unerlaubter Handlung
(§ 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB bzw. § 826 BGB) zur Zahlung von 24.333,54 Euro verpflich-
tet.Randnummer9

1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen der Durchgriffshaftung haftet die Beklag-
te hier bereits vertraglich für die Kaufpreisverpflichtungen der GmbH (§ 433 Abs. 2 BGB), wobei dieser
Anspruch auf Grund der durch Versäumnisurteil des LG Magdeburg vom 07.07.2000 – 9 O 1066/00 –
ausgesprochenen Verurteilung der GmbH (§ 433 Abs. 2 BGB) in der dort tenorierten und vorliegend
geltend gemachten Höhe von 47.592,27 DM (24.333,54 Euro) plus 10 % Zinsen seit dem 30.04.2000 (vgl.
Anlage K 27) nach § 218 Abs. 1 S. 1 BGB a.F. bzw. § 197 Nr. 3 BGB n.F. erst in dreißig Jahren verjährt.
Im Einzelnen gilt insoweit Folgendes:Randnummer10

a) Nach dem in Literatur und Rechtsprechung anerkannten Rechtsinstitut der Durchgriffshaftung muss der
GmbH-Gesellschafter in besonderen Ausnahmefällen für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft einste-
hen, d.h. dafür mit seinem Privatvermögen haften. In diesen Fällen versagt die Berufung auf das Haf-
tungsprivileg des § 13 Abs. 2 GmbHG; die haftungsausschließenden Trennung zwischen Gesellschaft
und Gesellschafter ist aufgehoben, die Schuldverpflichtung der Gesellschaft greift auf den Gesellschafter
durch. Entscheidender Maßstab hierfür ist die Beurteilung des konkreten Sachverhalts nach den Grund-
sätzen von Treu und Glauben i.S.d. § 242 BGB. Ergibt sich danach, dass die Berufung auf das Tren-
nungsprinzip des § 13 Abs. 2 GmbHG eine unzulässige Rechtsausübung darstellt, weil die Rechtsform
der juristischen Person offenkundig dazu benutzt worden ist, einen von der Rechtsordnung nicht mehr zu

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billigenden Erfolg herbeizuführen, entfällt die Haftungsbeschränkung. Es ist nämlich nicht Zweck des § 13
Abs. 2 GmbHG, durch die von ihm angeordnete Trennung zwischen der Haftung der Gesellschaft und der
Gesellschafter mit der Rechtsordnung in Widerspruch stehende Verhaltensweisen und Folgen abzusi-
chern und auf diese Weise die zweckgerichtete Funktion anderer rechtsordnungsgemäßer Normen zu
verhindern. Der Missbrauch kann sowohl in der missbräuchlichen Gründung und dem Einsatz der juristi-
schen Person bestehen als auch in der missbräuchlichen Berufung auf die rechtliche Selbständigkeit
einer zunächst ohne Missbrauch gegründeten juristischen Person. Entscheidend ist, ob das Festhalten
am gesetzlichen Trennungsprinzip zu Ergebnissen führt, die mit der geltenden Rechtsordnung – und sei
es im weitesten Sinne – noch vereinbar sind. Dieser Ausgangspunkt belegt, dass von dem Rechtsinstitut
der Durchgriffshaftung nur mit aller Vorsicht Gebrauch gemacht werden darf, denn es darf nicht dazu
führen, die Regel des § 13 Abs. 2 GmbHG aufzuheben. Über die Rechtsform der juristischen Person darf
nicht leichtfertig oder schrankenlos hinweggegangen werden (vgl. BSG, NJW 1984, 2117, 2118; OLG
Naumburg, Urteil vom 21.12.1999 – 9 U 804/97 – 145 -, S. 11 f).Randnummer11

b) Wird allerdings wie im vorliegenden Fall eine GmbH dazu eingesetzt, Lieferanten zumindest objektiv
rechtswidrig zu schädigen, liegt ein Missbrauch der Rechtsform der GmbH vor (vgl. BSG, NJW 1984,
2117, 2118 f; OLG Naumburg, Urteil vom 21.12.1999 – 9 U 804/97 – 145 -, S. 12; siehe auch OLG Karls-
ruhe, WM 1978, 962, 967 sowie OLG Celle, BauR 2006, 543 ff). Insgesamt weist der vorliegend festge-
stellte Sachverhalt folgende objektive Umstände auf, die jedenfalls im Zusammenwirken die Vorausset-
zungen für eine Haftung der Beklagten im Wege des Durchgriffs ergeben: Die GmbH wurde von der Be-
klagten erst unmittelbar vor Durchführung der Baumaßnahmen am Hotel gegründet. Die GmbH beschäf-
tigte keinen Meister, sodass sie von vornherein keine handwerklichen Tätigkeiten entfalten konnte,
sondern sich auf die Entgegennahme des Baumaterials zum Einbau in das Hotel der Beklagten be-
schränkte. Ferner standen im Jahr 1999 den Umsatzerlösen i.H.v. 74.084,70 DM Wareneingänge i.H.v.
86.156,55 DM gegenüber (S. 7 des Gutachtens des Wirtschaftsprüfdienstes des StA Magdeburg vom
05.08.2003 = Anlage K 23), d.h. der Geschäftsbetrieb war von vornherein auf einen Verlust ausgerichtet.
Dementsprechend gibt es eine ganze Reihe von (weiteren) Indizien dafür, dass bereits im Jahre 1999
wirtschaftliche Probleme bestanden und liquide Mittel nicht ausreichend vorhanden waren (vgl. S. 21 des
Gutachtens). Außerdem wurde die GmbH erst am 28.02.2000, d.h. ca. 15 Monate nach ihrer Gründung,
ins Handelsregister eingetragen; erst hierdurch entfiel die persönliche Haftung der Beklagten aus § 11
Abs. 2 GmbHG (vgl. hierzu Scholz, GmbHG, 10. Aufl., § 11, Rn. 118-120). Diese Umstände rechtfertigen
jedenfalls in ihrer Gesamtheit den Schluss, dass die GmbH von vornherein allein zu dem Zweck gegrün-
det worden ist, den Zedenten mit seiner Kaufpreisforderung ausfallen zu lassen. Die damit zu bejahende
Durchgriffshaftung leitet sich bereits aus der Feststellung einer objektiv zweckwidrigen Verwendung der
juristischen Person her; das Hinzutreten subjektiver Elemente im Sinne vorwerfbaren Verschuldens ist –
anders als für die deliktische Haftung – für die Durchgriffshaftung nicht erforderlich (vgl. OLG Naumburg,
a.a.O., S. 12; BSG, a.a.O., S. 2119 m.w.N.).Randnummer12

c) Der im Wege der Durchgriffshaftung bestehende Kaufpreisanspruch der Klägerin gegen die Beklagte
ist nicht verjährt. Zwar endete die Verjährungfrist hier gem. Art 229 § 6 Abs. 4 S. 2 EGBGB i.V.m. §§ 196
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 198, 201 BGB a.F. bereits am 31.12.2003. Dies hilft der Beklagten aber deshalb nicht
weiter, weil der Anspruch gegen die Gesellschaft, für den sie persönlich haftet, durch das Versäumnisur-
teil des LG Magdeburg vom 07.07.2000 tituliert ist, sodass sowohl nach altem wie auch nach neuem
Recht eine dreißigjährige Verjährungsfrist gilt (§ 218 Abs. 1 S. 1 BGB a.F., § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB n.F.).
Diese Frist muss auch die Beklagte gegen sich gelten lassen. Bejaht man nämlich wie hier in Durchbre-
chung des § 13 Abs. 2 GmbHG ausnahmsweise die persönliche Haftung des GmbH-Gesellschafters für
die Gesellschaftsverbindlichkeit, stellt sich die Sachlage nicht anders da als bei dem persönlich haftenden
Gesellschafter einer Personenhandelsgesellschaft, für den der BGH gerade unter Hinweis auf die inso-
weit in § 128 HGB normierte persönliche Haftung entschieden hat, dass dann, wenn der Gesellschaft
keine Verjährungseinrede zusteht, der persönlich haftende Gesellschafter diese ebenfalls nicht erheben

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kann (BGHZ 73, 217, 223 f).Randnummer13

2. Selbst wenn die Durchgriffshaftung nicht greifen würde, hätte die Klägerin gegen die Beklagte jeden-
falls einen deliktischen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB sowie aus § 826 BGB
auf Schadensersatz in Höhe des Forderungsausfalls (24.333,54 Euro) bei der GmbH.Randnummer14

a) Wer als Gesellschafter oder Geschäftsführer das mit einem Bauvorhaben verbundene Risiko der Ge-
sellschaft auferlegt, sich selbst aber die – nicht geringen – Gewinnchancen vorbehält, haftet nach höchst-
richterlicher Rechtsprechung den Bauhandwerkern wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung aus
§ 826 BGB (vgl. BGH, NJW 1979, 2104, 2105; ZIP 1992, 694 f). Auch das Oberlandesgericht Naumburg
hat sich bereits mehrfach mit derartigen Fällen befasst. Mit Urteil vom 21.12.1999 – 9 U 804/97 – 145 –
hat der 9. Zivilsenat einen GmbH Gesellschafter-Geschäftsführer, der von seiner anschließend in Insol-
venz gegangenen Gesellschaft Bauwerke auf seinem eigenen Grundstück hat errichten lassen, aus § 826
BGB zur Erstattung des Forderungsausfalls an die Handwerker verurteilt. Mit Urteil vom 21.08.2003 – 7 U
23/03 – hat der 7. Zivilsenat des OLG Naumburg einen GmbH-Geschäftsführer aus § 823 Abs. 2 BGB
i.V.m. § 263 StGB zum Schadensersatz verurteilt, weil er für die GmbH Aufträge erteilt hatte, obwohl er zu
diesem Zeitpunkt bereits wusste, dass diese die hieraus entstehenden Werklohnforderungen nicht würde
erfüllen können.Randnummer15

b) Im Ergebnis nichts anderes gilt auch für die hier vorliegende, strukturell gleichgelagerte Vereitelung von
Kaufpreisansprüchen; entscheidend ist allein, ob Baumaterial über eine geplantermaßen insolvent wer-
dende GmbH auf einem Grundstück eingebaut werden, welches nicht der GmbH, sondern einer hinter ihr
stehenden Privatperson gehört, die hierdurch die Lieferanten unter Berufung auf § 13 Abs. 2 GmbHG
gezielt zu schädigen beabsichtigt. Der Senat hat keinen Zweifel daran, dass die Beklagte die GmbH allein
dazu gegründet hat, den Zedenten zu benachteiligen, indem sie diesen den Kaufvertrag mit der GmbH
schließen ließ und ihn auf diese Weise den Zugriff auf die mit seinen Lieferungen geschaffenen Vermö-
genswerte unmöglich machte. Insoweit kann auf die oben zur Bejahung einer Durchgriffshaftung ange-
führten Gründe verwiesen werden. Die Beklagte haftet damit bereits wegen vorsätzlicher sittenwidriger
Schädigung aus § 826 BGB, wofür die Verwirklichung des Betrugstatbestandes i.S.d. § 263 Abs. 1 BGB
nicht erforderlich ist (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2003, 1044, 1046 m.w.N.). Darüber hinaus hat der
Senat aber auch keine Zweifel an einer Haftung der Beklagten wegen Eingehungsbetruges aus § 823
Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB, denn letztere hat den Zedenten bei Vertragsabschluss über die
Zahlungsfähigkeit der GmbH getäuscht, worauf außer die oben bereits genannten Indizien auch ihre
eigenen Einlassungen im Strafverfahren hindeuten (564 Js 33439/01 StA Magdeburg).Randnummer16

c) Auch der Schadensersatzanspruch der Klägerin ist nicht verjährt.Randnummer17

aa) Auf ihn findet gem. Art. 229 § 6 Abs. 1 S. 1 EGBGB die Vorschrift des § 852 BGB a.F. Anwendung,
welche auch nicht durch § 43 Abs. 4 GmbHG verdrängt wird (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 29.06.2000, 13 U
185/99, Rn. 5, 6; OLG Naumburg, Urt. v. 21.08.2003, 7 U 23/03, Rn. 22-25; jeweils zitiert nach juris). Da
der Anspruch nach § 852 BGB a.F. am 01.01.2002 noch nicht verjährt war, richtet sich die Verjährung
nach §§ 195, 199 BGB, wobei sich gem. § 229 § 6 Abs. 1 S. 2 EGBGB der Beginn der Verjährung für den
Zeitraum vor dem 01.01.2002 nach § 852 BGB a.F. richtet (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 26), d.h. der
Anspruch verjährte 3 Jahre von dem Zeitpunkt an, in dem der Zedent oder die Klägerin vom Schaden und
der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt hat.Randnummer18

bb) Entgegen der Auffassung des Landgerichts kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Zedent,
dessen Kenntnis sich die Klägerin zurechnen lassen muss (vgl. Palandt / Grüneberg, BGB, 67. Aufl.,
§ 404, Rn. 5 m.w.N.), bereits bei Erhebung der Strafanzeige am 26.10.2000 die erforderliche Kenntnis
i.S.d. § 852 BGB a.F. hatte.Randnummer19

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(1) Insoweit ist entscheidend, ob dem Zedenten bei seinem Kenntnisstand bereits zuvor die Erhebung
einer Schadensersatzklage – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – zumutbar war. Dabei ist
keine Gewissheit erforderlich; der Verjährungsbeginn setzt keineswegs voraus, dass der Geschädigte
bereits hinreichend sichere Beweismittel an der Hand hat, um einen Rechtsstreit im Wesentlichen risiko-
los führen zu können. Es muss ihm lediglich zumutbar sein, auf Grund dessen, was ihm hinsichtlich des
tatsächlichen Geschehensablaufs bekannt ist, Klage zu erheben, wenn auch mit verbleibendem Prozess-
risiko insbesondere hinsichtlich Nachweisbarkeit einer schadensursächlichen Pflichtverletzung (OLG
Naumburg, a.a.O., Rn. 28 m.w.N.).Randnummer20

(2) Soweit die Klägerin diesbezüglich vortragen lässt, der Zedent habe damals noch keine Kenntnis vom
Schadensumfang gehabt, ist dies zwar unzutreffend, denn in der Strafanzeige heißt es unter Hinweis auf
die Insolvenz der GmbH wörtlich “ Eine Beitreibung der Forderung unseres Mandanten ist somit völlig
aussichtlos“; auf Seite 3 der Klageschrift wird hierzu ergänzend ausgeführt, dass (gerade) aus diesem
Grunde damals Strafanzeige erstattet worden sei (Bl. 33 d.A.). Hierauf kommt es letztlich aber nicht an. In
der Strafanzeige wird im vorletzten Absatz nämlich lediglich um Prüfung des unterbreiteten Sachverhaltes
gebeten; die Ausführungen in der Strafanzeige wären aber noch keineswegs geeignet gewesen, einer
Schadensersatzklage – und sei es nur einer Feststellungsklage – zum Erfolg zu verhelfen. Die Vorausset-
zungen des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 BGB bzw. i.V.m. § 64 GmbHG oder des 826 BGB wurden
darin nämlich nicht ansatzweise vorgetragen (vgl. OLG Naumburg, a.a.O., Rn. 30, 31). Dies beruht
darauf, dass eine deliktische Haftung der Beklagten nur dann in Betracht kommt, wenn feststeht, dass sie
bereits bei Auftragserteilung zumindest billigend in Kauf nahm (vgl. BGH, NJW 1979, 2104, 2105), dass
die GmbH die Forderungen des Zedenten nicht würde erfüllen können. Letzteres konnte die Klägerin
jedoch erst durch die am 19.04.2005 gewährte Einsichtnahme in die Strafakte (Bl. 189 d.A. 564 Js
33439/01) hinreichend zuverlässig beurteilen; zuvor wäre eine Schadensersatzklage mehr oder weniger
auf einen der Klägerin nicht zumutbaren Vortrag ins Blaue hinausgelaufen (vgl. OLG Naumburg, a.a.O.,
Rn. 35, 39). Der Klägerin kann insoweit auch nicht vorgeworfen werden, sie habe sich nicht rechtzeitig um
Akteneinsicht bemüht. Zum einen datiert ihr erstes (erfolgloses) Akteneinsichtsgesuch bereits vom
05.05.2003 (Bl. 141 d.A. 564 Js 33439/01); zum anderen hingen ihre Erkenntnismöglichkeiten naturge-
mäß vom Stand der Ermittlungen ab.Randnummer21

3. Die Beklagte schuldet der Klägerin daher entweder im Wege der Durchgriffshaftung vertraglich aus
§ 433 Abs. 2 BGB (in diesem Fall hat sie deliktsrechtlich keinen Schaden) oder aber jedenfalls deliktisch
aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 StGB sowie § 826 BGB als Forderungsausfall (vgl. BGH, NJW-RR
1998, 1181, 1182) die durch das Versäumnisurteil des LG Magdeburg vom 07.07.2000 – 9 O 1066/00 –
i.H.v. 47.592,27 DM (24.333,54 Euro) plus 10 % Zinsen seit dem 30.04.2000 tenorierte (vgl. Bl. 32 d.A.
564 Js 33439/01) Kaufpreisforderung. Das gegen die GmbH ergangene Versäumnisurteil muss auch die
Beklagte gegen sich gelten lassen (vgl. hierzu OLG Celle, BauR 2006, 543, 546 f); im Übrigen ist die For-
derung der Höhe nach auch nicht substanziiert bestritten, zumal die Beklagte in ihrer Beschuldigtenver-
nehmung vom 06.06.2001 eingeräumt hat, dass die Materialien im Kurhotel verbaut worden sind (Bl. 58
d.A. 564 Js 33439/01).

III.

Der Zinsanspruch folgt aus § 288 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB, wobei sich die Klägerin auf Grund ihrer ver-
traglichen Durchgriffshaftung den Verzug der GmbH zurechnen lassen muss. Da die Verzugszinsen wie
beantragt (§ 308 Abs. 1 ZPO) als Nebenforderung mit ausgeurteilt werden, ist der geltend gemachte
weitere Verzugsschaden i.H.v. 554, 42 Euro nicht nachvollziehbar; insoweit unterliegt die Klage der Ab-
weisung.Randnummer23

Die Kostentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2, 101 Abs. 1 ZPO.Randnummer24

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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 10, 709 S. 2, 711 ZPO (vgl.
Zöller / Herget, ZPO, 26. Aufl., § 712, Rn. 2 am Ende m.w.N.).Randnummer25

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Sache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbil-
dung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisi-
onsgerichts erfordern (§ 543 Abs. 2 S. 1 ZPO).

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